The endless love:

Thade

 

Ein Roman von Miamo Zesi

 

 

 

 

 

 

 

Copyright

 

 

© Rechte, was Schrift, Wort und Bild angehen, liegen

ausschließlich bei Miamo Zesi.

www.miamo-zesi.de

Namen und Handlungen sind alle fiktiv und haben mit keinen Personen oder Plätzen etwas gemeinsam.

 

Cover:

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Covergestaltung: TomJay - www.tomjay.de

 

 

Miamo Zesi

April 2016

 

Widmung

 

Allen, die Vorurteilen jeglicher Art entgegentreten.

Autorin

„Miamo Zesi“ ist das Pseudonym einer Autorin aus dem schwäbischen Biberach. Dort lebt sie mit ihrem Mann, zwei erwachsenen Kindern und dem Hund Mex. Sie liebt lange Spaziergänge im Wald. Dabei fallen ihr die Geschichten zu ihren Büchern ein. Mit der Reihe „The endless love“ hat sie ihren Jungs Leben eingehaucht. Wird sie gefragt, wie sie darauf kommt, schwule Liebesromane zu schreiben, antwortet sie: „Keine Ahnung – weil es Spaß macht.“

Sie wünscht viel Freude mit den Geschichten!

 

Hinweis:

Dieser Roman enthält ausgedachte, fiktive Sexszenen. Sie sind nicht für Minderjährige geeignet und keine Handlungsanleitung. Einen Rat allerdings sollte jeder beherzigen:

Sei safe, mach es mit Kondomen!

 

Dieser Roman ist genau das. Eine Geschichte. Bitte nehmt nicht alles, was ich geschrieben habe, ernst. Vieles davon wird in der heutigen vernetzten und digitalen Zeit nicht funktionieren. Bücher laden zum Träumen ein und nicht alles, was geschrieben ist, kann oder wird jemals so geschehen. Lasst euch in meine Welt der Fantasie mitnehmen und begeistern!

 

Inhaltsverzeichnis

1 München 5

2 Thade 6

3 Finn 13

4 München 16

5 Brudergespräche 23

6 Freitag, 12 Uhr, Firmenzentrale 29

7 Sonntagsbrunch 58

8 Firmenzentrale 63

9 Augsburg 71

10 Francesca 80

11 Firmenzentrale 92

12 Gayfive 94

13 Luca 99

14 Finn 102

15 Thore und Daniel 107

16 Leben mit Thade 110

17 Der Verrat 114

18 Thade 118

19 Suche nach Finn 122

20 Finn und Chad 123

21 Karl 138

22 Vier Stunden später 147

23 Vier Tage später 151

24 Hochzeit 156

25 Leseprobe Tjaden 162

26 Leseprobe Jante 170

1 München

 

Seit Tagen sitze ich nun auf diesem unbequemen Stuhl am Krankenbett auf der Intensivstation im Münchner Universitätsklinikum. Immer noch gibt es keine Entwarnung. Immer noch nicht. Es ist gefühlt erst Stunden her, seit ich auf eben einem solchen Hocker gesessen habe, als es Jante, meinem Bruder, so schlecht ging. Aber jetzt, schon wieder und das bereits tagelang. Es zehrt nicht nur an meinen Nerven, auch mein Körper macht nicht mehr mit. Ich habe Magenkrämpfe und Kopfschmerzen, das Kreuz tut mir von der ungewohnten Haltung, die ich auf dem unbequemen Teil, das sich Stuhl nennt, einnehme, weh. Die vergangenen drei Wochen waren nicht nur hart, sondern einfach nur fürchterlich. Und davor ... die vielen Tage der Ungewissheit. Das Wissen, dass ich schuld bin. Ich selber! Wie gesagt das zehrt. Ich weigere mich, von hier wegzugehen. Auch nur für kurze Zeit. Denn wenn er aufwacht, muss ich gehen. Er wird mich wegschicken. Wird mich niemals an seinem Bett ertragen. Nichts wird mir mehr wehtun. Und nichts mehr freuen, dass er zu sich kommt, meine ich. Vor allem da ich weiß, dass ich mir das selber zuschreiben muss. Aber das kann ich aushalten, wenn er nur gesund wird und wieder erwacht. Seine meerblauen Augen lebensfroh blitzen.

2 Thade

 

Ein Jahr zuvor.

 

Mein Name ist Thade Sievert und ich bin 32 Jahre alt. Viele sagen im besten Alter. Und gut aussehend ist er noch dazu. Der Satz ist keinesfalls von mir wohlgemerkt. Tut meinem Ego trotzdem verdammt gut. Wie gesagt, das der Meinung sind einige. Ich selber bin kein bisschen eitel. War ich nie, anscheinend wirke ich auf andere mit meiner Größe von einem Meter fünfundneunzig ansprechend. Ich bin zwar kräftig, habe aber keinen dicken, oder andere würden sagen, stämmig gebauten Oberkörper. Es sind mehr die Muskeln, die ich beim Training, das ich allerdings nicht besonders oft und energisch absolviere, aufbaue. Sportlich bin ich auf keinen Fall allzu sehr. Was ich unendlich mag, ist zum Beispiel schwimmen. Das liebe ich geradezu. Mein Kumpel Roan hat in seinem Garten einen Pool der Extraklasse bauen lassen, den ich oft benutze. Ich bin im Moment dabei, den Garten meines Elternhauses neu zu planen und diesen umzubauen. Ein Swimmingpool wird darin ebenfalls eine zentrale Rolle spielen. Das dauert noch. Dazu fahre ich im Winter Ski. Das kann ich nicht mal schlecht, obwohl ich es erst mit zehn angefangen habe, zu lernen. Jetzt weiter zu meinem Aussehen, das den einen oder anderen vermutlich mehr interessiert als die Baustelle in und um meinem Haus und der Tatsache, dass ich Skifahren kann. Ich habe dunkelblonde Haare, davon ist leider nicht mehr viel übrig. Ein Erbe meines Vaters, den ich sehr geliebt habe. Er und meine Mutter sind tragischerweise vor etlichen Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Aber auch das ist eine andere Geschichte. Wie gesagt, meine hohe Stirn, wie Jante, mein Bruder, sie nennt, sieht einfach bescheuert aus, deshalb rasiere ich mir den Kopf meist bis auf wenige Millimeter. Zusammen mit einem Dreitagebart sieht das finde ich verwegen aus. Ich schmunzle. Roan, mein Kumpel, meint immer, ich sehe aus wie ein Pirat. Es würde nur noch die Augenklappe fehlen, was Quatsch ist. Hoffe ich mal. Meine Augen sind grau und können ziemlich beängstigend schauen. Diese Aussage wiederum kommt ebenfalls von anderen. O. k., ich weiß um diesen speziellen Blick. Den Dom-T-Blick. Ich habe ihn geübt. Verraten Sie es niemandem. Mein bestes Stück, also Klein Thade, ist auch nicht ohne. Den lieben Gott oder den Genen meines Dads sei dank, bin ich gut bestückt. Das genieße ich sehr. Einige konnten vielleicht bereits aus meinen Sätzen entnehmen, dass ich Single bin. Ist auch so. Was viele vielleicht überraschen wird, ein schwuler Single, um genau zu sein. Bis vor einigen Monaten war ich damit auch restlos glücklich. Aber jetzt? O. k., es stimmt vielleicht nicht mehr so, denn um mich herum ist alles verliebt und das wirft Begehren in mir auf, so etwas auch haben zu wollen. Dass dies auf keinen Fall so einfach ist, können denke ich viele nachvollziehen, egal ob Mann oder Frau. Zudem habe ich den Kerl, der es mit mir aushalten kann, noch nicht gefunden. Dazu muss ich sagen, ich bin mitnichten nur schwul, sondern auch ein Top und nicht nur ein Top, sondern dazu noch ein Dom. Dom-T werde ich in der Szene genannt, schon immer. Das ist etwas, was meinen Charakter ausmacht. Ich mag es, zu dominieren, und das keinesfalls nur im Bett, aber vor allem da. Trotzdem, der Mann an meiner Seite müsste sich auch im Alltag von mir dominieren lassen und so einen zu finden, wie gesagt, ist schwer. Für das Bett, da lässt sich immer was auftun, da ist es für mich kein Problem. Angefangen bei den kleinen Twinks, die mal eine starke Hand im Bett spüren möchten oder einfach mal austesten, ob diese Art Sex etwas für sie sein könnte. Mehr wollen die meisten nicht. Zudem sind Twinks auch so eine Sache. Ich mag die jungen Kerle wirklich, aber mit der Zeit bin ich in einem Alter, da ist der Reiz der kleinen, dürren, noch nicht besonders männlichen Kerle etwas verblasst. Männer, richtige Kerle, die habe ich ebenfalls verdammt gerne im Bett. Stehe darauf, einen von ihnen unter mir liegen zu haben. Einen Mann, der Muskeln an den richtigen Stellen hat. Der groß ist, etwas darstellt. Da sagt Klein Thade niemals Nein. Nur leider sind diese Exemplare meist nicht devot. Zwar kann ich Glück haben und ich finde einen, der sich mal toppen lässt, aber das ist nicht so oft der Fall. Vor allem ist bei den Meisten der Wunsch da, auch einmal derjenige zu sein, der das Sagen im Bett hat. Wie gesagt bei den Meisten, und das kommt für mich niemals infrage. Bzw. nur, wenn ich das will und wollen tu ich das sehr selten.

 

Die letzten Jahre waren für mich auf keinen Fall einfach. Auch das ist wieder so eine Lüge. Sie waren beschissen. Meine Eltern sind bei einem Verkehrsunfall, wie ich vorhin bereits erwähnte, vor nun schon 8 Jahren umgekommen. Wenn ich nur darüber nachdenke, kann ich nicht glauben, wie schnell die Zeit nur vergeht. Zurückgelassen haben sie mich. Ihren älteren Sohn Thade, der zu dieser Zeit in den USA studiert hat und der dabei war, eine Firma aufzubauen, und ihren jüngeren, gerade mal sechzehn Jahre alten Nachzügler, meinen Bruder Jante. Nicht nur dass er ein schlaues Kerlchen ist, er ist in der Zwischenzeit sogar mit Roan, meinem allerbesten Freund und Geschäftspartner, verheiratet. Zudem hat er selber eine Firma gegründet oder ist zumindest dabei. Aber das ist eine andere Geschichte.

 

Jante machte mir in den letzten Jahren sehr, sehr viele Sorgen. Er konnte nichts dafür, deshalb bin ich vieles, aber ihm sicherlich nicht böse, deswegen. Er ist wie ich schwul. Hat das mit fünfzehn festgestellt und sich mir anvertraut. Was bei ihm anders ist, ist die Tatsache, dass er zudem devot veranlagt ist. Äußerst devot. Also das genaue Gegenteil von mir.

Sein erster Ausflug mit knapp achtzehn in einen Gayklub hier in München zusammen mit seinem Kumpel Marco endete in einem Fiasko. Er wurde von mehreren halbstarken, schwulenhassenden Kerlen zusammengeschlagen, schwer misshandelt und auch vergewaltigt. Jante war wochenlang im Krankenhaus und dieses Erlebnis hat ihn restlos aus der Bahn geworfen. Ich habe ihn danach lange Zeit nicht mehr wiedererkannt. Kam nicht mal ansatzweise an ihn heran. Da waren Drogen im Spiel und Dinge, von denen ich nichts mehr wissen möchte.

 

Irgendwann als Jante erneut ziemlichen Mist gebaut hat, ich in den USA auf Geschäftstermin war, ist Roan eingeschritten und hat ihn unter seine Fittiche genommen. Mich hat er in den Urlaub beordert und sich um Jante auf seine Art und Weise gekümmert. Zur Erklärung: Roan ist wie ich schwul und er ist ein Master also dominant wie ich. Dass er es auf Jante abgesehen, ein Auge auf ihn geworfen hat, wusste ich nicht. Er hat es Jante kein bisschen einfach gemacht. Trotzdem haben sie sich verliebt oder gerade deshalb? Die beiden sind nun sogar verheiratet, aber auch das hat Jante nicht vor seinem inneren Gefühlschaos retten können. Er ist nach einer ziemlich bescheuerten Sache, an der ich mit schuld bin, ausgerastet und abgehauen. Für ein komplettes langes Jahr. Roan ist zum Einsiedler und Eigenbrötler mutiert in dieser Zeit. Er hat abgenommen und wirklich um Jante getrauert, hat sich um ihn und die Liebe, die er für ihn empfindet, gesorgt. Erst vor wenigen Wochen kam Jante zurück. Zum Glück. Mein Bruder ist ein anderer Mensch geworden. Ein Mann, der mit beiden Beinen im Leben steht. Er ist, um es kurz zu machen, gesund und bei Roan angekommen. Wenn ich mir die beiden Personen, die mir am meisten bedeuten, anschaue, muss ich schmunzeln. Roan, der Jante verliebt ansieht, ihm gleichzeitig aber den Arsch versohlt, dass dieser tagelang vor Schmerzen nicht richtig oder lange sitzen kann und sich nach einer solchen Session wiederum im Bett von ihm einen blasen lässt, danach beide lachen und miteinander schlafen, die Vorstellung ist einfach köstlich. Nein perfekt. Das ist es, was mich unruhig macht. Ich will genau das auch haben. Und da ist das Problem. Ich fahre nach Hause und liege in meinem Bett. Alleine. Befreie aber meinen Penis. Denn Druck habe ich trotzdem. Wenn ich die Augen schließe, sind da wie so oft diese frech blitzenden meerblauen Augen vor mir und ein lächelndes Gesicht. Scheiße, es dauert nicht lange und ich spritze in meiner Hand ab. Schlafe danach zum Glück zügig ein.

 

Es ist Samstagabend. Ich stehe im Gayfive an der Bar und sehe mich um.

»Nichts dabei heute?«

»Hi Otto. Du bist auch mal wieder unter den Suchenden?«

»Ja und Nein, Thade. Bin verabredet, aber nur auf ein Bier. Du?«

»Ja und Nein. Nichts dabei, das es mir heute antut oder anders gesagt bisher ist mir noch keiner ins Auge gestochen.«

»So, du wirst wählerisch?«

»Nein, das auf keinen Fall oder vielleicht auch schon.« ... Ich suche meerblaue Augen ...

»Thade, ich sehe schon. Du bist heute etwas speziell drauf. Ich muss. Da vorne ist meine Verabredung.«

»Alles klar, Otto. Viel Spaß dir.« Ich drehe mich zum Barkeeper um und zahle. »Schon genug für heute Dom-T?«

»Ja.«

»Da werden die Twinks aber traurig sein.«

»Sie werden es überleben und ihr Arsch sich freuen.« Er lacht.

»Könntest du recht haben. Na dann, bis bald.« Auf der Heimfahrt denke ich noch kurz über Otto nach, der ein Freund geworden ist. Er war an diesem schrecklichen Tag, als das mit Jante passierte, im Klub und hat die Erstversorgung von Jante übernommen. Otto ist Arzt. Zudem ein sehr guter, sein Vater hat eine Privatklinik hier in München. Dorthin wurde Jante gebracht und dort wurde er auch operiert und versorgt. Seit dieser Zeit vertraue ich Otto in allem. Er ist jemand, der seine Klappe halten kann, was Jante am besten von uns weiß. Denn Otto wusste, wo Jante in dem Jahr, als er verschwunden war, gewesen ist. Er hat ihn unterstützt. Auch mit Geld, was sicherlich nicht selbstverständlich ist. Er hat uns trotz alledem nie etwas gesagt. Wie gesagt, Otto ist schwer in Ordnung.

 

Am Montag sitze ich wie jeden Tag vor dem Zeichenbrett und grüble. Das kann ich. Ich bin nicht hochbegabt wie Jante. Ach ja, das hatte ich vergessen zu erwähnen. Jante ist hochbegabt. Er hat einen IQ jenseits der 140. Irgendwie bin ich das vielleicht auch auf meine Art. In meinem Inneren kann ich mir vorstellen, wie bestimmte Teile aussehen müssen, um als komplexes System zu funktionieren. Dazu brauche ich nicht viel. Einen Stift und die Baupläne der Maschine. Roan nennt mich das Gehirn in der Firma. Er ist der Schatzmeister oder anders gesagt ich die Regierung, er der Verteidigungsminister. Ich muss immer lachen, wenn er solche Vergleiche bringt, aber irgendwie hat er schon recht. Wir ergänzen uns. Keiner redet dem anderen rein oder denkt, dass er etwas nicht kann. Wir kennen uns seit dem Kindergarten. Roan ist Waise, Vollwaise. Die Tatsache, dass er Alleinerbe des Vermögens seiner Eltern ist, hat ihn zu einem Kind gemacht, das niemand haben wollte bzw. nur bis zu einem bestimmten Alter und bis zu einer bestimmten Linie, die von keinem übertreten wurde. Also keine Liebe oder Zuneigung. Nichts. Roan meinte mal, dass wir uns aus einem früheren Leben kennen. Keine Ahnung, ob er recht hat, aber ich glaube, dass es sein könnte. In ihm habe ich einen Menschen gefunden, der mir, so heftig es sich vielleicht anhört, nähersteht, als meine Eltern es je könnten bzw. gekonnt haben. Er weiß alles von mir. Mit ihm bin ich zusammen aufs Internat. Damals war ich gerade Mal acht. Bin oft nicht mal in den Ferien nach Hause gereist. Wollte nicht, dass er alleine bleiben musste. Er war und ist meine Familie und ich seine. Was nicht heißt, dass ich nie zu Hause war. Aber keinesfalls oft. Dort im Internat habe ich auch Skilaufen und den Vorzug des Schwimmens kennengelernt. Sportarten, die im Internat gefördert und angeboten wurden.

 

Meinen Bruder Jante kenne ich erst richtig, seit er acht oder neun Jahre alt ist. Davor war er ein nerviges Kleinkind, das in meiner Erinnerung immerzu geschrien hat und zornig auf alles war. Komischerweise hat er schon zu dieser Zeit zu mir aufgesehen, in mir wirklich seinen großen Bruder gesehen, und wir haben uns wie gesagt, als er etwas älter wurde, prima verstanden. Das tun wir heute noch.

Zurück zum Zeichenbrett. Ich konzentriere mich auf den Auftrag. Die nächsten Stunden bekomme ich nichts um mich herum mit. Es ist fast so, als ob ich in der Maschine bin und mir die Vorgänge darin ansehe.

Erst als die Tür auffliegt, sehe ich etwas genervt auf.

»Was zum Henker ...«

»Hallo Thade!«

... lachende, vor lauter Schalk blitzende meerblaue Augen sehen mich an ... »Was machst DU denn hier?«

 

»Entschuldigung, Herr Sievert. Er kam einfach herein und ich konnte ihn nicht aufhalten.«

»Das passt schon, Maria. Schließen Sie die Türe.«

 

»Dachte mir, ich besuche dich mal, alter Mann.«

»Ich geb dir gleich den alten Mann, Finn. Seit wann bist du wieder in Deutschland?«

»Drei Wochen.«

»Soso und da fällt es dir jetzt erst ein, mich zu besuchen?« Er grinst frech. »Immerhin, oder?« Ich lache. Seine Fröhlichkeit ist ansteckend.

»Kleiner frecher Kerl du.« Er wird bei meinen Worten ernst. Das Lachen verschwindet aus seinem Gesicht.

»Was ist los? Hab ich was Falsches gesagt?«

»Nein, Thade. Sorry«

»Finn, was ist los?«

»Ist nur so, dass ich nun mal einfach nicht der Größte bin. Das nagt, wie du vielleicht noch weißt, etwas an mir.«

»Mir scheint, nicht nur etwas.« Jetzt erreicht das Lachen wieder seine Augen.

»O. k., ziemlich. Musst du noch lange arbeiten oder sollen wir essen gehen? Vorausgesetzt du zahlst. Ich selber bin pleite.«

»Himmel, bist du frech, Finn, haben sie dir das in den USA nicht abgewöhnt?«

»So weit kommt es noch.«

»Na, dann wird es ja Zeit, dass ich das übernehme.« Erstaunt sieht er mich an.

»Jetzt mach kein solches Gesicht. Ich werde dich schon nicht fressen.«

»Na dann. Los, hoch mit dir, Thade, ich habe Hunger.«

 

Er geht vor mir zur Tür hinaus. Finn also. Seine meerblauen Augen, die mich seit einigen Jahren verfolgen. So wie der Kerl selber. Er passt so überhaupt nicht in mein Beuteschema. Eigentlich noch nie. Trotzdem habe ich ihn mir vor ein paar Jahren aus der großen Menge des Gayfive herausgepickt und eine ziemlich spektakuläre Nacht mit ihm verbracht. Das war vor drei Jahren. Vor eineinhalb Jahren habe ich ihn zufällig auf Hawaii wiedergetroffen und auch dort haben wir miteinander geschlafen. Finn ist anders. Anders als ich mir meinen Mann vorstelle und anders als man es erwartet. Sein Hinterteil ist perfekt. Seine Gangart, alles sieht bei ihm spielerisch leicht aus und er ist höllisch sportlich. Diesen Vorzug konnte ich auf Hawaii sehr genießen. Trotzdem, er ist klein, mindestens einen Kopf kleiner als ich. Gerade mal, wenn ich schätzen müsste, 1,65 Meter oder so. Zudem äußerst zierlich und ziemlich feminin. Er ist sehnig und trotzdem wirken seine Muskeln an ihm auf den ersten Blick nicht. Wenn er sein T-Shirt jedoch auszieht, wird man überrascht. Er ist mit Sicherheit, wie gesagt, Hammer sportlich. Aber er ist im Prinzip, würden viele sagen, ein kleines Würstchen und das ist dann nie besonders nett gemeint. Deshalb nagt dies auch an ihm, das verstehe ich durchaus. Finn hat etwas an sich, das mich reizt, ungemein reizt. Alles an ihm passt irgendwie zusammen. Da ist sein Mund. Seine Lippen und seine meerblauen Augen, in die man versinken kann. Die, wenn er erregt ist, noch dunkler werden.

»Sag mal, wo bist du eigentlich. Träumst du, Thade?« Ich zucke zusammen. Hat er mich doch glatt erwischt.

»War noch kurz bei meinem Auftrag. Sorry.«

»Ja ja, Auftrag und warum stierst du dann auf mein Hinterteil ...?« Ich lache, kann nicht anders.

»Du verdammt frecher, kleiner Spaßvogel. Los, lass uns gehen.«

3 Finn

 

Soll ich zu ihm gehen? Unser letztes Treffen war gut und hat mich sehr nachdenklich gemacht. Was er damals zu mir gesagt hat. Ich konnte es nie vergessen. Thade ist anders. Er ist der Hammer. Eine Urgewalt und trotzdem einer der zärtlichsten Kerle, die ich kenne. Er hat mir nicht eine Sekunde das Gefühl gegeben, dass er in mir keinen Mann sieht. Sondern mich nur als kleinen Twink im Bett will. Egal ...

 

Ich heiße Finn Zoller, kein spektakulärer Name. Komme aus den USA zurück, dort habe ich Theaterwissenschaft angefangen zu studieren, mich allerdings auf Sportwissenschaft spezialisiert. Das Studium war klasse und anstrengend. Ist mir zum Glück durchaus nie schwergefallen, denn, auch wenn es mir keiner ansieht, ich liebe Sport, bin auf meinem Mountainbike ziemlich gut. Was ich zusätzlich gerne mache, ist tanzen. Das aber weiß eigentlich niemand. Dass ich dazu nicht stehe, ist so eine Sache, egal.

 

Aufgewachsen bin ich in einem Vorort von Augsburg auf einem landwirtschaftlichen Anwesen. Meine Eltern sind, um es deutlicher auszudrücken, einfach Bauern gewesen. Leider sind beide verstorben. Mutter hatte Brustkrebs. Sie wäre heute 70, aber sie hat den Kampf bereits vor zehn Jahren verloren. Vater ist an Herzversagen, von nunmehr auch sechs Jahren von uns gegangen. Er war damals 82. Ich habe noch zwei Geschwister. Meine Schwester Laura, sie ist neun Jahre älter als ich und Ärztin. Ihre Praxis hat sie bei uns zu Hause im Ort. Zusammen mit einem Kollegen. Sie ist verheiratet, hat aber keine Kinder. Karl ist mein älterer Bruder, er ist schon vierzig und führt den Hof meiner Eltern weiter. Er ist glücklich. Hat eine liebe Frau, meine Schwägerin, und zwei Kinder. Tom, meinen Neffen, und Julia, meine Nichte. Sie sind beide klasse. Ihnen ist der Altersunterschied sicher aufgefallen, ja ich bin das Küken. Der Nachzügler. Verwöhnt wurde ich allerdings nie. Auch ich durfte früh auf dem Hof mithelfen. Meine Kindheit war perfekt. Und ich hatte meinen Bruder, den ich sehr gerne habe. Er ist unwahrscheinlich intelligent. Er hat sich für den Beruf des Landwirtes entschieden, liebt das Landleben, wollte nie mehr, ist zufrieden mit sich und dem, was er erreicht hat. Es gab nur einmal eine kurze Zeit lang Unstimmigkeiten in unserer Familie und daran war ich schuld. Ich habe mich als schwul geoutet. Vater hat das tief getroffen, ich vermute, er hat sich, wie das ja oft der Fall ist, die Schuld daran gegeben. Machte sich selber und meiner Mutter Vorwürfe, dass sie mich zu sehr verwöhnt haben. Schwachsinn. Aber so war das halt damals. Karl hat sich für mich eingesetzt und mit Vater lange und oft gesprochen. Weihnachten haben wir wieder als Familie gefeiert. Ich habe nie einen Kerl nach Hause gebracht oder auch nur davon geredet. Still habe ich hingenommen, dass meine Eltern das zwar akzeptieren irgendwie, aber nie in Kontakt mit dieser schwulen Welt kommen wollen. Blöd, zumal das nicht der einzige dunkle Fleck in meinem Selbstbewusstsein ist. Ich bin klein, das, was mein Bruder zu viel hat, habe ich zu wenig. Er misst fast zwei Meter und ist gut gebaut, was zusätzlich von der körperlichen Arbeit auf dem Hof kommen mag. Er ist braun gebrannt und blond. Das Ebenbild meines Vaters. Meine Schwester ist ebenfalls groß, aber gertenschlank, wie meine Mutter es war. Die blonden Haare hat sie auch von Vater. Ja und dann kam ich. Klein, dunkelhaarig, bleich, kein Körperbau und schwul. Was soll ich sagen. Dazu sind meine Gesichtszüge sehr feminin ausgeprägt. Früher sagten viele, ich sei niedlich. Ein Twink also, wie er im Buche steht. Als siebzehn- oder zwanzigjähriger, schwuler Kerl grandios. Die Tops haben mich gerne vernascht und oft ich hatte immer genug am Start. Sie schnappten sich mich immer so zwischendurch. Bis ich bemerkt habe, dass sie mich nie ernst nehmen, sondern ich nur zum Ficken wie gesagt für zwischendurch recht bin. Als Appetithäppchen gut bin, so hat mir einer mal zugeflüstert. Da wurde ich nachdenklich und habe meine Gunst niemals mehr leichtsinnig verschenkt. Irgendwann ist mir das einfach zu blöd geworden und ich habe ausgesucht, wer an meinen Hintern darf. Viel hat das nicht gebracht, denn im wahren Leben bin ich halt immer noch ein Mann, der wie ein kleiner Junge aussieht. Es nervt heute noch, mit fünfundzwanzig an der Supermarktkasse den Ausweis zu zeigen, ob ich achtzehn bin. Sie verstehen? Es nervt, egal.

Thade Sievert habe ich vor drei Jahren zum ersten Mal getroffen. Ihn habe ich definitiv auf keinen Fall ausgesucht, sondern er mich. An diesem Abend hat er mich erwählt und ich konnte mich dieser Dominanz, die er ausstrahlte, nicht entziehen. Habe sie am kompletten Körper gespürt. Und wahrgenommen, wie der devote Teil, der in mir schlummert, von dem ich zwar weiß, ihn aber tief in mir verstecke, aufgewacht ist. Thade hat diesen Teil von mir hervorgelockt oder anders gesagt mich erkannt. Die Nacht mit ihm war spektakulär. Zuerst hatte ich Schiss. Er hat mich beruhigt und dann ... Junge ... Was er mit seiner Hand kann, wie sein Schwanz aussieht und er mit ihm umgeht. Ebenfalls Extraklasse. Mein Hinterteil hat noch eine Woche später wehgetan und genau das will ich wieder haben. Der Blick in den Spiegel, die Tage darauf, hat einen Finn gezeigt, der selbstbewusst ist. Einen anderen Finn, den ich bis dato nie im Spiegel gesehen habe. Seit dieser Nacht habe ich Sehnsucht, Sehnsucht, das wieder zu erleben. Auf Hawaii habe ich durch Zufall Thade erneut gefunden. Ein genialer Zufall, ich konnte es zuerst nicht glauben. Er, der Kerl meiner Träume, meist feuchten Träume, möchte ich betonen, liegt am Strand. Einfach so. Auch dort hat er mit mir geschlafen. Ich habe keine Sekunde gezögert oder nachgedacht. Ich wollte es genauso wie er. Dort aber war Thade anders, wie gesagt, zärtlicher und doch fordernd. Später haben wir geredet und er hat in mir dadurch die Sehnsucht nach dieser Demut noch mehr angeheizt, vermutlich unbewusst, wobei, bei Thade ist nie etwas unbewusst, glaube ich mal zumindest. Selten habe ich mich so wohl in der Gegenwart eines anderen Menschen gefühlt. Leider ging der Abend viel zu schell vorbei. Jedoch Thade hat mich eingeladen, ihn zu besuchen, hier in München, wenn ich wieder zu Hause bin. Sein letzter Satz, den er damals in Hawaii vom Stapel gelassen hat, der war, wie ich mir im letzten Jahr immer wieder gedacht habe, nur für mich. Er hat mir natürlich diesen Floh in Ohr gesetzt. Ob ich in einer derartigen Beziehung leben könnte, ich mich einem andern Kerl unterordnen kann? Kann ich das? Bin ich deshalb zu ihm gefahren? Fragen über Fragen. Vor der Firma von Thade und Roan, seinem Kumpel, bleibe ich stehen. Nochmals tief durchatmen und rein, Finn. Etwas hinauszuzögern, war noch nie dein Ding, also los jetzt.

4 München

 

Er ist still. Geht zielstrebig in eine Pizzeria und ich folge ihm.

»Pietro, hast du einen Platz für uns?«

»Klar doch, Thade. Für dich immer.« Als wir sitzen, beginnt er.

»Und?«

»Was meinst du, Thade?«

»Weshalb bist du gekommen?« Ich bin leise. Er ist fies. Warum auch nicht. Er hat mir ja schon mal erklärt, dass er das mag und es genießt. Dass ich es aber weiß, macht es keinesfalls besser, im Gegenteil.

»Weil ich dich besuchen wollte?«

»Finn, verarsche mich nicht.« Pietro kommt an den Tisch. Thade sieht mir direkt in die Augen und bestellt. Bestellt für sich und für mich. Scheiße, er durchschaut mich von vorne bis hinten. Etwas unruhig sitze ich auf dem Stuhl.

»Finn? Was also ist los und beantworte meine Frage. Bitte.«

»Na ja, es ist durchaus so, dass ich dein Angebot annehmen und dich besuchen wollte. Ich bin seit drei Wochen hier, war bei meinem Bruder und habe mich von dort aus nach einer Arbeitsstelle umgeschaut. Bevor ich zu dir gekommen bin, hatte ich ein Vorstellungsgespräch. Sieht im Übrigen gut aus, mündlich habe ich den Job.«

»Glückwunsch. Das beantwortet aber nicht meine Frage, Finn.« Ich werde noch unruhiger. Das Glück ist mir hold, Pietro kommt mit den Getränken und verschafft mir nochmals etwas Schonfrist. Als er weg ist, gibt es kein zurück. Tjades Gesicht spricht Bände, ich beschieße, ehrlich zu sein.

»Du hast etwas in mir aufgeweckt, das ich versucht habe, zu unterdrücken, schon vor drei Jahren. Und auf Hawaii ist es erneut hervorgekrochen, Thade. Ich kann dir auf keinen Fall beantworten, ob ich devot bin.« Thade schnaubt. Ich rede weiter.

»Und selbst wenn, weiß ich nicht, ob ich mich unterordnen kann. Im Arbeitsleben sicher niemals, denn ich bin gut und will etwas erreichen. Im Privaten weiß ich es einfach nicht. Aber ich träume davon. Trotzdem fällt es mir schwer, mir vorzustellen, dass mich jemand mag. Mich keinesfalls nur für seine, ich nenne es mal, Spielchen, mich als Schmuckstück haben will. Mein Selbstbewusstsein ist äußerst mies. Ich mag meinen Körper nicht. Weiß, dass mich viele nicht ernst nehmen. Mich Würstchen nennen, weil ich so schmächtig bin und zusätzlich ziemlich feminin wirke. Eigentlich ist nichts wirklich Männliches an mir. Das beschäftigt mich und macht mich unsicher. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass mich ein Kerl als das ansieht, was ich bin. Als Mann, der sich gerne einem andern unterordnet und trotzdem als ganzer Kerl von ihm angesehen werden will. Scheiße, verstehst du das irgendwie? Ich rede zu viel und lauter Mist. Es tut mir leid, Thade.« Er ist still. Und Pietro bringt die Pizzas. Salami und Pilze, sie riecht gut und auch der Teig sieht knusprig und lecker aus. Ich beginne zu essen und auch Thade fängt an. Immer noch spricht er kein Wort. Gott, mein Herz klopft und ich bin aufgeregt und verdammt unruhig. Soll ich nochmals was reden? Lieber nicht. Oder ist er schon gelangweilt von mir? Vermutlich. Ich bin in Gedanken und spüre gar nicht, dass mich Thade beobachtet und mit einem Blick ansieht, der mir zu denken geben sollte. Wie gesagt, ich bin so auf mich konzentriert, dass es mir nicht auffällt.

 

Meine Güte, er ist einfach nur perfekt. Am liebsten würde ich ihn schnappen, über die Schulter werfen, ihn ins Auto verfrachten, nach Hause in mein Bett bringen und ihn durchvögeln. Ihm klarmachen, dass ich nur mit einem Mann, einem Kerl ficke. Dass er sein Selbstbewusstsein mal ziemlich überdenken muss. Und dann, er sucht einen Dom? Himmel, er, der Traum meiner Nächte, sucht einen Dom, ist sich dessen noch nicht einmal bewusst und kommt zu mir. Der Kerl kann nur wahnsinnig sein. Denn wenn ich ihn zu mir nehme, habe ich Arbeit ohne Ende. Nicht damit, ihn zu erziehen. Das wird das kleinste Problem und sein größtes sein. Nein, ich werde sämtliche Doms und Tops und Master von ihm fernhalten, ihn verteidigen müssen. Finn ist sich seiner Ausstrahlung gar nicht bewusst. Er ist auf keinen Fall mehr der Twink von vor drei Jahren. Er sollte mal in den Spiegel schauen. Er ist älter geworden, männlicher, perfekt. Wie gesagt, mehr als perfekt. Seit er in mein Büro reingestürmt ist, ist mein Schwanz so was von steif, dass er fast wehtut, und so wahr ich Thade heiße, er wird dafür büßen und Sorge tragen, dass der Druck abgebaut wird. Entweder mit seinem kleinen, göttlichen Mund oder mit seinem Arsch. Wobei, wenn ich wetten dürfte, ist er seit Langem nicht mehr gefickt worden. Vielleicht war ich der Letzte. Scheiße, allein die Vorstellung bewirkt, dass es in meiner Hose noch enger wird. Ich grinse innerlich. Aber mein Lächeln erreicht auch meine Lippen. Finn sieht es nicht, denn er grübelt immer noch darüber nach, ob er zu viel geredet hat. Zu viel von sich offenbart hat. Und ja, das hat er. Ich konnte die Sehnsucht durchaus hören und spüren. Er ist einfach nur perfekt. Auch Roan hat dies vor drei Jahren sofort erkannt, viele anderen nicht, alles Idioten. Oder zum Glück, denn er weiß es noch nicht, aber seit er in mein Büro gestolpert ist, ist er mein Sub. Ich werde ihm keine Chance geben, wieder aus meinem Leben zu verschwinden, im Gegenteil, alles dafür tun, dass er bei mir bleibt. Mein Teller ist leer. Er hat noch die halbe Pizza vor sich stehen. Ich zögere nicht und greife mir, immer noch ohne etwas zu sagen, seinen Teller und schneide mir ein Stück von seiner Pizza ab, um es auf meinen Teller zu legen und weiterzuessen. Finns Blick ist göttlich. Vor allem aber ist er still und isst weiter, als ob nichts geschehen wäre. Genial. Als ich fertig gegessen habe, beschließe ich, dass er genug gelitten hat. Innerlich grinse ich.

»Weißt du, Finn.« Er erschrickt.

»Für einen intelligenten Kerl redest du verdammt viel, ziemlich viel dummes Zeug und elendig um das eigentliche Thema herum. Deshalb fasse ich mal kurz zusammen: Du hast fertig studiert.« Er nickt.

»Wohnst im Moment bei deinem Bruder, hattest heute ein Vorstellungsgespräch, das perfekt gelaufen ist. Wenn das klappt, brauchst du eine Wohnung. Ich nehme mal an hier in München.« Wieder nickt er.

»Weiterhin hast du schon längere Zeit nicht mehr in den Spiegel gesehen, denn, wenn du das getan hättest, würdest du niemals solchen Mist erzählen, den du auch noch glaubst.« Er sieht mich entgeistert an und weiß nicht, was ich meine.

»Dass du nicht männlich bist. Kein Kerl bist. Denn ich, Finn, ficke nur ganze Kerle. Das mal zu diesem Punkt. Der Nächste ist, du weißt nicht, ob du devot bist. Träumst aber davon, in einer Sub-Top-Beziehung zu leben. Wenn du mal nachdenkst, ist das ein Widerspruch in sich, oder? Stimmst du mir da zu?« Er ist von meiner Frage völlig überrumpelt. Nickt aber. Als ich ihn diesmal ernster anblicke und ihm damit signalisiere, dass ich von ihm eine Antwort haben möchte, sagt er: »Ja, Thade, du hast recht.«

»Gut. Denn jetzt, da wir das klargestellt haben, sage ich dir die Konsequenzen, die ich für mich daraus gezogen habe.

Du wirst morgen deine Sachen bei deinem Bruder abholen. Dich bei mir um zwölf im Büro melden. Diesmal ordentlich, wie es sich gehört. Wir werden zu mir nach Hause fahren und ich zeige dir dein Zimmer. Danach bereden wir, was ich von dir erwarte und wie ich dies auch durchzusetzen gedenke. Das wird sich niemals auf deine Arbeit auswirken, aber es wird Teil deiner Arbeitswelt sein.« Er wird etwas bleich bei meinen Worten und will etwas sagen. Ich winke ab.