Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Reportage
  3. Rambo und der Wurzelzwerg
  4. Drivehigh Oder die Sklavenliebe meines Domina- Lebens
  5. Sein Leiden ist mein Glück
  6. Lebende Toilette
  7. Rheuma als Weg
  8. Die Reinkarnationstherapie
  9. Häufig gestellte Fragen
  10. Was ist Assoziationstechnik?
  11. Die SM-Party
  12. Meine erste Fetisch–Party (Bericht eines Sklaven)
  13. Windelfetisch
  14. Domina gesucht
  15. Ein ganz normaler Morgen
  16. Schlachtungsspiel in Perfektion
  17. See you tonight
  18. Bernd in Folie, der „Gummistiefelmann“
  19. Ausflug in die Submission
  20. Friedhof
  21. Verrückt nach dir...
  22. Eine heimliche Hochzeit
  23. Wie habe ich das gefühlt was Abschied heißt
  24. Körperverletzung
  25. Schuld und Sühne
  26. Lecksklaveju wird mein Cuckold
  27. Lecksklaveju zum ersten Mal ein Cuckold...ein Bericht
  28. Lee
  29. Lebt eine Domina gefährlicher...?
  30. Flagellation(5) im SM-Club
  31. Lustiges
  32. Die Gummisuche
  33. Analgeburt
  34. Tagebucheintrag
  35. Blog
  36. Einlauf ... alles, was ich dazu schon immer mal schreiben wollte
  37. Anal – Vorbereitung und Pflege
  38. Neues Erleben
  39. Das rote Handtuch
  40. Die Wechseljahre, Fluch oder Segen?
  41. Bornbruchsee
  42. Getäuscht
  43. Entjungferung
  44. Lotta verändert mein Leben
  45. Tagebucheintrag
  46. Über die Unfähigkeit fremd zu gehen
  47. Toy-Hengst
  48. Todesengel
  49. Spielchen und was mich sonst noch richtig abtörnt
  50. Störung
  51. Pannen (?) beim Fisten (Blut, Furz)
  52. Diese Geschichte könnte viele Überschriften haben
  53. Dessous-Hengst

Einleitung

Nur einen Monat, nachdem ich das Buch Unerschrocken Band 1 im Jahre 2005 fertiggestellt hatte, erschien die Reportage „Sechs Frauen und ein Geheimnis“ in der anthroposophischen Zeitschrift Info3. Gerne hätte ich sie in meinem Buch gehabt, aber es war schon im Verlag bearbeitet.

Nun erscheint sie im Band 2 und sie scheint fast wie eine Zusammenfassung vom ersten Band zu sein, sodass ein Leser, der mit dem Band 2 beginnt, sehr gut einsteigen kann.

Für mich wirkt diese Reportage wie wenn Sebastian Gronbach all sein Herzblut in diesen Text gelegt hat. Ich habe diesen Interviewtag mit ihm sehr genossen und fühlte mich zu jeder Zeit gut aufgehoben, denn das Thema war nichts Alltägliches und ich konnte damals nicht so genau wissen, wie er das umsetzt.

Jetzt drängt es mich doch zu schreiben, wie der Kontakt mit Sebastian Gronbach zustande kam.

Als Abonnentin der anthroposophischen Zeitschrift Info3 hatte ich schon immer die Texte von Sebastian Gronbach sehr geschätzt. Meist las ich seine Texte als erstes und war immer begierig darauf zu erfahren, was er wieder neues zu erzählen hatte. In einer Ausgabe schrieb er einen wirklich schönen, berührenden Text über „Doppelgänger“. Mich reizte es, ihm zu schreiben, denn ich fühlte mich, als würde ich viele Doppelgänger in mir vereinigen und ausleben, so fand ich seine Emailadresse heraus. Ein Bild von mir als Domina schickte ich auch mit.

Später erzählte er mir, dass sein erster Gedanke war: Das ist ein Fake. Wir schrieben einige Male hin und her und telefonierten dann. Dabei erzählte ich ihm, dass ich gerade ein Buch fertig stellte und er wollte gern etwas von mir lesen, also schickte ich ihm alles, was ich bis dahin erarbeitet hatte. Danach bat er mich um ein Interview, dem ich sehr gern nachkam.

Erschienen in der anthroposophischen Zeitschrift

Info3,

von Sebastian Gronbach

Reportage

Frau-Sein extrem: sechs Gesichter, und sechs Geschichten von Liebe, Tod und Gewalt in einer ungewöhnlichen Reportage. Zwischen Erschrecken und Erstaunen gelten lassen, was ist:

Sechs Frauen und ein Geheimnis

In den nächsten Minuten will ich Ihnen sechs sehr unterschiedliche Frauen und ihr gemeinsames Geheimnis vorstellen. Aus dem Geheimnis wird ein Rätsel. Dies ist eine Einladung in die Welt der Wunden, der Heilung und der Frage, was meine DVD-Sammlung damit zu tun hat.

"Die Waldorfmutter"

Ich habe ein schönes Kinderbilderbuch mit dem Titel Die Wurzelkinder. In diesem Buch bereitet "Mutter Erde" mit ihren Wurzelkindern die Welt auf den Frühling vor. Sie leitet die emsige Kinderschar an, wie man Marienkäfer bemalt und Blumenkleider näht. "Waldorfmutter Erde" trägt ein braunes Kleid und alles an ihr ist Mutter und Erde. Duftende, vitale, gesunde Erde. Runde, liebe, sorgende Mutter. So ist "die Waldorfmutter", und wenn sie schwanger ist, dann näht, zupft und strickt sie alles das, was man auf einem Jahreszeitentisch findet. Sie macht alles schön und fein, und was sie macht, macht sie mit Liebe. Sie strahlt Fröhlichkeit aus und ihr Göttername wäre Demeter.

"Die Waldorfmutter" ist oft unsicher, ob sie alles richtig macht. Gerade diese Unsicherheit macht sie zu jemandem, der Waldorfpädagogik niemals normativ, sondern immer situativ am konkreten Kind entstehen lässt. "Die Waldorfmutter" weiß einiges über Waldorfpädagogik. Weil es ihr nicht genügte, in diverser Sekundärliteratur etwas über Waldorf und Anthroposophie nachzulesen, öffnete sie mit ihrem Ehemann einem anthroposophischen Arbeitskreis ihr Haus. Hier liest sie mit Freunden der "Szene" Texte von Rudolf Steiner und schafft sich so ein spirituelles Fundament für ihr Leben als Waldorfmutter.

"Die Kranke"

Sie hat immer Schmerzen. Es sind Messerschmerzen, die von innen kommen und die ihren Körper verbiegen. Rheuma ist eine Qual und man kann diese Qual nie ganz wegmachen. Man kann das kranke Material in einer Operation abschälen. "Die Kranke" wurde operiert. Man kann an dieser Krankheit nicht sterben, aber Rheuma kann den Körper so schwächen, dass er keine Kraft mehr hat, um sich gegen banale Erkrankungen zu wehren. Die innig geliebte Schwester "der Kranken" hatte auch Rheuma und starb irgendwann an einer Grippe. Man kann Medikamente nehmen und Therapien machen. "Die Kranke" hat beides gemacht und wird ihr Leben lang eine Kranke sein.

Nach einer Operation hat sie vier Stunden geweint und geschrien. Wegen des Schmerzes, aber vor allem wegen der Angst vor der Zukunft. Sie sehnt sich danach, wieder Musik spielen zu dürfen und sie will die schmerzhafte Verformung ihrer Finger stoppen. Wenn man chronisch krank ist, dann ist es so, dass alles um einen herumgeht und das Einzige, was bleibt, die Krankheit ist. Irgendwann weigern sich die Füße zu laufen und die Hände wollen nicht mehr greifen, nur der Schmerz bleibt treu. "Die Kranke" ist eine Frau, der man ihr Leid nicht sofort ansieht, aber ein zweiter Blick verrät den Dauerschmerz, der die Knochen verbiegt.

"Die Sterbebegleiterin"

Sie arbeitet in der mobilen Hospizbewegung - da wo Menschen sterben. Materialistisch gesehen ist ein Hospiz vor allem eines: unnütz. Viel Zeit und noch mehr Geld in jemanden zu stecken, der nichts anderes vor sich hat als den baldigen Tod, ist eine Erfindung, die sich nur Menschen ausdenken können. Ein Hospiz ist das Menschlichste, was es auf der Welt gibt.

"Die Sterbebegleiterin" macht diesen Menschenjob seit vielen Jahren. Sie ging in dieser Zeit viele Wege bis zur Grenze und war für viele Menschen das Letzte, was diese mit irdischen Augen sahen. So unterschiedlich die Menschen leben, so unterschiedlich sterben sie und so verschieden die Bedürfnisse der Lebenden, so verschieden sind die Bedürfnisse der Sterbenden. Manchen liest sie noch etwas vor, manchen sagt sie eines der vielen auswendig gelernten Gedichte auf, manche streichelt sie beim Gang über die Schwelle, anderen hält sie die Hand, und für wieder andere verlässt sie kurz das Zimmer, weil diese den letzten Schritt alleine tun wollen. "Die

Sterbebegleiterin" lebt mit dem Tod der anderen und sie wird in der Hospizbewegung gerne für die "besonders schweren Fälle" eingesetzt. Wer als Sterbender in ihre klaren, blauen Augen blickt, schaut etwas von seiner himmlischen Zukunft.

"Die Domina"

Ihr Job ist es, Macht auszuüben und Ohnmacht zu erzeugen. Männer zahlen viel Geld für noch mehr Qualen. Sie entrichten ihren Tribut für Nadeln in Penisse, Peitschenschläge auf den Hintern und abgebundene Gliedmaßen. "Die Domina" beschimpft ihre Kunden, sie vollzieht Scheinschlachtungen und verrichtet ihre Toilette in den geöffneten Mund ihrer Sklaven. Ihre Sklaven verehren "die Domina" besonders dafür, dass sie ein untrügerisches Gespür für ihre verborgenen Bedürfnisse hat, die sie besser zu kennen scheint als die Männer selbst. In ihrem Studio weinen starke Männer, winseln Söhne von antiautoritären Eltern, ejakulieren Ehegatten von ahnungslosen Frauen, knien gefesselte Priester und gehorchen Manager mit Führungsqualitäten. "Die Domina" verliert bei keiner Behandlung die Achtung vor ihren Kunden, sie würdigt den Wunsch nach Erniedrigung und sie empfindet selbst Lust an der Dominanz. Es ist diese Authentizität, die ihre zahlreichen Kunden an ihr schätzen und verehren. Sie spielt nicht Domina für Geld, sie ist eine Domina aus Neigung. Ihre großen Brüste, die weiche Stimme und das großflächige Gesicht bilden einen Raum, in den ein Mann sich fallen lassen kann. "Die Domina" schafft für ihre Kunden einen Ort mit harten Grenzen, strengen Gesetzen und einer alles dominierenden Weiblichkeit.

"Die Trauerbegleiterin"

Der Schrei zerriss alles. Er zerriss alles bis in den tiefsten Grund ihrer Seele.

Damals wusste sie sofort, was geschehen war. Eine heimliche Angst und eine furchtbare Ahnung hatten es ihr vorausgesagt. Dieses nagende, unerschütterliche Gefühl, das sie nie loswurde. Hätten ihre Verdrängungsmechanismen nicht so gut funktioniert, hätte sie es als tiefe Gewissheit in sich getragen, dass ihr Sohn Felix sterben würde. Der "plötzliche Kindstod" war ein "erwarteter Kindstod". Am Anfang war sie selbst eine Trauernde, die nicht wusste, warum sie selbst weiteratmen konnte, als ihr Kind zur Obduktion in eine Plastikhülle gesteckt wurde. Danach lebte sie eine lange Zeit im reinen Schmerz. Die Zeit verging und der Schmerz veränderte sich. Jetzt wurde aus der Trauernden "die Trauerbegleiterin". Sie geht zu den Eltern, wenn das Liebste gegangen ist, sie steht mit ihnen im Feuer und verbrennt nicht und sie will ihnen das geben, was sie damals nicht bekommen hat: ein Ohr, ein Herz und eine Hand. Sie hört stundenlang zu. Sie öffnet ihre erfahrene Seele und sie kann zupacken und Dinge tun, von denen sie weiß, dass sie helfen, die Minuten, Stunden und Tage bis zum Begräbnis und die ewige Zeit danach zu überleben.

"Die Trauerbegleiterin" wird von den Müttern und Vätern als "ein Engel" bezeichnet. Sie ist es aber nicht nur den Eltern auf Erden, sondern auch den Kindern auf dem Weg zum Himmel, den sie nun freier gehen können, weil der Schmerz der Eltern sie nicht mehr am Boden hält.

Das Geheimnis

Das Geheimnis der bisher geschilderten fünf Frauen wird - sofern Sie, liebe LeserInnen es nicht bereits ahnen - von der sechsten Frau gelöst. Nennen wir sie Gabriele. Sie sitzt neben mir auf dem Sofa und erzählt, dass ihr manchmal verwirrende Dinge passieren.

Einmal stand Gabriele vor einem kleinen Kind und wollte es fotografieren. Das Kind lag in einem Sarg und die Eltern fanden keine Kraft, ihr lebloses Baby in diesem Zustand zu betrachten. Gabriele wusste aus eigener, qualvoller Erfahrung, dass es für den inneren Abschied hilfreich sein konnte das Kind so zu sehen, wie es wirklich am physischen Ende aussah. In aller Regel - das war ihre Erfahrung, die sie seit Jahren als Trauerbegleiterin gemacht hatte - waren die Vorstellungen der Hinterbliebenen erdrückender als die Bilder der Realität. Darum das Foto. Sie nahm ihre Digitalkamera und schaltete sie an. Auf dem kleinen Display leuchtete hell das Bild, welches sie zuletzt mit dieser Kamera gemacht hatte: Ein Arsch mit feuerroten, blutigen Striemen starrte sie an. Gabriele hatte es von einem ihrer Sklavenkunden geschossen.

Gabriele ist die Trauerbegleiterin. Gabriele ist die Domina.

Wenn Gabriele ihren eigenen Kindern oder den Kollegen in dem anthroposophischen Lesekreis von ihrer ehrenamtlichen Arbeit als Sterbebegleiterin erzählt, dann muss sie sich manchmal auf die Zunge beißen, um nicht von jedem letzten Liebesdienst zu berichten, den sie gerade verrichtet hat. In das Bild, das sich ihre Freunde aus dem anthroposophischen Umfeld über die Arbeit in dem Hospiz machen, passen keine letzten Wünsche, die damit zu tun haben, dass alte, kranke Menschen noch einmal einen Orgasmus spüren wollen, bevor sie kurz darauf sterben.

Gabriele ist die Sterbebegleiterin, sie ist die Waldorfmutter.

Wenn Gabriele Sterbende und Trauernde begleitet, wenn sie Männer züchtigt, wenn sie Waldorfmutter ist und auch wenn sie einfach nur neben mir auf dem Sofa sitzt, hat sie immer Schmerzen. Rheuma frisst sich seinen Weg und die Schritte der Krankheit werden größer, ihre eigenen Schritte werden kleiner - und jede Bewegung schmerzt...

Gabriele ist alle diese Frauen und sie lebt jedes dieser Leben ganz und gar.

"Gute Gabriele" und "böse Gabriele"

Gabriele tut Dinge, die eigentlich nicht in ein Bild passen. Sie schlägt, demütigt und quält. Sie tröstet, heilt und begleitet, sie leidet, weint, lacht und kämpft - und jede dieser Rollen füllt sie so authentisch aus, dass wir glauben, jeweils die "wahre Gabriele" vor uns zu haben. Wenn wir aber alle Rollen kennen, sind wir verwirrt. Wir könnten uns irgendwie damit arrangieren, wenn jemand entweder das eine oder das andere ist. Entweder eine Domina oder eine Anthroposophin. Aber wir werden verlegen, wenn wir auf einen Menschen treffen, der beides lebt, beides liebt und beides in ein Bild bringt. Sollen wir sie nun eine anthroposophische Domina nennen? Oder eine dominante Anthroposophin? Oder hat sie nur noch nicht den richtigen Weg gefunden und am Ende wird alles gut, wenn sie nur noch Puppen näht und Trauerbegleitung macht? Lebt sie einen Teil ihres Lebens richtig und einen anderen falsch?

Gabriele kann alle diese Frauen sein, weil sie allen einen Raum zuweist, weil sie ihr Leben nicht an den Maßstäben ihrer Umgebung ausrichtet, sondern es so lebt, wie sie es gerade in diesem Moment leben will, und so, dass es ihr gut tut. Sie strebt nach Glück und Befriedigung, aber verleugnet nicht die Not und Traurigkeit. Sie spaltet nichts ab, sie verdrängt nicht, sie nimmt an, unterscheidet nicht in "gute Gabriele" und "böse Gabriele", nicht in moralisch und unmoralisch.

Die Frau neben mir auf dem Sofa erzählt von Bedürfnissen, Begierden, Schmerzen und Sehnsüchten, und sie lädt jede dieser Emotionen ein, eine Form zu finden, in der sie sich angemessen entfalten können. Doppelgänger haben es bei dieser Frau schwer.

In diesem bewussten Wahrnehmen und Annehmen verändert sich alles. Wahrnehmen, Bewusstmachen und Annehmen führt nicht dazu, dass sie ihre Gefühle kontrolliert, sie transformiert diese Gefühle. Sie werden zu einem Zustand, zu einer reinen, wertfreien Energie. So muss sie nicht in die Welt hineinstarren, die in Glück und Unglück das Ich auf ihren Wellen trägt. Sie findet zu ihrem Ich einfach dadurch, dass sie mit dieser Energie ihr Schicksal gestaltet (1).

Viele von Gabrieles Freunden glauben, man müsse sich davor in Acht nehmen, negative, vergiftete und üble Energien einzuatmen. Sie halten die Luft an, wenn sie leidvollen, bösen und modrigen Geruch wahrnehmen. Aber die Luft anzuhalten, war für sie keine Lösung. Wenn man glaubt, man solle nur das Glück einatmen, weil das Unglück einen vergiftet, dann führt das dazu, dass man vor Angst erstickt. Weil sie Schmerz, das Unglück und die reale Negativität bewusst einatmet und annimmt, macht sie das Herz zum Transformationsorgan und kann alles Leiden beim Ausatmen in Positivität und Glück verwandeln.

Gabriele hat sich nie einem Schmerz verschlossen, weder ihrem noch dem von anderen. Sie trinkt das Unglück und Leid ihrer Mitmenschen und verströmt es als Freude und Seligkeit.

Mittlerweile sitze ich mit Gabriele beim Italiener. Sie isst eine Pizza mit allem, was an scharfen Zutaten zu bekommen ist - es ist, als würde sie nichts auslassen wollen, als würde sie die ganze Schärfe fordern. So essend gibt sie mir das Gefühl, als hätte alles mit allem zu tun. Wenn sie verwaiste Eltern tröstet, streichelt sie ihr eigenes Verwaist-sein, wenn sie Menschen in den Tod begleitet, steht ihre verstorbene Schwester ihr bei, wenn sie bei Rudolf Steiner über seine dramatischen übersinnlichen Erlebnisse liest, dann erlebt sie den Tag wieder, an dem sie ihr gestorbenes Kind vor Glück über seinen eigenen Tod Tränen lachen sah. Wenn sie Männer demütigt, dann kann sie dies mit Respekt vollziehen, weil sie ihrem eigenen Vater den Missbrauch verziehen hat.

Die Selbstheilerin

Irgendwann fand Gabriele heraus, wie ihr roher Vater als Kriegsflüchtlingskind gebrochen wurde. Aus dem kleinen, misshandelten Jungen wurden ein großer, misshandelnder Vater und ein betrunkener, grober Ehemann. Sechs Monate, nachdem ihr kleines Kind gestorben war, starb auch ihr Vater. Sie weinte ihm keine Träne nach. Viele Jahre später aber besuchte sie ihre alte Heimat wieder und betrat das unfreundliche elterliche Gasthaus, in dem sie ihre Kindheit verbracht hatte. Sie ging noch einmal in den Keller. Dort hatte sie als junges Mädchen in letzter Sekunde verhindert, dass sich ihre Mutter erhängte. Es hatte damals zuerst einen langen, kurzen Moment gedauert, bis sie ihr zu Hilfe eilte - sie hatte gezögert, weil sie nicht sicher war, was schlimmer für ihre Mutter wäre: am Strick oder am Leben zu hängen. Am Strick gab es wenigstens nicht diesen Mann.

Als sie jetzt wieder als erwachsene Frau im Keller stand, spürte sie, dass sich etwas in ihr verändert hatte: "Ich verzeihe dir und es tut mir alles so furchtbar leid", sagte sie leise zu ihrem Vater im Himmel.

Gabriele hatte den Teufelskreis von Gedemütigt-werden und selber demütigen, von Gewalt und Gegengewalt, von Täter, Opfer, wieder Täter und neuer Opfer auf ihre eigene ungewöhnliche, paradoxe Weise längst durchbrochen.

Wir wissen, was sie tat. Sie demütigt und übt Gewalt an Männern aus, die sich diese Grenzerfahrung sehnlichst wünschen, sie begleitete Menschen, die bereit waren zu sterben, und solche, die am Tod litten. Indem sie das alles für andere tat, heilte sie sich selber.

Die Arbeit einer Domina, einer Sterbebegleiterin oder Trauerbegleiterin erfordert zu jeder Zeit die Fähigkeit des totalen Mitgefühls und gleichzeitig die Kraft der völligen Selbstkontrolle. Eine gute Domina braucht eigene Geilheit, aber wenn sie sich im Rausch verliert, verletzt sie ihre Kunden lebensgefährlich. Eine Sterbebegleiterin muss wirklich mitgehen, aber wenn sie am Ende nicht loslässt, ist sie ein Hindernis. Eine Trauerbegleiterin muss das Tal der Tränen kennen, aber wenn sie mit in den bodenlosen Schmerz stürzt, reißt sie die anderen gleich mit. Ohne Handeln aus Geistesgegenwart, ohne die Fähigkeit der Intuition würde sie täglich Fehler mit fatalen Folgen begehen und sie wäre in jeder ihrer unterschiedlichen Leben verloren. Sie erlebt das, was Bernhard Lievegoed das "Mysterium des Handelns" nennt. Jelle van der Meulen fasst den Erkenntnisweg der Tat so zusammen: "Zuerst das intuitive Handeln, danach das inspirative Durchfühlen und imaginative Begreifen der Bedeutung unserer Handlung" (2).

Gabriele greift täglich massiv helfend in das Schicksal anderer Menschen ein. Sie reißt Teufelskreise auseinander und knüpft aus diesem Material neue Lebensfäden. Einmal wird dieser Faden in einer Wollpuppe verarbeitet, einmal an eine Peitsche gebunden und ein anderes Mal in eine Nabelschnur zwischen Lebenden und Toten verwandelt. Ethischer Individualismus und moralische Phantasie im Praxistest.

Rambo und der Wurzelzwerg

Als ich Gabriele beim Abschied zum Auto bringe, öffnet sie den Kofferraum und überreicht mir drei Kartons. Sie sind gefüllt mit Stoff- und Wollpüppchen, mit Feen, Zwergen und Schäfchen. Sie und ihre Kinder sind aus dieser Phase herausgewachsen, im Gegensatz zu mir und meinem Sohn. Die Waldorfmutter schenkt mir alle ihre kleinen Gesellen und verabschiedet sich zügig - sie will auf dem Heimweg zu ihrem Ehemann noch bei einem Kunden vorbeifahren, der bereits sehnsüchtig darauf wartet, nackt an einen Baum gefesselt zu werden. Zu lange darf das aber nicht dauern, denn sie muss morgen früh raus: Als Parteimitglied der Grünen arbeitet sie seit Jahren engagiert an der örtlichen Basis und ihre Parteifreunde schätzen an ihr, dass sie sich so authentisch für die grüne Sache einsetzt.

Ihr Auto fährt fort und ich sehe einer Frau hinterher, die in wenigen Stunden die unterschiedlichsten Welten verflicht. Durch ihr Leben und Handeln fasst sie Dinge in ein Bild zusammen, die schmerzhaft entzweit sind. Sie versöhnt die auseinander gefallenen Welten dadurch, dass sie mit verwundeten Menschen aus verschiedenen Welten verwächst.

Damit Verwundete aus allen Welten an sie anwachsen können, sich an einen gemeinsamen, reinigenden Blutkreislauf anschließen können, muss sie selber immer wieder zur Wunde werden.

Ich gehe in mein Zimmer, nehme die "Mutter Erde" aus dem Karton und stelle sie auf den Jahreszeitentisch. Die Wurzelzwerge und Marienkäfer schmiegen sich an ihren Rock. Ihr Blick geht über die Kleinen auf den Seidentüchern, wandert über die Werke von Emil Bock im Bücherregal hinweg und landet in meiner DVD-Sammlung. Sie schaut auf Rambo I bis III und auf Bi im Swingerclub. "Mutter Erde" lächelt leise. Das ganze Bild kommt ihr vertraut vor ...

(1) Vergl. Rudolf Steiner: Etwas vom Geist-Erleben und Schicksal-Gestalten. In: Anthroposophische Leitsätze

(2) Jelle van der Meulen: Mittendrin, S. 149, Urachhaus 1997

Drivehigh

Oder die Sklavenliebe meines Domina- Lebens

Drivehigh war sein Nick auf einem Onlineportal für BDSM. Als er mich anschrieb war ich wie elektrisiert und spürte sofort, dass es etwas Besonderes werden würde mit ihm. Es hatte irgendwie alles schon so stürmisch angefangen. Schon mit der zweiten oder dritten Nachricht hatten wir Handynummern ausgetauscht und Abende lang telefoniert. Er war zehn Jahre jünger als ich, sehr attraktiv, intelligent und gebildet mit gehobenem Beruf. Ich dachte mir am Anfang: was will er von einer wie mir, die so viel älter ist, mollig und so gar nicht mehr knackig, da er sicher an jedem seiner Finger ein oder zwei Frauen mit Modelfiguren haben könnte? Aber er wollte MICH!

Bei unserem ersten Treffen schon wurde deutlich, dass es keine oberflächliche Beziehung bleiben würde und stellte deshalb sofort klar, dass ich Robert liebe, mit ihm die Kinder habe und ich vor allem Roberts toleranten Umgang mit mir sehr schätzte, der mir ermöglichte meine Neigungen auszuleben und aber auch gleichzeitig Familie, Kinder und Ehemann zu haben.

Wir trafen uns immer öfter, beide fanden wir trotz Beruf und Familie Zeit füreinander. Ich suchte mir sogar ein Studio in der Nähe seines Wohnortes, damit ich noch öfter bei ihm sein könnte. Die Tage und Nächte waren wunderschön. Im Spiel passte einfach alles. Er war ein wunderbarer Sub, sehr extrem zwar, in dem was er brauchte, aber auch da passten wir gut zusammen und ich war für ihn die perfekte Herrin. Er schätzte mich als Mensch, Frau und er bewunderte eben auch den Aspekt der Domina an mir sehr.

Wir bemerkten erst, dass wir uns ineinander verliebt hatten, als wir schon mitten drinsteckten. Erste Anzeichen nahm ich im Rausch nicht wahr. Ich wollte mir nicht schmerzlich ins Bewusstsein rufen, dass Gefahr drohte, als er immer wieder sagte: „Du gehst jetzt heim zu Mann und Kindern und ich bleibe alleine zurück. Muss deinen Geruch aushalten, auch wenn du nicht mehr da bist. Wie soll ich da arbeiten?".

Irgendwann sagte er mir, dass er nicht mehr schlafen, nicht mehr essen, vor allem nicht mehr arbeiten könne, nachdem wir zusammen waren und er bat um eine Auszeit von mir.

Für mich brach eine Welt zusammen. Aber nicht nur für mich. Er wurde krank und er ging fortan jedem Kontakt mit mir aus dem Weg, um sich zu schützen.

Nach einigen Wochen vereinbarten wir, uns nur noch als Freunde, ab und zu, zu treffen und zu telefonieren. Ich schickte ihm keines meiner Fotos mehr, auch keine Session-Geschichten, denn die erinnerten ihn immer an das, was er gern alleine für sich haben wollte.

Einmal besuchte ich ihn noch. Da schminkte ich mich sogar vorher ab, zog mir meine ältesten Jeans an und einen viel zu großen Pulli, dass er wirklich an nichts die heiß geliebte Domina erkennen konnte. Ihn nicht anzufassen fiel mir schwer, zumal er dauernd meine Hand hielt, oder mein Bein streichelte. Deshalb kostete mich dieser Besuch bei ihm auch unendliche Kraft und schnell wurde mir klar... ich will ihn als Sub und Mann, nicht nur als Freund.

Dann, wieder einige Wochen später, dieses Telefonat mit dieser Frage und die unheilvollen Stunden danach, in denen mir mal wieder schlagartig alles klar wurde!!!

*****

Da sitze ich nun seit Stunden und starre in die Flamme der Kerze vor mir. Die Tränen kullern mir über die Wangen, weil es mir das Herz zerreißt. Mir wurde schlagartig bewusst, was er mit dieser Frage meinte und das war ein furchtbarer Moment für mich!

Die Frage: „Und wie läuft es mit Robert?", war zunächst mal nichts Besonderes. Wobei mir auffiel, dass er sehr angespannt wirkte als er fragte, dabei aber gekünstelt gelangweilt klingen wollte.

Er hatte niemals eine Entscheidung von mir gefordert, weil er wusste, sie wäre gegen ihn ausgefallen und dass er mich damit in einen großen Konflikt stürzen würde. Sollte ich mich aber von Robert trennen wollen, wäre er sofort für mich da und alles wäre wie früher.

Im Schein der Kerze lief vor meinem geistigen Auge noch einmal der Film der wunderbaren Zeit mit ihm ab, deren Ende so leidvoll für mich war!

Sein Leiden ist mein Glück

„Zieh dich aus!" befahl ich ihm.

Die Bewegungen waren sehr, sehr langsam. Seinen sehnsüchtigen Blick aus den großen dunklen Augen hatte er immerzu auf mich gerichtet. Die Kleidung legte er sorgfältig zusammen, neben sich auf den Stuhl. Noch zeigte er keine Erregung, aber ich wusste, nur ein Finger auf seiner Brustwarze, ja, alleine ein intensiver Blick darauf, würde sein Glied anschwellen lassen.

„Herrin, ich bin fertig", sagte er leise und wartete auf weitere Anweisungen. Wütend sprang ich auf und knallte ihm eine Ohrfeige ins Gesicht, sodass sein Kopf zur Seite flog.

„Meinst du, ich kann nicht sehen, oder wie?" schrie ich ihn an.

„Herrin, sie sehen es natürlich", flüsterte er demütig und sein Blick wanderte sofort auf den Boden.

Ich setzte mich auf das Sofa ihm gegenüber und wollte ihn mir ansehen. Ganz in Ruhe. Den Sub meines Herzens, wie ich ihn für mich nannte. Sein schönes Gesicht strahlte mich an und als ich seine Haare betrachtete, fiel mir ein, wie oft ich meine Hände in ihnen vergrub und ich ihn mit festem Griff dirigierte, dahin, wohin ich sein Gesicht, seinen Blick, seine Zunge haben wollte.

Er wurde unruhig, war es nicht gewohnt, nicht zu jeder Zeit durch mich geführt zu werden, keine Anweisungen zu bekommen. Seine Hände rieben nervös an seinen Oberschenkeln und seine Augen suchten einen festen Haltepunkt. Flehend schaute er mich an, aber ich zeigte keine Reaktion. Ich genoss es, ihn zu beobachten und damit durcheinander zu bringen.

Da hielt er es nicht mehr aus und warf sich, mit einem Seufzen, auf die Knie vor meine Füße, umklammerte meine Beine und grub seinen Kopf in meinen Schoß. Ich streichelte seinen Nacken und wiedermal konnte ich mich nicht zurückhalten, griff in seine lang gewordenen Haare und zog sein Gesicht zu mir hoch.

„Mein Gott, wie hab´ ich dich vermisst!" brach es aus mir heraus und ich küsste ihn innig. Er küsst leidenschaftlich, ein bisschen wie ausgehungert.

Wir führten eine Fernbeziehung und ich hatte ihn lange nicht gesehen. Von Anfang an war ich dagegen, mich überhaupt auf ihn einzulassen, wegen der Entfernung und den vielen damit verbundenen Umständen. Hatte ich doch eine Abmachung mit meinem Ehemann nur zwecks Gewerbe, ohne private Beziehungen und ohne Sex als Domina zu arbeiten. Die Treffen mit ihm waren für mich ein Fremdgehen, weil ich Gefühle für ihn entwickelte. Er ermöglichte mir Einblicke in meine Seele, die ich nicht kannte und ich dankte ihm dafür.

Die Hand und Fußfesseln lagen schon bereit und waren schnell angelegt. Ich zog meine Tasche zu mir her und öffnete sie. Neugierig schaute er, was ich da wohl herausholen würde. Zum Vorschein kam ein Keuschheitsgürtel.

„Nein Herrin, bitte nicht!" bettelte er sofort, als er erkannte, was es war. Du hast nichts anderes als wichsen im Kopf, das wird sich ab sofort ändern! An deine Herrin hast du zu denken, an ihre Unterhaltung, nicht an deine!" entgegnete ich kühl.

„Bitte, bitte, bitte Herrin, sie lassen ihn bestimmt die ganze Nacht dran und das halte ich nicht aus!" flehte er weiter.

„Ok, so wird das nichts", sagte ich ruhig und öffnete meinen Koffer.

Mit stoischer Ruhe legte ich ihm einen Knebel an, damit mich sein Jammern und Flehen nicht weiter störten, sowie eine Augenbinde. Er war sehr aufgeregt, versuchte sein heißes Gesicht auf meine Schenkel zu legen, um so um Gnade zu bitte. Ja, manchmal funktionierte das bei mir, aber diesmal nicht!

Wie ich diesen Keuschheitsgürtel umzulegen hatte, hatte ich vorher schon getestet und daher keine Mühe, ihn anzulegen. Immer wieder versuchte er, demütig sein Gesicht an meinen Armen zu reiben, oder seinen Kopf auf meine Schultern zu legen.

„Auf alle Viere!" war die Anweisung und er befolgte sie sofort. Langsam ging ich um ihn herum, schaute ihn mir an. Irgendetwas fehlte. „Ah ja, das Halsband mit der Kette!" dachte ich und legte es ihm an.

Auf dem Sofa sitzend schaute ich mir mein Werk an. Legte die Beine auf seinen Rücken und trank genüsslich den Kaffee, den er mir extra gekocht hatte.

„Wo ist die Fernbedienung? Sollst du die nicht immer aufs Tischchen legen?" herrschte ich ihn an und schlug ihm mit dem Ende der Hundeleine auf seinen Arsch. Aber das war meiner Ansicht nach noch nicht genug der Strafe.

„Dreh dich mit dem Arsch zu mir!" befahl ich laut.