Herwig K. Troppko
Hofstätten 8
A - 8200 Hofstätten an der Raab
Email: herwig.troppko@gmail.com
Hiermit bestätige ich, die vorliegende Arbeit selbstständig unter Nutzung keiner anderen als der angegebenen Hilfsmittel verfasst zu haben.
Graz, im September 2018
Im Sinne fachlich begleiteter Forschungsfreiheit müssen die in wissenschaftlichen Arbeiten vertretenen Meinungen und Schlussfolgerungen sich nicht mit jenen der Betreuer/innen und Begutachter/innen decken, sondern liegen in der Verantwortung der Autorinnen und Autoren.
Dissertation angenommen
Senior Supervisor: Ao.Univ.-Profin. i.R. Drin.phil. Roswith Roth
Chair of Examination Committee: Prof. Dr. mult. Gerhard Berchtold
„Das Denken muss sich für die Verbindungswege zwischen den Vorstellungen interessieren, ohne
sich durch die Intensitäten derselben beirren zu lassen“.
(Sigmund Freud)
www.inter-uni.net > Forschung
Prozess – Orientierung
DIE MEDIATORIK - (MTK) – rota
im Kontext der Interdisziplinarität und Transdisziplinarität
Autor: Herwig K. Troppko
Betreuerin: Roswith Roth
Ausgangspunkt der Studie ist die Problemstellung auf soziologischer, psychologischer und pädagogischer, wissenschaftlicher Basis: „Der Mensch in seiner Kulturalität und seiner Wirkung“. Der Begriff Kulturalität leitet sich aus dem Adjektiv kulturell ab. Bedingt durch kulturelle Differenzen entwickeln sich unterschiedliche Denkmuster, Fragestellungen etc. in Philosophie, Soziologie, Psychologie und Geisteswissenschaften. Diese Differenzen begründen den Diskurs im Rahmen der „Interkulturellen Philosophie“. Man versteht daher „Kulturalität“ selbst als Bezeichnung von Differenz. Das „inter“ von interkulturell weist darauf hin, dass diese Differenzen zueinander in einem Verhältnis stehen. Der Anspruch auf Vollständigkeit von möglichen Optionen oder Einflüssen - Kulturalitäten, wird im Voraus ausgeschlossen (vgl. Hillmann, 1994, p. 822), (vgl. Kaesler, 1999, p. 27 ff.), (vgl. Kuhn, 1979, p. 10), (vgl. Schäfers, 1986, p. 288 f.), (vgl. Schneider, 2000a), (vgl. Schneider, 2002b).
Die unterschiedlichen Perspektiven und Konzepte von WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen unterschiedlicher Provenienz bilden Plattformen von Mannigfaltigkeit die als reflexiver Bestandteil in diese Studie einfließen. Weber begreift dies als „[…] schlechthin unendliche Mannigfaltigkeit“ (Weber, 1973, p. 171). Des Forschers Aufgabe sei es, nicht die Mannigfaltigkeit aufzuzeigen, sondern die „Wirklichkeit“ auf wenige Aussagen zu reduzieren, um das „Wesentliche“ zu erfassen. Das „Wesentliche“ einer Disposition, eines Phänomens, eröffnet sich dem Forscher meist als „Gesetzmäßiges“. Daher die Schlussfolgerung des regelmäßig „Wiederkehrenden“. Alles Weitere sei nicht begreifbar für den Forscher. Weber vertritt den Standpunkt, nicht das Aufspüren von „Gesetzen“ sei entscheidend, es ginge auch nicht um Erkenntnis,- sondern um die Sinnfrage (vgl. Weber, 1973, p. 381).
Tenbruck hingegen vertritt die Ansicht, dass die Wirklichkeit in ihrer Spezifität und Ganzheit nicht durch „Regelmäßigkeiten“ festgehalten werden kann. Daher wird ein Umkehrschluss zur beschriebenen „Wirklichkeit“ zum Ausdruck gebracht (vgl. Tenbruck, 1994, p. 383).
Diese Plattformen zeichnen ein Bild der Vielfältigkeit des menschlichen Lebens. Diese Vielfältigkeit, Divergenz und Differenzierung führen zwangsläufig auch zu Missverständnissen, Problemen und Konflikten unterschiedlichsten Ursprungs. Ebenso stellt die Kommunikationsunfähigkeit und Orientierungslosigkeit in Problemsituationen ein zusätzlich erschwerendes Faktum dar. Um diesen Umständen und Faktoren entgegenzuwirken, wurde das Modell Mediatorik (MTK)-rota entwickelt (vgl. Baecker, 1990, p. 243 f.) (s. Abbildung 3), (s. Punkt 1.2).
Im Wesentlichen ist die Mediatorik (MTK)-rota ein Prozess-Orientierungssystem, in dem die verstehende Anthropologie, wie Soziologie, Psychologie und Pädagogik… eine zentrale Funktion einnehmen. Insofern, als die mögliche Disposition des „Einzelnen“, als dass „Gesellschaftshandeln“ sowie die „Gemeinschaftshandlung“ von Individuen als Ausgangsbasis für Veränderungsprozesse oder Konflikte betrachtet werden können. Es besteht aus mehreren Ebenen, es können alle auftretenden Phänomene und Dispositionen dem System (MTK)-rota, „Personen-Einfluss“ oder „Kultur-Einfluss“, sowie dem „System-Einfluss“ oder „Sach-Einfluss“, zugeordnet werden. Diese Zuordnung kann Orientierung in Prozessen der Veränderung oder Konfliktsituation ermöglichen, welche Einflussfaktoren zu berücksichtigen sind oder welche Einflussfaktoren nicht berücksichtigt wurden. Dies erlaubt Rückschlüsse auf mögliche Mittel oder Maßnahmen, die zu ergreifen wären (s. Punkt 1.3). Diese Studie soll das System Mediatorik (MTK)-rota als Orientierungskompass verwenden, und die Eingliederung von „Weltbildern“, zur Lösung von Veränderungsprozessen mit unterschiedlichen Dispositionen oder auftretenden Problemen oder Konflikten, erklären und verstehbar machen. Auch Weber befasste sich mit den Zusammenhängen von Interessen, sozialen Organisationen und Weltbildern. Gesellschaft ist die Summe der Handlungen von Individuen, wie Weber es ausdrückt (vgl. Weber, 1973, p. 441 ff). Ebenso vertritt Prisching (1995, p. 479) diese Haltung.
Die Mediatorik (MTK)-rota stellt eine soziologische Neuentwicklung in der Prozess-Orientierung dar. Das System (MTK)-rota soll auf der Ebene des aktuellen Bezuges sowie anhand eines Evaluierungs-Projektes wissenschaftlich überprüft werden. Es handelt sich um eine begleitende Studie einer Bildungseinrichtung bzw. eine Evaluierung von Prozessen. Das Projekt wird während einer Dauer von 6 Monaten, durch Vorgabe eines neu entwickelten Fragebogens zu 2 Messzeitpunkten (am Beginn = t1, nach 6 Monaten = t2), evaluiert, wobei die Passung der Mediatorik für die Problemstellung des Projekts die Rahmenbedingung stellt. Die Mediatorik soll für alle erforderlichen Maßnahmen oder Mittel als Strukturvorgabe, innerhalb des Beobachtungszeitraumes, wirken. Die sich daraus entwickelnden, neuen Projektierungen für die Institution werden schriftlich festgehalten und fließen in die Arbeit ein (s. Punkt 2).
Die Dissertation verfolgt nachstehende Fragen: Können Veränderungsprozesse, Konfliktorientierungen und die Weiterführung des Projektes in allen Phasen durch das Modell Mediatorik (MTK) dargestellt und begleitet werden? Welche Unterschiede bestehen in den Dimensionen des Fragebogens in Abhängigkeit von den Messzeitpunkten t1, t2? Welche Zusammenhänge ergeben sich im Skalenvergleich zwischen den Fragebogendimensionen, gibt es Geschlechts-, Alters-, oder Bildungsunterschiede? (s. Punkt 2.2).
Im Fokus der Studie steht die Interdisziplinarität und Transdisziplinarität soziologischer Grundlagen. Andere, geisteswissenschaftliche Bereiche finden ebenso Zuordnung. Die Basis des empirischen Teiles, zur Erstellung des Fragebogens, stellt die Mediatorik (MTK) dar. Der erarbeitete Fragebogen bindet die soziologischen Hintergründe, wie Persönlichkeitsdimensionen (soziodemographische Variablen), ebenso ein, wie die spezifischen Variablen. Diese beziehen sich auf Rollenkonflikt und Leistungswahrnehmung, Wahrnehmung von Konflikten, Konflikt-Gruppen, Koordinations-und Informationsprobleme, Orientierungs-Probleme, sowie soziale und psychologische Stressoren. Die Entwicklung des Fragebogens basiert auf der Annahme, dass strukturelle, sowie institutionelle spezifische Merkmale ausschlaggebend für Orientierungs-Mängel, Stressoren oder Konflikte auf der personalen und organisatorischen Ebene sind.
Der Fragebogen erfasste vier Bereiche (0) Personendaten (soziodemographische Hintergrund), diese werden nur einmal erhoben, nämlich zu Beginn des Projektes, (1) Struktur der Einrichtung , (2) Reformvorschläge, (3) Gemeinsame Aktivitäten. Alle Bereiche des Fragebogens können den möglichen Kausal-Ebenen des Prozess-Orientierungs-Systems Mediatorik (MTK)-rota, Persönlichkeit-Profil, Sach-Einfluss, Personen-Einfluss, System-Einfluss oder Kultur-Einfluss, zugeordnet werden. Interdisziplinäre Zusammenhänge und Überschneidungen finden statt. Die Datenerhebungen erfolgten in den Zeitspannen von 27.10.2017 bis 31.12.2017 und 28.06.2018 bis 22.07.2018. Der Fragebogen wurde online hinterlegt. Um die Befragung durchführen zu können, wurde an alle Mitglieder und Studierenden eine Rund-Mail versandt. In diesem wurde die Studie vorgestellt, die Bitte zur Teilnahme ausgesprochen, sowie ein passwortgeschützter Link zum online Fragebogen ausgewiesen. Die Beantwortung des online Fragebogens nahm ca. 10 Minuten Zeit in Anspruch. Durch eine spezielle Kodierung konnte sichergestellt werden, dass die Befragung unter Wahrung vollständiger Anonymität stattfinden konnte. Eine Onlinebefragung kann wesentliche Vorteile zu einer Papier-Bleistift-Befragung aufweisen, wie die Erreichbarkeit von unterschiedlichen TeilnehmerInnen, jederzeit verfügbarer Zugang und damit regional unabhängige Teilnahme an der Befragung, sowie die sofortige Verfügbarkeit von Daten für mögliche Zwischenergebnisse (s. Punkt 2.3, 3.1).
Die Stichprobe bestand aus Studierenden, AbsolventInnen und Lehrenden aus dem Bereich der Erwachsenenbildung, Hochschule, Lehre und medizinsoziologischer Bereich, psychotherapeutischer und ergo-therapeutischer Bereich sowie aus dem Bereich Health Science und Child Development. Die Befragung fand in den Jahren 2017 und 2018 statt. Über den Fragebogen wurde eine Faktorenanalyse und über die einzelnen Faktoren anschließend Itemanalysen berechnet, um die Items zu drei Skalen zusammenzufassen (Skala 1: Struktur der Einrichtung, Skala 2: Reformvorschläge, Skala 3: Gemeinsame Aktivitäten).
Die soziodemographischen Variablen wurden mittels Chi2, t-Tests und Varianzanalysen analysiert. Zur Berechnung der Hypothesen wurden Varianzanalysen mit Messwiederholung zum Vergleich der Zeitpunkte und der Geschlechtsunterschiede, Berufsdauer und Bildung durchgeführt (s. Punkt 3). Als übergreifende Analysen wurden die drei Skalen mittels multipler Regressionsanalyse jeweils aus den soziodemographischen und berufsspezifischen Variablen vorhergesagt. Die Ergebnisse zeigen, dass bei t1 69 Personen an der Befragung teilgenommen haben. Beide Durchgänge haben nur 16 Personen beantwortet und diese zeigen keine signifikanten Veränderungen in den Einschätzungen. Die drei Skalen unterscheiden sich in der Einschätzung untereinander, so werden die Skalen 1 Struktur der Einrichtung und 2 Reformvorschläge stärker positiv eingeschätzt als die Skala 3 Gemeinsame Aktivitäten. Als Prädiktoren der drei Skalen zeigt sich vor allem die Tätigkeit als relevant, es wird aber durch die Prädiktoren nur wenig Varianz aufgeklärt.
Es wäre günstig Längsschnitt-Studien über mehrere Messzeitpunkte zu planen, in denen neue Variablen eingebunden werden, die zusätzlich Erkenntnis erschließen und neue Aussagen ermöglichen. Die gleichzeitige Einbindung von Variablen, die eine Unterscheidung von unterschiedlichen Kulturkreisen sowie unterschiedlichen Kontinenten ermöglicht, ist wünschenswert. Das Modell (MTK) soll auch durch Kolleginnen und Kollegen individuelle Erprobung erfahren. Unabhängige Untersuchungen, auch über einen längeren Zeitraum, können den Vorteil aufweisen, dass eigendynamische Prozesse einer besseren Darstellung, Abbildung zugeführt werden können und Variablen, die in ihrer systemischen Zuordnung Analyse erfahren, genauer und schärfer abzubilden sind. Diese geplante Disposition könnte dazu beitragen, eine weitere, detailliertere Betrachtung zu ermöglichen, um die Funktion und Reflexion von eventuell fehlenden Komponenten, des Modelles Mediatorik (MTK)-rota, darzustellen (s. Punkt 5).
Der Ausspruch »wir wissen nur so viel, als wir im Gedächtnis haben« hat freilich seine Richtigkeit, und daher ist die Kultur des Gedächtnisses sehr notwendig. [...] Man muss das Gedächtnis nur mit solchen Dingen beschäftigen, an denen uns gelegen ist, dass wir sie behalten und die auf das wirkliche Leben Beziehung haben (Kant, 1803).
Im Sinne dieses Zitates von Kant ist die Darstellung der Theorie und der Hintergrund der vorliegenden Dissertation zu betrachten. Ein Mangel von Paradigmen ist wahrlich nicht festzustellen, die im Kontext der Dissertation zu interpretieren wären, daher liegt eine gewollte und bewusste Reduktion und Fokussierung vor, die der Verständlichkeit und Erläuterung der vorliegenden Studie, dienlich sein sollte.
Die anthropologischen, wissenschaftlichen Theorien sind Bestandteil der geschichtlichen Entwicklung über menschliche Existenz, ein breit gefächertes Spektrum an Erfahrungen, geprägt durch Paradigmen der unterschiedlichsten Wissensgebiete. Unterschiedliche Ansichten über die Funktion der Sozialwissenschaft, sowie über die Funktion von Theorien, sind existent (vgl. Habermas, 1977), (vgl. Elias, 2003). Die Darstellung der folgenden Hintergrund Themen entziehen sich dem Anspruch auf Vollständigkeit. In diesem Sinn sollen die Einblicke verstanden werden, um Zusammenhänge verständlicher zu gestalten, sowie Zentral-Reflexionen über Themenbereiche und deren Sinn-Überschneidungen zu ermöglichen. Dies sei als Basis dieser Studie zu verstehen, um das Prozess-Orientierungsmodell Mediatorik(MTK)-rota einer Testung zu zuführen.