Die etwas andere Hochzeit

Laut schnappte die Wagentür ins Schloss. Noch einmal fuhr der junge Mann sich durch die Haare, prüfte den Sitz der Krawatte und zog sich ein letztes Mal das helle Jackett zurecht. Sein Blick fiel auf einige Personen (ebenfalls festlich gekleidet), die gerade die Tür zur kleinen Bahnhofskneipe aufstießen und hineintraten. Der junge Mann sah noch einmal zum Himmel und erkannte die immer starke Mittagssonne. Den ganzen Tag hatte sie vom Himmel gebrannt und die Hochzeit seines besten Freundes zur leichten Strapaze werden lassen. Um vierzehn Uhr war kirchliche Trauung gewesen. Stattgefunden hatte das ganze natürlich in der Stadtkirche. Der Pastor des Brautpaares war mit ihnen befreundet und so hatte es ihm eine besondere Freude bereitet Lars zu trauen. Noch während er seine Schritte nun auch in die kleine Gaststätte lenkte und andere Gäste grüßte, ließ er alles noch einmal im Geiste passieren. Noch vor einem Jahr hatten er und Lars die Köpfe geschüttelt sobald das Wort "Heirat" im Gespräch gewesen war. Sie waren beide eingeschworene Singles gewesen - bis Jana kam. Lars hatte sie zusammen mit ihm in einer kleinen Galerie getroffen. Lars hatte ihn, den jungen Mann eigentlich nur begleitet weil sie wie immer alles gemeinsam taten. Sie waren die besten Freunde, studierten zusammen, sahen die gleichen Filme, hatten Spaß, gingen zusammen zum Handball - eben eine richtige Freundschaft. Und dann stand vor diesem riesigen Gemälde (das ihn an eine bunte Suppe mit vielerlei Zutaten erinnerte) diese Frau. Sie stand dort einfach in einem schwarzen Minikleid und strich sich mit ihren Daumen nachdenklich über das Kinn. Irgendwie hatte diese Berührung irgendetwas erotisches ausgestrahlt. Etwas, dem er sich nur mit Mühe hatte entziehen können. Er war gleich weitergegangen nachdem er ihre tolle Figur bewundert hatte. Ein paar Meter weiter war ihm dann aufgefallen das Lars einfach so dastand. Sein Mund hatte er geöffnet gehabt. Daran konnte er sich noch genau erinnern. Sein Freund hatte nur Augen für die Frau gehabt. Als er den Namen seines Freundes rief, reagierte Lars nicht einmal. Erst beim dritten (und lauteren Ruf) hatte er sich umgedreht. Dummerweise auch die paar anderen Anwesenden - und somit auch die junge Frau. Sie sahen sich alle erstaunt um, wer denn da den Namen eines Mannes schon fast durch eine totenstille Ausstellung gerufen hatte und der Blick der Frau fiel auf Lars der sie immer noch ansah.

Als der junge Mann den Blick seines Freundes und der Frau sah wußte er schon: Da hatte es gefunkt. "Hi" hatte Lars zu der Frau gesagt und sie angegrinst. "Hi..." hatte die Frau zurück gegrüßt und war dann auf Lars zugegangen. Lars hatte sie eingeladen und seit dem waren sie zusammen. Einen Monat später zogen sie in die gleiche Wohnung und er, Paul, erfuhr drei Monate später von ihren Heiratsplänen. Er hatte den beiden gratuliert und zusammen mit Lars eine ziemlich feuchte Single-Abschieds-Party organisiert. Noch jetzt mußte er schmunzeln. Er wußte nicht, wann er das letzte Mal so viel getrunken hatte.

Und heute hatte sein Freund eine wunderschöne Braut geheiratet. Er hatte noch die Ringe reichen dürfen und als sie sich beide vor dem Altar küßten, klatschte der ganze Kirchsaal Beifall. Ein ganz klein wenig beneidete er seinen Freund um dessen Glück. Er und Jana - das war echte Liebe. Man spürte es deutlich, wenn man mit den beiden unterwegs war. Da lag zwischen ihnen eine Spannung in der Luft, die fast körperlich zu spüren war. Und schon oft hatte Paul sich gewünscht doch auch ein nettes Mädchen so kennen und lieben zu lernen. Aber seine Beziehungen waren bis her nicht von Dauer gewesen, nie hatte es lange genug gehalten als das es erst bis zur Verlobung gekommen wäre. Und so mußte sich Paul eben auf seine Traumfrau vertrösten, während Lars sie bereits gefunden hatte.

Endlich kam er in den großen Saal. Zwei riesige Tafeln aus Dutzenden Tischen standen reich bedeckt mit Speisen bereit. An jedem Sitzplatz standen kleine Kärtchen mit den Namen der Gäste. Paul fand schließlich seinen und setzte sich. Er saß neben einer dicken Dame von der er nur wußte, das sie zu entfernten Verwandtschaft der Braut gehörte. Zwei Plätze weiter von ihm hatte das Brautpaar seinen Platz - natürlich an der Stirnseite des Tisches. Lars winkte noch zu ihm herüber und lächelnd hatte Paul zurück gegrüßt. Lars sah glücklich aus und Paul dachte zurück, wie oft Lars ihm gegenüber erwähnt hatte, dass er es kaum noch bis zur Heirat aushalten konnte. Nun also war sein Tag gekommen und bestimmt ging für ihn ein Traum in Erfüllung.

Als endlich alle Gäste saßen, klopfte Lars leicht mit einem Löffeln an sein Weinglas uns stand auf. Dann hielt er eine kurze Rede, bedankte sich bei allen Anwesenden für das Erscheinen und erklärte das Fest für eröffnet. "Das große Gelage kann beginnen" meinte er und zahlreiche Kellner schleppten sich mit Terrinen dampfender Suppe ab. Jeder der Gäste bekam etwas auf seinen Teller. Die dicke Dame neben Paul nahm gleich einen Nachschlag. Die Suppe schmeckte hervorragend - wie auch das restliche Essen. Schon bald war jeder am Essen und lobte den Koch. Nach dem Essen räumten die Männer die Tische zur Seite an den Rand. Der angereiste Musiker an seinem Keyboard begann zu spielen und das Brautpaar tanzte den Eröffnungstanz.

Paul sah in das Gesicht seines Freundes und sah dessen Lächeln. Wieder schüttelte er den Kopf und ging zu den Tischen um sich neben einem bekannten Paar zu setzen. Auch sie würden bald heiraten und bestimmt würden sie ihn ebenfalls einladen. Alles um ihn herum heiratete und er saß hier immer noch ganz allein. Doch die Fröhlichkeit der Feier vertrieb seine trüben Gedanken schnell. Nach einigen Tänzen kam Jana an seinen Tisch und lächelte ihn an. In ihrem weißen Brautkleid sah sie verführerisch schön aus und strahlte eine Zartheit und Unschuld aus, dass er sie kaum berühren mochte, als sie zu tanzen anfingen. Jana lachte als er sie im flotten Takt der modernen Musik herumwirbelte. Nach dem Tanz stieß Paul ihn scherzhaft an: "Wenn Du sie mir ausspannst gibt es Ärger" meinte er lachend und nun mußte auch Paul lächeln. Ehe er seinem Freund noch eine Antwort geben konnte war Jana da und zog lachend ihren Mann wieder auf die Tanzfläche zurück, um sich beim Tanz eng an ihn zu schmiegen. Nachdenklich lächelnd sah Paul die beiden an. Ja, so eine Braut könnte ihm auch gefallen. Er ging wieder zu seinem Tisch und orderte einen neuen Drink. Er wendete das leere Glas seines alten Drinks in seiner Hand. Wenn er so weiter trank würde er wohl kaum noch das Ende der Feier erleben. Sein neuer Drink kam. Er lächelte der rothaarigen Bedienung hinterher und sah ihr nach. Der knappe, schwarze Rock war genau nach seinem Geschmack und ließ viel Bein erkennen. "Na, nun wach mal wieder auf" sagte jemand und legte seine Hand auf die Schulter. Es war ein guter Bekannter von ihm.

Paul lud ihn ein und er setzte sich an den nun leeren Tisch, denn das Paar tanzte. Paul und er begrüßten sich, redeten über dies und das, genossen die Feier. Nach einer Viertelstunde ging dann der Freund wieder und Paul Blicke schweiften durch den Saal. Genau in diesem Moment gingen die beiden Türen auf, die in die Gastwirtschaft führten, die neben dem Saal lag. Ein Schwung von etwa 10 Gästen kam herein und wurde stürmisch begrüßt. Er erinnerte sich, sie vorhin in der Kirche gesehen zu haben. Dort hatten sie vor dem Portal für eine Überraschung mit dem obligatorischen Wurfreis und vielen Bekannten des Brautpaares gesorgt. Nach dem Mittagessen waren die drei Familien kurz verschwunden und kamen nun wieder. Paul wollte gerade seinen Blick von der Gruppe lösen, als eine junge Frau durch die Türen trat und mit den Paaren redete. Sie trug ein weißes Kleid, das buschig bis über die schlanken Knie reichte. Ihre Hände hielt sie auf dem Rücken gefaltet und so konnte Paul ihr Gesicht nicht erkennen. Doch ihre Erscheinung hatte ihn gebannt. Als sie sich umdrehte und durch den Saal sah fiel ihr Blick direkt in seine Augen, die sie immer noch musterten. Paul sah ihr immer noch in den Augen und auch ihr Blick blieb an ihm haften. Als sie anfing zu lächeln spürte Paul wie sein Herz klopfte. Immer noch sah er sie an. Mit eleganten Schritten kam sie auf ihm zu und als sie vor seinem Tisch stand und ihn anlächelte konnte er es gar nicht glauben. Sie war wunderschön, hatte ein zierliches Gesicht, rot geschminkte Lippen, die voll und sinnlich waren und blaue Augen mit einer Tiefe das er darin versinken konnte. Ihre blonden Haare waren lockig und fielen ihr auf die Schulter. Sie sagte etwas zu ihm doch Paul war so von ihr gefangen, das er erst ihre Frage verstand, als sie ihn noch einmal ansprach.

"Hi..." hatte sie gesagt und lächelt ihn immer noch an.

"Hi..." sagte er mit belegter Stimme und riß sich zusammen. Das gab es doch nicht, das ihn eine Frau so aus dem Konzept brachte.

"Wollen Sie sich nicht setzen?" fragte er und lächelnd nahm sie dankend an. Sie setzte sich ihm gegenüber hin und schlug ihre langen Beine übereinander. Ganz kurz konnte er einen Blick auf ihre schmalen Schenkel erhaschen. Als sie so saß, sich auf ihren Stuhl herumdrehte und einen Arm hob um nach dem Ober zu rufen, stellten sich Pauls Nackenhaare auf und das Herzklopfen fing wieder an. Ihre festen Brüste spannten sich ganz deutlich unter dem dünnen Stoff des Trägerlosen Kleides. Die rothaarige Bedienung kam herbei, doch Paul hatte nur Augen für diese Frau ihm gegenüber, die ihm wie eine Prinzessin aus einem Traum vorkam.

Sie orderte sich ein Mineralwasser und Paul schnell auch eines für sich, den Drink versteckend. "Ich bin Jasmin Müller" sagte die Frau und stütze ihren Kopf elegant auf beide Hände ab, die sie unter dem Kinn verschränkt hatte. Als sie ihn so ansah und auf Antwort wartete blickten sie sich wieder in die Augen und beinahe hätte Paul vergessen sich vorzustellen. Langsam kamen sie ins Gespräch und sein Gegenüber gefiel ihm mit zunehmenden Abend immer mehr.