INKA LOREEN MINDEN

VEROX

Warrior Lover 12

Inhalt

 

Die Siedlerin Skye hat seit Jahren denselben Traum: Als junge Frau rettet sie dem Warrior »Nummer drei« das Leben, als sie ihn halb verdurstet und schwer verletzt in der Wüste findet. Obwohl sie ihn für einen feindlichen Krieger aus Royal City hält und ihn am liebsten töten möchte, pflegt sie ihn gesund.

Erst Jahre später wird Skye bewusst, dass ihr Traum real war: Aus »Drei« ist Verox geworden, der Anführer einer Bande von Plünderern. Als sich ihre Wege erneut kreuzen, entführt er Skye und hält sie in seinem Versteck gefangen. Nun weiß sie, warum sie den Warrior damals retten musste und die Erinnerung daran so verschwommen ist: Der gefährliche Mann besitzt eine besondere Gabe, mit der er sich jeden untertan machen kann.

Wird er Skye erneut seinen Willen aufzwingen?

 

ca. 360 Seiten mit extralangem Happy End!

Über die Serie

 

Die »Warrior Lover Reihe« ist eine prickelnde Liebesromanserie mit Action, Tortured Heroes, taffen Heldinnen, Romantik und Happy Ends. Sie spielt in unserer Welt, die durch einen globalen Krieg in ihren Grundfesten erschüttert wurde und sich stark verändert hat. Doch eines ist gleich geblieben: die unendliche Macht der Liebe. Sie vermag es, auch in den finstersten Zeiten ein Licht zu entzünden, das Hoffnung auf eine bessere Zukunft spendet.

Bisher sind erschienen

 

Jax, Crome, Ice, Storm, Nitro, Andrew, Steel, Fury, Tay, Shadow, Flame, Verox, Slayer, Xadist, Titain (geplant 2020)


Chaz & Anka (Warrior Lover Snack 1)

Onyx & Maia (Warrior Lover Snack 2)

Tyr & Nuka (Warrior Lover Snack 3)

Kapitel 1 – Skye – Skyes Traum

 

Skye zog ihren vollbeladenen Handwagen durch die verdreckten Straßen und wollte nur noch in ihren kühlen, schattigen Unterschlupf. Der beißend-heiße Wüstenwind, der um die Ruinen und ihr kurzes Haar wirbelte, brachte Sand und noch mehr Hitze mit sich. Damit der Staub nicht in ihre Lunge drang, wickelte sie ihr dünnes Tuch fester um Mund und Nase. Unter der getönten Skibrille und der langen Kleidung schwitzte sie wie verrückt, aber der Stoff schützte sie vor den gnadenlosen Sonnenstrahlen, die innerhalb kurzer Zeit ihre Haut verbrennen würden. Die Vorfahren der überlebenden Menschen hatten schon vor dem Großen Krieg die Himmelshülle beschädigt, weshalb die Strahlung ungefiltert auf die Erde traf. Da nützten auch Skyes indianisches Blut und ihre etwas dunklere Haut nichts. Die Sonne war unerbittlich.

Vielleicht war es nur gerecht gewesen, dass sich die Bevölkerung vor fast einem Jahrhundert selbst nahezu ausgelöscht hatte. Wer diesen einzigartigen Planeten zerstörte, hatte es nicht verdient, darauf zu leben. Die Erde war einst ein Paradies gewesen, fruchtbar und voller Leben. Skye besaß dicke Fotobände, die ihr die frühere Schönheit dieser Welt zeigten: eine unglaubliche Vielfalt an Tieren, Pflanzen und Landschaftsformen. Bizarre Schluchten, weiße Strände, Urwälder, Vierbeiner mit meterlangen Hälsen … Und jetzt gab es nur noch totes Grau und staubiges Braun – zumindest auf dieser Seite des Flusses – und die Ruinen, die wie kariöse Zähne in den wolkenlosen Himmel ragten.

Auf die Westseite des Hudson River traute sich wegen der Reststrahlung so gut wie niemand. Die Bombe hatte New York um einige Meilen verfehlt und war hier draußen eingeschlagen. In der »verbotenen Randzone« nach Sachen zu suchen, war für Skye nichts Ungewöhnliches. Sie vertrat die Meinung, dass eine Meile näher am Unglücksort auch keinen Unterschied machte. Dort konnte sie sich wenigstens immer ungestört umschauen und fand die tollsten Gegenstände. Gestern hatte sie sogar ein ehemaliges Militärlager aufgespürt! Sie würde niemandem davon erzählen, denn da gab es jede Menge Medizin, Waffen und Konserven, die sie entweder selbst behielt oder in einer der friedlichen Siedlungen gegen andere Dinge, wie zum Beispiel frische Lebensmittel, eintauschen konnte. Die Orte, an denen gesetzlose Plünderer hausten, mied sie. Dort würde man sowieso nichts für ihre Funde zahlen, sondern sie bestehlen und sie vielleicht sogar verfolgen, um ihre Quellen zu enthüllen. Wenn sie vorsichtig war, konnte sie noch viele Male hierher zurückkommen, ohne dass jemand den Ort und seinen verborgenen Reichtum entdeckte.

Wenigstens verwischte dieser verdammte Glutwind sofort ihre Spuren, denn Skye war auf dem Weg zu einem ihrer geheimen Lager. Dort würde sie den Wagen sowie alle Schätze des Tages verstecken und sich anschließend zu ihrem Unterschlupf begeben. Sie wollte nur noch schlafen. Gerade fühlte sie sich nicht wie siebzehn, sondern wie siebzig. Aber in zwei Stunden ging die Sonne unter, dann wurde es endlich kühler. Manche Nächte waren hier draußen sogar so kalt, dass man sich den Arsch abfror.

Kurz bevor sie in eine engere, beinahe völlig verfallene Seitengasse abbiegen wollte, glaubte sie, einige Meter weiter im Schatten einer Ruine eine Bewegung wahrzunehmen. Sofort ließ sie den Griff des Leiterwagens los und holte ihren Hammer von der Ladefläche. Doch der würde ihr nichts nützen, falls jemand auf sie feuerte. Zwar hatte sie zu ihrer großen Freude in dem Militärlager eine gut erhaltene Armbrust mit jeder Menge Bolzen gefunden, leider fehlten ihr noch die Kenntnisse, wie sie diese Waffe bedienen sollte. Syke wollte sich später in ihrem Unterschlupf damit beschäftigen. Solange musste es der Hammer tun.

Die poröse Straße flimmerte, Staub wirbelte auf und erneut nahm Skye eine Bewegung im Schatten vor einer eingefallenen Mauer wahr. Vielleicht handelte es sich um ein Tier? Ein frisches Abendessen würde ihr gerade recht kommen. Doch sie musste vorsichtig sein, es gab gefährlich große Raubkatzen hier draußen. Diese waren nach dem alles vernichtenden Krieg aus den Zoos entkommen oder freigelassen worden – wer wusste das schon. Auf jeden Fall stellten wilde Tiere – neben Menschen – die größte Gefahr für Skye dar.

Langsam schlich sie mit dem Hammer in der Hand näher und traute ihren Augen kaum, als sie dort im Schatten der Mauer einen nackten Mann entdeckte, der auf dem Rücken lag. Skye konnte wegen des ganzen Staubs auf seinem Körper kaum einschätzen, wie alt er sein mochte. Achtzehn? Zwanzig?

Sofort schob sie sich die getönte Schutzbrille ins Haar, um ihn genauer betrachten zu können. Seine Haut an den Schultern und im Gesicht war so schlimm von der Sonne verbrannt, dass sich Blasen darauf gebildet hatten. Sogar sein Penis war knallrot!

Skyes Blick ruhte ein wenig länger auf diesem Körperteil, weil sie außer dem Penis ihres verstorbenen Bruders – mochten die Engel auf den kleinen Schatz aufpassen – noch nie einen aus der Nähe gesehen hatte. Vor allem noch nie einen so … erwachsenen! Waren die immer so groß und behaart?

Unter halb geöffneten Lidern starrte der Mann sie an, wobei er sich keinen Millimeter bewegte. Selbst seine breite Brust hob sich nur noch leicht. Wahrscheinlich hatte er kaum mehr Kraft, zu atmen.

»Was ist passiert?«, fragte Skye, blieb jedoch auf Abstand. Der Mann sah nicht gerade gefährlich aus, und Waffen entdeckte sie auch keine. Doch das Leben hatte sie gelehrt, lieber vorsichtiger zu sein, als es die Situation auf den ersten Blick erforderte.

Seine aufgesprungenen Lippen teilten sich, als wollte er ihr etwas sagen, doch nur ein leises Krächzen verließ seinen Mund.

Skye wollte sofort zum Wagen eilen, um Wasser zu holen, aber etwas hielt sie zurück. Der Mann wirkte trotz seines Zustandes viel zu kräftig und gesund, als dass er von hier draußen stammen konnte. Viel zu … perfekt! Ja, das beschrieb ihn noch am ehesten.

Shit! Was, wenn das nicht einfach bloß ein Mensch war? Die große Statur, die breiten Schultern und zahlreichen Muskeln … Das musste ein Warrior sein! Ein halb toter Warrior zwar, aber unverkennbar einer dieser Superkrieger, die alle abschlachteten, die versuchten, in die Kuppelstadt zu gelangen.

Ihre Finger zogen sich fester um den Stiel des Hammers. Ein gezielter, kraftvoller Schlag auf den Kopf und er wäre erledigt. Oder? Diese Mistkerle sollten fast unbesiegbar sein, doch der hier war bereits geschwächt. Wehrlos.

In den Siedlungen würde Skye wahrscheinlich als Heldin gefeiert werden, wenn sie dort einen toten Warrior ablud. Vielleicht sollte sie seinen hübschen Kopf verschonen und ihm stattdessen lieber die Kehle aufschneiden. Genügend Messer lagen auf dem Wagen. Oder sie könnte an ihm auch die Armbrust ausprobieren.

Der Verletzte bewegte sich leicht, und Skye musste ein Entscheidung treffen. Entweder, sie ließ dem Schicksal seinen Lauf, oder sie nahm es in ihre eigenen Hände. Ein Bolzen mitten ins Herz wäre wohl die gnädigste und sauberste Lösung.

Gerade, als sie sich von ihm abwenden wollte, teilten sich seine Lippen erneut und er krächzte: »Hilf mir.«

Urplötzlich ergriff sie unbändige Wut. Sie trat dicht zu ihm, fasste in sein staubiges, rotblondes Haar und hob seinen Kopf ein Stück daran auf. »Warum sollte ich einem Mörder helfen?«, grollte sie. »Ihr lasst uns nicht in die Kuppel, sondern tötet uns vorher!«

»Bin keiner von … denen«, flüsterte er kaum hörbar. »Bitte …«

Ob das stimmte? Zumindest trug er keine der perfekten Uniformen und war auch nicht bis an die Zähne bewaffnet, wie die anderen Warrior, die sie bisher – aus großer Entfernung – gesehen hatte.

Seine Fußsohlen waren blutig und voller Dreck; er musste weit gelaufen sein. Ob er vielleicht gar nicht aus Richtung der Kuppeln kam, sondern sogar aus dem verstrahlten Gebiet? Aber was hatte er dort gesucht? Und warum trug er keine Kleidung?

Syke hielt sich fürs Erste an die Frage, die sie am meisten interessierte: »Warum hast du nichts an?«

Seine Lippen zuckten lediglich.

Langsam ließ sie seinen Kopf zurück in den Staub sinken. Hatte eine Rebellengruppe ihn überfallen?

Was aber, wenn er die Wahrheit sagte und er wirklich keiner der Kuppelkrieger war? Was, wenn sie einen Unschuldigen tötete? Außerdem hatte sie nie zuvor einen Menschen umgebracht! Konnte sie wirklich ein Leben auslöschen, wenn ihres nicht unmittelbar bedroht war?

Als er noch einmal »Bitte« wisperte und ihr einen flehentlichen Blick schenkte, der ihr Herz auf seltsame Art berührte, lief sie zurück zu ihrem Karren. Dort fegte sie den Großteil ihrer heutigen Ausbeute – gut erhaltene Konservendosen, Messer und Munitionskisten – von der Ladefläche auf die Straße, doch die Armbrust, die Decken und die Tabletten in den Pappschachteln behielt sie im Wagen. Es gab nichts Wertvolleres als Wasser und Medizin, und beides würde sie sicher nicht dem Wüstenwind und der Sonne überlassen. Zum Glück kam hier – normalerweise – nie jemand vorbei, deshalb würden die Sachen später auch noch auf dem staubigen Boden liegen. Trotzdem wunderte sie sich, warum sie ihre wertvolle Ausbeute für einen Warrior zurückließ.

War sie verrückt geworden? Hatte die Sonne ihr Hirn verbrannt?

Offenbar.

Skye hängte sich die Armbrust um und steckte den Hammer in ihren Gürtel. Anschließend schob sie die Medikamente zur Seite, stapelte die Decken in einer Ecke auf, deponierte ihre Wasserflaschen aus Stahl in der anderen, und zog den Wagen bis zu dem Mann. Dann zerrte sie ihn auf die Beine. Seine Haut glühte regelrecht!

Er schaffte es mit Müh und Not, auf die Ladefläche des Leiterwagens zu klettern, und krümmte sich dort wie ein Embryo zusammen. So passte er wenigstens ganz drauf. Danach schraubte sie eine ihrer Trinkflaschen auf und hielt ihm die Öffnung an die trockenen Lippen. Er machte ein paar gierige Schlucke, hustete und blieb reglos liegen.

Okay, wenn er starb, war das nicht ihr Problem. Doch sie wollte, dass er lebte. Verrückt! Hatte der Kerl sie verzaubert? Ihr eine Gehirnwäsche verpasst? Sie sollte doch alle Warrior hassen!

Womöglich hing ihre seltsame Einstellung mit dem Verlust ihrer Familie zusammen, die ein Virus vor neun Jahren dahingerafft hatte. Skye war selbst noch ein kleines Mädchen von acht Jahren gewesen und hatte die unbekannte Krankheit gerade so überlebt. Seitdem sah sie vieles mit anderen Augen.

Schnell breitete sie eine Decke über dem Mann aus, damit er einerseits vor den Sonnenstrahlen geschützt war und sie andererseits niemand zusammen mit ihm sah – sollte sie beobachtet werden. Dann zog sie den Karren in die Seitengasse, in der sich ein kleines Einfamilienhaus an das andere reihte, bis es nach etwa einer Meile nicht mehr weiterging. Schutt eines eingestürzten Gebäudes versperrte den Weg.

»So, wir sind da, Sonnenschein«, murmelte sie, als sie die Decke zurückschlug.

Der Warrior blickte sie aus glasigen Augen an. Gut, wenn er wach war, konnte er die letzten Meter wenigstens laufen. Skye würde ihn auf keinen Fall tragen können, dazu war der Kerl zu groß und schwer und sie zu klein. Wahrscheinlich wog sie gerade einmal halb so viel wie er!

Sie zog an seiner rauen Hand, und der Krieger setzte sich auf. Danach rutschte er vom Wagen, Skye legte einen Arm um seine Taille und dirigierte ihn durch den türlosen Hauseingang zu ihrer Linken.

Er humpelte auf seinen blutigen Füßen hinein und gab keinen Laut von sich. Hart im Nehmen war der Kerl, das musste sie ihm lassen.

Mit dem Fuß stieß sie die Tür zu einer Treppe auf, die in das stockdunkle Untergeschoss führte. Dort unten hatte sich Skye häuslich eingerichtet, denn es gab nicht viele Keller, in denen es angenehm kühl war und die eine weitere Fluchtmöglichkeit nach draußen besaßen. Durch eine Luke an der Decke konnte man zu einem Schuppen im Hinterhof des Hauses gelangen. Außerdem ließ sich die Treppentür verriegeln. Perfekte Bedingungen für sie.

Nachdem sie den Warrior die Stufen hinab in die Finsternis geführt hatte, lehnte sie ihn gegen die gemauerte Wand und befahl ihm, dort stehen zu bleiben. Er machte keinen Mucks, während sie im Regal vor sich herumtastete, um die Streichhölzer zu finden. Sie zündete eins an und setzte damit den Docht einer Kerze in Brand. Diese stellte sie schnell auf einen klapprigen Hocker und eilte zu dem Krieger zurück.

Konservendosen stapelten sich neben zwei brusthohen, quadratischen Geräten aus einer dünnen Metallhülle, die an der Oberseite eine Klappe besaßen. In ihrem Inneren befand sich eine Trommel; darin bewahrte Skye Dinge auf, die keine Mäuse anknabbern sollten, wie zum Beispiel Kleidung oder ihre heißgeliebten Bücher. Immer, wenn sie auf ihren Streifzügen eine interessante Lektüre fand, nahm sie diese mit und deponierte sie in einem ihrer zahlreichen Unterschlupfe. Lesen gehörte neben dem Sammeln von Sachen zu ihrer Hauptbeschäftigung. Überall verteilten sich Kerzenstummel zwischen leeren Gaskartuschen, die sie ebenfalls aus der Militärbasis hatte. Und mitten auf dem Boden lag eine gut erhaltene, breite Matratze, auf der sie mehrere Decken ausgebreitet hatte. Alles in allem wirkte ihr vorübergehendes Zuhause nicht sehr heimelig, aber zweckdienlich. Na gut, sie hätte vielleicht einmal aufräumen sollen, doch mit einem Gast hatte sie nicht gerechnet, und länger als ein paar Tage hielt sie sich ohnehin nie in ihren Verstecken auf.

Der erschöpfte Krieger hatte nur Augen für ihr Schlaflager. Er taumelte darauf zu, ließ sich mit ihrer Hilfe darauf sinken und blieb bäuchlings liegen. Weil nur die eine Kerze brannte, nahm sie lediglich die Umrisse des Mannes wahr. Außerdem mussten sich ihre Augen erst an die schlechten Lichtverhältnisse gewöhnen. Vor lauter Aufregung hatte sie vergessen, draußen ihre getönte Brille wieder aufzusetzen.

»Okay«, sagte sie, wobei ihre Stimme in ihren Ohren seltsam laut klang. Sie war es nicht gewohnt zu reden, solange sie allein unterwegs war. »Ich hole noch meine Sachen vom Wagen.«

Warum sprach sie überhaupt mit dem Kerl? Wahrscheinlich war er schon wieder bewusstlos und hörte sie ohnehin nicht.

Skye machte auf dem Absatz kehrt und sprintete nach oben. Normalerweise ging sie niemals das Risiko ein, ihren Wagen irgendwo öffentlich stehen zu lassen, aber diesmal hatte sie keine Wahl gehabt. Sie wusste zwar, wo es noch solche Leiterwagen zu holen gab, doch der Ort befand sich nicht auf dieser Seite des Flusses.

Sie warf alle Medikamentenschachteln auf eine Decke und packte diese an den Ecken, um einen provisorischen Beutel zu formen. Mit einer zweiten Decke und den Flaschen machte sie dasselbe und kehrte damit zurück in den Keller. Der Krieger lag noch genauso da wie zuvor.

Mit Bedauern dachte sie kurz an ihre auf der Straße zurückgelassenen Schätze und hoffte, sie würden tatsächlich später noch da sein. Wo einer dieser Kerle herkam, gab es womöglich noch mehrere, die hier durch die Gegend streiften.

Schnell verstaute sie die Medikamente in einer Metallbox und reihte die Flaschen neben dem Bett auf. Danach stellte sie die Armbrust möglichst weit entfernt von dem Krieger ab und zündete weitere Kerzen an. Bevor sie sich an die Bergung ihrer Hinterlassenschaften machen konnte, sollte sie sich die zahlreichen Wunden des Mannes genauer ansehen und sie versorgen. Skye kramte alles an sauberen Tüchern und Verbandsmaterial zusammen, was sie besaß, und kochte über einem kleinen Gaskocher in einem zerbeulten Topf Wasser ab. Anschließend hockte sie sich neben dem Krieger auf die Matratze.

Da streckte er den Arm nach einer der Flaschen aus und krächzte: »Durst.«

Skye schraubte sofort den Verschluss ab und reichte sie ihm. Der Mann setzte sich mühsam auf, danach trank er alles in einem Zug aus. Es schien ihm jetzt schon besser zu gehen, zumindest machte er den Eindruck.

Nachdem er ihr die Flasche zurückgegeben hatte, sank er wieder auf den Bauch. Skye wusste auch, warum. Nicht weil er sich wegen seiner Nacktheit schämte, sondern weil sein Rücken weitaus schlimmer verbrannt war als seine Brust. Er musste am ganzen Körper höllische Schmerzen haben.

An seinem Nacken fielen ihr getrocknete Blutspuren auf, die an seiner Wirbelsäule heruntergelaufen waren. Skye nahm eine Kerze in die Hand, um sich die Stelle genauer zu betrachten. Es sah aus, als hätte ihm jemand direkt unterhalb des Schädelknochens ein Messer hineingerammt! Der etwa vier Zentimeter lange Längsschnitt klaffte leicht auf und nässte.

»Ach, du Scheiße! Was ist dir passiert?« Eine offene Wunde so nah am Kopf stellte ein enormes Risiko dar. Keime konnten schneller ins Gehirn gelangen, und diese Verletzung sah gar nicht gut aus. Die Wundränder glänzten rötlich. »Ich muss das versorgen!«

Plötzlich kehrte Leben in den Mann. Erneut setzte er sich auf und starrte sie erschrocken an. »Du hast das nicht gesehen«, krächzte er. »Vergiss, dass du mich getroffen hast.«

Ein leichter Schwindel erfasste sie und ein seltsames Pochen hinter der Stirn machte sich bemerkbar. Für einen Moment fiel ihr das Konzentrieren schwer. Was war denn heute nur mit ihr los?

Schnell schüttelte sie die Trägheit ab und grinste schief. »Du redest wirres Zeug. Bestimmt hast du Fieber.«

Sie legte eine Hand auf seine feuerrote Stirn, doch Skye wusste nicht, ob sie wegen der verbrannten Haut so heiß war oder ob der Mann wirklich Fieber hatte.

Immer noch starrte er sie an, als hätte er große Angst vor ihr.

Sanft fuhr sie über seine bartschattige Wange. »Du bist hier in Sicherheit.«

»Sicherheit«, murmelte er, bevor er die Augen schloss und sich abermals auf dem Bauch ausstreckte. Dabei stieß er ein kehliges Stöhnen aus und krallte die Finger in die Decken.

Skye schielte zu der Metallbox mit den Medikamenten. Dort drin lagen auch Schmerzmittel, die fiebersenkend wirkten. Eine Tablette würde sie für ihn entbehren können.

Nachdem sie die Schachtel geholt und eine Tablette herausgedrückt hatte, strich sie dem Mann über den Kopf. Sein Haar fühlte sich trotz Staub weich an. »Ich habe Medizin für dich. Sie lindert deine Schmerzen.«

Träge öffnete er die Lider. »Willst du mich vergiften?«

Warum war er nur so misstrauisch? »Haben dir Rebellen das angetan?«

»Nein«, hauchte er. »Ärzte.«

Ärzte?

Skye beäugte die weiße Tablette zwischen ihren Fingern. »Ich bin keine Ärztin, bloß eine Sammlerin, die dir helfen will.«

Nachdem er nichts erwiderte, schob sie ihm die Tablette behutsam zwischen die trockenen Lippen. Sie wirkten streng, als würde er selten lachen.

Skye fragte sich, wie sein Mund normalerweise aussehen mochte. Sanft geschwungen?

Rasch verbat sie sich diese absurden Gedanken und reichte ihm eine neue Flasche Wasser. Sie wusste, dass sie noch für Nachschub sorgen musste, bevor die Sonne unterging. Der Mann sollte viel trinken, und Skye musste sich dringend waschen. Der Wüstenstaub klebte in jeder ihrer Poren.

Aber eins nach dem anderen. Zuerst säuberte sie mit einem Tuch und dem abgekochten Wasser die Wunde an seinem Nacken. Dabei redete sie mit dem Krieger, um ihn von den Schmerzen abzulenken. »Verrätst du mir deinen Namen?«

»Hab keinen«, murmelte er.

»Aber … Du musst doch irgendwie heißen?«

»Nummer drei.«

Das sollte sie ihm glauben? Besser sie wartete, bis das Fieber gesunken war, und fragte ihn dann noch einmal.

Verdammt, die Wunde an seinem Nacken gefiel ihr gar nicht!

»Ich bin Skye.« Sie zog eine Nadel aus einem zusammengerollten Verband und hielt sie über die Kerzenflamme. Danach fädelte sie den Faden ein.

»Skye … klingt schön«, raunte er.

»Das wird jetzt wehtun«, erklärte sie. »Aber die Wunde muss geschlossen werden.«

»Tu es«, befahl er flüsternd und machte den Eindruck, als würde er einschlafen.

Bestimmt war er gleich hellwach.

Skye beeilte sich mit der Naht und wunderte sich erneut über die Härte des Kriegers. Selbst in seinem geschwächten Zustand ließ er alles tapfer über sich ergehen. Ab und zu stöhnte er verhalten oder zuckte leicht, ansonsten schien es ihn kaum zu berühren.

Einmal hatte Skye ihrer Mutter dabei zugesehen, wie sie bei ihrem Vater einen Schnitt am Arm genäht hatte. Dad war ohnmächtig geworden vor Schmerzen. Doch Dad war auch kein Warrior.

Über diese Kämpfer hatte Skye viele Schauergeschichten gehört, dass sie unbeugsam, brutal und unmenschlich sein sollten. Dieser Mann kam ihr jedoch alles andere als das vor. Na gut, im Moment konnte er sich nicht wehren, doch die Angst in seinen Augen passte nicht zu einer unmenschlichen Kampfmaschine.

Rasch befeuchtete sie ein weiteres Tuch mit Wasser aus einer der Flaschen und legte es über seine Schultern. Danach betrachtete sie seine Füße. Zum Glück sahen sie weniger schlimm aus, als erwartet. In der Sohle befanden sich ein paar kleinere Schnitte, die nicht sehr tief waren. Sie reinigte auch diese, und als der Schmutz entfernt war, entdeckte sie noch zwei Dornen, die sich tief ins Fleisch gebohrt hatten. Mit einer Pinzette bekam sie diese zu fassen und holte sie heraus. Danach wickelte sie locker zwei saubere Verbände darum.

»Bist du sonst noch irgendwo verletzt?«, wollte sie wissen, aber der Krieger antwortete ihr nicht. Er hatte sich auf die Seite gedreht und atmete schwerfällig. Sein Gesicht glühte und dicke Schweißtropfen perlten über seine Stirn. Das gefiel ihr alles überhaupt nicht.

Als er auch noch zu zittern begann, nahm Skye eine Decke aus einer ihrer Kisten und breitete sie über ihm aus. Dann tupfte sie mit dem restlichen abgekochten Wasser, das inzwischen nur noch lauwarm war, sein verbranntes Gesicht ab. Der Mann besaß eine gerade Nase und hohe Wangenknochen, wie sie, aber er schien keine indianischen Wurzeln zu haben. Sein rotblondes Haar sprach dagegen. Unter all der verbrannten Haut steckte ein wunderschöner, junger Mann, der genau ihrem Geschmack entsprach: groß, kräftig, ein Beschützertyp.

Bisher hatte sie noch keine richtige Beziehung geführt, weil ihr kein Junge wirklich gefallen hatte … und weil sie eine Einzelgängerin war. Niemand wollte freiwillig mit ihr durch die zerfallenen Städte ziehen; die anderen blieben lieber im Schutz einer Gemeinschaft.

Schon als kleines Mädchen war Skye mit ihren Eltern umhergezogen und mit dem Nomadenleben vertraut. Sie hatten Sachen gesucht und in den Siedlungen Tauschhandel betrieben. Nach dem Verlust ihrer Familie hatte Skye versucht, in einer der friedlichen Siedlungen am Hudson River so etwas wie eine Heimat zu finden. June – eine junge Frau, die gerade einmal neun Jahre älter war als sie – hatte sich gut um sie gekümmert. Skye war umsorgt worden und hatte von June Lesen sowie viele andere Dinge gelernt. Ein paar Jahre hatte Skye in der Fluss-Siedlung gelebt, bevor sie mit 13 Jahren wieder losgezogen war, nachdem sich June für kurze Zeit einer Rebellengruppe angeschlossen hatte. Skye hatte während dieser Wochen schreckliche Angst um June gehabt, denn sie war von Kriegern aus Royal City gefangen genommen worden. Doch June hatte fliehen können und viele feierten sie seitdem als Heldin. Für Skye war sie die beste Freundin und so etwas wie eine Ersatzmutter.

Und obwohl Skye eine neue Familie hatte, trieb es sie immer wieder nach draußen. Sie liebte es, Sachen zu suchen, und genoss ihre Freiheit. Nur das Alleinsein fühlte sich nicht immer gut an. Manchmal sehnte sie sich danach, einfach nur im Arm gehalten zu werden. Doch dann dachte sie sofort an ihre Mutter und fühlte sich den Tränen nahe. Ihre Familie war ihr Ein und Alles gewesen. Ihr Schutz, ihre Festung. Sie wollte nie wieder einen geliebten Menschen verlieren.

Sie wusste, das war ein Widerspruch: Sie wollte nicht allein sein, aber binden wollte sie sich auch nicht. Noch nicht.

Ob dieser Krieger eine Familie hatte, zu der er zurückkehren konnte, sobald es ihm besser ging?

Als der Warrior plötzlich rief: »Nein … nicht!«, fuhr sie vor Schreck zusammen. Seine Augen bewegten sich hektisch hinter den geschlossenen Lidern. Er träumte.

»Scht«, machte Skye und strich mit den Fingerspitzen über seine Wange. Immer noch glühte sie.

Wahrscheinlich würde er ohnehin sterben. Dann hatte sie wenigstens keinen Mord auf dem Gewissen und die Welt war dennoch um einen Warrior ärmer. Bestimmt hatte er getötet, auch wenn er bestritt, einer von den Kuppelkriegern zu sein. Vielleicht hatten sie in der Wüste eine Übung abgehalten, dann waren sie von Rebellen überfallen worden und … Womöglich stimmte ihre Version überhaupt nicht. Warum auch immer – dieser Mann berührte etwas tief in ihrem Herzen, was ihren Beschützerinstinkt aktivierte. Sie erinnerte sich an dieses Gefühl, denn sie hatte es bei Sunny verspürt, ihrem kleinen Bruder. Skye hatte ihn nie aus den Augen gelassen und seinen Tod bis heute nicht verwunden.

Der Krieger brauchte Antibiotika, oder er würde sterben. Für ihre Familie hatte sie keine Medizin gehabt, aber jetzt konnte sie helfen. Deshalb durchsuchte sie ihre Kiste, dankte im Stillen ihrer Freundin June, die ihr das Lesen beigebracht hatte, und überflog hektisch die Packungsbeilagen, bis sie das passende Medikament gefunden hatte. Sie wollte diese wertvolle Medizin trotzdem ungern an einen Warrior verschwenden, der ihresgleichen auf dem Gewissen hatte oder sie vielleicht töten würde, sobald es ihm besser ging. Doch was, wenn er die Wahrheit sagte und wirklich anders war? Sie brauchte einfach noch mehr Informationen!

Fest rüttelte sie an seiner Schulter, bis er die Augen aufschlug. Er zitterte, setzte sich hin und blickte sich panisch um. Dann hielt sie ihm die Schachtel vor die Augen.

»Hör mir zu«, sagte sie scharf. »Ohne diese Medizin wirst du nicht überleben. Ich gebe sie dir aber nur, wenn du mir erzählst, wer du bist und was dir passiert ist.«

Er starrte sie für einen Moment schwer atmend an, bevor er nickte und mit rauer Stimme sagte: »Ich heiße Nummer drei und bin gestern aus einer Forschungseinrichtung geflohen.«

Er blieb also bei diesem seltsamen Namen, dann stimmte er vielleicht. »Ist diese Einrichtung in der Wüste?«, fragte sie.

Er nickte.

»Gibt es da noch mehr Warrior?«

Er nickte erneut.

»Und ihr bekommt dort keine richtigen Namen?«

»Nein.« Matt schüttelte er den Kopf. »Kennst du einen, der für mich passen würde?«

»Flynn«, antwortete sie wie aus der Pistole geschossen.

»Klingt schön.« Zum ersten Mal lächelte er, sodass Skyes Herz wilde Hüpfer in ihrer Brust vollführte. »Dann heiße ich jetzt Flynn.«

Er schwankte leicht im Sitzen und griff nach einer Flasche. »Was bedeutet der Name?«

»Keine Ahnung.« Während sie ihn beim Trinken beobachtete, überlegte sie unentwegt, warum der Kerl sie faszinierte. »Ich finde einfach, Flynn passt zu dir.«

Nun brannten ihre Wangen ebenfalls, denn das Gespräch machte sie irgendwie verlegen, vor allem, weil Flynn nichts anhatte. »Erzähl mir mehr über diese Forschungseinrichtung.«

»Das kann ich nicht. Das bringt mich in Gefahr und dich auch. Am besten, du vergisst alles, was ich dir gesagt habe.« Intensiv starrte er sie an, sie fühlte ein leichtes Pochen hinter ihrer Stirn und machte nur: »Hmm.«

»Ich bin nicht gefährlich für dich und auch kein Warrior, der Royal City verteidigt. Das ist die Wahrheit.«

Sie verlor sich in seinen Augen, deren Pupillen so groß waren, dass sie fast schwarz wirkten.

Hastig unterbrach sie den Blickkontakt. Der Kerl brachte sie völlig durcheinander! »Wie war noch mal dein Name?«

»Flynn.«

Skye überreichte ihm die Schachtel mit dem Antibiotikum. »Du musst zwei Mal täglich eine Tablette nehmen.«

»Danke für dein Vertrauen.«

Ja, sie vertraute ihm. Einem Warrior! Verrückt …

Hatte sie genau das vorhin nicht schon mal gedacht?

»Ähm …« Sie räusperte sich, kratzte sich am Nacken und stand auf. »Ich muss noch mal raus, die anderen Sachen einsammeln, meinen Wagen verstecken und Wasser holen. Ich bin in spätestens zwei Stunden wieder da.«

»Ich bin hier«, antwortete er, wobei er ihr erneut ein Lächeln schenkte.

Oh Mann, entwickelte sich gerade etwas zwischen ihnen?

Schnell wandte sie sich von ihm ab und warf einen Blick auf die Armbrust. Ob sie diese mitnehmen sollte? Die Bolzen lagen hoffentlich noch auf der Straße. Skye hatte vorhin nicht daran gedacht, wenigstens sie zu behalten. Die Waffe war im Grunde nutzlos.

Da Flynn nichts damit anstellen konnte und Skye noch nicht wusste, wie sie genau bedient wurde, ließ sie die Armbrust an Ort und Stelle, nahm jedoch frische Kleidung für sich mit. Dann kehrte sie zu den heißen Temperaturen und ihrem Leiterwagen zurück.

Die Sonne stand bereits tiefer, die Hitze hatte ein wenig nachgelassen. Zügig schob sie den Wagen die ganze Meile zurück zu der Stelle, an der sie Flynn gefunden hatte. Glücklicherweise lagen ihre Schätze noch an Ort und Stelle. Rasch sammelte sie die Konservendosen, Messer, Bolzen und Munitionskisten ein, die sie vorher rausgeworfen hatte, und schleppte die Sachen zum nächstgelegenen Zwischenlager, das bloß ein paar hundert Meter entfernt lag. Dabei handelte es sich um einen weiteren Keller, der nur noch über die Außenluke betreten werden konnte. Diese verbarg Skye unter Trümmerteilen und Gestrüpp. Das Praktische an diesem Ort war, dass es hier keine Treppen gab, sondern eine Rampe, über die sie den Wagen in das Versteck ziehen konnte. Sie hatte zuvor kurz überlegt, Flynn hierher zu bringen, doch das Risiko war für Skye zu groß, weil der Unterschlupf über keinen zweiten Fluchtweg verfügte. Sie würde hier unten in der Falle sitzen, sollte jemand eindringen. Außerdem konnte man sich hier nicht mehr umdrehen, sobald der Wagen auch noch im Keller stand, denn wirklich jeder Zentimeter war bereits bis an die Decke ausgefüllt.

Nachdem Skye alles abgeladen hatte, kramte sie zwei größere Trinkwasserkanister aus ihrem Sammelsurium hervor und suchte noch Anziehsachen für Flynn heraus. Aus der Militärbasis hatte sie schon bei ihrem vorletzten Besuch alles an Kleidung mitgenommen, das noch nicht von Ungeziefer zerfressen oder zu Staub zerfallen war. Zum Glück hatte das Militär viele Dinge in luftdichten Kisten gelagert, weshalb die meisten Sachen noch hervorragend erhalten waren. Sie nahm eine Hose, ein T-Shirt und das größte Paar Stiefel, das sie finden konnte, und stopfte alles in einen Rucksack. Die Bolzen ließ sie wiederum im Versteck. Skye fühlte sich wohler, wenn keine funktionsfähige Waffe in der Reichweite eines Warrior lag.

Mit dem ganzen Gepäck marschierte sie zu einem nahe gelegenen Fluss. Das Wasser musste sie später, bevor sie es in die Trinkflaschen füllte, noch abkochen. Sie wollte kein Risiko eingehen. Dann konnte sie auch gleich einen Tee zubereiten. Von der Heilerin aus der Nord-Siedlung besaß Skye noch ein paar getrocknete, aromatische Kräuter, die sie bei der Frau gegen ein scharfes Messer getauscht hatte. Die würden bestimmt auch Flynn guttun, denn sie sollten beruhigend wirken.

Am Ufer legte sie ihre Kleidung an einer schattigen Stelle ab und watete nackt in den niedrigen Fluss. Er führte nur wenig Wasser, und Skye musste mit den Kanistern bis ganz zur Mitte gehen, um sie untertauchen zu können. Anschließend wusch sie sich schnell, damit sie nicht zu viel Sonne abbekam, und schlüpfte in ein einigermaßen sauberes Shirt sowie eine legere Stoffhose und ihre Stiefel.

Vom Wegesrand schnitt sie noch ein paar dieser seltsamen grünen Pflanzen mit den lanzenförmigen, dicken Blättern ab. Aloe Dingsbums oder so ähnlich. Skye wusste nur, dass der Saft sehr gut bei Verbrennungen aller Art half.

 

***

 

Zurück in ihrem Versteck, schien Flynn tief und fest zu schlafen. Er machte keinen Mucks, als sie die gel-haltigen Blätter aufschnitt und den Saft auf seine schlimmsten Verbrennungen an den Schultern und seinem Rücken schmierte. Er glühte immer noch wie ein Backofen!

Behutsam strich sie auch etwas Gel auf seine knackigen Pobacken und muskulösen Schenkel, bevor sie ihn wieder zudeckte. Danach kochte sie das Wasser ab, bereitete den Tee zu und … fragte sich, wo sie schlafen sollte. Der Kerl beanspruchte fast den ganzen Platz auf der Matratze. Ansonsten gab es zwischen all ihren aufgehäuften Schätzen nicht mehr viel Raum. Außerdem würde sie so schnell auch keine gut erhaltenen Polster mehr auftreiben können und draußen war es ohnehin längst dunkel.

Während Skye den heißen Tee aus einem zerbeulten Becher schlürfte, kochte sie ein undefinierbares Gericht aus einer Dose, die sie ebenfalls in der Militärbasis gefunden hatte. Weil die Beschriftung fehlte, wusste sie nicht, was es war. Doch es roch köstlich und schien Fleisch zu beinhalten.

Da machte Flynn plötzlich einen tiefen Atemzug und schlug die Augen auf. Sie sahen nicht mehr ganz so glasig aus wie am Nachmittag.

»Möchtest du Tee? Etwas zu essen?«, fragte sie sofort.

Als er nur nickte, beschloss sie, ihm beides zu geben.

Nachdem er sich hingesetzt hatte und die Zudecke in seinen Schoß rutschte, reichte sie ihm einen Becher. Mit zitternden Händen nahm er ihn entgegen und leerte ihn mit einem Zug. Danach füllte sie die Hälfte des Gerichtes in eine Schale; Skye würde aus der Dose essen, die auf dem Kocher stand.

Als Flynn Anstalten machte, aufzustehen, erhob sie sich. »Wo willst du denn hin?«

»Muss mal …«, murmelte er. Zitternd richtete er sich auf und wickelte sich die Decke um die Hüften. Allerdings kam er nur einen Schritt weit, denn er sackte gleich wieder auf der Matratze zusammen.

»Du gehst nirgendwohin!« Skye schraubte von einem der leeren Wasserkanister den Deckel ab und gab Flynn den Behälter. »Du kannst da reinmachen.«

Respektvoll drehte sie ihm den Rücken zu, lauschte mit hochroten Wangen, wie er sich erleichterte, und nahm ihm anschließend den Kanister ab, um ihn zuzuschrauben und wegzustellen.

»Danke.« Flynn streckte sich wieder auf der Matratze aus, diesmal jedoch auf dem Rücken. Aber er rutschte ganz an den Rand, sodass ein Arm auf dem Boden lag. Die Decke hatte er immer noch um seinen Unterkörper geschlungen, nur ein Bein ragte heraus. »Will dir nicht dein Lager wegnehmen. Kann auch auf dem Boden schlafen.«

»Quatsch. Alles gut.« Sie freute sich, dass er trotz seines Zustandes an ihr Wohl dachte. »Ich habe noch genug Decken da, mit denen ich mir ein Schlaflager herrichten kann.«

Genau, warum war sie nicht eher darauf gekommen? Sie suchte alle Decken zusammen, die sie in ihren Kisten fand, und stopfte zwei davon unter Flynns Kopf, damit er höher lag. »Du musst zuerst was essen.« Sie nahm seine Schale, setzte sich dicht neben ihn und begann, ihm einen Löffel nach dem anderen an den Mund zu führen.

Während sie Flynn fütterte, fielen ihm ständig die Augen zu. Doch immer, wenn er sie für ein paar Sekunden offenhalten konnte, las sie Dankbarkeit in seinem Blick und noch etwas anderes: Verwunderung. Als hätte ihm nie jemand zuvor etwas Gutes getan, sich nie um ihn gekümmert.

Erneut verkrampfte sich ihr Herz. Ob er auch einsam war? Vielleicht könnten sie sich zusammentun und er würde sie beim Sachensuchen begleiten. Allein kam Skye immer wieder in Situationen, in denen sie ein paar zusätzliche Arme gut gebrauchen könnte. Sobald es Flynn besser ging, würde sie ihm den Vorschlag unterbreiten. Oder würde er gerne in einer der Siedlungen leben wollen?

Utopisch. Er war ein Warrior. Die Siedler würden ihn hassen.

Dann wäre die Option, mit ihr zu kommen, für alle die beste. Aber vielleicht wartete jemand auf ihn?

»Hast du ein Zuhause?«, fragte sie, als sie ihm den letzten Löffel in den Mund schob. Er hatte trotz Erschöpfung alles regelrecht verschlungen. »Eine Familie, die dich vermisst?«

»Niemanden«, murmelte er.

Das freute sie einerseits – aus rein egoistischen Gründen –, andererseits tat Flynn ihr leid.

»Ich habe dir etwas zum Anziehen mitgebracht.« Sie deutete auf den Rucksack, der neben der Treppe stand. »Die Sachen müssten dir passen.«

»Danke«, sagte er erneut, bevor seine Zunge über die aufgesprungenen Lippen huschte, um einen Soßenrest aufzulecken.

Skye hatte noch etwas von der Aloe-Pflanze übrig. Schnell stellte sie die leere Schüssel weg und nahm einen feuchten Lappen, um noch einmal sein Gesicht damit abzutupfen. Dann fuhr sie mit der aufgeschnittenen Blattseite über seinen Mund.

»Das fühlt sich gut an«, flüsterte er und schloss die Augen.

Skye tupfte den Pflanzensaft auch auf seinen verbrannten Nasenrücken, die Stirn und seine Wangen. Danach nahm sie wieder den Lappen, um seinen Oberkörper zu waschen. Im flackernden Kerzenschein wirkte Flynns breite Brust wie gemeißelt. Sie strich über seine Nippel, die sich sofort zusammenzogen, danach über die Hügel und Täler seines muskulösen Bauches. Flynn schien kein Gramm Fett zu besitzen und wirkte vollkommen durchtrainiert. Solch einen Körper hatte sie nie zuvor gesehen.

Sie wusch auch seine Arme und trug danach das kühlende Pflanzen-Gel auf. Dann überlegte sie, ob sie sich auch die untere Hälfte seines Körpers vornehmen sollte.

»Flynn?«, wisperte Skye, und als er nicht reagierte, sondern nur gleichmäßige Atemzüge von sich gab, zupfte sie unterhalb seines Bauchnabels an der Decke. Doch die saß zu fest und er lag genau auf dem einen Ende. Also schob sie die Decke kurzerhand an seinem Knie auseinander, das zwischen dem Stoff hervorschaute, und legte beide Beine bis zum Oberschenkel frei.

Behutsam, um Flynn nicht zu wecken, strich sie mit dem feuchten Lappen über seine Haut, um auch dort den Wüstenstaub abzuwaschen. Als sie zwischen seine Schenkel fahren wollte, schoss auf einmal sein Arm hervor und seine Finger legten sich um ihr Handgelenk.

»Nicht«, knurrte er. Schwer atmend starrte er sie an.

Oh Himmel, was musste er von ihr denken! Sie wollte ihn wirklich nur waschen und nicht noch einmal dieses interessante Stück Männlichkeit bewundern. Bestimmt nicht!

»Was hast du denn?«, fragte sie, wobei ihre Stimme zitterte. »Ich kümmere mich nur um deine verbrannte Haut.«

»Ich weiß genau, was du wolltest«, grollte er. »Fass mich an und du bist tot.«

»Was?« Skye erstarrte. Sie hatte ihm doch wirklich nichts Böses tun wollen!

Völlig unvermittelt ließ er sie wieder los und sackte zurück, seine Gesichtszüge entspannten sich.

Skye war alles andere als entspannt. Ihr Herz raste wie verrückt und ihre Hand zitterte. Sie legte den Lappen weg, deckte hastig Flynns Beine zu und aß ihr mittlerweile lauwarmes Gericht auf, obwohl ihr der Appetit vergangen war.

Was stimmte mit diesem Mann nicht? Er schien vom Scheitel bis zur Zehenspitze ein einziges Mysterium zu sein.

Kurz ging sie nach oben vor die Tür, um das Geschirr sauber zu machen, und überprüfte, ob sich auch alles Essbare in gut verschlossenen Behältern befand, damit nachts kein Ungeziefer über sie herfiel. Anschließend breitete sie die restlichen Decken neben der Matratze aus. Die zwei Decken, die sie Flynn unter den Kopf geschoben hatte, traute sie sich jetzt nicht mehr zu nehmen. Nachher brachte er sie im Fieberwahn wirklich noch um.

Sie zog sich die Stiefel sowie die Hose aus, löschte alle Kerzen, streckte sich neben der Matratze auf ihrem ungemütlichen, harten Behelfslager aus und … fand keine Ruhe.

Skye schlief allgemein schlecht und meist nur sehr oberflächlich, immer bereit, sich zu verteidigen, falls sie angegriffen wurde. Drei Mal war ihr das bereits passiert und jedes Mal waren sie und ihr Angreifer mit dem Schrecken davongekommen. Skye verscheuchte diese Plünderer und Lustmolche mit ihrem Hammer, der immer neben ihr bereitlag.

Angestrengt starrte sie in die Dunkelheit und lauschte Flynns unregelmäßigen Atemzügen. Er wälzte sich ständig hin und her, was ihr erst recht nicht beim Einschlafen half.

Als er plötzlich »Nein!« rief, setzte sie sich auf und presste sich die Hand auf ihr rasendes Herz. So wurde das wirklich nichts!

»Nein …«, wimmerte er abermals. »Töte mich nicht.«

Flynn hatte fliehen müssen, oder? Träumte er davon? Von welchem Ort war er noch einmal weggelaufen? Warum konnte sie sich nicht mehr erinnern, was er ihr erzählt hatte? Wahrscheinlich war sie einfach zu müde. Der Tag war lang und aufregend gewesen.

Sie beugte sich zu ihm, tastete im Dunkeln nach seiner Schulter und strich darüber. »Scht, alles gut. Du bist in Sicherheit.«

»Skye?«, fragte er leise.

»Ja, ich bin hier.«

»Geh nicht weg.«

»Das werde ich nicht.«

Als sie seine Hand fühlte, die nach ihr suchte, rutschte sie zu ihm auf die Matratze und kuschelte sich in seine Armbeuge – einfach so, als hätte sie das schon hundert Mal gemacht. Es fühlte sich in diesem Moment irgendwie richtig an.

Und als er sie leise seufzend an sich zog, glitt auch sie endlich ins Reich der Träume.

 

***

 

Gähnend streckte sich Skye auf der Matratze aus und wunderte sich über das Licht, das durch ihre halb geschlossenen Lider drang. Wo war sie?

Schnell öffnete sie die Augen ganz und starrte in eine brennende Kerze, die in einem Glas neben der Matratze stand.

Flynn!

Sofort war sie hellwach. Sie hatte geschlafen wie ein Baby! Das war ihr schon ewig nicht mehr passiert. Ob das an Flynn lag? Weil sie wusste, er würde jeden Angreifer in die Flucht schlagen? Nun ja, nicht in seinem Zustand. Aber in seinen Armen hatte sie sich herrlich geborgen gefühlt.

Sie blickte neben sich, aber der Platz auf der Matratze war leer. Wo steckte der Kerl? Oder hatte sie alles nur geträumt?

Nachdem sie sich aufgesetzt hatte, entdeckte sie am Kopfende die Medikamentenschachtel. Eine weitere Tablette fehlte.

Nein, kein Traum!

Gerade als sie nach ihm rufen wollte, hörte sie jemanden die Treppe herunterkommen. Ihre Hand lag sofort auf dem Hammerstiel, doch als sie Flynn erkannte, nahm sie die Finger von der Waffe.

Wow! Flynn war kaum wiederzuerkennen, denn er machte einen sehr viel besseren Eindruck als gestern. Er trug die Militärhose sowie die Stiefel, die sie ihm mitgebracht hatte, bloß sein Oberkörper war nackt. Breite Schultern, schmale Hüften, und dazu diese ganzen Muskeln …

Himmel, sah er heiß aus!

Seine Haut hatte sich über Nacht erstaunlich schnell regeneriert. Die Blasen waren verschwunden und sie schien nur noch leicht gerötet zu sein, soweit Skye das im Kerzenschein erkennen konnte. Auch seine Augen schimmerten nicht mehr fiebrig. »Wie kann es dir schon wieder so gut gehen? Gestern wärst du fast gestorben!«

»Wir Warrior verfügen über außergewöhnliche Selbstheilungskräfte«, erklärte er, und seine tiefe, sonore Stimme schickte ein wohliges Kribbeln über ihren Körper. »Aber ohne deine Hilfe und Medizin hätte ich es nicht geschafft.«

»Du musst dich trotzdem noch ausruhen.«

»Da will ich nicht widersprechen.« Er setzte sich neben sie und zog seine Stiefel aus, bevor er sich auf der Matratze ausstreckte.

Skye kam sich plötzlich nackt vor, denn sie trug nur ein T-Shirt und einen Slip!

Schnell stand sie auf und schlüpfte in ihre Hose. »Warst du draußen?«

»Hm«, brummte er, wobei er die Arme hinter dem Kopf verschränkte – was diese sexy Muskeln in seinen Oberarmen auf doppelte Größe anschwellen ließ – und starrte sie weiterhin an. »Ich wollte nicht wieder in den Kanister pinkeln.«

Themawechsel! »Lust auf Frühstück?«

Er lächelte frech. »Gerne.«

Wow, diese Grübchen in seinen Wangen! Waren die echt? Existierte der Kerl wirklich? Und lag er in ihrem Versteck in ihrem Bett?

Skye räusperte sich leise, weil sie erst ihre Stimme wiederfinden musste. »Lass mich mal die Naht kontrollieren.«

Flynn drehte sich zur Seite, sodass sie die Wunde an seinem Nacken betrachten konnte. Die Ränder wirkten nicht mehr entzündet, nichts nässte oder eiterte. Das war unglaublich!

Ihr Blick fiel auf seine breiten Schultern und die Muskelstränge an seinem Rücken. Die zerstörte Hautschicht blätterte ab und darunter kam frische rosa Haut zum Vorschein. »Sieht gut aus«, murmelte sie, wobei sie sich nur mit Mühe zurückhalten konnte, nicht über seinen Körper zu streichen.

Als plötzlich ein lautes Knurren ertönte, drehte sich Flynn grinsend um. »Ich befürchte, das war meiner.« Er drückte die Hand auf seinen perfekten Bauch und streichelte darüber. Das würde sie jetzt auch zu gerne machen.

Frühstück … Das hatte sie beinahe vergessen! Was ja auch kein Wunder war, wenn man einen Typen wie aus einem Halbgötterjournal vor sich liegen hatte.

Schnell kramte sie aus einer ihrer Truhen ein eingeschweißtes Päckchen hervor, riss es auf und streute das Trockenfutter in einen Topf. Dann gab sie Wasser dazu, rührte so lange um, bis eine undefinierbare Masse entstand, und stellte es auf den Kocher.

Flynn setzte sich auf und spähte neugierig zu ihr. »Was ist das?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, hab ich gefunden.« In der Militärbasis. »Kann man essen und macht satt. Schmeckt ein bisschen wie Bohnen mit Tomatensauce.« Aus einer anderen Dose, die einen Deckel besaß, holte sie getrocknete Fleischstreifen und reichte Flynn ein paar.

»Und was ist das?«, fragte er und roch daran.

»Ratte.«

»Hab ich noch nie probiert.«

»Getrocknet schmecken sie nicht so lecker, aber du solltest mal das Rattenragout probieren, das Zina aus der Siedlung am Fluss zubereitet. Das ist göttlich.«

Flynns Brauen hoben sich. »Siedlung?«

»Ja, es gibt mehrere in New York.« Sie deutete mit dem Daumen hinter sich. »Die liegen gleich da drüben, auf der anderen Seite des Hudson.«

Vielleicht sollte sie das einem Warrior nicht unbedingt erzählen?

Flynn beugte sich weiter zu ihr und schaute ihr fest in die Augen. »Wie kommt man da rüber, wenn man nicht schwimmen will?«

Skye überlegte einen Moment, während sie dem sanften Pochen hinter ihrer Stirn nachspürte. Plötzlich war ihr ein bisschen schwindelig, doch eines wusste sie: Sie vertraute Flynn. Deshalb antwortete sie: »Ich habe am Ufer ein kleines Boot versteckt, nicht weit von hier. Ich nehme dich gerne mit, wenn du auf die andere Seite willst. Wenn du besonders mutig bist, kannst du auch durch den stockfinsteren Lincoln Tunnel gehen. Die Südröhre ist noch intakt. Aber glaube mir, das machst du ein Mal und nie wieder. Mann, ist das gruselig da drin. Du denkst, jede Sekunde könnte die Decke einstürzen und der Hudson flutet den Tunnel. Und überall stehen Fahrzeuge herum, über die man teilweise klettern muss. In einigen sitzen sogar noch Skelette!«

»Das hört sich wirklich unheimlich an.«

Resolut nickte sie bei den schaurigen Erinnerungen, wobei ihr eine Eiseskälte über das Rückgrat kroch. »Ja, das waren die längsten eineinhalb Meilen meines Lebens.« Für ihn als abgebrühten Krieger würde das wahrscheinlich ein Spaziergang sein.

Flynn schob sich einen Fleischstreifen in den Mund, kaute angestrengt und spülte den Bissen mit einem Schluck Wasser hinunter. »Wieso bist du überhaupt da durchgegangen?«

»Das Boot, das ich damals hatte, war schon ziemlich marode. Als ich es beladen habe, ist der Boden durchgebrochen. Ich war ausgerechnet auf dieser Seite des Flusses und habe hier nichts gefunden, mit dem ich zurückrudern konnte.« Sie reichte ihm das frisch gekochte Frühstück in einer Schüssel, und Flynn schlang es regelrecht herunter. So ein großer, muskulöser Kerl brauchte sicher mehr als nur zwei Mahlzeiten am Tag. »Soll ich dir noch was zum Essen machen?«, fragte sie deshalb.

»Nein, danke. Du tust schon so viel für mich.«

Als er herzhaft gähnte, sagte sie schnell: »Ruh dich aus und schlaf noch ein bisschen. Ich gehe solange Sachen suchen.«

»Okay.« Ohne zu murren streckte er sich wieder aus und schloss die Augen.