Vorwort von Birgit Schilling
Vorwort zur dritten Auflage
Tag 1: Explosive Kreativität
Tag 2: Dynamische Ordnung
Tag 3: Nachhaltige Produktivität
Tag 4: Gesunder Rhythmus
Tag 5: Sprudelndes Leben
Tag 6: Sinnstiftender Rückblick und belebende Beziehungen
Tag 7: Kraftspendende Ruhe
Nachwort
Anhang 1: Swing für mehrere
Anhang 2: Die Schöpfungsgeschichte
Swing – Dein Leben in Balance
3. Auflage September 2011
© Down to Earth Verlag, Berlin 2004
www.down-to-earth.de
Herausgeber
Down to Earth Verlag Tel: 030 - 822 79 62
Laubacher Str. 16 II Fax: 030 - 822 79 62
14197 Berlin E-Mail: info@down-to-earth.de
Text: Kerstin Hack
Lektorat: Ulrike Propach, Franziska Arnold
Grafik/Satz: www.michaelzimmermann.com
Coverfoto: Bob Mitchell (Corbis)
Illustrationen: Ursula Chaoul
ISBN 978-3-935992-24-4
ISBN eBook 978-3-86270-049-3; eBook-PDF: -048-6; Smartphone-App: -047-9
Im Internet
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www.swing.down-to-earth.de
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Birgit Schilling
Dieses Buch ist für mich eine Einladung zum Leben: zum prallen, überfließenden, begeisterten Leben und Glauben. Nach anfänglicher Skepsis – Was soll denn der Schöpfungsbericht mit meinem Leben zu tun haben!? – war ich total verblüfft, zu sehen, dass Gottes Art, die Welt zu erschaffen, mir heute Anfang des 3. Jahrtausends eine Anleitung gibt, wie ich mein Leben balanciert gestalten kann.
Während ich Swing las, saß ich auf meinem Ecksofa im Wohnzimmer und hatte das Empfinden, mit der Autorin über mein Leben zu reden. Ich freute mich, dass wir in manchen Bereichen unabhängig voneinander zu ähnlichen Antworten auf die Frage, wie man das Leben gut und ausgewogen leben kann, gekommen waren: Kerstin Hack im Blick auf ihren Alltag als Verlagsleiterin und ich im Blick auf meine »Firma« Familie und meine Beratungspraxis. Gleichzeitig freute ich mich über ganz neue Impulse für meine Lebensgestaltung.
Die anschaulichen Beispiele aus dem Leben von Kerstin Hack und ihre einfühlsamen Gedichte berührten mein Herz. Ihre Offenheit verbunden mit fundierter Fachkenntnis machen das Buch zu einem echten Schatz für mich.
Ich habe in dem Buch kräftig herumgeschrieben und die Ränder mit Anmerkungen versehen. Wichtige Sätze und Zitate habe ich unterstrichen und die inspirierenden Fragen im Blick auf mein Leben beantwortet. Einige Anregungen setzte ich sofort um: das »Erfolgs- und Danke-Buch«, die Ein-Minuten-Reflexionszeit, der grüne Marker für getane Arbeit. In den kommenden Monaten werde ich damit experimentieren, wie ich Aspekte der einzelnen Schöpfungstage in meinen Wochenalltag als berufstätige Mutter integrieren kann. Das ist einfach spannend!
Swing – Dein Leben in Balance ist so vielfältig, dass eine Buchhandlung wohl Schwierigkeiten haben wird, es einzuordnen: Es könnte unter der Rubrik Biografie stehen, aber auch unter Theologie, Management, Wellness, Lebenshilfe oder Psychologie – oder am besten in allen Abteilungen.
Das Leben ist schön. Es gemeinsam mit dem Schöpfer zu entdecken, ist ein Abenteuer – dazu fordert dieses Buch heraus. Danke!
Birgit Schilling
Birgit Schilling ist als Supervisorin (DGSv) und Coach tätig. Sie ist Autorin mehrerer Bücher, unter anderem »Berufung finden und leben« und »Fest im Glauben – stark im Leben«.
Swing geht nun in die dritte Auflage. Das Buch, die Seminare und die weiterführenden Materialien haben inzwischen Tausende von Menschen inspiriert, ihr Leben dynamisch und lebendig zu gestalten. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass dieses Konzept so weitreichende Auswirkungen hat.
Anfangs hatte ich das Swing-Prinzip für mich persönlich entdeckt und dann genutzt, um meinen Alltag besser zu gestalten. Mein Leben ist nicht von selbst wohlgeordnet. Das liegt einerseits daran, dass ich selbstständig bin und eine Vielzahl unterschiedlicher Aufgaben mich herausfordert. Ich habe niemanden, der mir von »oben« sagt, was ich tun oder lassen soll. Andererseits liegt es wohl auch daran, dass ich jemand bin, den nette Menschen als »kreativ«, weniger nette Menschen als »ein bisschen chaotisch« beschreiben.
Jahrelang habe ich versucht, mit ellenlangen To-do-Listen, Wochen-, Monats- und sonstigen Plänen mein Leben in den Griff zu kriegen. Zeitweise klappte das ganz gut. Aber nach einer gewissen Zeit kamen mir alle Pläne, Tages- und Minutenlisten zu steif und zu einengend vor. So zu leben funktionierte auf Dauer nicht, weil die Listen nur auf die Erledigung von Aufgaben fokussiert waren, aber die verschiedenen Bedürfnisse meiner Persönlichkeit nicht berücksichtigten. Ich sehnte mich nach einem neuen, ganzheitlichen, dynamischen, aber auch beruhigenden Lebensrhythmus.
Auf dieser Suche kam mir die Schöpfungsgeschichte in den Sinn. Für manche Menschen ist die Schöpfungsgeschichte ein rein symbolischer Mythos, für andere, zu denen ich mich zähle, beschreibt sie das Handeln eines kreativen Gottes mit eigenständiger Persönlichkeit. Unabhängig von der Betrachtungsweise entdeckt man in ihr ein faszinierendes Muster für die Lebensgestaltung.
Die Schöpfungsgeschichte beschreibt eine Woche, die randvoll mit Arbeit gefüllt war. Eine komplette Welt zu erschaffen, ist selbst für Gott keine kleine Aufgabe.
Aber die Beschreibung der Schöpfung strahlt dennoch ruhige Gelassenheit und Freude aus. Nirgendwo ist etwas von Stress und Überforderung zu spüren. Es klingt so, als ob Gott gelassen und kreativ eine Sache nach der anderen machte und offensichtlich Spaß dabei hatte. Es war erkennbar, dass er ohne rigide Raster und Stundenpläne auskam und sich nicht schon am dritten Schöpfungstag aufs Wochenende freute, das zu diesem Zeitpunkt auch noch gar nicht erfunden worden war.
Ich gebe zu: Gott ist Gott und hat als solcher den Ruf, weise, vollkommen, klug, umsichtig und voller Kraft zu sein. Das kann man von mir nicht immer behaupten. Dennoch schien es mir logisch, dass in Gottes kreativer Art, der Schöpfungswoche Gestalt zu geben, auch der Schlüssel für meine eigene Frage nach einem guten Lebensrhythmus zu finden sein würde.
Eines der Geheimnisse für ein gelassenes Leben hatte ich schon vor längerer Zeit entdeckt, nämlich die Beschreibung göttlicher Gelassenheit: »Am siebten Tage ruhte Gott«. Daraus folgt der Ratschlag für den Menschen: »Am siebten Tage sollst du ruhen.« Ich genieße diesen wöchentlichen Ruhetag schon seit Jahren bewusst: Der Computer bleibt (meistens) ausgeschaltet, ich nehme mir entspannt Zeit, um zu lesen und mich auszuruhen, spazieren zu gehen und Kaffee zu trinken. Meine Seele baumelt. Meine Gedanken und mein Körper kommen zur Ruhe. Es ist ein Tag der Freiheit, Dinge sein zu lassen. Und ein Tag, an dem meine emotionalen und physischen Tanks wieder aufgefüllt werden.
Am siebten Tage ruhte Gott – und er lädt die Menschen ein, mit ihm zu ruhen. Das hatte ich verstanden. Ich fragte mich: Sind womöglich im »Wochenplan« der Schöpfung weitere Muster zu erkennen, die das Leben in seiner Vielfalt ähnlich befreiend und wohltuend ordnen können, wie der Ruhetag? Könnte es sein, dass Gott einen Rhythmus »auf Lager hat«, der nicht nur die Arbeit ordnet, sondern auch den menschlichen Bedürfnissen nach Kreativität, Struktur, Produktivität, Freundschaft, Vision, Abenteuerlust und Ruhe Raum gibt?
Mit diesen Fragen im Hinterkopf las ich mehrere Monate lang (fast) täglich die Schöpfungsgeschichte, spürte ihrem Rhythmus nach und analysierte die Aktivitäten der einzelnen Tage genauer.
Ich war fasziniert von dem, was ich dabei entdeckte: Jeder Schöpfungstag hat eine spezifische Prägung. An jedem Tag kommt ein anderer Aspekt dessen, was man für ein gesundes Leben braucht, zum Ausdruck:
Mir wurde klar: All diese Aspekte brauche ich auch zum Menschsein, wenn ich nicht nur etwas tun, sondern auch ganzheitlich Mensch sein will. In den letzten Jahren habe ich mich mit dem beschäftigt, was Wissenschaftler dazu zu sagen haben – wie etwa der Ökonom Manfred Max-Neef, der sich viel mit den Bedürfnissen der Menschen auseinandergesetzt hat. Zum Teil verwenden die Forscher andere Begriffe, doch am Ende kommen sie auf ähnliche Lebenselemente und Grundbedürfnisse wie die, die ich in der Schöpfungsgeschichte entdeckt habe.
Mir wurde bei der Beschäftigung mit diesen acht Grundelementen klar: Wenn diese Aspekte in ausgewogener Mischung in einer Woche vorhanden sind, ist das Leben in Balance. Wenn nicht, drohen früher oder später Mangelerscheinungen, die sich in Unausgeglichenheit, Stress, Überlastung oder Depression äußern können.
Auf dieser Idee aufbauend begann ich, die Grundmuster aus der Schöpfungsgeschichte als Gestaltungselemente in meinen Wochenplan zu integrieren. Ich versuche jede Woche so zu gestalten, dass einerseits die Arbeit getan wird, die ansteht (die »To-do-Listen«), andererseits aber auch die Dinge nicht zu kurz kommen, die das Leben lebenswert machen (die »To-be«-Aspekte).
Seit ich das Muster der Schöpfungswoche zu einem Raster für mein Leben gemacht habe, bin ich ausgeglichener, weil alle meine Bedürfnisse zum Zug kommen und ihren Platz finden. Mein Leben ist mehr in Balance gekommen.
Mit diesem Buch möchte ich dich einladen, diese Grundmuster des Lebens ebenfalls zu entdecken und auch für dein Leben einen wohltuenden Rhythmus zu entwickeln.
Seit ich Swing im Jahr 2004 geschrieben habe, habe ich weiter mit dem Swing-Konzept »gespielt«. Ich strukturiere meine Woche immer noch weitgehend nach dem Rhythmus, den ich damals entdeckt und im Buch beschrieben habe. Aber manchmal »spiele« ich auch mit den Elementen und gönne mir eine längere Zeit der Kreativität oder der Ruhe, um dann wieder in den normalen Rhythmus einzusteigen. Swing soll ja kein Korsett sein, das einengt, sondern Anregungen geben, wie das Leben besser gelebt werden kann – nicht muss.
Zu guter Letzt: Mein Leben als selbstständige Verlegerin ist wohl in vielen Aspekten anders als dein Leben als Angestellte(r), Elternteil, Hausfrau oder -mann, Manager(in) oder Arbeitslose(r). Nicht alle meine Erfahrungen und Anregungen werden 1:1 in deinem Leben umsetzbar sein – aber die Prinzipien und Grundelemente für einen gesunden Lebensrhythmus sind universell. Sie gelten unabhängig von der Lebenssituation, in der man steht.
Egal, wie du dich auf diese Reise begibst: Ich wünsche dir viele wunderbare und bereichernde Entdeckungen und vor allem, dass du einen Rhythmus findest, der genau zu dir passt.
Berlin, im Herbst 2011
Deine Kerstin Hack
Neben beschreibenden Texten findest du zwischen den Kapiteln Gedichte von mir, die helfen, den Rhythmus der Schöpfung zu erspüren. Zusätzlich gibt es Fragen, die dich inspirieren möchten, über deine Lebensgestaltung nachzudenken, sowie einige praktische Tipps, wie du das Gelesene gleich umsetzen kannst. Manche Menschen schätzen konkrete Vorschläge und die Aufforderung, sich Gedanken zur Umsetzung zu machen. Viele der Dinge, die langfristig dazu beitragen, das Leben gelassener zu leben, muss man erst einmal bewusst einüben und trainieren, deshalb gibt es hier eine Reihe von konkreten Tipps.
Andere Menschen jedoch empfinden solche Vorschläge als bevormundend und einengend. Je nachdem, was für ein Lesetyp du bist, kannst du die Anregungen intensiv bearbeiten oder einfach ignorieren. Wie es dir gefällt.
Der Text ist in 31 Abschnitte unterteilt. Das gibt dir die Möglichkeit, das Buch entweder in einem Rutsch durchzulesen oder z. B. einen Monat lang jeweils täglich einen Abschnitt zu lesen und auf dich wirken zu lassen. Ganz so, wie es zu dir passt.
Gemeinsam be-Swing-t
Du kannst auch gemeinsam mit deinem Partner, Freunden oder Kindern überlegen, wie ihr die acht Lebenselemente in eurem Leben einbauen könnt. Eurer Fantasie und Gestaltungskraft sind dabei keine Grenzen gesetzt.
Feedback erwünscht
Ich freue mich über dein Feedback und deine Erfahrungsberichte:
info@down-to-earth.de
Besuch mich gern im Internet:
www.kerstinhack.de
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Raus aus dem Nichts
Nichts als eine Suppe
Voll schwarzer Nichtigkeit
Müde Augen sehen nur
Dunkelheit
Hervor bricht Glitzern
Schimmerndes Licht
Bricht explosiv
In die Welt hinein
Und reflektiert den Himmel
In schimmernden Farben
Leere Wasser spiegeln
Auf tausend Arten
Die Unendlichkeit
Wasser wird zum ersten Mal
Vom Licht berührt
Und bricht in Regenbogenfarben
Und Tausende von glitzernden Punkten
Die auf den Wellen tanzen
Licht
Aus den Vorratskammern der
Ewigkeit freigekommen
Drückt sich aus
In Glimmer und Tanz
Und bahnt den Weg
Für das kommende Leben
Kerstin Hack
Swing
Dein Leben in Balance
Für meine Eltern,
die mir das Leben geschenkt
und mir beigebracht haben,
es zu genießen. Danke!
Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. Und die Erde
war wüst und leer, und Finsternis war über der Tiefe,
und der Geist Gottes schwebte über den Wassern.
Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es wurde Licht.
Und Gott sah das Licht, dass es gut war; und Gott schied das
Licht von der Finsternis. Und Gott nannte das Licht Tag, und
die Finsternis nannte er Nacht.
Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: ein Tag.
(Genesis 1,1-5)
Die Erde war ungeordnet und ohne Gestaltung.
Eine nichts sagende Suppe. Darüber schwebte Gottes Geist.
In dieses Nichts hinein sprach Gott das zündende Wort: »Licht.«
Und er benannte es.
Er nannte das Licht Tag und die Zeit ohne Licht Nacht.[1]
Gott weiß im Moment der Schöpfung genau, was er schaffen will. In einer inneren Vision sieht er die Welt vor sich, als wäre sie schon da: bunt und voller Leben in seiner ganzen Vielfalt. In der Leere der ungeschaffenen Welt beginnt er mit dem ersten kraftvollen Schöpfungsakt. Er spricht das eine Wort »Licht« und plötzlich explodiert alles. Sicher sah der ganze Himmel voller Spannung zu, als zum ersten Mal Lichtstrahlen auf finsteres Wasser trafen und sich in tausend Farben brachen. Ein majestätisches Schauspiel, eine kreative Explosion.
Kreativität steckt in jedem Menschen und wird unruhig wie ein Löwe im Käfig, wenn man sie zu lange gefangen hält. Am ersten Tag der Woche gebe ich dem kreativen Teil in mir »Auslauf«. Ich tue Dinge, die einen »kreativen Aufbruch« (manchmal auch eine Explosion) erfordern: Ich schreibe neue Texte, entwickle Ideen für Projekte, kritzle Notizbücher mit neuen Ideen voll und gestalte alles, was Innovation und Inspiration erfordert.
Am ersten Tag der Woche ist der Kopf durch die Erholung des Ruhetages noch frisch und die Gedanken sind klar. Ein Pool von Ideen wartet nur darauf, dass man ihn anzapft und sein Potential nutzt. Zu Beginn der Woche fällt es leichter als sonst, Dinge zu schaffen und Neues ins Leben zu rufen. Der Kopf ist noch nicht so sehr mit Projekten, Problemen und Aktivitäten verstopft wie an den späteren Tagen. Die visionäre Kraft ruft danach, zum Leben zu kommen – und wenn man sich Zeit dafür nimmt, kann man vor dem inneren Auge Dinge sehen, als wären sie schon geschaffen. An diesem Tag beginnt das Unsichtbare, sichtbar zu werden. Es ist für mich der Tag explosiver Kreativität.
Kreative Kraft kann auch in meinen Gesprächen mit Gott und Menschen zum Ausdruck kommen. Immer wieder sehe ich mich mit Menschen und Situationen konfrontiert, die steckengeblieben sind und Erneuerung brauchen. Dieser Tag, an dem ich noch frisch und energiegeladen bin, ist der ideale Tag, um in solche Situationen ein schöpferisches Wort zu sprechen. Manchmal treffe ich mich an diesem Tag mit Freunden, deren Leben blockiert erscheint, die nie die Freiheit zugesprochen bekamen: »Du darfst du sein!« Ich liebe es, mit ihnen zu sprechen, für sie zu beten. Es fällt mir leicht, mir vorzustellen, was passiert, wenn das brachliegende Potential in ihrem Innersten zu neuem Leben erwacht.
Wenn ich mir das Bild der Schöpfung vor Augen male, wie Gott inmitten der Dunkelheit und öden Leere lebenspendendes Licht geschaffen hat, fällt es mir leicht, auch für die schwierigsten Situationen Perspektiven zu entwickeln. Ich kann Lösungen förmlich vor meinen Augen sehen und sie in schillernden Farben und Worten auch anderen ausmalen. »Es werde Licht!«
Am Ende dieses ersten Wochentages ist erst einmal Ruhe angesagt. Gott drückt die »Pausetaste« und gönnt sich eine Unterbrechung, bevor er am Tag zwei zum nächsten Akt übergeht. Pausen sind wichtig. Nicht nur zum Erholen, sondern auch zum Umschalten auf ein anderes Thema oder einen anderen Schwerpunkt. Pausen befähigen uns, mit offenem Herzen und klarem Kopf auf die nächste Aufgabe oder Begegnung zuzugehen.
Genau das tat der Schöpfer. Er hetzte nicht durchs Schöpfungsprogramm, um Zeit zu sparen. Schon der Gedanke an »Zeit sparen« ist bei einem Gott, von dem es heißt, dass er ewig Zeit hat, eigentlich ein Witz. Er hetzt nicht, hastet nicht, sondern teilt sich in göttlicher Weisheit die Aufgaben in überschaubare Einheiten ein.
Jeder Tag hat seine eigene Aufgabe – oder seine eigene Plage, wie wir manchmal sagen. Und am Ende eines jeden Tages, jeden Abend drückt Gott die »Pausetaste« und blickt zurück: »Was ich gemacht habe, war gut.« Und dann tritt Ruhe ein. Was vorbei ist, darf auch vorbei sein.
Heute ist der erste Tag vom Rest deines Lebens.
(Coretta Scott King)
In meinen Teenagerjahren war ich brav. Vielleicht sehen das meine Eltern anders, aber in meinen Augen war ich schlicht und ergreifend zu brav. Ich glaubte schon früh, sehr genau zu wissen, was im Leben wirklich zählt, und klassifizierte deshalb viele Dinge als »unwichtig«. Ich kann mich an 1001 Situation erinnern, in denen ich Lust darauf hatte, etwas Neues auszuprobieren, aber es mir dann selbst verbot: »Das ist doch nicht so wichtig.« Bei Dingen, die ich im Laden sah und die mir gefielen, sagte ich schnell: »Ich brauche das nicht unbedingt!« Bei Aktivitäten (vor allem im sportlichen und künstlerischen Bereich) hatte ich schlicht und ergreifend Angst, mich zu blamieren, oder ging zu Recht davon aus, nicht so begabt zu sein wie die anderen.
So blieben ein Paar Rollschuhe, obwohl sie nur zehn Mark kosteten, ebenso ungekauft wie viele Schallplatten. Dutzende von Konzerten fanden ohne mich statt, ein Tanzkurs wurde nie besucht, geschminkt habe ich mich erstmals mit 19. Zu Partys ging ich ungern, weil ich Flaschendrehen blöd fand. Und viele Sportarten habe ich nie ausprobiert – mit Ausnahme von Synchronschwimmen (nahezu unbegabt), Ski fahren (begabt) und Tischtennis (disqualifiziert, weil ich meiner Mutter beim ersten Versuch ins Auge schoss).
Habe ich etwas verpasst? Ja! Ob es ein großer Verlust war, als Teenager nicht auf einem Peter-Maffay-Konzert gewesen zu sein, weiß ich nicht. Aber ich empfinde es als Verlust, viele Dinge nie ausprobiert zu haben. So weiß ich bis heute nicht, ob mir diese oder jene Sache Spaß gemacht hätte. Ich weiß nicht, ob ich die Musik bestimmter Songwriter gerne hören würde, weil ich sie gar nicht kenne. Ich habe aufgrund meiner Zurückhaltung in meinen Teenagerjahren viele interessante Dinge verpasst und kann diese Erlebnisse, Konzerte und Events jetzt nicht mehr nachholen.
Aber vor allem habe ich es in diesen Jahren versäumt, mich selber besser kennen zu lernen und meine Grenzen zu entdecken. Ich habe in vielen Bereichen meines Lebens nicht entdeckt, was ich mag und was nicht. Vor lauter Vernunft habe ich das Vernünftigste verpasst, was man als Teenager tun kann: zu einer eigenen Persönlichkeit heranzureifen – und dabei ist das Ausprobieren ein wichtiges Element.
Jetzt hole ich an vielen Stellen meine Teenagerjahre nach. Ich probiere mehr als je zuvor in meinem Leben neue Dinge aus und versuche, meine Grenzen zu finden. Das ist vielleicht ein bisschen spät, aber besser spät als nie. Heute zum Beispiel habe ich mir ein Einrad bestellt. Das habe ich gemacht, weil ich noch einen Gutschein eines Ladens hatte, in dem es Einräder zu kaufen gab. Aber vor allem, weil ich es einfach ausprobieren wollte. Vielleicht macht es mir keinen Spaß. Dann verkaufe ich es wieder. Möglicherweise falle ich dauernd runter. Dann haben die Kinder am Spielplatz wenigstens etwas zu lachen, bevor ich es ebenfalls wieder verkaufe. Aber vielleicht macht es mir ja tatsächlich viel Freude. Dann behalte ich es und genieße eine neue Art der Fortbewegung.
Viele Menschen haben – anders als ich – in ihren Teenagerjahren alles ausprobiert, was der Markt an Erfahrungen zu bieten hatte, aber sie blieben in späteren Jahren irgendwann einmal stecken und hängen nun innerlich oder äußerlich fest: in einer Beziehung, die nichts Neues mehr zu bieten hat, oder in einem Beruf, in dem keine Weiterentwicklung möglich ist. Es kann sein, dass sie ihr Elternsein nur noch als lästige Pflicht empfinden, nicht mehr als faszinierende Herausforderung, oder dass sich das mit Leidenschaft begonnene Studium zäh und eintönig Semester für Semester in die Länge zieht. Ihr Leben schleppt sich von Tag zu Tag um 24 Stunden weiter, ohne erkennbaren Sinn und ohne rechte Freude.
Es kann sein, dass sie einfach träge geworden sind. Für ein glückliches, ausgewogenes Leben braucht man dieses explosive Ausprobieren von neuen Dingen, so wie Gott Licht inmitten der Dunkelheit erschuf. Explosives Licht. Es muss eine rauschhafte Erfahrung gewesen sein, plötzlich Licht in unendlich vielen Farben sich glitzernd auf dem Wasser brechend zu sehen ... regenbogenirisierend, strahlend, hell ...
So wie Gott sehnen wir Menschen uns nach Erfahrungen des Neuen, des noch nie da Gewesenen, des Unbekannten, des Entdeckens. Wenn wir uns selber diese Erfahrung nicht oder zu selten gönnen, verkümmert unser kreatives Potential. Wir fangen an, uns in unserem eigenen Leben zu langweilen. Wir denken, wir seien treu, weil wir bei einer Sache bleiben, aber im Grunde sind wir nur träge. Echte Treue zeichnet sich dadurch aus, dass man immer weiter geht, nicht aufhört, sich auf die Entdeckungsreise zu machen. Das kann in einer Partnerschaft bedeuten, kreative Wege zu finden, den anderen neu zu erleben. Das kann im Job bedeuten, sich weiterzubilden und mehr aus dem zu machen, was man hat. Das kann privat bedeuten, die Talente, die man hat, zu entfalten. Und vielleicht wird daraus sogar eines Tages ein neuer Beruf.
Ich weiß nicht, wie Gott sich gefühlt hat, bevor er die Sache mit dem Licht ausprobierte ––