Barbarossa, Botticelli und die Beatles
Das Who is who der Welt- und Kulturgeschichte
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© Eichborn Verlag in der Bastei Lübbe AG, Köln, August 2011
Umschlaggestaltung: Christina Hucke
Abbildungen vorn:
Hintergrund und Foto Ramses II (Abu Simbel): © istockphoto; Foto Beatles: © ullsteinbild; Elisabeth I. von England: Portrait von Isaac Oliver; Napoleon: Portrait von Evert A. Duykinck; Friedrich II: Portrait von Anton Graff
Abbildungen hinten:
Martin Luther King, Jr.: Library of Congress; Bischof Jakob Fugger: unbekannter Künstler; Sandro Botticelli: Selbstportrait (Ausschnitt aus »Anbetung der Könige«); Martin Luther: aus H. F. Helmolt (ed.) »History of the World«
Lektorat: Dr. Barbara Werner van Benthem
E-Book-Produktion: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN 978-3-8387-2334-1
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Jeder von ihnen ist einzig, doch keiner steht für sich allein. Leibniz wollte den Sonnenkönig Ludwig XIV. zu einem Ägyptenfeldzug überreden. Napoleon griff die Idee auf und hatte, als er nach Ägypten aufbrach, Goethes Werther im Gepäck. Beethoven dachte darüber nach, eine seiner Sinfonien Napoleon zu widmen, Katharina die Große kaufte Diderots Bibliothek, Schiller plante, Ludwig XVI. persönlich vor der Guillotine zu retten, die Beatles veränderten nicht nur die Musik, sie brachten nach der Ermordung John F. Kennedys den Amerikanern wieder Freude in den Alltag. Barack Obama berief sich während seines Wahlkampfs auf den Geist Abraham Lincolns.
Dieses Buch reist mit den wichtigsten Protagonisten der Welt- und Kulturgeschichte über 5000 Jahre von den Pharaonen bis heute durch die Zeit und damit zu den entscheidenden Momenten der Menschheitsentwicklung auf dem gesamten Globus. Neben vielen spannenden Episoden der Geschichte eröffnen sich dabei oft vollkommen überraschende Einblicke und der Leser begegnet auch Persönlichkeiten, die in Europa vielleicht weniger bekannt sind, die aber die südamerikanische, afrikanische oder asiatische Geschichte wesentlich geprägt haben. So wird die eurozentrische Sicht zumindest ein wenig aufgebrochen.
Natürlich kann ein einzelnes Buch, egal wie umfangreich es ist, weder die zahlreichen, oft mehrbändigen historischen und biografischen Werke zu den hier geschilderten Personen und Ereignissen ersetzen noch eine umfassende oder gar erschöpfende Darstellung der Welt- und Kulturgeschichte vorlegen. Dieses Buch soll vielmehr helfen, Wissen aufzufrischen, weiße Flecken zu tilgen und auf Verbindungen zu stoßen, die man noch nicht kannte. Und wer weiß, so mancher neu entdeckte Zusammenhang führt vielleicht in die ein oder andere ungeahnte Tiefe.
Wen können wir zu den wichtigsten Menschen der Geschichte zählen? Das Ergebnis wird immer eine Auswahl sein, die zum Widerspruch reizt. Wichtigstes Kriterium war, dass die jeweilige Person die Menschheit auf eine neue Stufe geführt hat oder beispielhaft für eine Epoche steht. Die Ereignisse, an denen sie teilhatten, sind vielfältig: der Bau der Pyramiden, das erste chinesische Kaiserreich, die Wahrheiten und Mythen der Bibel, der Beginn des Buddhismus, der Streit von Kaisern und Päpsten, das neue Menschenbild in der Renaissance, die Aufklärung, die künstlerische Revolution des Impressionismus, die Anfänge der Bakteriologie, die ersten Augenblicke des Jazz und des Films, die Erfindung des Automobils, der Raketentechnik, des Internets … Doch wo anfangen? Ich mache es mir einfach und starte mit dem Moment, an dem alles begann:
Aus einem kosmischen Partikel, so winzig, dass der kleinste Teil der uns bekannten Materie dagegen so groß wie ein Universum erscheint, entstehen in Sekundenbruchteilen die Dimensionen Raum und Zeit. Das ist der Urknall.
Im Raum, der sich schneller als das Licht entfaltet, verteilt sich die Materie. Die Zeit ist es nun, die den Dingen und dem Leben die Gelegenheit zur Entfaltung gibt. Dabei sind die Zeiträume, in denen sich das Universum entwickelt, gigantisch. In den nächsten etwa neun Milliarden Jahren verdichten sich Gase durch die Anziehungskraft der Massen zu Planeten und Planetensystemen. Vor etwa 4,55 Milliarden Jahren beginnt die Erde Form anzunehmen. Zwei Milliarden Jahre braucht sie, um eine Atmosphäre zu bilden. Fast noch einmal die gleiche Zeit geht dahin, bis sie zusammen mit einem allmählich ansteigenden Sauerstoffgehalt vor etwa 700 Millionen Jahren eine Ozonschicht bildet. Weitere rund 200 Millionen Jahre später beginnt sich Leben zu entwickeln. Aus Einzellern werden Mehrzeller. In Jahrmillionen entstehen unzählige Arten, auch die Dinosaurier. Dann schlägt vor fast 65 Millionen Jahren ein Asteroid mit einem Durchmesser von zehn Kilometern in der Gegend des heutigen Golfs von Mexiko ein. Viele Arten sterben aus. Die Dinosaurier gehören dazu. Das Zeitalter der Säugetiere beginnt. Auch das der Affen.
Unsere Vorfahren spalten sich vor etwa sieben Millionen Jahren von den Menschenaffen ab. Aus verschiedenen Frühmenschenarten geht der Homo erectus hervor. Sein Gehirn vergrößert sich. Bis zum aufrechten Gang vergehen erneut Hunderttausende von Jahren. Schließlich, vor etwa 300 000 Jahren, entsteht aus dem Homo erectus der Homo sapiens, der sich bis vor etwa 100 000 Jahren zum heutigen modernen Menschen entwickelt.
60 000 Jahre später haben sich die Menschen über weite Teile der Erde verbreitet. Sie schaffen Höhlengemälde, fertigen aus Knochen Musikinstrumente und nach dem Ende der vorerst letzten Eiszeit vor etwa 12 000 Jahren entwickeln sie den Ackerbau und werden in größerer Zahl sesshaft. Vor etwa 9400 Jahren bauen sie erste Städte, noch einmal 4000 Jahre später verarbeiten sie erstmals Metall, ab 3500 v. Chr. entsteht die erste Schrift.
Nahezu 13,7 Milliarden Jahre sind nun schon seit dem Urknall vergangen. Wir haben kaum mehr als eine Seite dafür gebraucht. Jetzt nutzen wir die nächsten 350 Seiten für die Geschehnisse der anschließenden »nur« 5000 Jahre bis heute. Wie selbstverständlich bedienen wir uns dafür der Schrift. Denn mit ihr beginnt die eigentliche Geschichte. Erst durch sie kann das, was geschah, kann Geschichte überhaupt erst aufgeschrieben werden.
Aha lebt um 3000 v. Chr.
Er ist nicht der erste König in Ägypten. Doch über die Identität von Ahas Vorgängern, die wegen ihrer Symbole als König »Skorpion«, »Krokodil«, »Elefant«, »Falke« oder »Doppelfalke« bezeichnet werden, streiten die Ägyptologen. Auch was Aha betrifft, sind die Fachleute in manchem uneins. So diskutieren sie darüber, ob man in ihm auch den mythischen König Menes, Gründer der Stadt Memphis, sehen kann oder ob Menes eher identisch ist mit Ahas mutmaßlichem Vater, dem letzten altägyptischen König Narmer.
Sicher ist, unter Aha gelingt erstmals eine dauerhafte Vereinigung von Oberägypten, dem südlichen Nilgebiet bis zum Sudan, und Unterägypten, dem Gebiet des Nildeltas. Aus diesem Grund geht Aha als erster König der ersten Dynastie des Ägyptischen Reichs in die Geschichte ein.
Aha herrscht über eine der ersten Hochkulturen der Menschheit. Dass sie in Ägypten entsteht, ist vor allem dem Wasser des Nils und dem fruchtbaren schwarzen Schlamm zu verdanken, den der Fluss bei der jährlich wiederkehrenden Schwemme über die Ufer spült. Am grünen Streifen des Nilufers gedeihen zur Zeit Ahas Dattelpalmen, Maulbeerbäume und Akazien, jagen Löwen, grasen Antilopen und finden Giraffen Nahrung im dichten Blattwerk der Bäume.
Die Menschen sind schon Jahrtausende vor Aha am Nil sesshaft geworden. Sie beobachten den Lauf der Sonne, erstellen Kalender, können die Wiederkehr der Nilschwemme errechnen, teilen das Jahr bereits in Monate zu 30 Tagen ein und fügen Schalttage hinzu. Um das Wasser zu verteilen, bauen sie Kanäle, und um es zu speichern, legen sie Seen an. Das überall am Nil wachsende Papyrusgras beginnen die Ägypter seinerzeit zu papierähnlichen Bögen zu verarbeiten und zum Beschreiben zu nutzen.
Für sein Volk ist Aha eine Institution, kein Mensch, sondern Mittler zur Götter- und Totenwelt. Kein gewöhnlicher Sterblicher darf ihn anschauen oder ansprechen. Er ist Per-o, »der Himmel« oder »das große Haus«. Diese Bezeichnung wird eineinhalbtausend Jahre nach Aha unter König Thutmosis III. Verbreitung finden und später in seiner hebräischen Abwandlung als »Pharao« in der Bibel zum allgemeinen Begriff der Herrscher des Alten Ägypten. Aha ist der Erste in der Liste der Pharaonen, deren Reich 3000 Jahre überdauern wird. Und nicht nur das: Sein Name ist auf Tonscherben und Elfenbeintäfelchen erhalten.
Imhotep lebt um 2700 v. Chr.
Drei Jahrhunderte fließen nach König Ahas Regierungsantritt den Nil hinunter. Kanalbau, Schiffsbau, Töpferhandwerk und Hieroglyphenschrift entwickeln sich und immer aufwendiger gestalten die Ägypter die Bestattung ihrer Könige.
König Djoser regiert als der zweite Herrscher der 3. Dynastie, mit der das sogenannte Alte Reich beginnt. Einer von Djosers wichtigsten Ratgebern ist Imhotep (sinngemäß: »Der in Frieden kommt«).
Manche Bildnisse von Imhotep haben Vermutungen genährt, er sei Schwarzafrikaner gewesen. Seine Talente und Tätigkeiten sind vielfältig. Während einer Hungersnot rät er als Priester zu einer Opfergabe an den Gott der Nilfluten. Als hoher Beamter verhindert er durch die Errichtung von Bewässerungsanlagen weitere Dürren. Als Arzt begründet er die ägyptische Medizin. Auch als Verfasser von Gesetzen wird er tätig. Doch als Baumeister vollbringt er sein Meisterstück.
In der Totenstadt Sakkara, wo schon unter Aha Bestattungen stattgefunden haben, baut Imhotep für König Djoser aus Kalkstein die erste Pyramide, eine Stufenpyramide. Dies gelingt vor allem, weil Imhotep neue Steinbearbeitungstechniken einsetzen lässt. Mit gehärteten Kupferwerkzeugen brechen die Arbeiter den Stein geschickt entlang seiner Bruchstellen.
Bis zu Imhotep war es üblich, Königsgräber als große quaderförmige Bauten anzulegen, Mastabas genannt. Auch für Djoser hat Imhotep ursprünglich nur eine Mastaba geplant. Doch da ihm wegen der Langlebigkeit seines fast 20 Jahre regierenden Königs viel Zeit zur Verfügung steht, erweitert er den Bau und stapelt in Stufen über den ersten bald fertig gewordenen Grabquader weitere kleiner werdende Mastabas, sodass schließlich die erste Stufenpyramide über 62 Meter hoch in den ägyptischen Himmel ragt.
Nach Imhoteps Tod verschwindet sein Name zunächst aus den Annalen. Erst Jahrhunderte später, im Neuen Reich, erinnert man sich in Ägypten wieder des großen Mannes und beginnt ihn als Gott zu verehren. Bevor nun ein Schreiber seine Arbeit aufnimmt, opfert er einen Tropfen Tinte für Imhotep, den ersten Erbauer einer Pyramide und den ersten großen Universalgelehrten, den die Geschichte kennt.
Cheops regiert von ca. 2620 bis ca. 2580 v. Chr.
Als besonders eifrige Pyramidenbauer erweisen sich die Könige der 4. Dynastie. König Snofru lässt ab etwa 2670 v. Chr. in einer 30-jährigen Regierungszeit gleich drei davon errichten: eine Stufenpyramide, eine Knickpyramide und die erste auch in ihrer Form echte Pyramide: die über 100 Meter hohe sogenannte Rote Pyramide in Dahschur. In welcher der König sich bestatten lässt, weiß man nicht. Die Bauten sind vermutlich Teil seines Versteckspiels mit Grabräubern. Eine Pyramide ist nicht nur ein überwältigendes Symbol von Macht, sondern auch eine Grabfestung, in der der Herrscher ungestört seinen Weg in die Ewigkeit nehmen soll. Außer Nahrung und Kleidung werden ihm Schmuck und kostbare Handwerksarbeiten mitgegeben. Oft müssen auch Diener und Beamte den König begleiten. Durch Mumifizierung versucht man den königlichen Körper zu erhalten, denn die Seele soll ihn nach dem Tod im Totenreich wiederfinden.
Snofrus Nachfolger Chufu nutzt die vier Jahrzehnte seiner Herrschaft und lässt eines der größten Bauwerke der Menschheit errichten: die Cheops-Pyramide. Wir nennen sie so, weil wir Chufu mit seinem griechischen Namen Cheops kennen. Sein Grabmonument, ursprünglich etwa 146 Meter hoch, zusammengesetzt aus über 2,5 Millionen Steinblöcken und in seinen baulichen Ausmaßen das nach wie vor größte Gebäude der Welt, gehört zu den drei Pyramiden von Gizeh. Ursprünglich ist die Cheops-Pyramide mit poliertem Kalkstein verkleidet und glatt.
Die Pyramidengruppe von Gizeh, zu denen neben der Cheops-Pyramide die Grabmonumente der Könige Chephren und Mykerinos aus der gleichen Dynastie gehören, ist das einzige der vormals sieben antiken Weltwunder, das erhalten geblieben ist. Die anderen, der Koloss von Rhodos, die Hängenden Gärten der Semiramis in Babylon, das Grab von Mausolos II. in Halikarnassos (Namensgeber aller Mausoleen), die Zeus-Statue in Olympia und der Artemistempel in Ephesos, existieren nicht mehr.
Huangdi lebt vermutlich um 2600 v. Chr.
Während am Nil die ersten Pyramiden errichtet werden, entfalten sich in anderen Teilen der Welt ebenfalls erste Hochkulturen. Auch dort spielen Flüsse eine entscheidende Rolle. In Mesopotamien sind es der Euphrat und der Tigris, in Indien gibt der Indus der dortigen Kultur seinen Namen. Um 2600 v. Chr, als Cheops in Ägypten gerade seine gewaltige Pyramide erbauen lässt, ist in Mesopotamien die Entwicklung der Keilschrift zu ihrer Vollendung gelangt. Am Indus erreicht die Harappa-Kultur mit ihrer in Straßenblöcken gegliederten Stadt Mohenjo-Daro, in der etwa 40 000 Menschen leben, ihren Höhepunkt.
In China beginnt vieles am Gelben Fluss, wo zu jener Zeit womöglich Kaiser Huangdi regiert, auch der »Gelbkaiser« genannt. Bei ihm erlauben sich Wissenschaftler zum ersten Mal die Frage, ob es ihn tatsächlich gegeben hat. Gegen Huangdis Existenz spricht, dass er erst in der Zhou-Zeit, 2000 Jahre nach seinem Tod, als historische Gestalt erwähnt wird. Zuvor ist er nur Legende. Huangdi wird für die Chinesen zum Identitätsstifter, zum Schöpfer ihrer Kultur. Noch im 20. Jahrhundert behauptet Chiang Kai-shek, alle Völker Chinas seien Nachfahren Huangdis.
Huangdi ist eine Art Übermensch. Die Legende berichtet, er habe schon als Säugling gesprochen, mit 15 Jahren wird er der Anführer seines Stammes, und schließlich gelingt es ihm, durch seine Erfolge in zahlreichen Kriegen zum Kaiser aufzusteigen. Die Lobpreisungen auf Huangdi lassen kaum etwas aus. Er soll die Schriftzeichen und den Kompass erfunden haben, die Landwirtschaft, den Wagen, das Schiff, die Musik und die Heilkunde. Seiner Frau Leizu wird zudem die Erfindung der Seidenherstellung zugeschrieben, und als Huangdi den Pavillon erfindet, kontert Leizu, so heißt es, mit der Erfindung des »wandelnden Pavillons«, dem Regenschirm.
In einem Grabbau in der Provinz Shaanxi, umgeben von Bäumen, soll Huangdi ruhen. Auf seine Herrschaft folgt um 2200 v. Chr. im Osten Chinas (neue Vermutungen gehen von der Zeit um 2000 aus) die erste dokumentierte Dynastie Chinas, die Xia-Dynastie.
Gilgamesch lebt vermutlich um 2600 v. Chr.
Wenn sie tatsächlich gelebt haben, dann waren Huangdi in China und Gilgamesch, König der sumerischen Stadt Uruk in Mesopotamien, Zeitgenossen.
Die Frühzeit im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris, das heute im Wesentlichen zum Irak und Syrien gehört, ist geprägt von dem geheimnisvollen Volk der Sumerer. Weder ihre Herkunft noch die Zugehörigkeit ihrer Sprache konnte man bisher klären.
Im 5. Jahrtausend v. Chr. gründen die Sumerer Uruk und noch zahlreiche andere Städte, die zu Stadtstaaten wachsen, wie Lagasch, Kisch und Ur, woher der biblische Stammvater Abraham stammen soll. Die Stadt Eridu, nur wenige Kilometer südlich des späteren Ur, ist vielleicht die erste große Stadt der Welt und hat ihre Anfänge vermutlich sogar um 5600 v. Chr. Laut der sumerischen Königsliste soll Eridu die Residenz der ersten sumerischen Könige gewesen sein.
Alle diese Städte beherbergen bald mehrere 10 000 Einwohner und sind geometrisch um die Tempel von Gottheiten wie den Himmelsgottheiten An oder Ischtar angelegt. Ab etwa 3500 v. Chr. beginnen die Sumerer diese als Stufentempel (Zikkurate) zu gestalten, so wie den späteren Turm von Babel. In die gleiche Zeit fällt die Entwicklung der sumerischen Keilschrift, die bis heute älteste bekannte Schrift. Die Sumerer vervollkommnen sie bis etwa 2700 v. Chr. Weil die Texte von Urkunden, Briefen, Verwaltungsschriften und Erlassen oft in Tontafeln geritzt werden, sind viele bis zum heutigen Tag erhalten.
Auch erste Literatur verfassen die Sumerer, darunter das Gilgamesch-Epos, das älteste erhaltene Werk der Weltliteratur. Es entsteht wohl um 2400 v. Chr. und wird im Laufe der Jahrhunderte mehrfach bearbeitet und in mehreren Sprachen Mesopotamiens niedergeschrieben. Das Epos erzählt von Gilgamesch, der als bedeutendster frühdynastischer König der Sumerer um 2600 v. Chr. die legendäre zehn Kilometer lange Stadtmauer um die Stadt Uruk gebaut haben soll. Mit dem von den Göttern »in der Stille der Steppe« aus Lehm erschaffenen Jüngling Enkidu, dessen Aufgabe es eigentlich ist, Gilgamesch zu bekämpfen, schließt dieser enge Freundschaft. Als Gilgamesch die Liebe der Göttin Ischtar zurückweist, lassen die Götter Enkidu durch eine Krankheit sterben. Der verzweifelte Gilgamesch beschließt die Unsterblichkeit anzustreben. Eine Schlange aber stiehlt ihm die Pflanze, die ihm dazu verhelfen soll. Gilgamesch bleibt nur der Stolz auf seine Taten und die Gewissheit, dass die Götter die Menschen zu einem endlichen Leben bestimmt haben.
Sargon von Akkad lebt um 2356 bis 2300 v. Chr. nach der mittleren Chronologie
Sargon, der Name bedeutet »der wahre König«, stammt vermutlich aus der mesopotamischen Stadt Kisch, gehört nicht dem vorherrschenden Volk der Sumerer an, sondern ist ein Semit. Spätere Legenden erzählen, seine Mutter sei Priesterin gewesen und habe ihn als Säugling in einem Bastkorb in einem Fluss ausgesetzt. Womöglich bediente sich die Moses-Geschichte später dieses Motivs.
Am Hof des Königs Ur-Zababa von Akkad, einer Stadt im Zentrum Mesopotamiens, erhält Sargon den hoch angesehenen Beamtentitel des Mundschenks. Er stürzt Ur-Zababa, besteigt selbst den Thron, bricht die Macht der Sumerer und begründet die Vorherrschaft der Akkader in der Region.
Wie Sargon sind die Akkader Semiten. Ihre dem Hebräischen verwandte Sprache löst nun als Amtssprache das Sumerische ab. Sargon, der 56 Jahre regiert haben soll, schickt sein Heer gen Süden und die Beweglichkeit der mit Pfeil, Speer und Bogen kämpfenden Akkader ist der schwerfälligen Lanzenphalanx der Sumerer überlegen. Sie erobern die Städte Ur und Uruk, Umma und Lagasch. Auch die auf dem Gebiet des heutigen Iran liegende Stadt Elam zwingt Sargon unter seine Herrschaft. Dann dringt seine Streitmacht gen Norden bis nach Syrien vor. So errichtet Sargon den ersten mesopotamischen Territorialstaat, in dem er allerdings immer wieder Aufstände niederschlagen muss.
Die früheste Erwähnung der noch unbedeutenden und später so mächtigen Stadt Babylon stammt von einer Tafel aus Sargons Zeit, die davon erzählt, dass der mächtige Herrscher Babylon zerstören ließ. Die Stadt wird wieder aufgebaut und etwa 500 Jahre später eine weit größere Macht über die Region ausüben als einst Akkad. Doch das erste eigentliche Reich in dieser weltgeschichtlich bedeutsamen Region schuf Sargon.
Hammurabi regiert von 1792 bis 1750 v. Chr. nach der mittleren Chronologie
Dass die Griechen das gesamte Zweistromland später Babylonien nennen, ist der Herrschaft seines Königs Hammurabi zu verdanken. Mit ihm beginnt Babylons Aufstieg und seine weit über ein Jahrtausend andauernde wechselvolle Geschichte, in der es zeitweise die größte Stadt der Welt ist.
Als Hammurabi 1792 v. Chr. in Babylon den Thron besteigt, schaut die Stadt wohl schon auf eine 600-jährige Geschichte zurück, ist aber im Vergleich mit den anderen großen Metropolen zwischen Euphrat und Tigris noch unbedeutend. Hammurabi ist der sechste König der Dynastie der Amurriter. Das semitische Volk erringt in jenen Jahren dank des Expansionsdrangs von Hammurabi die Vorherrschaft im mittleren Mesopotamien.
Hammurabi, »Heilender Vater des Volkes«, regiert vier Jahrzehnte. Sein Reich sichert er durch erfolgreiche Feldzüge, geschickte Diplomatie, ein ausgeklügeltes Agentennetzwerk und eine straffe Verwaltung. Hammurabi baut das Bewässerungssystem Babylons aus, errichtet Tempel und kümmert sich um Landwirtschaft und Handel. Die Stadt erlebt eine goldene Zeit. Wie einst Sargon nimmt Hammurabi den Titel »König von Sumer und Akkad« an.
Berühmtheit erlangt eine erhaltene, über zwei Meter hohe Stele aus dunklem Dioritstein. Sie zeigt an ihrer Spitze ein Relief, auf dem der thronende Sonnengott Schamasch Gesetze an Hammurabi übergibt. Auch Moses wird später in der Bibel die Zehn Gebote von Gott empfangen. Unter dem Relief ist auf der Stele in Keilschrift in 282 Rechtssätzen eine der ältesten Gesetzessammlungen der Welt eingemeißelt. Zwar hat bereits König Urnammu von Ur etwa 300 Jahre zuvor Gesetze schriftlich fixieren lassen, doch Hammurabis Gesetzessammlung ist die umfassendste und umfangreichste, die erhalten blieb.
Der sogenannte Codex Hammurabi regelt Usancen des Handels, des Erbrechts, Besitzverhältnisse, Diebstähle, Körperverletzung, Heirat und Scheidung. Man liest vom Auge-um-Auge-Prinzip, das sich später in der Bibel wiederfindet.
Zwar sind die Gesetze auf der Stele vermutlich nur eine Festschreibung des seinerzeit geltenden Rechts oder eine Leitlinie, die bedingt befolgt wird. Die Fachleute streiten. Aber Hammurabi festigte damit seinen Status als oberster Gesetzgeber.
Das Reich des Hammurabi findet wenige Generationen nach seinem Tod ein Ende. 1595 v. Chr. plündern die Hethiter unter ihrem König Murschili II. Babylon.
Hatschepsut regiert von ca. 1479 bis 1458 v. Chr.
Seit Aha, dem ersten König der 1. Dynastie, sind bereits 1500 Jahre vergangen. Hatschepsut ist die fünfte Königin der 18. Dynastie, die mit der Gründung des Neuen Reiches durch Ahmose I. begann. Der konnte 1532 v. Chr. nach zwei Jahrhunderten Fremdherrschaft das rätselhafte Volk der vermutlich semitischen und aus Palästina stammenden Hyksos aus dem Nildelta vertreiben. Zuweilen wird spekuliert, ob die Hyksos Basis des Mythos vom Auszug aus Ägypten und der biblischen Josephs-Erzählung sind. Der letzte Herrscher der Hyksos in Ägypten soll Joseph geheißen haben.
Hatschepsuts Name bedeutet »die erste der vornehmen Frauen«. Ein wohl später verfasster Text soll sie als weiblichen Pharao legitimieren. Dieser berichtet, Amun-Re, »der König« der ägyptischen Götter, habe die Gestalt von Hatschepsuts leiblichem Vater, dem Pharao Thutmosis I., angenommen und mit dessen Frau Ahmose ein Mädchen gezeugt, das Königin Ägyptens werden sollte.
Hatschepsut wird als »Große Gemahlin« ihrem Halbbruder Thutmosis II. zur Seite gegeben. Als dieser 1479 v. Chr. stirbt, folgen ihm auf dem Thron seine minderjährigen Kinder Thutmosis III., den seine Nebenfrau Isis geboren hat, und Neferure, deren Mutter Hatschepsut ist. Anstelle der Kinder übernimmt Hatschepsut die Regentschaft und erklärt sich nach zwei Jahren zur Alleinherrscherin.
Während ihrer fast 22-jährigen Amtszeit erlebt Ägypten eine Epoche des Friedens und des Wohlstands. Hatschepsut sendet große Handelsexpeditionen nach Sinai, Assuan und nach Punt, dem sagenhaften Weihrauch- und Goldland, das wahrscheinlich an der heutigen somalischen Küste oder im Jemen lag. Mit ihrem Totentempel in Deir el-Bahri, der sich noch heute am Nilufer gegen die steilen Felsen harmonisch in die Landschaft fügt, errichtet sie einen der bedeutendsten Monumentalbauten des Neuen Reiches.
Nach Hatschepsuts Tod wird ihr Stiefsohn als Thutmosis III. zum Nachfolger. Er profitiert vom neu gewonnenen Reichtum des Landes und kann damit seine späteren Feldzüge finanzieren. Der »Napoleon der Pharaonen« dehnt die Macht Ägyptens mit Pferden und Streitwagen bis an den Euphrat aus. Berühmt wird die Schlacht bei Meggido, dem biblischen Armageddon, Symbol der Endzeitschlacht zwischen Gut und Böse, in der Thutmosis 1457 v. Chr. auf der alten Handelsstraße zwischen Ägypten und Mesopotamien aufständische Fürsten aus Kanaan besiegt.
Seiner Stiefmutter dankt er die Vorarbeit nicht. Thutmosis III. lässt ihren Namen aus zahlreichen Schriften und Tempeln tilgen und sogar Statuen und Obelisken stürzen.
Echnaton regiert von ca. 1351 bis ca. 1334 v. Chr.
Der einst unter Hatschepsut einsetzende wirtschaftliche und kulturelle Aufschwung hält noch an, als Amenophis IV. ein Jahrhundert nach dem Ende der Regentschaft der Pharaonin den ägyptischen Thron besteigt. Er wird als Echnaton in die Geschichte eingehen.
Schon während der Regentschaft seines Vaters Amenophis III. rückt unter den vielen Göttern Ägyptens, von denen Osiris, Isis und Anubis zu den wichtigeren gehören, der Sonnengott Aton stärker in den Mittelpunkt der religiösen Verehrung. Amenophis IV. wagt nun das Ungeheuerliche. Er macht Aton, so nehmen viele Historiker an, zum einzigen Gott. Sollte er dies getan haben, ist er der Begründer einer der ersten Religionen der Menschheit, die nur einen Gott verehrt. In der Wüste lässt Amenophis IV. in dreijähriger Bauzeit eine neue Hauptstadt mit Tempeln, Bibliotheken und Palästen errichten und nennt sie Achet-Aton, heute Armana. Er selbst gibt sich den Namen Echnaton, sinngemäß »der, der Aton dient«. Der ganze Hofstaat zieht in die neue Kapitale. Womöglich will Echnaton auf diese Weise der Macht der Priester in Theben entfliehen, die wie das Volk den Aton-Kult ablehnen.
Echnatons Regierungsweise bleibt rätselhaft. Womöglich kümmert er sich vor allem um die Errichtung neuer Bauten, die Förderung der Kunst und überlässt die Außenpolitik seiner Mutter Teje. Die zweite starke Frau in seinem Reich ist seine Hauptehefrau Nofretete, mit der er sechs Töchter bekommt. Reliefs zeigen das Paar, wie es mit seinen Kindern spielt.
Nofretetes Macht scheint größer als die aller Pharaonenfrauen zuvor. Sie wird sogar gleichrangig mit Echnaton dargestellt. Doch eines Tages verschwindet sie aus den Darstellungen. Starb sie an einer Krankheit? Wurde sie verstoßen oder ermordet? Als Echnaton wenige Jahre nach ihr stirbt, erlischt der Aton-Kult des »Ketzerpharaos« und die Ägypter kehren unter seinem Nachfolger, dem viele Jahrhunderte später wegen seines Grabes weltberühmt werdenden Tutenchamun, zu den alten Kulten zurück.
Ramses II. lebt von ca. 1303 bis 1213 v. Chr.
Es ist Ramses I., der Großvater von Ramses II., mit dem etwa 40 Jahre nach Echnatons Tod um 1300 v. Chr. die 19. Dynastie, die Epoche der Ramessiden, beginnt. Ramses I. trägt ursprünglich den Namen Paramesse. Obwohl nicht königlichen Blutes, stammt er aus einer bedeutenden Familie. Als General und Wesir folgt er dem Pharao Haremhab nach, als dieser keinen leiblichen Nachfolger hat.
Ramses heißt so viel wie »Re hat ihn geboren«. Die Ramessiden beseitigen endgültig die Erinnerungen an den ungeliebten Echnaton, betonen den Ahnenkult und verweisen auf die lange Linie der ägyptischen Geschichte. Cheops’ Pyramide steht immerhin schon seit fast 1400 Jahren. Auf Ramses I. folgt bald Sethos I., der das Ägyptische Reich weiter festigt. Dessen Sohn Ramses II. wird erheblich davon profitieren und in seiner Regierungszeit die Epoche der Pharaonen zu ihrem letzten großen Höhepunkt führen.
Im Jahr 1279 v. Chr. besteigt Ramses II. den Thron. Sein Charakter wird als brennend ehrgeizig, eitel, rastlos und tatkräftig beschrieben. Er führt erfolgreiche Feldzüge in Palästina und im Libanon. Doch er muss auch Rückschläge einstecken. In der Schlacht bei Kadesch im heutigen Syrien, einem der berühmtesten Waffengänge der frühen Menschheitsgeschichte, wird er 1274 v. Chr. im Kampf gegen den hethitischen König Muwatalli umzingelt und muss den Rückzug antreten. Zurück in Ägypten lässt er die Ereignisse in seinen Tempeln als Sieg darstellen. In den nächsten Jahren unternimmt Ramses noch weitere, jedoch erfolglose Versuche, die Hethiter zu bezwingen. 1260 v. Chr. schließt er mit dem Hethiterkönig Hattušili III. den ältesten erhaltenen Friedensvertrag und heiratet dessen Tochter.
Ramses, der fast 90 Kinder zeugt, hinterlässt einige der bedeutendsten Bauwerke des Alten Ägypten. Berühmt ist vor allem der gewaltige Felsentempel in Abu Simbel. Wie manche Historiker meinen, hat Ramses II. seine außerordentlich lange Regierungszeit vor allem genutzt, um ein möglichst schillerndes Bild von sich für die Nachwelt zu hinterlassen. Anhand seiner Mumie stellte man fest, dass er – ungewöhnlich für einen Ägypter – ursprünglich rothaarig war. In seinen letzten Jahren geht er wegen einer Versteifung der Wirbelsäule tief gebückt. Er stirbt im Alter von etwa 85 Jahren nach 66 Jahren Regentschaft.
Moses lebt vermutlich um 1200 v. Chr.
Der Sturm der Seevölker, eine bis heute rätselhafte Völkerwanderung, zerstört um 1200 v. Chr., wenige Jahrzehnte nach Pharao Merenptah, einem Sohn von Ramses II., die großen Reiche der Minoer und der Hethiter. Auch Ägypten und Mesopotamien geraten in tiefe Krisen.
In die Zeit des Merenptah fällt die erste Erwähnung des Namens Israel. Die Israeliten, Vorfahren der Juden, wandern um 1200 v. Chr. in Kanaan ein. Dort streiten die Phönizier und die gerade eingedrungenen Philister, die später der Gegend den Namen Palästina geben, um die Macht. Es sind die Israeliten, die zum ersten Mal in der Geschichte Ereignisse schriftlich festhalten. Auch gründen sie die erste dauerhafte monotheistische Religion, vorangetrieben von Propheten wie Elias, Jesaja oder Ezechiel. Der wichtigste der israelitischen Propheten ist Moses. Ob er je gelebt hat, kann nicht belegt werden. Vielleicht bekleidet er in der Zeit der Regentschaft des Pharao Sethos II. ein hohes Amt an dessen Hof. Auch wurde schon vermutet, Moses sei identisch mit Sethos’ Vorgänger Amenmesse.
Moses ist eine der zentralen Figuren in der Tora (im Alten Testament die fünf Bücher Mosis). Die wichtigste Schrift des Judentums erzählt von der Erschaffung der Welt, von den ersten Menschen Adam und Eva, deren Vertreibung aus dem Paradies, von der Sintflut und den Erzvätern Abraham, Isaak (Sohn Abrahams) und Jakob (Sohn Isaaks), der nach einem Kampf mit einem Engel den Namen Israel (»der mit Gott gekämpft hat«) erhält. Aus den Nachkommen von Jakobs zwölf Söhnen soll das Volk der Israeliten entstanden sein, das schließlich von den Ägyptern versklavt wird. Als der Pharao befiehlt, alle männlichen Kinder der Israeliten töten zu lassen, wird ein Kind aus dem Stamm Levi in einem Korb im Schilf ausgesetzt und von einer Pharaonentochter gefunden und adoptiert. Moses wächst am Hofe des Pharao auf und flieht, als er einen Soldaten erschlägt, der einen Israeliten auspeitscht. In der Wüste offenbart sich ihm der Gott Abrahams in einem brennenden Busch und nennt sich JHWH (Jahwe: »Ich bin, der ich bin«).
Moses führt sein Volk aus Ägypten heraus. Auf dem Berg Sinai übergibt Gott ihm die Gesetzestafeln mit den Zehn Geboten. 120 Jahre alt soll er laut Bibel geworden sein.
David regiert vermutlich um 1000 v. Chr.
Der erste König Israels war um 1000 v. Chr. Saul. Doch außer einer Erwähnung in der Bibel gibt es keine weiteren Zeugnisse seiner Existenz. Ähnlich verhält es sich mit seinem Nachfolger David. Ob er eine historische Person ist oder nur eine Legende, wissen wir nicht.
Die Bibel berichtet, dass David am Hofe Sauls lebt, Soldat ist, aber auch Musiker. In jener Zeit üben die Philister die Vorherrschaft in der Region aus, die sie sich nach dem Niedergang Ägyptens vor allem durch ihre Waffen aus Eisen erkämpfen. Als David den stärksten Krieger der Philister, den riesenhaften Goliath, nur mit seiner Schleuder besiegt, soll dies die Eifersucht Sauls erregt haben. David muss in den Süden von Kanaan fliehen. Dann wird Saul von den Philistern im Kampf getötet.
David einigt sich mit dem Stamm Juda und wird zuerst, so heißt es, im Jahr 1003 v. Chr. zu dessen König gesalbt, bevor er zum Herrscher von ganz Israel aufsteigt. Umstritten wie diese Berichte ist auch, ob David später den Stadtstaat Jerusalem auf der Grenze von Israel und Juda besetzt und zu seiner Residenz ausbaut und danach Syrer, Philister und weitere Völker unterwirft und eine Art Großreich errichtet. Davids Nachfolger wird der ebenfalls als historische Person nicht belegte weise Salomo.
Im Judentum entwickelt sich während der Gefangenschaft in Babylon durch König Nebukadnezar II. der Glauben, dass aus den Nachkommen des einst gesalbten Königs David der Messias hervorgeht. Messias und Christus sind die hebräischen und griechischen Worte für »Der Gesalbte«. So wird Jesus von Nazareth später als Nachkomme Davids bezeichnet.
Nebukadnezar II. lebt von ca. 640 bis 562 v. Chr.
Nebukadnezars Vater Nabopolassar ist Heerführer der Assyrer. Der zerschlägt 625 v. Chr. deren seit nahezu 1000 Jahren bestehendes Großreich, dessen Kernland das heutige Syrien war. Die Assyrer hatten seit etwa drei Jahrhunderten ganz Mesopotamien brutal unterdrückt. Nun erobert Nabopolassar die Städte Assur und Ninive und begründet 615 v. Chr. in Babylon das Neubabylonische Reich. Sein Sohn Nebukadnezar, der Nabucco in der gleichnamigen Oper von Giuseppe Verdi, besiegt zehn Jahre später die Ägypter, die zuletzt noch einzig verbliebenen Konkurrenten der Babylonier. Ein Jahr darauf folgt er seinem Vater als Nebukadnezar II. auf dem Thron.
Unter Nebukadnezar entfaltet Spätbabylonien seine größte Macht. Das Herrschaftsgebiet erstreckt sich von der Mündung des Euphrat im Osten bis zum Mittelmeer im Westen. Die Stadt Babylon ist in diesen Tagen, mehr als ein Jahrtausend nach der Regentschaft Hammurabis, mit rund einer Million Einwohnern die mit Abstand größte Metropole der Welt. Ihr Zentrum wird von einer 18 Kilometer langen Stadtmauer umfasst, an deren Nordabschnitt Nebukadnezar das prächtige Ischtar-Tor errichten lässt. Bei den bis heute nicht gefundenen Hängenden Gärten, eines der sieben antiken Weltwunder, handelt es sich vermutlich um Nebukadnezars Palastgarten.
597 v. Chr. befiehlt Nebukadnezar, das aufständische Jerusalem zu plündern, zehn Jahre später wird es völlig zerstört, der Tempel niedergebrannt, der Vasallenstaat Juda hört auf zu existieren. Nebukadnezar lässt einen großen Teil der Israeliten nach Babylonien verschleppen. Um ihre Identität zu bewahren, beginnen die Juden während der Babylonischen Gefangenschaft ihre Geschichte aufzuschreiben. Daraus entstehen später das jüdische Tanach und das Alte Testament der Bibel ebenso wie der Glaube an den einen Gott und die Verheißung von der Ankunft eines neuen Königs, des Messias.
Die Bibel lässt an dem angeblich lasterhaften Babylon und dessen Mischkultur kein gutes Haar. Das gipfelt in der Geschichte vom Turmbau, durch den die Babylonier zu Gott hinaufgelangen wollen. Der aber setzt dem Treiben durch die von ihm gesandte Sprachverwirrung ein Ende. Tatsächlich wird unter Nebukadnezar der 91 Meter hohe Zikkurat mit dem Tempel des Stadtgottes Marduk auf seiner Spitze errichtet.
Kaum zwei Jahrzehnte nach Nebukadnezars Tod zerfällt sein Reich mit dem Einzug des Persers Kyros II. in Babylon.
Homer lebt vermutlich im 8. Jahrhundert v. Chr.
Als Homer seine Dichtungen im 8. Jahrhundert v. Chr. aufschreibt oder diktiert, blicken die Menschen seiner griechischen Heimat bereits auf Jahrhunderte der Hochkultur zurück. In mehreren Einwanderungswellen sind seit etwa 1600 v. Chr. frühgriechische Stämme wie Achaier, Danaer, Ionier und später die Dorer in die Region gekommen. Sie vermischen sich mit den altmediterranen Völkern, bringen mit Zeus als Göttervater eine an Personal umfangreiche Götterwelt mit und übernehmen die um 1750 v. Chr. entstandene phönizische Schrift. Sie ist die Basis der meisten heute verbreiteten Alphabete wie das griechische, lateinische, hebräische, kyrillische und arabische.
Noch vor der Ankunft der Griechen hatte sich in der Inselwelt der Region von ca. 3000 bis 2000 v. Chr. die Kykladenkultur mit ihren minimalistischen Menschenabbildungen in Marmor entfaltet. Als erste Hochkultur auf dem europäischen Festland entwickelt sich ab etwa 1600 v. Chr. mit der wichtigsten Stadt Mykene die nach ihr benannte Kultur. In Homers Epos Ilias ist Mykene die Heimat des Agamemnon. In etwa über die Dauer dieser beiden Kulturen erstreckt sich auf Kreta die minoische Kultur. Sie gipfelt in dem labyrinthischen Palast von Knossos und findet durch eine Naturkatastrophe, vermutlich durch eine Vulkanexplosion auf der Insel Santorin, um 1700 v. Chr. ihr jähes Ende. Das Ereignis mag Ursprung des Atlantis-Mythos sein. An der Nordwestküste Kleinasiens beginnt der Aufstieg des sagenhaften Troja (Ilion). Die Belagerung und Eroberung der Stadt durch die Griechen ist Gegenstand von Homers Epos Ilias. Von der anschließenden zehnjährigen Irrfahrt, zu der die Heimreise des Helden Odysseus gerät, erzählt Homer in seinem zweiten Epos, der Odyssee.
Homers Ilias und Odyssee gelten als zwei der frühesten Epen der Weltliteratur. Nach klassischer Sicht beginnt mit diesen beiden Werken des ersten großen Dichters Europas die europäische Kultur- und Geistesgeschichte.
Aber sind die Ilias und die Odyssee das Werk eines einzelnen Dichters? Gab es Homer überhaupt? Oder ist er nachträglich erfunden worden? In der Antike wird Homer als blinder alter Wandersänger beschrieben. Doch was ist überhaupt wahr an den von Homer besungenen Ereignissen? Sind es nur Mythen?
Ein Junge namens Heinrich Schliemann ist zwei Jahrtausende später von Homers Ilias so überwältigt, dass er nicht glauben kann, dies sei nur Fantasie. Als Erwachsener wird er Mykene, Knossos und Troja ausgraben. Trotzdem liegt noch immer im Dunkeln, was sich von Homers großartigen Berichten tatsächlich ereignete und wie.
Solon lebt von ca. 640 bis ca. 560 v. Chr.
Vermutlich wäre Athen nicht die Wiege der Demokratie geworden, hätte es Solon nicht gegeben.