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Fußnoten

Hermann Korte, Joseph von Eichendorff, Reinbek b. Hamburg 2000, S. 91.

Ebenda, S. 92.

Ludwig Stockinger, »Poetische Religion – religiöse Poetik: Friedrich von Hardenberg (Novalis) und Joseph von Eichendorff«, in: Ästhetische und religiöse Erfahrungen der Jahrhundertwenden, hrsg. von Wolfgang Braungart [u. a.], Bd. 1: Um 1800, Paderborn/München 1997, S. 170 f.

Vgl. Karl Konrad Polheim, »Interpretation und Textgenese. Eichendorffs Gedichte ›Götterdämmerung‹, in: Edition als Wissenschaft. Festschrift für Hans Zeller, hrsg. von Gunter Martens und Winfried Woesler, Tübingen 1991. S. 124141, hier S. 130.

Christian Begemann, »Der steinerne Leib der Frau. Ein Phantasma in der europäischen Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts«, in: Aurora 59 (1999) S. 135159, hier S. 145.

Volker Riedel, Antikerezeption in der deutschen Literatur vom Renaissance-Humanismus bis zur Gegenwart. Eine Einführung, Stuttgart/Weimar 2000, S. 220.

Ludwig Tieck, Der getreue Eckart und der Tannhäuser, in: L. T., Märchen aus dem »Phantasus«, hrsg. von Walter Münz, Stuttgart 2003 (Reclams Universal-Bibliothek. Nr. 18240), S. 5286, hier S. 81. – Die Zitate sind hier und im Folgenden auf der Grundlage der gültigen amtlichen Rechtschreibregeln behutsam modernisiert.

Ebenda, S. 82.

Ebenda, S. 83.

Tieck (s. Anm. 7), S. 83 f.

Ebenda, S. 59.

Ebenda, S. 58.

Ebenda, S. 84.

Ebenda, S. 84.

Ebenda, S. 74.

Ludwig Tieck, Der Runenberg, in: L. T., Märchen aus dem »Phantasus«, hrsg. von Walter Münz, Stuttgart 2003 (Reclams Universal-Bibliothek Nr. 18240), S. 86112, hier S. 93 f.

Ebenda, S. 94 f.

Ebenda, S. 95.

Tieck (s. Anm. 16), S. 95.

Tieck (s. Anm. 7), S. 82.

Wolfgang Beutin [u. a.], Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 2., überarb. und erw. Aufl. Stuttgart 1984, S. 187b.

Ebenda, S. 190a.

Ebenda, S. 190b f.

Ebenda, S. 191b.

Ebenda, S. 191a.

Vgl. Karl Hanß, Joseph von Eichendorff. »Das Marmorbild« / »Aus dem Leben eines Taugenichts«, 2., überarb. und korr. Aufl., München 1996, S. 69.

Johann Peter Eckermann, Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens, hrsg. von Otto Schönberger, Stuttgart 1994 (Reclams Universal-Bibliothek Nr. 2002), S. 234 (25. [29.] Januar 1827).

Theodor Storm, »Eine zurückgezogene Vorrede aus dem Jahre 1881«, in: Th. St., Sämtliche Werke, Bd. 8, hrsg. von Albert Köster, Leipzig 1920, S. 122 f.

Joseph von Eichendorff, Gedichte, hrsg. von Peter Horst Neumann in Zsarb. mit Andreas Lorenczuk, Stuttgart 1997 (Reclams Universal-Bibliothek Nr. 7925), S. 9.

Günther Schiwy, Eichendorff. Der Dichter und seine Zeit. Eine Biographie, München 2000, S. 443.

Karl Hanß, Joseph von Eichendorff. »Das Marmorbild« / »Aus dem Leben eines Taugenichts«, 2., überarb. und korr. Aufl., München 1996, S. 16.

Vgl. Schiwy (s. Anm. 30), S. 441 f.

Zitiert nach: Schiwy (s. Anm. 30), S. 442.

Zeitung für die elegante Welt, Leipzig, 15. Oktober 1818, zitiert nach: Günter Niggl / Irmgard Niggl, Joseph von Eichendorff im Urteil seiner Zeit I. Dokumente 1788–1843, Berlin [u. a.] 1975, S. 93.

Journal für Literatur, Kunst, Luxus und Mode, Weimar, Januar 1819, zitiert nach: Günter Niggl / Irmgard Niggl, Joseph von Eichendorff im Urteil seiner Zeit I. Dokumente 1788–1843, Berlin [u. a.] 1975, S. 94.

Abend-Zeitung, hrsg. von Johann Friedrich Kind und Theodor Hell, Dresden, 27. Oktober 1818, zitiert nach: G. Niggl / I. Nigg (s. Anm. 35), Berlin [u. a.] 1975, S. 93.

Paul Mog, »Aspekte der ›Gemüterregungskunst‹ Joseph von Eichendorffs. Zur Appellstruktur und Appellsubstanz affektiver Texte«, in: Literatur und Leser. Theorien und Modelle zur Rezeption literarischer Werke, hrsg. von Gunter Grimm, Stuttgart 1975, S. 196207, hier S. 204

Ebenda.

Eichendorff, Gedichte (s. Anm. 29), S. 61 f. – In manchen Ausgaben hat dieses Gedicht auch den Titel Die zwei Gesellen.

Abb. 1: Venus Italica (1822/23). Marmorskulptur aus der Werkstatt Antonio Canovas (17571822). Metropolitan Museum of Art, New York (Nachlass Lillian Rojtman Berkman, 2001)

Joseph von Eichendorffs Novelle Das Marmorbild aus dem Jahre 1819 erzählt von den Irrungen und Wirrungen eines Thema Persönlichkeitsreifungjungen Mannes auf dem Weg zur Erkenntnis der wahren Liebe, die über die sexuelle und erotische Stufe hinaus die seelische und geistige Verbundenheit mit der anderen Person beinhaltet. Damit nimmt der Autor »den Sexualitätsdiskurs romantischer Literatur wieder auf, den bereits Friedrich Schlegels Roman ›Lucinde‹ und Brentanos ›Godwi‹ thematisierten«.1 Er verzichtet aber darauf, einem »christlichen Keuschheits- und Entsagungsprogramm« das Wort zu reden, und versucht stattdessen, mit seinem epischen Text »die komplexe Psychologie einer Figur in romantischer Bildersprache aufzuhellen«2. Dem entspricht die Interpretation von Ludwig Stockinger: Eichendorffs Novelle erzählt von einem entscheidenden Moment in der Ausbildung »der sexuellen und sozialen Identität eines jungen Mannes Adoleszenzkrise aus der Perspektive einer bestimmten moralischen Norm. Die Natur der Sinne – hier die sexuelle Begierde – soll so in die Ich-Identität integriert werden«, daß die Freiheit, und damit auch die Anerkennung »des sexuell begehrten Andern als einer freien Person, der man sich in Liebe zuwendet«, gewahrt bleibt. Dies, so Stockinger, entspreche der um 1800 entwickelten, zur Zeit der

Das literarische Porträt, das den jugendlichen Florio in der Auseinandersetzung mit der eigenen Triebnatur zeigt, ist relativ differenziert und steht damit in einem Gegensatz zur Einfachheit des Marmorstandbilds der antiken Liebesgöttin Venus. Die künstlerische Reduktion der Frau auf deren jungen PubertätsproblematikKörper entspringt dabei einem ideologischen Bildprogramm, das sich unter anderem aus traditionellen männlichen Vorurteilen und Domestizierung der männlichen SexualitätRessentiments sowie aus den sexualitätsfeindlichen Diskursen religiöser Fundamentalismen speist. Antikes Heidentum und sektiererische Morallehre verdichten sich in einer behaupteten Dämonie der Venus, die ihren nackten Körper einsetzt, um den Mann zum willenlosen Objekt ihrer Herrschaft zu machen.

Dem Bild der verführerischen Die Frau – Hure und HeiligeFrau stellt die romantische Literatur – so auch Das Marmorbild – das Bild der Jungfrau Maria entgegen, dem Motiv von obszöner Entblößung und sündiger Lüsternheit dasjenige der keuschen Madonna und frommen Gottesmutter. Natürlich ließe sich – in einer einseitig textkritischen Absicht – Eichendorffs Novelle auf diese schlichte Schwarz-Weiß-Opposition der

Abb. 2: Allegorie des Frühlings (um 1624/26). Ölgemälde von Gerard van Honthorst (15921656)

© akg-images / Galerie Arnoldi-Lievie, München

Die Eröffnungsszene/ExpositionNovelle Das Marmorbild erzählt zu Beginn von der zufälligen Begegnung des jungen Adligen Florio mit »dem berühmten Sänger« (S. 6) Fortunato inmitten einer idyllischen Mittelmeerlandschaft. Das nun folgende Gespräch zwischen den beiden Männern steht am Anfang einer verwickelten Liebesgeschichte, die erst glücklich enden wird, wenn Florio nach zahlreichen merkwürdigen und verstörenden Erlebnissen in dem Mädchen Bianka eine Gefährtin gefunden haben wird.

Vor der Kulisse einer sommerlichen Natur in der italienischen Ort und Zeit der HandlungToskana konzentriert sich das fiktive Geschehen auf die Stadt Lucca, die gleich im ersten Satz erwähnt wird. Ihre Blütezeit hatte diese vor allem durch ihre Textilindustrie reich und berühmt gewordene Stadt im 13. und 14. Jahrhundert.

Abb. 3: Lucca, vom Turm des Palazzo Guinigi aus. – Myrabella / Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0

Im Gegensatz zu der präzisen Lokalisierung der Erzählhandlung lässt sich der historische Zeitpunkt nur indirekt erschließen. Dass es sich um eine offenbar Romantische Verklärung des Mittelaltersmittelalterliche Szenerie handelt, legen vereinzelte Informationen etwa zum sozialen Status von Figuren nahe, die als »Edelmann« (S. 3), »Spielmann« (S. 4) und »Ritter« (S. 5) bezeichnet werden. Auch die Angaben zur Kleidung der Akteure bestätigen diese Vermutung, wenn beispielsweise Fortunato in der Mode einer fernen Vergangenheit auftritt: Er trägt eine »bunte[ ] Tracht […] und ein samtnes Barett mit Federn« (S. 3), wie sie seit dem Ende des 15. Jahrhunderts

Florio erklärt auf Fortunatos Frage nach den Gründen für seine Reise, dass er der provinziellen Enge seiner ländlichen Heimat habe entfliehen wollen, um seiner Auf der Suche nach dem GlückSehnsucht nach den »fernen blauen Berge[n]« (S. 4) zu folgen. Wie eine unmittelbare Erfüllung des erklärten Traums von Freiheit, Freude und Genuss wirkt der illustre Festplatz, an dem die beiden Männer bald darauf ankommen. Auf einem »grünen Platz« finden sie »ein fröhlich-schallendes Reich von Musik, bunten Zelten, Reitern und Spazierengehenden in

Ausführlich erzählt die Novelle von den Beobachtungen, Entdeckungen und Begegnungen, die Florio während dieser langen Nacht inmitten einer Gesellschaft junger und schöner Menschen macht, die den Liedern Fortunatos lauschen und auch selber singen, während sie an üppigen Tafeln speisen, trinken und sich unterhalten.

Aus der Menge der anwesenden Personen ragen neben dem begehrten Musiker und Publikumsliebling Fortunato zwei weitere Bianka und DonatiFiguren von jeweils völlig unterschiedlicher Erscheinung heraus. Zum einen ist dies eine »schöne« (S. 5) und »niedliche[ ] Ballspielerin« (S. 6) mit einem »vollen, bunten Blumenkranz in den Haaren« (S. 5), die Florio schon bald auf die »roten heißen Lippen« (S. 7) küsst, ohne ihren Namen zu kennen; zum anderen handelt es sich um den Ritter Donati, der aufgrund seines düsteren Erscheinungsbildes bei Florio einen abschreckenden Eindruck hinterlässt, obwohl die »dunk[le] Gestalt« (S. 11) ihm, Florio, zu dessen Erstaunen erklärt, ihn bereits aus »früheren Tagen« (S. 11) zu kennen.

Als die Teilnehmer der Veranstaltung in der Nacht den Heimweg antreten, verabschiedet Florio sich zunächst von dem »schöne[n] Fräulein mit dem Blumenkranze« (S. 12), bevor er zusammen mit Fortunato und Donati zu »der nahen Stadt« (S. 12) reitet. Hat sich der Letztgenannte schon während des Festes als Donati: fremd und undurchschaubarundurchschaubar erwiesen, so verstört er nun seine

Florio hingegen begibt sich gemeinsam mit Fortunato zu der »Herberge« (S. 13), wo er infolge der vielfältigen und lebhaften Eindrücke, die er von der Festgesellschaft mit in sein Zimmer genommen hat, kaum zur Ruhe kommt. In einem Wirklichkeit und TraumweltAlptraum erlebt er sich auf einem Segelschiff, das zum Gesang von Sirenen, die alle wie das schöne, blumenbekränzte Mädchen aussehen, in den Tiefen eines friedlichen »mondbeglänzten Meer[es]« (S. 14) versinkt, so dass er »erschrocken« (S. 14) aus dem Schlaf fährt. Die Unwirklichkeit der Bilder und Töne, die er im Traum gesehen und gehört hat, scheint sich auch nach dem Erwachen fortzusetzen, und als er nun mitten in der Nacht seine Unterkunft verlässt, findet er sich in einer Landschaft wieder, die ihn wegen ihrer stillromantischen Stimmung zunächst noch zu einem Lied der Freude veranlasst. Als er jedoch am Ufer eines Teichs »unerwartet« (S. 15Alptraum und Wahnwelt1616