Vorsicht!
Nikolaus und Nikolina
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Thomas Endl & Cornelia Haas
Impressum
Eine freche Vorweihnachtsgeschichte
erzählt von Thomas Endl
illustriert von Cornelia Haas
Die Bücher aus dem Hut
Anfang Dezember fliegen die Schlitten tief. Na ja, wenn man es genau nimmt, ist es nur ein einziger, der da am Himmel herumkurvt.
Der einen roten Klecks durch die blaudunkle Nacht trägt. Der Schnee aus den Bäumen schüttelt, wenn er sie streift beim Landen. Der rumpelnd aufsetzt, sodass der rote Klecks kräftig durchgeschüttelt wird und “Hoho!” ruft. Dann ist es wieder so weit: Der Nikolaus ist da! Er kommt zu braven und weniger braven Kindern, er ermahnt und er bringt Geschenke. Wie lange er das schon macht, weiß er selbst nicht so genau. Mitgezählt hat er erst seit dreizehnhundertzwölf Jahren. Und dreizehnhundertzwölf Jahre lang hat im Großen und Ganzen alles gut geklappt. Aber dann kam dieses verflixte dreizehnhundertdreizehnte Jahr ...
“Dassdergarasoschweris”, knurrte Knecht Ruprecht. Aber der Nikolaus überhörte die Klage gern. Denn der Sack war sicher nur deshalb so schwer, weil er voller Schokolade für die Kinder steckte. Und der Nikolaus musste den Sack ja auch nicht tragen. Freudig trat er gerade ins Wohnzimmer der Familie Eisbein. Florian Eisbein war im vergangenen Jahr ein richtiges Musterkind gewesen. So stand es jedenfalls im dicken Goldenen Buch. Dafür sollte er mit einem Schokolaus, also einem Riesen-Schokoladen-Nikolaus, belohnt werden.
Ohne hineinzusehen griff der Nikolaus in den Sack. Doch er fand nichts, was sich wie ein Schokolaus anfühlte. Stattdessen ertasteten seine Finger eine Nase. Und einen ... hm, konnte das sein? War da wirklich ein Mund im Sack?
“Auauauauahhh!”, jaulte der Nikolaus auf. Es war tatsächlich ein Mund im Sack und der hatte ihn gebissen. Als Knecht Ruprecht den Sack umstülpte, kam sogar ein komplettes Mädchen zum Vorschein. Und ziemlich viel bunt bedrucktes, zerrupftes Silberpapier. Schokoläuse fielen keine mit heraus. Dafür war der Mund des Mädchens total schokoladig verschmiert.
Florian Eisbein zeigte mit dem Finger darauf und rief: “Sie hat meinen Schoko-Nikolaus aufgegessen!”
Als Antwort streckte ihm das Mädchen die Zunge entgegen und machte “Bääääh!” Florian Eisbein fing hemmungslos zu heulen an.
“Also bitte, Herr Nikolaus!” Die Eltern Eisbein waren sehr verärgert. “Also bitte, seit wann bringen Sie einem statt Geschenke fremde, freche Kinder ins Haus?”
“Ich weif auch nicht, wie fie in den Fack gekommen ift”, nuschelte der Nikolaus, weil er an seinem schmerzenden Finger lutschte. “Daf tut mir fehr leid, daff ich jetft für dich nichtf mehr habe”, nuschelte er weiter und tätschelte Florian Eisbein mit seiner freien Hand den Kopf. “Aiaiaiaiaiaiiiiiiii”, kreischte er gleich darauf auf. Und steckte einen Finger der zweiten Hand auch noch in den Mund. Diesmal war es Florian Eisbein, der ihn gebissen hatte. Das Mädchen lachte laut.