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Über dieses Buch:

Die junge Suzanne wird gegen ihren Willen in ein Kloster geschickt. Schon bald muss sie feststellen, dass es hinter den Klostermauern nicht so keusch zugeht, wie sie immer vermutet hat. Als ihr schließlich gar die Mutter Oberin ihre ganze Aufmerksamkeit widmet, ist die junge Frau zutiefst verunsichert. Sie spürt eine sexuelle Lust in sich erwachen, gegen die sie sich kaum zu wehren vermag. Sie weiß, dass es Unrecht ist, zu was sie hier verleitet wird. Doch sie ist ihrer Vorgesetzten auf Gedeih und Verderb ausgeliefert und ihr bleibt nichts anderes übrig, als sich in ihr Schicksal zu ergeben ... 

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Neuausgabe Dezember 2015

Copyright © der Originalausgabe 2005 Helmut Werner

Copyright © der vorliegenden überarbeiteten

Neuausgabe 2015 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages

wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung und Titelbildabbildung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/carlo dapino

ISBN 978-3-95824-583-9

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Denis Diderot

Die Nonne

Erotischer Roman

dotbooks.

VORWORT

Für Diderot steht das Wort Goethes, vom einzig Individuum, an dessen Sachen zu mäkeln den Philister kennzeichnet; es mag heute noch nötig sein, sich diesen Ausspruch ins Gedächtnis zu rufen, wo Bedenklichkeiten fast immer an der falschen Stelle stehen, und man die Fähigkeit, den Geist eines Dinges reinlich zu erkennen, nicht allerorten findet. Gewählt wurde aus dem Werk dieses bedeutsamen originalen Mannes La Religieuse, die Nonne, eines der lebendigsten Bücher des 18. Jahrhunderts; wahrer und künstlerischer Bericht; entsprechend seinem Bekenntnischarakter in einem einzigen großen Zuge geschrieben; aufrichtig, von innerer Wahrheit des Geschehens, ergreifend im Dokumentären, dessen Wert die äußere Entstehungsursache des Buches nicht mindert. Der angefügte Briefwechsel gibt über dieses Moment hinreichend Aufschluß. Dieses Buch des »ersten modernen Geistes« — ein Wort der Goncourt, das mehr und mehr gültig wird — bezeichnet im Schaffen Diderots einen Höhepunkt, menschlicher Art, weil reiner das Pathos der Anklage gegen die Gesellschaft niemals tönte, künstlerischer Art, da in ihm der geistreiche, einfallszersprengte, anekdotenhafte Stil seiner anderen Prosa zum erstenmal sich zu wirklicher Einheit, natürlicher Abfolge und gemessener Komposition zusammenfindet. Seine »Bijoux indiscrets«, weniger spitz und graziös als Crébillon, sind wohl erotischer, wie in der Nonne das erotische Moment überhaupt zu einem nur geringen und durch die Anlage des Werkes logischen Moment zurücktritt, »Jaques le Fataliste« ist witziger, besteht indessen zwischen dem Sterneschen Yorick und dem Voltaireschen Candide nicht als originales Gebilde; so konnte also für diese Sammlung nur die Nonne gewählt werden, und sie mag dies mit ihrem inneren Gewicht, ihrem ernstmachenden Naturalismus, jedem verständigen Geschmack gegenüber erklären. Das Buch steht überdies in dieser Reihe als ein Beispiel der streng moralischen Erotika; dies in einem Sinne, daß es mit dem größten Werk des französischen Immoralismus, mit Laclos: »Liaisons dangereuses«, keinen Zusammenhang mehr hat; auch andere Luft als Voltaires helle skeptische Geistigkeit atmet, der zu diesen Argumenten gegen Religion, Staat usw. sich nur dialektisch verhielt, im Ganzen in seiner eigenen Sphäre der Souveränität unerreicht verblieb. So ist Diderots Werk bürgerlicher Herkunft; ein Rationalist hat es geschrieben und die Untiefe dieser Epoche europäischer Kultur bezeichnet es. In unserer Reihe war es als Zeugnis aus dieser Zeit und diesem Kreis unersetzbar, und über allem Für und Wider besagt es sich durch die Gewalt seiner Schilderung, die jenseits jeder Theorie noch heute zum Gefühl des Lesers spricht.

Die Übertragung bringt die revidierte Arbeit Carmers von 1798, die stil- und sprachgerechte Verdeutschung eines in Paris lebenden Buchdruckers und Buchhändlers, der Mittel seines schriftstellerischen Handwerks umso mächtiger, als er, sie zu üben, mehr Muße als die Professionellen haue. Die Anmerkungen des Übersetzers, für die heutige Einsicht von nur bedingtem Wert, blieben fort; Änderungen beschränkten sich auf einige Wortersetzungen und Stilkorrekturen.

Walther Petry.

DIE ANTWORT DES MARQUIS VON Croismare, falls ich eine von ihm erhalte, wird mir die ersten Zeilen dieser Erzählung an die Hand geben. Ehe ich von ihm schreibe, habe ich ihn kennen wollen. Er ist ein Mann aus der großen Welt; er hat sich Ruhm im Dienste erworben; er hat seine Jahre; er ist verheirathet gewesen; er besitzt eine Tochter und zwey Söhne, die er liebt, und von denen er geliebt wird. Er ist von Geburt, hat Kenntnisse Geist Frohsinn; findet Geschmack an den schönen Künsten und liebt vornehmlich Eigenthümlichkeit. Man hat ihn mir als einen Mann von Empfindung, von Ehre, von Rechtschaffenheit gerühmt und ich habe, durch alles, was man mir von ihm gesagt hat, gesehen, daß ich keinen mir nachtheiligen Mißgriff that, indem ich mich an ihn wendete; indeß steht es nicht zu erwarten, daß er an meinem Schicksale thätigen Antheil nehmen werde, wenn er nicht weiß, wer ich bin; und dieser Bewegungsgrund bestimmte mich, meine Eigenliebe, meine Abneigung zu überwinden und diese Denkschrift anzufangen, in der ich einen Theil meines Unglücks, ohne Kunst und Talent, mit der Natürlichkeit eines Mädchens meines Alters und der Offenherzigkeit meines Charakters verzeichnen will. Da mein Beschützer es vielleicht fordern, oder mir auch einst die Lust kommen könnte, zu einer Zeit meine Erzählung zu vollenden, wenn die Thatsachen vielleicht aufgehört hätten, meinem Gedächtnisse gegenwärtig zu seyn: so habe ich gedacht, die kurze Inhaltsanzeige, womit ich sie beschließe, und der tiefe Eindruck, der mir von meinen Begegnissen, so lange ich lebe, übrig bleiben wird, würden hinreichen, sie meinem Gedächtnisse zurückzurufen.

Mein Vater war Gerichtsanwalt. Er hatte meine Mutter geheirathet als er schon ziemlich zu Jahren gekommen war; aus dieser Ehe waren drey Töchter entsprossen. Sein Vermögen hätte mehr als ausgereicht, sie sämmtlich gehörig auszustatten; aber dazu müßte seine Zärtlichkeit unter sie gleich getheilt gewesen seyn; doch muß ich leider sagen: dieß war weit entfernt, der Fall genannt zu werden. Gewiß hat die Natur mir mehr Annehmlichkeit des Geistes und der Gestalt, mehr Character und Talent als meinen Schwestern verliehn; aber gerade dieß schien meinen Eltern zuwider zu seyn. Das was sie und angestrengter Fleiß mir vor meinen Schwestern vorausgegeben, hätte ich, da es für mich eine Quelle von Kränkungen war, gern vertauscht; um wie sie, von meinen frühen Jahren an gehegt, gepflegt, geliebkost und entschuldigt zu werden. Traf sichs, daß zuweilen zu meiner Mutter gesagt ward: Sie haben allerliebste Kinder, ... so wollte man das niemals auf mich gedeutet haben. Dann und wann freylich erhielt ich Ersatz dieser Ungerechtigkeit, durch andere; alsdann aber kam mir zu Hause, in der Einsamkeit das erhaltene Lob so theuer zu stehen, daß ich lieber hätte geschimpft worden seyn mögen; je mehr mich Fremde vorzogen, desto übellauniger war man zu Hause gegen mich, so bald die Fremden wieder weg waren. O, wie oftmals habe ich geweint, nicht häßlich, dumm, einfältig, hochmüthig zu seyn; kurz, nicht alle die Unarten zu besitzen, trotz deren meine Schwestern bey unsern Eltern gut angeschrieben standen. Häufig habe ich bey mir selber gefragt: woher denn doch dieß sonderbare Betragen von einem Vater, einer Mutter kommen könnte, die in andern Stücken rechtlich gerecht und fromm waren? Soll ich Ihnen meine Herzensmeinung sagen, mein Herr? Einige meinem Vater in seinem Zorn entschlüpfte Worte, denn er war sehr heftig, einige zu verschiednen Zeiten von mir aufgefaßte Umstände, verschiedentliches Gemunkel unsrer Nachbarn, Reden, die unserm Gesinde entfielen, haben mich eine Ursache davon argwöhnen lassen, die meine Eltern ein wenig entschuldigte. Vielleicht hatte mein Vater einige Ungewißheit über meine Geburt; vielleicht ward, — was weiß ich? — meine Mutter durch mich an einen Fehltritt, den sie einst begangen, oder an die Undankbarkeit eines Mannes erinnert, den sie allzusehr geliebt hatte. Selbst angenommen diese Vorstellungen wären unwahr, was schadete es, sie Ihnen anzuvertrauen? Sie werden diese Schrift verbrennen, und ich verspreche das Nämliche in Absicht Ihrer Antwort zu thun. Da wir drey Geschwister kurz auf einander zur Welt gekommen waren, so wurden wir auch alle zugleich groß. Es bemühten sich Freywerber um uns. Um meine älteste Schwester meldete sich ein sehr angenehmer junger Mann. Bald merkte ich, er zeichne mich aus, ich würde der Gegenstand seiner Aufmerksamkeiten; aber wohl fühlend was dieser gegebene Vorzug mir für Kränkungen zuwege bringen könnte, benachrichtigte ich meine Mutter davon. Dieß ist vielleicht das Einzige, was ich ihr mein Lebelang habe zu Dank machen können; Sie werden aber hören, wie ich dafür belohnt worden bin.

Vier, oder mindestens nur einige Tage nachher, ward mir gesagt: man hätte mir eine Stelle in einem Kloster ausgemacht, in das ich auch gleich den Tag darauf geführt ward. Bey der üblen Behandlung meiner in unserm Hause, that mir dieß Begegniß eben nicht sehr leid und ich trat in Sainte-Marte, so hieß mein erstes Kloster, mit vieler Freudigkeit ein. Indeß kam ich so dem Liebhaber meiner Schwester wieder aus dem Sinn, da er mich nicht mehr vor Augen hatte; er ward meiner Schwester Mann. Er nennt sich Herr K...; ist Notarius, und wohnt zu Corbeil, wo er aber schlecht mit ihr lebt. Meine zweite Schwester ward an einen Herrn Baugon verheirathet, einen Seidenhändler in Paris, in der Straße Quincampoix; und verträgt sich ganz gut mit ihm.

Da meine beyden Schwestern einen Mann hatten, glaubte ich, es würde die Reihe nun auch an mich kommen, und ich aus meinem Kloster erlöst werden. Ich war damals siebzehntehalb Jahr alt. Man hatte meine beyden Schwestern ziemlich reichlich ausgestattet; ich versprach mir ein gleiches mit ihnen; als ich eines Tages ans Gitter gerufen ward. Die Person, die mich zu sprechen verlangte, war der Pater Seraphin, Beichtvater meiner Mutter; er war auch meiner gewesen; er konnte mir mithin ohne viel Umstände die Absicht seines Besuches entdecken. Es war keine andre, als die: mich zu bereden, mich einkleiden zu lassen. Gegen diesen sonderbaren Vorschlag machte ich starke Einwendungen, und erklärte ihm rein heraus: ich fühlte nicht die geringste Lust zum Nonnenstande. Desto schlimmer! antwortete er mir; denn Ihre Eltern haben sich, Ihre Schwestern auszustatten, bis zum Mangelleiden entblöst, und ich weiß nicht, was sie, bey ihrer jetzigen engen Beschränkung, zu der sie herunter gekommen sind, für Sie thun könnten. Sie, Mademoiselle, haben nur die Wahl übrig, entweder auf immer in diesem Hause zu bleiben, oder auch in irgend ein Kloster in der Provinz geschickt zu werden; wo man Sie für ein mäßiges Jahrgeld aufnehmen wird, und aus dem Sie nicht eher, als nach dem Tode Ihrer Eltern, herauskommen werden, eine Sache, auf die Sie noch lange warten können ... Ich beklagte mich bitterlich hierüber, und vergoß einen Strom von Thränen. Die Äbtissin war von dem Inhalte dieser Unterredung benachrichtiget; sie erwartete mich, als ich vom Gitter zurückkehrte. Mein Zustand war der einer Verwirrtheit, die ich nicht zu beschreiben vermag. Sie sagte zu mir: Liebes Kind, was ist Ihnen? (Sie wußte aber wohl besser als ich, was mir war.) Wie Sie aussehn! Ähnliches von Verzweiflung, wie Sie, ist mir noch nicht vor Augen gekommen; Sie setzen mich für Sie in Angst. Haben Sie vielleicht Ihren Herrn Vater oder Ihre Frau Mutter verlohren? — Ich warf mich ihr in die Arme, und hätte beynah zu ihr gesagt: Wollte Gott, es wäre das! ... indeß antwortete ich nur: Ich habe weder Vater noch Mutter; ich bin eine Unglückliche, Verlassene, die man hier auf Lebenszeit einsperren will. — Sie ließ den Strom verlaufen, und erwartete den Augenblick wieder, wo ich ruhig geworden war. Ich hatte mich nicht deutlicher gegen sie über das, was mir eben angekündigt worden war, erklärt. Sie äußerte Mitleid mit mir; sie umarmte mich; sie sprach mir Muth ein: ich sollte in einen Stand nicht treten, für den ich keine Neigung bey mir fühlte; sie versprach mir, für mich zu beten, Vorstellungen zu machen, Bitten anzulegen. O mein Herr, wie listig sind doch diese Vorsteherinnen der Klöster; Sie glauben es gar nicht! Sie schrieb auch wirklich. Sie wußte recht gut, was sie für eine Antwort zurück erhalten würde; da sie kam, theilte sie sie mir mit; und es verging geraume Zeit, ehe ich einigen Argwohn über ihre Aufrichtigkeit schöpfte. Unterdeß kam die Frist heran, die man, meine Entschließung zu erhalten, mir anberaumt hatte; die Superiorin trat zu mir herein, und benachrichtigte mich, mit der ausgekünsteltsten Traurigkeit, davon. Anfangs konnte ich kein Wort hervorbringen. Hierauf ließ sie einige Ausdrücke des Schmerzes fallen, die mir das Übrige zu verstehen gaben. Das war abermals eine Scene der Verzweiflung; und ich werde nicht leicht andre als solche Ihnen künftig zu erzählen haben. An sich zu halten, ist ihre große Wissenschaft. Hierauf sagte sie zu mir, und wahrhaftig, mich deucht, sie weinte, indem sie es zu mir sagte: Wohlan denn, mein Kind, Sie werden uns also verlassen; liebes Kind, wir werden uns nicht wieder sehn! ... und andre Reden, die ich nicht hörte. Ich war auf einen Stuhl hingesunken; bald schwieg, bald schrie ich; bald war ich unbeweglich, bald stand ich auf; bald stützte ich mich gegen eine Wand; bald athmete ich meinen Schmerz an ihren Busen aus. Als dieß vorüber war, rief sie mir zu: Aber schauen Sie! Warum versuchen Sie nicht eins? Sagen Sie indeß nicht, daß ich Ihnen den Rath gegeben habe; ich wollte für Alles in der Welt nicht einen Vorwurf mir darüber zu Schulden kommen lassen. Was verlangt man von Ihnen? Sie sollen den Schleyer nehmen? Nun wohl, warum nehmen Sie ihn nicht? Wozu macht Sie das verbindlich? Zu nichts, als noch zwey Jahre bei uns zu bleiben. Man weiß ja nicht wie lange Ihre Eltern leben können; in zwey Jahren trägt sich viel zu ... Diese listigen Reden begleitete sie mit so viel Liebkosungen, so viel Freundschaftsbetheurungen, so vielen sanften Falschheiten; ich wußte, wo ich war, aber nicht wo man mich hinbringen würde; ich ließ mich überreden. Demzufolge schrieb sie an meinen Vater; ihr Brief war sehr gut abgefaßt; o! er konnte gar nicht besser seyn; mein Leiden, mein Schmerz, meine Einwendungen, waren darin nicht verhehlt; ich versichere Sie, ein viel schlaueres Mädchen als ich, wäre damit angeführt worden; das Ende davon aber war denn doch, ich gäbe meine Einwilligung dazu. Mit welcher Schnelligkeit alle Zurüstungen nun vor sich gingen! Der Tag war angesetzt; meine Kleider wurden gemacht; und der Augenblick der Ceremonie war gekommen, ohne daß ich, wie es mir jetzt vorkommt, nur einmal einen Zwischenraum zwischen allem diesen bemerkte. Ich habe vergessen, Ihnen zu sagen, daß ich während der Zeit meinen Vater und meine Mutter sah; daß ich nichts unterließ, sie zu rühren; daß ich sie aber völlig unbeweglich und unbeugsam fand. Es war ein gewisser Abt Blin, ein Doctor der Sorbonne, der die öffentliche Ermahnung an mich hielt und der Herr Bischof von Alep, der mich einkleidete. Eine solche Ceremonie ist schon an sich nicht heiter; diesen Tag aber war sie so traurig als nur möglich. Ob sich gleich die Nonnen um mich herum alle Mühe gaben, mich aufrecht zu erhalten, fühlte ich doch über zehnmal meine Knie unter mir wanken, und ich war im Begriff auf die Stufen des Altars niederzusinken. Ich hörte Nichts, sah Nichts; ich war völlig betäubt; man führte mich, und ich ging; auf die Fragen, die an mich geschahen, antworteten Andre für mich. Indeß lief diese grausame Ceremonie zu Ende; Jedermann begab sich weg; und ich blieb mitten unter der Heerde zurück, mit der man mich vereinigt hatte. Meine Gefährtinnen umgeben mich; sie umarmen mich, und sagen unter sich: Aber sehn Sie doch einmal, Schwester, wie schön sie ist! wie der schwarze Schleyer ihre weiße Haut erhebt! wie die Binde sie kleidet! wie sie ihr das Gesicht völlig macht! wie ihre Wangen drinn hervorgehn! wie das Kleid ihren Wuchs und ihre Arme zeigt! ... Ich hörte sie kaum; ich war außer mir; indeß muß ich eingestehn, daß, als ich, in meine Zelle zurückgekehrt, mich ihrer Schmeicheleyen wieder erinnernd, ich mich nicht enthalten konnte, sie in meinem Spiegel zu bewahrheiten, und daß es mir vorkam, als wären sie nicht ganz ungegründet. Mit einem solchen Tage sind Ehrenrechte verbunden; diese wurden für mich noch ausgedehnt: zwar war ich wenig empfindlich dafür; aber man that, als glaubte man das Gegentheil; und sagte mirs auch, ob die Sache offenbar nicht so war. Abends nach der Betstunde, begab sich die Äbtissin in meine Zelle. Wahrhaftig, sagte sie, als sie mich ein wenig betrachtete, ich weiß nicht, warum Sie so viel Abneigung vor dem Kleide haben, es steht Ihnen ganz vortrefflich, und Sie sind allerliebst darin; Schwester Susanne ist eine sehr schöne Nonne; man wird Sie nur desto lieber darum haben. Lassen Sie doch ein bisgen sehn; treten Sie einmal ein Paar Schritte vorwärts; ... Sie halten sich nicht gerade genug; man muß nicht so gekrümmt gehen ... Sie richtete mir den Kopf auf; zeigte mir, wie ich die Füße setzen, die Hände, die Arme halten, meinen Wuchs sichtbar werden lassen müßte; beynahe wars eine Lehrstunde wie Marcel sie über die Klostergrazien geben könnte; denn jeder Stand hat die seinigen. Darauf setzte sie sich, und sagte zu mir: Nun aber lassen Sie uns ein wenig ernsthaft reden. Sie hätten jetzt denn ein Paar Jahre gewonnen; unterdeß kann sich die Entschließung Ihrer Eltern ändern, vielleicht werden aber auch Sie selbst hier bleiben wollen, wenn man Sie wieder herauszunehmen gedenken wird; nicht unmöglich! — Glauben Sie das ja nicht, Madame. — Sie sind schon lange unter uns gewesen, aber Sie kennen unser Leben noch nicht; es hat freylich sein Beschwerliches, aber auch sein Angenehmes ... Sie können sich leicht vorstellen, was sie mir hier Alles über Welt und Kloster sagte; man findet das allerwärts und auf vielerley Weise in Büchern geschrieben; denn, man hat mich, gottlob! lesen lassen, was nur die geistlichen Herren sowohl über ihren Stand, den sie so gut kennen und verabscheuen als gegen die Welt, die sie lieben, sagen, der Welt, der sie in ihrer Erbitterung bösen Leumund machen, und die sie nicht kennen.

Mein Noviziat will ich Ihnen nicht ausführlich beschreiben. Beobachtete man dabey jede vorgeschriebne Strenge, so würde nicht eine einzige dagegen aushalten. Aber die Zeit desselben ist die angenehmste im klösterlichen Leben. Keine nachsichtigere Schwester läßt sich denken, als eine Novizenmutter. Sie sinnt und trachtet auf nichts anders, als jede Härte des Standes von ihm abzutun; man erfährt nichts als eine lange, möglichst feine und erkünstelte Verführung. Vermittelst dieser verdunkelt sich selbst die uns umgebende Dunkelheit der Unwissenheit; die Verführung wiegt, schläfert uns gleißnerisch ein, macht uns Blendwerke vor; und bey mir ward alles dieß vorzüglich angewandt. Keine junge und arglose Seele kann, glaube ich, leicht den Schlingen dieser verderblichen Kunst entschlüpfen. Die Welt hat ihre Abgründe; aber schwerlich ist irgendwo der Abhang so sanft, auf dem man hinuntergleitet. Ich durfte nur einmal gehustet haben, damit es genug war mich des Dienstes, der Betstunde, der Arbeit zu überheben. Ich ging dann früher zu Bette, ich durfte später aufstehn; alle Regel hörte dann für mich auf. Stellen Sie sich vor, mein Herr, es gab Tage wo ich nach dem Augenblick meiner Hinopferung mich sehnte. Da trägt sich keine traurige Geschichte in der Welt zu, die Ihnen nicht vorerzählt wird; wahre werden durch künstlich erdichtete Umstände entstellt; falsche werden erdichtet; und dann Lobsprüche ohne Maaß und Ziel, und Danksagungen an den Schöpfer, der uns vor diesen demüthigenden Begegnissen in Sicherheit stellt! Indeß näherte sich die Zeit, die ich bisweilen durch meine Wünsche beschleunigt. Da versank ich wieder in träumendes Sinnen; ich fühlte meine Abneigung aufs neue erwachen, zunehmen. Ich ging hin, trug sie unserer Superiorin, oder unserer Novizenmutter vor. Diese Frauen wissen sich recht wohl für die Quälereyen zu entschädigen, womit man sie plagt, denn Sie müssen bey Leibe nicht glauben, als ob die Heuchelrolle, die sie spielen, und das einfältige Zeug, das sie gezwungen sind uns zu wiederholen, ein Zeitvertreib für sie wären; es wird ihnen zuletzt sehr ekelhaft und abständig; aber sie bestimmen sich nun einmal dazu, und das blos um etwa ein tausend Thälerchen willen, die ihrem Hause dadurch erwachsen: denn dieß ist einzig der wichtige Grund, welcher sie antreibt, ihr ganzes Leben hindurch zu lügen, und um dessentwillen sie jungen unschuldigen Mädchen eine Verzweiflung von vierzig fünfzig Jahren, und vielleicht ein ewiges Elend bereiten; denn von hundert Nonnen, die vor den fünfzigen sterben, ist gewiß nicht eine die nicht ihrer Seligkeit verlustig geht; die ungerechnet, welche irrmeinig, blödsinnig werden, oder gar in den Zustand der Tollwuth verfallen.

Eines Tages begab es sich, daß eine solche Nonne, wie ich erwähne, aus der Zelle entschlüpfte, in der man sie eingesperrt hielt. Ich sah sie. Von dem Augenblicke an zähle ich den Beginn des Glücks oder Unglücks, das mein Loos seyn wird, je nachdem Sie, mein Herr, meine Bitte erfüllen oder nicht erfüllen werden. Nie habe ich etwas so Scheusliches gesehn. Ihre Haare flogen; sie war fast ganz ohne Bekleidung; sie schleppte eiserne Ketten nach sich; mit verwildertem Blicke raufte sie sich die Haare aus; schlug sich die Brust mit den Fäusten; rannte hin und her; heulte; stieß gegen sich und Andere die schrecklichsten Lästerungen aus; suchte ein Fenster, um sich herabzustürzen. Mich ergriff Entsetzen; ich zitterte an allen Gliedern; ich las mein Schicksal in dem Schicksale dieser Unglücklichen, und von dem Augenblicke an wars in meinem Herzen fester Entschluß, lieber hundertmal zu sterben, als mich einem ähnlichen Elende auszusetzen. Die Wirkung, die diese Begebenheit auf meinen Geist haben könnte, ward geahndet; man glaubte ihr zuvorkommen zu müssen. Es wurden mir über diese Nonne eine Menge, ich weiß nicht was für lächerliche, und sich widersprechende Lügen vorgebracht. Bald sollte sie schon einen Sparren gehabt haben, als man sie ins Kloster aufgenommen; bald sagte man mir: es wäre ihr einmal, als sie ihre Zeiten gehabt, ein Schreck zugestoßen, und von dem Augenblicke an hätte sie Gesichte gesehn; bald glaubte sie mit den bösen Engeln in Gemeinschaft zu stehn; bald: sie hätte Lehren gehört, die durch eine übertriebene Moral, sie dermaßen vor den göttlichen Gerichten in Angst gesetzt, daß ihr Verstand, der schon eine Schwäche gehabt, ganz davon in Unordnung gerathen wäre, daß sie nichts als Teufel, Hölle und den Schwefelpfuhl vor sich sähe; die Nonnen im Kloster wären sehr unglücklich mit ihr daran; ein solches Beyspiel sey bisher im Hause unerhört; und was weiß ich Alles? Aber es verfing bey mir nichts. Jeden Augenblick stellte die Nonne meinem Geiste sich wieder dar; und ich erneuerte bey mir selbst den Schwur, mein Gelübde nicht abzulegen.

Gleichwohl war aber nun dieser Zeitpunkt da, wo gezeigt werden sollte: ob ich Wort zu halten verstünde. Eines Morgens, nach dem Gottesdienste, sah ich die Superiorin zu mir hereintreten. Sie hielt einen Brief in der Hand. Ihr Gesicht verkündete Traurigkeit und Niedergeschlagenheit; die Arme sanken ihr herab; es sah aus, als hätte ihre Hand nicht so viel Stärke, als nöthig, den Brief in die Höhe zu heben; sie blickte mich an; es schienen ihr Thränen aus den Augen zu fließen; sie schwieg, und ich auch; sie wartete, ich sollte zuerst reden; ich fühlte mich dazu versucht, aber ich hielt an mich. Sie fragte mich: wie ich mich befände? Der Gottesdienst hätte heute sehr lange gedauert; ich hätte ein wenig gehustet; ich schiene ihr nicht wohlauf zu seyn. Auf alles dieß antwortete ich: Nein, liebe Mutter. Sie hielt immer ihren Brief in ihrer einen herabhängenden Hand; während dieser Fragen legte sie ihn auf ihre Knie, so daß die Hand ihn halb verdeckte; endlich, nachdem sie einige Fragen über meinen Vater, meine Mutter hingeworfen hatte; und sah, daß ich keine Neugierde bezeigte, was das Papier enthalte, sagte sie zu mir: Da ist ein Brief ... Bey diesen Worten fühlte ich mein Herz erschüttert, und setzte mit abgebrochener Stimme und zitternden Lippen hinzu: Er ist von meiner Mutter. — So ists! Da! lesen Sie! — Ich faßte mich ein wenig; nahm den Brief; las ihn; anfangs mit ziemlich viel Standhaftigkeit; allmählig aber, so wie ich weiter darin kam und Schrecken, Unwillen, Zorn, Erbitterung, verschiedene Leidenschaften, mit einander abwechselten, hatte ich verschiedne Töne, las mit verschiedner Stimme, und machte verschiedne Bewegungen. Bisweilen hielt ich mit Mühe dieß Papier: oder ich hielt es, als hätte ichs zerreißen wollen; oder faßte es heftig, als wandelte mich Lust an, es zu zerknittern, und weit von mir zu werfen. — Nun, liebes Kind, was wollen wir darauf antworten? — Madame, Sie wissen wohl, was. — Nicht doch! ich weiß es nicht. Es sind unglückliche Zeiten; Ihre Familie hat große Verluste erlitten; Ihre Schwestern sind in ihren Umständen herunter gekommen; beyde haben eine zahlreiche Familie; Ihre Eltern haben sich bey ihrer Verheyrathung arm gemacht, und richten sich in ihrer Unterstützung vollends zu Grunde. Es ist unmöglich Ihnen ein gewisses Auskommen zu verschaffen; Sie sind eingekleidet worden; das hat Kosten verursacht; durch diesen Schritt haben Sie Hoffnungen erweckt; man hat in der Welt ausgebreitet: Sie würden unverzüglich das Gelübde ablegen. Übrigens rechnen Sie immer auf meinen ganzen Beystand. Ich habe nie irgend eine beredet, sich dem Klosterleben zu widmen; es ist ein Stand, in den Gott uns leitet, und sehr gefährlich ists, wenn wir unsre Stimme mit der seinigen vereinen wollen. Ich mags nicht unternehmen Ihnen ans Herz zu reden, falls die Gnade es nicht thut; bisher habe ich mir nicht vorzuwerfen, jemandes Unglück gemacht zu haben; ich möchte nicht gern mit Ihnen den Anfang davon machen, liebes Kind; mit Ihnen, die mir so theuer ist! Ich habe nicht vergessen, daß Ihre ersten Schritte auf mein Zureden geschehen sind; und werde nicht leiden, daß man durch Täuschung zu etwas, das Ihr Wille nicht ist, Sie verbindlich mache. Lassen Sie denn über diese Sache gemeinschaftlich uns berathen, und zusammen verabreden, was zu thun sey. Wollen Sie das Gelübde ablegen? — Nein, Madame. — Sie fühlen also keine Neigung zum Klosterleben? — Nein, Madame. — Sie wollen Ihren Eltern nicht gehorchen? — Nein, Madame. — Was glauben Sie denn wohl, was aus Ihnen werden wird? — Alles, ausgenommen eine Nonne! Ich will es nicht seyn, ich werde es nicht seyn. — Nun so sollen Sie es auch nicht werden. Lassen Sie uns darauf denken; einen Brief an Ihre Mutter aussinnen ... Wir kamen hierauf über einige Gedanken überein. Sie schrieb, und zeigte mir ihre Antwort, die mir abermals sehr gut deuchte. Unterdessen sandte man den Beichtvater des Hauses an mich ab; fertigte mir den Doctor zu, der bey meiner Einkleidung die Rede gehalten; man empfahl mich der Novizenmutter; ich sah den Herrn Bischof von Alep; ich mußte mit frommen Weibern einen Strauß aushalten, die sich in meine Sache mischten, ohne daß ich sie vorher gekannt hätte; es setzte immerwährende Zusammenkünfte mit Mönchen und Priestern; mein Vater kam; meine Schwestern schrieben an mich; meine Mutter erschien zuletzt; ich widerstand Allen. Unterdeß wurde der Tag, wo ich mein Gelübde ablegen sollte, angesetzt; man unterließ nichts, meine Einwilligung zu erhalten; da man aber merkte, daß es umsonst sey, deswegen in mich zu dringen, ergriff man das Mittel sich ihrer zu entübrigen.

Man schloß mich in meine Zelle ein; man legte mir Stillschweigen auf; ich wurde von aller Welt getrennt, und sah, man war entschlossen, gegen mich über mich zu verfügen. Ich wollte mich auf nichts einlassen; das war mir eine ausgemachte Sache, und alle falschen oder wahren Schrecken, die man mir ohne Unterlaß vorspiegelte, erschütterten mich nicht. Unterdeß war ich in einem beweinenswürdigen Zustande; ich wußte nicht, wie lange er dauern könnte, und wann er aufhören würde; noch weniger wußte ich, was es möglich wäre, aus mir zu machen. Mitten unter diesen Ungewißheiten, ergriff ich eine Partey, über die Sie, mein Herr, urtheilen mögen, wie es Ihnen gefällt. Ich bekam niemand mehr zu sehn; weder die Superiorin, noch die Novizenmutter, noch meine Gefährtinnen. Endlich beschickte ich die Erste, und stellte mich, als wollte ich mich dem Willen meiner Eltern nähern; wirklich aber ging meine Absicht dahin, diese Verfolgung mit Aufsehen zu endigen, und öffentlich gegen die Gewaltthätigkeit, welche man gegen mich zu üben gedachte, Einspruch zu thun. Ich sagte also: man könne über mein Schicksal gebieten; man könne über mich verfügen, wie man Lust hätte; man fordere, daß ich das Gelübde ablegen solle, und ich würde es thun. Da entstand Freude über Freude im Hause; die Liebkosungen mit jeder Schmeicheley und Verführung kehrten zurück. »Gott hätte zu meinem Herzen geredet; niemand wäre für den Zustand der Vollkommenheit gemachter, als ich. Es wäre unmöglich, daß Das anders seyn könnte; man hätte Das immer erwartet. Man erfüllte seine Pflichten nicht so erbaulich und standhaft wie ich, wenn man nicht wahrhaftig dazu berufen wäre. Die Novizenmutter hätte niemals, bey irgend einer ihrer Untergebenen, einen so ausgezeichneten Beruf bemerkt; sie wäre äußerst verwundert über die Grillen gewesen, die mir in den Kopf gekommen; sie hätte aber auch immer zu der Superiorin gesagt: man müsse nur abwarten; es würde wohl vorübergehn; die besten Nonnen hätten solche Augenblicke gehabt; es wären Eingebungen des bösen Feindes, der verdoppelt seine Bemühungen anstrengte, wenn er im Begriff sey, sich eine schöne Beute entrissen zu sehn; ich entrönne nun seinen Klauen; alle meine Wege würden von nun an mit Rosen bestreut seyn, die Verpflichtungen des Nonnenlebens mir um so viel erträglicher vorkommen, je übertriebener meine Vorstellungen von ihrer Härte gewesen wären; diese Selbsterschwerung meines Jochs wäre eine Gnade des Himmels für mich gewesen, der sich ihrer als Mittel bedient hätte, es mir zu erleichtern ...« Etwas sonderbar kam es mir freylich vor, daß eine und dieselbe Sache von Gott oder dem Teufel herstammen sollte, je nachdem man Belieben fand sie anzusehen. Es giebt in der Klostertheorie vielerley solche Arten die Dinge zu betrachten, und diejenigen, die mich trösteten, haben mir über meine Gedanken oft gesagt: die Einen, es wären geradezu Eingebungen des Satans; die Andern, es wären von Gott mir eingeflößte Gesinnungen. Dasselbe Böse kämmt demzufolge entweder von Gott der uns prüft, oder vom Teufel der uns versucht.

Ich benahm mich klüglich. Ich glaubte für mich einstehn zu können. Ich sah meinen Vater, er redete kalt mit mir; meine Mutter, sie umarmte mich; ich empfing Glückwunschschreiben von meinen Schwestern, und vielen Andern. Ich erfuhr, ein Herr Sornin, Vicarius von St. Roch, würde der seyn, der die Rede halten, und Herr Thierry, Kanzler der Universität, derjenige, der mein Gelübde annehmen sollte. Alles ging gut, bis auf den Tag vor meiner Einsegnung. An diesem sagte man mir, die Ceremonie würde ganz in aller Stille vor sich gehn; sehr wenig Leute dabei seyn; und die Thüre der Kirche nur meinen Verwandten geöffnet werden. Ich bestellte indeß durch die Schwester Aufwärterin alle Personen unserer Nachbarschaft, meine Freunde, meine Freundinnen; ich erhielt Erlaubniß an einige meiner Bekanntschaft zu schreiben. Es entstand folglich ein Zulauf, dessen man sich nicht versehn hatte; man mußte ihn aber doch einlassen; und die Versammlung war ohngefähr so zahlreich, als es für meinen Entwurf erforderlich war. O, mein Herr, wie schrecklich deuchte mich die Nacht, die dieser Feyerlichkeit vorherging! Ich legte mich nicht zu Bette. Ich saß auf meinem Lager. Ich flehte zu Gott um Hülfe; ich hob meine Hände zum Himmel; ich rief ihn zum Zeugen der Gewaltthätigkeit an, die an mir geübt werden sollte. Ich überdachte meine Rolle, die ich am Fuße des Altars auszuführen hätte: ein junges Mädchen, mit lauter Stimme gegen eine Handlung Einspruch thun wollend, in die, sie eingewilligt zu haben scheint; das Ärgerniß der Anwesenden; die Verzweiflung der Nonnen; die Wuth meiner Eltern. Gott! was wird aus mir werden? ... Indem ich diese Worte aussprach, fiel ich in eine gänzliche Ohnmacht; ich sank besinnungslos auf mein Hauptkissen hin; ein allgemeiner Schauder, in dem meine Knie aneinanderschlugen und meine Zähne mir klapperten, folgte auf diese Ohnmacht; auf diesen Schauder eine schreckliche Hitze. Mein Geist gerieth in Verwirrung. Ich erinnere mich nicht, mich ausgekleidet zu haben, noch aus meiner Zelle gegangen zu seyn; indeß traf man mich halb nackt, im bloßen Hemde, an der Thür der Superiorin auf die Erde gestreckt, ohne Bewegung und fast ohne Leben. Dieß habe ich nachher erfahren. Am Morgen fand ich mich wieder in meiner Zelle, mein Bette umringt von der Superiorin, der Novizenmutter, und denjenigen, die man Assistentinnen nennt. Ich war äußerst schwach. Man that einige Fragen an mich; man sah aus meinen Antworten, daß ich von Allem was vorgegangen war nichts wußte und sprach nicht weiter zu mir davon. Man fragte mich: wie ich mich befände? ob ich bey meiner heiligen Entschließung beharre? und ob ich mich im Stande fühlte, die Anstrengung des Tages auszuhalten? Ich antwortete: ja; und gegen ihre Erwartung geschah in der Sache keine Verrückung.

Man hatte alles an vorhergehendem Tage bereits geordnet. Die Glocken wurden geläutet, jedermann zu verkünden, daß man heute ein Mädchen unglücklich machen wolle. Man kam, mich zu schmücken; ein solcher Tag ist ein Tag des Putztisches. Jetzt, da ich mir alle diese Ceremonien zurückrufe, deucht michs, als hätten sie etwas sehr Feyerliches und Rührendes für junge Unschuldige, die ihre Neigung nicht eines andern Weges zieht. Man führte mich in die Kirche, man begann die heilige Messe. Der gute Vicarius, der an mir eine Ergebung voraussetzte, welche ich nicht hatte, hielt eine lange Rede an mich, in der nicht ein Wort war, das nicht mit mir im Widerspruche gestanden hätte; es lag wirklich etwas recht Lächerliches in allem, was er zu mir über mein Glück, über die Gnade, über meinen Muth, über meinen Eifer, über meine Inbrunst, und über alle die schönen Gesinnungen sagte, die er mir andichtete. Unterdessen setzte doch dieser Abstich seiner Lobrede mit dem Schritte, den ich eben zu thun im Begriffe war, mich in Verwirrung; ich hatte Augenblicke der Ungewißheit, die aber kurz dauerten. Ich fühlte dabey nur desto stärker, wie sehr es mir an Allem gebräche, was man besitzen müßte, um eine gute Nonne zu seyn. Endlich kam der schreckliche Augenblick. Als ich an den Ort eintreten sollte, wo das Gelübde meiner Verpflichtung auszusprechen war, fühlte ich meine Beine nicht mehr unter mir; zwey meiner Gefährtinnen faßten mich unter die Arme, mein Kopf hing rückwärts auf die eine davon gelehnt; und ich schleppte mich nur hin. Ich weiß nicht, was in der Seele der Anwesenden vorging; aber sie sahen ein junges sterbendes Schlachtopfer, das man an den Altar zog; und von allen Seiten entschlüpften Seufzer und Geschluchze: unter dem jedoch, wie ich sehr versichert bin, sich keines von meinem Vater und meiner Mutter hören ließ. Alle Welt stand; junge Mädchen waren auf ihre Sitze gestiegen, andere hielten sich an den Eisenstäben des Gitters fest, und es herrschte eine tiefe Stille; als der Bischof, der zu der Einsegnung schritt, zu mir sagte: Schwester Susanne, gelobt Ihr die Wahrheit zu sagen? — Ich gelobe es. — Seyd Ihr hier aus guter Überlegung und freyem Willen? — Ich versetzte: Nein! aber meine Begleiterinnen antworteten für mich: Ja! — Marie Susanne Simonin, gelobt Ihr Gott Keuschheit, Armuth und Gehorsam? — Ich stand einen Augenblick an, der Priester wartete, und ich antwortete: Nein, ehrwürdiger Herr. — Er fing abermals an: Marie Susanne Simonin, gelobt Ihr Gott Keuschheit, Armuth und Gehorsam? — Ich antwortete ihm mit fester Stimme: Nein, ehrwürdiger Herr, nein! — Er hielt inne, und sagte zu mir: Kind, faßt Euch, und hört mich an. — Mein Herr, sagte ich zu ihm, Sie fragen mich: ob ich Gott Keuschheit, Armuth und Gehorsam gelobe; und ich antworte Ihnen: Nein! ... Und hierauf, mich gegen die Anwesenden kehrend, unter denen ein ziemlich starkes Gemurmel sich erhoben hatte, machte ich ein Zeichen, ich wolle reden; das Gemurmel hörte auf, und ich sagte: »Meine Herren, und Sie, vor Allen, mein Vater und meine Mutter, ich nehme Sie sämmtlich zu Zeugen« ... Bey diesen Worten ließ eine der Schwestern den Vorhang des Gitters niederfallen, und ich merkte, daß es unnütz seyn würde, weiter zu reden. Die Nonnen umringten mich, überhäuften mich mit Vorwürfen; ich hörte diese an, ohne ein Wort zu sagen. Man führte mich in eine Zelle, und schloß mich darin ein.

Da, allein, meinen Überlegungen überlassen, fing ich an meine Seele zu beruhigen; ich sann meinem Schritte nach, und er gereute mich nicht. Ich sah, nach dem Aufsehn das ich gemacht, sey es unmöglich, daß ich lange hier bleiben könne, und man würde mich also vielleicht nicht wieder ins Kloster zurück zu bringen wagen. Ich wußte nicht, was man mit mir anfangen könnte; unterdessen sah ich, daß nichts Schlimmeres mir bevorstehn könne, als Nonne zu seyn. Ich blieb eingeschlossen, und bekam von keinem Dinge Nachricht. Diejenigen, so mir zu essen brachten, traten herein, setzten meine Speise auf die Erde, und gingen, ohne ein Wort zu sagen, wieder weg. Am Ende eines Monats brachte man mir weltliche Kleider; ich tat die des Hauses ab; die Superiorin kam, und hieß mich mit ihr gehn. Ich folgte ihr bis an die Klosterthür, wo ich in einen Wagen stieg; ich fand meine Mutter allein darin, auf mich wartend; ich setzte mich auf den Rücksitz, und der Wagen fuhr fort. Geraume Zeit saßen wir einander gegenüber, ohne ein Wort zu sagen; ich hatte die Augen niedergeschlagen, und durfte sie nicht ansehn. Ich weiß nicht, was in meiner Seele vorging; plötzlich aber warf ich mich ihr zu Füßen, und neigte mein Haupt auf ihre Knie; ich sagte nichts zu ihr, aber ich schluchzte, und wollte ersticken. Sie stieß mich mit Härte zurück, ohne zu reden. Ich erhob mich wieder, und das Blut quoll mir aus der Nase; ich ergriff eine ihrer widerstrebenden Hände; und, sie mit Thränen und Blut benetzend, meinen Mund auf diese Hand drückend, küßte ich sie, und sagte zu ihr: Sie sind doch immer meine Mutter, ich bin doch immer Ihr Kind! ... Und sie antwortete mir, mich noch heftiger zurückstoßend, und ihre Hand mit Gewalt aus den meinigen losreißend: Steh auf, Elende, steh auf! — Ich gehorchte ihr: ich setzte mich wieder, und zog meine Haube über mein Gesicht. Sie hatte so viel Ansehen und Stärke in den Ton ihrer Stimme gelegt, daß ich sie nicht anzusehn wagte. Meine Thränen, und das mir aus der Nase strömende Blut vermischten sich, es lief meinen Armen herab; ich war ganz davon bedeckt, ohne es gewahr zu werden. Aus einigen Worten, die sie zu mir sagte, merkte ich, daß ihr Kleid und ihr Leinenzeug davon befleckt worden, und daß sie darüber ungehalten war. Wir langten im Hause an, wo man mich sogleich in ein kleines für mich zugerichtetes Zimmer führte. Noch warf ich mich auf der Treppe ihr zu Füßen, ich hielt sie an ihrem Kleide; aber Alles, was ich dadurch erlangte, war, daß sie den Kopf zu mir kehrte, und mich mit einer Geberde von Unwillen ansah, die sich in ihrem Munde und Augen äußerte; und die Sie leichter sich vorstellen werden, als ich sie Ihnen beschreiben kann.

Ich trat in mein neues Gefängniß ein; in dem ich ein halbes Jahr zubrachte, und alle Tage vergeblich um die Wohlthat bat, sie zu sprechen; meinen Vater sehen zu dürfen; oder an sie schreiben zu können. Man brachte mir zu essen, man bediente mich; eines aus dem Gesinde begleitete mich an Festtagen in die Messe, und dann ward ich wieder eingeschlossen. Ich las, ich arbeitete, ich weinte, ich beschäftigte mich mit Singen; und so verstrichen meine Tage. Eine geheime Empfindung hielt mich aufrecht, die meiner Freyheit, und die Hoffnung, daß mein Loos sich ändern könne. Aber es war über mich verhängt, ich sollte Nonne werden, und ich ward es.

So viel Unmenschlichkeit, so viel Hartnäckigkeit seitens meiner Eltern haben mir völlig das bestätigt, was ich von meiner Geburt argwöhnte; nie habe ich ein anderes Mittel ausfindig machen können, meine Eltern zu entschuldigen. Meine Mutter fürchtete wahrscheinlich, ich möchte einst wider die ungleiche Theilung der Güter einkommen, ich möchte mein Gesetzmäßiges verlangen, und ein natürliches Kind dem rechtmäßigen zugesellen. Was aber nur eine Muthmaßung war, wird Gewißheit werden.

Während ich in dem Hause eingesperrt war, lag ich wenig äußeren Religionsübungen ob; indeß ließ man mich doch an Tagen vor den großen Festen zur Beichte gehn. Ich habe Ihnen gesagt, daß ich einerley Beichtvater mit meiner Mutter besaß; ich sprach mit ihm, ich legte ihm die ganze Härte des Verfahrens vor, das man seit ohngefähr drey Jahren gegen mich geübt hatte. Er wußte es. Ich beklagte mich besonders über meine Mutter, mit Empfindlichkeit und Bitterkeit. Dieser Priester hatte den geistlichen Stand erst spät ergriffen, er war menschlich; er hörte mich ruhig an, und sagte zu mir: Mein Kind, bedauern Sie Ihre Mutter; bedauern Sie sie noch mehr, als Sie sie tadeln. Sie hat ein gutes Herz; seyn Sie versichert, daß sie wider ihren Willen so handelt. — Wider ihren Willen, mein Herr? Und wer kann sie denn zwingen? Hat sie mich nicht geboren? Welcher Unterschied ist denn zwischen meinen Schwestern und mir? — Ein großer! — Ein großer? Ich verstehe nicht, was Sie sagen wollen ... Eben gedachte ich mich in eine Vergleichung meiner mit meinen Schwestern einzulassen, als er mich unterbrach, und zu mir sagte: Nein, nein, Unmenschlichkeit ist der Fehler Ihrer Eltern nicht: suchen Sie Ihr Schicksal in Geduld zu ertragen, und sich wenigstens vor Gott ein Verdienst daraus zu machen. Ich will Ihre Mutter sehen: und seyn Sie gewiß daß ich, Ihnen zu dienen, anwenden werde, was ich nur über ihren G eist vermag. — Dieses Ein großer seiner Antwort, war ein Lichtstrahl für mich; ich zweifelte nicht mehr an der Wahrheit desjenigen, was ich über meine Geburt gedacht hatte.

Den folgenden Sonnabend gegen halb sechs Uhr, wie sich der Tag neigte, kam die mir aufwartende Magd zu mir herauf, und sagte zu mir: Ihre Frau Mutter befiehlt, Sie sollen sich anziehn ... Eine Stunde nachher: Ihre Frau Mutter will, Sie sollen mit mir herunter kommen ... Ich fand an der Thüre einen Wagen; wir stiegen, das Mädchen und ich, hinein, und ich erfuhr, daß es mit uns zu den Barfüßern, zu Pater Seraphim, ging. Dieser erwartete uns; er war allein. Das Mädchen entfernte sich, und ich trat in das Sprechzimmer. Unruhig und neugierig, was er mir zu sagen hätte, setzte ich mich. Er redete mich folgendermaßen an: Mademoiselle, Sie werden Entschuldigung und Aufschluß über das strenge Betragen Ihrer Eltern gegen Sie erhalten, ich habe die Erlaubniß von Ihrer Frau Mutter dazu bekommen. Sie sind vernünftig, Sie haben Verstand, Seelenfestigkeit; Sie sind in einem Alter, in dem man Ihnen sogar ein Geheimniß eröffnen könnte, das Sie nichts anginge. Schon geraume Zeit ists her, daß ich Ihre Frau Mutter zum erstenmal angelegen habe, Ihnen zu entdecken, was Sie erfahren werden; sie hat sich niemals dazu entschließen können. Es ist hart für eine Mutter ihrem Kinde einen begangenen schweren Fehltritt zu gestehn. Sie kennen den Character der Ihrigen, er verträgt sich eben nicht mit der Art von Demüthigung eines gewissen Geständnisses. Sie hat ohne diesen Schritt zu thun, Sie dahin bringen zu können geglaubt, in ihre Absichten zu stimmen; indeß sie hat sich getäuscht. Es thut ihr leid; sie fügt sich jetzt meinem Rathe, und trägt mirs selber auf, Ihnen anzukündigen: daß Sie Herrn Simonins Tochter nicht sind. — Ich antwortete ihm augenblicks: Das hatte ich mir wohl vorgestellt. — Überlegen Sie jetzt, Mademoiselle, denken Sie darüber nach, wägen Sie, urtheilen Sie: ob Ihre Frau Mutter ohne die Einwilligung, selbst mit der Einwilligung Ihres Herrn Vaters, Sie Kindern gleichstellen kann, deren Schwester Sie nicht sind; fragen Sie sich, ob sie überhaupt Ihrem Herrn Vater eine Sache eingestehen kann, über die er schon allzuviel Verdacht hat? — Aber, mein Herr, wer ist denn mein Vater? — Mademoiselle, das ist eine Sache, die man mir nicht anvertraut hat. Nur allzugewiß ists, fuhr er fort, daß man Ihre Schwestern außerordentlich begünstigt, und alle mögliche Vorsichten durch die Ehegatten, durch Veränderung der Art und Beschaffenheit der Güter, durch Ausbedingnisse, durch Fideicomisse, und andre Mittel, genommen hat, Ihr Gesetzmäßiges auf ein Nichts herunterzubringen, für den Fall, so Sie sich einst an die Gesetze wenden sollten, es einzufordern. Verlieren Sie Ihre Eltern, so werden Sie wenig vorfinden. Sie schlagen jetzt ein Kloster aus; vielleicht dürfen Sie sich es gereuen lassen, nicht hineingegangen zu seyn. — Das ist nicht möglich, mein Herr, ich verlange nichts. — Sie wissen nicht, was das heißt: Noth, Arbeit, Dürftigkeit! — Ich kenne wenigstens den Werth der Freyheit, und die Lasten eines Standes, zu dem man nicht berufen ist. — Ich habe Ihnen gesagt, was ich Ihnen zu sagen hatte, Ihnen kommt es jetzt zu, Mademoiselle, darüber nachzudenken ... Nun stand er auf. — Mein Herr, noch eine Frage. — So viel als Ihnen beliebt! — Wissen meine Schwestern um das, was Sie mir eröffnet haben? — Nein, Mademoiselle. — Wie haben sie sich denn entschließen können, ihre Schwester zu plündern? denn dafür halten sie mich doch. — Ach! Mademoiselle, der Eigennutz! der Eigennutz! Sie hätten die beträchtlichen Parthien nicht gemacht, die sie gefunden haben. Jeder denkt an sich in dieser Welt; und ich rathe Ihnen nicht, auf sie zu rechnen, wenn es dazu käme, daß Sie Ihre Eltern verlören. Seyn Sie gewiß, man würde Ihnen, bis auf einen Heller, den kleinen Antheil der Erbschaft streitig machen, die Sie mit ihnen zu theilen hätten. Ihre Schwestern haben viele Kinder: dieser Vorwand wird immer hinlänglich anständig seyn, Sie an den Bettelstab zu bringen. Und dann vermögen Ihre Schwestern auch nichts mehr: Alles ist jetzt die Sache der Männer. Wäre jenen auch einige Empfindung von Erbarmen im Herzen übrig, so würde die Unterstützung, die sie Ihnen ohne Vorwissen der Männer zufließen ließen, eine Quelle häuslichen Zwiespalts werden. Ich sehe täglich solche Dinge: entweder sogar rechtmäßige Kinder, die verlassen sind; oder Kinder, denen auf Unkosten des Hausfriedens Hülfleistung geschieht. Und dann, Mademoiselle, Gnadenbrot ist eine sehr harte Sache. Folgen Sie mir, so söhnen Sie sich mit Ihren Eltern wieder aus, thun, was Ihre Mutter von Ihnen erwarten kann, und gehen in ein Kloster, in dem man Ihnen eine kleine Pension ausmachen wird, bei der Sie, wo nicht glückliche, wenigstens erträgliche Tage verleben werden. Übrigens will ich Ihnen nicht verhehlen, daß Ihre anscheinende Verlassenheit von Ihrer Mutter, deren Hartnäckigkeit in Einsperrung Ihrer, und einige andre Umstände, auf die ich mich nicht mehr besinne, die ich aber zu ihrer Zeit wußte, auf Ihren Herrn Vater dieselbe Wirkung als auf Sie hervorgebracht haben. Ihre Geburt war ihm verdächtig: sie ist ihm jetzt weit mehr als das; und ohne ihm darüber gemachte Eröffnungen, zweifelt er bereits nicht länger, daß Sie ihm auf keine andre Weise als Kind angehören, als durch das Gesetz, vermöge dessen Sie auf Rechnung desjenigen geschrieben sind, der den Nahmen des Gemahls Ihrer Mutter trägt. Mademoiselle, Sie sind gut und verständig; denken Sie also über das nach, was Sie jetzt zu wissen bekommen haben.