Juliane Wahren
Soziale Unterstützung für gewaltbetroffene Frauen
Juliane Wahren
Soziale Unterstützung für gewaltbetroffene Frauen
Neue Wege der Gesundheitsförderung
Tectum Verlag
Juliane Wahren
Soziale Unterstützung für gewaltbetroffene Frauen.
Neue Wege der Gesundheitsförderung
© Tectum Verlag Marburg, 2016
Zugl. Diss. Technische Universität Dresden 2014
ISBN: 978-3-8288-6535-8
(Dieser Titel ist zugleich als gedrucktes Buch unter
der ISBN 978-3-8288-3779-9 im Tectum Verlag erschienen.)
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im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Dank
Mein besonderer Dank gilt allen Interviewpartnerinnen, die mir in einer für sie schwierigen Lebenssituation ihr Vertrauen und ihre Zeit geschenkt haben und durch deren Offenheit diese Arbeit erst möglich wurde.
Darüber hinaus bedanke ich mich bei meinen beiden Betreuern ganz herzlich. Prof. Dr. Frank Nestmann danke sehr ich für die Annahme dieses komplexen Themas als Dissertation und für die gute und engagierte Betreuung und Beratung während des Entstehungsprozesses. Prof. Dr. Ortmann motivierte mich einst zum Beginn dieses Projektes. Auch während der Entwicklung der Dissertation von der Idee bis hin zur fertigen Arbeit habe ich ihn stets als unterstützenden Betreuer und Berater wahrgenommen. Auch ihm danke ich sehr für die Anregungen und Anmerkungen, kritischen Nachfragen und konstruktiven Rückmeldungen.
Ein ganz besonders herzliches Dankeschön geht auch an die Mitarbeiterinnen des offensiv’91 e. V., insbesondere an die Geschäftsführung und die Kolleginnen im Projekt Frauenzufluchtswohnung, die dieser Arbeit stets aufgeschlossen gegenüberstanden, mir den notwendigen Freiraum dafür einräumten und großen Rückhalt boten.
Darüber hinaus bedanke ich mich sehr bei Anne und Martin für kritisches Korrektur lesen, bei Anne für die Hilfe bei der Transkription und bei allen KommilitonInnen für die hilfreichen Anmerkungen und Diskussionen im Promotionskolleg und im Forschungskolleg Klinische Sozialarbeit. Die finanzielle Unterstützung durch das Promotionsstipendium der KHSB trug einen wesentlichen Anteil zur Verwirklichung dieses Projektes bei. Auch dafür bin ich sehr dankbar.
Ein herzlicher Dank geht auch an alle FreundInnen und Verwandten, die mir während der Erstellung der Arbeit emotional und motivational unterstützend zur Seite standen. Hauptsächlich seien hier Katharina, Martin, René, Anne, Jana, Iris, Katja, Mathias, Gabi, Carina, Mark, Tino und Hildegard erwähnt, die meine Launen während der sechs Jahre geduldig ertrugen und durch interessierte Nachfragen das Voranschreiten der Arbeit förderten bzw. die notwendigen Erholungsphasen anmahnten.
Schließlich geht der größte Dank an meine Eltern und meinen Bruder, die immer ein offenes Ohr für mich hatten und mich vorbehaltlos auf vielfältige Art unterstützten. Insbesondere ohne deren emotionalen Rückhalt wäre die Erstellung dieser Dissertation mit allen Höhen und Tiefen, die die Arbeit und die Lebensumstände während dieser Zeit mit sich brachten, wesentlich erschwert gewesen.
Leider kann Margot, die stets sehr über meine Zielstrebigkeit erfreut war und immer an mich glaubte, den Abschluss dieser Qualifizierungsphase nicht mehr miterleben.
Ihr widme ich diese Arbeit.
Berlin, 2014
Juliane Wahren
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Einleitung
ITheoretische Grundlagen
1(Häusliche) Gewalt
1.1Arten häuslicher Gewalt
1.1.1Physische Gewalt
1.1.2Psychische Gewalt
1.1.3Emotionale Gewalt
1.1.4Soziale Gewalt
1.1.5Sexuelle Gewalt
1.1.6Ökonomische Gewalt
1.2Dynamiken häuslicher Gewalt
1.2.1Theorie der erlernten Hilflosigkeit
1.2.2Stockholm-Syndrom mit Phasen der Viktimisierung
1.2.3Zyklustheorie der Gewalt
1.2.4Die vier Muster der Gewaltdynamik
1.3Vorkommen und Häufigkeit häuslicher Gewalt
Exkurs: Gewalt gegen Männer
1.4Personen mit erhöhter Vulnerabilität und risikoreichen Lebenssituationen
1.4.1Prostituierte
1.4.2Inhaftierte Frauen
1.4.3Flüchtlingsfrauen
1.4.4Migrantinnen
1.4.5Frauen mit Behinderungen
1.5Erklärungsansätze für die Entstehung häuslicher Gewalt
1.5.1Multivalente Ansätze
1.5.1.1Systemtheoretische Ansätze
1.5.1.2Ökologische Ansätze
1.6Folgen häuslicher Gewalt
1.6.1Gesundheitliche Folgen
1.6.1.1Physische Auswirkungen
1.6.1.2Psychosomatische Auswirkungen
1.6.1.3Psychische Auswirkungen
1.6.2Riskante Bewältigungsstrategien
1.6.3Soziale Auswirkungen
1.6.4Finanzielle Auswirkungen
1.7„Protektive“ Faktoren
1.8Frauenzufluchtswohnungen
2Social Support – Soziale Unterstützung
2.1Frühe Ansätze der Konzeptionierung Sozialer Unterstützung
2.2Begriffsbestimmung Social Support
2.3Supportdimensionen
2.4Haupt- und Puffereffekte Sozialer Unterstützung
2.4.1Haupteffekte Sozialer Unterstützung
2.4.2Puffereffekte Sozialer Unterstützung
2.4.3Modell der Effekte Sozialer Unterstützung
2.4.4Neuere theoretische Annahmen
2.4.4.1Soziale Unterstützung als abhängige Variable
2.4.4.2Soziale Unterstützung als Austauschbeziehung
2.4.4.3Passformmodelle
2.4.4.4Bio-psycho-soziales Erklärungsmodell
2.5Quellen Sozialer Unterstützung
2.5.1Informelle UnterstützerInnen
2.5.1.1Ehe- und Partnerbeziehungen
2.5.1.2Familie und Verwandtschaft
2.5.1.3Kinder
2.5.1.4Freundschaft und Bekanntschaft
2.5.1.5Nachbarschaft
2.5.2Formelle UnterstützerInnen
2.6Barrieren für den Erhalt Sozialer Unterstützung
2.6.1Kontextfaktoren
2.6.1.1Räumliche Trennung
2.6.1.2Begrenzte Ressourcen
2.6.1.3Dysfunktionale Einstellungen und Verhaltensweisen anderer Personen
2.6.2Personfaktoren
2.6.2.1Rückzug
2.6.2.2Ausbeuterisches Verhalten
2.6.2.3Versäumte Reziprozität
2.6.2.4Beeinträchtigung anderer
2.6.2.5Soziale Ungeschicklichkeit
2.7Belastende Effekte Sozialer Unterstützung
2.7.1Belastungen für EmpfängerInnen Sozialer Unterstützung
2.7.1.1Belastende Aspekte „normaler“ Unterstützung
2.7.1.2Inadäquate oder fehlgeschlagene Unterstützung
2.7.1.3Enttäuschte Unterstützungserwartungen
2.7.1.4Exzessive Hilfe
2.7.1.5Problematische Beziehungen zwischen UnterstützerInnen und Unterstütztem/-er
2.7.1.6Belastungsbedingte Ineffektivität
2.7.2Belastungen für UnterstützerInnen
2.8Frauen und Soziale Unterstützung
2.9Soziale Unterstützung, Gesundheit und Krankheit
3Soziale Unterstützung, Gesundheit und häusliche Gewalt
3.1Soziale Unterstützung bei von Gewalt betroffenen Frauen
3.1.1Effekte Sozialer Unterstützung bei von Gewalt betroffenen Frauen
3.1.2Probleme mit Sozialer Unterstützung bei von Gewalt betroffenen Frauen
3.2Gesundheitsfördernde Aspekte Sozialer Unterstützung bei von Gewalt betroffenen Frauen
3.3Zusammenhänge zwischen Sozialer Unterstützung und Gesundheit bei von Gewalt betroffenen Frauen
IIEmpirische Untersuchung
4Fragestellung und methodisches Vorgehen
4.1Thematische und methodologische Vorüberlegungen/Entwicklung der Fragestellung
4.2Untersuchungsaufbau/Design
4.3Stichprobenzugang und Stichprobe
4.4Datenerhebung
4.4.1Problemzentrierte Leitfadeninterviews
4.4.1.1Allgemeines
4.4.1.2Erhebung/Setting/Ablauf
4.4.1.3Interviewleitfaden
4.4.1.4Datenauswertung
4.4.2Soziale Atome
4.4.2.1Allgemeines
4.4.2.2Erhebung/Setting/Ablauf
4.4.2.3Datenauswertung
4.4.3Fragebögen F-SozU und GBB-24
4.4.3.1Allgemeines
4.4.3.2Erhebung/Setting/Ablauf
4.4.3.3Datenauswertung
4.5Validierungsstrategien
IIIErgebnisse
5Ergebnisse der Erhebung
6Kurzbeschreibung der Interviewpartnerinnen nach Gruppen
6.1Primär familiär unterstützte Frauen
6.2Primär freundschaftlich unterstützte Frauen
6.3Primär professionell unterstützte Frauen
III/IBefragungszeitpunkt I
7Gesundheit
7.1Befinden
7.1.1Gesundheitliche Beschwerden
7.1.2Was ist wichtig für das Wohlbefinden?
7.1.2.1In der eigenen Person begründete Ursachen
7.1.2.2In anderen Personen begründete Ursachen
7.1.2.3In den Lebensumständen/Umgebungsfaktoren begründete Ursachen
7.1.3Wie kann Wohlbefinden gefördert werden?
7.1.3.1Förderung des Wohlbefindens durch die eigene Person
7.1.3.2Förderung des Wohlbefindens durch andere Personen
7.1.3.3Förderung des Wohlbefindens durch die Lebensumstände/ Umgebungsfaktoren
7.1.4Welchen Belastungen sind die Frauen ausgesetzt?
7.1.4.1Belastungen durch die eigene Person
7.1.4.2Belastungen durch andere Personen
7.1.4.3Belastungen durch die Lebensumstände/Umgebungsfaktoren
7.1.5Was schränkt das Wohlbefinden ein?
7.1.5.1In der eigenen Person begründete Ursachen
7.1.5.2In anderen Personen begründete Ursachen
7.1.5.3In den Lebensumständen/Umgebungsfaktoren begründete Ursachen
7.2Auswirkungen der Gewalterfahrungen auf die gesundheitliche Situation
7.3Verarbeitung der Gewalterfahrungen
Zusammenfassung: Gesundheitliche Situation bei Einzug in die Frauenzufluchtswohnung
Zusammenfassung: Gesundheitsfördernde Bedingungen bei Einzug in die Frauenzufluchtswohnung
Zusammenfassung: Gesundheitseinschränkende Bedingungen bei Einzug in die Frauenzufluchtswohnung
8Soziale Unterstützung
8.1UnterstützerInnen
8.1.1Wahrgenommene Soziale Unterstützung
8.1.2Verfügbarkeit einer Vertrauensperson
8.1.3Reziprozität Sozialer Unterstützung
8.2Zufriedenheit mit der erhaltenen Sozialen Unterstützung
8.3Geschlechterverteilung der Unterstützungsgebenden
8.4Größe des Unterstützungsnetzwerkes
8.5Unterstützungsangebote
Zusammenfassung: Soziale Unterstützung bei Einzug in die Frauenzufluchtswohnung
8.6Informelle Soziale Unterstützung
8.6.1ErbringerInnen informeller Sozialer Unterstützung
8.6.2Geleistete Unterstützungsarten informeller Sozialer UnterstützerInnen
8.6.2.1Emotionale Soziale Unterstützung
8.6.2.2Instrumentelle Soziale Unterstützung
8.6.2.3Informatorische Soziale Unterstützung
8.6.2.4Rückmeldende Soziale Unterstützung
8.6.2.5Gemeinsame Aktionen/Soziale Integration
8.6.2.6Motivationale Soziale Unterstützung
8.6.3Bedeutung informeller Sozialer Unterstützung
8.6.4Auswirkungen informeller Sozialer Unterstützung
8.6.5Wünsche an informelle Soziale UnterstützerInnen
Zusammenfassung: Informelle Soziale Unterstützung bei Einzug in die Frauenzufluchtswohnung
8.7Formelle Soziale Unterstützung
8.7.1ErbringerInnen formeller Sozialer Unterstützung
8.7.2Geleistete Unterstützungsarten formeller Sozialer UnterstützerInnen
8.7.2.1Emotionale Soziale Unterstützung
8.7.2.2Instrumentelle Soziale Unterstützung
8.7.2.3Informatorische Soziale Unterstützung
8.7.2.4Rückmeldende Soziale Unterstützung
8.7.2.5Beteiligung/Einbezug
8.7.3Bedeutung formeller Sozialer Unterstützung
8.7.4Auswirkungen formeller Sozialer Unterstützung
8.7.5Wünsche an formelle Soziale Unterstützung
Zusammenfassung: Formelle Soziale Unterstützung bei Einzug in die Frauenzufluchtswohnung
8.8Barrieren für den Erhalt Sozialer Unterstützung
8.8.1Eigene Unterstützungsbarrieren
8.8.2Unterstützungsbarrieren anderer Personen
8.8.3Unterstützungsbarrieren in der Umgebung
8.9Negative Aspekte Sozialer Unterstützung
8.9.1Belastung durch Soziale Unterstützung
8.9.2Soziale Belastung
Zusammenfassung: Unterstützungsbarrieren – negative Aspekte Sozialer Unterstützung bei Einzug in die Frauenzufluchtswohnung
9Soziale Unterstützung und Gesundheit
9.1Zusammenhang zwischen Sozialer Unterstützung und Gesundheit
9.2Auswirkungen Sozialer Unterstützung auf die Gesundheit
Zusammenfassung: Soziale Unterstützung und Gesundheit bei Einzug in die Frauenzufluchtswohnung
III/IIBefragungszeitpunkt II
10Ergebnisse der Erhebung
11Gesundheit
11.1Befinden
11.1.1Was ist wichtig für das Wohlbefinden?
11.1.1.1In der eigenen Person begründete Ursachen
11.1.1.2In anderen Personen begründete Ursachen
11.1.1.3In den Lebensumständen/Umgebungsfaktoren begründete Ursachen
11.1.2Wie kann Wohlbefinden gefördert werden?
11.1.2.1Förderung des Wohlbefindens durch die eigene Person
11.1.2.2Förderung des Wohlbefindens durch andere Personen
11.1.2.3Förderung des Wohlbefindens durch die Lebensumstände/ Umgebungsfaktoren
11.1.3Welchen Belastungen sind die Frauen ausgesetzt?
11.1.3.1Belastungen durch die eigene Person
11.1.3.2Belastungen durch andere Personen
11.1.3.3Belastungen durch die Lebensumstände/Umgebungsfaktoren
11.1.4Was schränkt das Wohlbefinden ein?
11.1.4.1In der eigenen Person begründete Ursachen
11.1.4.2In anderen Personen begründete Ursachen
11.1.4.3In den Lebensumständen/Umgebungsfaktoren begründete Ursachen
11.2Auswirkungen der Gewalterfahrungen auf die gesundheitliche Situation
11.3Verarbeitung der Gewalterfahrungen
Zusammenfassung: Gesundheitliche Situation bei Auszug aus der Frauenzufluchtswohnung
Zusammenfassung: Gesundheitsfördernde Bedingungen bei Auszug aus der Frauenzufluchtswohnung
Zusammenfassung: Gesundheitseinschränkende Bedingungen bei Auszug aus der Frauenzufluchtswohnung
12Soziale Unterstützung
12.1UnterstützerInnen
12.1.1Wahrgenommene Soziale Unterstützung
12.1.2Verfügbarkeit einer Vertrauensperson
12.1.3Reziprozität Sozialer Unterstützung
12.2Zufriedenheit mit der erhaltenen Sozialen Unterstützung
12.3Geschlechterverteilung der Unterstützungsgebenden
12.4Größe des Unterstützungsnetzwerkes
12.5Unterstützungsangebote
Zusammenfassung: Soziale Unterstützung bei Auszug aus der Frauenzufluchtswohnung
12.6Informelle Soziale Unterstützung
12.6.1ErbringerInnen informeller Sozialer Unterstützung
12.6.2Geleistete Unterstützungsarten informeller Sozialer UnterstützerInnen
12.6.2.1Emotionale Soziale Unterstützung
12.6.2.2Instrumentelle Soziale Unterstützung
12.6.2.3Informatorische Soziale Unterstützung
12.6.2.4Rückmeldende Soziale Unterstützung
12.6.2.5Gemeinsame Aktionen/Soziale Integration
12.6.2.6Motivationale Soziale Unterstützung
12.6.3Bedeutung informeller Sozialer Unterstützung
12.6.4Auswirkungen informeller Sozialer Unterstützung
12.6.5Wünsche an informelle Soziale Unterstützung
Zusammenfassung: Informelle Soziale Unterstützung bei Auszug aus der Frauenzufluchtswohnung
12.7Formelle Soziale Unterstützung
12.7.1ErbringerInnen formeller Sozialer Unterstützung
12.7.2Geleistete Unterstützungsarten formeller Sozialer UnterstützerInnen
12.7.2.1Emotionale Soziale Unterstützung
12.7.2.2Instrumentelle Soziale Unterstützung
12.7.2.3Informatorische Soziale Unterstützung
12.7.2.4Rückmeldende Soziale Unterstützung
12.7.2.5Beteiligung/Einbezug
12.7.3Bedeutung formeller Sozialer Unterstützung
12.7.4Auswirkungen formeller Sozialer Unterstützung
12.7.5Wünsche an formelle Soziale Unterstützung
Zusammenfassung: Formelle Soziale Unterstützung bei Auszug aus der Frauenzufluchtswohnung
12.8Barrieren für den Erhalt Sozialer Unterstützung
12.8.1Eigene Unterstützungsbarrieren
12.8.2Unterstützungsbarrieren anderer Personen
12.8.3Unterstützungsbarrieren in der Umgebung
12.9Negative Aspekte Sozialer Unterstützung
12.9.1Belastung durch Soziale Unterstützung
12.9.2Soziale Belastung
Zusammenfassung: Unterstützungsbarrieren – negative Aspekte Sozialer Unterstützung bei Auszug aus der Frauenzufluchtswohnung
13Soziale Unterstützung und Gesundheit
13.1Zusammenhang zwischen Sozialer Unterstützung und Gesundheit
13.2Auswirkungen Sozialer Unterstützung auf die Gesundheit
Zusammenfassung: Soziale Unterstützung und Gesundheit bei Auszug aus der Frauenzufluchtswohnung
IVDiskussion der Ergebnisse
VFazit
Literatur
Anhang
Anhang I Transkriptionsregeln
Anhang II Interviewleitfaden I
Anhang III Interviewleitfaden II
Anhang IV Soziale Atome
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:Rad der Gewalt (Gabriel 2004: 23; modifiziert von Wahren) 10
Abbildung 2:Ökologische Erklärungsmodell der Entstehung von Gewalt
(Krug et al. 2002: 12)
Abbildung 3:Pathways and health effects on intimate partner violence
(WHO 2013: 8)
Abbildung 4:Modell der Effekte Sozialer Unterstützung (Gottlieb 1983: 37)
Abbildung 5:Modifiziertes Modell Sozialer Unterstützung
(Nestmann 2010: 9)
Abbildung 6:Wechselseitige Beeinflussung von Sozialer Unterstützung,
Gesundheit und häuslicher Gewalt (Wahren 2014)
Abbildung 7:Gesundheitliche Beschwerden, Befragungszeitpunkt I
Abbildung 8:Wahrgenommene Soziale Unterstützung, Befragungszeitpunkt I
Abbildung 9:Verfügbarkeit einer Vertrauensperson, Befragungszeitpunkt I
Abbildung 10:Reziprozität Sozialer Unterstützung, Befragungszeitpunkt I
Abbildung 11:Zufriedenheit mit erhaltener Sozialer Unterstützung,
Befragungszeitpunkt I
Abbildung 12:Emotionale Soziale Unterstützung, Befragungszeitpunkt I
Abbildung 13:Praktische Soziale Unterstützung, Befragungszeitpunkt I
Abbildung 14:Soziale Integration, Befragungszeitpunkt I
Abbildung 15:Soziale Belastung, Befragungszeitpunkt I
Abbildung 16:Gesundheitliche Beschwerden gesamt,
Befragungszeitpunkte I + II
Abbildung 17:Gesundheitliche Beschwerden nach Gruppen,
Befragungszeitpunkte I + II
Abbildung 18:Wahrgenommene Soziale Unterstützung gesamt,
Befragungszeitpunkte I + II
Abbildung 19:Wahrgenommene Soziale Unterstützung nach Gruppen,
Befragungszeitpunkte I + II
Abbildung 20:Verfügbarkeit einer Vertrauensperson gesamt,
Befragungszeitpunkte I + II
Abbildung 21:Verfügbarkeit einer Vertrauensperson nach Gruppen,
Befragungszeitpunkte I + II
Abbildung 22:Reziprozität Sozialer Unterstützung gesamt, Befragungszeitpunkte I + II
Abbildung 23:Reziprozität Sozialer Unterstützung nach Gruppen,
Befragungszeitpunkte I + II
Abbildung 24:Zufriedenheit mit der erhaltenen Sozialen Unterstützung gesamt,
Befragungszeitpunkte I + II
Abbildung 25:Zufriedenheit mit der erhaltenen Sozialen Unterstützung
nach Gruppen, Befragungszeitpunkte I+II
Abbildung 26:Emotionale Soziale Unterstützung gesamt,
Befragungszeitpunkte I + II
Abbildung 27:Emotionale Soziale Unterstützung nach Gruppen,
Befragungszeitpunkte I + II
Abbildung 28:Praktische Soziale Unterstützung gesamt, Zeitpunkte I + II
Abbildung 29:Praktische Soziale Unterstützung nach Gruppen,
Befragungszeitpunkte I + II
Abbildung 30:Soziale Integration gesamt, Befragungszeitpunkte I + II
Abbildung 31:Soziale Integration nach Gruppen, Befragungszeitpunkte I + II
Abbildung 32:Soziale Belastung gesamt, Befragungszeitpunkte I + II
Abbildung 33:Soziale Belastung nach Gruppen, Befragungszeitpunkte I + II
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:Tabellarische Übersicht der Interviewpartnerinnen
Tabelle 2:Tabellarische Auflistung der Interviews mit Interviewdaten und Decknamen der Interviewpartnerinnen
Tabelle 3:Tabellarische Auflistung der Interviewpartnerinnen mit Kürzel, Interviewdaten und Zuordnung
Einleitung
Dass häusliche Gewalt gegen Frauen tagtäglich in allen Kulturen und sozialen Schichten – unabhängig von Einkommen, Bildung, Alter etc. – ausgeübt wird und umfangreiche gesundheitliche Risiken und Beeinträchtigungen nach sich zieht, wurde in den letzten Jahren hinreichend erforscht. Der Fokus der Studien erweiterte sich von Risikofaktoren über zu Grunde liegende Muster und Dynamiken hin zu Folgen der Gewalt für die Gesundheit der Betroffenen. Mittlerweile wird häusliche Gewalt als eines der größten, wenn nicht sogar DAS größte Gesundheitsrisiko für Frauen weltweit angesehen (vgl. Krug et al. 2005: IV). Auch die erste Untersuchung zur Betroffenheit von Frauen durch geschlechtsbezogene Gewalt in Deutschland, die deutsche Prävalenzstudie, kommt zu dem Ergebnis, dass jede Art der Gewalt zu gravierenden psychischen, psychosozialen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann (vgl. Müller et al. 2004 a: 151 ff.) und ein Zusammenhang zwischen Gewalterfahrungen, gesundheitlichen Beeinträchtigungen und hohem Unterstützungsbedarf besteht „Für Frauen, die durch psychische Gewalt und sexuelle Gewalt – häufig auch in Verbindung mit anderen Formen körperlicher Gewalt – betroffen sind, diagnostiziert die vorliegende Untersuchung einen hohen Unterstützungsbedarf, auf den das bisher entwickelte Hilfesystem noch kaum vorbereitet scheint (…).“ (Müller et al. 2004 b: 16 f.).
Auch europäische (vgl. FRA 2014: 23 ff.) und internationale Studien beschreiben einen Zusammenhang zwischen häuslicher Gewalt und gesundheitlichen Folgen: „Around the world, mental health problems, emotional distress, and suicidal behaviour are common among women who have suffered partner violence.“ (Krug et al. 2005: 16).
Eine umfassende Gewaltprävention muss auf verschiedenen Ebenen der Gewaltentstehung (in der Gesellschaft, im sozialen Umfeld, in der Partnerschaft und auf der individuellen Ebene) ansetzen (vgl. Krug et al. 2002: 12). Dafür ist es notwendig, die Vielzahl der Formen häuslicher Gewalt und damit einhergehende Belastungen und Gesundheitsrisiken in eine Balance zu bislang zu wenig erforschten Stärken, protektiven Faktoren und persönlichen, sozialen Ressourcen gewaltbetroffener Frauen zu bringen.
Mit Hilfe des Konzeptes der Sozialen Unterstützung konnten gesundheitsfördernde und -erhaltende Wirkungen von Hilfen aus sozialen Netzwerken in unterschiedlichen Populationen und Settings aufgezeigt werden. Haupt- und Puffereffekte von Social Support auf die Gesundheit sowie die gegenseitige Einflussmöglichkeit von Stressoren, Belastungsreaktion und Gesundheit auf Soziale Unterstützung wurden bei verschiedenen Zielgruppen untersucht (vgl. Nestmann 2010: 9). In zahlreichen Forschungen hat sich die Einbindung von Menschen in soziale Netze als eine bedeutende Einflussvariable bei der Patho- und Salutogenese erwiesen (vgl. Kardorff 1995: 402 ff.).
„Belege für schädigende und belastende Elemente sozialer Bezüge aus Forschungen zur psychischen und physischen Störung und Krankheit sowie Alltagsbeobachtungen aus verschiedenen Problemfeldern sozialer Interaktionen (Ehekonflikte und Scheidungsfolgen, Frauen- und Kindesmißhandlung etc.) führen auch in der social support-Forschung dazu, daß zwischenmenschliche Bezüge wieder als potentielle Quelle von Streß und Ärger, Sorge etc. wahrgenommen werden (…).“ (Nestmann 1988: 90).
Soziale Ressourcen, die aus dem sozialen Netzwerk des Individuums stammen, können aber auch als passgenaue Hilfen wie ein psychosoziales Immunsystem wirken und für Gesundheit sorgen (vgl. Röhrle 1994: 117). Soziale Unterstützung und Integration des Menschen in seine soziale Umgebung können einen entscheidenden Beitrag zur Förderung und Aufrechterhaltung von Gesundheit sowie Vorbeugung von Erkrankungen leisten. „Soziale Unterstützung durch persönliche Netzwerke gilt somit als eine zentrale Variable in der Erhaltung von körperlicher und seelischer Gesundheit sowie in der Vermeidung, Bearbeitung und Bewältigung unterschiedlicher Belastungen, Krisen und Störungen. Materielle und praktische, informative und emotionale Hilfe, die dem Einzelnen durch Beziehungen mit der sozialen Umwelt (Familie, Nachbarn, Freunde, Kollegen etc.) zur Verfügung stehen, können beitragen, Wohlbefinden zu erhalten und zu sichern, sowie das Individuum gegen schädigende Umwelteinflüsse verschiedenster Art abzupuffern.“ (Niepel/Nestmann 1994: 232).
Es drängt sich die Frage auf, ob das Konzept der Sozialen Unterstützung auch auf die gesundheitliche Situation gewaltbetroffener Frauen in Frauenzufluchtswohnungen anwendbar ist und mit diesem Veränderungen und Unterschiede der Gesundheit dieser vulnerablen Gruppe erklärt werden können. Subjektive Sichtweisen der gewaltbetroffenen Frauen auf Soziale Unterstützung und Gesundheit, deren Zusammenwirken und deren Veränderung im Verlauf des Aufenthaltes in einer Frauenzufluchtswohnung stehen daher im Mittelpunkt dieser Untersuchung.
Um dem/der Leser/in Einstiegsmöglichkeiten in den Text aufzuzeigen, werden nachfolgend Aufbau und Inhalte der vorliegenden Untersuchung skizziert.
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in drei Hauptteile. In Kapitel I werden theoretische Hintergründe und der aktuelle Forschungsstand dargestellt. Um die Situation gewaltbetroffener Frauen in Frauenzufluchtswohnungen verstehen zu können, wird zunächst ein Überblick über die Arten, Dynamiken, Vorkommen und die Häufigkeit häuslicher Gewalt gegeben. Nachfolgend werden Personengruppen vorgestellt, die ein erhöhtes Risiko tragen, von häuslicher Gewalt betroffen zu sein. Ansätze für die Erklärung der Entstehung und die Folgen häuslicher Gewalt werden anschließend in den Blick genommen. Stellvertretend für die Vielzahl von Theorien, die sich mit Entstehungsbedingungen von (häuslicher) Gewalt auseinandersetzen, werden systemtheoretische und ökologische Ansätze der Gewaltentstehung vorgestellt. Ausführungen zu den Folgen und sogenannten „protektiven“ Faktoren, die das Risiko mindern, Opfer häuslicher Gewalt zu werden, schließen sich an. Abschließend wird der Kontext der Untersuchung, Frauenzufluchtswohnungen, näher beleuchtet.
Der zweite Teil der theoretischen Grundlagen und empirischen Studien widmet sich dem Themenkomplex Soziale Unterstützung. Ausgehend von frühen Ansätzen des Konzeptes über eine Begriffsbestimmung und die Betrachtung der Dimensionen von Social Support schließt sich die Beschreibung von Haupt- und Puffereffekten Sozialer Unterstützung an. Nachfolgend werden Quellen Sozialer Unterstützung und Barrieren für deren Erhalt thematisiert, die in Personen oder dem Kontext liegen können. Da Social Support nicht ausschließlich positive Wirkungen entfaltet, kommen sodann belastende Effekte zur Sprache. Ausführungen zu Sozialer Unterstützung bei Frauen sowie zu deren Verbindung mit Gesundheit und Krankheit folgen. Zum Ende der theoretischen Betrachtungen geraten Soziale Unterstützung, Gesundheit und häusliche Gewalt in den Fokus. Mit empirischen Studien und theoretischen Annahmen über Soziale Unterstützung bei gewaltbetroffenen Frauen, für sie gesundheitsförderliche Faktoren und Zusammenhänge zwischen Sozialer Unterstützung und gesundheitlicher Situation schließt das Kapitel der theoretischen Grundlagen ab.
Kapitel II widmet sich dem methodischen Aufbau der Untersuchung. Zunächst wird auf die Entwicklung der Fragestellung, den Untersuchungsaufbau, das Design der Untersuchung und die Stichprobe bzw. den Zugang zu dieser eingegangen. Anschließend werden die Datenerhebungen mittels problemzentrierter Leitfadeninterviews, Sozialer Atome, der Fragebögen zur Sozialen Unterstützung (F-SozU) und dem Gießener Beschwerdebogen (GBB-24) sowie Validierungsstrategien erläutert.
Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung werden in Kapitel III vorgestellt. Darin erfolgt zuerst eine Einführung in das Kapitel und die Beschreibung der Interviewpartnerinnen. Nachfolgend (in Abschnitt III/I) werden die gesundheitliche Situation mit gesundheitsfördernden bzw. -einschränkenden Bedingungen, Auswirkungen der Gewalterfahrungen auf die Gesundheit und die Verarbeitung der erfahrenen Gewalt zum Zeitpunkt des Einzuges in die Frauenzufluchtswohnung erläutert. Die Darstellung der Ergebnisse zu Sozialer Unterstützung, detaillierter zu UnterstützerInnen, Zufriedenheit mit der erhaltenen Unterstützung, zur Geschlechterverteilung der UnterstützerInnen, zur Größe des Unterstützungsnetzwerkes und zu Unterstützungsangeboten folgt. Im Anschluss werden die informelle und die formelle Soziale Unterstützung der gewaltbetroffenen Frauen bei Aufnahme in die Frauenzufluchtswohnung näher betrachtet. Da Soziale Unterstützung nicht immer gegeben oder bezogen werden kann oder obwohl meist positiv konnotiert, auch negative Seiten aufweist, werden nachfolgend Barrieren für den Erhalt und negative Aspekte Sozialer Unterstützung beschrieben. Den Abschluss der Ergebnisse der Ersterhebung bilden Ausführungen zu Social Support und Gesundheit mit Fokus auf deren Zusammenhang bzw. die Auswirkungen Sozialer Unterstützung auf die Gesundheit. Im zweiten Teil dieses Kapitels (III/II) werden die Ergebnisse der Zweiterhebung zu den vorgenannten Themenbereichen vorgestellt, deren Erhebung bei Auszug aus der Frauenzufluchtswohnung stattfand. Diese werden ins Verhältnis zu denen der Ersterhebung gesetzt, Veränderungen der Sozialen Unterstützung und der gesundheitlichen Situation aufgezeigt.
In Kapitel IV erfolgt die Diskussion der Ergebnisse anhand empirischer Studien und theoretischer Ausführungen.
Auf diesen Erkenntnissen aufbauend wird in Kapitel V ein abschließendes Fazit gezogen, das das Wechselverhältnis von Sozialer Unterstützung, Gesundheit und häuslicher Gewalt und deren gegenseitige Einwirkungen herausstellt und in dem aufgezeigt wird, welche Bedeutung, welche Form Sozialer Unterstützung für die Gesundheit verschiedenartig unterstützter gewaltbetroffener Frauen hat.
Das Literaturverzeichnis und der Anhang, in dem Transkriptionsregeln, Interviewleitfäden und die Sozialen Atome der befragten Frauen aufgeführt sind, vervollständigen die Arbeit.
In dieser Untersuchung werden sowohl die weibliche als auch die männliche Schreibform verwendet. Kommt die weibliche Schreibform allein zur Anwendung, beziehen sich die Aussagen im Text ausschließlich auf Frauen. Bei wörtlichen Zitaten wurde jedoch die Originalschreibweise beibehalten.
ITheoretische Grundlagen
1(Häusliche) Gewalt
Die Begriffe „Familiäre Gewalt“, „Gewalt im sozialen Nahraum“, „Beziehungsgewalt“, „Häusliche Gewalt“, „Domestic Violence“, „Family Violence“, „Violence Against Women“, „Intimate Partner Violence“ versuchen ein schwer zu fassendes, mehrschichtiges, komplexes Phänomen zu definieren. Sie kommen teilweise synonym zur Anwendung. Der hier verwendete Terminus „Häusliche Gewalt“ hat sich im deutschen Sprachgebrauch durchgesetzt und lehnt sich an den im englischsprachigen Raum gebräuchlichen Ausdruck „Domestic Violence“ an (vgl. Mark 2006: 13).
Je nach wissenschaftlich, juristisch, polizeilich orientiertem Hintergrund oder aus der sozialarbeiterischen Praxis heraus entwickelt, variieren die Definitionen „Häuslicher Gewalt“. Polizeiliche und juristische Ausführungen beziehen sich meist ausschließlich auf strafrechtlich oder zivilrechtlich relevante Formen physischer, psychischer und sexueller Gewalt in bestehenden oder bereits aufgelösten familiären oder partnerschaftlichen Beziehungen. „Häusliche Gewalt bezeichnet (unabhängig vom Tatort/auch ohne gemeinsamen Wohnsitz) (Gewalt-)Straftaten zwischen Personen in einer partnerschaftlichen Beziehung, die derzeit besteht, die sich in Auflösung befindet oder die derzeit aufgelöst ist oder die in einem Angehörigenverhältnis zueinander stehen, soweit es sich nicht um Straftaten zum Nachteil von Kindern handelt.“ (Der Polizeipräsident in Berlin/BIG e. V. 2001: 7).
Wissenschaftliche Definitionen sind inhaltlich umfassender. So beschreibt Godenzi (1994: 27) Gewalt im sozialen Nahraum als „schädigende interpersonale Verhaltensweisen, intendiert oder ausgeübt in sozialen Situationen, die bezüglich der beteiligten Individuen durch Intimität und Verhäuslichung gekennzeichnet sind“. Somit impliziert Godenzi nicht nur Gewalt unter (ehemaligen) Partnern, sondern fasst „Gewalt im sozialen Nahraum“ weiter. Gewalt unter Geschwistern, zwischen Eltern und Kindern, zwischen Verwandten und Bekannten einer Partei des bestehenden oder ehemaligen Paares fallen ebenso unter den Terminus Gewalt im sozialen Nahraum.
Aus der sozialarbeiterischen oder klinischen Praxis entwickelte Definitionen sind meist präziser formuliert und auf den konkreten Einzelfall anwendbar. Sie beziehen soziale, emotionale und zum Teil ökonomische Gewalt ein (vgl. Gabriel 2004: 23; vgl. Gloor/Meier 2004: 12; vgl. Gloor/Meier 2007: 17). Die Berliner Interventionszentrale gegen Gewalt gegen Frauen (BIG) definiert „Häusliche Gewalt“ differenzierter als „die Formen der physischen, sexuellen, psychischen, sozialen und emotionalen Gewalt, die zwischen erwachsenen Menschen stattfindet, die in nahen Beziehungen zueinander stehen oder gestanden haben. Das sind in erster Linie Erwachsene in ehelichen oder nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften, aber auch in anderen Verwandtschaftsbeziehungen“ (o. J.: 4).
Ökonomische bzw. finanzielle Gewalt, als eine Ausprägung häuslicher Gewalt, wird in dieser Definition nicht benannt. In der praktischen Sozialarbeit mit von Gewalt betroffenen Frauen kommt sie jedoch häufig zur Sprache. Finanzielle Abhängigkeit vom Partner, z. B. durch Zuteilung oder Entzug des Geldes durch diesen oder das Verbot zu arbeiten, kann zu einer längeren oder dauerhaften finanziellen Abhängigkeit und damit dem Verbleib oder zur Rückkehr in die gewaltgeprägte Situation beitragen (vgl. Gorde et al. 2004: 704). Die Ausübung finanzieller Gewalt in Zusammenhang mit anderen Gewaltarten hilft dem/der Ausübenden seine Macht- und Kontrollposition in der Beziehung auszubauen, den/die Betroffene/n zu entwerten, zu isolieren und stärker an sich zu binden. Gelingt den Betroffenen die Herauslösung aus einer finanziellen Gewaltsituation, sind sie meist schon hoch verschuldet oder durch langjährige finanzielle Verpflichtungen, wie z. B. Bürgschaften oder gemeinsame Schulden weiterhin an den/die gewalttätige/n Partner/in gebunden.
Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im häuslichen Bereich, z. B. Kindesmisshandlung, Kindeswohlgefährdung oder sexueller Missbrauch, wird juristisch als eigenständiger Problemkomplex gesehen. Kinder sind meist zumindest indirekt durch die Gewalt gegen ihre Mutter oder ihren Vater mitbetroffen. „Gewalt gegen die Mutter ist eine Form der Gewalt gegen das Kind. Wir haben es somit nicht nur mit „Zeugen“ sondern mit Opfern von Gewalt zu tun.“ (Kavemann o. J.: 9). Die von BIG ausgeführte Definition häuslicher Gewalt (s. o.) bezieht sich ausschließlich auf Erwachsene. Kinder und Jugendliche, die nicht direkt, sondern sekundär, als Zeugen häuslicher Gewalt zwischen Erwachsenen betroffen sind, müssen mitbedacht werden, wenn von häuslicher Gewalt die Rede ist. Sie tragen ein stark erhöhtes Risiko, als Erwachsene, selbst häusliche Gewalt zu erfahren. „So hatten Frauen, die in Kindheit und Jugend körperliche Auseinandersetzungen zwischen ihren Eltern mitbekommen haben, mehr als doppelt so häufig selbst Gewalt durch (Ex-)Partner erlebt wie Frauen, die keine körperlichen Auseinandersetzungen zwischen ihren Eltern erlebt haben (47% vs. 21%). Befragte, die angaben, häufig oder gelegentlich Gewalt durch Erziehungspersonen erlebt zu haben, gaben fast drei Mal so häufig eine Viktimisierung durch Gewalt in Paarbeziehungen an wie Frauen, die nie Gewalt durch Erziehungspersonen erlebt hatten (13% vs. 38%).“ (Müller/Schröttle 2004 a: 268).
Daraus geht hervor, wie wichtig der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor direkten oder indirekten Gewalterfahrungen in der Familie, als ein wichtiger Baustein zur Prävention von generationenübergreifendem Gewalthandeln und Gewalterleiden, ist (vgl. Kavemann 2007: 32 f.).
Die Autorin bezieht sich in den weiteren Ausführungen auf die Definition „Häuslicher Gewalt“ durch BIG (vgl. o. J.: 4) und ergänzt diese durch die Gewaltform ökonomische Gewalt.
Das so genannte „Wheel of Power and Control“ wurde im Domestic Abuse Intervention Project in Duluth, Minesota in den 1980er Jahren von gewaltbetroffenen Frauen entwickelt. Es stellt die Formen männlicher Gewalt gegenüber Frauen dar, die als Mittel zur Aufrechterhaltung des ungleichen Machtverhältnisses zwischen Männern und Frauen dienen (vgl. Brandau/Ronge 1997: 3). Zur umfassenden grafischen Darstellung des Phänomens Häusliche Gewalt ist dieses Modell nur bedingt geeignet, da es sich ausschließlich auf Männer als Täter in heterosexuellen Partnerschaften beschränkt und sexuelle Gewalt als eine Form häuslicher Gewalt nicht einbezieht. Aus diesem Grund zieht die Autorin die Darstellung einer modifizierten Variante des „Rades der Gewalt“ vor.
Abbildung 1:Rad der Gewalt (Gabriel 2004: 23; modifiziert von Wahren)
1.1Arten häuslicher Gewalt
Physische, sexuelle, psychische, ökonomische, emotionale und soziale Gewalt werden als Formen der Gewalt unter dem Begriff „Häusliche Gewalt“ in der Literatur aufgeführt (vgl. Ohl 2002: 11; vgl. Gabriel 2004: 23). Diese Arten der Gewalt existieren nebeneinander. In der sozialen Arbeit mit gewaltbetroffenen Frauen wird jedoch selten von nur einer Gewaltart berichtet. Meistens überschneiden sich die Formen, gehen nahtlos ineinander über oder bedingen einander. „Es zeigte sich, dass Frauen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, häufiger von zwei oder drei Gewaltformen berichten. Hiermit bestätigt sich, dass häusliche Gewalt ein komplexes Misshandlungssystem darstellt.“ (Brzank 2005: 4). Beispielsweise ereignet sich physische Gewalt im häuslichen Kontext meist in Zusammenhang mit psychischen Gewalteinwirkungen (vgl. Ohl 2002: 12). Tätliche körperliche Angriffe gehen oft mit Bedrohungen, Beschimpfungen und Beleidigungen einher. Allen Arten häuslicher Gewalt ist gemeinsam, dass sie das Ziel verfolgen, Macht und Kontrolle über eine nahe stehende Person zu erlangen. In einigen Studien wurden soziale (und ökonomische) Gewalt der Kategorie psychische Gewalt untergeordnet bzw. nicht differenziert untersucht (vgl. z. B. Müller/Schröttle 2004 a; vgl. Heiskanen/Piispa 1998). Die nachfolgend unter den einzelnen Gewaltarten aufgezählten Handlungen häuslicher Gewalt können nur stellvertretende Beispiele für deren mannigfaltige Erscheinungsformen sein, die Aufzählung ist nicht abschließend.
1.1.1Physische Gewalt
Unter physischer bzw. körperlicher Gewalt werden alle Angriffe gegen Körper und Leben einer Person verstanden. Darunter fallen z. B. Ohrfeigen, Fußtritte, Schlagen, Schubsen, Treten, Fesseln, Essens- oder Schlafentzug, Würgen, Zufügen von Verbrennungen und anderen Verletzungen sowie tätliche Angriffe mit Schlag-, Stich- und Schusswaffen oder Gegenständen bis hin zur Tötung (vgl. Mark 2006: 11; vgl. Moore et al. 2006: 12). Beinahe untrennbar mit physischer Gewalt ist die psychische Gewalt verbunden, da erstgenannte meist mit Demütigungen und Drohungen einhergeht.
1.1.2Psychische Gewalt
Psychische Gewalt ist durch Drohungen, Beleidigungen, Beschimpfungen, Erniedrigungen, Demütigungen und Einschüchterungen charakterisiert (vgl. Gabriel 2004: 23). Durch Blicke, Gesten und Handlungen, z. B. Zerstörung des Eigentums, wirken die Gewalt Ausübenden Druck auf die Betroffenen aus und flößen ihnen Angst ein. Darüber hinaus bekommen die Betroffenen häufig die Schuld für die Gewaltausbrüche zugeschrieben. Betroffene Frauen benennen diese Art der Gewalt als die zerstörerischste. „Mehrere Frauen beschrieben psychische Gewalt in Paarbeziehungen als eine Form von „Gehirnwäsche“, die sie von ihrem eigenen Empfinden entferne, ihr Selbstbewusstsein zerstöre, sie „verrückt“ mache.“ (Müller et al. 2004 b: 30). Die nachfolgend beschriebenen Gewaltausprägungen soziale und emotionale Gewalt werden in verschiedenen Studien als Teil der psychischen Gewalt betrachtet und oft nicht explizit erwähnt (vgl. Krug et al. 2002, vgl. Martinez et al. 2006, vgl. Müller et al. 2004 a; b).
1.1.3Emotionale Gewalt
Unter emotionaler Gewalt werden Verhaltensweisen, wie Bloßstellen, Lächerlich-Machen, Ignorieren des Partners, Weigerung mit diesem zu sprechen, Isolation, Überwachung, Aussperrung, Einsperrung und vorsätzlich widersprüchliche Handlungen verstanden. Drohungen die Kinder wegzunehmen, den Partner gegenüber anderen Personen für verrückt, krank, dumm usw. zu erklären, Kontrolle wohin er geht, wen er trifft, was er tut, gehören ebenso zu dieser Form häuslicher Gewalt (vgl. Gabriel 2004: 23). Emotionale Gewalt ist charakterisiert durch vollständige Kontrolle aller Lebensbereiche bis hin zu emotionaler Zurückweisung und vollständiger Verweigerung der Anerkennung der Person des Partners/der Partnerin (vgl. Ohl 2002: 12).
1.1.4Soziale Gewalt
Soziale Gewalt ist häufig eng mit psychischer und/oder emotionaler Gewalt verbunden und kann daher kaum losgelöst von diesen betrachtet werden. Charakteristischstes Merkmal dieser Art von Gewalt ist deren Ausrichtung auf soziale Beziehungen der betroffenen Person. Beispiele dafür sind die Abwertung der Person in der Öffentlichkeit, am Arbeitsplatz und/oder vor FreundInnen. Das Ausnutzen von Privilegien, die Behandlung des Partners/der Partnerin als Bedienstete/n oder das alleinige Treffen von Entscheidungen ohne oder für den Partner/die Partnerin sind Ausdrucksformen sozialer Gewalt. Der Einsatz der Kinder als Druckmittel, Kontrolle oder Einschränkung aller sozialen Kontakte sowie die Beanspruchung der alleinigen Entscheidungsmacht über alle Familienmitglieder zählen zu dieser Gewaltform (vgl. Gabriel 2004: 23; vgl. Gloor/Meier 2007: 17; vgl. Mark 2006: 11).
1.1.5Sexuelle Gewalt
Alle sexuellen Handlungen, die mit Drohungen oder Gewalt erzwungen werden, sind dem Begriff der sexuellen oder sexualisierten Gewalt zuzuordnen. Darüber hinaus gelten Handlungen als sexuelle Gewalt, wenn sie gegen den Willen und das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung durchgeführt werden, unabhängig davon, ob der/die Täter/in sexuelle Handlungen an einer Person ohne deren Einverständnis tätigt oder durch diese Person an sich ausführen lässt (vgl. Mark 2006: 11).
Das Spektrum sexueller Gewalt ist sehr breit gefächert und wird in körperliche sexuelle und seelische sexuelle Gewalt unterschieden (vgl. Kritsberg 1995: 49). Zu den Formen körperlicher sexueller Gewalt zählen zum Beispiel oraler, analer, vaginaler Geschlechtsverkehr, Zwang zur Prostitution oder zur Teilnahme an Pornografie, Zwang, Zeuge der sexuellen Gewalt gegenüber Dritten zu werden, unnötige medizinische Prozeduren, ungebührliche Gesundheitsmaßnahmen, Weigerung Kondome oder andere Verhütungsmittel zu benutzen, Degradierung zum/Behandlung als Sexualobjekt. Seelische sexuelle Gewalt in familiären Kontexten ist schwerer nachweisbar. Sie kommt häufig in Verbindung mit körperlicher sexueller Gewalt und psychischer Misshandlung vor. Zu den Arten seelischer sexueller Gewalt gehören beispielsweise Exhibitionismus, sexuelle Beschämung, sexuelle Belästigung, sexuelle Einschüchterung, sexuelle Witze (vgl. ebd.).
1.1.6Ökonomische Gewalt
Ökonomische Gewalt umfasst alle Handlungen, die die finanzielle Unabhängigkeit des/der einen Partners/Partnerin durch den/die andere/n Partner/in einschränken, eine finanzielle Abhängigkeit herstellen oder aufrechterhalten. Verbot der Erwerbstätigkeit, Zwang zur Arbeit, Verweigerung oder Zuteilung von Geld, Überwachung der Ausgaben des Partners/der Partnerin, Einbehalten des Lohnes oder von Sozialleistungen sind Ausprägungen dieser Gewaltart (vgl. Gabriel 2004: 23). In der sozialarbeiterischen Praxis berichten die Betroffenen oft von Überschuldungen durch den/die Partner/in. Diese entstehen beispielsweise durch riskante Spekulationen, Raten- und Kreditkäufe, Bürgschaften für den Partner oder Aussetzen von Miet-, Strom- und Telefonkostenzahlungen. Auf Grund der gemeinsamen Haftung, z. B. bei Mietschulden, ist es für die Betroffenen sehr schwierig das bestehende Vertragsverhältnis zu kündigen. Meist ist eine Kündigung oder Entlassung aus dem Vertrag erst nach Begleichen der Schulden möglich. Für die Betroffenen bedeutet das eine sehr starke finanzielle Belastung. Stehen nicht ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung, wird das Verbleiben in der Gewaltbeziehung begünstigt. Für einige Betroffene führt der Ausbruch aus der gewaltgeprägten Beziehung in eine starke Verschuldung oder direkt in die Insolvenz.
Um die Situation gewaltbetroffener Frauen nachvollziehen zu können, ist es unabdingbar, nicht nur die Arten häuslicher Gewalt zu kennen, sondern auch die ihr zu Grunde liegenden Dynamiken zu betrachten.
1.2Dynamiken häuslicher Gewalt
Bei gewaltbetroffenen Frauen treten verschiedene psychologische Prozesse auf, die Ihren Verbleib in der Beziehung begünstigen: Rationalisierung, Leugnung oder Bagatellisierung der erlebten Gewalt oder die Ursache für die Gewaltausbrüche im Alkohol- oder Drogengebrauch des Partners zu sehen. Darüber hinaus wirken sich Gewalterfahrungen negativ auf Problemlösungs- und Copingfähigkeiten aus (vgl. Barnett 2001: 10 ff.). Die Strukturen von gewaltgeprägten Paarbeziehungen sind von unterschiedlichen Mustern durchzogen. Dazu zählen beispielsweise erlernte Hilflosigkeit, das sogenannte „Stockholm-Syndrom“ und der „Zyklus der Gewalt“. Diese Muster sind dynamisch, können sich abwechseln oder ineinander übergehen. Dabei handelt es sich nicht um „Typen von Frauen in gewaltgeprägten Beziehungen“, sondern um verschiedene Möglichkeiten, wie sich Frauen im Verlauf der Gewaltbeziehung wahrnehmen.
1.2.1Theorie der erlernten Hilflosigkeit
Seligman (vgl. 1979: 44) entwickelte mit Hilfe von Lernexperimenten mit Tieren und Menschen die Theorie der erlernten Hilflosigkeit. Diese setzt sich aus drei Faktoren zusammen: Information über das zukünftige Geschehen, kognitive Repräsentation des zukünftigen Geschehens (Lernprozess, Erwartung, Wahrnehmung, Überzeugung) und Verhalten in Bezug auf das Geschehen. Die subjektive Bewertung von Kontrollierbarkeit, nicht die objektiv betrachtete Situation, sind für die Entstehung der Hilflosigkeit Ausschlag gebend. In der Phase der kognitiven Repräsentation des zukünftigen Geschehens tritt die falsche Annahme auf, dass Verhalten und Konsequenz voneinander unabhängig sind. Kognitive, emotionale und motivationale Störungen können aus dieser falschen Annahme resultieren (vgl. ebd.: 35 ff.).
Nach der Theorie der erlernten Hilflosigkeit lernt eine Person, die die Erfahrung gemacht hat, dass Handlungsergebnisse unabhängig von ihrem Verhalten und Bemühen sind, dass zwischen diesen beiden Faktoren kein Zusammenhang besteht. Nach wiederholten Unkontrollierbarkeitserfahrungen bildet sich die Erwartung zukünftiger Unkontrollierbarkeit auch für Situationen aus, die kontrollierbar wären. Werden Lebewesen wiederholter willkürlicher Bestrafung ausgesetzt, erlernen diese Hilflosigkeit. Kann keine der Handlungen die Bestrafung beenden, wird jede willensgesteuerte Tätigkeit aufgegeben. Es entstehen Passivität und Unterwürfigkeit. Selbst in Situationen in denen das Individuum erfolgreich agieren könnte, verbleibt es in einer passiven Haltung. Das bedeutet, dass Situationen, die, wenn sie für das Individuum überfordernd und nicht handhabbar sind, zu einer Reduktion der Reaktionsfähigkeit in folgenden ähnlichen Situationen führen (vgl. ebd.: 44 ff.). Als Folgeerscheinungen können motivationale, kognitive und emotionale Störungen sowie Angst, Stressreaktionen und Depressionen auftreten.
Walker (vgl. 1994: 71 ff.) entwickelte diese Theorie in Bezug auf von Gewalt betroffene Frauen weiter. Erleben Frauen wiederholt Gewalt in der Beziehung und können sie die Gewaltsituationen durch ihr Verhalten nicht verändern, haben sie keine Kontrolle über die Situation. So kann sich ein chronisches Gefühl der Macht- und Hilflosigkeit ausprägen. „Hilflosigkeit beeinträchtigt das Problemlöseverhalten des Menschen. (…) der Schaden [ist] zwar nicht irreversibel (…), aber es ändert sich die Motivation, problemlösende Handlungen zu initiieren. Dadurch wird die Lernfähigkeit beeinträchtigt, und das Verhaltens-Repertoire, aus dem Menschen normalerweise auswählen können, wird eingeschränkt.“ (Walker 1994: 77).
Finden Demütigungen und Misshandlungen mehrfach und über einen längeren Zeitraum statt, verringert sich die Motivation und die Fähigkeit der Frau zu reagieren. Passivität folgt. Zugleich wird die Fähigkeit beeinflusst, eigene Erfolge zu erkennen. „Nachdem die misshandelte Frau ihr Gefühl der Hilflosigkeit generalisiert hat, tritt als nächstes ein, daß sie glaubt, nichts was sie tut, könnte überhaupt etwas an irgendeiner Situation ändern – nicht nur an der speziellen, die gerade eingetreten ist. (…) Schließlich wird ihr Gefühl für emotionales Wohlbefinden ganz unsicher. Sie neigt jetzt mehr zu Depressionen und Angst.“ (ebd.: 78).