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© 2010 HEEL Verlag GmbH, Königswinter
Herausgeber der Neuauflage: Michael Stern
Überarbeitung des Reprints: © Michael Stern, Berlin 2010
service@uhrenliteratur.de
Lektorat: Melanie Jaschob
Alle Rechte, auch die des Nachdrucks, der Wiedergabe in jeder Form und der Übersetzung in andere Sprachen, behält sich der Herausgeber vor. Es ist ohne schriftliche Genehmigung des Verlages nicht erlaubt, das Buch und Teile daraus auf fotomechanischem Weg zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer bzw. mechanischer Systeme zu speichern, systematisch auszuwerten oder zu verbreiten.
Alle Angaben ohne Gewähr!
Layout u. Satz: M. Stern, Berlin
Alle Angaben ohne Gewähr
– Alle Rechte vorbehalten –
Print ISBN: 978-3-86852-331-7
E-Book ISBN: 978-3-95843-003-7
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Reparatur und Zeitmessung
Bearbeitet von
Uhrmachermeister F. Schmidt
Studienrat H. Jendritzki
Gewerbeoberlehrer W. Brauns
mit 352 Abbildungen, 520 Stichwörtern
HALLE (SAALE) 1951
+
BERLIN 2010
Hinweise des Herausgebers
Das zweibändige „Lehrbuch für das Uhrmacherhandwerk“ ist das letzte in Deutschland erschienene Schulbuch für Uhrmacher. Mit diesem wurden Generationen von Uhrmacherlehrlingen ausgebildet und es befand sich in fast jeder Uhrmacherwerkstatt. Hier liegt nun der zweite Band dieses Lehrbuches in neu gesetzter Form, aber unter Beibehaltung der alten deutschen Rechtschreibung vor.
Der Herausgeber konnte so zusätzliche Anmerkungen einbringen (neue deutsche Rechtschreibung), um dem Buch mehr Aktualität zu verleihen und es auch für die Uhrmacherausbildung nutzbringender zu gestalten. Die entsprechenden Anmerkungen sind gekennzeichnet (kursiv). Selbstverständlich wurden auch die physikalischen Einheiten den heutigen Normen entsprechend angepasst.
Bei den Begrifflichkeiten musste korrigierend eingegriffen werden, damit falsche nicht weitergetragen werden und schwer verständliche Passagen dem Leser jetzt leichter zugänglich sind. Besonders der Rechenteil ist jetzt den Erfordernissen der „Technischen Mathematik“, so wie sie heute an den Berufsschulen gelehrt wird, angepasst.
Herrn Volker Vyskocil danken wir sehr für das Bereitstellen der auf das Buch abgestimmten und sehr zu empfehlenden Animationen unter der Internetadresse www.uhrentechnik.de/stern/ani.htm
Wir hoffen, so die Verbindung zwischen der alten Uhrmachersprache und den heutigen Erfordernissen und Erkenntnissen hergestellt und damit zu besserer Verständlichkeit beigetragen zu haben.
Trotz größter Bemühungen waren nicht alle Rechtsinhaber dieses Buches zu ermitteln. Sollten Rechte bestehen, bitten wir um Benachrichtigung.
Haftungsausschluss
Die in diesem Buch enthaltenen Informationen wurden von den Autoren damals nach bestem Wissen zusammengetragen. Allerdings haben sich im Laufe der Zeit Arbeitsverfahren und Begriffe verändert. Das Buch gibt den Verfahrens- und Technologiestand um 1950 wieder. Die an diesem Buch Beteiligten übernehmen keinerlei Verantwortung bzw. Haftung für mögliche Schäden. Dies gilt auch für durchgeführte Arbeiten gemäß den hier vorgestellten Beschreibungen und Darstellungen – diese sind immer nur als Anregungen zu verstehen und entsprechen nicht durchgehend den heute gültigen Vorschriften.
Vorwort
I. Teil
Zeit und Zeitmessung
Was ist die Zeit?
Wie wird die Zeit bestimmt?
Der Sternenhimmel
Die verschiedenen Himmelskörper
Die „scheinbaren“ und die „wirklichen“ Vorgänge am Himmel
Erdachse, Erdpole, Äquator, Breiten- und Längengrade
Die verschiedenen Zeitarten
Wie arbeitet der Astronom bei der Bestimmung der Zeit?
Zusammenfassung
Zeitzeichen und Zeitansagen
Vom Messen der Zeit
Entwicklung der Hilfsmittel, die Zeit zu messen
Sonnenuhren
Die mechanische Räderuhr
Bezeichnungsvorschriften für Uhrenteile
A. Begriffsbestimmung der Uhr
B. Arten der Uhren
C. Aufbau der mechanischen Uhr
Das Werkgestell
Die einzelnen Bauelemente des Werkgestelles
Oberflächenveredlung
Form und Bauart der Uhr
Werkgestellverbindungen
Pfeilerverbindungen
Abmessung der Werkgrößen
Die Lagerung der Wellen und Räder
Die verschiedenen Lagerungsarten
Uhrsteine, Fassung und Einpressung
Der Kraftspeicher
Die Befestigung der Federenden
Die Verhältnisse von Feder, Federhaus und Federkern
Das Laufwerk
Das Rad
Das Trieb
Das Getriebe
Getriebearten
In der Uhrmacherei angewandte Verzahnungen
Das Hemmwerk
Hemmungen mit Rückführung für Pendeluhren
Die Hakenhemmung
Die rückführende Stifthemmung für Kurzpendel
Hemmungen mit Ruhe für Pendeluhren
Die Graham-Hemmung
Hemmungen für Uhren mit Unruh
Hemmungen mit Ruhe für Unruhuhren
Die Zylinderhemmung
Die „freie Ankerhemmung“
Freie Ankerhemmung mit Spitzzahnrad
Die Stiftankerhemmung für Wecker
Die Chronometerhemmung
Das Zeigerwerk
Zusatzeinrichtungen der Gehwerkuhr
Das Gesperr
Das Sperrad
Die Sperrklinke
Das Gegengesperr
Die Stellung
Der Stellungsfinger
Das Stellungskreuz
Die Aufzüge
Der Schlüsselaufzug
Der Kronenaufzug
Der Kupplungsaufzug
Der Wippenaufzug
Der Gangregler als Bauelement der Räderuhr
Die Schwingungen der Gangregler
Das Schwerkraftpendel
Das mathematische Pendel und das physikalische Pendel
Die mathematische Pendellänge
Der Aufbau des Uhrpendels
Die Pendelaufhängung
Die Pendelführung
Das einfache Uhrpendel
Pendel für Seidenfaden- und Drahtösenaufhängung
Pendel für lange Blattfedern
Pendel für die Zwei-Lamellen-Pendelfeder
Das Ausgleichs- (Kompensations-)Pendel
Das Federkraftpendel
Das Abzählen oder Abstimmen einer Spiralfeder
Die Schwingungsweite der Unruh
Die einfache Radunruh
Die Ausgleichs- (Kompensations-)Unruh
Die Spiralfeder
Der Rückerzeiger
Die aufgebogene Spirale
Die Spiralendkurve
Die zylindrische Spirale
Nachwort
II. Teil
Arbeitskunde des Uhrmachers
Die Überholung (Reparatur) der Uhren
Grundsätzliches
Die Reparatur eines Weckers
Die Reparatur einer Großuhr
Die Reparatur einer Kleinuhr
Zusatzwerke
Das Weckerwerk
Die Schlagwerke
Der Klangkörper
Die Ausführung einzelner Arbeiten
Das Polieren der Lagerzapfen
Das Einbohren von Zapfen
Die Zapfenlager
Die Steinlager
Die Zahnradeingriffe
Zugfeder und Federhaus
Das Gesperr
Das Zeigerwerk
Aufzug und Zeigerstellung
Aufzugvorrichtungen
Zeigerstellvorrichtungen
Ersatz der Aufzugwelle
Die Hemmungen
Grundsätzliches
Pendeluhrhemmungen
Spindelhemmung
Hakenhemmung
Brocot-Hemmung
Rollenhemmung
Graham-Hemmung
Das Pendel
Die Unruhhemmungen
Die Stiftankerhemmung
Geräuscharme Hemmungen
„Lautlos“-Hemmung
Die Zylinderhemmung
Die Ankerhemmung
Der Ersatz der Unruhwelle
Die Unruh
Die Spiralfeder
Der Ersatz der flachen Spiralfeder
Der Ersatz einer Breguet-Spiralfeder
Die Reinigung
Das Ölen
III. Teil
Rechnen
Die vier Grundrechnungsarten
Das Wurzelziehen
Das Rechnen mit Brüchen
Die Prozentrechnung
Die Zinsrechnung
Maße
Die Flächen- und Körperberechnung
Die Flächenberechnung
Die Körperberechnung
Die Gewichtsberechnung
Zeitmaße
Die Buchstabenformel
Auswahl der wichtigsten Kurz- und Formelzeichen
Das Lösen von Gleichungen
Das Umformen der Gleichung
Die Proportionen oder Verhältnisgleichungen
Die Berechnung des Räderwerkes der Uhr
Aufbau und Wirkung des Räderwerkes
Die einfache Übersetzung
Die Übersetzung bei Riemen- bzw. Schnurgetrieben
Die Übersetzung bei Zahnradgetrieben
Mehrfache Schnurübersetzung
Einfache Radübersetzung
Mehrfache Zahnradübersetzung
Die Gehzeit bei Gewichtzuguhren
Berechnung der Halbschwingungen (Schläge) einer Taschenuhrunruh für das Abzählen der Spiralfeder
Berechnung der Pendelschläge für einen Regulator
Die Räder zwischen dem Minutenrad und dem Sekundentrieb
Berechnung der Zähnezahlen des fehlenden Zwischenrades mit Trieb
Berechnung der Zähnezahlen des fehlenden Sekundenrades und des Sekundentriebes
Berechnung der fehlenden Zähnezahlen im Zeigerwerk
Die Berechnung von Rad- und Triebgrößen
Der Aufbau des Zahnrades
Triebgrößen
Prüfung von Rad und Trieb im Radeingriff
Berechnung eines fehlenden Rades
Berechnung des Achsenabstandes
Berechnung eines fehlenden Zwischenrades mit Trieb
Die Berechnung der Rad- und Triebgrößen mit dem Modul
Berechnungen an Gangreglern
Pendel
Berechnung der mathematischen Pendellänge
Berechnung der Halbschwingungen aus der Pendellänge
Berechnung der Längenveränderung
Verstellung der Reguliermutter mit Teilung
Längenveränderung des Pendels bei Temperaturveränderungen
Gangunterschied bei auftretender Längenänderung des Pendels
Das Abgleichen an der Unruh
Längenveränderung der Spiralfeder
Länge der Spiralfeder
Berechnung der Kurvennummer bei Breguet-Spiralen
Die Berechnung der Zugfeder
Federkern
Welche Federklingendicke sollen wir nun wählen?
Federringdicke entspannt
Windungen der Feder (entspannt)
Windungen der Feder aufgewunden
Wirksame Umgänge
Länge der Feder
Stichwörterverzeichnis
Der seit langem erwartete zweite Band des Lehrbuches für das Uhrmacherhandwerk konnte nur mit erheblicher Verzögerung erscheinen, nachdem seine Niederschrift zweimal durch Kriegseinwirkung vernichtet wurde.
Der erste Teil dieses Bandes behandelt die Bauelemente der Uhrmacherei; in ihm werden die Grundsätze dargelegt, nach denen die Bauelemente der Uhr zu formen sind, um in zweckmäßiger Weise zu wirken. Dadurch erlangt der Lehrling die Befähigung, sich in jedes Uhrwerk hineinzudenken, auch wenn dessen Bauart erstmals vorkommt. Der vorgenannte Teil entspricht ungefähr dem in Berufsschulen vorgetragenen Stoff.
Die Arbeitskunde des Uhrmachers befindet sich im zweiten Teil. Es werden darin ausführlich alle bei der Überholung von Groß- und Kleinuhren vorkommenden Arbeiten zur Sprache gebracht.
Im dritten Teil ist alles enthalten, was der Uhrmachergehilfe an Rechenkenntnissen besitzen muß. Es bestanden Zweifel darüber, ob die vier Grundrechnungsarten mit aufgenommen werden sollten. Die Ergebnisse der Gehilfen- und Zwischenprüfungen haben aber gezeigt, wie notwendig die Wiederholung und die Befestigung der Rechenkenntnisse sind.
Durchweg wurden einheitliche Bezeichnungen angewandt und die Formelzeichen nach den DIN-Normen gegeben. Dadurch wird angestrebt, in unserem Fach einheitliche Bezeichnungen angewandt zu sehen, was die Ausbildung des Nachwuchses wesentlich erleichtern wird. Wünschenswert wäre, auch in der Fachpresse diese einheitlichen Bezeichnungen zu verwenden.
Im ersten und zweiten Teil sich befindende Wiederholungen tragen dazu bei, den Stoff von zwei Gesichtspunkten aus zu beleuchten und ihn zum wirklichen geistigen Eigentum des Lernenden zu machen. Aus diesem Grund sind auch zahlreiche Hin- und Rückverweise in den Text eingefügt worden. Ein umfangreiches Stichwörterverzeichnis erleichtert die Anwendung des Buches während der täglichen Arbeit. Es ist zu hoffen, daß der vorliegende zweite Band des Lehrbuches viel dazu beitragen wird, die Ausbildung unseres Nachwuchses zu vereinheitlichen und sie zu vertiefen.
Auch der vorliegende Band ist eine Gemeinschaftsarbeit anerkannter Fachleute. Anregungen für die weitere Ausgestaltung des Buches für kommende Neuauflagen werden im voraus dankend begrüßt.
W. König
(1951)
Die Zeit ist ein Begriff! In unserer Vorstellung gestaltet sie sich durch das Aneinanderreihen von Geschehnissen, die wir in unserer Gedankenwelt festgehalten haben oder die uns durch Eindrücke verschiedenster Art vermittelt werden. Da nun die Zeit unmittelbar von den kosmischen Vorgängen im Weltenraum abhängig ist, können wir mit diesen den Grundbegriff „Zeit“ in Verbindung bringen.
Die Zeit ist uns Menschen in ihrer Ewigkeit ohne Anfang und ohne Ende nicht vorstellbar. Das Kommen und Vergehen der Zeit beobachten wir durch das Vorüberziehen von Ereignissen, die sich in endloser Reihe aneinanderfügen. Dabei nennen wir das, was augenblicklich geschieht, die „Gegenwart“, das, was geschah, die „Vergangenheit“ und das, was kommen wird, die „Zukunft“.
Die Gegenwart ist nun, genaugenommen, der kürzeste Zeitabschnitt, den wir uns denken können. Denn ebenso, wie ein gezeichneter Punkt schon eine räumliche Darstellung, also ein Körper ist und ein wirklicher Punkt nur in unserer Vorstellung lebt, ist die Gegenwart als Zeitpunkt anzusehen. Im allgemeinen bezeichnet man aber mit der Gegenwart eine Reihenfolge von Geschehnissen, die uns zeitlich nahe liegen.
Dreifach Ist der Schritt der Zeit: Zögernd kommt die Zukunft hergezogen Pfeilschnell ist das Jetzt entflogen, Ewig still steht die Vergangenheit.
(Schiller)
Uns Uhrmachern unterliegt als Berufsaufgabe die Instandhaltung der Zeitmeßgeräte. Zur Feststellung der Genauigkeit ihrer Zeitangaben dient uns die „Normalzeit“, die wir bei unseren Uhrvergleichen als „genauen Zeitmaßstab“ zugrunde legen. Es ist daher für uns Uhrmacher von Wichtigkeit, zu wissen, „wie die Zeit bestimmt wird“! Dies ist die Aufgabe des Astronomen. Er beobachtet den Lauf der Sterne, deren gleichmäßige Wiederkehr am Beobachtungsort, von der Erde aus gesehen, ihm zum Feststellen der Zeit dient. Um mit diesem „Zeitnehmen aus den Sternen“ unsere „Uhrzeit“ bestimmen zu können, die wir als Normalzeit bezeichnen, muß der Astronom viele Berechnungen ausführen und weitere Beobachtungen anstellen.
Wollen wir diese Arbeit des Astronomen näher kennenlernen, so müssen wir uns mit der Astronomie befassen, eine Wissenschaft, die uns in ein unbegrenztes Gebiet führt. Wir wollen jedoch keine Astronomen werden, sondern für uns Uhrmacher ist es wichtig, uns mit den Vorgängen zu befassen, die zur Bestimmung der Zeit als Grundlage dienen.
Aber auch hier muß das Verstehen dieser Vorgänge auf ein allgemeines grundlegendes Wissen aufbauen, ohne das ein Vertiefen in die Ausführung über Zeitbestimmung nicht möglich ist. Leisten wir also auch hier wieder gründliche Uhrmacherarbeit; wir sind es gewöhnt, und der Erfolg wird unsere Mühe lohnen!
Betrachten wir in einer klaren Nacht den Sternenhimmel von einem erhöhten Ort aus, so daß uns weder Bäume noch Häuser das Blickfeld engen, so erscheint uns der Himmel als riesige Hohlkugel, an der die Sterne angeheftet sind. Wir geben dieser Erscheinung dadurch Ausdrucksform, daß wir von einem „Himmelsgewölbe“ sprechen. In Wirklichkeit aber sind die Sterne ungleich weit von uns entfernt, nur vermag unser Auge diese Unterschiede nicht wahrzunehmen. Darum müssen wir uns den Sternenhimmel als einen unermeßlich weiten Raum vorstellen, in dem die Sterne je nach ihrem Standort verschieden weit von uns entfernt sind.
Das von unserem Beobachtungsort aus gesehene Himmelsgewölbe ist nach unten durch die Horizontebene begrenzt. Unter dieser Horizontebene ist der Himmel für uns nicht sichtbar, doch hat der Himmel für unsere Vorstellung von der Horizontebene nach unten eine ebensolche Raumausdehnung, wie wir uns diese für den uns sichtbaren Himmel denken müssen.
Uns erscheinen die Sterne in verschiedenen Größen oder Helligkeiten am Himmel. Es werden darum die noch mit bloßem Auge sichtbaren Sterne in sechs Stufen – Stern erster, zweiter, dritter, vierter, fünfter und sechster Größe – eingeteilt, zu denen noch Sterne „heller als Eins“ gezählt werden. Diese Einteilung bezeichnet jedoch nur die Helligkeit des Sternes und hat mit der wirklichen Größe (Durchmesser in Kilometern) keinen Zusammenhang.
Die Sterne sind in ihren Stellungen am Himmel zu Sternbildern vereinigt, von denen etwa 89 gezählt werden. Einige davon sind durch ihre auffallende Größe leicht zu finden. Am nördlichen Himmel sind als die wichtigsten der „Große Himmelswagen“ und der „Kleine Himmelswagen“ und zur Winterszeit der mächtige „Orion“ besonders hervorzuheben. Andere Sternbilder, die für unsere Betrachtungen sehr wichtig sind, sind die zwölf Sternbilder des Tierkreises: Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann und Fisch (s. a. Sternbüchlein, Verlag Bibliographisches Institut VVB., Leipzig).
Beobachten wir den Himmel einige Zeit, so stellen wir fest, daß die Sterne ihre Stellungen zu einem am Horizont gewählten Punkt verändern und daß sich das Himmelsgewölbe zu drehen scheint. Der Punkt, um den diese scheinbare Drehung stattfindet, nennt man „Himmelspol“, „Himmelsnordpol“ oder nur „Pol“. Nahe diesem Himmelspol steht der Polarstern, ein Stern zweiter Größe, den wir am Himmel leicht finden können, wenn wir den Großen Himmelswagen suchen und in Richtung der zwei hinteren Räder eine gerade Linie zum vorderen Deichselstern des Kleinen Himmelswagen ziehen (Abb. 1). Der Himmelsnordpol befindet sich diesem Polarstern so nahe, daß wir bei unseren Betrachtungen Pol und Polarstern als eins annehmen können.
Denken wir uns eine gerade Linie von diesem Polarstern durch die Mitte der Erde gelegt und in dieser Richtung nach dem südlichen Himmel fortgesetzt, so erhalten wir die „Himmelsachse“, um die die ganze Himmelskugel ihre Drehungen auszuführen scheint.
Denken wir uns eine Ebene, die durch den Mittelpunkt der Erde gelegt ist und auf der die Erd- und Himmelsachse senkrecht steht, so haben wir damit die Himmelsäquatorebene bestimmt. Diese teilt den Himmel in die nördliche und die südliche Hälfte. Der Kreis, an dem diese Ebene die Erdoberfläche berührt, ist der Erdäquator.
Bei den Ausführungen über den Sternenhimmel haben wir im allgemeinen nur von Sternen gesprochen und sind auf die Verschiedenartigkeit der Sterne nicht weiter eingegangen, weil es ohne Belang für das Gesagte war. Kommen wir jedoch zu unserer gestellten Aufgabe über die Zeitbestimmung zurück, so ist es sehr wichtig, daß wir uns näher mit den Arien der Sterne beschäftigen und diese zu unterscheiden lernen.
Schauen wir uns den Sternenhimmel des öfteren an, so finden wir die Sterne in den Sternbildern stets gleichmäßig angeordnet, so daß es den Anschein erweckt, als ob diese Sterne am Himmelsgewölbe fest stehen, also ein „fixes System“ miteinander bilden. Daher mag auch die ältere Benennung stammen, die diese Sterne als „Fixsterne“ bezeichnet. In Wirklichkeit aber gibt es ein Feststehen dieser Sterne am Himmel nicht, nur erscheint uns diese Bewegung infolge der unermeßlich großen Entfernung der Sterne als so gering, daß selbst nach einer großen Zeitspanne die Veränderung nur schwer nachweisbar ist. Für unsere folgende Betrachtung können wir darum die Fixsterne als fest stehend am Himmel bezeichnen. Sie strahlen eigenes Licht aus. Ihre Entfernungen von der Erde sind so groß, daß mit Millionen und Billionen Kilometern in der Maßeinheit gerechnet werden muß, um die Entfernungen auszudrücken (s. a. S. 15).
Zu den Fixsternen gehört auch unsere Sonne. Sie ist mit ihrer mittleren Entfernung von etwa 150 Mill. Kilometer von der Erde aus der uns am nächsten stehende Fixstern. Der Sonnenkugeldurchmesser beträgt 1,4 Mill. Kilometer, und eine Umdrehung um ihre eigene Achse dauert etwa 26 Erdtage. Auch die Sonne hat mit ihrem ganzen Sonnensystem eine Eigenbewegung, mit der sie mit einer Geschwindigkeit von 20 Kilometer/Sekunde dem Sternbild des Herkules zustrebt, doch lassen wir auch diese Bewegung bei unseren Betrachtungen unberücksichtigt. Der Sonnenkern ist mit einer Hülle aus glühenden Metalldämpfen und Wasserstoff umgeben. Sie strahlt Licht und Wärme aus, und ihre Oberflächentemperatur beträgt etwa 5.800° C.
Im Gegensatz zu den Fixsternen bezeichnen wir all die Himmelskörper, die ihre gegenseitige Lage und ihre Stellung im Himmelsraum sichtlich verändern, als „Wandelsterne“ oder „Planeten“. Diese schnelle Lagenveränderung hat ihre Ursache in der Umkreisung der Planeten um die Sonne. Zur Sonne gehören die neun Planeten, nach ihrer Entfernung von der Sonne aus wie folgt geordnet: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto. Die Planeten strahlen selbst kein Licht aus, sondern werden von der Sonne beschienen, wodurch ihnen Licht und Wärme vermittelt wird. Außer ihrer Umkreisung um die Sonne drehen sie sich auch um sich selbst, und diese Bewegungen der einzelnen Planeten sind sehr verschieden, da diese von der Größe der Planeten und dem Zustand ihrer Masse abhängig sind.
Unter den Planeten ist es unsere Erde, mit der wir uns besonders befassen müssen, da wir mit ihr eng verbunden sind und alles Geschehen im Weltenraum von unserem Standort auf der Erde aus wahrnehmen. Die Erde hat die Gestalt einer etwas abgeflachten Kugel, ihr größter Durchmesser beträgt 12.756,776 Kilometer. Sie dreht sich im umgekehrten Uhrzeigersinn um sich selbst, so daß wir mit ihr auf der Erdoberfläche eine Bewegung von Westen nach Osten zu ausführen. Auch ihre Bewegung um die Sonne führt sie in der gleichen Bewegungsrichtung aus. Im Innern befindet sich die Erde im feuerflüssigen Zustand, während die Erdoberfläche erkaltet ist. Die Bestrahlung der Erde durch die Sonne und das Vorhandensein einer Lufthülle sind als Urquell alles Lebens zu bezeichnen.
Zu den Wandelsternen gehören auch die Monde, die die Planeten umkreisen und mit diesen zugleich um die Sonne wandern. Sie werden darum „Trabanten der Planeten“ genannt. Ihr Licht erhalten sie wie die Planeten von der Sonne.
Die Zahl der Monde, die die Planeten umkreisen, ist verschieden. Es gehören zu Erde und Neptun je ein Mond, zu Mars zwei kleine Monde; Uranus hat vier und Jupiter neun Monde. Saturn umkreisen zehn Monde, und dieser ist außerdem noch mit einem frei schwebenden Ringgebilde umgeben.
Der Mond, der unsere Erde umkreist, ist der uns am nächsten stehende Himmelskörper, seine Entfernung von der Erde beträgt 380.000 Kilometer. Er ist kugelförmig und hat einen Durchmesser von 3.475,9 Kilometer, das ist etwas mehr als der vierte Teil des Erddurchmessers, seine Masse beträgt jedoch nur den 81. Teil der Erdmasse. Seine Umdrehung um sich selbst und seine Bewegung um die Erde erfolgen in gleicher Richtung wie die Erdumdrehung, also im umgekehrten Uhrzeigersinn.
Das Weltall mit seinen Wundern zu erforschen, führte schon im Altertum zu Beobachtungen, die bis 3.000 Jahre vor der Zeitwende zurückliegen. Bedeutende Forschungen unternahmen dann die Araber und die alten Griechen. Sie betrachteten die Erde als den Mittelpunkt des Weltalls, um den sich das ganze Himmelsgewölbe dreht. Von der Erde als Zentralgestirn nahmen sie jedoch an, daß sie im Weltall still steht.
So nennt man diese Auffassung der Bewegungen, sie seien so, wie wir sie von der Erde aus beobachten können und wie sie sich vor unserem Auge abspielen. Diese Lehre wird nach den von dem Astronomen Ptolemäus 150 Jahre nach der Zeitwende aufgestellten Grundsätzen „Die Lehre vom ptolemäischen Weltsystem“ genannt. Diese scheinbaren Bewegungen dienen auch heute noch oft zur Erklärung der Vorgänge am Himmel.
Der deutsche Forscher und Astronom Nikolaus Kopernikus, geb. 1473 zu Thorn, erkannte jedoch durch seine Beobachtungen und Berechnungen, daß sich in Wirklichkeit die Erde um sich selbst dreht und um die Sonne bewegt und die Sonne das Zentralgestirn der Erde und der anderen Planeten ist. Diese Entdeckungen wurden etwa 100 Jahre später durch den deutschen Astronomen Kepler durch die „Keplerschen Gesetze“ festgelegt und bewiesen, so daß von dieser Zeit an „Die Lehre vom kopernikanischen Weltsystem“ als Grundlage für alle weiteren Erforschungen des Weltalls diente.
Bei unseren nachfolgenden Ausführungen wollen wir uns nun eingehend mit den wirklichen Vorgängen am Himmel befassen, da diese bei unseren Betrachtungen alle Fehlschlüsse ausschließen und überdies auch den Vorgang der Zeitbestimmung leichter verständlich machen.
Im Zusammenhang mit den angeführten Forschungen und Entdeckungen sei hier erwähnt, daß den Astronomen durch die Erfindung des Fernrohres durch Lipperhey 1608 ein wertvolles Hilfsmittel gegeben wurde und daß der Ausbau dieser optischen Instrumente die Beobachtungen außerordentlich förderte. Die Entdeckung der Pendelgesetze durch Galilei führte zur Erfindung der Pendeluhr durch Huygens, durch die genaue Messungen und Vergleiche bei den angestellten Beobachtungen ermöglicht wurden.
Als wir von dem Himmelspol, dem Polarstern und der Himmelsachse sprachen, stellten wir uns diese als eine Gerade vor, die vom Polarstern durch den Mittelpunkt der Erde gelegt ist und um die sich das Himmelsgewölbe zu drehen scheint. Da sich aber nun in Wirklichkeit die Erde dreht, wird es uns leicht verständlich, daß diese Gerade die Erdachse darstellt und in ihrer Verlängerung zugleich auch die Himmelsachse bildet. Die Folge davon ist auch, daß die Erdachse in die Richtung des Polarsternes zeigt und sie ihre Richtung während der Wanderung der Erde um die Sonne nicht verändert.
Genau so, wie die Himmelspole durch die Himmelsachse bestimmt werden, verhält es sich mit der Erde. Die Erdachse ist durch die Punkte der Erde gelegt, die bei der Drehung der Erde sich nur um sich selbst bewegen, während alle weiter davon entfernt liegenden Punkte kleine und größere Kreise beschreiben. Der nördlichste, der zum Polarstern zeigt, ist der Nordpol und der südlichste der Südpol. Wir sagen also, die Erdachse ist durch den Nord- und Südpol gelegt, um die die Erde ihre Drehungen ausführt.
Gehen wir vom Nordpol auf der Erdoberfläche ein Stück abseits und beobachten diesen Punkt bei der Drehung der Erde, so stellen wir fest, daß dieser Punkt einen Kreis beschreibt. Diese Kreise werden immer größer, bis wir an der Stelle der Erdoberfläche angelangt sind, die gleich weit vom Nord- und Südpol entfernt ist. Dieser größte Kreis teilt die Erde in die nördliche und die südliche Erdhalbkugel – es ist der Äquator. Von diesem aus werden nun all die Kreise, die in gleicher Ebene liegen, zum Nordpol wie zum Südpol hin kleiner, bis sie an den Polen nur noch als Punkte anzusehen sind. Geographisch ist die Erde vom Äquator aus zu den Polen hin in je 90 Teile unterteilt, die die Breitengrade bilden und die wieder in je 60 Bogenminuten zu je 60 Bogensekunden gegliedert sind. Wir sprechen daher von nördlicher und südlicher Breite (Abb. 2).
Außer diesen Breitengraden finden wir auf einem Globus, auf einer Karte oder in Abb. 2 die verschiedenen Zonen. Nahe dem Nordpol bei 66° 30' nördlicher Breite und nahe dem Südpol bei 66° 30' südlicher Breite liegen die beiden Polarkreise, und bei 23° 30' nördlicher Breite befindet sich der Wendekreis des Krebses und bei 23° 30' südlicher Breite der Wendekreis des Steinbocks. Durch diese vier Zonenkreise ist die Erde in die Zonengebiete eingeteilt, die folgende sind: heiße Zone zwischen den Wendekreisen des Krebses und des Steinbocks, gemäßigte Zonen zwischen den Wendekreisen und den Polarkreisen und kalte Zonen von den Polarkreisen bis zu den Polen. Die Bedeutung der einzelnen Zonenkreise finden wir noch näher erläutert, wenn wir über die Jahreszeiten und den Lauf der Sonne sprechen.
Der Äquator ist an seinem Umfang in gleicher Weise wie ein Kreis in 360 Grade eingeteilt. Durch diese Gradpunkte sind über die nördliche und die südliche Halbkugel Kreisbogen gelegt, die alle im Nordpol und Südpol zusammentreffen. Diese werden Längengrade oder „Meridiane“ genannt, wovon jeder wieder in je 60 Bogenminuten zu je 60 Bogensekunden unterteilt ist.
Gezählt werden diese Längengrade vom Nullmeridian aus, der durch die Sternwarte von Greenwich (sprich: grinidsch), einer Stadt in Südengland, gelegt ist. Von da aus zählen die Längengrade nach Osten und Westen mit je 180°, wir unterscheiden also östliche und westliche Länge. Der 180. Längengrad verläuft durch den Stillen Ozean – er bildet zugleich die Datumsgrenze.
Durch diese geographische Einteilung der Erdoberfläche ist es möglich, die Lage eines Ortes genau zu bestimmen und anzugeben, wozu stets der Schnittpunkt eines Längen- und Breitengrades dient. Im weltberühmten Dresdner Mathematisch-Physikalischen Salon ist im Kuppelbau des Direktionsgebäudes ein Durchgangsinstrument aufgestellt (s. a. „Sternenzeit“, S. 20), dessen geographische Lage mit 51° 3' 14,7" nördlicher Breite und 13° 30' 13,95" östlicher Länge bestimmt wurde.
Alle vorangegangenen Erklärungen über die Zeit und die Vorgänge am Himmel dienen gleichsam als Vorwort zu dem Folgenden. Es ist eine unbedingte Voraussetzung, daß sich jeder eingehend über die darin behandelten Gebiete unterrichtet, ehe er sich mit den verschiedenen Zeitarten befaßt. Begehen wir nicht den Fehler, oberflächlich in diesem Buch den Abschnitt zu suchen, der die eine oder andere Frage beantwortet. Die Abhandlungen sind eng miteinander verbunden und geben nur zusammenhängend ein klares Bild über die Fragen ab, über die ein Uhrmacher unterrichtet sein muß. Denn was man von jedem gebildeten Menschen verlangt, das gilt vor allem für den Uhrmacher, daß er das Hauptsächlichste von den Vorgängen am Himmel kennt. Beschäftigen wir Uhrmacher uns doch täglich mit der Zeit, da es unsere Aufgabe ist, den Kunden mit genauer Zeit zu versorgen. Richtet aber einmal ein Kunde an Dich die Frage, auf welche Weise die „genaue Zeit“ ermittelt wird, dann mußt Du in sachgemäßer Erklärung Aufschluß darüber geben können. Es ist für Dich eine Empfehlung an den Kunden und für den Kunden ein Beweis Deiner Kenntnisse, die jedem Uhrmacher als gewissenhaftem Fachmann eigen sein müssen!
Es ist also unsere Aufgabe, nun die Zeitarten und ihre wesentlichen Unterschiede sowie deren Bestimmung kennenzulernen, die wir in folgenden Abschnitten behandeln:
• Sternzeit
• Wahre Sonnenzeit
• Mittlere Sonnen- oder Ortszeit
• Zonen- oder Normalzeit
• Weltzeit
• Sommerzeit
Wir beobachten an einem Abend bei klarem Himmel einen Fixstern auf seinem scheinbaren Weg um die Erde, um die Dauer seiner Umlaufzeit zu ermitteln. Dazu suchen wir einen geeigneten Standort auf, von dem aus wir eine Dachkante des Hauses sehen können, die nach Möglichkeit in der Nord-Süd-Richtung liegt. Unsere Aufstellung müssen wir so wählen, daß wir diese jederzeit wieder einnehmen können. Nun beobachten wir den für unseren Versuch gewählten Fixstern, wenn dieser an der Dachkante verschwindet. Diese Zeit stellen wir an unserer Taschenuhr fest. Am kommenden Abend wiederholen wir unsere Beobachtung, müssen jedoch etwas früher unseren Aufstellungsort einnehmen, wenn wir das Verschwinden des Sternes an der Dachkante wieder bestimmen wollen, denn dieses findet etwa 4 Minuten früher statt als am Abend vorher. Genaugenommen sind es 3 Minuten und 56 Sekunden, so daß also zwischen den zwei gleichen Stellungen des Sternes ein Zeitabschnitt nach unserer Uhrzeit von 23 Stunden, 56 Minuten und 4 Sekunden liegt. Da sich aber die Erde einmal um sich selbst gedreht hat und wir auf diese Weise durch den Stern die Dauer der Umdrehung zu diesem festgestellt haben, ermittelten wir auch zugleich die Länge des Sterntages. Auf welche Erscheinung ist das zurückzuführen?
Die Länge des Tages nach Uhrzeit wird durch zwei aufeinanderfolgende Sonnenmittagsstellungen begrenzt (Abb. 3). Wir haben dabei die Sonne als Mittelpunkt der Erdbahn betrachtet und auch festgestellt, daß sich die Erde täglich um etwa 1° auf ihrer Bahn vorwärts bewegt, wodurch sich die Erde selbst um etwa 1° mehr um ihre Achse drehen muß, damit der Beobachtungsmeridian wieder in die Sonnenmittagsstellung zurückkehrt.
Betrachten wir nun aber die Bewegungen der Erde nicht mehr zur Sonne, sondern zu einem Fixstern, so werden wir die gestellte Frage, die Länge der Sterntage betreffend, bald selbst beantworten können!
Der Beobachtungsmeridian mit der Markierung 0 bis 24 wird vom Sonnenstrahl getroffen, und da der Fixstern in der Sonnenrichtung steht, fällt der Sternstrahl in derselben Richtung auf den Nullmeridian. Wir haben also gleichen Sonnen- und Sternmittag (vgl. a. Abb. 4).
Zu der außerordentlich großen Entfernung des Fixsternes von vielen Billionen Kilometern ist die Erdbahn sehr klein, so daß wir annehmen können, daß die Sternstrahlen zu den folgenden Erdstellungen stets gleichlaufend sind. Dreht sich nun die Erde einmal um ihre Achse, so ist sie auch um etwa 1° auf ihrer Bahn vorwärts geschritten, was nach ¼ Jahr einem Winkel von 90° entspricht. Es beträgt demnach der Unterschied zwischen Sonnen- und Sternmittag in dieser Stellung 6 Stunden.
Nun folgen wir dem Globus um weitere 90° auf der Bahn vorwärts. Sonnen- und Sternstrahl treffen die Erde in entgegengesetzter Richtung, der Zeitunterschied beträgt 12 Stunden. Nach einer weiteren Bewegung des Globus um 90° liegt der Zeitunterschied bereits bei 18 Stunden, und wenn der Globus wieder die Ausgangsstellung einnimmt, dann sind es 24 Stunden oder eine Umdrehung der Erde, und die beiden Strahlenzeiger treffen den Nullmeridian wieder in gleicher Richtung (Abb. 4).
Wir haben nun also festgestellt, daß der Sterntag kürzer ist als der Sonnentag, weil sich die Erde um die Sonne bewegt und der Sterntag durch zwei aufeinanderfolgende Sternmeridiandurchgänge begrenzt wird.
Zeitbestimmungen können an jedem Ort der Erde vorgenommen werden. Es ist daher notwendig, die genaue Lage des Beobachtungsortes nach Längengraden, Minuten und Sekunden zu kennen. Zur Bestimmung der Zeit dient ein Fixstern, dessen genauer Durchgang durch den vorher ermittelten Meridian beobachtet wird.
Die Sonne mit ihrer Lichtfülle und Größe ist zur Bestimmung der Zeit weit weniger geeignet als ein Fixstern, der sich am Nachthimmel auch im Fernrohr noch als Lichtpunkt zeigt und daher viel größere Genauigkeiten bei der Zeitbestimmung bietet.
Da nun all die Sterne, die auf gleichem Meridian stehen, auch die gleiche Zeit angeben und die Sternzeit von der Frühlingskolurlinie (Kassiopeia) aus berechnet wird, muß die Abweichung an beobachtenden Sternen von dieser bekannt sein. Sie wird in Sternzeit angegeben und bei der Bestimmung der Zeit in die Berechnung mit einbezogen.
Als Beobachtungsinstrument dient dem Astronomen der Meridiankreis, auch Durchgangsinstrument genannt. Es ist ein Fernrohr, das sich genau um die von Osten nach Westen ausgerichtete Achse drehen läßt, so daß das Rohr selbst in der Ebene des Meridians liegt und gerade nur diese Sterne erfassen kann, die die Meridianebene durchlaufen. Daraus ergibt sich, daß der Meridiankreis lediglich für Durchgangsbeobachtungen und nicht für längere Betrachtungen eines Sternes geeignet ist.
Auf zwei gut fundamentierten Pfeilern, die sehr tief in die Erde eingelassen sind, ruhen die Lager der Achse. Außer dem Rohr sind zwei fein geteilte Kreise auf der gemeinschaftlichen Achse angebracht, von denen sich der feiner geteilte Kreis vor einem Ablesemikroskop vorüberbewegt, um die Winkelhöhe eines Sternes über der Äquatorebene genau ablesen zu können (Abb. 5).
Im Blickfeld des Fernrohres ist ein Fadennetz angebracht, das meist aus einem waagerechten und mehreren lotrecht gespannten Fäden besteht, die gleich zueinander verlaufen und deren mittelster genau mit dem Meridian zusammenfällt (Abb. 6). Das astronomische Fernrohr zeigt die Sternbewegungen umgekehrt, so daß also der Stern von rechts in das Gesichtsfeld des Fadennetzes eintritt. Vom Beobachter wird das Fernrohr nun so ausgerichtet, daß der Stern genau auf dem waagerechten Faden läuft, wobei die Zeitpunkte mit einer Uhr verglichen und vermerkt werden müssen, bei denen der Stern durch die senkrechten Fäden genau geteilt wird.
Da der mittelste Faden des Meridiankreises in der Meridianebene liegt, begrenzen also zwei aufeinanderfolgende Sterndurchgänge eines gleichen Sternes durch diesen Meridianfaden einen Sterntag. Dieser ist nach unserer Uhrzeit 23 Stunden, 56 Minuten, 4 Sekunden lang, wird aber vom Astronomen in 24 Sternzeitstunden zu je 60 Sternzeitminuten zu je 60 Sternzeitsekunden eingeteilt. Zum Vergleich mit der Sternzeit dient eine Sternzeituhr, die nach dieser Zeit abgeglichen ist und deren Gang durch den Stern überwacht werden kann. Eine solche Sternzeituhr weicht in ihrer Bauart von einer normalen Sekundenpendeluhr nur insofern ab, als sie eine 24stündige Zifferblatteinteilung hat. Diese ist nötig, da sich die Sternzeit täglich um etwa 4 Minuten zur Normalzeit verändert und eine zwölfstündige Zifferblatteinteilung keinen Aufschluß über den Stand der Sternzeit geben würde. Das Pendel ist kürzer als ein normales Sekundenpendel, denn es muß in 23 Stunden, 56 Minuten und 4 Sekunden 43.200 Pendelschläge ausführen.
Die Ableseart, den Sterndurchgang und den Uhrstand zugleich zu beobachten, bringt eine Fülle von Fehlerquellen mit sich, von denen man einige auf elektromechanischem Wege auszuschalten versucht. Dazu dient der Chronograph. Es ist ein Morseapparat mit zweinebeneinander-odergegenüberliegendenelektromagnetischen Schreibeinrichtungen, die auf einem sich gleichmäßig fortbewegenden Papierstreifen Marken anbringen. Der eine Magnet ist mit einer Sekundenkontakteinrichtung der Sternzeituhr verbunden, die die Sekunden durch Punkte auf dem Streifen aufzeichnet, wobei meistens die 60. Sekunde, um sie zu kennzeichnen, ausfällt. Der zweite ist mit einem Taster verbunden, der vom Beobachter beim Durchgang des Sternes durch die senkrechten Fäden betätigt wird.
Der Gang der Uhr kann dann mit Hilfe eines Maßstabes auf dem Streifen durch Abmessen der Punktstellungen ermittelt werden. Die Abbildung 7 zeigt einen derartigen Streifen. Bei anderen Chronographen wird durch seitlichen Ausschlag einer Strichmarke die Nachprüfung ermöglicht.
Um nun aber auch noch die persönlichen Fehler des Beobachters nach Möglichkeit zu verkleinern oder gar auszuschalten, kann anstelle des Handtasters ein mechanischer Kontakt, das „unpersönliche Okularmikrometer“, benutzt werden. Der Beobachter bewegt dabei einen verschiebbaren senkrechten Faden vor dem Fadennetz des Fernrohres mit Hilfe einer Mikrometerschraube. Sein Augenmerk hat er dann nur darauf zu lenken, daß der Stern von dem verschiebbaren Faden genau geteilt, dieser also in der Geschwindigkeit des Sternes mitbewegt wird. Bei dem genauen Zusammenfallen des Beobachterfadens mit einem senkrechten Faden des Fadennetzes wird mechanisch ein Kontakt betätigt, der das Schreibgerät in Gang setzt.
Für eine allgemeine öffentliche Zeitangabe ist die Sternzeit nicht geeignet, sie würde sogar große Verwirrungen hervorrufen, da sich ihre Zeitangabe gegen unsere Uhrzeit täglich etwa um 3 Minuten und 56 Sekunden verändert. Dem Astronomen dient sie als genaues Zeitmaß, mit dessen Hilfe er alle Vorgänge am Himmel beobachten kann. Außerdem ist sie aber die außerordentlich wichtige und zuverlässige Grundlage zur Überwachung unserer bürgerlichen Uhrzeit.
Die Geschwindigkeit der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne ist nicht gleichmäßig, so daß sich also auch die Sonnenmittagsstellung eines Meridians in nicht ganz gleichbleibenden Zeitabschnitten wiederholt. Das hat seine Ursache darin, daß die Erdbahn kein Kreis, sondern eine Ellipse ist, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht. Dadurch weichen die Entfernungen der Erde von der Sonne in den verschiedenen Jahreszeiten voneinander ab. Im Sommer ist die Entfernung der Erde von der Sonne am größten, sie befindet sich in Sonnenferne, dagegen im Winter in Sonnennähe. Damit ist auch der Einfluß der Sonne auf die Erde im Sinne der Zeitangabe entsprechend ungleichmäßig und das Fortschreiten der Erde auf ihrer Bahn diesen Unregelmäßigkeiten unterworfen. Das Kalenderjahr ist aus diesem Grunde nicht in vier gleiche Teile zerlegt, sondern wir ermitteln für ein gewöhnliches Kalenderjahr (nicht Schaltjahr) folgende Tagesreihen durch Abzählen auf einem Kalender (Abb. 8):
Auch die verschiedenen Umlaufzeiten der anderen Planeten um die Sonne, wodurch diese unserer Erde einmal näher stehen, das andere Mal weiter entfernt sind, und die wechselnde Stellung des Mondes auf seiner Bahn um die Erde zur Sonne beeinflussen die Erde auf ihrer Bahn. All diese Erscheinungen haben eine unregelmäßige Wiederholung der Meridiandurchgänge, also des Sonnenmittags zur Folge.
Die wahre Sonnenzeit wird nur von den Sonnenuhren angezeigt, denn eine mechanische Uhr zu bauen, die die Unregelmäßigkeiten der Sonnenzeit anzeigt, stößt auf unbegrenzte Schwierigkeiten und hat mit Ausnahme ihres Kunstwertes keine praktische Verwendungsmöglichkeit.
Die „wahre Sonnenzeit“ wird also durch den Stand der Sonne bestimmt. Es ist „wahrer Mittag“, wenn die Sonne im Meridian des Beobachtungsortes ihren höchsten Stand erreicht hat. Sie unterliegt den Unregelmäßigkeiten der Erdbewegung auf ihrer Bahn.
Die Steigerung der Kultur und die Vervollkommnung der Uhren bedingten aber eine regelmäßige und einheitliche Zeitangabe. Infolgedessen war es erforderlich, die Unregelmäßigkeiten der wahren Sonnenzeit auszugleichen.
Denken wir uns die Erdachse auf ihrer Bahn senkrecht stehend, die Erdbahn genau als Kreis und in dessen Mittelpunkt die Sonne, so wird die Erde ganz gleichmäßig vorwärts schreiten. Die in diesem gedachten Sonnensystem stehende Sonne gibt die „mittlere Sonnen- oder Ortszeit“ an. Den Unterschied zwischen der wahren und der mittleren Zeit nennt man die „Zeitgleichung“ (Abb. 9).
Aus dieser Darstellung entnehmen wir die „Zeitgleichungen“ für die einzelnen Tage, und es müssen z. B. für den 12. Februar diese –14 Minuten 25 Sekunden zur wahren Ortszeit hinzugezählt und am 3. November diese +15 Minuten 20 Sekunden abgezogen werden, um die mittlere Ortszeit für diese Tage zu bestimmen. Dieses Beispiel führt die beiden größten Abweichungen an, woraus wir erkennen, daß die Unregelmäßigkeiten in der Erdbewegung ganz beträchtliche sind. An den Tagen, die in der Tabelle auf Null angegeben sind, gleichen sich wahre und mittlere Sonnenzeit an. Das Auf- und Absteigen der Zahlen zeigt uns aber auch deutlich den unregelmäßigen Verlauf der Erdbewegungen auf ihrer Bahn.
Die Zeitgleichungen sind in der Darstellung nur als Mittelwerte angegeben, denn durch das Schaltjahr und selten eintretende Himmelserscheinungen entstehen noch weitere kleine Abweichungen.
Die „mittlere Sonnen- oder Ortszeit“ wird also ermittelt durch Ausgleichung der Unregelmäßigkeiten der wahren Zeit, wozu die „Zeitgleichung“ dient.