Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie, detailierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar

Text © 2020 by Rolf Gänsrich

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH,

Norderstedt

ISBN 9783752677188

Kapitel

  1. Piep-piep-piep
  2. Nacht des Todes
  3. Niety Town – Winnetous Tod
  4. „Hiddentrack“ u.a.
  5. Niety Town – die blaue Witwe
  6. Kieselsteinweg (von Stine Klang)
  7. Nikolausgedicht
  8. Nix passiert
  9. Pappnasen, Pärchen u.a. Dümmlichkeiten
  10. Party
  11. Peter und der Gott
  12. Plantagen
  13. Im Mühlengrund
  14. Radio
  15. Raumschiff Monkey Swing
  16. Rückfahrt von Susanne
  17. Schlaf ohne Folgen für Erdlinge
  18. Schöner Wohnen
  19. Schuhe
  20. Sein Freund Harvey
  21. Señoritas und Gringos
  22. Sinniger Dialog ohne Widerrede
  23. So viel Liebe
  24. Soll wohl so'n Gedicht sein …
  25. Soccer for ever
  26. Soll an haben
  27. Sommer, Sonne, Biotonne
  28. Spam, Spam, Spam, spiced Ham
  29. Spaziergang mit der Baronin
  30. Sportschau
  31. Straßenumfrage
  32. Stulle mit Brot
  33. Terrorismuswarnung
  34. Text für Opener
  35. Timm
  36. Tinas Dialog
  37. Tinas Feuerzeug
  38. Tinas freier Tag
  39. Tortillas
  40. Träumen
  41. … und der dumme Hahn …
  42. Unfall
  43. Ungewollte Gesprächsrunde
  44. Unklar
  45. Unrechtsbewusstsein
  46. Unter Strom
  47. Verkaufsgespräch
  48. Verknallt in Dich
  49. Versäumter Morgen
  50. Verschmähte Liebe
  51. Warum ich besser Auto fahre
  52. Warum ich Schneefall nicht leiden kann
  53. Warum man die FDP liebhaben muss …
  54. Warum Männer nicht gerne Klamotten kaufen
  55. Warum Tina nie mit mir ausgehen sollte
  56. Was in der Zeitung steht
  57. Was man alles machen kann
  58. Weihnachten im Trend
  59. Wer ist Tina
  60. Wie ich zu Roland Kaiser wurde
  61. Wo bleibt Paris Hilton?
  62. Wolf
  63. Zahnarztgedicht
  64. Ziehen sie eine Nummer + Intermezzo
  65. Betrachtungen über den Furz
  66. Mit Liebe durch den Winter
  67. Jahresbeginn-Gedicht
  68. Dem Zeitgeist hinterher
  69. Oh, Margarita
  70. Kurzes Hochzeitsgedicht
  71. Wir hatten
  72. an den OKB (Vorläufer von Alex-Berlin)
  73. Schlechtwettergedicht
  74. Warum man vor der Königstadtbrauerei auf Paris Hilton, Michelle Hunziker und Katrin Bauerfeind vergeblich wartet
  75. Jugendweihegedicht für Tessa
  76. (wirklich gehaltene) Rede auf einer Demo
  77. Gehaltene Laudatio in der Humboldt-Uni
  78. Der Urmensch in uns
  79. Die Burg
  80. Bäuerlein, Bäuerlein tick-tick-tack
  81. Denkanstoß
  82. Holz
  83. Frühstück auf der Bude
  84. Ick gloobe
  85. Mirco tot
  86. Kürbisgedicht
  87. Drittes Berliner Gedicht
  88. Sgt. Pepper und die Maske
  89. Sgt. Pepper und das Kamel
  90. Sgt. Pepper hat Heuschnupfen
  91. Wie es zum Schulaufsatz kam
  92. Der Aufsatz
  93. Die andere Geschichte Europas
  94. Die Gurke
  95. Gedanken
  96. Prenzlauer Berg
  97. selbstzerstörerische Weiten
  98. Seltsame Momente
  99. Voll toll
  100. Wie wichtig wichtige Leute sind
  101. Frühstück mit Kay-Sölve
  102. Demokratie
  103. Weihnachtstraum
  104. Ein Glas Bier
  105. Eigene Werbung
  106. Bilder
  107. Daten

Piep, Piep, Piep,

wir haben uns alle lieb!

Jeder ess', soviel er kann,

nur nicht seinen Nebenmann

(Verfasser unbekannt)

Dies ist, bei einem „Band 2“ üblich, der Folgeband zum Band 1 und auch dieses mal gehe ich, wie bereits beim Vorgänger, rein nach dem Dateinamen der Texte auf meinem PC, um auch ja keinen zu vergessen. Mit Ausnahme dieses Einleitungsvierzeilers und einem Gedicht meiner verstorbenen Künstlerkollegin Stine Klang, ist der Rest des Buches wiederum komplett von mir. Die Texte entstanden zwischen 1977 und 2020. Die Texterläuterungen drum herum sind wieder kursiv gedruckt. Die Rechtschreibung ist weder nach altem, noch nach neuem Duden, sondern quasi meine. Das macht eine Korrektur gerade bei Gedichten recht schwierig. Et jibt bisher ooch keen' offiziellen Berlina-Duden, so det die mundartlichen Textteile, jar nich korrijierbar sind.

Der erste Text hier ist auch gleichzeitig der erste „N-Text“ und relativ starker Tobak. Das änderte sich ab dem zweiten Text. Es gibt bei dieser Zusammenstellung keinen weiteren roten Faden, außer halt diesen Dateinamen.

Und ja, die Texte von mir sind manchmal etwas ruppig. Die Texte von N – Z waren indes nicht ausreichend für ein Buch, so dass das zweite Drittel des Bandes bisher überwiegend bis lang unveröffentlichtes und halbfertiges oder nur einem sehr, sehr kleinen Kreis zugängliches Material enthält. Einiges ist auch komplett neu und angelehnt an alte Ideen. Auf jeden Fall ist zum Text jeweils immer vermerkt, wann er von den Daten her von mir geschrieben wurde.

***

Nacht des Todes

am 23./24./25.3.2008 - Ostern

Da liegt sie nun! Dort draußen. In einem fremden Bett, behütet von fremden Menschen, umgeben von Unbekannten. Und dabei hasste sie fremde Leute so sehr. Hasste? Nein, eher fürchtete sie sich davor.

Und nun liegt sie dort.

Allein.

Mutter!

Mein Herz will nicht begreifen, was für den Kopf längst schon klar. Mutter kehrt niemals mehr heim.

Sie lässt mich zurück, sie lässt ihren Mann zurück und meinen Bruder. Sie stiehlt sich einfach so mir nichts dir nichts davon, aus dem Leben und lässt uns zurück.

Noch vor zwei Wochen überlegte ich, wie ich auf elegantem Wege den nächsten Besuch bei ihr zu hause verkürzen könne. Es hat nicht immer alles gestimmt in dieser Mutter-Sohn-Beziehung.

Ich wollte Anerkennung von ihr, die ich nie bekam .... und ... nun auch nicht mehr bekommen werde.

Doch dann ging alles sehr schnell. Zu schnell für meinen Geschmack.

Ich spüre noch immer das Salz der eigenen Tränen auf meinen Lippen, als vor einer Woche, morgens, der Anruf von Vater kam. "Deine Mutter ist seit heute Nacht im Krankenhaus! Sei tapfer, Sohn, ich bin es auch."

Tage danach erkannte sie mich noch an ihrem Krankenbett. Wir schöpften Hoffnung und ich sah sie schon insgeheim, nur von einem eleganten Rollstuhl gehemmt, im Garten fleißig Unkraut jäten. Und ich hörte sie schon, wie sie mir spöttisch antworten würde, auf meine Frage, ob sie nicht zu meiner nächsten Lesung kommen würde, mit den Worten: "Ich glaube nicht, dass wir DAFÜR Zeit haben."

Scheiße, wir haben uns aber auch in den letzten Jahren alle weit von einander entfernt, entfremdet, ... geistig gesehen.

Und jetzt liegt sie dort, in diesem lausigen Hospital mit den überhitzten, nie gelüfteten Zimmern und stirbt.

Sie hatte letzte Nacht einen weiteren Schlaganfall, erfuhr ich. Sie ist nicht mehr ansprechbar und reagiert überhaupt nicht mehr. Ihren Körper könnte man noch am Leben halten, die Medizin ist soweit. Zehn Jahre, zwanzig, dreißig ... .Aber sie wäre nicht mehr, als eine Ansammlung einzelner, lebender Zellen, in Form meiner Mutter, der nur noch atmet, Nahrung verdaut und ausscheidet. Mehr nicht. Keine Spur mehr von intelligentem Leben. Ein Zellhaufen ohne Geist. Niemand weiß, ob sie da dann noch träumt oder Schmerz empfindet oder ob sie überhaupt noch irgendetwas von der Außenwelt registriert.

"Wollen sie das?", wurde Vater gefragt und wir drei sagten: Nein.

Nun sind die lebenserhaltenden Geräte abgestellt. Ihr Körper bekommt noch Nahrung. Mehr nicht. Und wenn sie gehen muss, geht sie halt. Man sollte nicht dem großen Manitu ins Handwerk pfuschen. Er wird sie schon zu sich holen, wenn die Zeit für sie gekommen ist.

Mein Herz verkrampft. Tränen finden ihre Bahn. An Abendessen ist heute nicht zu denken.

Nie mehr kann ich mich über sie aufregen. Nie mehr mich ihr gegenüber rechtfertigen.

In dieser Nacht stirbt sie.

Langsam.

Ganz profane Tatsachen drängen sich auf!

Nie mehr werde ich zu Weihnacht ihren leckeren Gänsebraten essen!

Was mache ich nun zu Weihnacht? Ob ich zu meinem Bruder gehen darf?

Wie organisiert man Vaters Geburtstag? Er hat ja bald!

Wie kann man ihn sonst beschäftigen, damit er sich nicht vor Gram mit in Mutters Grab säuft?

Und dann kommen die Selbstvorwürfe!

Warum war ich nicht netter zu ihr in den letzten Jahren? War ich nicht innerlich oft ganz schön ungerecht zu ihr? Bin ich nicht ein Scheusal, weil ich sie, wenn ich allein war, so oft in Grund und Boden verdammt habe?

Nun aber, erst in diesen Tagen, merke ich, dass ich sie liebe. Sie ist meine Mutter!

Tja, und wie geht es nun weiter? Sollte nicht Vater schnellstens aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen?

Ich komme in dieser Nacht nicht zum schlafen. Meine Mutter stirbt in dieser Nacht. Wieder beginne ich zu schluchzen.

Die brennende Kerze im Fenster ist schon wieder herunter gebrannt. So viele Menschen sterben auf der Welt, in jeder Sekunde einer, aber in dieser Nacht ist meine Mutter dabei und mein Vater, mein Bruder und ich leiden.

Mutter stirbt.

Ich bin kein religiöser Mensch, aber in dieser Nacht bete ich für sie, bitte ich bei Gott, Allah, Manitu, Hari Krischna, beim Schöpfer darum, sie gut bei sich aufzunehmen und es ihr leicht zu machen.

Versuche mich ein wenig abzulenken und gehe unter Leute. Das Stamm-Café. Aber das Lachen der anderen scheint mir heut' aufgesetzt, falsch. Warum krepiert dieser Typ dort nicht, dieses fiese, arrogante Schwein, das schon wieder seine Frau mit einer anderen betrügt. Warum nicht er? Warum ausgerechnet meine Mutter?

Und so verschwinde ich recht schnell aus dem Lokal.

Der Rum aus meinem Kühlschrank ist eigentlich nur für medizinische Zwecke gedacht, einzunehmen bei Grippe und Darmbeschwerden. Ist jetzt nicht auch ein medizinischer Notfall?

Er schmeckt zwar, bewirkt aber nach nur wenigen Schlucken das genaue Gegenteil von dem, was er bewirken sollte. Ich werde noch trauriger.

Meine Tränen fließen nun ungehemmt.

Die Musik, die ich mir auflege, tut ihr übriges. Alles deute ich um. Überall ist Tod. Waren die Beatles nicht auch mal vier? George Harrison wurde nur wenige Tage nach meiner Mutter geboren ... und ist tot. Johnny Cash - tot, Robin Gibb - tot, Elvis - tot, Benny Goodman - tot, Glenn Miller - tot, Ray Conniff - tot, John - tot, Linda McCartney - tot ... ich bin musikalisch von Leichen umgeben.

Und meine Mutter stirbt noch immer.

Letzte Fluchtmöglichkeit für mich ist schließlich der Computer. Rauslassen, was mich bedrückt. Wort für Wort, Zeile für Zeile, Satz für Satz.

Schluchzen hebt meine Brust. Tränen rollen über die Tastatur. Die Brille beschlägt!

Ich möchte nicht so einsam sterben, wie sie, ohne vertraute Geräusche, Gerüche, Menschen um mich her.

In dieser Nacht stirbt meine Mutter!

In einem lausigen Krankenhausbett.

Allein!

Aber ich könnte jetzt nicht bei ihr sein, ihre Hand halten oder ihre Stirn kühlen. Denn ich habe Angst vor dem Tod.

Und da ich weiß, meinem Vater und meinem Bruder ergeht es genauso, deshalb liegt sie allein. Zum Glück aber dann doch nicht ganz allein. Das Krankenhaus ist von der Kirche. Somit wird der Große Geist ihr in ihrer letzten Stunde beistehen.

... Hoffe ich...

Hoffen wir!

Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Mutter stirbt ... und ist NICHT einsam.

Sie hat Freunde und sie hat uns, die wir in Gedanken bei ihr sind.

Wenn wir ihren Tod betrauern, betrauern wir in gewisser Weise uns selbst, die wir ihren Verlust zu verkraften haben.

- - -

Sie quälte sich tatsächlich dreieinhalb Tage lang und Vaddern überwand ihren Tot nicht und folgte ihr fast zwei Jahre später.

***

Mein damaliger Kumpel Martin Miersch hatte den Mitgliedern und Dauer-Gast-Lesenden der Truppe „Diesseits im Jenseits“ in der Kneipe Raumerstraße 6 den Auftrag gegeben, nachdem er selbst zwei Geschichten aus „Niety Town“ vorgetragen hatte, eigene Kurztexte zum Thema zu machen. Hier folgen meine beiden Beiträge dazu.

Neaty Town – Winnetous Tod!

Am 2.6.2004 – Nachschliff am 26.7.2020

Neaty Town in der Mittagshitze. Es war 13 Uhr, und da auch in Neaty-Town die Sommerzeit durch einstimmigen Beschluss von Bürgermeister Cash eingeführt worden war, stand die Sonne also erst jetzt an ihrem Zenit und schickte ihre erbarmungslosen Strahlen herab.

Siesta!

Sheriff Miller fletzte in seinem Schaukelstuhl und hatte die Beine auf den Pfosten gelegt, an dem sonst sein Dienst-Gaul angebunden wurde. Selbst sein Colt baumelte außer Reichweite. Vor dem geschlossenen Drugstore turtelten Marie Sue Teagarden und Little Lutz in aller Öffentlichkeit bei einem Cappuccino miteinander, der Pfarrer lag mit freiem Oberkörper in seiner Hängematte auf dem, der kleinen Kirche angrenzenden Friedhof und selbst Bestatter Roy gönnte sich ein Schläfchen, indem er in einem seiner erst kürzlich gebauten Erd-Möbel, Probe lag.

Das alles sah Winnetou! Er hatte letzte Nacht immer und immer wieder Zugaben der gecoverten Songs von Marie-Lou-Carter’s erster Schellackplatte geben müssen. Entsprechend müde schleppte er sich heute zum Saloon.

Das Leben tobte hier auch nicht gerade. Ein paar unverdrossene pokerten um ein Jahres-Abo für die Postkutsche und am Fenster saß die Fleisch gewordene Vorfreude aller 14-jährigen Knaben des Ortes, Molly Luft, bei einem Kribbelwasser.

Um die Stimmung aufzupeppen, wollte Winnetou sofort in die Tasten seines Klaviers hauen und sich an einem Lied von C.C.R., „Proud Mary“, zu schaffen machen, als ein Fremder, den Winnetou bisher noch nicht bemerkt hatte, lässig zu ihm schlenderte.

„Hey, Indianer, kannst du auch die Ballade: ‚Die Ulaner von Makus III‘ spielen? Ich bin hier mit meinem Cäpt’n verabredet ... und dieser Song erinnert mich so an alte Zeiten!“

Winnetous Blick wanderte nach oben und er musterte den Fremden!

Seine Haut hatte einen kleinen Stich ins grünliche und seine Ohren liefen nach oben hin spitz zu!

„Kenn ich nicht!“ sagte Winnetou. „Aber wie wär’s mit dem Song: ‚Der lachende Vulkanier und sein Hund‘?“

„Warum sollte ein Vulkanier lachen? Das ist doch unlogisch, ... aber sicher auch faszinierend! Also leg los!“, entgegnete der Fremde, hob eine Augenbraue und wackelte mit seinen spitzen Ohren, bevor er sich wieder an den Tisch in der dunkelsten Ecke des Saloons begab, aus der er vorher auch gekommen war.

Winnetou war erst bei der 14. Strophe ... und Molly Lufts Fettfalten bebten vor lauter Lachen, als Earl, der Barkeeper, an das Kalvier trat!

„Du, Winni, da hat gerade so’n Typ was abgegeben für dich. Wahrscheinlich so’n Linky! Er trug seinen Colt auf der falschen Seite!“

Mit weit ausladender Geste deutete Earl auf den Tresen auf dem, in schönster Unschuld, ein flammender Apfelkuchen stand.

„Du sollst umgehend zu ihm an den Greacebach kommen! ... Na, nun mach schon! Hau ab!“

Winnetou sah sich um! Schon seit Stunden war er unterwegs, bäuchlings durch das Gestrüpp vertrockneter Farne kriechend.

Hier irgendwo mussten sie doch sein? ... Dammend. Immer wieder hatte er nun schon auf seinem Weg hier im Wald vereinzelte Liedfetzen gehört.

September-Verein, August-Sisters, Oktober-Club oder Beat-Brother‘s ... er kannte ihre Stimmen, er kannte ihre Lieder und hatte sie wohl schon tausendmal gehört ... vor langer Zeit ... als er noch Winne-Tütchen war.

Er erreichte den Greacebach, ein Rinnsal in den unendlichen Weiten der Prenzel-Mountains!

Ein merkwürdiger Geruch strömte von ihm aus. Winnetou setze sich ans Ufer, holte seinen chemischen Kolben aus dem Biologie-Unterricht aus der Gesäßtasche, tauchte ihn in die Fluten und kostete schließlich.

Mh – lecker! Da hatte wohl Festus ein wenig von seinem Feuerwasser aus der Schwarzbrennerei verschüttet.

Winnetou kostete von dem zwar stinkenden, aber dennoch reizvollen Nass aufs neue.

Er kostete und kostete ...

Als er gerade dabei war, die 97. Strophe vom Lied, „aus den Prenzel Bergen kommen wir ...“ gegen den Lärm des Waldes anzugrölen, trat plötzlich eine gar traurige Gestalt in bunter Uniform hinterrücks an ihn heran.

„Wat’n los, Alter? ... Noch nie’ne blaue Rothaut jesehn?“

„No, sorry, Sir! I came gerade back from the UssR und wollte plauyen with my Kumpels, but the Hälfte is not mehr hier! ... Sind angeblich im Jenseits!“, sprach der Herr in einwandfreiem, Liverpooler Akzent.

Winnetou erhob sich torkelnd! „Macht nischt, Alter. Bei mir is ooch allet durch’n nander. Weeste, meen Badeofen lässt sich jeden Abend von mir anmachen, Osama aus dem Shop in little Backdad möchte gerne auf den Bush kloppen, in Neaty-Town findet man erst Gold, dann kein Gold dafür aber Altöl, Doc Teagarden lässt sich von jedem die Zähne zeigen, Marie Sue turtelt mit Little Lutz und laufend ... ich sag dir, laufend gibt’s Stricknadel-Tote bei uns!

Aba ick helf da ... hicks ... . Hab nur keen Kla-Kla-fünf bei!“ Verschwörerisch starrte er in die Augen des Fremden! „Wie heißt’n?“

Allein vom Atem Winnetous benebelt parierte der sofort:

„Unteroffff’zier Pfeffer ... jestattn? ... Und das, das ist der einmalige Billy Shear’s!“

Unverhofft plötzlich standen sie auf einer Bühne. ... Und Winnetou saß nicht an einem Klavier sondern er stand an einem Flügel ... er konnte Fliegen!

Im grölenden Publikum taten sich vor allem drei Personen hervor: der betäubte Edmund, der geile Giudo und die lästige Angela! Genau deren Ruf zeigte Wirkung: „Für Rothäute haben wir hier nichts übrig!

Nur Schwarz und Gelb

Bringen Geld!“

...Und da flogen sie auch schon ... die Südfrüchte ... auf die Bühne!

Von einer Banane am Kopf tödlich getroffen, sackte Winnetou in sich zusammen!

„Schöner Tod!“ ... dachte er noch, „und morgen steht dann in der N.Z. ‚Blaue Rothaut von gelb-schwarzem Geschoss erlegt! Roland Koch wusste mal wieder von nichts!‘ ... schöner Tod!“

- - -

Neben ihm wieherte es und nach faulen Äpfeln stinkender Atem verschlug ihm denselben.

Winnetou öffnete mühsam die Augen und sah sich um!

Nein, nicht das noch! Er war wieder einmal, während eines schlechten Albtraumes, aus seinem Bett im Stall gefallen und hatte sich dabei den Kopf an einer Stricknadel aufgeschlagen!

Wütend schnarrte er seinen lahmen Gaul an, der neben ihm schnaubte:

„Du Mistvieh! Ständig deine Saufereien! Alkohol am Zügel ist zwar verboten, dass heißt aber noch lange nicht, dass du dann darfst. ... Erst vor die Apotheke kotzen und mir dann hier was vorschnarchen. Davon träum ich immer so schlecht! ... Aber, na warte, ich erzähl dir nie wieder den Witz von ‚kommt ein Pferd in den Saloon...‘!“

Eines blieb jedoch für Winnetou offen! Und zwar die Frage: Wie eine Stricknadel an sein Bett im Stall kam!

***

Im ganzen Buch verteilt gibt es, genau da, wo auf einer Seite, so wie hier immer noch viel Leerplatz ist, ein Gedicht, dessen Zeilen eigentlich zusammengehören und das man in der Musik als „Hiddentrack“ bezeichnen würde.

***

Niety Town – die blaue Witwe

am 6.10.2004

Aschfahles, kaltes Mondlicht schob sich durch die Wälder der Prenzel Mountains am Greece-Bach. Irgendwo erhob ein einsamer Wolf seine heisere Stimme zu einem Mark erschütternden Heulen und tanzte.

„A hard day’s night“ summend und ein Fässchen irischen Whiskeys polternd vor sich her kullernd, stapfte schwankend eine langhaarige Gestalt am Bach entlang. Sein Haar schien dunkler, als die schwärzeste Nacht, seine Augen schwärzer als Kohlen, aber seine Gedanken schienen Flügel zu besitzen.

Schon an der nächsten Flussbiegung sah er im Schatten die lang aufsteigenden Schlote von Niety Town. Nur aus einem Haus drang der warme, rötliche Schein gedämpften Lichtes nach draußen. Genau darauf hielt die einsame Gestalt zu.

Als er die knarrende Tür öffnete, quollen ihm Lärm und die Gerüche nach Tabak, Moschus und Männerschweiß entgegen.

„Da biste ja endlich! Winni, du alte Hundelunge!“ plärrte ihn Little Lutz an und sank in sich zusammen.

„Was will eigentlich die Rothaut hier?“, grunzte eine Oma und warf ihm nicht nur lüsterne Blick, sondern auch einige Stricknadeln zu, die sich neben Winnetous Kopf in die Balken der gerade geschlossenen Tür bohrten!

„Ich dachte, ich hätte ein Date mit Witwe Bolte!“ entfuhr es Winnetou kleinlaut.

„Und ich dachte, ich hätte hier ein Date mit dir!“ entfuhr es dem Pfarrer, der noch nicht wusste, ob er schon heute sein „Coming out“ haben sollte oder ob er sich weiterhin heimlich am Sonntag mit Mary Sue Teagarden treffen sollte, so Gott wollte.

„Lasst mich eine Rede reden und einen Toast toasten ...“ hob in diesem Moment Sheriff Miller, der wohl auch schon vom Feuerwasser genascht hatte, breitbeinig stehend, an.

Winnetou unterbrach ihn aber abrupt: „Wo ist denn nun die Witwe?“

Aber niemand beachtete ihn mehr.

Der Pfarrer flirtete mit Mary Sue Teagarden und little Lutz, Little Dave spielte allein, mit seinem Revolver, Russisches Roulette und schoss immer und immer wieder daneben, Sheriff Miller zitierte erst die Glocke von Schiller, dann die gesammelten Werke von Wilhelm Busch, um zwischendurch, damit auch alle es in Neaty Town lernten, immer wieder mal den „Kieselsteinweg“* von Stine Klang einzuflechten, Bestatter Roy versuchte unterdessen Earl, den Barkeeper aus dem Saloon einzureden, dass man in seinen Erdmöbeln am besten lag und Earl versuchte seinerseits den Bestatter von einer Todsicheren Lebensversicherung zu überzeugen.

In diesem Trubel nahm Winnetou denn auch die schmachtend auf ihn gerichteten Blicke der Oma wahr, setzte sich zu ihr aufs Canapé und ließ sich von ihr berichten, dass sie regelmäßig, immer genau nach dem 5. Whiskey im Greacebach das Ungeheuer von Loch Ness sah. Schließlich, nach einem gehörigen Humpen Feuerwasser, nahm Winnetou Federschmuck und Perücke vom Kopf und amüsierte sich mit der Oma, ... die ihn wunderbar mit ihren Stricknadeln kitzelte.

Witwe Bolte war von allen vergessen.

Im Drugstore rumorte und polterte es. Der Hund im Haus gegenüber lauschte erst, dann erhob er sich, schob seine kalte, feuchte Nase in die nackten Kniekehlen seines Herrchens und fiepte in hohen Tönen.

Das Gepolter im Drugstore war unterdessen verstummt.

Aber der Junge war schon wach! Schlaftrunken raunzte Jeff in die Stille: „Lass das, Lassie! Wir gehen morgen Fury und Flipper besuchen!“, drehte sich um, und schloss wieder die Augen. Auch der Collie legte sich wieder, beruhigt, auf seine Matte.

Zwei weitere Gestalten, die durch das nächtliche Neaty Town geschlichen waren, hatten bei dem Gepolter im Drugstore, mit den Worten: „Tschock To!“ gemacht, dass sie wegkamen, denn Klingonen hatten, auch wenn man Nachrichten auf Klingonisch nun bei der „Deutschen Welle“ hören konnte, Klingonen hatten in Neaty Town nun wirklich nichts zu suchen!

Die Party im Hause der, noch immer verschollenen, Witwe Bolte verebbte.

„Is wohl nischt mehr zu trinken da?“ fragte Earl, der Barkeeper, klapperte lautstark mit seinen Schlüsseln und setzte hinzu: „Ich hab noch selbst gebrannten Pfefferminzlikör bei mir im Keller!“

Das ließen sich die anderen nicht zweimal sagen und verließen fluchtartig Witwe Boltes Haus, um überfallartig im Saloon einzukehren.

Es dämmerte bereits im Osten, als die Witwe heimkam und ihr verwüstetes Haus sah. Dem Lärm, den ihre Ohren aufschnappten, folgend, torkelte sie zum Saloon hinüber.

Von der Schwingtür her bot sich ihr ein tolles Bild!

Winnetou saß mit Stricknadeln im Haar am Klavier, die Oma auf dem Schoß, und klimperte: „Siebzehn Jahr, blondes Haar!“, Bestatter Roy lag in einem seiner Erdmöbel und schlief friedlich, Little Lutz und Mary Sue Teagarden tauschten beim Knutschen hinterm Klavier ihre Zahnspangen aus, Earl, der Barkeeper, versuchte vergeblich Lassie eine todsichere Lebensversicherung aufzuschwatzen und Sheriff Miller zitierte gerade:

„Es fackelt schnell

der Fackelmann

brennt man ihm Hut

und Fackel an!“

Nur der Pfarrer, unter einer FDJ-Flagge verborgen, beachtete sie!

„Was’n mit dir los, Witwe?“ lallte er!

„Ich hoab mich im Drugstore verlaufen!“

„Man, du stinkst ja aus’m Maul, wie ein siebenstöckiges Freudenhaus!“, aber sie roch eigentlich sehr lecker!

„Ich wollt uns einen Prosecco holen!“ flötete die Witwe!

Der Pfarrer starrte auf die Flaschen, die ihm die Witwe, die unterdessen zu ihm unter die FDJ-Flagge gekrochen war, entgegenhielt.

In großen, Lateinischen Lettern stand darauf:

„Her-Ba-Zit – Haarwasser!“

Winnetou erwachte im Stall, weil ihm etwas in die Kehle stach!

Eine Stricknadel war gerade dabei, sich ihm in den Hals zu bohren!

„Mensch....“,dachte Winnetou laut, „...meine Träume werden auch immer realistischer!“

Sein Gaul wieherte neben ihm.

„Und du...“, blaffte er seinen Gaul an, „....säufst in Zukunft Wasser und nicht dauernd mein Herbazit!“

Als er sich auf seinem Bärenfell aber umdrehte, um sofort wieder einzuschlafen, träumte er kunterbunte, lustige Träume von Marie Sue mit einer zuckersüßen Zuckerstange zwischen den Lippen, der Oma mit einer Banane im Mund und seinem Gaul mit einem Fläschchen Strychnin zwischen den Zähnen!

***

Hiddentrack

am 22.8.2020

Es gibt ja oftmals diese Enden,

ich mein jetzt nicht die meiner Lenden,

* „Kieselsteinweg“ war ein Gedicht von Stine klang, das in jeder Veranstaltung, in der sie anwesend war, das war ab 2005 – 2010 unsere Lesebühne „die Be-Ton-Werker“, von ihr gelesen wurde. Leider ist Stine vor einigen Jahren verstorben.

In Absprache mit ihren Erben und ihrer Schwester, darf ich ihr Gedicht in diesem Band hier verwenden. Es ist die einmalige Ausnahme, dass ich einen fremden Text in meinen Büchern abdrucke!

Kieselsteinweg

von Stine Klang

Wer suchte nicht

den Kieselsteinweg des Glücks,

den ewigen, emporsteigend in Nichts.

Wer suchte nicht

unter hunderten einen

bunten, strahlenden, einzigen

Seinen

wer lief nicht

über den Kieselsteinweg,

vergessen das Lachen,

das vorwärts trägt.

Wer lässt voraus eilen

die Wärme des Herzens;

kollernd lachend

den Herzschlag des anderen erreicht

gewaltige Welle des Glücks

den Kieselsteinweg überschlägt

Steine der Härte zerreißt.

***

Nikolaus-Gedicht

aus OKbeat Nr. 369 vom 6.12.08

Oh Nikolaus, Oh Nikolaus,

Ich war heut‘ leider nicht zu Haus

Und meine Stiefel stinken sehr,

Nach Fußschweiß und wohl auch nach Teer!

Oh bitte, komm noch mal vorbei!

Ich schenk dir auch ein Oster-Ei!

***

Nix passiert

am 1.2.2006

Die Woche begann ganz harmlos. Noch am Sonntag war ich nicht aus dem Bett herausgekommen. Fernsehen, Schokolade und Schlafen ... was für eine günstige Kombination.

Als ich am Montag erwachte, war irgendwie alles anders. Morgens um 8.oo Uhr machte Antje mit mir Schluss, eine Stunde später hatte ich von meiner Nachbarin Marusha eine Einladung zum Candle-Light-Dinner. Ich wusste nicht, was von beidem schlimmer war.

Aber mein Zehn-Uhr-Termin bei meiner Neurologin ließ mich erst einmal nicht wirklich zum Nachdenken kommen. Dafür dachte sie für mich. “Das dachte ich mir schon, dass sie noch keine Arbeit haben. Na, die vom Jobcenter sind ja auch doof.”, sagte sie mir, als ich nach gut zwei Stunden Wartezeit, trotz Termin, endlich in ihr Behandlungszimmer durfte.

All zu lange plaudern durfte ich mit meiner Neurologin aber nicht, denn mir saß schon mein 14-Uhr-Termin im Nacken, meine Psychologin, die mich dann auch prompt mit den Worten begrüßte: “Sie sehen heute ja ganz schön schlimm aus!”

Da ich nach diesem einstündigen Gespräch vom heutigen Tage genug hatte, begab ich mich umgehend nach hause, legte mich ins Bett, aß Schokolade und sah fern. Schlimmer konnte diese Woche eigentlich nicht mehr werden ... glaubte ich.

Der Dienstag war ein schöner Tag. Er war sonnig und so beschloss ich, noch gut gelaunt, Frau Müller im Jobcenter zu besuchen. Ich hatte da mal vor Wochen irgendwelche Unterlagen, genau drei, abgegeben und nur auf eine Sache hatte ich bisher eine Antwort. Als erstes sprang das Auto, dass ich schon seit einer Woche nicht mehr benutzt hatte, nicht an. Offenbar die Batterie im Eimer. Bei der Saukälte der letzten Tage kein Wunder. Beim öffnen der Motorhaube stellte ich dann aber fest, dass auch noch der Kühler geplatzt war. ... Dabei hatte ich doch Antje , schon vor Tagen gebeten, in ihrem Wagen, denn es war ihrer, mal nach dem Frostschutz zu sehen.

Na gut, auch mit dem Fahrrad war ich noch um 8.oo Uhr im Jobcenter. Ich weiß nicht ... nur bei mir ist die Schlange immer so lang ... Buchstabe A – I über 25....! Erst steht man anderthalb Stunden, um im Wartezimmer einen Platz zu ergattern, dann sitzt man dort nochmals eine halbe Stunde, bevor man dann zu einem Fallmanager kommt. Ich wusste auch ohne dem, dass ich noch weiter zur Leistungsabteilung musste, aber die Wege des Amts-Schimmels muss man nun mal mit latschen.

Wie erwartet überwies mich der Fallmanager aus der 1.Etage in die Leistungsabteilung in der 4. Etage. “Sie werden dann dort namentlich aufgerufen!”, sagte er mir.

Um kurz vor zehn betrat ich den Wartebereich der Leistungsabteilung und wartete ... so wie andere auch. Nach gut drei Stunden wurde ich allmählich darüber stutzig, dass nach und nach immer mehr der Leute aufgerufen wurden, die nach mir angekommen waren. Aber, naja, sowas kann ja mal vorkommen, vielleicht haben die ja auch so ihre speziellen Bearbeiter und ich hoffe doch auch auf meine Frau Müller, dachte ich mir. Gegen 13.30 Uhr sprach ich dann mal eine Amtsperson an, die mir im vorbei gehen antwortete: “Ja, kann schon mal sein, dass hier einer vergessen wird.”

Ach, dachte ich, sowas passiert doch immer nur den anderen. So etwa um viertel nach zwei wurde ich dann doch etwas unwirsch, zumal ich der vorletzte war, der im Wartebereich noch wartete, und auch mein Magen knurrte. Erneut wagte ich mich an eine vorüber eilende Amtsperson heran mit meiner Frage und schon kurz vor 15 Uhr, nach nur sieben Stunden auf dem Amt, konnte ich mein Problem einer Amtsperson auch vortragen. Zwischen Fallmanager unten und Leistungsabteilung oben war übrigens wirklich mein Name abhanden gekommen. Man hatte mich vergessen. Vergessen hatte man auch zwei der Unterlagen, auf deren Bearbeitung ich so sehnlichst gewartet hatte. Eines der Dokumente, die ich abgegeben hatte war zwar vorhanden, aber, aus irgendwelchen Gründen auch immer, einfach nicht bearbeitet worden, das andere Dokument fehlte komplett. Aber, sowas passiert ja immer nur den anderen.

Nachdem dies geklärt war, wollte ich eigentlich nur noch nach hause, in mein Bett, fernsehen und Schokolade essen, aber kaum hatte ich meine Wohnungstür endlich hinter mir geschlossen, als auch schon meine Nachbarn Udo und Bettina bei mir läuteten. Sie hatten etwas merkwürdiges in der Betriebskostenabrechnung vom letzten Jahr durch unseren Vermieter festgestellt und fragten nach, ob wir das mal zu dritt nachrechnen könnten. Die halbe Nacht schlugen wir uns damit um die Ohren, zu begreifen, warum die Leistungen, die der Hausmeister erbracht hatte, immer zweimal abgerechnet wurden. Selbst wenn man die doppelte Buchführung mit bedachte, wurde der Hausmeister immer zweimal abgerechnet. Außerdem kamen wir übereinstimmend zu dem Schluss, dass irgendwer in den letzten zwei Jahren klammheimlich 500 Quadratmeter Wohnfläche geklaut haben musste. Ende 2003 waren die noch da, ende 2004 plötzlich nicht mehr, ... wodurch sich die Betriebskosten ja anteilig, umgerechnet auf die Wohnfläche jedes einzelnen natürlich erhöhten. Alles klar?

Genervt von diesen zwei Tagen, an denen nix passiert war, wollte ich am Mittwoch nur mal schnell um die Ecke zu Penny, ein paar Schnitzel und Schokolade holen, um den Rest des Tages mit Schokolade im Bett vor dem Fernseher zu verbringen.

Ich legte mich mit der Verkäuferin an der Kasse an. Ich war der Meinung, ich hätte ihr einen größeren Geldschein gegeben, als den, auf den sie mir herausgab. Nun wollte ich mich mit der Dame auch nicht bis aufs Messer streiten und gab schließlich klein bei, allerdings merkte ich dann zu hause, dass ich doch im Recht gewesen wäre.

Als ich meine Einkäufe dann auspackte und die Schnitzel aus dem SB-Karton entfernten wollte, merkte ich, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum der Packung schon seit gut drei Wochen abgelaufen war. I-i-ihh Ekelfleisch! Fleisch, das schon wieder lebte, hatte ich bislang noch nie gegessen und hatte es auch nicht vor, jemals zu tun, obwohl sicherlich Maden auch eine gewisse Eiweißquelle darstellen.

Um es kurz zu machen, am Donnerstag versöhnte ich mich wieder mit Antje, die sich beim Treppen steigen am Mittwoch ein Bein gebrochen hatte, am Freitag besuchte ich, nach einem Verkehrsunfall meinen Papa im Krankenhaus, am Samstag brannte es im Nachbarhaus in einer Wohnung, in der vorher jemand umgebracht worden war, die Polizei suchte Zeugen, und am Sonntag gab mein Fernseher seinen Geist auf.

Als ich am Montag wieder bei meiner Psychologin aufschlug, schlug die die Hände über dem Kopf zusammen: “Sie sehen ja schrecklich aus! Was ist denn los bei ihnen?”

“Ach”, sagte ich, “eigentlich ist letzte Woche nix passiert!”

***

Pappnasen, Pärchen und andere Dümmlichkeiten

Zusammengestückelt aus mehreren Textteilen aus unterschiedlichen Zeiten am 24./25./26./27.1.09! Die Absätze sind oft zu ganz unterschiedlichen Zeiten entstanden. Ich bring das mal in Reihenfolge: 18.1.09, 20.1.09, 24.1.09, 31.12.06, 24.1.09, 6.11.06, 24.1.09

Ich mache auch heute, in freihändiger Moderation, mal einen Test! Ich sende Euch ein Testsignal. ......püüüüüp Und wenn ihr dieses Testsignal hört ... püüüüp ... wisst ihr, dass Ihr noch immer bei den Crazy Words dabei seid!

Ich weiß nicht. Beim Computer ist das so einfach. Wenn ich aus dem Internet raus will, fragt er mich: „Verbindung trennen? Ja? Nein?“ ... ein Klick und es ist geschehen. Wenn das mal im wirklichen Leben so ginge. „Verbindung trennen? Ja? Nein?“ „Verbindung aktivieren? Ja? Nein?“

Wenn das mal so bei Beziehungen ginge! Das Leben wäre doch so schön. Als Single kauft man viel entspannter ein, man braucht sich zu hause nicht mit dem Fernsehprogramm abzustimmen, oder zu welchen Freunden man geht, falls man als Paar überhaupt noch gute Freunde hat!

Immer zu den Feiertagen treten sie in der Öffentlichkeit gebündelt auf: Pärchen! Das ganze Jahr hinweg flüchtet er ins Fitness-Studio und sie in die Volkshochschule zum Selbstfindungskurs beim Ikebana, aber am Samstagabend und ganz massiv kurz vor beziehungsweise zwischen den Feiertagen, treten sie dann plötzlich in ihrer gemeinsamen Rolle als Pärchen auf. Küsschen hier, Küsschen dort, Küsschen in der Schlange an der Supermarktkasse, Händchen haltend beim gemeinsamen Einkaufswagen schieben. ....

„Wir brauchen noch Creme-Fráiche, ... Schatz!“

Frage mich dabei immer, woher diese hässlichen Kerle solche tollen Frauen aufreißen? So hässlich, wie ich mich fühle, müsste ich gleich zwei Paris Hiltons haben! Aber nein, das Froschgesicht neben mir, mit den vielen Pickeln oder das Babyface mit der Akne, wird von irgendeinem Häschengesicht angehimmelt! „Ich hol uns noch Champagner ... Schatz!“

Wieso macht die das bei dem? Vor dem Kühl-Regal mit dem gesunden Bioghurt blockieren sie drei Meter, den engen Gang mit den Bio-Lebensmitteln und den Sonderangeboten im Mittelteil blockieren sie gleich ganz. Bio soll gesund sein und so glaubt er, es steigere auch die Potenz. Und während dieses hasengesichtige, süße Etwas, das auch noch Grips im Kopf hat, ihm fisplig erklärt, dass Bio IMMER gesund ist und was es für die Umwelt tut, währenddessen will er sie eigentlich jetzt und hier nur knallen.

Genauso ist es im Sommer! Kaum ranzen im Stadtpark die Wildsäue und vögelt der Kuckuck seine Kuckkückin, sind auch die Paare wieder auf der Liegewiese und im Schwimmbad aktiv.

Geht man bewusst als Single allein da hin, kommt man sich unweigerlich wie ein Voyeur vor. Hier Küsschen, da Händchen, dort Brüstchen. „Kannst du mich mal einschmieren?“, hört man es und man sieht, wie sich so ein Pickelgesicht über makellos glatte Haut beugt, oder das Gegenteil, wie ein Typ Brad Pitt sich an nicht -cellulite freier Orangenhaut vergeht. Und man hört Sätze an Kinder gerichtet, wie: „Kai-Uwe, lass doch mal den Herren da in Ruhe!“ und auf mich zeigend, „Der ist sicher nicht zum Spaß hier.“ Nein, wahrlich, Spaß ist das für mich nicht.

Wie kommt es, dass die da zusammen sind. Er wurde doch nicht mit dem Arm um sie herum geboren? Und sie würde doch viel besser zu mir passen!