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Originalausgabe
1. Auflage 2018
© 2018 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Nymphenburger Straße 86
D-80636 München
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Fax: 089 652096
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Redaktion: Silke Panten
Umschlaggestaltung: Manuela Amode, München
Umschlagabbildung: Shutterstock/HiToon, melnikof, Bozen Fulawka, Monika,
Angela Luchianiuc
Layout: Daniel Förster, Belgern
ePub by Konvertus
ISBN Print 978-3-7423-0482-7
ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-0007-9
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-0006-2
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter:
www.rivaverlag.de
Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de.
Lektine – brandheiß diskutiert …
PFLANZEN MÖGEN UNS NICHT
So schützen sich Pflanzen vor ihren Feinden
Farben, Härchen, Bitterstoffe und andere Abwehrmechanismen
Auch Pflanzen kommunizieren
Die Bedeutung von sekundären Pflanzenstoffen
Schlecht für die Tiere, gut für uns?
Überblick über Antinährstoffe
Lektine und ihre Wirkung
Wie Lektine auf Organismen wirken
Übelkeit, Fieber und andere Vergiftungserscheinungen
Welche Krankheiten Lektine verursachen
Die Darmbarriere und das Leaky-Gut-Syndrom
Autoimmunerkrankungen und ihre Verbindung zu Lektin
Lektinfrei leben – ja oder nein?
Positive Erfahrungsberichte lassen hoffen
LEKTINE IN UNSEREN LEBENSMITTELN
Lektinfreie und lektinhaltige Lebensmittel
Gemüse und Hülsenfrüchte
Soja und Sojaprodukte
Selbst gemachte Pastinakenchips
Salate
Algen
Obst
Getreide und Getreideprodukte
Nüsse und Samen
Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte
Milch und Milchprodukte
Selbst gemachter Kokosjoghurt
Kräuter und Gewürze
Fette und Öle
Extras, Süßigkeiten, Zucker und Süßstoffe
So werden Lektine unschädlich
Möglichkeit 1: Einweichen
Möglichkeit 2: Kochen im Dampfdruckkochtopf
Möglichkeit 3: Ausreichend langes Kochen
Möglichkeit 4: Keimen lassen
Möglichkeit 5: Schälen
Möglichkeit 6: Fermentieren
So fermentieren Sie Gemüse selbst
DER 4-WOCHEN-PLAN
Die Vorbereitung auf den lektinfreien Ernährungsplan
Das Ernährungsprotokoll
Nahrungsmittel und Getränke
Tipps zu den Mengenangaben
Symptome, Beschwerden und Gefühle
Ihr persönliches Ernährungsprotokoll
Der 4-Wochen-Plan und seine Umsetzung
Woche 1
Woche 2
Woche 3
Woche 4
DIE REZEPTE
Frühstück
Mittagessen
Abendessen
Anhang
Über die Autoren
Sachregister
Rezeptregister
Aktuell werden Lektine sehr kontrovers diskutiert, auch wenn sie in der Forschung nicht neu sind. Es verstärken sich die Vermutungen, dass Lektine an den immer weiter zunehmenden Autoimmunerkrankungen und einer immensen Zahl an entzündlichen Erkrankungen beteiligt sein sollen. Da die Ursachen für Autoimmunerkrankungen bisher weitgehend unbekannt sind, ist die Wissenschaft sehr daran interessiert, hier endlich Lösungen zu finden. Bisher wird hauptsächlich mit medikamentösen Therapien behandelt, die die Symptome zwar verbessern, aber die Krankheit nicht heilen können. Leider kommt es bei diesen Therapien sehr häufig zu Nebenwirkungen, was die Lebensqualität der Patienten nochmals senkt.
Doch was sind Lektine überhaupt? Kurz gesagt sind Lektine sehr bindungsfreudige Eiweißmoleküle in Pflanzen, die für die Pflanze einen Schutz vor Fressfeinden darstellen. Nehmen wir nun diese lektinhaltigen Pflanzen zu uns, gelangen die Eiweißmoleküle durch unseren Darm in unsere Blutbahn und binden sich an beliebige Körperzellen. Da der Körper diese damit nicht mehr als körpereigen erkennt, löst er eine Autoimmunreaktion aus, was zu entzündlichen Prozessen führen kann.
So weit ganz knapp die Theorie. Man könnte nun meinen, mit den Lektinen endlich den Übeltäter für autoimmunes Geschehen gefunden zu haben. Bewiesen ist diese Theorie allerdings bisher nicht und die Studienlage ist leider extrem dünn. Viele Mediziner tun diese Annahmen als Humbug ab und weisen sie der Alternativmedizin zu. Doch denken wir einmal an die Diskussion über Gluten, die seit einigen Jahren aktuell ist: Während das sogenannte Klebereiweiß seit Jahrzehnten nur von Zöliakiepatienten gemieden werden sollte, wurde vor ein paar Jahren festgestellt, dass es sehr viele Patienten gibt, die ähnliche Symptome wie bei Zöliakie entwickeln, ohne dass eine Darmschädigung nachgewiesen werden kann. So entstand ein neues und zwischenzeitlich anerkanntes Krankheitsbild mit dem beinah unaussprechlichen Namen »Nicht-Zöliakie-nicht-Weizenallergie-Weizensensitivität«. Gluten ist im Übrigen auch ein Lektin.
Die Kernfrage lautet also: Sind Lektine tatsächlich der Schlüssel für Entzündungsreaktionen im Körper? Bei vielen unserer Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck oder Übergewicht und auch bei diversen Unverträglichkeiten kann der Verzicht auf bestimmte Lebensmittel helfen, Symptome zu lindern und Krankheiten zu heilen. Kann folglich auch eine lektinfreie Ernährung das autoimmune Geschehen im Körper positiv beeinflussen? Unsere Kernfrage werden wir auch im vorliegenden Ratgeber nicht eindeutig beantworten können. Doch es gibt viele Mediziner und Wissenschaftler, die sich damit auseinandersetzen und verschiedene Ansätze verfolgen. Einer von ihnen ist Dr. Steven Gundry aus den USA. In jahrelanger Arbeit mit seinen Patienten hat er eine Ernährungsform entwickelt, die genau dort ansetzt: lektinfrei leben, um gesund zu werden. Dr. Gundry empfiehlt allerdings, viele als gesund geltende pflanzliche, aber lektinhaltige Lebensmittel wie Hülsenfrüchte und Nachtschattengewächse, beispielsweise Tomate, Aubergine oder Gurke, aus der täglichen Ernährung zu streichen. Sein Ernährungsplan erinnert ein wenig an eine Low-Carb-High-Fat-Ernährung, mit wenigen bis gar keinen Kohlenhydraten aus Getreide, dafür aber mit vielen wertvollen pflanzlichen Fetten aus Nüssen und verschiedenen Ölen, vielen lektinfreien Gemüsesorten, aber auch Fisch und Fleisch. Auch eine vegetarische und eine vegane Lösung bietet er an. Doch gerade weil er viele klassische Empfehlungen über Bord wirft und es zudem kaum Studien gibt, die die Ergebnisse wissenschaftlich untermauern, wird sein 2017 erschienenes Buch The Plant Paradox natürlich heiß diskutiert. Interessanterweise sind jedoch viele seiner Patienten – und hier ist von mehreren Tausend Patienten die Rede – sehr erfolgreich mit seiner Methode, da sie eine Ernährungsweise gefunden haben, die sie von ihren Beschwerden befreit hat.
Es lohnt sich also, sich einmal genauer mit den Lektinen zu befassen und sich ihre Funktionen und Wirkungsweisen anzusehen. Sie werden auf den folgenden Seiten viele gebündelte Informationen über Lektine, deren Herkunft und Funktion, aber auch deren Wirkungsweise auf den menschlichen Körper erhalten. In Kapitel 1 tauchen wir ein wenig in die Biologie ein und befassen uns mit den durchaus interessanten Methoden unserer Pflanzenwelt, sich vor Fressfeinden zu schützen. In diesem Zusammenhang lernen Sie sekundäre Pflanzenstoffe und die Funktion der Antinährstoffe unserer Pflanzen kennen. Außerdem sehen wir uns die Lektine im Detail an, deren Vorkommen, ihre botanische Unterscheidung und ihre Eigenschaften. Mit diesen biologischen Grundlagen im Gepäck spannen wir den Bogen zur Wirkung von Lektinen auf den menschlichen Körper. Dabei betrachten wir einmal, worauf die Vermutungen basieren, dass Lektine einen solch gravierenden Anteil an diversen Krankheitsbildern haben. Abgerundet wird das Kapitel mit der Frage, wie sinnvoll es tatsächlich ist, sich lektinfrei zu ernähren.
In Kapitel 2 widmen wir uns dann unseren Lebensmittelgruppen und nehmen die Hauptquellen für Lektine unter die Lupe, also Getreide, Hülsenfrüchte, Gemüse und Obst. Doch wir untersuchen auch Nüsse und Samen, Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte sowie Kräuter, Gewürze, Fette und Öle, Zucker und Süßstoffe, denn im Rahmen einer gesunden ausgewogenen und lektinfreien Kost haben alle Lebensmittelgruppen ihre besondere Bedeutung. Sie bekommen in diesem ausführlichen Kapitel viele Tipps an die Hand, wie sich eine lektinfreie Ernährung im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung umsetzen lässt. Dazu zählen auch einige einfache, aber sehr wirkungsvolle Methoden, wie der Lektingehalt in unseren Lebensmitteln nahezu vollständig reduziert werden kann.
Um herauszufinden, ob bei Ihnen womöglich eine Lektinunverträglichkeit vorliegt, bieten wir Ihnen in Kapitel 3 einen 4-Wochen-Plan an, mit dem Sie für mehrere Wochen lektinfrei leben können. Eine Anleitung für ein Ernährungsprotokoll, mit dem Sie Ihre Selbstbeobachtung dokumentieren können, hilft Ihnen dabei, Ihre Ernährungsumstellung anzugehen und Ihre Fortschritte zu dokumentieren. Zahlreiche leckere und einfach zuzubereitende Rezepte runden den 4-Wochen-Plan ab.
Denn gerade weil die Studienlage noch sehr dünn ist, bleibt uns letztendlich nichts anderes übrig, als eine Nahrungsumstellung in Richtung lektinfrei auszuprobieren. Und sollte der Verzicht auf Lektine uns helfen, unsere Beschwerden in irgendeiner Form zu verbessern und unser Wohlbefinden zu stärken, so war es ein Schritt in die richtige Richtung. Denn am Ende des Tages ist – unabhängig von den Meinungen der Wissenschaftler – nur eines wichtig: Ihre Gesundheit!
Miriam Schaufler und Walter A. Drössler
Macht Sie diese Überschrift neugierig? Es ist nur schlüssig, dass Pflanzen uns nicht mögen, immerhin sind wir Menschen ihre größten Feinde. Interessanterweise haben unsere Pflanzen sehr ausgeklügelte Methoden, um ihr eigenes Überleben zu sichern und ihre Gene an eine möglichst große Zahl an Nachkommen weitergeben zu können. So nutzen Pflanzen verschiedene biologische Waffen, um sich vor Fressfeinden – seien es wir Menschen oder Insekten und andere Tiere – zu schützen.
Wenn Sie etwas nachdenken, fallen Ihnen sicherlich ein paar giftige Pflanzen ein, deren Verzehr zu starkem Erbrechen und Übelkeit führen oder zum Teil sogar tödlich enden kann. Denken Sie einmal an diverse Pilze, an das Maiglöckchen oder die Tollkirsche, an Aprikosensamen, Rhabarberblätter, rohe oder unreife Holunderbeeren, aber auch an die grünen Teile von Tomaten, Auberginen oder Kartoffeln.
Pflanzen sind wahre Überlebenskünstler. Sie schützen sich beispielsweise bereits durch ihr Aussehen mithilfe von abschreckenden Farben, unangenehmen Oberflächen wie Stacheln, etwa Stachelbeere oder Brombeere, klebrigem Harz, harten Schalen wie bei Kokosnüssen oder vielen dicht aneinanderliegenden Blättern wie bei der Artischocke. Auch mit den Brennhaaren der Brennnessel haben Sie sicherlich schon einmal Bekanntschaft gemacht. Bei der leichtesten Berührung brechen die Köpfchen der Haare ab und es entsteht eine Spitze, die sich in die Haut bohrt. Gleichzeitig fließt ein schmerzhafter Nesselsaft in die Wunde.
Neben diesen sogenannten mechanischen Methoden schützen sich viele Pflanzen zudem mit Chemie wie diversen Bitterstoffen, Giftstoffen oder der Ausschüttung verschiedener Hormone. Kürbisse und Gurken, die auch zur Familie der Kürbisgewächse zählen, enthielten beispielsweise in ihrer Urform früher einmal Bitterstoffe. In unseren heutigen Kultursorten sind diese allerdings herausgezüchtet worden, einerseits, um sie für uns schmackhafter zu machen, andererseits, weil sie bei zu hohem Verzehr bei empfindlichen Personen zu Durchfall und Erbrechen führen können. Bei der Einführung der Kartoffel in Europa im 16. Jahrhundert wurden sehr viele Menschen schwer krank, weil sie statt der Knolle die giftigen Blätter und Stängel der Kartoffelpflanze gegessen hatten. Doch auch die Knolle kann giftig sein, nämlich dann, wenn sie noch grüne Stellen besitzt. Denn dieses Grün deutet auf den Gehalt von giftigem Solanin hin. Nach dem Verzehr kann es zu starken Reizerscheinungen führen, wie Kratzen und Brennen im Hals und im Rachenraum, Husten, Niesreiz, Speichel- und Tränenfluss, aber auch zu Übelkeit und Erbrechen. Gleiches gilt für die Tomate – diese hat zusätzlich noch feine Drüsenhaare auf der Oberseite ihrer Blätter. Nagt daran zum Beispiel eine Blattlaus, so sondert das Blatt ein hellgrünes, klebriges Sekret ab, in dem sich die Blattlaus verfängt und verhungern muss. Dieses Drüsensekret ist übrigens für den typischen Geruch der Pflanze verantwortlich. So werden manche Insekten und Schädlinge wie die Kohlweißlinge, Erdflöhe oder Mücken von dem Geruch der Tomaten vertrieben.
Pflanzen können sogar miteinander kommunizieren, und zwar über die Freisetzung verschiedener Hormone. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass diese Hormone abgesondert werden, wenn ein Pflanzenfresser beginnt, an den Pflanzen herumzukauen. Nehmen wir noch einmal die Kartoffelpflanze: Sie sendet Signale aus, wenn sie von ihrem Hauptfeind angefallen wird, den Larven des Kartoffelkäfers. Andere Pflanzen erkennen diese Signale und beginnen, wiederum andere Arten von Chemikalien zu produzieren, die verhindern sollen, dass das Tier sie fressen möchte. So kann es sein, dass die Pflanze bestimmte Stoffe entwickelt, die im Magen des Tieres Reizstoffe produzieren, sodass dieses keine Lust mehr hat, weiterzufressen. Manche Pflanzen sind sogar in der Lage, ihren Feind benommen zu machen, ihn zu paralysieren oder gar tödlich zu vergiften, wenn dieser die Pflanze fressen will.
Auch der Lektingehalt einer Pflanze gehört zu einer der vielen chemischen Abwehrmöglichkeiten in der Pflanzenwelt. Da Lektine in sehr vielen von uns als Lebensmittel genutzten Pflanzen vorkommen, werden sie gern als »Antinährstoffe« bezeichnet. In der Wissenschaft spricht man hierbei von »antinutritiven Substanzen«, die eine Untergruppe der sogenannten sekundären Pflanzenstoffe darstellen.
Um den Stellenwert von Antinährstoffen oder antinutritiven Substanzen zu klären, müssen wir etwas weiter in der Biologie ausholen. Eine kurze Definition zu Beginn soll aber schon einmal Licht ins Dunkel bringen: Als Antinährstoffe werden Stoffe aus der Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe bezeichnet, die eine maximale Verwertung der mit der Nahrung aufgenommenen Nährstoffe einschränken. Neben Antivitaminen gibt es noch Antienzyme und Enzyminhibitoren. Antivitamine sind Stoffe, die die Wirkung bestimmter Vitamine vermindern oder verhindern. Solche Stoffe befinden sich beispielsweise in Alkohol oder Kaffee, deren Genuss unmittelbar vor, während oder nach einer Mahlzeit die Vitamin-B1-Aufnahme im Körper behindern kann. Gegenspieler zu Vitamin A ist beispielsweise Vitamin D, was einen Einfluss auf den Knochenstoffwechsel hat. Normalerweise ist Vitamin D für die Einlagerung von Kalzium in die Knochen und damit für die Knochendichte verantwortlich. Nehmen wir jedoch, zum Beispiel über hoch dosierte Vitamin-A-Tabletten, zu viel davon auf, kann dies negative Effekte auf die Knochendichte haben. Vitamin A blockiert die Aufgabe des Vitamin D und Kalzium kann nicht mehr eingelagert werden. Antienzyme sind Antikörper oder Proteine, die die Aktivität von Enzymen hemmen können. Enzyme treiben im Körper viele wichtige biochemische Reaktionen an. Sie beseitigen Abfallstoffe oder spalten große Moleküle auf. Sie werden für die Verdauung, für Wachstum und Atmung sowie die Weiterleitung von Reizen und viele andere Abläufe benötigt. Diese Prozesse können durch Antienzyme gehemmt werden, allerdings ist dies dosisabhängig, sodass ein gesunder Mensch bei normalen Ernährungsgewohnheiten keine gesundheitsschädigenden Wirkungen befürchten muss. Ein natürliches Antienzym finden wir beispielsweise in Sojabohnen, Kürbissen, Kartoffeln oder Weizen. Auch Enzyminhibitoren hemmen die Aktivität des Enzyms, indem sie sich daran binden. Sie werden meist in Medikamenten eingesetzt wie in Blutdrucksenkern, Entzündungshemmern oder HIV-Medikamenten.
Allerdings haben die meisten sekundären Pflanzenstoffe auch eine essenzielle Bedeutung für die Heilwirkung von Obst und Gemüse. Für die Pflanze wirken sie als Abwehrstoff gegen Krankheiten und Schädlinge, Pilze und Viren. Sie sind Farb- oder Duftstoffe oder dienen der Regulation des Wachstums der Pflanzen. Kurzum: Alles, was eine Pflanze ausmacht – ihre Farbe, ihr Geruch, ihr Geschmack –, wird von den sekundären Pflanzenstoffen erzeugt. Denken Sie an den speziellen Geruch von Knoblauch, das brennende Aroma von Zwiebeln, das uns die Tränen in die Augen treibt, oder die knallige rot-orange Farbe von Paprika oder Karotten. All dies wird von sekundären Pflanzenstoffen verursacht. Insgesamt gibt es in unserer Pflanzenwelt etwa 100 000 verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe, von denen heute erst ein paar Tausende erforscht sind.
Hinlänglich bekannt ist, dass wir Menschen uns diese positiven Wirkungen der Pflanzen zunutze machen können, denn was der Pflanze hilft, das gilt auch beim Menschen als gesundheitsfördernd. So schützen sekundäre Pflanzenstoffe gegen Krebs, dienen der Infektabwehr, wirken als Antioxidantien, sind verdauungsfördernd, antimikrobiell, entzündungshemmend, senken den Cholesterinspiegel oder beeinflussen das Immunsystem. Die Pflanzenfarbstoffe unter ihnen haben zwar eine nicht nutritive Funktion, das heißt keine gesundheitsfördernde Wirkung, doch auch sie wirken im weiteren Sinne »nutritiv«, denn sie regen über ihre Farbvielfalt zur Esslust und damit zur Nahrungsaufnahme an. Hierzu zählen beispielsweise gelb-rot gefärbte Karotinoide aus zahlreichen Obst- und Gemüsearten, die gelb bis blau gefärbten Anthozyane wie in Heidelbeeren oder grünes Chlorophyll in Blattgemüse.
Kommen wir zurück zu den Antinährstoffen. Da sekundäre Pflanzenstoffe auch eine Funktion als Abwehrstoffe besitzen, befinden sich unter ihnen leider auch die bereits erwähnten unerwünschten antinutritiven Substanzen. Folgende Tabelle gibt Ihnen eine Übersicht über die gängigsten von ihnen:
Bezeichnung | Eigenschaft | Beispiel |
Biogene Amine | Sie sind typisch für den Geruch von verdorbenen Lebensmitteln, kommen aber auch in bestimmten Käsesorten, roher Wurst, Fisch, Wein und in Gemüse vor. Der bekannteste Vertreter ist Histamin. Bei empfindlichen Menschen kann übermäßiger Verzehr zu Übelkeit, Blähungen, Durchfall oder Kopfschmerzen führen. | Fisch- und Fischprodukte, stark gereifter Rohmilchkäse, Rohwurst wie Salami, Mettwurst, Teewurst, Räucherschinken, Sauerkraut, Essiggemüse, Steinpilze, Rotwein |
Zyanogene Glykoside | Dies ist ein Pflanzengift aus der Gruppe der Glykoside, welches nach Freisetzung von Blausäure toxisch wirkt. Nach dem Verzehr kann es zu Vergiftungserscheinungen wie Kopfschmerzen, Schwindel oder Krämpfen bis hin zum Koma kommen, die zum Tod führen können. | Kerne von Pflaume, Kirsche, Aprikose |
Glukosino- late, Senfölglykoside | Ihnen werden einerseits antibakterielle und krebshemmende Eigenschaften zugeschrieben, sie können bei übermäßig hoher Zufuhr und sonst einseitiger Ernährung aber auch zur Kropfbildung in der Schilddrüse führen (Goitrogene). | Kohl, Blumenkohl, Wirsing, Schnittlauch |
Lektine | Lektine sind bindungsfreudig und haben so leichtes Spiel, sich in unserem Körper festzusetzen. Sie stehen im Verdacht, mit Autoimmunerkrankungen zusammenzuhängen. | Samen, Wurzeln, Schale vieler Getreide- und Gemüsesorten wie Weizen, alle Bohnen, Linsen, Kartoffeln, Kürbis, Tomate, Aubergine, Paprika |
Oxalsäure | Sie fördert in hoch konzentrierten Mengen die Bildung von Nierensteinen und kann die Aufnahme und Verwertung von Eisen, Kalzium und Magnesium erschweren. | Rhabarber, Maniok, Schnittlauch, Amarant, grüner und schwarzer Tee, Spinat, Kakao, Weizenkleie, Nüsse |
Phytinsäure | Sie dient der Pflanze als Speicher für Phosphat und kann Mineralstoffe wie Kalzium, Magnesium, Eisen und Zink unlöslich binden, die dem Körper dann nicht mehr zur Verfügung stehen. Andererseits hat Phytinsäure eine antioxidative Wirkung, schützt vor Krebs und kann regulierend auf den Blutzuckerspiegel wirken. | Getreide, Hülsenfrüchte, Nüsse, vor allem in Paranüssen, Mandeln, Erbsen, Soja, Hafer, Mais |
Saponine | Sie gelten einerseits als antimikrobiell, besitzen eine präventive Wirkung gegen Darmkrebs, sind cholesterinsenkend und entzündungshemmend. Andererseits dürfen sie nicht in die Blutbahn gelangen, da sie dort blutauflösend wirken, das heißt, die roten Blutkörperchen zerstören können. | Wurzeln, Knollen, Blätter, Blüten und Samen zahlreicher Pflanzen; Solanin in unreifen Kartoffeln, unreifen Tomaten (grüne Stellen), Hülsenfrüchten, Rote Bete, Spargel, vielen Bohnensorten, Linsen, Spinat, Hafer, Zwiebeln |
Tannine | Sie wirken eiweißbindend und behindern die Resorption von Nährstoffen wie Eisen. Erkennbar sind Tannine daran, dass sie im Mund ein stumpfes, pelziges Gefühl verursachen. | Hopfen, grüner und schwarzer Tee, Kaffee, Wein, Beeren, Nüsse, Hülsenfrüchte, Weintrauben, dunkle Schokolade |
Monate