BIRGIT KELLE

GENDER GAGA

Wie eine absurde Ideologie unseren Alltag erobern will

BIRGIT KELLE

GENDER GAGA

Wie eine absurde Ideologie unseren Alltag erobern will

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1. Auflage 2020

© 2020 by FinanzBuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

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Die Originalausgabe erschien 2005 beim adeo Verlag in der Gerth Medien GmbH, Dillerberg 1, 35614 Asslar.

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Korrektorat: Stefanie Wewetzer

Umschlaggestaltung: Marc-Torben Fischer

Umschlagabbildung: Hauptmotiv: KRPD/shutterstock.com, Schirm: VasilkovS/shutterstock.com

Satz: Bernadette Grohmann, Röser MEDIA GmbH

Druck: CPI books GmbH, Leck

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-95972-422-7

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96092-787-7

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96092-788-4

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Inhalt

Vorwort | Der Kaiser ist nackt

1. Vom Kreißsaal auf die schiefe Bahn

2. Weibliche Zebrastreifen

3. Gendergaga – 60 Ways to Leave Your Lover

4. Einstiegsdroge Pink

5. Wo Gleichstellung draufsteht, ist Frau drin

6. Ein Puff für alle im Lehrplan

7. Gender-Mekka Berlin

8. Österreichs Töchter

9. Ist Gott ein Nazi?

10. Die Mauerblümchen-Studien

11. Gendergerechter Geschlechtsverkehr

Epilog | Ja, ist denn alles schlecht an Gender?

Quellenhinweise

Vorwort
Der Kaiser ist nackt

Kennen Sie diesen Gender? Nein? Er ist in aller Munde, frisst sich durch Budgets und nervt. Gender Mainstreaming ist überall. 20 Jahre lang hat es sich unaufhaltsam von oben die politischen Hierarchie-Ebenen runtergearbeitet bis auf den letzten Schreibtisch von Gleichstellungsbeauftragten, Kirchen, Unternehmen und Ämtern – und jetzt haben wir den Salat. So langsam schwant immer mehr Bürgern, dass diese aberwitzige Ideologie von zweifelhaftem Sinn und Nutzen ist, dafür aber zielsicher Steuergelder vernichtet.

Während also kaum jemand begreift, was da alles im Namen von »Gender Mainstreaming« geschieht, oder gar in zwei, drei vernünftigen Sätzen erklären kann, was das alles soll, hat es sich als politische Handlungsmaxime in unserer Politik festgemauert. Ohne gesellschaftliche Diskussion und Legitimation, ohne Parlamentsbeschluss. Da sitzt es jetzt, gekommen, um zu bleiben – und wir zahlen alle fleißig mit.

Die Methode dieses Siegeszuges war sehr einfach: Man setze einen angestrengten Gesichtsausdruck auf, um den Ernst der Lage zu verdeutlichen. Das ist hier schließlich kein Spaß, sondern mindestens eine Sache auf Leben und Tod. Man erfinde eine derart absurde Theorie, dass dem Gegenüber der Mund staunend offen stehen bleibt. Verpacke das Ganze gut in Fachwort-Kauderwelsch mit wissenschaftlichem Klang unter dem Deckmantel von »Frauenförderung« und »Gleichstellung«, und voilà – niemand wird widersprechen, denn schließlich will ja keiner in die frauenfeindliche Macho-Ecke gestellt werden.

Fragt man Protagonisten der Szene, was denn Gender Mainstreaming genau ist, bekommt man nicht selten die Antwort: »Also, für mich ist das …« Für mich zum Beispiel ist es Real-Satire, andere wiederum verstehen darunter Gleichstellung, Frauenförderung, Gerechtigkeit, Kampf gegen Diskriminierung, gegen Homophobie, gegen Transphobie und wahrscheinlich auch gegen Phobie-Phobie. Gerne wird auch Rosinenpickerei betrieben: Das nehme ich, das nehme ich nicht. Gender Mainstreaming ist also eine wahre Wundertüte, ein Potpourri an Maßnahmen, Programmen, Forschungen, Studien, Projekten und Stuhlkreisen.

Eine ganze Gender-Industrie mit Tausenden Beschäftigten lebt heute mit Lehrstühlen, Instituten und Beauftragten davon, uns alle zu politisch korrekten, geschlechtssensiblen Mitbürgern zu erziehen. Gebeten hatte keiner darum, um Zustimmung wurde von Anfang an gar nicht erst geworben. Es muss unserem Land wirklich großartig gehen, wenn wir die Zeit und das Geld haben, uns mit einer derartigen Verve in Luxusdebatten zu stürzen. Und es gibt ja auch noch so viel zu tun, um alle vermeintlichen Geschlechts-Diskriminierungen aufzuspüren. Anschließend müssen noch all diejenigen von der Relevanz der Gender-Perspektive bis in den letzten Winkel unseres gesellschaftlichen Lebens überzeugt werden, die bislang keine Ahnung davon hatten, dass sie Täter oder gar Opfer sind in dieser »determinierenden Zwangsheteronormativität«, aus der man sie befreien könnte, wenn sie denn endlich einsehen würden, dass sie ein Problem haben.

Wer aber auch nach zahlreichen Gender-Theorie-Abhandlungen das Ganze immer noch nicht begriffen hat, alternativ noch verwirrter ist als vorher, der liefert zudem praktischerweise die Begründung für weitere Gender-Budgets gleich mit. Denn man sieht ja, es ist noch eine Menge Arbeit nötig, bis alle alles verstanden haben, wo es nichts zu verstehen gibt – eine Gelddruckmaschine! Da müssen »Ängste überwunden« und »Vorurteile abgebaut« werden. Denn logisch: Wer den Gender-Kram ablehnt, kompensiert damit nur seine eigenen versteckten Ängste, schleichende Vorurteile und bestimmt auch die eigene, im tiefsten Inneren vergrabene sexuelle Vielfalt, die er oder sie sich einfach nicht eingestehen will.

Als Sahnehäubchen wird selbst die unwahrscheinliche Annahme, dass Gender Mainstreaming tatsächlich irgendjemandem etwas nützt oder das Verhältnis zwischen den Geschlechtern verbessert, zusätzlich durch einen systemimmanenten Fehler ad absurdum geführt: Erfolgreiche Geschlechterarbeit macht sich selbst überflüssig. Denn wohin mit all den Lehrstühlen, Gleichstellungsbeauftragten und Instituten, wenn es gar kein Problem zwischen den Geschlechtern mehr gibt? Diejenigen, die das Problem zu lösen vorgeben, gefährden durch gute Arbeit ihre wirtschaftliche Existenz. Bei Erfolg droht Arbeitslosigkeit. Also muss es immer weiter Probleme geben, im Zweifel muss man sie an den Haaren herbeiziehen oder, um im Gender-Jargon zu bleiben, dann muss man sie eben »konstruieren«. Hauptsache, die Kohle fließt weiter.

Prinzen in rosa Kleidern

»Auf die Tatsache, dass der Kaiser nackt ist, reagiert der Linke mit einem Diskurs über Bekleidetsein als soziales Konstrukt«, schrieb einst der Journalist und Autor Michael Klonovsky. Analog reagiert der Gender-Experte auf die Tatsache, dass der Kaiser ein Mann ist, mit einem Diskurs über Geschlecht als soziales Konstrukt. Nackt ist er trotzdem. Genauso nackt, wie die ganze Gender-Forschung auch nach vielen Jahren immer noch dasteht und einen Beweis ihrer bahnbrechenden Hypothese schuldig geblieben ist, wonach das biologische Geschlecht keine Relevanz besitzt und stattdessen das »soziale« Geschlecht zählt.

Und so betrachten wir alle staunend den nackten Kaiser und konstruieren ihm pompöse Kleider an den Leib, weil sich keiner traut, diese Maschinerie zu stoppen. Wo bleibt das Kind, das die naive Wahrheit ausspricht?

Der Gender-Kaiser ist nackt.

Sicher haben Sie als Mann noch nie über die Möglichkeit nachgedacht, dass Ihr Penis möglicherweise nur ein soziales Konstrukt ist, das Ihnen aufgrund besagter »Zwangsheteronormativität« vorgaukelt, tatsächlich männlicher Natur zu sein. Alles nur Konstruktion! Geschlecht ist heute wählbar, veränderbar. Der moderne Mensch bestimmt es selbst. Free your mind! Sprengen Sie die biologischen Fesseln und öffnen Sie sich der Auswahl von drei, 20, 60 oder gar 4000 verschiedenen Geschlechtsvarianten, die angeblich heute schon zur Verfügung stehen. Ist das nicht herrlich, diese Freiheit, diese Auswahl? So viel Auswahl haben Sie nicht einmal an der Wursttheke im Supermarkt Ihres Vertrauens. Alles kann, nichts muss – das gilt nicht länger nur für Swingerklubs, sondern jetzt auch für den Hausgebrauch.

Die Länge der Geschlechter-Liste hängt übrigens davon ab, welchen selbsternannten Gender-Experten Sie zur »sexuellen Vielfalt« der Menschheit befragen und wie weit dieser biologische Tatsachen aus seinem Weltbild ausblendet.

Mein lieber Mann, was hätten Sie doch für eine sensible Frau werden können, hätte man Sie nicht von klein auf in Ihrem geschlechtlichen Spektrum eingeschränkt! Ihre Mama hat Ihnen gesagt, Sie seien ein Junge, und Sie haben womöglich auch noch an Karneval ein Cowboykostüm inklusive Revolver bekommen? Oh, oh, so viele sexistische Stereotype auf einmal. Logisch, dass Sie als »angry white man«, als wütender weißer Mann, enden mussten, dem mit seinem testosterongeschwängerten Weltbild gerade die Felle davonschwimmen.

Niemand hat Ihnen jemals das Prinzessinnenkleid angeboten, um Ihre weibliche, trans-bi-sonstwas-sexuelle Seite zu entdecken? Ja, das ist schade. Doch keine Sorge, Ihnen kann immer noch geholfen werden! Ach was – Ihnen muss geholfen werden, zu Ihrem eigenen Besten und zu unser aller Wohl. Schließlich sind Sie als heterosexueller und womöglich noch weißer Mann ein ständiger Bremsklotz für den finalen Aufbruch des gesamten Universums über den Regenbogen hinaus in den geschlechtersensiblen Sonnenuntergang, und damit stehen Sie zu Recht ganz oben auf der Abschussliste. Und da wollen Sie doch nicht ernsthaft bleiben!

Gender-Paradox für Fortgeschrittene

Für uns Frauen ist die Sache insofern ein bisschen einfacher, weil wir allein schon qua Geschlecht immer auf der kuschelig warmen und politisch korrekten Opferseite stehen. Gut, es ist ein bisschen paradox, dass die Gender-Aktivistinnen das biologische Geschlecht ständig als irrelevante »determinierende« und damit unterdrückende Kategorie abschaffen wollen, gleichzeitig in der Frauenfrage aber immer explizit auf ihrer biologischen Weiblichkeit beharren. Aber das werden Sie im Laufe dieses Buches noch lernen: Ein Gender-Paradoxon erledigt den wissenschaftlichen Anspruch nicht, es fordert ihn lediglich heraus!

Wieder eine Begründung für weitere Budgets oder wenigstens noch zwei, drei Lehrstühle mehr. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob Sie sich als Frau tatsächlich als Opfer fühlen oder längst auf der Sonnenseite des Systems stehen. Praktischerweise kommt hinzu, dass wir dank der sogenannten »intersektionalen« Gender-Forschung, neben den »Queer-Studies«, einer weiteren Spielart für fortgeschrittene »Gendernauten«, jetzt auch noch Mehrfachdiskriminierungen geltend machen können.

Also, ich zum Beispiel bin einer Doppeldiskriminierung ausgesetzt, weil Frau (Opfer) und Migrantin (auch Opfer). Wäre ich jetzt noch lesbisch oder wenigstens bisexuell und zusätzlich mit einem dunklen Teint gesegnet, könnte ich gleich eine mögliche Vierfachdiskriminierung geltend machen als nichtweißer, homosexueller Mensch mit Migrations- und Menstruations-Hintergrund.

Allerdings kriege ich Abzüge in der B-Note, weil ich freiwillig mit einem weißen Mann verheiratet bin und zudem über ein Jahrzehnt im Status einer Hausfrau verharrte. Damit habe ich zur Verfestigung patriarchaler Strukturen und zur Aufrechterhaltung gesellschaftlich überholter, sexistischer und unterdrückender Lebensmodelle wie der Ehe zwischen nur einem Mann und nur einer Frau beigetragen. Meine Weigerung, meine sexuelle Identität zu hinterfragen, und mein öffentliches Beharren darauf, dass ich mich weder durch die Grammatik unserer Sprache noch durch fehlende Frauenquoten diskriminiert fühle und mich zudem täglich an meiner natürlichen Weiblichkeit inklusive Mutterschaft erfreue, zeugt zudem von einer veränderungsunwilligen, engstirnigen Geisteshaltung mit dringender Therapiebedürftigkeit. »Biologistisch und kleingeistig« war daher das unerbittliche Urteil über meine genderresistente Einstellung, ausgesprochen von einer lesbischen Medien-Kollegin. Die hat ihren Doppelopfer-Status immerhin sicher und muss es daher besser wissen.

Mein Schicksal als Überläuferin auf die Täter-Seite trotz biologischer Opfer-Weiblichkeit scheint also durch lupenreine Beweisführung längst besiegelt. Allerdings bin ich nicht allein, sondern in bester Gesellschaft beim Strafsitzen in der genderunsensiblen Ecke. Denn die natürlichen Gegner von Gender Mainstreaming sind schon allein der gesunde Menschenverstand, die Naturwissenschaften, der liebe Gott und nicht zuletzt diese doofe Grammatik der deutschen Sprache. Doch das hält eine_*n echte_*n Gender-Eiferer_*In nicht auf ihrer/sein_*er Mission auf, unsere Welt gendersensibel zu gestalten.

Deutsche Sprache, böse Sprache

Das Wort »natürlich« sollte in diesem Zusammenhang nur noch mit Vorsicht und von Menschen mit starkem Rückgrat benutzt werden, wenn man sich nicht verdächtig machen will. Schließlich outet man sich damit automatisch als rückständiger, biologistischer, fundamentalistischer, antifeministischer, intoleranter, im schlimmsten Fall auch noch christlicher und damit ganz sicher homophober Mitmensch, der in überholten Weltbildern verhaftet ist und sein Geschlecht empörenderweise ohne vorherige Diskussion im Stuhlkreis einfach durch einen Blick in den Badezimmerspiegel bestimmen kann. In der Summe sprechen wir hier also zweifellos von der Mehrheit der Weltbevölkerung. Damit wird es in der genderunsensiblen Ecke durch die Menschenmassen langsam eng und man braucht angesichts der gewaltigen Aufgabe nicht extra zu betonen: Hier ist Gefahr im Verzug. Angesichts dieses massenhaften reaktionären Widerstands muss die Gender-Front überall gleichzeitig angreifen, um Herr/Frau/Es/Wasauchimmer der Lage zu werden.

Und so wird munter gegendert, was das Zeug hält. Das Lieblingsspielzeug der Protagonist_*Innen dieser Szene ist die Sprache. Sie muss als Erstes eliminiert werden, weil sie schon morgens beim Brötchenkauf Diskriminierungen produziert.

Die Universität zu Leipzig wähnte sich 2013 noch in der gendersensiblen Vorreiter_Innen-Stellung, indem sie auch alle männlichen Professoren im Plural zu Professorinnen umbenannte. Damit ist die Frauenquote an der Uni Leipzig zwar schlagartig auf 100 Prozent gestiegen, manche von diesen Professorinnen haben allerdings einen Penis – und leider nicht einmal Frauenparkplätze dafür bekommen.

Dennoch hat man in Leipzig einen Kardinalfehler begangen, denn immer noch bewegt man sich in der sprachlichen Welt von Mann und Frau. Was ist mit all den anderen Geschlechtern? Anfängerfehler, liebe Uni Leipzig! Die Kollegen der Humboldt-Universität Berlin sind da schon weiter und haben vorgebaut, sodass Sie ab sofort Ihren Bäcker morgens sprachlich neutral mit »wissenschaftlicher« Absolution als »Bäcka« oder »Bäckerx« ansprechen können. Sie outen sich damit keineswegs als Legastheniker, sondern lassen ihm damit ganz gendersensibel den Weg in die transsexuelle, bisexuelle und sonstwiesexuelle Backstube frei. Unser Verkehrsministerium hat seine amtlichen Papiere längst gegendert, dort sind Radfahrerinnen endlich auch für die Straße freigegeben, indem wir nur noch von Radfahrenden sprechen dürfen. Gleichstellungsbeauftragte erstellen Zensurlisten für Wörter, die wir nicht mehr benutzen sollen, damit wir Frauen fortan nicht mehr unsensibel als »Heulsusen« oder als »Milchmädchen« samt Rechnung bezeichnen.

George Orwell hatte in seinem weitsichtigen Roman »1984« bereits das »Neusprech« erfunden, heute würde er vermutlich neidvoll erblassen angesichts der Kreativität verbissener Diskriminierungsjäger. Vielleicht dreht er sich aber auch nur im Grab um. Fehlt nur noch ein Ministerium für Wahrheit in der Sprache.

Genderunsensible Strukturen lauern jedoch nicht nur in der Sprache, sondern überall. Die Berliner Ampelmännchen konfrontieren täglich Millionen Frauen in der Hauptstadt mit patriarchalen Strukturen, deswegen wird es jetzt auch Ampelweibchen geben. Ich persönlich freue mich schon auf die Klagen der Transsexuellen-Verbände in dieser Sache. Immerhin haben diese in Berlin schon Unisextoiletten erhalten, also eine dritte Tür, um angesichts eines dringenden Bedürfnisses nicht mehr ihr Geschlecht bestimmen oder sich gar outen zu müssen.

Suchet, und ihr werdet finden! Und so findet sich in jeder Verwaltung Geschlechterungerechtigkeit. Die Budgets müssen daraufhin überprüft werden, ob gleich viele Frauen wie Männer davon profitieren – dafür haben wir jetzt »Gender-Budgeting«. Auf Spielplätzen sind bundesweit mehr Jungs als Mädchen zu sehen – gegen diese Ungerechtigkeit bauen wir jetzt »gendersensible Spielplätze«. Als Mammutaufgabe steht noch die Gender-Perspektive für alle Studiengänge vor uns, die Pläne liegen dank staatlicher Subventionierung bereits in Schubladen bereit. Wir brauchen doch die Gender-Perspektive auf Chemie und Mathematik, nicht einmal Robotertechnik bleibt verschont.

In der Bildungspolitik sind bereits dank progressiver Landesregierungen erste Schritte eingeleitet worden, damit unsere Kinder von klein auf gendersensibel erzogen werden können und ihre persönliche sexuelle Vielfalt auch in der Grundschule schon reflektieren dürfen. Man kann ja nicht darauf vertrauen, dass sie in den »stereotypen«, rückständigen Elternhäusern mit in der Regel heterosexuellen und womöglich noch verheirateten Eltern genug sexuelle Perspektive und Vielfalt erfahren. Ja, es ist doch geradezu staatliche Aufgabe, die armen Kinder aus dieser »zwangsheteronormativen Matrix« zu befreien!

Sprache, Bildung, Erziehung, Verwaltung, Geldströme – auch das reicht noch nicht. Dank »Gender Studies« wissen wir noch viel mehr, nämlich wie die Gender-Perspektive im Wald aussieht und dass Pferde gänzlich genderunsensibel auf ihre Reiter reagieren. Gut, dass wir darüber gesprochen haben, dafür geben wir gern Geld aus.

Jetzt gilt es nur noch eine letzte Bastion zu erstürmen: die Religion. Was insofern konsequent ist, als die ganze Gender-Bewegung etwas Sakrales an sich hat. Sie forscht ja nicht, sie verkündet Wahrheiten. Es ist ein bisschen wie mit Bachblüten: Man muss dran glauben, denn beweisen lässt es sich nicht. Also absolut kompatibel als Ersatzreligion.

Gut, dass sich vor allem die Evangelische Kirche in Deutschland dieser großen Aufgabe bedingungslos verschrieben hat, zuletzt mit der Einrichtung eines eigenen Gender-Zentrums mit sechsstelligem Jahresbudget. Gender-TheologInnen sind hier am Werke, damit auch der Himmel am Ende gendersensibel wird. Es ist ja wirklich untragbar, dass mit Vater, Sohn und Heiligem Geist die himmlische Frauenquote bei null Prozent verharrt! Und mit diesem himmlischen Vater muss man sowieso noch ein ernstes Wörtchen reden, was ihm eigentlich dabei eingefallen ist, den Menschen als Mann und Frau zu schaffen und damit alle anderen Geschlechter zu diskriminieren. Sie sehen schon, Göttlichkeit schützt vor Strafe nicht.

Doch halt! Kein Grund, angesichts dieses Irrsinns von der Brücke zu springen, denn man kann es auch positiv betrachten: Selten hatte eine Ideologie mit Weltverbesserungsanspruch einen derart großen Unterhaltungsfaktor. Und deswegen hat Gender Mainstreaming es verdient, als das betrachtet zu werden, was es ist: eine große Satireshow.

Bühne frei!

1. Vom Kreißsaal auf die schiefe Bahn

Das Übel nimmt seinen Lauf, jedes Mal, wenn wir den Mund aufmachen. Daher schon mal vorweg die Warnung: Jeder von uns läuft täglich Gefahr, sich genderunsensibel zu verhalten, vor allem diejenigen, die nichts davon ahnen.

Allein schon die Benutzung der grammatikalisch korrekten deutschen Sprache produziert täglich millionenfach Diskriminierung in Deutschland, einfach nur dadurch, dass wir die Dinge beim Namen nennen und – richtig: ihnen dadurch ein Geschlecht zuweisen.

»Guten Morgen, Herr Kollege« – schon ist man in der Bredouille. Denn sicher haben sich die meisten Menschen noch nie die Frage gestellt, ob es sich bei dem Herrn Kollegen wirklich um einen Mann handelt, der auch ein Mann sein wollte, oder ob er nicht eher zum Mann gemacht wurde. So wie ja auch die Mutter aller Feministinnen, Simone de Beauvoir, schon wusste, dass wir nicht als Frau geboren werden, sondern durch gesellschaftlichen Druck zur Frau gemacht werden. Der gendersensible Mensch weiß: Die Gesellschaft weist uns allein schon durch die Sprache unseren Platz in der Hackordnung zu, und klar ist auch: Frauen sitzen dann nur am Katzentisch.

Judith Butler, eine der bekanntesten Gender-Theoretikerinnen, hat uns dankenswerterweise schon vor Jahren darauf hingewiesen, dass man nie früh genug mit der gendersensiblen Sprache anfangen kann. Denn, so ihr Beispiel, allein schon der Ausspruch der Hebamme »Es ist ein Mädchen!« sei demnach nicht einfach eine Beschreibung des ziemlich Offensichtlichen, sondern eine Zuschreibung: »Du sollst ein Mädchen sein!«

Schlimmste »Determinierung« also bereits im Kreißsaal, und schon gerät ein junges Leben auf die schiefe Bahn. Anschließend geben wir dem Kind auch noch einen niedlichen Mädchennamen und verfestigen das weibliche Konstrukt damit zusätzlich – von rosa Haarspangen wollen wir gar nicht erst anfangen. Wir haben das arme Kind also ganz unbedacht in ein Mädchenleben geschubst und nehmen ihm damit die Chance, jemals ein prima Junge oder eines der anderen Geschlechter zu werden. Gefangen in der vielzitierten »heterosexuellen Matrix«.

Man sieht also: Unbedacht ausgesprochene Wörter ruinieren Menschenleben, deswegen war unsere Sprache von Anfang an das liebste Steckenpferd der Gender-Front. Wörter sind überall. Gesprochen, geschrieben, in Gesellschaft, in Zeitungen, im Fernsehen, in den Nachrichten, in Verwaltungen, in Lehrplänen, in Schulbüchern, in Kinderbüchern, in amtlichen Dokumenten, in Rechtsvorschriften, einfach allgegenwärtig. Wörter produzieren also nach dieser Theorie andauernd Geschlechtsunterschiede und befördern sexistische Stereotype. Es gibt Handlungsbedarf! Der größte Coup der Bewegung war es, das Wort »Gender« überhaupt in Umlauf zu bekommen. Geschlecht, das ist ein schönes altes deutsches Wort, warum können wir es nicht weiterbenutzen? Warum hat man weltweit den englischen Begriff »Sex« durch »Gender« ersetzt? Während mit »Geschlecht« ganz klar männlich und weiblich definierbar ist – Stichwort Badezimmerspiegel –, ist »Gender« die Wundertüte, in die jeder reinpackt, was er selbst unter Geschlecht versteht.

Jeder Plural der deutschen Sprache endet männlich: Studenten, Piloten, Bürgermeister, Astronauten … die Liste ließe sich beliebig fortsetzen und alle Begriffe haben eines gemeinsam: Frauen bleiben, so der Vorwurf, sprachlich unsichtbar. Und damit sind wir mitten im Problem. Wo ist die Pilotin, die Bürgermeisterin, die Studentin? Eben!

Nun habe ich persönlich mich als Frau zwar noch nie durch den deutschen Plural diskriminiert oder gar unsichtbar gefühlt, aber auch das schon mal grundsätzlich vorweg: Es spielt keine Rolle. Frauen wie ich sind nur der lebende Beweis dafür, wie sehr wir uns bereits in dieser Rollenzuweisung am Katzentisch eingerichtet haben und warum aus Sicht der Gender-Expertinnen gerade wir es nötig haben, auf unsere sprachliche Opferrolle hingewiesen und aus ihr gerettet zu werden. Vermutlich brauche ich dringend ein Seminar zur Erlangung von Gender-Kompetenz.

Das Binnen-I und andere Absurditäten

Um dieser fortgesetzten Missachtung der weiblichen Welt zu begegnen, hat sich das sogenannte »Binnen-I« schon lange in unsere Sprache eingeschlichen. Kein Politiker, der gewählt werden will, verzichtet heute auf die Ansprache »Liebe Wählerinnen und Wähler« oder »Liebe Bürgerinnen und Bürger«. Übrigens auch keine Politikerin. Das macht Reden und Ansprachen zäh, lang und nervtötend, aber wo das Damoklesschwert der Frauendiskriminierung droht, will keiner unter der Klinge stehen. Und so haben wir die weibliche Schreibweise inzwischen flächendeckend eingeführt, die dazu führt, dass Frauen jetzt real betrachtet zweimal genannt werden. Einmal im grammatikalisch korrekten Plural und einmal in der weiblichen Zusatzform. Doppelt gemoppelt hält einfach besser. Ist nicht so viel Platz auf dem Papier, wird das Binnen-I einfach eingefügt. BürgermeisterInnen, PilotInnen, StudentInnen. Da blutet Sprachliebhabern das Herz, aber es ist gendersensibel.

Wenn man es jedoch konsequent durchdenkt, ist allein die besondere Berücksichtigung von PilotInnen, BürgermeisterInnen und weiteren GenossInnen der Brisanz der Lage nicht einmal annähernd angemessen. Ein großes I allein macht noch keinen Sommer und eine weibliche BundeskanzlerIn noch keine geschlechtsrevolutionäre Zeitenwende aus.

Unsere ganze Sprache ist genau genommen derart geschlechtlich bipolar vorgestanzt, sexistisch und stereotyp, dass man sich der Sache grundsätzlich annehmen müsste, um wahre sprachliche Gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen einzuführen. Was tun mit Wörtern wie Vaterland oder Muttererde? Ist es nicht auch das Land unserer Mütter und die Erde unserer Väter? Weg damit! Es schafft nur Verwirrung und grenzt ganz unsensibel aus. Muttersprache, darf man das noch sagen, jetzt, wo auch Väter vermehrt mit ihren Kindern sprechen, oder grenzt man damit nicht Millionen von Erziehungsberechtigten aus? Angesichts der Tatsache, dass Kinder sowieso zunehmend nicht von ihrer Mutter, sondern in der Kita sprechen lernen sollen, wäre »Kitasprache« vermutlich die korrekteste Ausdrucksweise und dazu auch noch familienpolitisch modern und geschlechtsneutral.

Der Macht ist männlich

Nahezu extrem wird es in Anbetracht der geschlechtszuweisenden Artikel: »die« Macht – da lacht einem doch als Frau der blanke Hohn ins Gesicht. Macht soll weiblich sein? Haben wir nicht gelernt, dass uns die Macht ständig vom Patriarchat vorenthalten wird? Da müssten wir natürlich konsequenterweise den Artikel tauschen. Der Macht ist männlich. Erst nach 20 Jahren Frauenquote können wir das Thema vorsichtig noch einmal aufrollen und auf Realitätsnähe hin überprüfen. Mein Gott (Vorsicht, Fettnäpfchen!), wie ich die englischsprachigen Länder beneide um ihr gendersensibles »the«.

Wenn ich es mir genau überlege, kommt die weibliche Seite sprachlich in vielen Bereichen nicht sonderlich gut weg. Die Angst, die Scham, die Niedertracht, die Häme, die Zwietracht, die Verwirrung. Alles nicht sonderlich schmeichelhaft und dazu auch noch unfair. Hinzu kommt noch Verwirrendes: die Toleranz, aber auch die Intoleranz, die Dummheit und die Klugheit, die Selbstsucht und die Hingabe – alles weiblich besetzt, hebt sich aber gegenseitig auf. Ja, was denn nun?

Auch auf männlicher Seite sieht es nicht immer sensibel aus: Der Hass, der Zorn, der Krieg, der Kampf, der Untergang, der Sturm – eindeutig kriegsbeladen und aggressiv, wo wir doch wissen, dass die neuen Männer so sensibel geworden sind. Wer erkennt das endlich auch sprachlich an? Die Liebe ist immer noch weiblich; das ist nahezu ein Affront für jede anständige, moderne Beziehung auf Augenhöhe. Auch die Schönheit, die Familie, die Gerechtigkeit, die Lust, die Leidenschaft. Alles weiblich besetzt. So geht das doch nicht! Konsequent hingegen die warme Sonne und der kalte Mond: da ist das Klischee noch in Ordnung. Die Vergewaltigung ist dann auch noch weiblich, obwohl die Täter in der Regel männlich sind. Wer denkt sich denn so was aus? Und dann erst die Religion: die Hölle, aber der Himmel. Das ist wirklich nicht fair, meine Herren, auch wenn der Teufel als Quotenmann nach unten zu uns durchgereicht wurde!

Ja, Sie merken sicher schon, es gibt noch viel zu tun für eine geschlechtergerechte Sprache in unserer Welt, und das Ganze muss dann natürlich auch in Brüssel auf Europaebene in allen Sprachen einheitlich umgesetzt werden. Ein Ministerium für gendersensible Sprache wäre erst einmal ein angemessener Anfang. Was für eine Arbeit! Und die Ersten haben sich schon ans Werk gemacht.

Leipziger Vorreiterinnenstellung

Gäbe es einen Preis für die besonders grausame Misshandlung der deutschen Sprache – die Universität Leipzig hätte ihn sich redlich verdient. Über 2000 Jahre Unterdrückung sind genug, deswegen gibt es seit Sommer 2013 nur noch Professorinnen im Plural an der ehrwürdigen Alma Mater. Mit einer unvergleichlichen Vorreiterinnenstellung hat man den Spieß einfach umgedreht: Sollen die Männer doch fortan sprachlich unsichtbar sein! In den Dokumenten der Universität gibt es jetzt also nur noch Professorinnen.

Nun weiß ich selbstverständlich, dass bei dieser Entscheidung nicht nur Frauen, sondern auch Männer ihre Finger im Spiel hatten. Schlimmer noch, der Vorschlag kam doch von einem Mann. Entnervt über die langwierigen Diskussionen über Schrägstriche und zusätzliche weibliche Bezeichnungen in Schriftstücken hatte der Physikprofessor Dr. Josef Käs den Vorschlag gemacht, dann doch einfach ausschließlich die weibliche Form im Plural einzusetzen. Sollte das ein Scherz gewesen sein, ging der Schuss jedenfalls mächtig nach hinten los. Denn nicht nur zu Käs’ eigener Überraschung fand der Vorschlag eine Mehrheit bei der Abstimmung. Demnach gibt es mit den Professorinnen nur noch weibliches Potenzial, das als Täterinnen bei der Beerdigung einer langen deutschen Sprachtradition infrage kommt. Sie haben es so gewollt! Sprachmörderinnen. Auch ein schönes neues Wort.

Das stellt einen Meilenstein auch für die Männerfront dar. Endlich können Männer alle negativen Begriffe wie Mörder, Täter, Vergewaltiger, Terrorist, Straftäter und was sonst noch niemals in gendersensibler, weiblicher Form in einer Nachrichtensendung auftaucht, an die weibliche Weltbevölkerung weiterreichen, sollte sich die weibliche Pluralendung überall durchsetzen. Bislang hat frau sich ja nur die sprachlichen Sahnehäubchen abgeholt. Forderungen aus einschlägigen Kreisen haben noch nie die Müllmänner infrage gestellt, obwohl theoretisch auch Müllfrauen diesen Beruf mit Hingabe ausüben könnten. Und jetzt, da wir auch die Bundeswehr dank weiblicher Verteidigungsministerin gendersensibel gestalten, wäre es wirklich angebracht, dass die deutsche Friedensbewegung ihre Parole in »Soldatinnen sind Mörderinnen« umtauft. Niemals werden »Terroristinnen und Terroristen« in der Tagesschau extra genannt, obwohl gerade wir in Deutschland hier doch sozusagen Vorreiterinnen vorzuweisen haben. Warum haben wir denn keine Straftäterinnenstatistik und keine Obdachlosinnenunterkünfte? Warum hat noch nie eine Gleichstellungsbewegte gefordert, endlich von Vergewaltigerinnen zu sprechen?

Merke: Sprachliche Gleichstellung soll es nur dort geben, wo es nutzt, wo es schön ist, positiv, Richtung Regenbogen und Sonnenuntergang! Die negativen Begriffe können Sie gerne behalten, meine Herren, wir Frauen nehmen nur die Rosinen!

Die Entscheidung in Leipzig ist zudem historisch, vielleicht sogar der Durchbruch in der Frauenbewegung und könnte zusätzlich das Problem des von manchen immer noch viel zu gering betrachteten Frauenanteils in DAX-Vorständen mit einem Schlag lösen. Überall 100 Prozent DAX-Vorständinnen! Wunderbar! Lässt sich so was eigentlich patentieren?

In Leipzig war man jedenfalls sehr stolz auf diesen Entschluss, unsere gesamte Sprachtradition samt Grammatik auf den Kopf zu stellen. Endlich ist die Zeit der Unterdrückung vorbei, in der sich frau in den maskulinen Terminus einreihen musste, ohne gesonderte Erwähnung. »Jetzt läuft das mal andersrum«, freute sich dementsprechend spontan die Ökonomin Prof. Dr. Friederike Maier, Gutachterin des Netzwerks Gender Equality and Employment der EU-Kommission, über den Leipziger Vorstoß. Sie betrachtete ihn gar als einen »Akt der Notwehr«.