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Ó Dr. Dietrich Volkmer
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Dr. Dietrich Volkmer
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Herstellung und Verlag
Books on Demand
Norderstedt
Printed in Germany
ISBN 9783732251711
Welch ein erhabenes Gefühl, am Nabel der antiken Welt zu sitzen und die ersten Zeilen dieses Buches (seit drei Jahren trage ich die Idee in mir!) zu Papier zu bringen. Weit gleitet der Blick in der morgendlichen Frische bis hinab in die noch leicht dunstige Ebene mit dem Hafenstädtchen Itea und dem dahinterliegenden dunklen Golf von Korinth. Diesen Weg hinauf nach Delphi zogen dereinst die Ratsuchenden, die zu Schiff aus der damals bekannten Welt gekommen waren, um das Orakel des Apollon zu befragen.
Das heilige Wasser der Kastalia-Quelle rauscht noch immer wie vor mehr als zweitausend Jahren. Pythia, Priester und Pilger reinigten und erfrischten sich hier vor der Zeremonie der Befragung. Man sagt dem erquickenden Nass ein Beflügeln der schöpferischen Phantasie des Menschen nach. Kann man es einem durch die konventionellen Erziehungsinstanzen geschleusten Mittel-Europäer verdenken, dass er sich in einem Winkel seines Herzens einen Rest von jenem Glauben bewahrt hat und dieses kristallklare Wasser in vollen Zügen geniesst?
So möge denn Apollon mit der Vielfalt seiner Möglichkeiten schützend seine Hand über diesen bescheidenen Versuch halten, die durch ein Übermass an Form und Funktion zugeschütteten Inhalte in Bildern und mythologischen Verknüpfungen wieder ans Licht zu bringen.
Delphi, 2. August 1988
Die erste Auflage ist schon seit einiger Zeit vergriffen. Ich selbst habe nur noch zwei Exemplare. Da jedoch immer wieder Anrufe und Anfragen kommen, ob es nicht doch noch irgendwo die Möglichkeit des Bezugs gibt, habe ich mich entschlossen, dieses Buch bei Books on Demand neu auflegen zu lassen.
Zugegebenermassen - eine Menge Arbeit, das gesamte Buch einzuscannen, neu zu setzen und zu überarbeiten. Aber dabei ergab sich die grossartige Möglichkeit, einige Fehler, die sich trotz mehrfacher Kontrolle beim Druck eingeschlichen haben, auszubessern und zugleich eine Reihe von Aussagen an den neuesten Stand der Entwicklung anzupassen.
Zugleich hat es mir ausserdem grosse Freude bereitet, das ganze Buch wieder einmal zu lesen und die Bilder und Inhalte wieder einmal aufleben zu lassen, geraten sie doch durch den Alltag allzuleicht in den Hintergrund.
Ihnen, verehrte Leser, wünsche ich ebensolche Freude bei der Lektüre.
Bad Soden, 20. Februar 2003
Wir leben in einer schnelllebigen Zeit. So sind in den vergangenen fünf Jahren einige Veränderungen eingetreten, die eine Aktualisierung in Form einer Neu-Auflage notwendig erscheinen lassen.
Es gab einmal homöopathische Komplexmittel, die den einzelnen Zähnen zugeordnet waren. Leider sind sie nicht mehr lieferbar, so dass dieses Kapitel aus dem Buch entfernt werden musste.
Inhaltlich hat sich an der Symbolik und der Mythologie nichts geändert, die alten Zuordnungen sind lebendig wie eh und jeh.
Die alten Götter leben sicher auch noch. Ich werde in einem späteren Buch versuchen, zu hinterfragen, was sie wohl in unserer heutigen Zeit so treiben.
Um den Text lesbarer zu machen, habe ich bei dieser Auflage die Schriftgrösse erhöht. Damit erhöht sich zwar die Seitenzahl, aber wenn es der besseren Erfassung des Textes dient, erscheint es gerechtfertigt. Zugleich wurde der gesamte Text noch einmal gründlich überarbeitet.
Bad Soden, 10. Dezember 2008
Der Sinn dieses Buches ist nicht, archäologische Neugier zu befriedigen, um im Staub der Ausgrabungen alter Kulturen, die sich im Dunkel vorgeschichtlicher Zeit verlieren, Zeichen und Hinweise auf eine ausgeübte Zahnheilkunde zu finden. Weder Statuen, Figuren noch Papyros-Rollen oder Tontäfelchen, Hieroglyphen oder Keilschriften als Quellen realer Bezüge könnten mich auf den Gedanken bringen, ihnen mein Interesse zu widmen. Vielmehr geht es mir um die Inhalte, die sich im Sichtbaren spiegeln, um die gleichnishafte Erfassung organischer Strukturen im Menschen.. So besehen, kann man diese Schrift durchaus als Fortsetzung oder Ergänzung meines Buches „Jenseits der Molaren - Zahnmedizin oder Zahn-Heilkunde“ ansehen, das ebenfalls jetzt nach zwanzig Jahren eine Aktualisierung erfuhr.
Eine Orientierung des Themas an den mehr oder weniger zweiunddreissig Zähnen bietet sich geradezu an, da fast jeder, sei es aktiv oder passiv, Erfahrungen dazu beisteuern und somit meine Ausführungen mit seinem subjektiven Erleben ausfüllen kann.
Selbstverständlich böten andere Körperorgane eine ähnliche Möglichkeit - die Nachvollziehbarkeit ist aber wesentlich geringer, da sie entweder den Blicken verborgen sind und damit die wichtige visuelle Beziehung fehlt, oder aber die zeitlich-konsekutive Erlebnisauffächerung nicht gegeben ist.
Sofern Sie Kinder haben: Denken Sie einmal an das Erstzahnungs-Abenteuer Ihres ersten Kindes zurück. Haben Sie nicht mitgefühlt und mitgelitten, wenn die Kleinen lustig entstellt - beruhigend für Sie: nur eine Übergangsphase - erst nur die Nachtruhe störten und später den Frontzahnwechsel durchmachten?
Oder können Sie sich noch an den quälenden Durchbruch und letztendlich Verlust eines Ihrer unteren Weisheitszähne erinnern?
Im Verlauf dieser Abhandlung wollen wir derartige Ereignisse einem Deutungsversuch unterziehen, wir wollen ihre Bedeutung fmden. Die sich darstellenden Urprinzipien sollen inhaltlich geklärt werden, damit ihre Be-Deutung für den Einzelnen klar wird. Mit diesen Sätzen eile ich ein wenig den späteren Kapiteln voraus, sie sollen Ihnen nur vergrösserungsglasartig herausgegriffene Ereignis- Eckpunkte aus unserer geplanten Tour d’horizon aufzeigen.
Um einen Einblick in die Entwicklung der Symbolketten zu gewinnen, gehen wir zurück nach Delphi, das bereits im Vorwort erwähnt wurde: Fast tausend Jahre erhielten die Suchenden symbolische Antworten auf Ihre Fragen, bis im Jahre 394 n. Chr. Kaiser Theodosius durch einen Erlass alle heidnische Kulte untersagte. Hier beginnt das Zeitalter einer der intolerantesten Religionen der Neuzeit, nämlich das des Christentums. Unter dem Zeichen des Kreuzes wurde jahrhundertelang geplündert, gemordet, vergewaltigt, gebrandschatzt und erobert. Ganze Völker und Kulturen wurden ausgerottet, Millionen von angeblichen Hexen und Ketzern wurden teilweise bestialisch umgebracht. Missionare brachen auf, um die „Unzivilisierten“ aus ihrer heilen Welt zu stossen und ihnen die Segnungen eines ihnen so fernen und unverständlichen Gottes nahezubringen. Die Gleichnisse der Bergpredigt Jesu Christi schienen in einer Religion keinen Widerhall gefunden zu haben, die doch immerhin seinen Namen trägt.
Der modern aufgeklärte Mensch der Neuzeit wird natürlich mit einem überheblichen Lächeln auf die Naivität der Altvorderen herabblicken, seinen Glückspfennig dreimal in der Geldbörse umdrehen und mit einem toi-toi-toi dreimal auf Holz klopfend seinen Lottoschein am Freitagabend an einem Kiosk abgeben.
Die Menschen jener Zeit, selbst Kaiser und Könige zählten dazu, suchten für ihre Pläne den Rat der Götter und ihrer Priester, denen sie die Ein-Sicht in die auf Erden und am Himmel sich abspielenden Ereignisse zuschrieben. Um diese Schicksals-Lenker günstig zu beeinflussen, opferte man ihnen. Wie diese Form des Opfers sich im Lauf der Zeit verzerrt hat, wird uns später noch beschäftigen. Gehen wir aus der hellenischen Zeit weiter zurück. Die ersten Stadtstaaten bildeten sich: Am Morgenhimmel der bekannten Menschheitsgeschichte erschienen die Siedlungen Mohendscho Daro und Harappa im Industal, sowie im fruchtbaren Halbmond des vorderen Orients die sumerischen Stadtstaaten Ur und Uruk. Die tägliche Sorge ums Überleben mit seiner geo grafischen Rastlosigkeit hatte sich in eine relative Sesshaftigkeit, verbunden mit einer entsprechenden Sicherheit, transmutiert. Der Mensch fand die Zeit zum Spielen.
Immer wenn der Homo ludens die Arena der Evolution betrat, entwikkelte sich etwas, das wir heute als Kultur bezeichnen.
Bei genauem Hinsehen entdecken wir in dem Wort Kultur das Wörtchen Kult. Kultur und Kult (aus dem lateinischen cultura und cultus abgeleitet) scheinen einander zu bedingen. Kunst in Form von Dichtung, Malerei und Plastik ist immer mit religiösen Inhalten behaftet. Der Mensch spürt in seinem tiefen Inneren seine Machtlosigkeit, sein Ausgeliefertsein gegenüber einer höheren Instanz. Um diese Vielfalt der nicht erklärbaren Instanzen, um diese Gottheiten mit Hilfe seiner unvollkommenen Möglichkeiten darzustellen, bildete er sie ab oder formte sie aus Ton oder Stein. Nicht die Kunst um der Kunst willen, sondern immer verknüpft mit der Idee der Epiphanie. Die Anwesenheit des Abbildes sollte die Gottheit in die Nähe des Bittenden bringen.
An dieser Stelle sei die schüchterne Frage erlaubt, ob das, was wir so gern als unsere Kultur bezeichnen, diesem Sinngehalt überhaupt noch entspricht. Blicken Sie sich einmal in unseren Theatern, Galerien und Museen um. Verbitterung könnte einen überfallen, wenn man bedenkt, wie für Dreck, Schmalz und Schutt die schwer verdienten Steuergelder deutscher Staatsbürger von Kulturderzernenten und Intendanten, die an ihrem eigenen Ego basteln, verschleudert wurden und werden.
Durcheilen wir wieder die Jahrtausende zurück ins Zweistromland. In dem klaren, noch nicht smogverseuchten Nachthimmel verfolgten die Menschen geduldig den Lauf der Gestirne. Hektik in unserem Sinne war noch unbekannt und das Sprichwort „Zeit ist Geld“ ist eine Erfindung des Industrie-Zeitalters. Generationen von Sternsehern beobachteten die Bewegungen und zeichneten sie auf. Neben den grossen Lichtern Sonne und Mond erkannten sie bald einige Sterne, die sich relativ schnell vor der grandiosen Kulisse des gestirnten Alls bewegten. Keineswegs waren diese Menschen Astronomen in unserem heutigen Sinne. Die Mythologie spielte noch eine grosse Rolle. So ging die Sonne nicht einfach unter, sondern der Gott des lebensspendenden Lichtes wurde jeden Tag von einem grossen Abgrund oder einem dunklen Tier verschlungen, um am nächsten Tag aufs Neue geboren zu werden.
Wurden die Tage kürzer und die Nächte länger - heute würden wir sagen: Neigte sich das Jahr dem Ende zu - so beschlich die damaligen Menschen Furcht, das Licht könnte auf immer verschwinden. Irgendwann erkannte man den grossartigen Rhythmus der Schöpfung, Tag und Nacht, Sommer und Winter, Geborenwerden und Sterben. So begann man die Tage kultisch hervorzuheben, an denen die Sonne wieder begann zurückzukehren. Dieses uralte Ritual gilt als Vorläufer unseres christlichen Weihnachtsfestes. Man sagt, dass in den alten Kulturen des Vorderen Orients bereits Sonnen- und Mondfinsternis vorausberechnet werden konnten. Eine solche Leistung kann man gar nicht genug würdigen, denn man ging vom geozentrischen Weltbild aus. Einem Weltbild übrigens, dessen sich die heutige Astrologie noch immer bedient. Wie könnte sie auch anders, denn die Erde ist nun einmal für jeden Menschen der Mittelpunkt der Welt; nicht die Sonne, nicht das Zentrum der Milchstrasse, nicht irgendein hypothetischer Punkt im All, von dem aus die Milchstrassen nach allen Seiten angeblich auseinanderfliehen. Philosophisch-weise müsste man sogar von einer anthropozentrischen Welt sprechen, denn jeder Mensch ist der Mittelpunkt seiner Welt.
Hat sich in unserem Herzen dieses geozentrische Weltbild nicht bis heute erhalten? Nicht nur im Anblick der antiken Tempel von Kap Sounion und Paestum geht die Sonne hinter den Bergen oder im Meer unter, nein, auch bei Ihnen, verehrte(r) Leser(in) zu Hause, versinkt noch immer die Sonne am Horizont - obwohl sie es, einmal streng naturwissenschaftlich gesehen, gar nicht dürfte. Sollten Sie das grosse Glück besitzen und im Zeitalter der E-Mann-Zipation noch eine Angebete haben, die den Zugang zur Romantik noch nicht gänzlich verloren hat, so erklären Sie ihr ruhig das stimmungsvolle Geschehen am westlichen Abendhimmel mit einem Emporstreben des Horizonts über die Ebene der Ekliptik
Wundern Sie sich aber nicht, wenn sie, Ihre Favoritin, Ihnen dann ob Ihrer wissenschaftlich kühlen Betrachtungsversuche auch die kalte
Schulter zeigt!
Beeindruckt von der majestätischen Würde der Himmelslichter gab die menschliche Intuition ihnen Namen. Bestimmte Stellungen der Planeten konnten die Weisen des Morgenlandes mit Ereignissen in ihrer Umwelt, die symbolträchtige Botschaften waren, verknüpfen. So brachte man die Gestirne in Verbindung mit Göttern. Der berühmte Philosoph Thales von Milet (ca. 600 v. Chr.) formulierte es trefflich: Alles ist voll von Göttern. Die Überlieferung und die Archäologie zeigen uns ein grosses Pantheon, um ein griechisches Wort zu gebrauchen, voller sumerischer, babylonischer, assyrischer und ägyptischer Götter. Sie sind uns aber ein wenig dunkel, unheimlich und fremd geblieben. Kein Schüler muss und kann das Gilgamesch-Epos, eine Art sumerische Odyssee, im Urtext lesen.
So bleibt es den griechischen Göttern vorbehalten, ihre Schatten, die sie zweifelsohne hatten, bis in die heutige Zeit zu werfen. Die beiden grossartigsten Dichtungen der Antike, Homers „Ilias“ und „Odyssee“ und ferner Hesiods „Theogonie“ haben uns die Bewohner des Olymps so menschlich nahegebracht.
Hesiods Werk schildert uns sogar das Werden der Götter - welch ein Unterschied zur mosaischen Genesis des Alten Testamentes! Welch menschliche Kühnheit!
Und was dereinst im Jahre 1200 gewiss nicht mehr war, als eines der vielen kriegerischen Intermezzi der Stadtstaaten (vielleicht wurde tatsächlich eine schöne Frau dabei geraubt), wurde durch das Epos Homers zum Ereignis, von dessen Donner der gesamte Erdkreis widerhallte, und das Götter und Menschen gleichermassen in seinen Bann zog. Wie menschlich waren doch die Unsterblichen des Olymp! Ihre Menschlichkeiten oder ihre Göttlichkeiten, oder wie immer man es bezeichnen mag, werden uns in den jeweiligen Kapiteln ausführlich beschäftigen, denn wenn man das dahinterstehende Prinzip verstehen will, muss man sie näher kennen lernen.
Sie blieben uns bis heute in den Namen der Planeten erhalten: Hermes oder lateinisch Mercurius, Aphrodite oder Venus, Ares oder Mars, Zeus oder Jupiter, Kronos oder Saturn. Hinzu kommen die beiden grossen Lichtspender Helios oder Sol und Selene oder Luna. Damit war das antike Szenarium der Wandelsterne erschöpft. Uranos (Uranus), Poseidon (Neptun) und Hades (Pluto) sind erst im Zeitalter der Naturwissenschaften entdeckt worden und erhielten (hoffentlich die richtigen) mythologischen Namen. Die übrigen Olympier Hera, Athene, Apollo, Artemis, Demeter, Hestia und Hephaistos sind bislang bei der grossplanetaren Namensgebung leer ausgegangen und konnten sich nur in einigen Astroiden verwirklichen, die sich irgendwo in einer Umlaufbahn zwischen Mars und Jupiter tummeln.
Dem im christlichen Glauben erzogenen Kirchengänger unserer Zeit ist dieser vielbevölkerte Götterhimmel nicht ganz geheuer, weil sich - in seiner Ansicht - eine unüberbrückbare Diskrepanz zu unserem Monotheismus auftut.
Dem ist aber nicht so. Hinter der Vielfalt der griechischen Olympier war etwas Umfassenderes, Grösseres, Unbeschreiblicheres verborgen, das Numinose, das wir Gott nennen.
Zeus und seine Götterschar sind somit nichts weiter als die personifizierte Verkörperung bestimmter Urmuster, bestimmter Urideen, die hinter der sichtbaren Realität stehen, die immaterieller Natur sind und die sich gleichnishaft in dieser Welt der Erscheinungen darstellen. Der Mensch in seiner relativ beschränkten Vorstellungs- und Ausdrucksweise bedient sich der Symbole, um annähernd diesen verbogenen Urmustern gerecht zu werden. In der neueren psychologischen Literatur erscheint häufig anstelle des Begriffes Urmuster der von C. G. Jung geprägte Ausdruck Archetypus. Diese Grundbausteine oder Archetypen sind die prägenden, formenden, steuernden, alles durchsetzenden ideellen Grundeinheiten. Wie die chemischen Elemente in ihrer unübersehbaren Möglichkeit der Zusammensetzungen die materielle Welt ausformen, so komponieren die Urideen die physische, psychische und mentale Welt in ihrer grandiosen Mannigfaltigkeit.
Das eben angedeutete periodische System der chemischen Elemente ist einer der verständlichen Versuche des homo sapiens in ein bis dato nur schwer entwirrbares Durcheinander Ordnung zu bringen, um sich sicherer zu fühlen. So ist die gesamte Welt der Erscheinungen in Ebe
nen eingeteilt (wir nennen es das horizontale Denkschema), die irgendwelche Gruppierungen enthalten. Lassen Sie mich wahllos einige aufzählen: Insekten, Säugetiere, Pflanzen, Bäume, Gräser, Landschaften, Metalle etc.etc. Diese Auflistung liesse sich seitenweise fortsetzen. In jeder dieser Gruppierungen hat nun jedes dieser Urprinzipien einen oder mehrere Repräsentanten, die sich wie eine an ihrem oberen Ende angefasste Kette durch diese eben erwähnten Ebenen hindurchziehen. Greifen wir des Verständnisses halber wieder vor: Das Urprinzip Mars drückt etwas Feuriges, Aggressives, Heisses, Kriegerisches aus
Suchen wir nun auf den verschiedenen (horizontalen) Ebenen nach einem Repräsentanten, so ist die stechende Wespe auf der Ebene der Insekten dem Urprinzip Mars zugeordnet, bei den Säugetieren käme ein bissiger Hund in Frage, bei den Pflanzen wäre es die Brennnessel, bei den Landschaften beispielsweise der feuerspeiende Vulkan Ätna und bei den Metallen ist es das Eisen, aus dem die kriegerischen Waffen geschmiedet werden. Im menschlichen Körper ist die Gallenblase ein „marsisches“ Organ. Dieses mehrere horizontale Schichten wie eine Kette hindurchziehende oder hindurchkreuzende Denkmuster nennen wir das senkrechte oder analoge Schema oder Weltbild.
Der Mensch scheut das Denken in diesen senkrechten Analogie-Zuordnungen, da es ihm unwissenschaftlich erscheint. Lächerlich, wird er sagen, was hat dieser rote Planet da oben, der sich gerade eben bis zu fünfzig Millionen Kilometer an die Erde herantraut, mit meiner Gallenblase zu tun?
Unser anzusteuerndes Thema ist die Verbindung zwischen Zähnen und Archetypen. So soll ein Beispiel aus dieser - anderen - Betrachtungsweise einige Farbtupfer im voraus liefern.
Nehmen wir einmal an, es gäbe einen Zahn, der inhaltsmässig der Göttin Aphrodite (Venus) zugeordnet ist. Und dieser Zahn (wobei der Begriff Zahn das gesamte Gebilde Zahn einschliesslich Zahnfleisch, Wurzel, Kieferknochen umfasst) würde nun beim Zähneputzen bluten. Im Sinne der eben geschilderten Zuordnung könnten wir von einer blutenden Venus sprechen. Die wissenschaftliche Zahnmedizin nennt es trivial eine Gingivitis oder Parodontitis superficialis.
Welch eine banale Verkennung der so feingefügten Zusammenhänge eines lebendigen Organismus!
Jeder der uralten Archetypen hat sich eines oder mehrerer Teile des Organismus angenommen und erwartet vom Besitzer eine Würdigung seiner Anwesenheit.
Die Alten kannten noch den Begriff des Opfers. Man musste etwas persönlich Wertvolles diesem Urprinzip, oder nennen wir es besser gleich Gottheit, weihen, um sie zu besänftigen.
Diese Gottheit fühlte sich verletzt, nicht genügend gewürdigt, übersehen - und nun verlangte sie Beachtung.
Da der Mensch diesen Forderungen auf der emotionalen und mentalen Ebene gegenüber taub ist, braut sich das Unheil auf der deutlichsten, der untersten Ebene im Körper zusammen - es blutet, es entzündet sich oder es schmerzt. Wer nicht hören will, muss leiden.
Da dem sinnentleerten, anonymen Opferbillet der heutigen Zeit, dem Krankenschein, die Rubrik „Inhaltliche Zuordnung“ fehlt, und ebenso die private Gebührenordnung sich durch diesbezügliche extreme Enthaltsamkeit auszeichnet, bleibt die Behandlung in den üblichen Denkklischees stecken: Salbe, Pille, Bohrer oder Messer!
Die folgenden Kapitel bringen eine Zuordnung, die neu und rein subjektiver Natur ist. Ich konnte diese Zuordnung bei meinen Patienten intuitiv vornehmen und mit meinen Mitteln überprüfen. Jeder Vorstoss ins Neuland bringt jedoch die Möglichkeit mit sich, sich zu irren.
Diese möglichen Irrtümer sind demzufolge nicht mathematisch-logisch, sondern inhaltlich-intuitiver Natur. Vorausgeschickt werden sollen immer die astronomischen Daten und Fakten, dann werden wir uns das Bild der Gottheit etwas näher betrachten und versuchen, die antiken Marmorstatuen in ihren Sagen und Mythen zu reanimieren.
Es folgen die inhaltlichen Beziehungen zu den jeweiligen Zähnen, die homöopathische Zuordnung und gegebenenfalls noch behandlungsmässige Hinweise und Erfahrungen aus der Praxis.
Sollte es mir gelingen, Ihren Blick für den dental-mythologischen Spiegel zu öffnen, in den Sie tagtäglich berufsbedingt oder privat-offen hineinschauen, so hat dieses Buch seinen Sinn erfüllt.
Der russische Schriftsteller Leo Tolstoi bemerkte dazu einmal sehr treffend
Wo Inhalt ist, fügen sich die formen von selbst
Sämtliche Symbole, die uns beim Besuch des Amphitheaters der beiden Zahnreihen begegnen werden, haben eine Art Kurzform oder symbolische Stenografie. Sie setzen sich aus ein oder mehreren Zeichen zusammen, die in ihrer Komposition inhaltlich verstanden werden sollten. Drei einfache Symbole bilden den Grundstock:
Der Kreis
Er drückt das Runde, Vollkommene, in sich Ruhende und Geschlossene aus. Anfang und Ende sind in ihm immerwährend enthalten. Auf einem Kreis kommt man immer zum Anfang zurück. Wir nennen es das geistige oder männliche Prinzip.
Der halbkreis
Der Kreis ist unvollkommen, eingedrückt, offen. Dahinter spiegelt sich das Beeindruckbare, das Aufnehmende, Abhängige. Oder einfach das seelische oder weibliche Prinzip.
Das Kreuz
Zwei Gerade kreuzen sich und drücken in ihrer Einfachheit etwas gänzlich anderes aus: Es ist das Zusammenwirken von Raum und Zeit, es sind die Gesetze der Materie, an die der Mensch bzw. alles Lebendige gefesselt ist.
Es ist somit der Körper, die Form, die Materie.
Das Zusammenspiel dieser drei Hauptprinzipien oder Grundideen ergibt die einzelnen Symbole der Gottheiten oder Archetypen.
Die auf der vorherigen Seite enthaltenen Grafik-Symbole geben einen Überblick über die astrologischen Symbole.
Es lohnt sich, diese Symbolkompoitionen einmal meditativ vor seinem inneren Auge zu betrachten.
Den eiligen Leser verweise ich auf die folgenden Kapitel.
In den riesigen Weiten des Alls ist der Mars einer unserer beiden Anrainer. Mit 6800 Kilometern Durchmesser ist er wesentlich kleiner als die Erde, in 687 Tagen umkreist er einmal die Sonne. Ein Marstag beträgt rund 24,5 Stunden. Lange Zeit hielt man den „Roten Planeten“ für unbemondet. Erst im Jahre 1877 entdeckte man seine beiden Begleiter. Mythologisch-konsequent gab man ihnen die Namen Phobos (zu deutsch: Furcht, wir kennen es aus einer Unzahl von Fremdwörtern, die alphabetisch von Akrophobie, der Höhenangst, bis zur Thanatophobie, der Todesangst, reichen) und Deimos (zu deutsch: Schrecken, unser Wort Dämon erinnert daran). Beide sind Begleiter des Kriegsgottes Mars.
Zur gleichen Zeit glaubten die Astronomen Schiaparelli und Lowell geradlinige „canali“, Kanäle, auf dem Mars entdeckt zu haben. Die blühende Phantasie der Menschen bevölkerte nunmehr den roten Nachbarn mit intelligenten Wesen, die auf diesen Kanälen mit illustren Schiffen Fracht und Personen beförderten.