Begriffe, Grundlagen und normative Bezüge zum Umgang mit Drehmomentschlüsseln
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese
Publikation
In der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte
bibliographische
Daten sind im Internet über www.dnb.de
abrufbar.
© 2020 Jäger, Peter
p.jaeger.metrologie@web.de
Herstellung und Verlag:
BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3-7519-3983-6
Dieses Buch soll konzentrierte Informationen zum Thema Drehmomentschlüssel geben.
Drehmomentschlüssel haben eine rasante Entwicklung vom einfachen Werkzeug zum präzisen Messwerkzeug erfahren. Dies ist der fortgeschrittenen Technisierung, den immer besseren Fertigungsmethoden und Optimierungsprozessen geschuldet. Konnte man ein Kraftfahrzeug in den 70er Jahren noch mit einem Satz Schraubenschlüssel reparieren, wäre ein solcher „Eingriff“ heute ein eklatantes Sicherheitsrisiko und wahrscheinlich auch das technische Ende z.B. eines Motors. Auch aus dem medizinischen Bereich sind Drehmomentschlüssel nicht mehr wegzudenken. Zahnimplantate z.B. werden punktgenau mit kleinsten Drehmomenten präzise platziert und befestigt.
Camlog-Dental-Drehmomentschlüssel für 0–30 N cm
Von © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons), CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=81060121
Zusammen mit der allgemeinen Entwicklung der Messtechnik haben sich auch um Drehmomentschlüssel diverse Normen und Vorgaben entwickelt, die in diesem Buch kompakt aufgezeigt und erläutert werden. Es soll die wichtigsten Normen und die Bezugsstellen führen, ohne dass der Leser sich diese Normen beschaffen, lesen und ganzheitlich verstehen muss.
Die Idee zu diesem Buch entstand aus zahllosen Anfragen – telefonisch, persönlich oder per E-Mail über viele Jahre von Menschen, die sich mit dem Thema konfrontiert sahen und Unterstützung suchten.
Leider ist zu beobachten, dass die Normen- und Vorschriftenlandschaft – von Experten durchdacht und entwickelt – häufig nicht oder nur wenig zu den Menschen transportiert wird, die die normativen Vorgaben umsetzen sollen. Zur Thematik Drehmomentschlüssel soll dieses Buch ein Einstieg sein und den Nutzer mit Grundwissen versorgen und als Nachschlagewerk und Fundstellenverzeichnis dienen.
Definitionen
Alle allgemeinen Definitionen sind entnommen aus:
Burghart Brinkmann Internationales Wörterbuch der Metrologie Grundlegende und allgemeine Begriffe und zugeordnete Benennungen (VIM) Deutsch-englische Fassung ISO/IEC-Leitfaden 99:2007 Korrigierte Fassung 2012
Dieses Werk ist in diesem Buch Referenz für alle metrologischen Begriffe.
Einleitung: Messtechnik im Alltag
Sicherung der Produktqualität ist für jedes Unternehmen von immer größerer Bedeutung, besonders im Hinblick auf die Notwendigkeit, seine wirtschaftliche Stellung auf dem Markt zu halten oder zu festigen.
Hohe Qualitätsanforderungen an ein Produkt bedeuten heutzutage zwingend, dass ein angemessenes Qualitätsmanagementsystem vorhanden sein muss (Stichwort “Produkthaftung”).
Diese Erkenntnisse sind nicht neu –die moderne Technologie und die Möglichkeiten sowohl in der mechanischen Fertigung als auch die Möglichkeiten der elektronischen Messdatenerfassung und – verwertung haben frühere Fertigungsverfahren abgelöst. Ein „passt schon“ oder einen „Daumenwert“ gibt es nicht mehr.
Der Zwang zu wirtschaftlichem Handeln und die moderne Fertigungstechnologie führen dazu, Abläufe zu prozessualisieren.
In Bezug auf die Kernfaktoren unterscheiden sich Geschäftsprozesse und technische oder Fertigungsprozesse kaum. Um Unschärfen zu reduzieren, soll festgestellt werden, dass sich die weiteren Betrachtungen und Ausführungen in Abgrenzung zu Dienstleistungen ausschließlich auf technische Prozesse beziehen.
Drehmoment
Das Drehmoment (auch Kraftmoment, von lateinisch momentum Bewegungskraft) beschreibt die Drehwirkung einer Kraft auf einen Körper.
Drehmoment ist eine physikalische Größe in der klassischen Mechanik und entspricht der Kraft für geradlinige Bewegungen – jedoch für Drehbewegungen. Ein Drehmoment kann die Rotation eines Körpers beschleunigen und den Körper verbiegen (Biegemoment) oder verwinden (Torsionsmoment).
In Antriebswellen bestimmt das Drehmoment zusammen mit der Drehzahl die übertragene Leistung – eine entscheidende Größe zur Bewertung der Leistungsfähigkeit z.B. eines Kraftfahrzeugs. Die international verwendete Maßeinheit für das Drehmoment ist das Newtonmeter.
Wirkt eine Kraft rechtwinklig auf einen Hebelarm, so ergibt sich der Betrag M des Drehmoments, in dem die Kraft F mit der Länge des Hebels multipliziert:
Was mit dieser Formel einfach ausgedrückt wird, kann in der Praxis nur unter Berücksichtigung zahlreicher Einflüsse umgesetzt werden.
In der Praxis – z.B. bei der Nutzung eines Drehmomentschlüssels – wirkt die Kraft in der Regel nicht rechtwinklig auf den Hebelarm. Die Krafteinleitung kann in der theoretischen Betrachtung in ein Kräfte Parallelogramm eingezeichnet werden. Man spricht von einem Kräftepaar. Umgekehrt lässt sich in der Statik auch jedes Drehmoment durch ein Kräftepaar beschreiben
Von Pietz - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10621446
Das Newtonmeter
Das Newtonmeter (Newton x Meter) ist
Nach den Formatierungsregeln des Internationalen Einheitensystems müssen die beiden Einheitenzeichen N und m stets durch einen Zwischenraum oder einen Multiplikationspunkt getrennt werden, in der Praxis wird dieses Leerzeichen jedoch nicht verwendet. Die Reihenfolge der Faktoren darf nicht vertauscht werden, dies würde mN = Millinewton bedeuten!
In z.B. Word kann „N ∙ m“ durch die Eingabe von „N dann alt + 0183 dann m“ eingegeben werden.
Einheitenname | Newtonmeter |
Einheitenzeichen | |
Physikalische Größe(n) | Drehmoment, mechanische Arbeit |
Formelzeichen | |
Dimension | |
System | Internationales Einheitensystem |
In SI-Einheiten | |
Abgeleitet von | Newton, Meter |
Eine Schraubverbindung ist eine lösbare Verbindung von zwei oder mehreren Teilen durch eine oder mehrere Schrauben.
Schraubverbindungen sind die einzige kommerziell genutzte Verbindungstechnik, die wieder gelöst werden können. Alle anderen Techniken – wie schweißen, löten, nieten, kleben und andere sind ohne Zerstörung ohne Aufwand nicht zu lösen.
Eine Schraubverbindung kann gedanklich nachvollzogen werden, wenn man sich die Komponenten zwischen Schraubenkopf und Mutter als Zugfeder vorstellt. Alle Komponenten, die dazwischen sind – Scheiben, Bleche, aber auch Verlustkomponenten wie Schmutz, Rost, unsauberer Gewindeverlauf – sollen durch diese Feder zusammengezogen / zusammengehalten werden.
Genau diese Bauteile wirken aber der Feder entgegen und können aus Sicht dieser Komponenten als Druckfeder angenommen werden.
Durch das Anziehen der Schraubverbindung wird die Schraube über den Bereich der Bauteile gedehnt
Diese Kraft wird als Vorspannkraft bezeichnet. Vorspannkraft entsteht demnach durch die innere Spannung der Bauteile.
mit
F : | Vorspannkraft in N (im elastischen Bereich) |
Δ l : | Längenänderung in mm |
E : | Elastizitätsmodul ( Stahl ca. 210.000N/mm2) |
As : | Spannungsquerschnitt in mm2 |
Die VDI 2230 Blatt 1 schreibt daher vor: „Schrauben müssen so bemessen sein, dass sie den auftretenden Betriebskräften standhalten und die Funktion der entstandenen Verbindung erfüllt werden kann.“
Mit der Streckgrenze - auch Dehngrenze genannt - wird angegeben, wie weit eine Schraube gedehnt werden kann:
Als Beispiel zur Darstellung der Vorgänge soll eine billige Feder dienen:
Wird diese im vorgesehenen Betriebsbereich gedehnt, geht sie, nachdem mit der Dehnung aufgehört wird, wieder in ihre Ausgangsform zurück. Wird diese Feder zu weit gedehnt, verliert sie ihre ursprüngliche Form; der gewickelte Draht streckt sich oder reißt ab. Ganz ähnlich verhält sich Stahl.
Die Streckgrenze ist ab dem Punkt erreicht, wo das Metall sich nach seiner Dehnung noch in die Ursprungsform zurück formt. Ist dieses nicht mehr der Fall, wurde die Grenze überschritten, die Schraube darf nicht mehr verwendet werden.
Einflussgrößen auf Schraubverbindungen Eine Schraubverbindung hat verschiedenste Einflüsse, die für eine feste Verbindung berücksichtigt werden müssen:
Auftretende Betriebskräfte
Auch (um) die Schraube selbst werden wesentliche Einflussgrößen eingebracht:
Das Festziehen einer Schraubverbindung ist ein komplexer Vorgang: Das Festziehen einer Schraube mit dem Nenndrehmoment ist noch keine Garantie für eine korrekte Verschraubung über eine möglichst unbegrenzte Zeitspannet. Die Kraft, die die beiden Teile zusammenhält, ist die Vorspannkraft innerhalb der Verbindung. Die Vorspannkraft dehnt die Schraube und ist die Kraft, die ein Lösen der Verbindung verhindert.
Die eigentliche Zielgröße Vorspannkraft kann bei der Montage derzeit nicht gemessen werden! Dies ist nur im Einzelfall (Labor, Versuch) möglich.
Klassifizierung von Schrauben
Schrauben unterliegen einer Klassifizierung.
Man findet
1. Zahl:
Diese Stelle steht für 1/100 der Mindestzugfestigkeit
2. Zahl:
Diese Stelle steht für das Verhältnis der Werkstoffstreckgrenze zur Zugfestigkeit
Beispiel:
Eine Schraube ist gekennzeichnet mit 8.8
1. Zahl:
1/100 der Mindestzugfestigkeit:
8 = 800 N/mm2
2. Zahl:
Verhältnis der Werkstoffstreckgrenze zur Zugfestigkeit z.B.: 8 = 80 %
die Multiplikation beider Zahlen ergibt 1/10 der nominalen Mindeststreckgrenze bei 0,2 % Dehngrenze
Drehmoment und Reibung
Beim Verschraubungsvorgang gibt es immer Reibungseinflüsse. Diese sind unvermeidbar, müssen aber erkannt und beherrschbar sein.
Gründe für Reibung (u.a.)