Herausgegeben von
Rita Burrichter
Bernhard Grümme
Hans Mendl
Manfred L. Pirner
Martin Rothgangel
Thomas Schlag
Die Reihe „Religionspädagogik innovativ“ umfasst sowohl Lehr-, Studien- und Arbeitsbücher als auch besonders qualifizierte Forschungsarbeiten. Sie versteht sich als Forum für die Vernetzung von religionspädagogischer Theorie und religionsunterrichtlicher Praxis, bezieht konfessions- und religionsübergreifende sowie internationale Perspektiven ein und berücksichtigt die unterschiedlichen Phasen der Lehrerbildung. „Religionspädagogik innovativ“ greift zentrale Entwicklungen im gesellschaftlichen und bildungspolitischen Bereich sowie im wissenschaftstheoretischen Selbstverständnis der Religionspädagogik der jüngsten Zeit auf und setzt Akzente für eine zukunftsfähige religionspädagogische Forschung und Lehre.
1. Auflage 2015
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Satz: Andrea Siebert, Neuendettelsau
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-026348-2
E.Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-026349-9
epub: ISBN 978-3-17-026350-5
mobi: ISBN 978-3-17-026351-2
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Bilde dich selbst, und dann wirke auf andere durch das, was du bist!
Wilhelm von Humboldt
Brauchen Menschen heute Vorbilder? In einer Zeit, zu deren Signatur die radikale Individualisierung zählt, drängt sich die Frage nach einem Lernen an anderen Personen nicht unmittelbar auf. Selbstverwirklichung ist die Chiffre für das Bildungsideal des modernen Menschen. Autonomie und reflektierte Selbstverantwortung zählen zu den wichtigsten Erziehungszielen. Da hat der Blick auf andere keinen Platz.
Gleichzeitig hat sich der Mythos der Moderne, der selbstbestimmte Mensch könnte sich aus eigenen Kräften eine stabile Identität stiften, längst verflüchtigt. Der Prozess der Selbstentwicklung scheint ohne die Orientierung an anderen Personen, an Modellen, Vorbildern, Leitfiguren, Helden, Heiligen und Idolen nicht zu gelingen. Es gibt deshalb gute Argumente, die gegen die Vorstellung von Lernen im Sinne einer reinen Selbstentfaltung sprechen: Wir benötigen Impulse von außen, um dann in Auseinandersetzung, Orientierung und Abgrenzung dazu das eigene Leben zu gestalten.
Zudem hat das Materialobjekt unseres Interesses auch eine immense gesellschaftliche und politische Bedeutung: Es handelt sich um Menschen, die mutig, entschieden, zivilcouragiert agierten und agieren. Deshalb bedarf es neben der Förderung einer individuellen Verantwortlichkeit auch einer ideologiekritischpolitischen Reflexion und Ausweitung (Grümme 2009, 90–93): Gerade Zivilgesellschaften sind auf Menschen angewiesen, die über den Tellerrand hinausschauen und prosozial Verantwortung übernehmen; das stellt aber auch kritische Anfragen an das Funktionieren und die Schwachstellen politisch-sozialer Bedingtheiten.
Aber selbst wenn man zum Ergebnis kommt, dass auch am Leben anderer gelernt werden kann und muss: Wie stellt man sich ein solches Lernen an fremden Biografien vor? Welche Personen eignen sich mehr dafür und welche weniger? Haben die heutigen Kinder und Jugendlichen überhaupt Vorbilder?
Und wenn ja: Sind das für heutige Kids nicht in erster Linie die bekannten Idole aus der Glanz- und Glimmerwelt der Medien?
Als Religionspädagoge frage ich weiter: Was sind attraktive religiöse Vorbilder, die zur Entwicklung eigenen Glaubens beitragen können? Denn auch in der religiösen Erziehung geht man aus guten Gründen von einem Subjektansatz aus. Wie müssen Heilige gestrickt sein, damit sie bei der „Suche nach eigenem Glauben“ (Schweitzer 1996a) förderlich sind? In welchen Personen steckt moralisches Potenzial, das die Entwicklung des eigenen moralischen Universums fördern kann?
Das Buch ist so konzipiert, dass man es auch kapitelweise lesen und – je nach Interesse und Vorwissen – durchaus auch mit einem anderen als dem ersten Kapitel beginnen kann. Jedes Kapitel endet mit einer Zusammenfassung der zentralen Erkenntnisse und lädt über die angefügten kompetenzorientierten Aufgaben zu einer Verarbeitung des Gelesenen ein.
In den ersten beiden Hauptkapiteln erfolgt von verschiedenen Perspektiven aus eine grundsätzliche und allgemeine Annäherung an die Vorbildthematik: Unter „Vorbilder im Wandel der Zeiten“ soll mit Rückgriff auf sozialwissenschaftliche Daten dargestellt werden, in welchen Wellenbewegungen die Thematik im letzten Jahrhundert mehr oder weniger bedeutsam war: Nach einer Phase der Verabschiedung des Vorbilds in der Gesellschaft und in der Pädagogik lässt sich in den letzten 15 Jahren eine Renaissance des Vorbilds belegen. Im nächsten Kapitel versuche ich, Motive für die Trendwende zu ergründen: Wieso braucht der postmodern individualistisch ausgerichtete Mensch fremde Personen als Orientierungsmarken?
Eine kritische Darstellung der wichtigsten empirischen Untersuchungen zum Thema erfolgt mit dem Ziel einer Klärung: Welche Vorbilder dominieren heute – öffentliche oder private, nahe oder ferne, große oder kleine? Die Vorgehensweise mag manchem zu kleinschrittig und pingelig erscheinen, sie strebt jedoch eine differenzierte Analyse der sozialwissenschaftlichen Studien und in manchen Teilen eine Entmythologisierung zentraler Untersuchungen zum Thema an.
In einem nächsten Schritt werden konzeptionelle Eckdaten zur Bedeutung von Vorbildern und zur lernpsychologischen Begründung eines Lernens an fremden Biografien erläutert: Zunächst erfolgt eine theologische Reflexion mit Bezug auf den Begriff des „Heiligen“: Welche Konzepte von „Heiligkeit“ gibt es in Theologie und Kirche, und welches ist das tragfähigere für die heutige Welt? Dem schließt sich die Frage an, welche lernpsychologischen Konzepte einer Orientierung an fremden Biografien existieren und mit welchen moralpsychologischen Vorstellungen ethischer Erziehung sie korrespondieren. Hier soll deutlich werden, dass in pädagogischen Kontexten nie nur die Frage des „Vorbilds an sich“ gestellt werden kann; als „Vorbild für mich“ kommen immer auch entsprechende Vorstellungen über passende und fragwürdige Lernprozesse bei einer Auseinandersetzung mit fremden Biografien ins Spiel.
Religionspädagogische Folgerungen schließen diese beiden grundlegenden ersten Kapitel ab; sie münden in eine Beschreibung von Kriterien, die handlungsleitend für die Auswahl fremder Biografien sein können.
Im zentralen dritten Kapitel werden die grundsätzlichen Überlegungen an verschiedenen Personen und Personengruppen konkretisiert: An welchen fernen und nahen, großen und kleinen, realen und fiktiven Personen kann denn überhaupt etwas gelernt werden? In jedem der folgenden Kapitel wird jeweils eine Personengruppe genauer betrachtet. Jedes Teilkapitel ist nach demselben Aufbauprinzip konzipiert: Unter „Herausforderung und Problemanzeige“ wird die soziologische und pädagogische Besonderheit der jeweiligen Gruppe unter die Lupe genommen und unter „Besondere Lernchancen“ ihr Lernpotenzial erhoben. Mit zahlreichen Beispielen sollen diese Vorüberlegungen dann konkretisiert werden: Wie kann religionspädagogisch verantwortet an fremden Biografien unterschiedlicher Couleur gelernt werden? Weiterführende Literaturhinweise und kompetenzorientierte Aufgabenstellungen runden die Kapitel jeweils ab.
Die Darstellung beginnt mit den Local heroes. Sie nehmen in diesem Band eine besondere Stellung ein, weil sich damit ein eigenes Forschungsprojekt, eine Internet-Präsentation und eine Wanderausstellung verbinden, die in den Kapiteln 4.3 und 4.4 noch genauer erläutert werden.
Im nächsten Kapitel werden Notwendigkeit, Grenzen und Chancen einer Orientierung an großen Persönlichkeiten, Helden und Heiligen reflektiert. Dabei wird bereits einleitend verdeutlicht, dass der Fragehorizont (Heilige als Vorbilder) die Bedeutungsvielfalt des Heiligen und der Heiligen bewusst einschränkt, um von da aus mögliche Lernwege zu skizzieren.
In der Bibel begegnen uns interessante und provozierende Personen gleichermaßen. Ausgelotet werden soll, unter welchen Bedingungen einer dialogischen Bibelarbeit auch an diesen Biografien gelernt werden kann.
„Jesus Christus – ein Vorbild?“ So lautet die Überschrift des nächsten Kapitels. Das Fragezeichen ist schon deswegen berechtigt, weil ein historischer Rückblick zeigen wird, wie sehr dieser Jesus Christus zu allen Zeiten fragwürdig war – allerdings pädagogisch gelegentlich auch sehr fragwürdig als Vorbild thematisiert wurde. Aufgezeigt werden in diesem Kapitel auch neuere Modelle orientierenden Lernens an Jesus Christus.
Danach stehen „Idole, Stars und Sternchen“ im Mittelpunkt – jedoch nicht unter abwertender Perspektive, sondern mit dem Ziel, die Attraktivität dieses Personenkreises und das sich hier bietende Potenzial für Entwicklungsprozesse von Kindern und Jugendlichen unvoreingenommen wahrzunehmen.
Die beiden folgenden Kapitel sind den am meisten verkannten Vorbildern gewidmet – den Lehrern und den Eltern.
Abschließend wird das Lernpotenzial von „Gebrochenen Biografien“ erhoben. Dieser Blickwinkel ist motiviert von der Grundüberzeugung, dass eben nicht der perfekte Held das beste Vorbild darstellt, sondern jeder Mensch in seiner Gebrochenheit und vielleicht gerade wegen seiner Gebrochenheit einen Spiegel für andere Menschen darstellen kann.
Nachdem die Personenkreise durchbuchstabiert sind, erfährt das Buch nochmals eine ganz praktische Wendung: Es werden didaktisch-methodische Möglichkeiten aufgezeigt, wie ein „Dialog mit Fremden“ inszeniert werden kann. Abschließend werden die Datenbank Local heroes und die Ausstellung „Helden auf Augenhöhe“ erläutert; die Leser sollen zum aktiven Umgang mit diesen Serviceleistungen motiviert werden!
Im Namensregister eröffnet sich nochmals der Kosmos der Modelle, Vorbilder und Leitfiguren – von den großen bekannten bis hin zu den unbekannten Local heroes. Die knappen Daten wollen zum weiteren Recherchieren anregen und zur Suche im Buch, unter welcher Perspektive denn die gewünschte Person thematisiert wird.
Das vorliegende Buch stellt eine gründliche Überarbeitung und Neukonzeption des Buchs „Lernen an (außer-)gewöhnlichen Biografien“ dar, das 2005 erschienen und inzwischen vergriffen ist. Auch wenn der grundsätzliche didaktische Ansatz eines Umgangs mit fremden Biografien inzwischen weit verbreitet, erprobt und anerkannt ist, so gab es doch genügend Anregungen zur Umarbeitung im Detail, neue Literatur zur Thematik und weitere Fragestellungen, die aufgegriffen werden mussten.
Je nach eigenem Stand (als Eltern, als Kind, als Lehrer, als ehemalige Schüler) wird man diese Kapitel von einer unterschiedlichen Warte aus lesen. Sie wollen dazu motivieren, die Frage eines Lernens an Biografien als eine zu begreifen, in die man als Mensch zu allen Zeiten und in allen Lebensphasen involviert ist.
Und sie wollen Mut machen, sich selbst als Vorbild zu sehen.
„Lernen an fremden Biografien“ stellt zwar einen Forschungsschwerpunkt meines Lehrstuhls dar, trotzdem muss das Vorhaben ohne weitere personelle und materielle Unterstützung neben den anderen anstehenden Aufgaben in Forschung, Lehre und Verwaltung durchgeführt werden. Ich danke deshalb den Local heroes am Lehrstuhl, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den studentischen Hilfskräften, die sich engagiert und kreativ auf ganz unterschiedliche Weise am Projekt beteiligen: Dr. Rudolf Sitzberger, Akademischer Oberrat am Lehrstuhl, kümmert sich seit Jahren um die kompetente Betreuung und immer wieder notwendige Umgestaltung der Homepage, meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Carolin Schrenk, Elisabeth Fuchs-Auer und Manuel Stinglhammer haben Unterrichtsideen beigesteuert und die Ausstellung und andere Praxisprojekte betreut; meine Sekretärin Ulrike Oerterer hat sich wie immer mit größter Sorgfalt und Übersicht den Korrekturarbeiten gewidmet. Die studentischen Hilfskräfte Christina Allmesberger, Lena Ettengruber, Marlene Klaffenböck, Andrea Scheid, Christina Wagner und Marion Wagner haben auf unterschiedliche Weise – bei der Pflege der Homepage und dem Einstellen neuer Beiträge, bei der Erstellung des Literaturverzeichnisses und des Registers, bei formalen und inhaltlichen Korrekturen und bei der Entwicklung kreativer didaktischer Ideen – mitgewirkt. Danken möchte ich auch dem Auer-Verlag Donauwörth, der großzügig die Erlaubnis erteilt hat, Grafiken aus dem Vorgängerwerk aus dem Jahr 2005 zu übernehmen. Ein besonderer Dank gilt auch Jürgen Schneider und Julia Zubcic vom Kohlhammer-Verlag für die spontane Aufnahme des Buchs in die Reihe „Religionsdidaktik innovativ“ und die umsichtige Betreuung des Buchprojekts.
Passau, 24.6.2014 (Gedenktag des hl. Johannes des Täufers)
Ich bin mein eigenes Idol!
Stefan Effenberg
Die Frage, ob Vorbilder „in“ oder „out“ sind, muss mit Blick auf die Geschichte differenziert beantwortet werden. Die untenstehende Grafik aus der „Shell-Studie 2000“ (Deutsche Shell 2000, Bd. 1, 217) belegt, dass die Bedeutung von Vorbildern einem Wandel unterworfen ist. Bis in die 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts hinein waren Vorbilder wichtig, dann erfuhr das Vorbild bis in die 90er-Jahre einen rapiden Bedeutungsverlust. Seitdem lässt sich ein stetiger Bedeutungszugewinn verzeichnen. Wie sich diese Entwicklungen erklären lassen, soll in einem ersten Schritt genauer beschrieben werden.
Für die Kriegs- und erste Nachkriegsgeneration war die Orientierung an Vorbildern eine Selbstverständlichkeit: „Zu keiner Zeit haben mir Leitbilder gefehlt. Sie haben mir geholfen, zu unterscheiden und richtig zu handeln“ (Hagedorn 1999, 157), bringt Rudolf Hagedorn (geb. 1927) die eigenen Reflexionen, wieso er als Jugendlicher kein Nazi geworden war, auf den Punkt. Zeitgenossen Hagedorns können mühelos reale oder fiktive Vorbildgestalten ihrer Jugend benennen: Der emeritierte Erziehungswissenschaftler Horst Rumpf (geb. 1930) schwärmte in seiner Jugend für Siegertypen wie Fritz Szepan (Fußballer), Max Schmeling (Boxer), Bernd Rosemeyer (Rennfahrer) und Manfred von Richthofen (Flieger) (Rumpf 2000, 75f.). Diese Siegertypen lagen aber auch, wie Rumpf selbst einräumt, auf der Linie der propagandistischen Beeinflussung durch die Nazis. Das ließ später die gesamte Vorbildthematik zum Problem werden, und darin liegt der Keim für die spätere Krise des Vorbilds überhaupt.
Belege für eine unkritische Helden-Idealisierung in dieser Generation und für ihre politische Funktionalisierung und religiöse Verbrämung gibt es genügend: So beschreibt Horst Rumpf das 506 Seiten starke „Ehrenbuch deutscher Lehrer“ aus dem Jahre 1932, das „eine schier unglaubliche Vielfalt von Dokumentationen heldenhaften Kämpfens, Siegens und Sterbens deutscher Volksschullehrer“ (Rumpf 2000, 58; Führen 1932, 15) enthält. Rumpf stellt folgende Kostprobe des im Ersten Weltkrieg gefallenen Konrad Müller aus Feucht vor:
„Meine Lieben! … Wie Ihr wisst, war es von je mein ersehnter Wunsch, wirklich einmal im Ernst an der Verteidigung unseres Vaterslandes teilzunehmen. Es ist so gekommen, und völlig ruhig, getrost auf Gottes Beistand, ziehe ich mit aus … Denn mein Mut, meine selige Freude in Gott spornen mich zu Höchstleistungen an. Ich selbst also halte mein Leben nicht mehr teuer, denn wenn sie uns den Leib nehmen, ich habe das Gefühl inniger Gottverbundenheit. Also geht es zwar ernst, aber sehr gefasst in die Schlacht. Es ist mir ein Stolz, als Euer Jüngster den Heldentod zu sterben … Ein herzliches Lebtwohl Euch allen Euer Konrad. Heil! Sieg!“
Eine andere Passage aus diesem eindrucksvollen Zeugnis einer problematischen Funktionalisierung des Vorbildhaften: „Des Lehrers letzter Gruß“, den der Lehrer für seine Schülerinnen im Norden Berlins an die Tafel des Klassenzimmers schrieb, lautet (Führen 1932, 14):
„Die ernste Stunde ruft auch mich zu der Fahne. Ich bin bereit, gern und freudig mein Leben zu opfern auf dem Altare des Vaterlandes. Ehrenvoll oder nie sehen wir uns wieder! Gott schütze euch alle und gebe uns den Sieg. Lebt wohl und bleibt brave deutsche Mädchen! Lebt wohl! Euer Lehrer.“
Die Schülerinnen erhalten die Nachricht vom sog. Heldentod des Lehrers: „Als letztes Zeichen der Liebe schmückten sie die Tafel, welche im Archiv der Schule dauernd aufbewahrt wird“ (Führen 1932, 15).
Wie ein Blick in die Schulbücher des Nachkriegsdeutschlands zeigt, hat sich an der Bedeutung und Art von Vorbildern zunächst nicht viel geändert; man präsentierte nun freilich entweder unverdächtige oder vom Nazi-Verdacht gereinigte Personen, aber immer noch zumeist aus der Ebene der „großen“ Gestalten der Geschichte und der Gesellschaft und mit dem Impetus, zu diesen großen Helden aufzuschauen. Das alles galt ebenso für die religiöse Erziehung. So grenzt sich Hans Hümmeler im Vorwort zur Neuauflage der „Helden und Heiligen“, das „viele Jahre durch die autoritären Machthaber befehdet und unterdrückt worden war“ (Hümmeler 1948, Vorwort) einerseits von einer nationalsozialistischen Vereinnahmung ab. Anderseits wird aber auch in der Neuauflage die grundsätzliche Helden-Verehrungslogik beibehalten; das Volksbuch soll die Jugend „für die wahren Werte und geistigen Ordnungen gewinnen, die in den großen Persönlichkeiten und Heiligengestalten der Kirche verkörpert sind“ (ebd.).
In der pädagogischen und religiösen Erziehung wurde die im Nachhinein als „überdrüssig“ bezeichnete Leitbild-Pädagogik mit einer „Ideologie des Vorbilds“ (Stachel/Mieth 1978, 97f.) von den 20er-Jahren des 20. Jahrhunderts über den Zweiten Weltkrieg hinaus bis in die 60er-Jahre ungebrochen weitergeführt: Man präsentierte moralische Überfiguren. Auch in der religiösen Belletristik und in der Kinder- und Jugendliteratur dominierte die Darstellung der Hauptpersonen „als moralische Elite und christliche Übermenschen“ (Rabl 1982, 54). Wilhelm Hünermann beispielsweise stellte in seinen farbig und anschaulich geschriebenen Geschichten herausragende christliche Heroen dar. Seine Heiligenbiografien waren Bestseller; in meinem Bücherregal befindet sich ein Exemplar von „Der endlose Chor“ aus dem Jahre 1964 mit der Angabe: „103–114. Tausend der Gesamtauflage“ (Hünermann 1964). Hünermanns Bücher kursierten in meiner Kindheit und Jugend noch in Pfarr- und Seminarbibliotheken – bis weit in die 80er-Jahre hinein. Zu meinem Erstaunen ergab die Recherche im Internet, dass zahlreiche seiner Bücher (z. B. „Die Herrgottsschanze. Heldentum im Schatten der Guillotine“ „Der Gottesrufer von Padua“ – neu erschienen 2012, oder „Kinder des Lichts. Aus der Jugend großer Heiliger“ – neu erschienen 2010) nach wie vor im Buchhandel erhältlich sind oder sogar neu aufgelegt werden.
Es dauerte nicht lange, bis die uneingeschränkte und pathetisch ausgestaltete Verehrung großer Denkmäler brüchig wurde. Die schonungslose Aufarbeitung der NS-Zeit in Westdeutschland seit Beginn der 60er-Jahre deckte die Fragwürdigkeit einer interessegeleiteten Verherrlichung großer Figuren auf. Eine Orientierung an Vorbildern wurde pädagogisch mit der Aufeinanderfolge einer unreflektierten Bewunderung und Nachahmung gleichgesetzt und als solche selbstverständlich desavouiert; sie war im Zeitkontext gerade wegen der fehlenden Reflexivität und Distanz auch politisch fragwürdig geworden. Die Führer-Gefolgschaft der Eltern und Großeltern und deren Verehrung faszinierender großer Gestalten erschienen als suspekt. Dass kritische Menschen wie Hagedorn und Rumpf mit ihren Leitbildern durchaus reflektiert umgingen und nicht jede Orientierung an den Biografien anderer blindes Nachahmungslernen bedeutete, wurde nicht wahrgenommen: Man schüttete das Kind mit dem Bade aus!
An der Demontage der Vor- und Leitbilder wirkte die Crème de la Crème der intellektuellen Szene mit; allen voran Theodor Adorno, der schon dem Begriff Leitbild einen „leisen militärischen Klang“ attestierte. Leitbilder seien ein Ausdruck konservativ-restaurativer Kulturkritik:
„Schreit man nach ihnen, so sind sie bereits nicht mehr möglich; verkündigt man sie aus dem verzweifelten Wunsch, so werden sie zu blinden und heteronomen Mächten verhext, welche die Ohnmacht nur verstärken und insofern mit der totalitären Sinnesart übereinstimmen.“ (Adorno 1967, 13f.)
Die öffentliche Abrechnung führte schließlich zu einer fundamentalen Anfrage an Vorbilder. Siegfried Lenz setzte dieser Diskussion mit seiner Erzählung „Das Vorbild“ (Lenz 1973) ein eindrucksvolles Denkmal: Die drei Lehrkräfte Heller, Punt und Süßfeldt sollen ein Schulbuchkapitel zum Thema Vorbild ausarbeiten. Janpeter Heller stellt das traditionelle Konzept, große Personen zu präsentieren, radikal in Frage und bezeichnet das ganze Unternehmen als „autoritätsfixiertes Verlangen, jungen Menschen einen pädagogischen Koloss vor die Nase zu setzen“ (Lenz 1973, 156). Und weiter:
„Wenn Sie mich fragen: Vorbilder sind doch nur eine Art pädagogischer Lebertran, den jeder mit Widerwillen schluckt, zumindest mit geschlossenen Augen. Sie erdrücken doch den jungen Menschen, machen ihn unsicher und reizbar, und fordern ihn auf ungeziemende Weise heraus. Vorbilder im herkömmlichen Sinn, das sind doch prunkvolle Nutzlosigkeiten, Fanfarenstöße einer verfehlten Erziehung, bei denen man sich die Ohren zuhält. Alles, was sich von den Thermopylen bis nach Lambarene überlebensgroß empfiehlt, ist doch nur ein strahlendes Ärgernis, das nichts mit dem Alltag zu tun hat. Peinliche Überbautypen, um es mal so auszudrücken … Im Namen von ahnungslosen Schülern möchte er protestieren gegen die Art, wie hier, typisch systemkonform, versucht werde, jungen Leuten einen Minderwertigkeitskomplex beizubringen, indem man sie zwingt, vor erdrückenden Denkmälern zu leben.“ (Lenz 1973, 45. 103)
Ein sprachlich fulminanter Abgesang! Die Vorbilder seien, wie auch die weiteren Zitate aus dem Buch belegen, „prunkvolle Nutzlosigkeit“, „peinliche Überbautypen“, eine „pädagogische Götterspeise“, „in unserem Gedächtnis festgefrorene Ungeheuer, die zur Heldenverehrung drängten“; sie wirkten als „pädagogischer Lebertran“, „Fanfarenstöße einer verfehlten Erziehung“, verursachten „Minderwertigkeitskomplexe“, bedeuteten eine „Einschüchterung durch Autoritäten“ und führten bei den Schülern als „unbeschriebenen Blättern zum Gefühl der Erbärmlichkeit“ – so weit einige kräftige Beschreibungen aus Lenz’ „Vorbild“. Die „pädagogische Vergewaltigung“ einer „würgenden Verpflichtung zum Exemplarischen“ löse bei ihm, Heller, nur einen Reflex aus: Ihm komme schlicht der Konfirmationskaffee hoch.
Wenn Lenz Janpeter Heller sagen lässt, die traditionellen Vorbilder veranlassten ihn dazu, den Blick zu heben und eine Hab-Acht-Stellung einzunehmen, dann deckt er damit ein Phänomen auf, das man sprachlich als semantische Engführung des Vorbildbegriffs bezeichnen kann: Mit dem Begriff Vorbild verbindet man einen bestimmten Personenkreis, nämlich moralische Größen, weit entfernt vom eigenen Leben, welche Respekt einflößen. In Lenz’ Buch soll dieses begriffliche Verständnis und damit die Begrenzung des Personals auf sogenannte große Vorbilder gesprengt werden!
Die Orientierung an Vorbildern wurde also – lernpsychologisch betrachtet – mit dem Modell des Nachahmungslernens gleichgesetzt (vgl. Kap. 2.2.2) und unter dem autoritätsskeptischen Blickwinkel der 60er-Jahre als „Kadavergehorsam“ abgelehnt. Margarete Mitscherlichs psychoanalytisch angelegte Studie „Das Ende der Vorbilder“ (Mitscherlich 1978) versetzte der Vorbilddebatte den Todesstoß. Eine ihrer Thesen lautet, dass die Idealisierung von Vorbildern geistige „Übergangsobjekte“ (Donald W. Winnicott) in der Ablösung und Abgrenzung vom Elternhaus seien. In einer Entwicklungsphase, in der die Ich-Funktion und Menschenkenntnis verhältnismäßig wenig entwickelt sei, bestünde besondere Gefahr, dass Jugendliche falschen Idealen und Demagogen anheim fielen. Insofern gäbe es strukturelle Parallelen zwischen der Autoritätsfixiertheit der „Hitleristen“ und der Terroristen der 70er-Jahre (Mitscherlich 1978, 11–14; vgl. auch Hufnagel 1993).
In der Folge verschwanden die Begriffe des Vorbilds und Leitbilds aus der pädagogischen Diskussion und wurden durch den als neutraler und lernpsychologisch hochwertiger angesehenen Begriff des Modell-Lernens ersetzt. Welche Wirkweise damit verbunden wurde, wird im lernpsychologisch fundierten Kapitel 2.2 genauer erläutert.
Jedenfalls hinterließ die kritische Leitbild-Debatte aus den 60er- und 70er-Jahren Spuren: Auch die empirischen Daten belegen eindeutig den Rückgang einer Orientierung an Vorbildern in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts (Deutsche Shell 1997, 358f.). Gaben 1955 noch 44 % der Jugendlichen an, ein Vorbild zu haben, so waren das 1984 nur noch 19 %. Von den im Jahre 1996 befragten Jugendlichen bekannten sich gar nur noch 16 % zu einem Vorbild.
„Vorbilder als Verhaltensmodelle, die an konkrete Personen gebunden sind, haben im komplexen und heterogenen Gesellschaftsumfeld zweifelsohne an Bedeutung verloren“, resümieren die Autoren der Shell-Studie 1997 und fügen hinzu: „Die Geschichte der Shell Jugendstudie ist insofern auch eine Geschichte verblassender Vorbilder“ (Deutsche Shell 1997, 358).
Der niedrigere Stellenwert von Vorbildern in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts hing auch mit dem Wandel von Erziehungs- und Wertvorstellungen zusammen, der sich im innerfamiliären Gefüge beispielsweise in der Veränderung vom „Befehls- zum Verhandlungshaushalt“ niedergeschlagen hat (vgl. Büchner/Fuhs/Krüger 1996). Prosozialität, Autonomie und kritische Offenheit haben Ende der 80er-Jahre als elterliche Erziehungsziele Pünktlichkeit, Ordnung und Leistungsbereitschaft abgelöst (vgl. Mendl 2014a, 244). Auf die Frage, wieso sie keine Vorbilder brauchen und wollen, antworteten Jugendliche in den 80er-Jahren so: Man wolle sich in Eigenregie entwickeln, sehe Autoritäten kritisch differenziert oder lehne Idealbildung und Heldenverehrung prinzipiell ab (Deutsche Shell 1997, 358; Deutsche Shell 2000, 216).
Insofern verwundert es nicht, dass die Vorbildthematik auch unter Religionspädagogen als „einfach erledigt“ (Kerstiens 1986, 77) galt; die Rede vom Vorbild „verstummte“, „ist in den Hintergrund getreten“ (Mayer 1978, 117). Die Nachwirkungen: Auch in den religionspädagogischen Standardwerken wurde das Thema bis zum Jahrtausendende höchstens am Rande behandelt.
In der empirischen Jugendforschung hatte man sich darauf eingestellt, dass die Vorbildthematik „out“ ist. Einen beinahe schon amüsanten Beleg dafür, dass auch Sozialforscher gelegentlich von den eigenen Ergebnissen überrollt werden, stellt eine kurze Passage in der Shell-Studie 2000 (Bd. 1, 181–219) dar (sie wird im folgenden Kapitel noch genauer analysiert): Die Autoren behandeln die Thematik lieblos randständig, weil sie eine Fortsetzung des Trends, ein weiteres Absinken der Prozentzahlen, erwarten. Sie sind dann völlig überrascht, dass sich der erwartete Trend umgekehrt hat und nun 13 % mehr Jugendliche angeben, sie hätten ein Vorbild, als bei der letzten Studie (1996: 16 %; 1999: 29 %). Das ist mehr, als mit Zufallsvariablen erklärt werden kann! Die Sozialforscher bedauern zunächst, keine qualitativen Zusatzfragen gestellt zu haben, Dann führen sie aber doch noch einen interpretativen Eiertanz auf. Sie vermuten Überblendeffekte aus der Fragenreihung, um schließlich die fragwürdige These zu stützen, dass Jugendliche mehr mediale Vorbilder hätten und die Zunahme so erklärbar sei.
Ein Siegener Forschungsteam um Jürgen Zinnecker fragte auf der Basis der Shell-Zahlen in der als erste Jugendstudie des neuen Jahrtausends angekündigten Untersuchung nochmals nach. Und siehe da: Nun gaben plötzlich 56 % aller befragten Jugendlichen an, ein persönliches Vorbild zu haben! Die Grafik aus der Siegener Untersuchung veranschaulicht eindrucksvoll diesen plötzlichen Umschwung (Zinnecker u. a. 2002, 52).
Es gibt weitere Belege für die Trendwende, was die Akzeptanz von Vorbildern betrifft. Sogar die „empirische Boulevard-Forschung“ nimmt sich seit einigen Jahren verstärkt des Themas an, führt über seriöse Institute eigene Untersuchungen durch oder greift auf neuere Studien zu: So gehören nach der Zeitschrift „Marie Claire“ (3/2000) für junge Frauen die eigene Mutter und Großmutter zu den Top-Vorbildern. Das Magazin „Focus“ fragt nach dem 11. September 2001: „Wer ist ein Held für Sie?“ (9/2002) – Die Antwort stellt kein Wunder dar: Es sind die Feuerwehrmänner! Auch die Fernsehzeitschrift „TV 14“, die unter der Überschrift „Die Kraft des Willens“ (das zeichnet die Vorbilder nämlich aus!) eine Exklusivumfrage zu den „großen Vorbildern der Deutschen“ („TV 14“ 2004) vorstellt, und der „Stern“ (Boldebruck/Tast 2002) bestätigen die Untersuchungsergebnisse des Siegener Teams um Jürgen Zinnecker (Zinnecker u. a. 2002, 52): Der Einfluss des persönlichen Vorbilds hat sich innerhalb von fünf Jahren fast verdreifacht! Auch der „Spiegel“ schließt sich an und titelt im Heft 11 im Jahre 2013: „Die Mutigen. Warum manche Menschen Leben retten. Und andere nicht.“
Die Veröffentlichungslage zum Thema hat sich grundlegend geändert, sowohl auf dem Zeitschriftenmarkt wie auch in der Pädagogik, wie an weiteren Beispielen verdeutlich werden kann: Dem Zeitgeist-Magazin „Kursbuch“ (Heft 146/Dezember 2001: Vorbilder) und auch „Publik Forum“ („Courage: Die sanfte Kraft gelebter Visionen. Menschen, die Mut machen“, Sonderheft 1996) ist das Thema eine Ausgabe wert. Im „Stern“ stellt Michael Gleich sein Projekt „Peace Counts“ vor (Gleich 2005; siehe dazu auch S. 108): „Die Friedensengel“. Der Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten, durchgeführt von der Körber-Stiftung, widmet sich im Jahr 2008 einer Spurensuche nach „Helden verehrt – verkannt – vergessen“. In der „ZEIT“ erscheint im Jahre 2009 eine Sonderbeilage (Zeit-Geschichte 64, Nr. 47) mit dem Titel „Vordenker, Vorbilder, Visionäre. 50 Deutsche von gestern für die Welt von morgen.“ Die „Süddeutsche Zeitung“ widmet eine Ausgabe ihres Magazins für Kinder den „Helden. Ein Heft über Superkräfte, Eigensinn und Wagemut“. (Süddeutsche Zeitung für Kinder 5/2011). Birgit Schreiber frägt in „Psychologie heute“ (Schreiber 2011a): „Was macht Menschen zu Helfern?“.
Selbst die „Bild-Zeitung“ hat das Vorbild wiederentdeckt. In der Weihnachtszeit 2010 erschien in Bild und Bild am Sonntag eine tägliche Kolumne „Weihnachten mit den Heiligen“, bei der jeweils ein Heiliger vorgestellt wurde (gesammelt publiziert: Nyáry 2010). Vor zwanzig Jahren wäre eine solche Serie undenkbar gewesen! Der Verein „Bürger in sozialen Schwierigkeiten e.V.“ gab im Jahr 2010 ein Heft der Zeitschrift BISS zum Thema „Münchner Helden“ heraus. Und in der Reihe der „Kinderuniversität“ erschien ein Bändchen zu den Heiligen: „Warum sind Heilige heilig?“ (Ufertinger 2009). Markus Kosian hat im Auftrag des Katholischen Schulkommissariats einen Ordner mit dem Titel „Was Promis glauben. Gedanken über Gott, Religion und Kirche“ (Kosian 2012) herausgegeben – aktuelle Promis wurden zu ihrer Einstellung zu Glaube und Religion befragt.
Inzwischen spricht man im pädagogischen Diskurs von einer „Zukunft“ (Gardner 1997), einer „Kraft“ (Greiwe 1998) oder einer „Renaissance der Vorbilder“ (Bucher 1996a). Pädagogische, religionspädagogische und praktisch-theologische Fachzeitschriften gestalten seitdem eigene Hefte zur Thematik, von denen hier nur einige genannt werden sollen:
– Religionsunterricht an höheren Schulen 40 (1997), Heft 6: Christen als Nobelpreisträger.
– Schüler 1997: Stars – Idole – Vorbilder, hg. v. Erhard Friedrich Verlag in Zusammenarbeit mit Klett.
– Diakonia 31 (2000), Heft 2: Heilige – ein Randthema?
– Pädagogik (2000), Heft 7–8: 2. Themenschwerpunkt Vorbilder – Idole, 52–67.
– Praxis Deutsch Nr. 171/2002: Stars – Idole – Medienwelten.
– Religionsunterricht an höheren Schulen 45 (2002), Heft 5: Vorbilder-Lernen in der Diskussion.
– RU. Ökumenische Zeitschrift für den Religionsunterricht 4/2002: Heilige wie wir.
– :in Religion. Unterrichtsmaterialien Sek. I (2005), Heft 5: Biografien.
– Katechetische Blätter 131 (2006): Vorbilder.
– Ökumenische Rundschau 55 (2006), Heft 3: Märtyrer und Heilige im ökumenischen Kontext.
– Themenhefte Gemeindearbeit (2006), Heft 74: Heilige wie wir.
– Jahrbuch für Religionspädagogik 24 (2008): Sehnsucht nach Orientierung. Vorbilder im Religionsunterricht, Neukirchen-Vluyn.
– :in Religion. Unterrichtsmaterialien Sek. I (2009), Heft 9: Lernen an Vorbildern.
– Bilum für weltoffene ChristInnen., Dezember 2010: WegbereiterInnen. Lernen an (un)gewöhnlichen Biografien.
– Forum Hochschule und Kirche e.V. (Hg) (2010), Irritatio. Informationen und Anregungen für Kirche & Hochschulen: Gestalten, stärken, vernetzen. Freiwilliges Engagement von Studierenden.
– Loccumer Pelikan 2011, Heft 2: Lernen an Biografien.
– Neue Gespräche 41 (2011), Heft 6: Gandhi? Oder doch meine Mutter? Von Vorbildern und Wegweisern.
− Deutscher Caritasverband (Hg.) (2011), Sozialcourage. Das Magazin für soziales Handeln, Heft 2: Engagement von jungen Leuten: „Viel schöner als erwartet“.
– Erzbistum Hamburg. Abteilung Bildung (Hg.), Mitteilungen RU. Referat Schule 1/2012: Orientierendes Lernen an Biografien.
– Ethik & Unterricht. Zeitschrift für die Fächergruppen Ethik/Werte und Normen/Praktische Philosophie/LER, Heft 1/2013: Lernen an Biografien.
Außerdem wurden im Laufe der letzten Jahre verschiedene regionale Projekte veröffentlicht, bei denen eine historische Spurensuche nach großen und kleinen Vorbildern der jeweiligen Gegend unternommen worden ist:
– Bauer, Karl F./Mendl, Hans/Rendle, Ludwig/Ansbacher, Walter (Hg.) (2007), Schrittmacher im Glauben. Lebensentwürfe für Jugendliche von heute, Donauwörth.
– Überzeugt! Glaubenszeuginnen und Glaubenszeugen des Nordens (2008), :in Religion Sonderheft, Aachen.
– Christuszeugen in schwerer Zeit (2009). Pfarrer Georg Häfner, Pater Engelmar Unzeitig CMM. Didaktisch-methodische Anregungen für die Sekundarstufe 1 (8.–10. Jahrgangsstufe), hg. v. Bischöfliches Ordinariat Würzburg Hauptabteilung III: Hochschule, Schule und Erziehung. Würzburger Beiträge zur Religionspädagogik 7.
– Erzbistum Hamburg, Bistum Osnabrück (Hg.) (2011), Wer sterben kann, wer will den zwingen? Zur Seligsprechung der Lübecker Märtyrer, Hamburg o.J.
– Käbisch, David/Käbisch, Edmund (2010), Akteure der Friedlichen Revolution. Didaktische Impulse und Materialien für den Geschichts-, Ethik- und Religionsunterrichts aus der Region Zwickau, Moers.
Auch Jugendverbände bereiten das Thema für ihre Mitgliederhefte auf:
– Werkbrief für die Landjugend (1998 II + IV): EigenLeben. Vorbilder, Idole, Helden und andere Orientierungen, hg. von der Landesstelle der Katholischen Landjugend Bayerns e.V., München.
– Antenne (1/2002): Vorbilder. Wer sagt uns, wo’s lang geht?, hg. von den Jugendverbänden der Gemeinschaft Christlichen Lebens, Augsburg.
– Erzbistum Hamburg – Generalvikariat, Jugendreferat der Pastoralen Dienststelle/Bund der Deutschen Katholischen Jugend, Diözesanverband Hamburg (Hg.) (2011), Cayennepepper Mai 2011. Sonderausgabe anlässlich der Seligsprechung der Lübecker Märtyrer. Mit Ideensammlung für Jugendleiterinnen und Jugendleiter: Die Lübecker Märtyrer und ich.
Vorbilder sind also wieder „in“! Dana Horáková ist zuzustimmen: „Ich glaube, es ist an der Zeit, die Vorbilder zu rehabilitieren“ (Horáková 2007, 14). Freilich bleibt einiges unklar; das gilt es in den folgenden Kapiteln aufzuarbeiten!
– Wie ist diese neuerliche Trendwende hin zum Vorbild zu erklären?
– Wohin geht theologisch betrachtet der Trend, wenn man nach Zieloptionen für ein heiligmäßiges Leben sucht?
– Welche Modelle für ein Lernen an anderen Personen gibt es? Und mit welchen didaktischen Möglichkeiten können diese jeweils angegangen werden?
– Welches Personal eignet sich in besonderer Weise für eigene Spiegelungen?
Zusammenfassung
Die gesellschaftliche Bedeutung von Vorbildern und die Auswahl von bestimmten Personengruppen als Vorbilder unterliegen historisch betrachtet starken Schwankungen. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, besonders während der Zeit des NS-Regimes in Deutschland, dominierten eine Idealisierung, Überhöhung und problematische Funktionalisierung des Heldenhaften. Bei aller Kritik daran darf man aber nicht übersehen, dass die Orientierung an großen historischen, sozialen oder religiösen Leitbildern von dieser Generation durchaus als entwicklungsförderlich betrachtet wurde.