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Carmen Thomas

Ein ganz besonderer Saft – Urin

Die Hausapotheke des Körpers

Inklusive
»Erfahrungen mit Urin. Briefe zum besonderen Saft«
&
»Blick über den Zaun. Erfolge und Erfahrungen mit Urin«

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Ersterscheinung 1993

Die Behandlungsvorschläge in diesem Buch sind von Autorin und Verlag nach bestem Wissen und Gewissen sorgfältig erwogen und geprüft. Autorin und Verlag und ihre Beauftragten übernehmen keine Haftung für etwaige Personen-, Sach- und Vermögensschäden, die sich aus dem Gebrauch oder Missbrauch der in diesem Buch dargestellten Behandlungsmethoden ergeben.

Carmen Thomas
Ein ganz besonderer Saft – Urin
© Aurum in J. Kamphausen Verlag &
Distribution GmbH, Bielefeld
info@j-kamphausen.de

Umschlaggestaltung:
Claudia Schlutter, sichtbar gestaltet, Bielefeld
Gestaltung Innenteil:
Sabine Schiche, ad department, Bielefeld
Foto Titel: Elena Schweitzer, fotolia.com
Druck & Verarbeitung: Westermann Druck, Zwickau

www.weltinnenraum.de

ISBN Print 978-3-89901-663-5
ISBN E-Book 978-3-89901-665-9

Inhalt

Zum Einsteigen

Zu diesem Buch

Vorwort des Verlages

Puzzleteile, oder die Entdeckung eines atemberaubenden Themas – in jeder Hinsicht

Vorwort der Autorin

Angelesenes

Eine kurze Geschichte der Urologie

Urinarzneyen von Johann Heinrich Zedler

Das Lexikon des Aberglaubens

Urin als Zaubermittel

Überlieferungen zur Verwendung von Urin

Wissenswertes aus der Medizin

Wie Harn entsteht

Die Blase

Blasenerkrankungen

Was ist Harn?

Tierurin

Wo sammelt sich der Urin?

Die Verwendung von Urin in der Textilherstellung und -pflege

image Ein Beitrag von Robert A. Esser

Urin als Waschhilfe

Urin als Hilfsmittel beim Färben

Urin als Walkmittel

Die Sendung

Protokoll der Sendung

Die Fragestunde

Nach der Sendung

Spontanreaktionen

Einschätzung der Sendung

Urin als Allzweckmittel

Eigenurin als Arznei

Für Haut und Haare

Langzeitreaktionen

Kritik und Ekel

Urin in der Naturheilkunde und Kosmetik

Hals und Lunge

Mund

Haut

Innere Beschwerden

Haare

Augen

Ohren

Allergien

Für die Seele

Urin für alle Fälle

Die Geschichte des Urins in der Medizin

image Ein Beitrag von Hans Schadewaldt

Die Entwicklung der Erkenntnisse über den Urin und die ihn ausscheidenden Organe

Von der Harnschau zur Urindiagnose

Harn als Therapeutikum

Gedrucktes

Sigmund Freud

C. Plinius Secundus der Ältere

R. Dale Guthrie

Indische Heilkünstler

Die Rolle des Melatonins im Urin

Die Pilze in der Kultur

Der Fliegenpilz in Nordasien

Magie und Medizin

Hautpflege und Neurodermitis

Diagnose »Hepatitis« – geheilt durch Eigenurin

Urin bei der Arzneimittelherstellung

Zur Wirkung von Harnstoff auf die kindliche Haut

Urin-Therapie

Auswahl der bis dato veröffentlichten Literatur zum Thema

Martin Krebs: Der menschliche Harn als Heilmittel

John W. Armstrong: Urin, Wasser des Lebens

Margie Adelman und Beatrice Bartnett: Die Wunder der Urintherapie

Genauer Hinschauen

Neue positive Beispiele

Neu forschen

Zwischenbilanz nach 14 Jahren

Neuentwicklungen nach 25 Jahren

Nachwort – Lebensveränderndes durch Urin

Mitmach-Forschungskompetenzen erweitern

Anhang

Wollwickelmethode

Strickanleitungen für Wollwindel

Veröffentlichungen von Carmen Thomas

Zum Einsteigen

Dass »feiner Pinkel« so unglaublich wirkungsvolle und weitreichend neue Bedeutungen bekommen könnte, das war weder vor 25 Jahren zur ersten Sendung noch 2001 zur Neuerscheinung von »Ein ganz besonderer Saft - Urin« absehbar.

Die neuesten Entwicklungen sind spektakulär. Sie können auf das Leben aller Menschen einen enormen, segensreichen und vor allem umweltverträglichen Einfluss haben. Wo wäre der Entwicklungsstand heute bereits, wenn die Urin-Forschung mit dem gleichen Ehrgeiz und Mitteleinsatz betrieben würde wie z.B. die Weltraum-Forschung? Unter der Devise »Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah.« bietet der Urin offenbar Lösungen in Sachen CO2, in Sachen einfacher, bezahlbarer, autonomer und überall nutzbarer Energie für Handys, Lampen, Rasierer, Batterien..., in Bezug auf überlebenswichtiges Phosphor, auf Wildpinkler in Trafo-Energie-Lieferanten verwandeln, auf Zähne aus Urin züchten können, … und last but not least damit auch neue Abwasser-Lösungen bieten. Und wer weiß, was sich Forscherinnen und Forscher noch alles einfallen lassen werden, wenn der Ekel weg ist, und Neugier und Respekt dazu führen, noch genauer hinzuschauen, auf alles, was noch unentdeckt im spannenden besonderen Saft drinsteckt.

Um die innovativen Potenziale anzudeuten, die sich aus der Eigenproduktion jedes Menschen und jedes Tieres in der Genialität abzeichnet, dass jede einzelne Blasenfüllung eine Welturaufführung in Farbe, Bestandteilen und Zusammensetzung bietet, möchte dieses Buch 4 Blickwinkel anbieten:

Einsichten in staunenswerte technische Forschungsergebnisse aus jungen Disziplinen der Ingenieur- und Naturwissenschaften gleich zum Beginn (die Videos im Internet dazu lohnen. s.u.)

Rückblicke auf die überraschende Geschichte und auf die so eigendynamischen Geschehnisse in den 25 Jahren nach der ersten Urin-Sendung 1988

Ausblicke auf den Praxis-Nutzen durch einen Wikipedia-artigen Austausch aller Menschen weltweit mithilfe der Social Media und im "www.uriwiki.de"

Einblicke in die Chancen, die sich auf neuen Wegen durch optimierende Mitmach-Kompetenzen auftun. Sie liefern (wie sich nicht nur bei 20 Jahren Erfahrungen mit der ersten Mitmach-Sendung im Rundfunk bei "Hallo Ü-Wagen" von 1974 - 1994 und bei ca. 4000 interaktiven Groß-Veranstaltung mit völlig neuen Methoden bisher zeigte) entscheidende Schlüssel zur systematischen Gruppen-Klugheit, zur Gruppen-Intelligenz und zur Schwarm-Intelligenz. Alle drei gemeinsam erbringen den Beweis: "Die Weisheit der Vielen" funktioniert. Denn "Keine-r ist so klug wie alle".

In diesem Sinne lohnt bestimmt, immer gespannter auf viel mehr Neues zu sein. Es zeichnet sich schon jetzt - jenseits der alten lohnenden Erkenntnisse aus dem besonderen Saft - im Folgenden ab.

Zu Neuentwicklungen aus dem brisanten Rohstoff, den jede und jeder - Mensch und Tier - beständig erzeugt und stets dabei hat: "Die Zukunft liegt im Urin" - innovative Urin-Nutzung

von Carmen Thomas zur Neuerscheinung des Jubiläums-Bandes und der drei E-Books "Ein ganz besonderer Saft - Urin" am 07.10.2013

Quellen, Links und weitere Informationen finden Sie unter www.uriwiki.de

GB: Handy, Brennstoffzelle, Festival-Strom

Forscher der University of the West of England in Bristol, haben unter der Leitung von Ioannis Ieropoulos herausgefunden, dass Urin durch seinen hohen Gehalt an Stickstoff, aber auch an Harnstoff, Kalium, Bilirubin und Chloriden, besonders gut zur Energieerzeugung genutzt werden kann. Dies ergaben vergleichende Studien mit einer Vielzahl anderer natürlicher Materialien, wie faulem Obst und Muscheln.

Vor diesem Hintergrund arbeitet man nun im Bristol Robotics Laboratory daran, so genannte mikrobielle Brennstoffzellen zu entwicklen, um dieses Potential nutzbar zu machen. Wa leistet - ähnlich wie man das bereits von Biogasanlagen kennt - mit Hilfe von Bakterien eine Umwandlung der organischen Masse in Energie. Diese Technik kann dazu genutzt werden, zum Beispiel außerhalb von Ballungszentren, umweltfreundlich und kostengünstig, Strom zu erzeugen.

USA: Astronauten trinken Urin

Im Weltall kann Urin in Zukunft durch ein ausgeklügeltes Recycling-System, für die Gewinnung von Trinkwasser genutzt und damit der bisher notwendige und energieaufwendige Transport von Trinkwasser zur ISS-Raumstation enorm reduziert werden.

Nigeria: Generator

An einer Strategie klimafreundlich, günstig und für den Menschen ungefährlich Strom zu erzeugen, arbeiten auch vier 14 bis 15 Jahre alte Schülerinnen aus Nigeria: Duro-Aina Adebola, Akindele Abiola, Faleke Oluwatoyin und Bello Eniola. Sie entwickelten einen Generator, bei dem durch Elektrolyse Wasserstoff aus Urin gewonnen werden kann. Der Prototyp liefert Energie für bis zu sechs Stunden.

USA Berkley, Kalifornien: Viren Generator

Byung Yang Lee, Seung-Wuk Lee und Ramamoorthy Ramesh von der US-Universität Berkeley, Kalifornien, machten sich bei ihrem Batteriekonzept bereits Bakteriophagen zu Nutze, die für Menschen ungefährlich sind. Handydisplays und andere kleine Geräte sollen damit in Zukunft betrieben werden können. Die Idee wurde vom R & D Magazine als eine der 100 vielversprechendsten Technologien des Jahres ausgezeichet.

Zu diesem Buch

Mexikanische Medizinmänner stell(t)en den Urin ihrer Patientinnen in Kürbisschalen in die Sonne und beobachteten, welche Insekten davon angezogen wurden. Setzten sich Käfer und Fliegen auf die Schale, war Eiweiß im Urin und der Mensch krank. Wenn Bienen und Wespen kamen, war Zucker im Urin, was auf Diabetes hinwies. Setzten sich allerdings Schmetterlinge auf die Schale, dann war der Mensch gesund. Der griechische Arzt Hippokrates und Indische Yogis rühm(t)en den »gelben Becher«, täglich genommen, als Garant für ein langes und gesundes Leben. In der deutschen Gesellschaft war das Thema Urin nicht nur als Heilmittel lange gebräuchlich. Es wurde erst nach dem 2. Weltkrieg tabuisiert.

Doch Carmen Thomas und ihrem Bestseller »Ein ganz besonderer Saft – Urin« ist es zu verdanken, dass ein altbewährtes Natur(heil)mittel wiederentdeckt wurde. Sie hat handwerkliche, agrarische, medizinische, historische und kulturgeschichtliche Hintergründe geschickt verwoben mit interessanten fachlichen Aspekten und den praktischen Erfahrungen von Leserinnen und Lesern. Das Ergebnis ist eine ungewöhnliche Sammlung über erfolgreiche Anwendungen und Behandlungen mit (Eigen-)Urin, innerlich oder äußerlich – zum Beispiel bei Verletzungen, Fußpilz, Halsschmerzen, Arthrose, Ekzemen, Heuschnupfen und Schmerzen aller Art.

Dieses Buch ist die Jubiläumsausgabe zum 21.07.2013 – also genau 25 Jahre nach der ersten Sendung zum Thema »Urin« und 20 Jahre nach Erscheinen des ersten Buches, das ein Millionenbestseller wurde, dem zwei weitere Bände folgten*.

Carmen Thomas, Journalistin, Kommunikationsexpertin, Bestseller-Autorin und Coach, wurde 1946 in Düsseldorf geboren. Sie studierte Germanistik, Anglistik und Pädagogik in Köln. Von 1968 bis 2006 war sie Redakteurin, Moderatorin und Programmgruppenleiterin beim WDR in Köln. Ihre Sendung „Hallo Ü-Wagen“ war die erste Radiomitmachsendung des deutschen Rundfunks. Als erste Frau moderierte sie eine Sportsendung im deutschen Fernsehen, das Sportstudio im ZDF. Seit 1974 gilt sie als Spezialistin für (Groß-) Gruppen-Trainings und Mitmach-Veranstaltungen. Seit 2001 leitet sie als Direktorin die 1. ModerationsAkademie für Medien + Wirtschaft in Engelskirchen. Für ihre Arbeit erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen.

* Die beiden Folgebände sind als E-Book erhältlich. Siehe Anhang. 10

Vorwort des Verlages

Dieses Buch ist eine Jubiläumsausgabe: 25 Jahre nach der ersten Sendung zum Thema und 20 Jahre nach Erscheinen des ersten Buches bietet es allen Interessierten eine Chance, Erfahrungen aus einem Vierteljahrhundert in Ausschnitten nachzulesen.

Carmen Thomas hat 1988, mit der Ausstrahlung der ersten Sendung zum scham- und ekelbehafteten Thema »Urin«, mit großem Mut einen Stein ins Rollen gebracht, der im Laufe der Jahre zu einer wahren Lawine geworden ist und heute mittlerweile Menschen auf der ganzen Welt bewegt. Trotz vieler Widerstände blieb sie dem Thema treu und hat einen Millionen-Bestseller verfasst, dessen breites Publikumsinteresse zu immer mehr Informationsfluss beitrug.

Das Wissen, das Carmen Thomas in 25 Jahren zusammengetragen hat, liegt in dieser Jubiläumsausgabe vor. Neue Erkenntnisse in Bezug auf die Indikation und die Anwendungsarten wurden 2013 hinzugefügt. Sie können dazu beitragen, Wesentliches herauszufinden und Unsinnigkeiten zu entlarven. Zum Beispiel wird nur in Deutschland Urin gespritzt. In keiner anderen Kultur weltweit wird das sonst getan. Das birgt nach Experten-Auskunft Gefahren – aber nur dadurch wird es zu einer abrechnungsfähigen ärztlichen Leistung.

Dieses Buch hat das Ziel, Klarheit zu schaffen und Wissen aus dem Erfahrungsbereich sehr vieler Menschen zusammenzubringen, um es noch mehr anderen Menschen zugänglich zu machen. Vor allem geht es darum, Menschen Mut zu machen, Vertrauen in ihren eigenen Körper und dessen erstaunliche Fähigkeiten zu haben. Und Vertrauen in die »Schwarmintelligenz«, die entsteht, wenn alle ihre Erfahrungen austauschen, ohne Angst und ohne Scham, um einander gegenseitig zu stärken – im Vertrauen auf sich selbst!

Bielefeld, im Juli 2013

Puzzleteile, oder die Entdeckung eines atemberaubenden Themas – in jeder Hinsicht

Zur Vorgeschichte dieses Buches:

Meine Güte; 25 Jahre dauert die Vorgeschichte dieses Projektes jetzt schon. Es hat sich fast von selbst – geradezu dreist – herangedrängt. In der Rückschau: Was für ein Glück und was für ein Privileg. Eigentlich ist das alles dem Magazin »Der Spiegel« zu verdanken. Sein süffisanter Artikel von Anfang der 1980er Jahre über den indischen Staatspräsidenten Morarji Desai war ein bedeutender Schlüssel. Was für ein Erlebnis, ihm 1994 zu begegnen (vgl. Band 2: Urin weltweit), und von ihm selbst zu erfahren, dass er auch im Alter von 98 Jahren immer noch ein Tässchen Eigenurin zum Frühstück trank und welche Wirkungen er diesem Vorgehen zuschrieb.

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Ein weiterer, wichtiger Mensch war Monika Pionka. Eine wirkliche »femme sage«, also eine weise Frau, eine Hebamme, die noch viel von Naturheilmitteln in der Geburtshilfe wusste. Sie weckte das Interesse für alte Methoden. Denn die Begegnung mit den ungewaschenen Schafwoll-Windeln löste ja erst die Stoff- und dann die Urin-Recherche aus. Die Sendung über diese und andere Windeln hatte ein so großes Echo, dass deutlich wurde: Das Thema interessiert tatsächlich viele Menschen. Bis heute ist bedauerlich, dass die Person, die die Sendung wirklich angeregt hat, sich nicht getraut hat, dort hinzukommen. Zur Windel-Sendung hatte sie geschrieben, ihr sei angewidert fast das Frühstücksbrötchen im Hals stecken geblieben. Und: »demnächst würde „Hallo Ü-Wagen“ wohl noch eine Sendung über Pisse machen«.

Natürlich war das Thema den meisten zu der Zeit oberekelig. Aber schon die Sendung: »In aller Munde – die Spucke« hatte über neue und spannende Facetten von Körperfunktionen informiert. Daher stand außer Zweifel, dass auch die Neugier auf den »besonderen Saft« sicherlich völlig Unbekanntes zutage fördern könnte – zumal er doch die einzige Flüssigkeit ist, mit der alle Menschen täglich so oft bewusst Kontakt haben.

Schon die Urin-Recherchen zur ersten Sendung ließen allen in der Redaktion die Augen aus dem Kopf fallen. Was hatten sich die Menschen schon alles im Umgang mit Urin ausgedacht. Manches klang lächerlich und unglaubwürdig. Anderes löste Interesse und Erstaunen aus. Wieder anderes verblüffte.

Die Urin-Sendung am 21.07.1988 in Bad Münstereifel wurde auch für mich selber zu einem Schlüsselerlebnis. Mit einiger Skepsis und ziemlich spitzen Fingern ging ich daran. Zwar dachte ich nicht – wie andere im Vorfeld –, dass alle, die sich dafür interessierten, eigentlich nicht ganz dicht seien. Aber die Neugier übertraf bei Weitem die innere Reserve.

Und dann passierte das Unfassliche: Es kamen immer mehr glaubwürdige Zeugnisse ans Tageslicht: aus dem Krieg, von den Omas und Opas, aus anderen Kulturen. Es stellte sich heraus, dass den meisten Menschen die Anwendung von Urin im Handwerk, im Haushalt, in der Landwirtschaft und im medizinischen Bereich bereits bekannt war. Das Verdienst der Sendung war lediglich, die »Schleusen zu öffnen«, das Thema von Scham zu befreien und Erfahrungen wiederzubeleben, die zu versickern drohten.

In der Folge begannen viele Hörerinnen und Hörer neu, Urin anzuwenden, seine erstaunlichen Wirkweisen wahrzunehmen und darüber zu berichten. Das hinterließ Spuren bei allen, die das gehört haben. Auf keine der 976 Hallo-Ü-Wagen-Sendungen bin ich in den letzten 25 Jahren so oft und mit so lebendigen Erinnerungen an O-Töne angesprochen worden wie auf diese. Es war so beeindruckend, dass die Bereitschaft, in Briefen und auch mündlich, von Alt- und Neuversuchen zu berichten, stetig wuchs. Der Strom riss danach nicht mehr ab. Nicht lange nach der Sendung entwickelte sich etwas, was ich in den 20 Sendungsjahren zuvor nie erlebt hatte: Wildfremde Menschen aus dem Publikum fingen an, mich zu bestürmen, ein Buch zum Thema zu schreiben. Eine Frau bot per Brief an, umsonst zu tippen, damit diese Erfahrungen gesammelt werden könnten. Eine andere Hörerin sandte einen Umschlagentwurf für ein Buch, das ich unbedingt schreiben müsse.

Eine Mitarbeiterin redete mir eindringlich zu und bot Hilfe an, dass ich unbedingt jetzt aufschreiben solle, was ich jetzt erführe. Schließlich kam nach einer Sendung eine Frau auf mich zu. Sie hatte zwei hölzerne Pfeifen in der Hand, fast unterarmlang. Die eine mit einem breiteren Kopf wie ein ovaler Trichter, die andere wie ein kleiner Pfeifenkopf. »Ich war gerade in der Osttürkei«, berichtete sie. »Da habe ich auf einem Markt diese Pfeifen gesehen und erfahren, dass es sich dabei um türkische Windeln handelt, die in Wickelsteckbrettern befestigt werden. Die breite Pfeife ist die Mädchenwindel und die mit der kleinen Öffnung die Jungswindel. So kann der Urin direkt auf den Boden laufen, und die Kinder werden nicht nass. Da habe ich auf dem Markt gestanden und gedacht, dass ich Ihnen, Frau Thomas, diese Pfeifen schenken werde, wenn Sie mir versprechen, ein Buch über das, was Sie jetzt an Erfahrungen sammeln, zu schreiben.«

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Türkische Windelspfeifen: Die obere ist für Mädchen, die untere für Jungen

Na, und da ich diese Windeln haben wollte, beschloss ich, das Buch nun umgehend zu beginnen.

Einen Monat später – ich hatte gerade 50 Seiten zusammen – rief mich Dr. Reinhold Neven Du Mont, der Verleger von Kiepenheuer & Witsch, an. Er wolle mich zum Mittagessen einladen. Ich kannte ihn nur flüchtig und war neugierig. Ob ich nicht Lust hätte, mal ein Buch für seinen Verlag zu schreiben, wollte er wissen. »Was für ein Zufall«, sagte ich. »Ich schreibe gerade eins.« Als er das Thema erfuhr, war er überrascht. Er hatte noch nie etwas von den vielfältigen Anwendungsweisen des Urins gehört, wirkte aber offen und interessiert. »Ich werde in unserer Lektoratsrunde darüber diskutieren. Nächsten Mittwoch sage ich Ihnen Bescheid.«

Am Montag darauf traf ich meinen alten Studienkollegen Jean Pütz, den Moderator der Hobbythek rein zufällig. Wir verabredeten uns nach vielen Jahren, in denen wir zwar als Kollegen in der gleichen Anstalt arbeiten, aber wenig Umgang miteinander haben, zusammen zu essen. Im Laufe des Gespräches sagte Jean: »Warum schreibst du nicht mal ein Buch über deine Arbeit?« Ich musste lachen. Schließlich werde ich nicht dauernd von Menschen gefragt, ob ich Bücher schreiben möchte. Nun schon der zweite innerhalb von fünf Tagen.

»Ich schreibe gerade eins«, erzählte ich. »Und vielleicht habe ich sogar schon einen Verleger.« Ich berichtete vom Treffen mit Neven Du Mont. »Ach – der ist doch nicht der Richtige dafür«, sagte Jean etwas kritisch. Er schwärmte mir von seinem Verleger vor, der ein offener Mann sei und sich bestimmt für das Thema interessiere. Er könne einen Kontakt herstellen. Gesagt, getan. Am Nachmittag des nächsten Tages besuchte mich Dr. Heinz Gollhardt vom vgs-Verlag.

Zu meiner Überraschung – denn schließlich ist das Thema zu dieser Zeit noch so tabu, dass vielen Leuten bereits der Gebrauch des Wortes Urin Schamesröte ins Gesicht trieb – reagierte er nur einen Hauch erstaunt, sonst aber aufgeschlossen. »Sie müssen sich rasch entscheiden«, sagte ich zu ihm, »denn morgen erhalte ich einen Rückruf von Kiepenheuer & Witsch.« Tatsächlich gab er mir ohne weitere Bedenkzeit den Zuschlag. Reinhold Neven Du Mont rief am nächsten Tag an und sagte ab. »Wir halten ein Buch zu diesem Thema für unverkäuflich.« Also landete ich beim vgs-Verlag. Aufgrund der Riesenreaktion des Publikums bis zu diesem Zeitpunkt war mir sonnenklar, dass das Buch kein Flop werden könne. Das die Geschichte fünf Jahre später dann total einschneidende Folgen haben würde, konnte niemand damals ahnen (siehe auch S. 267: Lebensveränderndes durch Urin).

Die Pressekonferenz zum Erscheinen von »Ein ganz besonderer Saft – Urin« war schlecht besucht. Die bürgerlichen Medien reagierten kaum. Das Buch verkaufte sich dennoch gut. Auftritte in Talkshows brachten dann den großen Durchbruch. Der Gesamtverlauf war typisch für echte Veränderungen nach dem Muster: Erst ignoriert, dann verlacht, dann bekämpft, und dann übernommen. (Alfred Biolek hat später erzählt, dass die Sendung mit dem Urin-Thema die mit der höchsten Einschaltquote gewesen sei.)

Ein schöner Nebeneffekt der etwas mager besuchten Pressekonferenz: Ich lernte dort Coen van der Kroon kennen. Der Holländer hatte sich schon einige Zeit auch praktisch mit Urin in Indien beschäftigt und war Menschen begegnet, die in Urin-Kliniken arbeiteten. Er schrieb gerade selbst an einer Veröffentlichung zum Thema und hatte eine eigene wichtige Heilerfahrung mit seinem zerschmetterten Zeh gemacht. Statt ihn, wie ihm die Ärzte empfohlen hatten, abnehmen zu lassen, war der Zeh spektakulär wieder komplett geheilt, nachdem er ihn eine Woche lang immer wieder in Urin gebadet hatte (Er zeigte seinen Zeh. Anfangs wollte ihm niemand glauben.).

Die Schilderungen über Indien machten mich so neugierig, dass ich der Einladung von Coen van der Kroon, eine Reise mit ihm zu unternehmen, folgte. Dort fand nämlich eine Regionalkonferenz zum Thema »Urin« statt. Und es eröffnete sich die Möglichkeit, Urin-Kliniken zu besuchen (vgl. Buch Nr. 2 »Urin weltweit«).

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Als 1994 der erste Weltkongress für Urin-Therapie in Goa geplant wurde, und Coen van der Kroon mich ermutigte, noch einmal mitzufahren, wurde auch diese Reise zu einer spannenden eigenen Horizont-Erweiterung (vgl. Band 2). Denn plötzlich stellte sich heraus, dass in allen Kulturen und zu allen Zeiten Wissen und Erfahrungen über die Anwendung von Urin in der Landwirtschaft, im Handwerk, im Haushalt und in der Medizin geläufig waren.

Einige betonten, dass westliche Forscher, die selbst verklemmt seien und das Wort »Urin« kaum aussprechen dürften, wohl auch kaum danach fragten, was Menschen denn trinken, wenn kein Wasser da ist, wie sie ihre Haare waschen, ihre Babys wickeln, mit Menstruation umgehen, Krankheiten (außer mit Kräutern) da behandeln, wo gar keine Vegetation existiert – egal ob bei Kulturen in den Anden, in Grönland, in der Wüste Gobi, in der Sahara, bei den Bantus oder den Beduinen.

Eine weitere Schwelle – außer selbst gschamig sein – stellte sich heraus: Das was Hegel in den Satz brachte: »Man erkennt nur, was man kennt«. Schließlich kann nur jemand nach Cashew-Äpfeln fragen, der eine Ahnung hat, dass Cashew-Äpfel existieren. Wer nicht ahnt, wie wenig Ahnung er vom Besonderen des Urins hat, wird gar nicht auf die Idee kommen, Menschen danach zu fragen oder sich selbst damit beschäftigen. Selbstkritisch meinte ein Kongress-Teilnehmer, dass sich die meisten Forscher als Männer ohnehin auch im alltäglichen Leben zu Hause wenig mit Urin – außer ihrem eigenen – befassten. Selbst den würden die meisten nicht mal selbst wegwischen. Daher kämen sie eben auch kaum darauf, sich zu fragen, was man denn mit Urin anderes tun, als ihn nur lassen kann. Oder: wie das mit dem Urin in anderen Kulturen funktioniert: z. B. mit Windeln in der Wüste ohne Wasser, in Eiseskälte, mit keinem oder einem einzigen Tuch.

Das zweite Buch über den Urin weltweit, über den ersten deutschen Urin-Kongress und den Weltkongress zum Urin in Bad Gersfeld machten deutlich, dass nun eine große Bewegung losging.

»Ein ganz besonderer Saft – Urin« wurde in Russisch, Polnisch, Bulgarisch, Türkisch übersetzt. Der amerikanische Verlag Waterhouse kaufte die Rechte ebenso wie der englische McMillan Verlag. Beide Verlage veröffentlichten das Buch dann nicht. (Die Interpretation von zwei Lektoren, dass es sogenannte »Verhinderungsaufkäufe« gäbe, schien überzogen.) Der »Siegeszug« der Urin-Anwendungen in allen möglichen Bereichen ging trotzdem konsequent weiter: Es entstanden immer mehr Bücher und Selbsthilfegruppen mit zahllosen mehr oder weniger diskreten Nutzerinnen und Nutzern gründeten sich.

Carmen Thomas im Juli 2013

Zum Jubiläumsbuch das erste Vorwort von 1992

Achtung! Sämtliche Chemie- und Pharma-Unternehmen: Wenn alle in der Republik dieses Buch lesen und tun, was das Publikum darin vorschlägt, dann bekommen Sie die Krise und ich – stellvertretend für alle, die an diesem Buch mitgewirkt haben – vom Gesunheitsminister einen Orden verliehen, so revolutionär kostendämpfend kann sich der Inhalt auswirken.

Aber keine Angst. Sie brauchen nicht auf die Barrikaden zu gehen. Erstens werden es ja nicht alle lesen. Zweitens: Der über Jahrhunderte gewachsene Ekel wird dafür sorgen, dass Ihr Geschäft weiter blüht. Schließlich fürchten die Leute bereits den Popel vom Nachbarn auf den Markt-Tomaten mehr als alle Unkraut- und Insektenvernichtungsgifte. Und drittens – wer mag das spontan schon glauben: Halsschmerzen, die nach ein paar Stunden wiederholter Benutzung von frischem Urin weggegurgelt sind. Warzen, die sich zwei Jahre jeder Behandlung widersetzten und dann nach 10 Tagen für immer verschwinden. Arthrose, die durch Urineinreibungen gelindert wird. Wunden, die mehrmals täglich betupft wie der Blitz heilen. Fenster, die mit Urin so klar und ökologisch wie nie geputzt sind. Zehn Tage vergorener Urin, der auf den Haaren zu schäumendem, pflegendem Shampoo wird. Urin-gekeimte Gurken, die besser gedeihen… Sie haben recht. Das klingt stark nach den Überschriften mancher »Blätter«, denen es nicht um die Sache geht. Genau das habe ich auch gedacht. Und Sie, liebe Leserinnen und Leser, was denken und fühlen Sie bei solchen Informationen? Überkommt auch Sie direkt der Ekel? Oder haben Sie schon irgendwann einmal davon gehört, dass man und frau Urin nicht nur lassen kann? Vielleicht von Soldaten, die gegen Blasen an den Füßen in die Schuhe pinkel(te)n? Oder Spritzen im Krieg mit Urin desinfizierten? Oder von Oma und Opa etwas über das Heilen von Wunden? Mal ehrlich: Wie haben Sie das dann eingeschätzt? Abergläubische Kindereien? Oder: In der Not frisst der Teufel Fliegen? Ich erzähle mal, wie es mir ergangen ist.

Zuerst war ich erstaunt, danach angeekelt, dann amüsiert, schließlich bewundernd, und nun bin ich entspannt neugieriger als vorher. Das ist meine Gefühlsgeschichte mit dem Urin. Ich möchte Sie, liebe Leserinnen und Leser, mit durch diese fünfundzwanzigjährige Entwicklung nehmen, um Ihnen vielleicht ein ähnliches Erlebnis zu verschaffen – und dazu noch einen gehörigen Schuss Respekt vor sich selbst und Ihrem eigenen Körper. Am Ende des Buches findet sich die verschlungene Vorgeschichte, wie ich darauf kam, eine ganze Radiosendung von fast drei Stunden ausschließlich mit dem Thema Urin zu verbringen: Über Muttermilch und »weise Frauen«, Brustentzündungen und Windeln, die man nicht waschen darf, über Seiden- und Wollpullover gelangte ich zu dem »besonderen Saft«. Schon die Vorrecherche zu der Sendung, die diesen Titel tragen sollte, hat mich fasziniert, sowohl was die Ergebnisse als auch was den Widerwillen betraf, den dieses Thema bereits im Vorfeld erregte.

Was die Medizinhistorie an interessanten Erkenntnissen bietet, hat Professor Dr. Hans Schadewaldt für Sie aufgeschrieben. Robert A. Esser, Heimatforscher, Textilfachmann und Vater des Handwebmuseums in Rupperath bei Bad Münstereifel, hat handwerkliche Tipps im Umgang mit Stoffen zusammengestellt. Die wichtigsten Ergebnisse aus Büchern zum Thema sind in den folgenden Kapiteln zu finden, ebenso wie die Sendung selbst und Auszüge aus den vielfältigen spontanen und bis heute anhaltenden Reaktionen darauf.

Gedrucktes war, als ich die Sendung machte, wenig vorhanden. Tatsächlich wurde es nach dem ersten Buch immer mehr. Nach meiner zweiten Indienreise und den Mengen an Zuschriften habe ich noch zwei weitere Bände zum Thema veröffentlicht. Allein in Deutschland erschienen seither rund 100 Bücher zum Thema Urin.

Dies ist bewusst kein wissenschaftliches Buch. Es enthält vielmehr die Geschichte einer Sendung und der Hörer und Hörerinnen, die sie gehört oder davon gehört haben. Sie sind als Leserinnen und Leser natürlich ganz frei, mit den hier gesammelten Erfahrungen so umzugehen, wie Sie es für richtig halten. Sie können eben auch staunen und sich ekeln, neugierig werden, Respekt bekommen und ganz entspannt werden. Und das wäre doch schon eine ganze Menge.

Für mich selbst ist das Überzeugendste an der Urinnutzung, dass nirgendwo in der Natur Abfall produziert wird. Alles findet in Kreisläufen statt: Geburt und Tod; die Jahreszeiten; das Wasser, das herabregnet, sich als Grundwasser und in Pfützen, Seen oder Flüssen sammelt, verdunstet und wieder herabregnet; die Nahrungskette, bei der eine Art die andere frisst, oder das Laub der Bäume, das herabfällt, zu Humus und damit zum genau passenden Nährstoff für die neuen Blätter wird (wenn es nicht als »Müll« entsorgt wird). Genauso scheint der Urin als eine Art Hausapotheke in der Blase zu funktionieren. Wie beim Impfen ist es möglich, ausgeschiedene Stoffe mit allen Informationen über vorhandene Eindringlinge oder Krankheiten über die Haut durch Einträufeln in Augen oder Nase, durch Einreiben, Schlucken bzw. Gurgeln oder Klistiere zurückzuführen und so eine Art Eigenimpfung mit einem Maß zugeschnittenen Impfstoff vorzunehmen. Genau das dient zum Antikörper-Bilden, zur Immunisierung und dazu, Heilung zu begünstigen. Dass Urin lediglich als sterile Salzlösung wirksam ist, würde seinen durchschlagenden Erfolg zum Beispiel bei Diphtherie, Halsentzündungen, bei Verletzungen und inneren Entzündungen aller Art und kaum hinreichend erklären.

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Der indische Ministerpräsident Morarji Desai (1896 – 1995) trank jeden Morgen ein Tässchen Eigenurin. Er ist nahezu 100 Jahre alt geworden. (Foto: indische Botschaft, Bowana)

Wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, jedoch skeptisch sind und bleiben möchten, dann betrachten Sie dieses Buch als ein Dokument, wie sich Völker aller Kontinente seit vielen Jahrtausenden zu helfen wissen, bei denen es keine Pharmaindustrie wie hierzulande gibt. Vielleicht untersucht ja jemand dieses Thema einmal unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten und versucht ernsthaft zu ergründen, was es mit diesen Inderinnen auf sich hat, die jeden Morgen vor dem Frühstück ein Tässchen Eigenurin trinken, wie zum Beispiel der indische Ministerpräsident Desai (den ich 1994 in Bombay, 98jährig und in bester Verfassung traf).

Vielleicht macht es doch neugierig, warum er und andere so etwas tun und damit so alt werden. Auch wenn sein Beispiel nicht zur Nachahmung verleitet, dann setzt es vielleicht Überlegungen in Gang, warum in den westlichen Kulturen die Körperflüssigkeit, mit der jeder am häufigsten von allen, Tag für Tag, bewusst Kontakt hat, besonders tabuisiert, scham- und abscheubesetzt ist und immer nur mit Schmutz, nie aber mit ganz besonderer Sauberkeit, nämlich mit seiner Sterilität für sich selbst, in Verbindung gebracht wird.

Besonders danken möchte ich der Hebamme Monika Pionka und der Geburtsvorbereiterin Hannelore Ruppert vom »Treffpunkt Mütter und Väter« in Köln, die mich mit ihrem Respekt vor der Volksmedizin wesentlich auf dieses Thema brachten. Außerdem möchte ich Professor Dr. Hans Schadewaldt und Robert A. Esser danken, die mir durch ihre offene, interessierte Haltung von Anfang an Mut gemacht haben, die medizinischen, medizinhistorischen und handwerklichen Ansätze ernster zu nehmen. Danken möchte ich auch Annegret Oelschlägel-Rumpf, die mir nach vielen anderen Zuschriften den letzten Stups gab, ein Buch zu diesem Thema zu verfassen. Mein Dank gilt auch meinen wunderbaren Arbeitskolleginnen, deren neugieriges Interesse mich über die ganze Zeit begleitet und ermuntert hat.

Mein allergrößter Dank gilt jedoch dem Publikum. All denen, die mir geschrieben und sich die Mühe gemacht haben, in ihrem Gedächtnis zu kramen, die tapfer genug waren, ihre Erfahrungen aufzuschreiben und mir zugänglich zu machen. Mich würde freuen, wenn diese Veröffentlichung dazu führt, noch eine neue Informationsflut loszutreten, die bei einer potenziellen Neuauflage dann mitberücksichtigt werden könnte. Denn dauerhafte Erfahrungen sind sicher besonders wertvoll. Bei der ersten Auflage war ich noch skeptisch, dass so wenig Menschen geschrieben hatten, dass ihnen der Eigenurin nichts genützt habe. Heute, nach Zehntausenden von Berichten aus der ganzen Welt, nach zwei Reisen in indische Urinkliniken und der Teilnahme an verschiedenen Kongressen (unter anderem dem ersten Weltkongress für Urintherapie in Goa 1994), scheint mir das nur logisch. Denn die gesammelten Erfahrungen belegen: Urin wirkt, auch ohne, dass man daran glauben muss – wie zahllose Fälle von heimlich Behandelten und von behandelten Tieren belegen.

Sie können dieses Buch chronologisch lesen, da es als »Geschichte der gemachten Erfahrungen« aufgeschrieben wurde. Es lässt sich allerdings auch als Nachschlagewerk benutzen; die Hörerpost auf den Seiten 98 – 157 ist nach den verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten gegliedert. Viel Vergnügen beim Lesen.

Köln, Januar 1992, Carmen Thomas

Angelesenes

Eine kurze Geschichte der Urologie

Bereits auf den ältesten Papyrusrollen des alten Ägypten gibt es Hinweise, dass mit Urin behandelt und geheilt wurde. Ausführlich ging es außerdem um die Verbesserung des Harnabgangs, die Harnverhaltung und die Behandlung von Harnblutungen. Nieren- und Hamblasensteine sowie Harnröhrenverengungen haben Wissenschaftler an 4000 sezierten Mumien festgestellt. Die anormale Harnentleerung war schon immer Gegenstand ärztlicher Bemühungen. Die Perser haben bereits in uralten Zeiten Katheter gelegt. Da man jedoch ohne anatomische Kenntnisse war, kam es zu unheilbaren Verletzungen der Harnwege, zu Blutungen, Fistelbildungen und Tod. Erst der berühmte Hippokrates erhellte ein wenig das Wissen über Erkrankungen der Niere und der Blase. Er erkannte, dass die Nieren das Wasser filtern, wusste aber keinen Rat bezüglich der Heilung. Im 4. Jahrhundert n. Chr. wandte man erstmalig Verweilkatheter aus Zinn und Blei an. Im Cordoba des 11. Jahrhunderts arbeitete Albucasis schwerpunktmäßig daran, die Katheterisierung der Harnröhre zu verbessern, Blasenspülungen vorzunehmen und Steine mit einem Dammschnitt durch den After aufzuspüren. Für Gilles de Corbeil im 12. Jahrhundert in Salerno beruhten alle Krankheiten auf dem Pulsschlag und dem Urin.

Immer wichtiger wurde die Harnschau im Mittelalter. Beim ersten Hahnenschrei fing man den Urin in einem Urinal oder der Matula auf. Dieses Gefäß sollten die Patienten vor Sonnenlicht schützen und an einem kühlen Ort aufbewahren, bevor es in einem Weidenkorb zum Harnbeschauer – dem mittelalterlichen Arzt – getragen wurde. Auf keiner zeitgenössischen Darstellung fehlt das Harnglas, das damals gleichsam zum Symbol der Medizin wurde.

Die Harnprobe wurde im frischen Zustand und erneut nach zwei Stunden geprüft. Gegenstand der Prüfung waren Gewicht, Farbe, Geruch, Geschmack und der Bodensatz, die Contenta. Diese Daten wurden interpretiert und mit der körperlichen Verfassung, dem Geschlecht, dem Temperament des Patienten und mit der Jahreszeit in Beziehung gesetzt. Erst in der Renaissance wurde Medizinern in unserem Kulturkreis gestattet, Forschungen an Leichen zu betreiben. So entstand erstes anatomisches Wissen. Man erkannte, dass die Nieren eine Filterfunktion haben, um aus dem Blut den Urin als eine Zwischenform des Blutes herauszufiltern und dabei mehr als 90 Prozent des Urins wieder in den Blutkreislauf zurückzuführen. Vor allen Dingen die Blasensteine bei Männern interessierten die Mediziner. Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert wurde die »kleine Steinoperation« weiterentwickelt. Der Stein wurde mit dem Finger durch den After erfühlt und dann durch einen Seiten- oder Querschnitt durch den Damm entfernt. Darüber hinaus übten sich manche Chirurgen in der »großen Steinoperation«. Dabei wurde ein Dehninstrument in die Harnröhre eingeführt, die Blasenöffnung lokalisiert, der Stein gefasst und ganz oder in Teilen herausgezogen. Ohne dass die Gründe dafür bekannt wären, litten im 17. Jahrhundert besonders viele arme Leute an Blasensteinen. Da immer noch gut die Hälfte aller operierten Steinpatienten an den Folgen der Operation starben, hatten diejenigen Mediziner großen Zulauf, die Trink- und Bäderkuren gegen das Steinleiden verordneten, wodurch sich jeder erhoffte, an der Operation vorbeizukommen.

Erst im 19. Jahrhundert gab es kleinere Präzisionsinstrumente aus Stahl. Die ersten Auffangbeutel mit Verweilkathether wurden entwickelt, ebenso ein Instrument zum Absaugen der Steinpartikel nach Blasensteinzertrümmerung. Die Kenntnisse, wie Instrumente keimfrei gemacht werden können, und die Erfindung des Chloroforms brachten den großen medizinischen Fortschritt. Seit 1890 gab es Gummihandschuhe, und die Sterblichkeit nach den Operationen sank rapide.

1882 entdeckte Robert Koch den Tuberkelbazillus, und man lernte, ihn im Urin zu erkennen. Operationen an den Nieren waren jedoch wenig erfolgreich. Die Patienten starben an Infektionen. Mit den ersten Endoskopen (Blasenspiegeln) erhielt man die Möglichkeit, die Größe der Blasensteine zu bestimmen oder einen Blasentumor zu diagnostizieren.

Den größten Fortschritt machte die Urologie im 20. Jahrhundert. Durch die Entwicklung der Radiologie und die neuen Kontrastmittel wurde es möglich, genaue Diagnosen von Harnwegserkrankungen zu erstellen. Heute kann die Computertomografie zur Diagnose von Tumoren im Urogenitalbereich eingesetzt werden. Hinzu kommen Ultraschall und Verbesserungen der Endoskopie, der Einführung von Röhren mit Sichtinstrumenten. Bei Blasenlähmungen werden Blasenschrittmacher eingepflanzt, die das kontrollierte Harnlassen wieder möglich machen. Bei Nierenoperationen wurde nicht mehr genäht, sondern die Wunden mit biologischen Klebern aus Gelatine und Resorcin (ein antiseptisches Phenol) geschlossen. Von den Organtransplantationen ist die Nierenverpflanzung die häufigste. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts können die Urologen die Harnblase durch eine Dünndarmschlinge vergrößern oder ersetzen. Bereits seit 1972 können sogar Harnleiter- und Harnblasenplastiken aus Silikonkautschuk eingesetzt werden, ohne dass entzündliche Reaktionen entstehen.

Urinarzneyen von Johann Heinrich Zedler

Aus dem Großen Vollständigen Universallexikon von 1747

Im Menschen- wie im Tierharn sind nützliche Dinge. Salpeter, der in Deutschland gewonnen wird, kommt hauptsächlich in jenen Böden vor, wo häufig Menschen und Tiere uriniert haben. (Angeblich lassen sich alte Behausungen durch Brennnesselwuchs in Form von Grundmauern nachweisen.) Menschenurin hat kräftigende und heilsame Eigenschaften bei vielen Gebrechen:

image Gegen Haarausfall zum Beispiel hilft eine Mischung aus Kartoffel- und Schwefelpulver, verrührt mit wohltemperiertem, altem Urin. Mit dieser Mischung bestreiche man den Kopf, und der Haarausfall wird gebremst (eine Kälbergalle kann noch dazu kommen).

image Gegen dunkle Haut im Gesicht nehme man eine Tinktur aus frischem Knabenurin und Salmiak.

image Beginnender Star wird mit einer Salbe aus feinem Lorbeerpulver, warmem Knabenurin und etwas Gummi Arabicum behandelt.

image Verletzungen im Auge heilt man am besten mit Honig, den man in schwach siedendem Knabenurin löst. Damit bade man die Augen so oft wie möglich.

image Gegen vereiterte Ohren hilft frischer Kinderharn, der noch warm in die Ohren gegossen wird. Er bewirkt, dass die feuchten und eiternden Stellen abtrocknen.

image Bei Würmern und anderen Tieren, die in die Ohren gelaufen sind, hilft der Urin alter Menschen, vermischt mit Zwiebeln und Äsop (einer Heilpflanze). Man presst alles aus und gießt den Saft ins Ohr.

image Gegen Halsentzündungen jeglicher Schwere hilft es, mit Menschenurin zu gurgeln, dem eine Prise Safran beigefügt wurde.

image Gegen Zittern der Hände und der Knie helfen Abreibungen und Waschungen mit dem eigenen Harn, den man warm verreibt, sobald man ihn gelassen hat.

image Gegen beginnende Wassersucht soll über längere Zeit der eigene Morgenurin auf nüchternen Magen getrunken werden. Das gleiche Verfahren hilft auch gegen Gelbsucht.

image Hat eine Frau Menstruationsstörungen, macht sie am besten Sitzdampfbäder über erhitztem Knabenurin mit gequetschtem Knoblauch.

image Feigwarzen am Hintern oder an anderen schamhaften Orten verschwinden, wenn man sie mit einem Absud aus flachen Wegsteinen wäscht, die glühend gemacht wurden und mit Knabenurin abgelöscht.

image Gegen Beißen und Jucken der weiblichen Geschlechtsorgane helfen Waschungen mit warmem Urin.

image Wenn sich jemand einen Fremdkörper in den Fuß eingetreten hat, bade man denselben lange in warmem Urin, weil man danach den Fremdkörper leicht entfernen kann.

image In Pestzeiten soll man täglich ein paar kleine Schlucke seines Morgenurins trinken, weil das die Abwehrkräfte stärkt.

image Ganz unmittelbare Wirkung zeigt aufgetupfter Urin bei frischen Bienenstichen.

image Wer seine Augen täglich mit warmem Harn auswäscht, behält klare und scharfe Augen bis ins hohe Alter.

image Auch ein Rindvieh, das ein Geschwür hat, kann man an dieser Stelle mit Menschenharn waschen. Danach erhält es ein Heilpflaster aus Pech und Schweineschmalz.

image Gegen Seitenstechen, Rückenschmerzen und Steinleiden hilft Urinsalz vom Ziegenbock. Man halte dem Tier morgens die Nase fest zu, sodass es vor Angst Wasser lässt. Das sammle man und lasse es faulen. Dann wird es destilliert. Das Salz wird mit etwas Wasser aufgekocht. Täglich nehme man 20 bis 25 Tropfen.

Das Lexikon des Aberglaubens

Das lateinische Wort für Urin, Urina, hat im Deutschen – vielleicht durch den Einfluss des deutschen Wortes Harn – das Geschlecht gewechselt. Das Wort Harn stammt von der indogermanischen Wortwurzel (s)ker ab, was »ausscheiden« bedeutet. Die Ansicht, dass der Harn der Sitz der Seele oder Träger einer Lebenskraft sei, ist uralt. Sagen berichten von schwanzlosen Mäusen aus Hexenharn. Ein am Ort gelassener Harn bewahrt den Dieb vor der Verfolgung. Ein vom Mond beschienener Harn macht mondsüchtig.

Alt ist auch das Todesorakel, bei dem die Milch einer Wöchnerin mit dem Urin eines Kranken gemischt wird. Wenn die Milch zu Boden sinkt, stirbt der Kranke, bleibt sie in der Mitte, muss derjenige mit einer schweren Krankheit rechnen, schwimmt sie oben, wird er bald gesund. Diese Probe findet sich schon im alten Ägypten sowie bei Hippokrates [bestätigt 1997 durch die Zuschrift eines Spezialisten für spezifisches Gewicht, Anm. d. Autorin].

Aus gleicher Quelle gibt es eine Probe mit Brennesseln: Man legt eine frische Nessel in den Urin des Kranken. Wird sie rasch welk oder verfärbt sich, wird er sterben, bleibt sie grün, dann wird er gesund. Die Fruchtbarkeit einer Frau testete man, indem man sie auf frische Pappelblätter urinieren ließ. Waren diese nach drei Tagen noch grün, dann galt sie als fruchtbar.

Urin als Zaubermittel

Auch hierzu gibt es eine Menge Überlieferungen:

image Der Teufel tauft die Hexe mit Urin.

image Mittels Urinieren kann man Hexen bannen.

image Wer eine Schwangerschaft verhüten will, trinke den Urin einer Jungfrau.

image Schwangere dürfen nicht auf ein Flachsfeld urinieren, sonst gedeiht der Flachs nicht.

image Waldarbeiter sollen nicht harnen, wenn eine Tanne gefällt wird, sonst wird sie wurmstichig.

image Wenn zwei Männer über Kreuz das Wasser abschlagen, rauben sie jemandem den Schlaf.

image Ins Wasser zu pinkeln ist ein Frevel gegen den Himmel, der sich im Wasser spiegelt.

image Die Manneskraft kehrt zurück, wenn der Betreffende durch den Trauring harnt.

Überlieferungen zur Verwendung von Urin

image In der griechisch-römischen Antike wurde ein Werkstück aus Stahl, zum Beispiel ein Schwert, immer wieder in der Kohle erglüht und neu geschmiedet. Seit etwa 1200 v. Chr. arbeiteten die Schmiede so. Sie härteten den Stahl beziehungsweise die Klinge, indem sie ihn mit kaltem Wasser, Bocksblut oder Urin abschreckten. Diese Methode wurde beispielsweise in Nordrhein-Westfalen noch im Zweiten Weltkrieg verwendet, um das Eisen zu nitrieren.

image Schon die alten Römer gebrauchten Harn als Reinigungsmittel für ihre Wolle. Auch von den Irländern weiß man, dass sie ihre Wollumhänge in Harn gebeizt haben. Harn benutzte man zum Beizen, um die Farben von Wollerzeugnissen haltbarer zu machen. Diese Verfahrensweise ist vor allem von den Indianern in Mittelamerika, aber auch von Menschen in Afghanistan bekannt.

image In Sibirien machte man Leder mit Urin haltbar. Indianer weichten ihre Büffelfelle in Harn, damit sie weicher wurden. Eskimos sammelten ihren Harn, um damit Häute zu gerben. Auch wurden die Häute damit geschmeidig gemacht, damit man die Haare besser aus den Fellen entfernen konnte. Dieses Vorgehen scheint man auch in Europa gekannt zu haben.

image Bei den Chinouks, einem Indianerstamm, genoss man den Leckerbissen »Chinouk-Olive«. Das waren Eicheln, die fünf Monate in menschlichem Harn eingelegt waren. Das Ganze gärte während der Zeit und führte zu einem begehrten »Irresein«, einem anscheinend angenehmen Rauschzustand.

image Römische Schriftsteller wussten über Barbaren zu berichten, die den Harn von Beschnittenen als Fruchtbarkeitstrank für Frauen benutzten.

image Bei den Hindus mit ihren heiligen Kühen galt es als segensvoll, deren Harn zu trinken. Im Himalaya fand der Urin von Kühen bei religiösen Zeremonien Verwendung. Dieser reinigte die Sünden am besten. Ähnliches kannten auch die Perser bei ihren Reinigungsbräuchen.

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