Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 1635
Schach der Blauen Schlange
Auf der Spur der MAGENTA – ein Mond wird zum Brennpunkt
von Robert Feldhoff
Am 3. August 1200 Neuer Galaktischer Zeitrechnung, das entspricht dem Jahr 4787 alter Zeit, materialisiert sich die von den Galaktikern lange befürchtete zweite Tote Zone im Raumsektor Arkon und legt diese Region der Milchstraße 5-D-technologisch lahm. Nichts, wofür der Hyperraum als Medium oder Quelle dient, funktioniert mehr.
Das arkonidische Imperium ist vom Rest der Galaxis abgeschnitten, und andere Mächte, in erster Linie die Akonen, versuchen daraus Kapital zu schlagen. Die galaktopolitische Lage ist angespannt wie lange nicht mehr, während noch vollkommen unklar ist, wer oder was die Toten Zonen verursacht und was es mit den Ennox auf sich hat, die plötzlich wieder da sind und, gegen weitreichende Zugeständnisse der Galaktiker, Nachrichten in die Tote Zone und von dort wieder heraus bringen. Sie ergreifen unterschiedlich Partei und stiften zusätzlich Verwirrung.
Ende 1200 NGZ eskaliert der Akon-Arkon-Konflikt, und eine technische Neuentwicklung der Akonen droht das Machtgleichgewicht in der Galaxis endgültig zu ihren Gunsten zu verlagern. Die MAGENTA mit dem XD-Transponder an Bord wird zum meistgesuchten Schiff der Milchstraße – und Anfang des Januars 1201 NGZ gelingt es endlich, ihre Spur aufzunehmen. Jetzt heißt es SCHACH DER BLAUEN SCHLANGE ...
Perry Rhodan – Der Terraner auf der Spur der Blauen Schlange.
Henna Zarphis – Die schöne Akonin schickt eine Geheimbotschaft zur ODIN.
Ronac – Ein Eingeborener von Szal-Mien wird plötzlich intelligent.
Corto Horrigan – Der ATK-Spezialist von Culmen III macht Maske.
Syla Poupin und Moran Rautar – Die beiden Siganesen entscheiden eine Schlacht.
Ronac
Im Grunde mochte keiner den Regen.
Trotz des Tageslichts stand die Scheibe des Mondes Aszal über dem Horizont; zwanzigmal größer als die Sonne Taarnor und deshalb trotz der dichten Wolkendecke als blutroter Schimmer zu erkennen. Die Nässe weichte seine Körperborke auf und ließ jede Pore an den Rändern verkleben, und von den Kronen der Bäume tropfte ein regelrechter Sturzbach brauner Flüssigkeit. Es war einer dieser Tage, an denen sie kein Feuer entzünden konnten – und vielleicht wog die Tatsache sogar noch schwerer als die der allgegenwärtigen Nässe, die selbst bis in die Höhlen am Berghang kroch. Allein der Gedanke daran ließ ihn missgestimmt mit den Zähnen klappern. Die Tedés, die Jungen des Stammes, sahen das Geräusch als Zeichen an, sich zu beeilen; so rasch wie möglich richteten sie die Mahlzeit her und setzten sie Ronac in einer grob behauenen Steinschüssel vor.
»Verschwindet!«, knurrte er.
Sie machten, dass sie ihm aus den Augen kamen. Im umliegenden Buschwerk verschwanden ihre noch lückenhaft beborkten Körper, und Ronac stieg mit der Schale in die nächste Astgabel hinauf. Vor ihm lag die Ebene. Irgendwo dort hinten waren jetzt Castodom, der Stärkste ihres Stammes, und der Rest der arbeitsfähigen Männer und Frauen beschäftigt. Sie alle sammelten Tsuin-Wurzeln, um sie gegen Tagesende im Fremdenhaus N'Akona abzuliefern. Nur nicht Ronac. Aber da er im Stamm der Einzige war, der Castodoms Vormachtstellung zu erschüttern vermochte, demütigte ihn der andere bei jeder Gelegenheit.
Heute war ein solcher Tag.
Wurzeln zu sammeln gehörte nicht zu den schönsten Arbeiten. Aber wer selbst davon ausgeschlossen wurde, der erschien den anderen als nutzloser Esser; als einer, der nur noch dazu taugte, die Tedés und die Alten des Stammes zu behüten.
Ronac hätte den Stärksten nur zu gern gestürzt. Aber Castodom anzugreifen, dazu gehörte schon mehr als Stärke – nämlich Dummheit. Wie man es auch drehte und wendete, die Situation war unerträglich. Ausgerechnet heute ... Dabei liebte er es, das Fremdenhaus N'Akona zu besuchen, weil man dort die rätselhaftesten Dinge zu Gesicht bekam. Nicht nur die Faustkeile ihres Stammes oder die Totenschädel ihrer Ahnen, mehr als Steinschüsseln und den Anblick des Feuers, wie es in einem Ring aus Steinen loderte.
Im Haus N'Akona spiegelte sich Ronacs Gestalt in tausend glatten Flächen. Als sei er von eckigen, klaren Pfützen umgeben, vom Sonnenlicht beschienen, in viele kleine Teile zerlegt. Und es summte in diesem Haus. Ronac schaute sich dann immer um, ob irgendwo ein Schwarm von Brutinsektos lauerte, doch es war niemals der Fall.
»Was ...«
Etwas warnte ihn.
Am Rand der Ebene machte er eine Bewegung aus. Er stellte die Schüssel so in der Astgabel ab, dass sie nicht herunterrutschen und zerspringen konnte, und richtete den Blick nach vorn. Die aufsteigenden Dämpfe des warmen Bodens trugen nicht zur klaren Sicht bei. Dennoch erkannte er, dass sich etwa hundert Personen näherten. Eine Formation der Vorsicht, aber keine des Angriffs. Es war sein eigener Stamm. Castodom lief in einer langen Reihe als Erster. Bei sich trugen die Stammesfrauen die kleinen Beutel der Götter, die sie immer als Geschenk erhielten. Die Männer dagegen, denen der Stärkste wenig Sorgfalt zutraute, schleppten so viele Tsuin-Wurzeln mit sich, dass drei Tage lang vorgesorgt war.
Morgen würde es noch einmal Regen geben, ebenso wie am Tag darauf und den folgenden. Und an jedem dieser Tage würden sie Wurzeln ernten. Nur die feuchten Wurzeln waren für die Götter interessant, weil dann ihre zarten Enden in der Erde keinen Halt fanden und bei der Ernte nicht abgerissen wurden. Nur so waren die Bewohner des Fremdenhauses N'Akona bereit, sie gegen ihre Dienste einzutauschen. Die Stämme lieferten nasse Wurzeln, die Fremden teilten wirksame Pulver gegen Krankheiten aus oder verschenkten Äxte, die nicht brechen konnten und im Sonnenlicht glitzerten.
»Ho, Ronac!«, rief der Stärkste schon von weitem. »Hast du mein Dorf gut beschützt?«
Er kletterte vom Baum, trat vor und antwortete: »So, wie du es wolltest. Es gab keine Zwischenfälle.«
Mit verklebter Körperborke trat der Stärkste nahe an ihn heran. Sein Körper dampfte vor Wärme. »Das habe ich auch gehofft. Wage es niemals, meine Befehle außer Acht zu lassen.«
Damit versetzte Castodom ihm einen Stoß, der ihn bis unter die Tedés fliegen ließ. Zitternd vor Wut rappelte sich Ronac wieder auf, wagte es aber nicht, den anderen anzugreifen. Sekundenlang starrten die beiden einander an. Unversöhnlicher Hass sprach aus beiden Augenreihen, und Ronac begriff, dass es niemals anders sein würde als in diesem Augenblick, wenn er nicht die Flucht oder den Kampf suchen wollte. Nein. Nein, ich werde es nicht tun. Stattdessen bahnte er sich einen Weg durch die ringsum gaffenden Männer und Frauen, bis er hinter einer Buschinsel aus Castodoms Blickfeld verschwunden war.
Erst gegen Abend wagte er sich wieder hervor.
Die Feuer brannten noch immer nicht, und der bescheidene Rest, den man ihm von der gemeinsamen Mahlzeit übrig gelassen hatte, erweckte nicht gerade seinen Appetit. Doch er musste essen. Morgen war wieder ein langer Tag.
*
»Ah, Ronac! Du bist sicher gekommen, um dich für dein Verschwinden von gestern zu entschuldigen.«
»So ist es, Castodom.«
Der ganze Stamm saß um einen großen Baum herum, sie alle tranken Wasser aus den nassen Blütenkelchen und warteten darauf, dass der Stärkste das Signal zum Aufbruch gab. Und sie alle hörten mit. Nicht ein Einziger schwatzte jetzt; kaum einer, der an diesem entwürdigenden Spiel nicht seine Freude hatte.
»Ich möchte dich bitten«, sagte Ronac, »mein Verhalten zu verstehen. Dein Schlag war schmerzhaft. Ich wollte allein sein.«
»Nun gut. Du hast den ganzen Tag Zeit, deine Wunde ...«, das Wort betonte er mit sarkastischem Tonfall, »zu schonen. Du wirst auch heute die Tedés und die Alten bewachen. Wir anderen gehen Wurzeln sammeln.«
»Das kannst du nicht tun, Castodom! Lass mich mit euch gehen!«
»Warum sollte ein kranker Mann bei uns sein?«
»Ich bin nicht krank. Ich habe mich erholt.«
Ronac musste mit aller Macht an sich halten, um nicht loszuspringen und den Stärksten hier, vor allen anderen Mitgliedern ihres Stammes, anzugreifen. Der andere spürte das und kostete den Augenblick seines Sieges in vollen Zügen aus.
»Bist du sicher? Du kannst ernten wie alle anderen, sagst du?«
»Ja!«
»Hmm ... gut! Wir werden sehen, was du leisten wirst. – Ho! Hört alle her! Es geht an die Arbeit!«
Er brauchte eine Weile, um sich an den sumpfigen Untergrund zu gewöhnen. Mit jedem Schritt spürte Ronac seine Glieder. Dass er in der Nacht wenig geschlafen hatte und zuvor kaum gegessen hatte, rächte sich nun. Auf halbem Weg zu den Erntegründen von heute stockte der Stärkste plötzlich, und sie schlugen sicherheitshalber einen weiten Haken, der sie um eine verdächtige Buschinsel herumführte. Ronac hörte jetzt erst das Summgeräusch der Brutinsektos. Wenn der Schwarm über sie kam, halfen auch die Mittel der Götter nichts mehr. Dann war alles viel zu spät.
Kurze Zeit später erreichten sie eine kleine Ebene, die ringsum von Wäldern und Hügelzügen eingeschlossen wurde. Es wimmelte von kleineren und größeren Tieren, aber sehen ließ sich kein einziges. Der Boden war noch nicht so aufgewühlt wie anderswo. Und direkt in der Mitte senkte sich das Gelände ein bisschen ab, so dass eine lang gestreckte Mulde mit dampfenden Pfützen entstand.
»Hier!«, kommandierte Castodom. »Macht euch an die Arbeit!«
Ronac mischte sich unter die anderen.
Doch der Stärkste winkte ihn heran und sagte: »Nein, heute ist deine Aufgabe eine andere. Du gehst in die Mitte. Dort brauche ich einen Mann, der kräftig ist. Du hast als Einziger gestern nicht gearbeitet. Sieh zu, Ronac, dass du dein Pensum aufholst!«
Castodom deutete direkt dorthin, wo die Pfützen am dichtesten standen.
Einen der Beutel aus dem Fremdenhaus nahm Ronac mit sich, dann begann er die Randbereiche der Mulde abzuernten. Immer wieder fuhr er mit den Händen tief in den Schlamm wühlte nach den Enden der Tsuin-Wurzeln und lockerte sie mit vorsichtig rüttelnden Bewegungen. Schon nach kurzer Zeit erlahmten seine Kräfte wieder. Ab und zu schaute er sich um, ob Castodom gerade hersah und wenn das nicht der Fall war, schob er kleine Brocken der Ernte in den Mund. Anders wäre er schon nach kurzer Zeit zusammengebrochen. Der Schlamm saugte an seinen Händen und Füßen, das Rückenskelett wurde von der Muskulatur immer wieder in schrecklichste Winkel gebogen.
Gegen Mittag legten sie die erste Pause ein. Die Männer und Frauen versammelten sich um ihren Führer.
Nur Ronac durfte sich nicht zu den anderen gesellen. Castodom hielt ihn mit einer Geste auf Abstand. Also sank er hin, wo gerade keine Pfütze stand, und umklammerte mit einer Hand lediglich den halb gefüllten Sack. Alle anderen Glieder wurden schlaff. Er konnte nicht mehr. Doch schon kurze Zeit später kam das Signal, die Arbeit wieder aufzunehmen. Aus der dichten, hellbraunen Wolkendecke regnete weiterhin nieselfeiner Niederschlag, weichte selbst die feinsten Schründe seiner Borkenhaut auf, ließ den Rumpf auskühlen und legte einen Schleier über die Augen. Und alles, um dem Fremdenhaus N'Akona Tsuin zu liefern ... Warum? Worin lag der Sinn?
Aber wenn es eine Antwort gab, so wäre er gewiss nicht derjenige, dem sie gegeben würde. Also wühlte sich Ronac weiterhin in den Schlamm, ertastete und zupfte, sparte selbst die tiefsten Pfützen nicht aus. Alle anderen arbeiteten in den Trockenzonen, wo man höchstens ein paar Zentimeter weit einsank. Und von dort warf Castodom ihm immer wieder drohende Blicke zu. Arbeite, hieß das. Arbeite um dein Leben.
Kurz bevor es Abend wurde, rief der Stärkste die Männer und Frauen des Stammes zusammen. Zum ersten Mal seit vielen Stunden bewegte sich Ronac aus dem Schlamm heraus und spürte wieder festen Boden unter den Füßen. Der Sack in seinen Händen war prall gefüllt und wog eine ganze Menge.
»Zeig her!«, befahl Castodom.
Ronac reichte ihm den Sack.
Der andere warf einen Blick hinein und sagte: »Nicht sehr viel. Aber genug. Ich werde dich in Zukunft immer für die Pfützen einsetzen. Wie gefällt dir das?«
Ronac hatte nicht mehr die Kraft, zu widersprechen. Deshalb nahm er wortlos mit dem Rest des Stammes eine kleine Mahlzeit ein, dann ging es weiter in Richtung Süden. Dort stand das Haus N'Akona.
*
Der Stamm kannte nichts, was dem Haus vergleichbar gewesen wäre. Sie selbst lebten in ihrem Dorf, mit dem großen Baum in der Mitte, dem Buschwerk und den vielen kleinen Höhlen ringsum. Szal-Miener schliefen in Astgabeln oder an unwegsamen Stellen, die kein Raubtier erreichen konnte.
Die Fremden aber ...
Ihr Haus war mindestens dreimal so hoch wie der höchste Baum, und wenn man es umrunden wollte, musste man auf dem felsigen Untergrund eine Stunde lang klettern. Ronac wusste, dass das Haus wie eine riesige Höhle war. Aber irgendwie hatten es die Fremden fertig gebracht, ein Gebirge aufzubauen, wo vorher nichts als blanker, flacher Stein gewesen war. Und sie hatten den Stein ausgehöhlt, bis man hineingehen und die Räume mit vielerlei wundersamen Gegenständen ausstatten konnte. Ronac versuchte immer wieder, sich eine Vorstellung zu machen. Aber sosehr er sich den großen Kopf zermarterte, es kam nichts dabei heraus.
Vielleicht waren die N'Akona wirklich Götter – vielleicht auch Erdgeister aus unbekannten Landstrichen Szal-Miens, die noch keiner jemals gesehen hatte.
In einer langen Prozession näherte sich der Stamm dem Zugang. Es ging lange Zeit mit geringer Neigung aufwärts; immer weiter über scharfkantigen Untergrund, der bei jedem unachtsamen Schritt Wunden in die Füße treiben konnte. Und aus der anderen Richtung näherte sich ein zweiter Stamm, ebenfalls mit etwa hundert Personen, und auch sie trugen schwer an ihren prall gefüllten Säcken. Über ihnen allen wachte mit grellem Glitzern der Turm des Fremdenhauses, und es sah aus, als würden die N'Akona aus der Höhe der Wolken herabsehen und schätzen, wie viel Tsuin dieser Tag wohl bringen mochte.
»Ho!«, rief Castodom. »Bleibt zusammen! Passt auf, dass euch niemand die Ernte stiehlt!«
Die Mitglieder des Stammes schlossen hastig zueinander auf. Vorn öffnete sich plötzlich der Zugang zum Fremdenhaus. Und der Stärkste des anderen Stammes, dessen Name Arric war, näherte sich ebenfalls, an der Spitze seiner Leute, mit drohend vorgerecktem Hals. Sie drängten durch den Eingang, ohne sich gegenseitig Beachtung zu schenken. Ronac rutschte als Letzter mit hinein. Plötzlich hörte das Nieseln auf, und das Reiben von Borkenhaut auf Borkenhaut erzeugte knisternde Geräusche. Es war, als sei hoch oben über ihren Köpfen eine blaue Sonne aufgegangen, genauso hell wie das Licht der Sonne Taarnor, aber viel intensiver und beißend für die Augen. Ronac schaute nicht mehr hoch: Stattdessen hingen seine Blicke an den Wänden fest. Wie die Oberfläche eines tiefen Sees, nur etwas stumpfer, dafür aber ebenso makellos und ohne die geringste Verfärbung. In einer solchen Höhle hätte er nicht leben mögen ... Wie konnte man da hören, ob sich die Nachbarstämme zur Plünderung näherten? Oder sehen, wenn die Sonne aufging? Auf der anderen Seite war man vor Raubtieren sicher, denn er wusste genau, dass sich der Zugang zum Fremdenhaus N'Akona öffnen und schließen ließ. So, wie sie in ihrer größten Höhle manchmal eine Barrikade aus gefälltem Holz aufbauten, um das Getier der Nacht fern zu halten.
Mit ungeduldigem Murren versammelten sich die beiden Stämme. Viele misstrauische Blicke wanderten hin und her, und lediglich das allgegenwärtige Summen überlagerte ihr Gewisper untereinander.
Plötzlich fiel sein Blick auf eine Gestalt, die in kurzer Entfernung an der Wand stand. Es war eine Frau aus dem Nachbarstamm. Er hatte sie nie vorher gesehen. Ronac bewegte sich auf sie zu, bevor er noch darüber nachdenken konnte. In seinem eigenen Stamm hatte er zur Paarung keine Chance, solange Castodom alles kontrollierte. Aber diese Fremde konnte nicht wissen, wie sehr er unter der Rivalität zu leiden hatte. Und deshalb wusste sie nicht, dass man sich von ihm besser fern hielt; sie tat nichts, seinem Blick auszuweichen, und machte auch keine Anstalten, weiter nach vorne hin zu verschwinden, wo die meisten Männer standen.
Sie war größer als er, aber nicht älter, und die Borkenhaut an ihrem Schädel ließ darauf schließen, dass sie noch nie ein Junges geboren hatte. Sonst hätte er nicht diesen dunklen grünlichen Schimmer bemerkt, der mit dem ersten Tedés gewöhnlich verschwunden war.
»Wie ist dein Name?«, fragte er.
»Ich heiße Fhem.«
»Ich bin Ronac. Ich würde dich gern wiedersehen, wenn ich es nur irgendwie könnte.«
»Du weißt, dass es unmöglich ist.«
»Natürlich. Aber ich frage mich, weshalb du nicht vom Stärksten eures Stammes geschwängert wurdest.«
»Man sagt, ich sei zu klug. Alle hegen Scheu vor mir. Niemand wird mich schwängern. Mir ist es recht so.«
»Ich würde es tun.«
»Man wird es dir nicht gestatten, Ronac.«
»Das ist wahr ... – Hör zu, die Fremden erscheinen gleich, um die Ernte einzutauschen. Vielleicht sehen wir uns einmal wieder. Das nächste Mal, wenn wieder so viel Regen fällt. Wir treffen uns genau hier, an dieser Wand, in dieser Ecke des Fremdenhauses.«
»Einverstanden.«
Mehr zu sagen fehlte ihnen die Zeit, denn in diesem Augenblick öffnete sich ein Zugang zur angrenzenden Höhle, aus dem sich weißes, unsagbar helles Licht über die Szal-Miener ergoss. Aber nur einen Augenblick lang. Dann hatte sich der Zugang wieder geschlossen, und auf einem kantigen, hohen Stein standen die N'Akona.