Endlich haben Cinder alias Brian und Ella sich gefunden. Doch wie ist es wirklich, die Freundin eines berühmten Filmstars zu sein? Ella geht noch zur Schule und muss sich auf ihren Schulabschluss vorbereiten, während Brian unterwegs ist und Filme dreht. Zudem sind Ellas Probleme nach dem Unfall und dem Verlust ihrer Mutter noch lange nicht vom Tisch, sie muss noch viel verarbeiten. Ist die Liebe zwischen Cinder und Ella stark genug, um all das zu überwinden?
Kelly Oram schrieb mit 15 Jahren ihre erste Kurzgeschichte – Fan Fiction über ihre Lieblingsband, die Backstreet Boys, womit ihre Familie sie heute noch aufzieht. Sie ist süchtig nach Büchern, redet gern und viel und liebt Zuckerguss. Sie lebt mit ihrem Mann, vier Kindern und einer Katze am Rande von Phoenix, Arizona.
Happy End – und dann?
Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch
von Fabienne Pfeiffer
Vollständige E-Book-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Titel der amerikanischen Originalausgabe:
»Cinder & Ella. Happily Ever After«
Für die Originalausgabe:
Copyright © 2017 by Kelly Oram
Published by arrangement with Bookcase Literary Agency
Für die deutschsprachige Ausgabe:
Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Umschlaggestaltung: Manuela Städele-Monverde unter Verwendung von Motiven von © Fay Francevna/shutterstock
e-Book-Produktion: 3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 978-3-7325-7853-5
www.luebbe.de
www.lesejury.de
Für Karie,
weil dieses Buch wirklich
ganz allein deine Schuld ist.
Ich lag auf der bequemen Couch, den Kopf auf die Armlehne gebettet, und starrte auf den Laptop in meinem Schoß. Mir fielen beinahe die Augen zu.
Es wurde allmählich spät, und die Wörter auf dem Bildschirm schwammen schon ineinander. Ich musste dem Einnicken näher gewesen sein, als ich geglaubt hatte, denn jetzt ließ mich das Geräusch einer eingehenden Nachricht in meinem Chatfenster hochschrecken.
Cinder458: Du fehlst mir.
Ich schnaubte. Er war so ein Kasper. Ich schüttelte den Kopf und konnte es mir nicht verkneifen, eine Antwort zu tippen.
EllaTheRealHero: Ha! Du bist so ein Dummschwätzer.
Cinder458: Ich mein’s ernst.
EllaTheRealHero: Das macht dich erst recht zu einem Dummschwätzer.
Cinder458: Nein, es macht mich zum Romantiker. Du bist so eine Rotzgöre.
EllaTheRealHero: Und du nervst. Lass mich in Ruhe. Ich bin beschäftigt.
Cinder458: Aber du fehlst mir. Ich brauche dich. Jetzt sofort.
Als eine Hand leicht meinen bestrumpften Fuß zu kitzeln begann, warf ich einen Blick über mein Notebook hinweg und schnaubte entnervt in Richtung des Mannes, der am anderen Ende der Couch auf seinem Handy herumtippte. »Im Ernst, Brian«, stöhnte ich. »Ich schreibe morgen meine Abschlussprüfung. Du hast mir versprochen, du würdest mich lernen lassen, wenn ich vorbeikäme. Bis jetzt hatte ich dazu noch nicht großartig Gelegenheit.«
»Du hast schon zwei Probeprüfungen bestanden. Wie viel willst du denn noch lernen?«
Brian hatte es satt, von mir ignoriert zu werden, er schnappte mir den Laptop vom Schoß und stellte ihn auf dem kleinen Tisch ab. Mein Puls schoss in die Höhe, als er quer über die Couch auf mich zukrabbelte, wobei er sorgsam auf meine vernarbten, lädierten Beine achtgab. In seinen Augen lag wieder dieser Blick, der Frauen auf der ganzen Welt davon träumen ließ, ihm Babys schenken zu dürfen.
Ich konnte es noch immer nicht fassen, dass er ausgerechnet mich zu derjenigen auserkoren hatte, die er mit diesem Blick bedachte. Seit einer Woche waren wir nun offiziell ein Paar, und die Tatsache, dass ich auf einmal mit einem der heißesten Filmstars des Landes zusammen war, traf mich noch immer regelmäßig wie ein Schlag. Besonders in Momenten wie diesem, wenn er versuchte, mich mit seinen schmachtenden Blicken zum Schmelzen zu bringen.
Zentimeter vor meinem Gesicht hielt er inne. Sein großer, muskulöser, Körper schwebte über meinem, wartete auf die Erlaubnis, sich auf mich fallen zu lassen. Nur dieses Warten allein. Ein Spannungsaufbau ohne jede Berührung.
Wohlig schaudernd sog ich scharf die Luft ein. Mir schwirrte der Kopf, während ich Brian mit allen Sinnen wahrnahm. Seine Körperwärme strahlte auf mich ab. Sein Eau de Cologne, ein Moschusduft mit dezent würziger Note, traf mich und versetzte meine Hormone in Wallung, als wäre es haargenau dafür entworfen worden. Vermutlich hieß es Eau de verkorkte Lust. »Brian, komm schon. Echt jetzt.«
»Ellamara«, flüsterte er sanft. Gefährlich. »Vergiss endlich deine Prüfung und küss mich.«
Damit hatte er mich. Der Mann kannte meine Schwächen. Mit einem Stöhnen legte ich die Arme um seinen Hals und zog seinen Mund zu meinem. Er war mehr als bereit für den Kuss. Wir trafen voller Leidenschaft aufeinander, und er küsste mich innig. Ganz so, als hätte er sein gesamtes Leben lang darauf gewartet, und nicht nur die letzten paar Stunden.
»Es ist wirklich nicht fair, wenn du mir mit deiner Hörbuchstimme kommst«, hauchte ich, sobald er meine Lippen freigab.
Ich spürte sein Grinsen an meinem Mund. »Ich weiß.« Er drehte den Kopf ein wenig, und seine Lippen fanden eine neue Stelle, an der sie mich quälen konnten: die weiche Hautfalte direkt hinter meinem Ohr. »Was glaubst du, warum ich sie eingesetzt habe?«
Ich rollte meine Augen genießerisch nach hinten und vergrub meine Finger in seinem weichen, dunklen Haar. Brian nahm das als Einladung, unsere Zärtlichkeiten auszuweiten. Er ließ sich auf mich sinken, leicht zur Seite gedreht, um meinen zerbrechlichen Körper nicht unter seinem Gewicht zu zerquetschen. Beinahe hätte ich aufgekeucht, vor Furcht und Wohlgefallen zugleich.
Seine harten Muskeln von Kopf bis Fuß an mir zu spüren, während seine Hände über meine Kleider wanderten, war eine neue Erfahrung für mich. Selbst für die eine Woche, die wir erst zusammen waren, hatte ich auf körperliche Annäherungsversuche bisher reichlich schüchtern reagiert. Vor meinem Unfall war ich nie mit jemandem intim gewesen, und danach ... tja ... hatte ich eine regelrechte Panik vor Dates entwickelt. Eine Höllenpanik sogar.
Ein paar Minuten lang schob ich meine Nervosität beiseite und gab mich ganz meinem Verlangen hin. Brian fühlte sich unendlich gut an, und so ängstlich ich auch war, so sehr sehnte ich mich doch nach ihm – genau wie er sich nach mir. Als er sich neben mich zwängte und herumrutschte, bis wir bequem auf der gefühlt viel zu kleinen Couch lagen, landeten meine Hände auf seiner Brust.
Ich hatte seine atemberaubende, preisverdächtige Brust schon ein oder zwei Mal berührt und meine Hände dort ruhen lassen, als er mich gehalten und geküsst hatte – dabei jedoch nie die Gelegenheit gehabt, sie zu erforschen. Angetrieben von Begierde und ohne darüber nachzudenken, fuhr ich mit meinen Fingern seine Bauchmuskeln nach, spürte jedes einzelne Muskelpaket, fest und definiert.
Wieder überlief mich ein Schauder. Er war die leibhaftige Perfektion.
Brian schien meine Berührungen zu genießen, denn er hielt einen Moment lang wie verwundert inne. Und dann war es, als wäre ein Schalter in ihm einfach umgekippt. Sein Mund fand meinen aufs Neue, und er verschlang mich mit einem leidenschaftlichen Kuss.
Mein Herz hämmerte, und mir blieb die Luft weg, allerdings im allerbesten Sinne. Meine Hände ertasteten den Saum seines T-Shirts und glitten unter den Stoff. Als ich seine glühend heiße Haut spürte, kam ich wieder zu mir. Ich quietschte überrascht auf, und meine Finger erstarrten. Brians Antwort war ein tiefes Grollen. »Ja, Ella. Deine Berührungen fühlen sich so gut an. Ich will dich so sehr, du machst mich ganz verrückt. Hör nicht auf.«
Ich wollte ihn auch. Ich wollte ihn mehr als alles andere, doch ich zögerte – erstaunt und ein wenig peinlich berührt von seinen Worten. Sie waren eher verzweifelte Bitte denn Befehl gewesen, aber zugleich so direkt. Mit Dates hatte Brian deutlich mehr Erfahrung als ich. Zwischen uns lagen nur drei Jahre Altersunterschied, doch manchmal fühlten sie sich wie zwanzig an. Jedes Mal, wenn wir uns körperlich näherkamen, fühlte ich mich wie ein naives kleines Schulmädchen, das auf einen weltgewandten erwachsenen Mann traf.
Als ich mich nicht rührte, riss Brian sich das T-Shirt über den Kopf. Er legte seine große starke Hand über meine zitternde und führte meine Finger über seinen Körper, spreizte sie auf seinem Bauch. Diesmal erschauderten wir beide.
Seine Haut, so weich und hart zugleich, brannte unter meiner Berührung. Er schien zu glühen, und diese Empfindung wiederum ließ auch mich beinahe in Flammen aufgehen. Ich warf alle Schüchternheit ab, ließ meine Hände wandern, erkundete jeden Zentimeter seines Bauchs, seiner Brust, seiner Schultern.
Meine Lippen fanden seinen Hals und bahnten sich einen Weg zu seinen nackten Schultern, während meine Hände auf seinem Rücken zum Liegen kamen. Sein ganzer Körper verspannte sich, und er presste mich mit einem tiefen Stöhnen an sich, viel weniger sanft und vorsichtig als je zuvor.
Seine Hände schlüpften unter mein T-Shirt und begaben sich ihrerseits auf Entdeckungsreise, doch als seine Finger meine Narben berührten, verlosch meine Lust, als wäre ich in einen eiskalten See gestürzt. Keuchend rappelte ich mich hoch, und Brian fuhr sofort zurück, um mir Raum zu geben. Sein Blick bohrte sich voller Sorge bis in mein Inneres. »Hab ich dir wehgetan?«
Mein Gesicht wurde heiß vor Scham. »Nein.«
»Was ist dann ...« Seine Stimme verlor sich, während ihm selbst des Rätsels Lösung aufging. Er verzog schmerzvoll die Miene. »Deine Narben?«
Ich holte tief Luft und kaute auf meiner Lippe herum.
Brian nahm meine lädierte Hand in seine und streichelte mit dem Daumen über meinen Handrücken. »Deine Narben sind ein Teil von dir, und ich liebe jeden Teil von dir.« Sein Daumen hielt inne, und er sah mir eindringlich in die Augen. »Das glaubst du mir doch, oder?«
»Natürlich glaube ich dir. Ich bin bloß ...« Mein Hals war wie zugeschnürt, und meine Augen begannen zu brennen. Ich hasste es, dass mir all das derart zusetzte. So hätte es nicht sein sollen. Ich wusste, dass er sich nicht an meinen Narben störte. Ich wusste es. Aber ich störte mich daran. Sein Körper war makellos und wunderschön. Meiner dagegen ... nicht.
»Ella«, sagte Brian heiser. In seiner Stimme lagen zu viele Emotionen, als dass er ihr den tiefen, samtenen Klang hätte verleihen können, der mich immerzu dahinschmelzen ließ. Doch diese neue, gequälte Tonlage war ebenso überwältigend. Er drückte meine Hand. »Ich liebe dich so sehr.«
In der vergangenen Woche hatte er diese Worte häufig ausgesprochen, und jedes Mal ließen sie mein Herz vor Glück beinahe zerspringen. Jetzt, da wir beide von Gefühlen überwältigt waren, rührten sie mich beinahe zu Tränen. Das gesamte vergangene Jahr über hatte ich geglaubt, nie wieder geliebt zu werden. Doch Brian hatte mir eintausend Mal bewiesen, dass meine Ängste unbegründet waren. »Ich liebe dich auch«, flüsterte ich und schluckte all die dunklen Gedanken hinunter, die mich zu ersticken drohten.
Brian schob mir eine lose Haarsträhne hinters Ohr und liebkoste dabei zärtlich meine Haut. »Du bist die schönste Frau, die mir je begegnet ist. Bleib heute Nacht bei mir, und ich werde jede Minute dazu nutzen, dir genau das zu beweisen – bis ich dich morgen früh nach Hause bringe. Jede. Einzelne. Minute. Ella. Du hast mein Wort.«
Er hatte wieder diesen Schmachtblick aufgesetzt. Das Verlangen in seinen Augen hätte wohl die meisten Frauen dahinschmelzen lassen, doch in mir ließ es erneut Angst aufsteigen. »Es tut mir leid.« Ich schüttelte bemüht langsam den Kopf, damit er nicht erriet, wie panisch ich in Wirklichkeit war. »Dafür bin ich noch nicht bereit.«
Brian durchschaute meine kläglich aufgesetzte Gelassenheit im Nu. Er rückte von mir ab und ließ die Lust aus seinem Blick weichen. »Okay.«
Er stellte meine Entscheidung nicht in Frage, sondern akzeptierte einfach, dass ich nicht weiter gehen wollte. Und das machte ihn zum perfektesten Mann der Welt. Mein Herz schwoll an vor Liebe zu ihm, doch zugleich überkamen mich Schuldgefühle. So stark, dass ich das Bedürfnis verspürte, mich zu erklären: »Es ist nicht nur wegen der Narben.«
Zu meiner Überraschung gluckste Brian. »Ja, das sehe ich.«
Dass er darüber scherzen konnte, erleichterte mein Gewissen, machte die Situation für mich jedoch umso peinlicher. Ich bedeckte mein flammend rotes Gesicht mit den Händen und lehnte mich stöhnend auf der Couch zurück. Brian kannte kein Mitleid. Sein Glucksen wurde zu einem herzhaften Lachen.
Durch meine Finger hindurch funkelte ich ihn an. »Lachst du mich allen Ernstes gerade aus? Vielen Dank auch, du Depp.«
Er zog meine Hände vom Gesicht weg, und ich schlug ihm spielerisch auf den Arm. Er fing meine Hand ein und grinste zu mir hinunter, während seine Augen vor Vergnügen blitzten. »Was? Ich finde das ganz bezaubernd.«
Das zu glauben fiel mir schwer. Ich setzte mich wieder auf und fixierte ihn mit meinem kritischsten Blick – jenem, den ich mir für unsere Buch- und Filmdiskussionen aufsparte. »Ich bin noch nicht bereit, mit dir zu schlafen, und das findest du bezaubernd?«
Brian verdrehte die Augen, hielt jedoch an seinem Grinsen fest. »Ella, ich kenne dich. Ich weiß, dass du noch nie ernsthaft mit jemandem zusammen gewesen bist. Ich weiß, dass deine Großeltern erzkonservative Katholiken waren und dass deine Mom sich irre große Sorgen gemacht hat, du könntest dich zu früh mit einem Jungen einlassen.«
»Jaah, und jetzt verstehe ich auch, wieso«, grummelte ich. Wenn man bedachte, dass ich ein Unfall – eine ungewollte Überraschung – gewesen war, die meinen Eltern acht Jahre voller Zank und Zwist beschert hatte, ergab die Haltung meiner Mutter durchaus Sinn. Leider war ich dadurch zu einer unerfahrenen, verklemmten Jungfrau herangewachsen, die sich womöglich sogar ein wenig vor Sex fürchtete.
»Das Wieso ist ganz egal«, sagte Brian, und sein verschmitztes Lächeln wurde ernst. »Mir ist bewusst, dass das alles neu für dich ist. Ja, ich hatte gehofft, du würdest heute Nacht hierbleiben – einen Versuch war es wert –, aber ich bin nicht im Mindesten überrascht, dass du mir eine Abfuhr erteilt hast.«
»Und das ist wirklich okay für dich?« Ich biss mir erneut auf die Lippe, und Unsicherheit kroch in mir hoch. »Mir ist klar, dass du das so nicht gewohnt bist.«
Brian schüttelte den Kopf und schenkte mir ein reumütiges Lächeln. »Du bist anders als alles, was ich gewohnt bin. Genau das liebe ich an dir, und das weißt du.«
»Jaah, aber –«
»Nichts aber. Zweifel nicht so sehr an dir selbst. Ich betrachte mich als den glücklichsten Mann der Welt, weil ich eine Frau gefunden habe, die mich liebt und nicht den Filmstar. Etwas so Wertvolles und Besonderes werde ich nicht aufs Spiel setzen, indem ich dich zu etwas dränge, wofür du noch nicht bereit bist. Das verspreche ich dir.«
Seine Worte waren so romantisch. Er verhielt sich so großartig, so verständnisvoll, stand so bedingungslos hinter mir. Und dennoch brachte ich es glorreich fertig, den Moment mit einem grässlichen, prustenden Lachanfall zu ruinieren. »Das klang ein bisschen zu perfekt. Ich hoffe wirklich, das war keine Zeile aus einem deiner Filme.«
Eines hatte ich in der vergangenen Woche über mich selbst gelernt: Sosehr ich schnulzige Liebesbekenntnisse in Büchern und Filmen liebte, sowenig konnte ich damit im echten Leben umgehen, wenn sie mir galten. Auch dann liebte ich sie – es fiel mir bloß schwer, zu glauben, dass ich sie verdient hatte. Ich war keine Leinwandprinzessin. Keine Buchheldin. Ich war einfach nur ein normales Mädchen mit einer Million Schwächen und Makeln, zu viel emotionalem Ballast und einem kaputten Körper.
Brian seufzte. »Eines Tages, Ellamara, wirst du lernen, Komplimente anzunehmen.«
Er gähnte ausgiebig und streckte sich. Sein T-Shirt hatte er noch immer nicht wieder angezogen, und der Blick auf seine Muskeln, die sich unter der goldenen Haut dehnten und zusammenzogen, ließ mich bereuen, dass ich die Stimmung verdorben hatte. Als er sich räusperte, zuckte mein Blick zurück zu seinem Gesicht. Er warf mir ein eitles Schmunzeln zu, dem ich ein verlegenes Grinsen entgegensetzte. »Sorry. Ich genieße bloß die kostenlose Showeinlage. Die meisten Mädels müssen für diesen Anblick ja Karten kaufen.«
Brian zog eine Augenbraue hoch. »Wer hat behauptet, dass die Darbietung für dich umsonst ist?« Er sagte es scherzhaft, doch unmittelbar darauf wurde seine Stimme betrübt, und sein Lächeln verschwand. »Es hat seinen Preis, meine Freundin zu sein.«
Das war kein Scherz. Die vergangene Woche war purer Wahnsinn gewesen. Die Welt war besessen von Cinder und Ella. Frieden hatten wir nur innerhalb unserer eigenen vier Wände finden können. Und da ich nun mal mit einer linkischen Familie zusammenlebte, die reichlich gaffte und bei der in der Regel zudem jede Menge Freunde meiner Stiefschwestern zu Gast waren, die allesamt auf eine Gelegenheit hofften, Brian persönlich kennenzulernen, hatten wir uns die meiste Zeit gemeinsam bei Brian zu Hause verkrochen.
»Du bist es wert«, versicherte ich ihm und schlang meine Arme um seine Taille. Er drückte mich fest an sich, und ich genoss es, seine bloße Brust an meiner Wange zu spüren.
»Ich hoffe, das denkst du auch noch, wenn es nicht mehr neu und aufregend ist.«
Die Sorge und Unsicherheit in seiner Stimme brachen mir das Herz. »Das werde ich immer denken«, versprach ich. Dann ließ ich – in dem Versuch, die Stimmung wieder aufzulockern – meine Finger über seinen Bauch wandern und sagte: »Besonders wenn du dir diese Muskeln bewahrst.«
Verlangen blitzte in Brians Augen auf. Er ließ ein raues, beifälliges Schnurren ertönen und senkte seinen Mund auf meinen. »Also liebst du an mir nur meinen Körper, ja? Nicht meine Intelligenz? Oder meinen Sinn für Humor? Meine einnehmende Persönlichkeit?«
»Mhm. Nope. Nur deinen Körper.« Ich rieb meine Hände über seinen Bauch und verschränkte sie dann in seinem Nacken. »Und vielleicht noch deine Kussfähigkeiten.«
»Vielleicht?«
Er klang aufrichtig verletzt – andererseits war er Schauspieler, also sollte er wohl überzeugend wirken. Zudem wusste ich, dass er nur darauf aus war, mich weichzukochen, daher zuckte ich lässig mit den Schultern. »Hm. Könnte auch dein Geld sein. Schwer zu sagen, was genau für mich den Ausschlag gibt.«
Brian schnaubte, hielt sich jedoch nicht mit einer schlagfertigen Erwiderung auf. Unser gemeinsamer Abend neigte sich dem Ende zu, und offenbar hatte er vor, den Rest lieber küssend als kabbelnd zu verbringen. Ich gab ihm nach, bis sich mein Handy mit einem Signalton meldete. Wir seufzten gleichzeitig. »Zeit für Cinderella, sich zu verabschieden.«
Brian zog sein T-Shirt wieder über – eine Schande, allerdings wohl notwendiges Übel, wenn er mich nach Hause fahren wollte. Er reichte mir meinen Stock, schnappte sich dann sein Portemonnaie und die Schlüssel. »Weißt du«, meinte er, als wir uns zur Garage aufmachten, »ich bin mir ziemlich sicher, dass Cinderellas Märchenprinz sie am Ende des Films bei sich behalten durfte.«
Ich lachte, während er mir in sein Auto half. Sobald er hinter dem Steuer Platz genommen hatte, sagte ich: »Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Cinderella keinen überbehütenden Vater hatte, mit dem sie sich gerade erst wieder auszusöhnen versuchte.«
Brian schloss die Hände fester um das Lenkrad. »Dein Vater hat den Respekt, den du ihm entgegenbringst, gar nicht verdient.«
Ich widerstand dem Drang, aufzuseufzen, als Brian das Tor öffnete und auf die enge, gewundene Straße entlang des Canyons abbog, an der sein Grundstück lag. Das Verhältnis zwischen Brian und meinem Vater war ausgesprochen angespannt. Am Tag nach der Filmpremiere hatte mein Vater einen Background Check meines Freundes veranlasst. Es scherte ihn nicht, wie grob er damit Brians Privatsphäre verletzt hatte. Für ihn war nur wichtig, dass eines in den Ergebnissen der Untersuchung klar geworden war: in Brians Leben hatte es jede Menge Frauen gegeben.
Dass er nicht allzu begeistert von der Vorstellung war, seine Tochter in einer Beziehung mit einem derart berüchtigten Playboy zu sehen, verstand sich von selbst. Brian dagegen fand, dass mein Vater keinerlei Recht darauf hatte, sich eine Meinung oder ein Urteil zu Dingen zu bilden, die nur mich etwas angingen. Zwischen zwei derart starrköpfigen Männern zu vermitteln erwies sich als äußerst schwierig.
»Ganz bald musst du dir darüber keine Gedanken mehr machen«, sagte ich und tätschelte Brians Hand. »Nach Weihnachten hilfst du mir ja beim Auszug. Dann muss ich mich nur noch an die Regeln von Vivians Dads halten.« Bei dem Gedanken daran, sie könnten mir eine Sperrstunde auferlegen, musste ich kichern. »So, wie Stefan und Glen dich vergöttern, kann ich mir kaum vorstellen, dass es sie kümmern wird, wie spät du mich nach Hause bringst.«
Brian bog auf den Mulholland Drive ab und brauste am Rand der Schlucht dahin, in Richtung der Hollywood Hills, wo mein Vater und Jennifer zu Hause waren. Ich konnte noch immer nicht fassen, dass ich monatelang weniger als fünf Kilometer von Brian entfernt gewohnt hatte, ohne es auch nur zu ahnen.
»Und wenn ich dich gar nicht nach Hause bringen würde?«, fragte Brian.
»Was meinst du damit?«
Er warf mir einen schnellen Blick zu, bevor er seine Augen wieder auf die dunkle, gewundene Straße richtete. Seine Brauen waren tief heruntergezogen, und sein Bein wippte nervös auf und ab. »Ich meine: Was, wenn ich dir beim Auszug helfe – und dann deine Sachen zu mir bringe anstatt zu Vivian?«
Hatte er gerade vorgeschlagen, ich solle zu ihm ziehen? Ich lachte, doch das Lachen erstarb schnell in meiner Kehle. Als klar wurde, dass er keine Scherze machte, fiel mir die Kinnlade herunter. »Ist das dein Ernst?«
Er bog in die kurze Straße ein, in der mein Vater wohnte, und kam vor dem Tor zu meinem Haus zum Stehen. Statt das Fenster hinunterzulassen, um den Sicherheitscode einzugeben, wandte er sich in seinem Sitz zu mir um und sah mir direkt in die Augen. »Lass mich ausreden.«
»Dich ausreden lassen? Brian, du hast mich eben gebeten, bei dir einzuziehen. Wir sind seit gerade mal einer Woche zusammen.«
»Ich liebe dich seit drei Jahren, Ella. Wir sind mehr als ein Ein-Wochen-Pärchen.«
Ich öffnete den Mund, um ihm zu widersprechen, fand aber keine Worte. Gerade ein Stirnrunzeln brachte ich noch zustande. »Nein. Das kann ich nicht. Das ist verrückt.«
Brian schüttelte den Kopf. »Es geht nicht nur darum, dass ich dich bei mir haben will. Wenn du wirklich aus dem Haus deines Dads ausziehst, solltest du zumindest einmal darüber nachdenken, bei mir einzuziehen. Wir könnten es als eine Art Wohngemeinschaft aufziehen, solange du dich für ein richtiges Zusammenleben noch nicht bereit fühlst. Du könntest dein eigenes Zimmer haben, dein eigenes Bad. Und notfalls sogar in der Küche deine eigenen Lebensmittel beschriften – ich würde sie auch nur dann klauen, wenn du mich ärgerst.«
Gegen meinen Willen musste ich lachen, wurde aber schnell wieder skeptisch. Er war unheimlich hartnäckig. »Warum?« Als er zögerte, wusste ich, dass mein Argwohn begründet war. »Was verschweigst du mir?«
Er seufzte. »Ich mache mir Sorgen um dich, wenn du bei Vivian wohnst.«
Ich lachte noch einmal. »Warum denn, um Himmels willen?« Diese Vorstellung war absurd. »Vivian und ihre Dads lieben mich. Sie freuen sich auf mich. Dort wird es mir viel besser gehen als im Haus meines Vaters.«
Brian warf mir einen ernsten, schneidenden Blick zu. »Wegen Vivians Familie habe ich keine Bedenken, sondern vielmehr wegen der Sicherheitsvorkehrungen in ihrer Wohnung.«
Vivian lebte in einem der für Los Angeles typischen Wohnkomplexe in West Hollywood. Das Gebäude stammte aus den Sechzigerjahren, entworfen nach dem Vorbild zweistöckiger Motels. Es gab dort nur acht Wohneinheiten – vier unten und vier oben. Jede davon hatte eine Haustür, die nach außen ins Freie ging, und der Komplex verfügte nicht einmal über eigene Parkplätze, von einem Tor ganz zu schweigen.
Ich runzelte die Stirn. »Ihr Apartmenthaus ist nicht gesichert. Wenn man mal von der Verriegelung an der Haustür absieht.«
Brians grimmiges Gesicht sprach Bände: Genau darauf wollte ich hinaus.
Ich lächelte, als mir klar wurde, worüber er sich Sorgen machte. »Es ist keine schlechte Wohngegend. Vielleicht nicht die Hollywood Hills, aber absolut sicher – das haben Glen und Stefan meinem Dad beteuert. Sie hatten noch nie Probleme. Vivian meint, es sei ein großartiges Viertel, und sie liebt ihre Nachbarn.«
Brian seufzte. »Ich habe keinerlei Zweifel, dass es eine großartige Gegend für Vivian und ihre Dads ist, Ella, aber für dich liegen die Dinge jetzt anders.«
»Wie meinst du das?«
Brian rieb sich mit einer Hand übers Gesicht und griff dann nach meiner. Er führte sie an seine Lippen und lächelte mir gequält zu. »Ich habe dich gewarnt, dass es seinen Preis hat, mit mir zusammen zu sein. Die Medien werden nicht lange brauchen, um herauszufinden, dass du umgezogen bist, und noch viel schneller werden sie in Erfahrung bringen, wohin es dich verschlagen hat. Bei Vivian wirst du keinerlei Privatsphäre haben. Du wirst rund um die Uhr von allen möglichen Leuten gestalkt werden: Paparazzi, Fans, Touristen.«
»Ach, komm schon, unsere Beziehung bleibt doch nicht lange neu und spannend. So schlimm wird es schon nicht werden.«
Brian schlang unsere Finger ineinander und ließ unsere Hände in seinen Schoß fallen, doch er erwiderte mein Lächeln nicht. »Du verstehst das nicht. Der Wirbel um Promis wie mich klingt nicht einfach so ab. Ich hatte das ganze letzte Jahr über Ärger mit besessenen Fans. Jede Menge Ärger. Ich musste mich um mehrere einstweilige Verfügungen bemühen. Eine Reihe von Leuten hat versucht, bei mir einzubrechen. Deshalb bin ich überhaupt erst in mein jetziges Haus gezogen, das mit topmodernen Sicherheitsvorkehrungen ausgestattet ist.«
»Oha! Du hattest allen Ernstes Probleme mit Einbrechern?«
Brians Miene wurde düster. »Mein Berühmtheitsstatus ist extrem, Ella. Und Fans betrachten Prominente nicht als echte Menschen. Sie werden weder deine Privatsphäre noch deine persönlichen Grenzen respektieren. Ich möchte nicht, dass du dich mit alldem allein herumschlagen musst.«
Mir kamen erste Zweifel an der Entscheidung, bei Vivian einzuziehen. Ich ließ mich in meinen Sitz zurücksinken und starrte durch die Windschutzscheibe auf das Tor zum Haus meines Vaters. Geschlossene Wohnanlagen hatte ich immer als protzig empfunden – eine Möglichkeit für Reiche, sich selbstgefällig in Szene zu setzen. Mir war nie in den Sinn gekommen, dass manche von ihnen zu ihrem eigenen Schutz darauf angewiesen sein könnten. Oder um ihr Privatleben zu wahren.
Aber bei Brian einziehen? Das wäre ein gigantischer Schritt. Klar, er hatte mir angeboten, dass wir als Wohngemeinschaft zusammenleben könnten, aber würde das wirklich funktionieren? Ich war mir nicht so sicher. Und als Paar zusammenzuwohnen – dazu war ich einfach noch nicht bereit. Nicht einmal ansatzweise.
»Ich verstehe, was du meinst, und das ist wirklich fürsorglich von dir. Danke, dass du dir so viele Gedanken um mich machst, aber ich glaube, es wird nicht nötig sein, dass ich zu dir ziehe.«
Brian runzelte die Stirn, und ich redete schnell weiter, bloß damit er mir nicht widersprechen konnte. »Gerade im Moment spielt nur alle Welt verrückt, weil wir mit der ganzen Cinderella-Geschichte so ein riesiges Theater veranstaltet haben. Ich bin überzeugt davon, dass es sich bald legen wird. Bis Silvester sind wir Schnee von gestern.«
Brian musterte forschend mein Gesicht. Ich las Enttäuschung in seinem Blick und versuchte, mich davon nicht umstimmen zu lassen. Ich konnte sein Angebot nicht annehmen. Nicht, wenn ich auf meinen derzeitigen Angstpegel hörte. Ich versuchte zu verbergen, wie panisch ich in Wirklichkeit war. Sosehr ich Brian auch liebte: Der Gedanke, zu ihm zu ziehen, jagte mir schreckliche Furcht ein. Und war zugleich irrsinnig verlockend. Vielleicht machte gerade das mir die Sache derart unheimlich: Alles war zu viel, und es ging zu schnell.
Fürs Erste gab Brian sich geschlagen. Endlich ließ er das Fenster hinunter, um den Sicherheitscode für das Tor einzutippen. Während er noch auf die Knöpfe drückte, blitzte es grell auf, und eine dunkle Gestalt sprang hinter den Bäumen hervor.
Natürlich würdigte Brian den Typen keines Blickes. Er hatte mich stets dazu angehalten, es ebenso zu handhaben, doch das gelang mir nicht sonderlich gut. »Ernsthaft?«, fragte ich und lehnte mich um Brian herum, um dem Mann einen finsteren Blick zuzuwerfen. Er knipste weiter, blendete mich mit seinem Blitz. »Haben Sie nichts Besseres zu tun, als um ein Uhr morgens mein Haus zu belagern, in der Hoffnung, ein Bild von uns zu ergattern?«
»Ella, spar dir die Mühe.« Brian klang müde, und ich wusste, dass es nicht an der späten Stunde lag.
Den Mann draußen konnte ich zwar nicht erkennen, mir sein schmieriges Grinsen allerdings nur zu gut vorstellen, als er lachend sagte: »Machst du Witze? Brian Oliver, der seine Freundin noch vor ihrer Sperrstunde nach Hause bringt? Damit schaffe ich es auf die Titelseite. Ihr zwei beschert mir heute Nacht ein nettes Sümmchen, Süße.«
Der herablassende Tonfall des Typen verärgerte mich so sehr, dass ich nicht übel Lust hatte, aus dem Wagen zu springen und seine Kamera zu zertrümmern. »Die Sperrstunde haben wir uns selbst gesetzt, vielen Dank auch.«
»Ella ...«
»Mein Vater sorgt sich um mich, deshalb bemühe ich mich, zu einer angemessenen Uhrzeit zu Hause zu sein, solange ich noch unter seinem Dach lebe.«
»Ella ...«
»Ich bin kein Kind mehr.«
Okay, schon möglich, dass der Kommentar des Typen mich umso mehr juckte, weil er beinahe ins Schwarze getroffen hatte. Zwar war ich inzwischen im Vollbesitz all meiner Rechte als selbstverantwortliche Erwachsene, doch ich hasste die Tatsache, dass man sie mir für ein ganzes Jahr genommen hatte. Und noch mehr wurmte mich, dass die Welt davon wusste.
Nach der Premiere von Der Druidenprinz, als Brian mich zum ersten Mal spätnachts nach Hause gebracht hatte, war es einer Gruppe besonders gewitzter Paparazzi gelungen, uns bis zu meinem Haus zu folgen. Meine Identität war aufgeflogen, und danach hatte es nur wenige Stunden gedauert, bis sämtliche Zeitungen über meinen Unfall, meine Behinderungen, den Verlust meiner Mutter und meine labile Psyche berichtet hatten. Auch die Geschichte mit der Vormundschaft, die mein Vater wegen meines Selbstmordversuchs vorübergehend übernommen hatte, war an die Öffentlichkeit geraten.
Brian ließ sein Fenster nach oben fahren und rollte langsam durch das Tor. Dabei behielt er den Rückspiegel im Auge, um sicherzugehen, dass der Reporter sich nicht auf das Grundstück wagte. Kaum war sein Fenster geschlossen, ließ ich meinen Hinterkopf gegen die Kopfstütze donnern und stöhnte: »Der Typ hat sich absichtlich wie ein Arsch aufgeführt, um uns zu provozieren. Und er hat es geschafft. Verdammt!«
Brian drückte meine Hand. »Es dauert, bis man gelernt hat, sie zu ignorieren.«
»Ich weiß. Es ist einfach nur peinlich. Ich meine, der Typ hat recht. Ich muss zu festen Zeiten zu Hause sein.«
»Stimmt. Aber du hattest auch recht: Du hältst dich aus Respekt vor deinem Vater daran, und das finde ich mehr als bewundernswert.«
»Jaah, tja – ich bezweifle, dass dieser Aspekt es in seine Schlagzeile schaffen wird.«
»Wen kümmert dieser Artikel? Du kennst die Wahrheit. Ich kenne die Wahrheit. Dein Dad kennt die Wahrheit.«
Ich schnaubte frustriert und versuchte, meinen Ärger loszulassen. Außer meinem Stolz war nichts und niemand verletzt worden, und die Kränkung konnte nur schmerzen, wenn ich es zuließ. »Du hast recht. Tut mir leid. Ich werde mich bestimmt daran gewöhnen.«
Brian schenkte mir ein entschuldigendes Lächeln. »Habe ich dir schon mal gesagt, wie dankbar ich bin, dass du bereit bist, dir meinetwegen all das anzutun?«
Ich lächelte schief zurück. »Hast du mir denn eine echte Wahl gelassen? Kannst du dir vorstellen, was passiert wäre, wenn Brian Olivers persönliche Cinderella nicht aufgetaucht wäre, um Anspruch auf ihren gläsernen Schuh – oder, in unserem Fall, ein Paar Handschuhe und ein signiertes Buch – zu erheben?«
»Es war in jedem Fall ein listiger Schachzug.« Er gluckste. »Ich habe keinerlei Gewissensbisse. Ein Leben ohne dich war keine Option, also musste ich sicherstellen, dass ich Erfolg haben würde.«
Ich schnaubte noch einmal, warf einen Blick nach hinten, um mich zu vergewissern, dass das Tor vollständig geschlossen war, und öffnete meine Autotür. Brian sprang aus dem Wagen und kam auf meine Seite, um mir beim Aussteigen zu helfen. Doch ich scheuchte ihn weg. »Schon okay. Das schaffe ich.«
»Ella –«
»Nenn mich eitel, aber mein Ego ist für heute Nacht schon angeschlagen genug. Lass mich wenigstens allein aus dem Auto aufstehen.«
Er trat einen Schritt zurück. Dass ich sein Hilfsangebot so grummelig ausgeschlagen hatte, nahm er mir nicht übel. Dazu kannte er mich zu gut. Er lächelte mir zu und schüttelte den Kopf, während ich mich langsam aus dem Sitz hochzog. »Du bist ganz schön stur, Madam.«
»Dein Glück – andernfalls müsstest du mir jetzt in den Rollstuhl helfen.«
»Ich weiß.« Brian schloss wie ein Gentleman die Wagentür hinter mir und begleitete mich zum Hauseingang. »Ich liebe es, dass du so ehrgeizig alles gibst, um kräftiger zu werden. Allerdings verletzt es auch mein männliches Ego, wenn ich meine Jungfrau in Nöten nicht retten darf.«
Er sagte es scherzhaft, und dennoch schmolz mein Herz bei seinen Worten ein wenig dahin. »Du hast mich schon oft genug gerettet«, sagte ich, als wir an der Veranda ankamen. »Du bist mein Ritter in schillernder Rüstung. Buchstäblich, Prinz Cinder.«
Brians Grinsen wurde albern, und er trat einen Schritt nach hinten, um sich vornehm und zweifellos formvollendet vor mir zu verneigen – so, wie er es in Vorbereitung auf seine Rolle als weithin verehrter Druidenprinz gelernt hatte. »Mylady«, murmelte er, neigte dabei den Oberkörper elegant nach vorn und senkte seine Lippen auf meine Hand. »Holde Priesterin, ich wünsche Euch eine gute Nacht.«
Ich konnte mir ein Kichern nicht verkneifen – ich liebte es, wenn sein innerer Fantasy-Nerd zum Vorschein kam. Manchmal war er ein totaler Spinner ... aber immerhin mein Spinner. Ich knickste, so gut mein Körper es zuließ. »Und Euch ebenso, Euer Hoheit.«
Brian gab meine Hand frei, schlang einen Arm um meine Taille und zog mich eng an sich heran. »Zum Teufel mit den verstaubten Sitten. Wenn du dich weigerst, zu mir zu ziehen, dann brauche ich jetzt einen richtigen Kuss, um den Trennungsschmerz durchzustehen.«
Lachend legte ich ihm die Arme um den Hals. »Wie könnte ich es auch wagen, mich einem Prinzen zu verweigern?«
»Als mächtige, mystische Priesterin bist du die Einzige, die mir überhaupt etwas verweigern darf, aber raten würde ich es dir nicht. Ich neige dazu, unerträglich zu werden, wenn ich meinen Willen nicht bekomme.«
»Mhm. Das liegt daran, dass du berühmt bist. Ihr Promis seid alle ziemlich verwöhnt, weißt du?«
Brian gluckste und holte mich noch ein wenig näher zu sich heran. Seine Hände begannen, meinen Rücken hinauf- und hinabzuwandern, als wolle er sich jeden Millimeter meines Körpers einprägen, ehe er loslassen musste. »Ja«, stimmte er mir schamlos zu. »Ausgesprochen verwöhnt, in der Tat. Und egozentrisch. Und aufmerksamkeitsbedürftig. Ich fürchte, ich werde ein äußerst anstrengender Freund sein. Bist du sicher, dass du dieser Aufgabe gewachsen bist?«
Ich tat, als müsse ich darüber nachdenken. »Es wird schwierig werden, aber immerhin fährst du einen Ferrari, von daher ...«
»Ahh. Also ist es in Wirklichkeit das Auto, für das du mich liebst.«
Grinsend warf ich einen Blick auf den schicken italienischen Wagen in unserem Rücken, den Brian seinen Schatz nannte. Er war protzig, doch ich konnte nicht leugnen, dass ich gern darin fuhr. »Eindeutig das Auto.«
»Und so kommt letztendlich die Wahrheit ans Licht.« Brian schüttelte den Kopf, doch dann fanden seine Augen wieder meine, und darin lag ein neuer, schwer zu deutender Ausdruck. »Sag’s noch mal für mich.«
Jetzt verstand ich den Blick. Es war Liebe. Schlicht und ergreifend Liebe. Der Mann, der vor mir stand und mich in seinen Armen hielt, war Hals über Kopf in mich verliebt. Wie um alles in der Welt hatte ich dieses Glück bloß verdient?
Ich rollte mit den Augen und versuchte, ein Lächeln zu unterdrücken, doch es gelang mir nur halb. Ich konnte ihm seine Bitte einfach nicht abschlagen. »Aaado«, sagte ich und zog dabei das A übertrieben in die Länge, um meinen Ostküstenakzent zu betonen.
Brians Gesicht erstrahlte. »Du bist so süß.«
Ich hatte mein erneutes Augenrollen noch nicht zu Ende gebracht, als Brians Mund endlich auf meinem landete. In diesem Moment vergaß ich alles um mich herum. All meine Gedanken kreisten nur noch um ihn. Ich würde nie genug bekommen von dem Gefühl seiner Lippen auf meinen, vom Minzgeschmack seines Mundes oder davon, wie er mich von Kopf bis Fuß zum Kribbeln brachte. Wie mir regelrecht schwindelig wurde und er mir den Atem raubte. Mit einer einzigen Berührung schaffte er es, ein Feuer in mir zu entzünden, und ein Blick von ihm genügte, um meine Knie schwach werden zu lassen. Ihn zu küssen war wie Magie.
Ich musste eine ähnliche Wirkung auf ihn haben, denn als er mich schließlich freigab, keuchte er, und seine Augen glitzerten fiebrig.
»Meinst du, damit überlebst du die Nacht?«, neckte ich ihn.
Brian atmete einmal tief durch und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, ehe er antwortete. Er sah aus, als spiele er mit dem Gedanken, mich zurück zu seinem Wagen zu schleifen und für immer zu behalten. Hätte er es versucht – ich war mir nicht sicher, ob ich ihn daran gehindert hätte. Doch er blieb ein Gentleman und trat einen kleinen Schritt zurück. »Wunder dich nicht, wenn ich bei Sonnenaufgang wieder vor deiner Tür stehe.«
»Wag es bloß nicht! Cinderella braucht jede Menge Schönheitsschlaf.«
»Na gut. Dann sehen wir uns nach deiner Prüfung.« Brian seufzte und beugte sich für einen letzten Kuss nach vorn. Sanft und schnell diesmal. Ein keuscher Abschiedskuss. Die perfekte Verabschiedung. »Gute Nacht, Ella. Ich liebe dich.«
Ich öffnete leise die Haustür und wandte mich mit einem Lächeln noch einmal zu Brian um. »Ich liebe dich auch. Ich rufe dich morgen an.«
Brian sprang von der Veranda und ging langsam rückwärts zu seinem Auto zurück. »Du fehlst mir jetzt schon.«
»Tschüss, du Spinner.«
Ellas Abschiedskuss war unglaublich gewesen, hatte es mir jedoch nicht wirklich leicht gemacht, mich gestern Abend von ihr zu verabschieden. Und an Einschlafen war danach erst recht nicht zu denken. Ich lag ewig wach, und als mir schließlich doch die Augen zufielen, träumte ich: lebendige, sexy Träume, die ganze Nacht lang. Als ich vom Duft frischen Kaffees, den mir jemand ins Gesicht wedelte, geweckt wurde, glaubte ich beinahe, die Träume seien echt gewesen und ich hätte mir stattdessen nur eingebildet, Ella nach Hause gebracht zu haben. Mit einem tiefen, wohligen Seufzen rollte ich mich in Richtung der wartenden Kaffeetasse. »Du hast mir Kaffee gekocht? Du bist wirklich die perfekte Frau.«
»Ich habe ihn nicht gekocht, und genau genommen bin ich ziemlich weit davon entfernt, perfekt oder auch nur eine Frau zu sein – aber das Kompliment nehme ich trotzdem an.«
Und damit verpuffte auch die letzte Traumwolke. Ich schob meine Lider nach oben und stöhnte. »Scotty?«
Mein persönlicher Assistent beugte sich über mein Bett, ließ ein strahlendes Lächeln aufblitzen und hielt mir einen warmen Pappbecher meines liebsten Coffeeshops hin. »Morgen, Boss.«
Ich gab mich geschlagen – denn auch, wenn ich keine Ahnung hatte, weshalb Scotty hier war, war mir klar, dass er mich nicht im Bett bleiben lassen würde. Ich setzte mich auf und rieb mir den Schlaf aus dem Gesicht, bevor ich meinen Kaffee entgegennahm. »Wie spät ist es?«
»Nicht mehr früh genug, um eine Standpauke von dir zu kassieren.«
»Soll heißen ...?«
»Fast neun.«
Ich stöhnte erneut, was Scott ein Glucksen entlockte. »Wilde Nacht gehabt?«, fragte er.
Ich nippte an meinem Kaffee und war mir bei der Erinnerung an meine sexy Träume nicht sicher, wie ich antworten sollte. Sie waren nicht wirklich unerfreulich gewesen, auch wenn ich ihretwegen nun reichlich frustriert war. »Kommt darauf an, wie man es betrachtet.«
Scott zog neugierig eine Augenbraue hoch. Er war gläubiger Christ und mit seinen sechsundzwanzig Jahren immer noch Jungfrau, weswegen er die Details vermutlich gar nicht erst hören wollte. Doch ich konnte es mir nicht verkneifen, ihm zumindest eine grobe Vorstellung davon zu vermitteln. Es machte einfach zu viel Spaß, ihn damit aufzuziehen.
»Sagen wir einfach: Mit Ella zusammen zu sein und sie jede Nacht nach Hause bringen zu müssen verursacht bei mir einige harte, schmerzhafte und schlüpfrige Beschwerden, die meinen Schlaf beeinträchtigen und mir das Aufwachen ein wenig unangenehm gestalten.«
»Oh.« Scotts Wangen färbten sich rosa, und er riss seine Augen so weit auf, dass ich ihm verzieh, mich geweckt zu haben. Er versuchte, seinen Schock zu überspielen, und tat, als sei er derartige Unterhaltungen gewohnt, indem er sich räusperte und mit den Schultern zuckte. »Also ... du und Ella, ihr habt noch nicht ... du weißt schon?«
Verdammt, er war echt witzig. Ich kam lachend auf die Füße und schlug ihm auf die Schulter. »Schön wär’s, Kumpel. Ella ist so rein und unschuldig wie du.«
Scott gluckste gutmütig. Ich neckte ihn andauernd wegen seiner spießigen Ansichten, aber er wusste, dass ich es nicht böse meinte. In Wirklichkeit hatte ich jede Menge Respekt vor ihm. Es musste nicht nur wahnsinnig schwer sein, solch einem Lebensstil treu zu bleiben, er war auch schlicht und einfach so ein guter Kerl – vertrauenswürdig, fleißig, loyal. Der beste persönliche Assistent, den ich je gehabt hatte.
»Wir müssen eine Frau für dich finden, Scotty. Eine, die genauso toll ist wie meine und zusätzlich auf Pfadfinder steht.«
»Nein – was du musst, ist, dich zügig anzuziehen. Verwandte von mir kommen heute in die Stadt. Ich muss in einer Stunde am Flughafen sein, deshalb kann ich nicht lange bleiben.«
Mit einem Grinsen schielte ich auf meine nackte Brust und die Schlafanzughosen hinunter. »Diesmal also nicht zuerst unter die Dusche?«
»Diesmal dünstest du ja keine Zwei-Tages-Dosis an Alkohol aus, also wird das nicht nötig sein.« Scott ging lachend aus meinem Zimmer. »Beeil dich, Boss. Zeit ist kostbar.«
Während er den Flur hinunterlief, rief ich ihm nach: »Du bist morgens immer viel zu gut drauf, Scotty!«
Erst als ich ein T-Shirt übergeworfen und Scott an den Küchentisch gefolgt war, kam mir in den Sinn, mich überhaupt nach dem Grund seiner Anwesenheit zu erkundigen. Ich schob ein paar Scheiben Vollkorntoast in den Toaster und stellte dabei die Millionenfrage: »Sag mal, was machst du eigentlich hier? Ich könnte schwören, dass in meinem Terminkalender für heute keine Meetings stehen, die ich vergessen habe.«
Scott warf mir über den Laptop, den er bereits auf meinem Küchentisch aufgeklappt hatte, einen kurzen Blick zu. »Nein, in deinem Terminkalender stehen noch keine Meetings. Das ist das Problem.«
Da endlich wurde mir klar, weshalb er hier war, und meine gute Stimmung verpuffte. »Vergiss es.«
»Brian.« Scott lehnte sich in seinem Stuhl zurück und fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. »Dein ganzes Team liegt mir Tag und Nacht in den Ohren.«
»Dann nimm ihre Anrufe nicht an. So mache ich es.«
Ganz kurz wirkte Scott verärgert – was ausgesprochen selten vorkam. »Ich weiß, dass du sie ignorierst. Deshalb rufen sie ja mich an. Ich würde gern meinen Urlaub genießen, Boss, und darum werde ich hier erst wieder verschwinden, wenn ich ihnen etwas zu bieten habe. Idealerweise einen festen Termin für ein Meeting.«
Ich erwiderte seinen ärgerlichen Blick und griff nach meinem Toast, warf das heiße Brot auf einen Teller und holte mir dann das Glas Himbeermarmelade aus dem Kühlschrank. Während ich meine Toastscheibe damit bestrich, bedrängte Scott mich weiter. »Du kannst dem nicht entgehen. Wenn du dich weiterhin versteckst wie schon die ganze Woche, löst sich die Angelegenheit auch nicht einfach in Wohlgefallen auf.«
Verdammt noch mal – an seinen Worten war etwas dran. Es war großartig gewesen, sich eine Woche lang gemeinsam mit Ella zu verkriechen, als gäbe es die Welt da draußen gar nicht. Ich hatte gewusst, dass das ein Ende würde haben müssen, ich wünschte bloß, dieses Ende müsste nicht so schnell kommen. Aber Scott hatte recht. Der Medienrummel würde nicht nachlassen, ehe wir uns ihm stellten.
Ich lehnte mich gegen die Theke, biss in mein Toastbrot und sah Scott stirnrunzelnd an, doch er warf mir nur einen knallharten, durchdringenden Blick zu, bis ich schließlich seufzend aufgab. »Na gut.« Diese Ich-mein’s-ernst-Miene hatte er perfektioniert. »Setz ein Meeting an.«
»Sie würden dich am liebsten noch heute sehen, wenn möglich.«
Ich schnaubte. »War ja klar.«
Scott überging meinen Sarkasmus und öffnete unsere beiden Terminkalender auf seinem Laptop, um die Pläne für den Tag zu überfliegen. »Wie wäre es direkt nach dem Mittagessen? Passt dir ein Uhr? Bis dahin bin ich vom Flughafen zurück und kann mich für eine Weile von meinen Verwandten absetzen.«
»Schön, von mir aus. Je schneller wir es hinter uns bringen, desto schneller können wir beide wieder unseren Urlaub genießen.«
Scott sah von seinem Laptop auf, und sein Ärger wich einem sarkastischen Grinsen. »Sehr scharfsinnige Folgerung, Boss.«
Ich versuchte mich an einem eigenen Ich-mein’s-ernst-und-du-wirst-tun-was-ich-dir-sage-Blick, verlor aber die Beherrschung und musste lächeln. Auch wenn ich es Scott gegenüber nie zugeben würde: Seine Dreistigkeit war einer der Gründe, derentwegen er den Job bekommen hatte. Ich kann nur eine begrenzte Anzahl von Arschkriechern ertragen. Mir ist sehr wohl bewusst, dass ich zeitweise schwierig bin. Was Scott auszeichnet, ist, dass er immer zu wissen scheint, was er mir durchgehen lassen kann, wann er dagegenhalten sollte und vor allem, wann er mir gehörig den Kopf waschen muss.
Da die angespannte Stimmung überwunden schien, verdrehte ich die Augen und warf meine Toastrinde nach ihm. »Halt die Klappe.«
Er wich dem fliegenden Brot aus und gluckste, worüber wiederum ich lachen musste. »Schön. Ein Uhr.«
»Großartig. Und bringst du Ella mit, oder soll ich sie abholen lassen?«
Ich erstarrte mit der zweiten Toastscheibe auf halbem Weg zum Mund. Wie hatte mich das so kalt erwischen können? Es war keine Überraschung. Mein Team saß mir schließlich schon die ganze Zeit wegen Ella im Nacken. Natürlich würden sie wollen, dass ich sie mitbrachte, damit sie endlich mit ihr reden konnten.
Ich ließ Toast und Kaffee stehen, setzte mich Scott gegenüber an den Tisch und verschränkte die Arme. Jetzt fiel es mir leicht, keine Miene zu verziehen. Scott richtete sich gerader auf und wurde ebenfalls ernst. »Brian, du weißt, dass es leichter wäre, wenn du sie einfach mitnehmen würdest.«
»Nein.«
»Wieso nicht? Das hat genauso viel mit ihr zu tun wie mit dir.«
»Weil das Team aus einem Haufen aufdringlicher Mistkerle besteht. Sie werden Ella überrumpeln und dazu drängen, Dingen zuzustimmen, die sie überhaupt nicht tun möchte. Dazu müssen sie ihr lediglich sagen, es sei das Beste für mich – dann unterschreibt sie alles, ganz gleich, welche Folgen es für sie selbst hat.«
Scott klappte den Laptop zu: ein Zeichen dafür, dass es ihm nun wirklich ernst war. »Ob es dir gefällt oder nicht, Brian, sie steckt da mit drin. Bis zum Hals, um genau zu sein. Ella wird dem Ganzen nicht ewig aus dem Weg gehen können, und sobald es sie einholt, wird sie ein paar enorm wichtige Entscheidungen treffen müssen. Wenn du sie nicht mitnimmst, wird dein Managementteam – ebenso wie alle anderen in der Stadt – dich übergehen und direkt an sie herantreten. Willst du wirklich, dass sie sich ohne dich mit Leuten trifft und Entscheidungen fällt?«
Mein Kiefer verkrampfte sich. Die Leute in Hollywood konnten wunderbar nett und freundlich sein, doch letztlich waren sie allesamt Wölfe im Schafspelz. Ella war eine kluge, starke Frau, aber sie war mit dem Spiel, das hier gespielt wurde, nicht vertraut. Und ich wollte auf keinen Fall, dass sie sich in diesem Dschungel allein zurechtfinden musste.
»Du hast völlig recht: Dein Team wird versuchen, sie auszunutzen, wo es nur geht«, sagte Scott. »Und genau deshalb solltest du dabei sein, wenn sie es tun. Solange ihr zusammen seid, kannst du Ella zumindest warnen, falls sie Gefahr läuft, manipuliert zu werden.«
Verflucht noch mal, wieso musste er immer recht haben? Ich stieß einen langen, Seufzer aus, rieb mir die Hände übers Gesicht und raufte mir die Haare. »Schon gut, schon gut, na schön. Lass uns ein Meeting gemeinsam mit Ella festsetzen. Aber noch nicht gleich. Nach den Feiertagen. Nach Neujahr.«
Scotts Haltung entkrampfte sich ein wenig, und er warf mir ein entschuldigendes Lächeln zu. »Ich glaube nicht, dass sie so lange warten wollen. Ihr beiden seid jetzt in den Schlagzeilen. Ihr seid die größte Geschichte des Jahres. In zwei Tagen läuft dein Film an – da wollen sie die Gratiswerbung logischerweise ausnutzen.«
Ich schnaubte verbittert. »Der Druidenprinz wird ein gigantischer Weihnachtsblockbuster. Das Studio hat Millionen Dollar in Reklame gesteckt. Wie viel zusätzliche Publicity braucht der Film denn noch?«
»Nicht der Film, Brian – du.«
»Ich mache mir nichts aus Publicity. Ich will die Aufmerksamkeit gar nicht.« Ich sprang mit einem Ächzen auf die Füße und holte mir meinen Kaffee. Er war nur noch lauwarm. Gedankenverloren schwenkte ich die Tasse mit der schwarzen Flüssigkeit, als enthielte sie die Lösung all meiner Probleme.
»Diesmal solltest du sie sehr wohl wollen«, beharrte Scott. »Und Ella ebenso.«
Ich runzelte noch immer die Stirn, stützte mich aber wieder gegen die Theke und schenkte ihm meine volle Aufmerksamkeit. Er packte die Gelegenheit beim Schopf, zögerte jedoch kurz, als fürchte er, ich könnte explodieren, sollten mir seine nächsten Worte nicht gefallen: »Wie du und Ella mit dieser Aufmerksamkeit umgeht, wird eure Zukunft maßßäü–