Kurt Wilhelm
Der Brandner Kaspar und das ewig‘ Leben
In diesem berühmten Theaterstück verbindet sich die Hoffnung auf ein wunderbares Jenseits mit einer äußerst vergnüglichen Handlung: Der Brandner Kaspar überlistet den Tod und darf weiterleben. Kurt Wilhelm hat die Geschichte nach einer kurzen Erzählung seines Ururgroßonkels Franz von Kobell zu einem überaus beliebten Stück verarbeitet, welches das Publikum schon über viele Jahre hinweg begeistert. Sein Erfolg ist bereits legendär. In diesem Band sind sowohl Kobells Erzählung als auch die Theaterfassung enthalten.
Vollständige E-Book-Ausgabe der im Rosenheimer Verlagshaus erschienenen Originalausgabe 2013
© 2014 Rosenheimer Verlagshaus GmbH & Co. KG, Rosenheim
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Titelfoto: Fred Stillkrauth und Toni Berger in einer Aufführung des Residenztheaters, München
© Foto Sessner, Dachau
Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling
eISBN 978-3-475-54373-9 (epub)
Vorwort
Franz von Kobell:
Die G‘schicht vom Brandner Kasper
Entstehungsgeschichte
Franz von Kobell - Kurt Wilhelm:
Der Brandner Kaspar und das ewig‘ Leben
Komödie in sieben Bildern
Personen
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Verzeichnis bairischer Worte und Ausdrücke
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Die Erzählung vom »Brandner Kasper« erschien 1871 in den »Fliegenden Blättern«. Franz von Kobell war damals 68 Jahre alt, seit 25 Jahren Witwer und, obwohl er mitten im tätigen Leben stand, wohl schon recht weise und abgeklärt.
Ihm war der Tod nicht ein schwarzer Engel oder eine erschreckende Naturgewalt. Für einen Jäger und Naturforscher wie ihn, der das bäuerliche, das einfache Leben kannte und es im Grunde selber lebte, hatte der Tod recht wenig Dämonie und Majestät. Er gehörte halt dazu, man machte nicht viel Aufhebens von ihm. Und nennt ihn respektlos den »Boanlkramer«. Eine recht abwertende Berufsbezeichnung, denn ein Kramer ist schließlich ein Händler, der nur im ganz kleinen Stil kauft und verkauft. Und »Boanl«, Knochen, Gebeine – das kann wohl nichts Wertvolles sein.
Im Märchen wird der Tod in den Apfelbaum gebannt. In anderen Sagen leitet man ihn in die Irre, um ihm zu entkommen. Man flieht vor ihm, wie vor jenem Tod in China, dem der Reiche zu Pferde davongaloppiert, um ihn schließlich dort zu treffen, wo er ihm entkommen zu sein glaubt. In Bayern geht es handfester zu, und Kobell macht sich eine hintersinnige Gaudi. Sein Boanlkramer kommt, wie im bäuerlichen Leben die gewissen Bazi, die Viechhandler, Hochzeitlader und Schmuser, in die Bauernstube, um Geschäfte zu machen.
Und ein gutes Geschäft macht der Brandner denn auch mit ihm.
Die G’schicht vom
Brandner Kasper
Der Brandner Kasper is a Schlosser gwest und hat bei Tegernsee a kloas Häusl ghabt, hübsch hoch obn am Albach, wo mar auf Schliersee nübergeht. Da hat er ghaust mit sein Wei, die Traudl ghoaßn hat, und mit seini zwoa Buabn, mi’n Toni und mi’n Girgl; die san zeitli Soldatn worn und hamm in an Artollerie-Regiment dient in Land draußt. Der Kasper is a fleißiger, braver Mo gwest und lusti und schneidi. Gforchtn hat er ihm vor gar nix und hat amal an großn wininga Hund, der a Dirn umgrennt hat und hätt’s zrissn, frei mit der Hand bei’n Kragn packt und hatn a so an a Mauer higworfa, dass er nimmer aufgstandn is, und ’n Hagmoar vo Scharling hat er sei Raffa und Spektaklmacha bei der Mess auf der Kaiserklausn aa vertriebn. Neben seiner Schlosserarbet hat er’s Büchsnmacha guat verstandn und für d’ Jaaga d’ Stutzn gfrischt und zsammgricht, besser wia a Büchsmacha in der Stadt.
Is aa ’s Jagn und ’s Scheibnschießn sei größti Freud gwest und hat auf d’letzt überall jaagern derfa, denn der Forstmoaster hat an ihm an verlässinga Jagdghilfn ghabt und der nix kost hat.
Wier er auf die Jahr kumma is, is sei Traudl gstorbn, hatn recht gschmerzt, weil’s gar a guats und taugsams Wei gwesn ist und jetzt hat er halt alloa für ihm a so furtglebt, und no in sein fünfasiebzigstn Jahr hat ihm weiter nix gfeit an der Gsundheit und hat gjaagert und gschossn wier a Fufzger. Jetzt sitzt er amal dahoam und hat ihm an Rechblatter zsammgricht und probiert, und überdem klopft’s an der Tür.
Denkt er, wer muaß denn da draußt sei, denn des Aklopfa is bei ihm nit Brauch gwest und ruaft nacha: »No eina!« Jetzt kommt da an elendiger Loda rei, zaundürr, dass er grad klappert hat und bloach und hohlauget, an abscheuliga Kerl.
Der Kasper sagt: »Was geits, was willst?«
Na der ander: »Kasper, i bin der Boanlkramer und ho di fragn wolln, ob d’ net ebba mit mir geh willst?«
»So? Der Boanlkramer bist, na Bruder, i mag nit mitgeh, gfallt mir no ganz guat auf der Welt.«
»Denkt hab i ma’s«, sagt der Boanlkramer, »aber holn muaß i di do amal, was moast ebber in Frühjahr?«
»Waar nit aus in Fruajahr, wo der Ho’falz is und der Schnepfastrich und die kloan Vögerln am schönsten singa, na, dees war ma zwider.«
»Oder in Summa?«
»Nix Summa, da hon i mit der Rehbirsch Arbet und is aa z’hoaß.«
»Oder in Hirgscht?«
»Ja was fallt dir denn ei, ha narret, soll i d’ Hirschbrunft hintlassen, und die Klopfeter und ’s Oktoberschießn, waar nit aus!«
»No also, nacher in Winter?«
»Da mag i aa nit, schau ’s Fuchspassen und ’s Modersjagn is mei extragi Freud und is in Winter aa z’ kalt.«
»Ja, willst denn du ewi lebn? Dees tuats nit, Kasper.«
»Boanlkramer, i will dir was sagn, mei Vater selig is neunzg Jahr alt worn, und so alt will i aa wern, na kost mi abholn. Aber i glaab, es is gscheiter als die Rederei da, wann d’ mit mir a Glaasl Kerschngeist trinkst, i hon an recht an guatn, und du schaugst ja so elendi aus und sper, dass dir a Glaasl gwiß guat toa werd, und a paar Kirternudl hon i aa no dazua.«
Und so geht er an a Wandkastl hi und holt a Flaschl raus und a paar Glaasln und die Nudeln, ’n Boanlkramer is ebbas selles no nit passiert, und er setzt s’ an Tisch hi und probiert den Kerschngeist. Der hat eahm woltern gschmeckt und d’ Nudl aa, und da trinka die zwoa (der Kasper hat fleißi eigschenkt) und der Boanlkramer is ganz lallert worn; hat aber do alleweil vo die neunzg Jahr ebbas abahandln wolln. Da sagt der Kasper: »Woaßt was, mach mar a Gschpielei drum, pass auf!«
Und geht wieder an dees Kastl, da ist a Kartn glegn und der Grasober just obndrauf. Den schiebt der Kasper in sein Joppnirmi und legt na d’ Kartn auf’n Tisch. »Jetzt heb dir a Häuferl aba, Boanlkramer«, sagt er, »dees is des dei, und dees ander is des mei. Wann jetz du in dein Häuferl ’n Grasober hast, so gehn i mit dir wann d’ magst, wann aber i den Grasober in mein Häuferl ho, so derfst ma nimmer kemma, bis i neunzg Jahr alt bi.
« Der Boanlkramer, der scho an bissl an Dampes ghabt hat, hat glacht und hebt ihm an woltern Toal ab und sagt: »Wegn meiner, es gilt«, denn er hat ihm denkt, weil er die mehrern Kartn ghabt hat, kunnt leicht der Grasober dabei sei.
Wie er jetzt seini Karten nachanander aschaugt, steckt der Kasper hoamli den Grasober in sei Häuferl nei, und wie der Boanlkramer mi’n Aschaugn firti gwest is, broat der ander vor ihm sei Kartn, und da geht halt richti aa der Grasober her.
»Verdammti Gschicht«, sagt der Boanlkramer, aber der Kasper lacht und sagt: »Trink no a Glasl und lass ma den Neunzger lebn!«
»I ko nix macha«, sagt der Boanlkramer, »aber ebber reut di dei Glück amal, und wanns a so is, derfst mi grad ruafa, bin nacha glei da.« »Hat guati Weg«, sagt der Kasper, und wie der oa na furt is, hat er ihm no nachgruafa, er soll fei Acht gebn, dass er nit in Bach einifallt – und is mit den Bsuach ganz zfriedn gwest.
San schlechte Zeitn kemma, der Tiroler Krieg is ausbrocha und hat alle Leut derschreckt. Es ist a böser Krieg gwest, und grausi is’s herganga bei Schwatz und auf’n Berg Isel, und viel boarischi Soldatn san bliebn selm, und ’n Kasper seini Süh, die er so gern ghabt hat, hat’s aa derwischt. Was hat’s gnutzt, dass s’ globt worn san in Rapport, dass s’ überall so schneidi garbet hamm, der Kasper hat’s halt nimmer gsehn und is ihm nachet ganga.
Anderni traurigi Sachan und Zwiderheitn san agruckt, fremdi Leut san daherkemma, hamm überall ’s Holz zsammakaaft und zsammagschlagn: natürli hamm sie die altn Wildwechsl, die er so guat kennt hat, verändert und is mit ’n Wildprat aa weniger worn, und d’ Wildschützen san mehra worn, wie’s allzeit geht, bal a Kriag is.
Der Kasper is freili net leicht verzagt worn, aber an diewein hat ihm do d’Welt nimmer recht gfalln, und na hat er wohl aa an Boanlkramer denkt und was der gsagt hat von »ruafa«, aber gruafa hat er’n dengerscht nit.
Jetzt is ebbas Bsunders gschegn. A Sennderinn auf der Gindlalm is von a wildn Stier gstocha worn und is glei dahin gwest aa.
Derwei aber ihri Leut gwoant und gjammert hamm, is dees Diendl ganz frisch und wohlauf an der Himmiportn gstandn, hat gar nit gwisst, wie’s hikemma is. Der Portner, der Petrus, hat’s glei dersegn und hat’s Türl aufgmacht, dees nebn der großn Portn gwest ist. Er hat an langa graabn Rock aghabt und a blobi Bindn um d’ Schulter und ’s Diendl hat’n verwundert groß angschaut.
»Grüß di Gott, Diendl«, sagt er, und weil’s a bildsaubers Diendl gwest is, hat er ihm denkt, die is taugsam für an schön Engl.
»Ja, wo bin i denn?«, sagt sie ganz derschrocka.
»Im Himmi bist«, sagt der Petrus, »und wer di glei eiweisn lassn ins Paradies, aber zerscht sag ma, wo kimmst denn du her?«
»I bi vo Tegernsee dahoam und Sennderin gwest auf der Gindlalm.«
»Ja na kennst ebber aa ’n Brandner Kasper?«
»Den altn Kasper moants, wer werd den nit kenna! Er kehrt oft ei in meiner Hüttn, wann er auf d’ Jagd geht.«
»Geht er no auf d’ Jagd, muaß ja scho an achtzger sei?«
»Ja wißts es, asitzn tuat er halt die mehra Weil, ’s Birschn geht freili nimmer recht, aber sonst is er no guat bei’n Zeug.«
»Schau, schau, er sollt scho da herobn sei, i wart alli Tag drauf.«
»Derft’s scho no a Wei wartn«, sagt’s Diendl, »bals wahr is, was an diem oa verzählt hamm.«
»No!? was is denn des?«
»Sie sagn halt, i glaab’s aber nit, der Kaspar hätt amal mi’n Boanlkramer kart und hätt der verspielt und derfet ’n derntwegn vor sein neunzigstn Jahr nit furtnehma vo der Welt. Der Kasper is a Lustiger und hat ebba die Gschicht amal oan aufbundn.«
»Wer woaß, wer woaß«, sagt der Petrus, »kunnt ebbas dra sei, da muaß i aufpassn. Aber Diendl, jetz geh da eini, i schick dir glei an Engl nach, der di weiterführt. Du hast brav und frumm glebt auf der Welt, schau, derntwegn bist jetz aa in Himmi herobn.«
Und ’s Diendl bidankt si und kusst ihm d’ Hand und geht hi, wo er ihr hideut hat; der Petrus aber schreibt glei a Vorladung an Boanlkramer und schickt’s ihm. Den ändern Tag in aller Fruah is der Boanlkramer daherkemma ganz untertäni und demüti, dees just nit alleweil sei Sach gwest is.
»Habt’s mi ruafa lassn, Herr Portner«, sagt er, »soll i Enk was bsorgn?
« Der Petrus schaugtn a Weil ernsthaft a, na sagt er: »Boanlkramer, was muaß i vo dir hörn? Du führst di schö auf, spielst mi’m Brandner Kasper ums Leben und verlierst no obendrei! Was san dees für Sachan, wie kost di so ebbas untersteh?!«
»Ja schaugt’s«, sagt der oa, »woaß ja, dass der Kasper da rauf kemma soll und weil’s a so gnua Leut herobn habt’s, hon i mir denkt, es macht nix aus, wann er a bissl spater kimmt.«
»An dees hast aber nit denkt, dass mit meiner Buachführung nix zammageht, bal an iader raufkimmt, wann er mag. Der Kasper ist auf achtzgi einegschriebn, is schö gnua, und jetz is er scho drüber, und du gibst ihm gar neunzgi!« Der Boanlkramer hat was sagn wolln, aber der Petrus hatn ganz fuchti agfahrn: »Staad bist, und glei gehst abi und bringst ’n Kaspern rauf, oder i jag di aus ’n Dienst.«
Da hat ihm der Boanlkramer nix mehr zsagn traut und is ganz dasi abgschobn. Die Gschicht hat’n gwalti verdrossen.
Mei Wort hon i’n Kaspern gebn für die 90 Jahr, hat er denkt, und jetz soll i’s nit haltn, es mag mi a so koa Mensch auf der Welt, und wann’s aufkimmt, dass i an schlechtn Kerl gmacht ho, na derf i mi ninderscht mehr sehgn lassn. Und hat ihm halt bsunna hinum und herum, wier er aus den Handl kemma kunnt.
Er is aber alleweil an adrahter Schlankl gwest, und so is ihm richti was eigfalln. Dees probierst, hat er ihm denkt, spannt sei Wagerl a und fahrt zum Kaspern. Der hat sei Pfeifei graacht und just d’ Zeitung glesen. Wie der oa reikimmt, hat der Kasper sei Brilln vo der Nasn abagschobn und schaugt halt, wer’s is.
Er hat aber ’n Boanlkramer gschwind derkennt, denn der is no grad so zaudürr gwest und der nämlichi Häuter, wie’s ersti Mal, wo er’n gsehn hat.
»Ha, was willst denn du?«, hat er gsagt. »I ho di nit gruafa, und was ausgmacht worn is, werst aa no wissn, oder willst an schlechtn Kerl macha?«
»Nix, nix, fallt mer nit ei, und i woaß, dass d’ no neun Jahr guat hast, da feit si nix. I ho just in der Nachbarschaft a kloas Gschäft ghabt, und da hon i di bsuacha wolln und schaugn, was d’ machst. Und weil i mei Wagerl da ho und auf a Platzl fahrn muaß, wo ma gar schö ins Paradies einischaugn ko, so is mar eigfalln, dass i dir dees sagn will, wann d’ ebba mitfahrn wolltst.«
»Na, i dank dir recht schö«, hat der Kasper gsagt, »i bi nit so neugieri, wie d’ moast, und bi lieber dahoam, wo i mi auskenn, als an an fremdn Ort, wo i nit woaß, wie’s is.«
»Ja«, sagt der oa, »du moast ebba, dass d’ dort bleiben sollst, wo i di hiführ. Vo dem is koa Red, es ist a Spazierfahrt und in an Stündl san ma wieder da, denn mit mein Rössl geht dees leicht.«
»Und ko ma wirkli ins Paradies einischaugn?«
»Ja, versteht si, wann i’s amal sag.«
»Und in an Stündl san ma wieder da?«
»Wann di nit lang dort aufhaltn willst, dees steht bei dir, san mer in an Stündl wieder da, so wahr i Boanlkramer hoaß.«
Jetzt hat ’n Kaspern die Gschicht do begieri gmacht; auf a Stündl kann er ja mitfahrn und a weng einischaugn ins Paradies, von dem er scho so viel ghört hat. – Und er holt sein guatn Freund, ’n Kerschngeist, her und schenkt a paar Glaasln ei.
»Wegn meiner«, sagt er, »Boanlkramer, i fahr mit, und du bringst mi wieder her! Da trink, es is frisch draußt.« Und sie stößn a und trinka, und na san s’ naus. Da is a schwarzs Wagerl gstandn wier a Trucha und a Rappi agspannt. Sie steign ei, der Boanlkramer schnalzt mit der Peitschn, und jetzt san s’ dahigsaust, dass der Kasper kaam’n Hut derhebt hat und is ihm Hörn und Segn verganga. Als wann s’ der Sturm davotraget, san s’ dahi, und auf amal is ’s finster worn und san Blitz umanandagfahrn unter ihna und ober ihna und hat dunnert und kracht, dass der Kasper gschrien hat.
»Was is dees? Kehr um, kehr um!«
Da hat ihm der Boanlkramer ins Ohr neigruafa: »Da hoaßt ma’s bei die schwarzn Wolkan, da san die Dunnerwetter z’Haus, mir san aber glei durch, derfst di nit ferchtn.«
Und richti is’s gschwind wieder liacht worn, und sie haltn vor an großn, großn Gschloss in schönstn Sunnaschei. An den Gschloss is a goldes Tor gwest, und bei’n Seitntürl hat der Boanlkramer agläut und is glei der Petrus rauskemma.
»No Kasper«, sagt er, »bist amal da, jetz geh no glei eina, i wer dir’s Paradies zoagn und werst a Freud dra habn.«
Und nimmt ’n Kaspern bei der Hand und führt ’n eini, aber der Boanlkramer hat draußt bleibn müssen. Und die zwoa stenga jetz in an weitn Saal mit durchsichtigi Wänd wie gschliffas Spiegelglas, und da hat ma weit nausgsegn in an Gartn mit die schönstn Bloamen in alli Farben und mit großi Baam voll Äpfi und Birn und Pfersi und Pomerantschn grad a Pracht, und der Kasper hat nit redn kinna vor lauter Verwunderung. Und in den Gartn san die schönstn Engl rumgwandelt mit silberni Flügl und glanzedi Kranzin in Haar und danebn aa viel, viel Leut, und auf amal springa zwoa Burschn daher und juxn und ruafa: »Ja, grüß Gott, Vater, Vater, grüß Gott!« und er derkennt sein Girgl und sein Toni.
»Jesses, meine Buabn«, schreit er und fallt ihna um’n Hals, und da schau! sei Traudl kimmt a daher und sei Vata und Muatta und a ganz Rudl vo seiner Freundschaft, und is a »Grüß Gott« gwen hinum und herum und a Freud, dass ihm der Petrus, der zuagschaut hat, d’Augen gwischt hat.
Und in den Gewurl fliegt auf amal a kloaner Engl daher und sagt zum Kaspern: »Kasper, der Boanlkramer lasst Enk sagn, er fahret jetz wieder abi, ob’s mitfahrts?«
»Na, liebs Bubi«, sagt der Kasper. »Sag ihm, er soll no alloa fahrn; i bleib da und will nix mehr wissen vo der Welt drunt, und sag Herr vergelt’s Gott tausendmal, dass ma die Gnad worn is, dass i da her kemma bi.«
Dees is die Gschicht vom Brandner Kasper.
Diese Erzählung gehört zu den Klassikern bayerischer Literatur. Denn neben der Tatsache, dass sie in bayerischer Sprache geschrieben ist, nicht im Esperanto der deutschen Stämme, in Hochdeutsch, ist die Fabel eine von jenen mit dem Ewigkeitszug, eine jener Geschichten, die ohne einen Umweg über Verstand und Ästhetik direkt zu Herzen gehen.
Die Idee, diesen Stoff zu dramatisieren, lag nahe. Die erste Szene mit dem Boanlkramer ist bei Kobell schon plastisch da. Wenn auch der Dialog nur angedeutet ist, die Figuren sind charakterisiert, der Verlauf ist gegeben. Die erste und erfolgreichste Bühnenfassung stammt aus dem Jahre 1934, von dem Münchener Schriftsteller Josef Maria Lutz, der die Kobell’sche Erzählung in eine Art szenischen Bilderbogen verwandelte. Er hielt sich, so eng es ging, an die Vorlage und ließ sogar hinter der Szene teichoskopisch Schlachtenvisionen und den Tod der Buben geschehen. In einem polemischen Vorwort wies er darauf hin, er sei der gängigen Bauernschwänke, der Dorfdeppenkomödien so überdrüssig, dass in seinem Stück humoristische Zutaten, besonders in den Himmelszenen, nicht erwünscht seien. Es dürfe keine Gaudi werden, es müsse ein bodenständiges Volksstück sein.
Bald darauf wurde aus dem Stoff eine »bäuerliche Spieloper«. Eduard Stemplinger, der dem Horaz in die Lederhosen verhalf, der sein philologisches Wissen und Können in den Dienst einer behaglichen bayrischen Fröhlichkeit stellte, schrieb »Tegernseer im Himmel«, und Gottlieb Rüdiger komponierte die Musik dazu. Die Handlung wurde aufs Einfachste reduziert. Der Boanlkramer kommt gar mit einem kleinen brummenden Flugzeug daher und singt ein knarrendes Auftrittscouplet, wobei Stemplinger seltsamerweise nirgendwo Kobell’schen Text verwendet. Auch diese Bühnenversion war erfolgreich, sie wird da und dort an Bauerntheatern heute noch gespielt.