Jutta Maas

 

 

 

Herrn Lehmanns Reisen um die Welt

Teil 1 – Abenteuer in Alaska

Mit Illustrationen von Saskia Gaymann


 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Originalausgabe 2016
Alle Rechte vorbehalten.

Das Werk darf – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

 

© 2016 NEPA Verlag, Frauensee
Umschlagbild © Saskia Gaymann
Illustrationen im Buch © Saskia Gaymann

 

 

 

 

Die Autorin

 

 

Jutta Maas wurde 1957 in Lippstadt geboren und ist mit Leib und Seele Lehrerin. Sie liebt das Reisen und nutzt ihre freie Zeit dazu, die Welt kennenzulernen. Staunend die Welt entdecken und sie durch die Augen der Kinder sehen und verstehen, das macht den Reiz ihres Buches aus. Sie möchte Groß und Klein neugierig auf fremde Kulturen und empfänglich für die Schönheiten der Welt machen.

Sie lebt in Lippstadt, und wenn sie nicht die Welt anschaut, unterrichtet sie die Fächer Sport und Musik an einer Realschule.

Geplant sind Folgebände über die Reisen des Herrn Lehmann und wie er die Welt erlebt.

 

 

Die Illustratorin

 

 

Saskia Gaymann, Cartoonistin & Illustratorin

 

Saskia Gaymann wurde 1979 in Freiburg geboren und ist in Rom und Köln aufgewachsen. Als Tochter des Cartoonisten und Zeichners Peter Gaymann (P.Gay Markenzeichen: die Hühner) traute sie sich nach dem Abitur nicht gleich, ihrer künstlerischen Begabung und Zeichenlust nachzugehen und damit in die Fußstapfen ihres berühmten Vaters zu treten.

Als 2008 ihr erstes Kind auf die Welt kam, hing sie ihren Job als Visagistin an den Nagel und wagte den Schritt in die Kunstszene. Seitdem arbeitet sie als Cartoonistin und Illustratorin und hat mittlerweile richtig viel zu tun.

Der kleine Herr Lehmann hat sie mit seinen aufregenden Geschichten in seinen Bann gezogen und so konnte sie gar nicht anders, als ihn mit ihrem frechen Pinselstrich zum Leben zu erwecken.

 

 

 

 

 

1. Warum Herr Lehmann die Welt bereist

 

 

 

 

Irgendwo in Deutschland, in einer kleinen Stadt, neben einem kleinen Haus, in einem kleinen Garten stand ein kleiner Gartenzwerg. Er stand hier schon seit 4 Jahren, nämlich seitdem seine Besitzerin, Frau Sauertopf, ihn zu ihrem 67. Geburtstag bekommen hatte.

Der Zwerg war ein Geschenk von Frau Sauertopfs Schwester, Frau Immerfroh, die ihn Herr Lehmann genannt hatte.

Mit Frau Sauertopf war das so eine Sache. Sie ärgerte sich über alles und jedes. Schien die Sonne, wollte sie Regen. Wenn es regnete, ärgerte sie sich über das schlechte Wetter. Das Einzige, was sie hätte aufheitern können, waren Geschichten aus aller Welt. Es kam aber keiner, der sie ihr erzählte, denn Frau Sauertopf war viel zu griesgrämig.

Der kleine Zwerg war etwas ganz Besonderes. Alle Menschen, die ihn anschauten, machten plötzlich ein freundlicheres Gesicht, hatten sie vorher auch noch so grimmig dreingeschaut. Unter seiner roten Zipfelmütze leuchteten zwei fröhliche Augen und sein Mund strahlte von einem Ohr zum anderen. Jedem, der vorbeiging, winkte er freundlich zu. Um seinen Hals hing ein Fotoapparat, denn er wartete darauf, dass Frau Sauertopf lächelte. Und dann, in genau dem Moment, hätte er dieses Lächeln mit seiner Kamera festgehalten.

Nur… bei Frau Sauertopf schien das nicht zu gelingen, und der Zwerg war es jetzt endlich leid, in ihrem Garten auf ein Lachen zu warten. Er wollte in die weite Welt und hier Geschichten für sie sammeln.

Aber wie sollte er wegkommen?

Der Zwerg hatte einen kleinen Freund, der ihn täglich besuchte. Es war der Hund vom Nachbarn. Herr Reisegern, so hieß der Nachbar, war ein Weltenbummler. Er liebte den kleinen Hund Trolli sehr, aber noch lieber verreiste er und in dieser Zeit wurde Trolli von Frau Sauertopf versorgt. Trolli und der kleine Zwerg hatten sich schon häufig darüber unterhalten, wie man Frau Sauertopf aufheitern könnte.

Eines Tages kam Trolli ganz aufgeregt und erzählte: »Morgen geht mein Herrchen auf eine lange Reise und will viele Länder der Welt besuchen. Das ist die Gelegenheit für dich, von hier wegzukommen. Was meinst du, was du für Geschichten erzählen kannst, wenn du wiederkommst?«

Er hielt den Zwerg mit seinen Zähnen vorsichtig an der Zipfelmütze fest, trug ihn ins Haus von Herrn Reisegern und ließ ihn sanft in dessen Reisetasche fallen.

»Mach’s gut, kleiner Zwerg und komm bald wieder – mit ganz vielen Geschichten!«

Und so begann die lange Reise des kleinen Gartenzwergs.

 

 

 

 

 

 

 

2. Ankunft in Seattle

 

 

 

 

Ganz still verhält sich Herr Lehmann in seinem Taschenversteck, denn er will ja auf keinen Fall von Herrn Reisegern entdeckt werden, bevor dieser zu seiner Reise aufbricht. Also nimmt er seinen ganzen Mut zusammen und verkriecht sich in der dunklen Tasche zwischen all den Hemden, Hosen und Socken des Herrn Reisegern. Er hört noch einmal ein kurzes, leises Bellen von Trolli und dann weiß er, dass jetzt das große Abenteuer beginnen kann. Trolli hat ihm auch versprochen, immer mal wieder nach Frau Sauertopf zu sehen.

Schnell ist Herr Lehmann eingeschlafen und träumt von vielen spannenden Begegnungen rings um den Globus. So merkt er auch gar nicht, dass die Tasche am Flughafen in ein Flugzeug verladen wird, viele Flugstunden im Gepäckraum steht, irgendwo auf ein Rollband kommt und schließlich von Herrn Reisegern ins Hotel mitgenommen wird.

»Wo habe ich nur meine Sportschuhe gelassen?«, murmelt Herr Reisegern. »Im Koffer sind sie schon mal nicht. Und wenn man nach Amerika reist, muss man Sportschuhe an den Füßen haben!«

Ein heftiges Ruckeln an der Tasche lässt Herrn Lehmann plötzlich wach werden. Dabei sprach er im Traum doch gerade mit einem kleinen Elefanten, der ihm von seinem Rüssel erzählte. Sportschuhe in Amerika? Das passt doch nun gar nicht in seine Elefantengeschichte. Was ist denn da los?

Da erblickt er auch schon das verwunderte Gesicht des Herrn Reisegern über dem Taschenrand. Seine Brille ist ihm vor Verwunderung fast von der Nase gerutscht: »Herr Lehmann! Wie kommst du denn hierher? Warum bist du denn nicht bei Frau Sauertopf?«

 

 

 

 

Und da erzählt der kleine Gartenzwerg Herrn Reisegern von seinem Plan, viele Geschichten aus der ganzen Welt zu sammeln, um Frau Sauertopf damit eine Freude zu machen.

»Na ja«, meint Herr Reisegern, »du brauchst ja keine besondere Behandlung. Ich muss in Restaurants nicht für dich mitbestellen, du musst nicht zum Frisör und Sitzplätze im Flugzeug muss ich für dich auch nicht buchen. Also, wo du schon mal da bist, kannst du auch gut mit mir weiterreisen. Und deine Idee ist gut. Vielleicht kannst du Frau Sauertopf ja wirklich dadurch helfen. Ja! Du bleibst für die Dauer der Reise bei mir. Mal sehen, was wir gemeinsam erleben!«

Da freut sich Herr Lehmann. Am liebsten hätte er einen Brief an Trolli geschrieben und ihm berichtet, dass alles planmäßig verläuft. Aber Hunde können ja nicht so gut lesen.

Eine Frage interessiert Herrn Lehmann aber ganz besonders: »Wo sind wir denn jetzt?«

Und während der kleine Zwerg aus der Tasche klettert und Herr Reisegern ihm dabei hilft, sich aus dem Gewirr von Schnürsenkeln und Socken zu befreien, erzählt er ihm, dass sie nun in einer großen Stadt an einer Küste Amerikas angekommen seien, in Seattle.

»Und dieses Seattle werden wir uns jetzt ansehen!«

»Aber ich habe keine Sportschuhe«, sagt Herr Lehmann.

»Das stimmt, da muss ich deine Schuhe eben neu bemalen«.

So bekommt Herr Lehmann mit der Hilfe von Herrn Reisegerns Farbstiften ein Paar flotte Turnschuhe an die Füße. Jetzt ist Herr Lehmann gespannt auf sein allererstes Abenteuer in der großen Stadt Seattle.

 

 

 

 

 

 

 

3. Fischmarkt, wo Fische fliegen können

 

 

 

 

Zunächst will Herr Reisegern zu einer der größten Sehenswürdigkeiten Seattles, er will den Fischmarkt besuchen.

»Was ist so besonders an einem Fischmarkt?«, denkt Herr Lehmann. »Da werden Fische verkauft. Na und?«

Aber Herr Reisegern besteht darauf, hier seinen Rundgang durch Seattle zu beginnen.

Allein schon die vielen wunderbaren Gerüche, die Herrn Lehmann in die Nase steigen, lassen ihn gleich etwas mehr aus Herrn Reisegerns Jackentasche klettern. Hier hat es sich der kleine Zwerg nämlich gemütlich gemacht, während Herr Reisegern, ausgerüstet mit einem Stadtplan, durch die Straßen von Seattle zieht. Deshalb also braucht Herr Reisegern seine bequemen Sportschuhe.

»Herr Lehmann, für dich hätten es auch einfache Pantoffeln getan, wenn du nur in meiner Jackentasche sitzen willst«, brummt Herr Reisegern.

Andererseits hätte es viel zu lange gedauert, wenn Herr Reisegern auf Herrn Lehmann immer hätte warten müssen, weil dieser wegen seiner kurzen Beine nicht besonders flott unterwegs war. Also hatten die beiden sich darauf geeinigt, dass Herr Lehmann die Besichtigung aus Herrn Reisegerns Jackentasche heraus mitmachen würde.

Also – diese Gerüche! Einfach toll!!!

Habt ihr schon einmal erlebt, wie es riecht, wenn sich Vanille, Zimt, Honig, Knoblauch, Lakritz, Schokolade, Kaffee, Sonnenblumen, Rosen, Seife, Essig, Marmelade und auch Fische in einem einzigen Geruch zusammenfinden? Herrlich!

Ja, und das treibt Herrn Lehmann nun aus Herrn Reisegerns Jackentasche. Ein Sprung – Hopp! – und er steht staunend vor einem riesigen Fischmaul. Er erschrickt. So etwas hat er ja noch nie gesehen! Wie von Geisterhand bewegt, klappt der Fisch sein Maul auf und zu. Aber sagt dieser Fisch etwas zu Herrn Lehmann? Er kann gar nichts hören. Aufgeregt schüttelt der kleine Zwerg seinen Kopf.