Ich widme dieses Buch Bobby, Courtney, John, Ed
und all den anderen, die in der Rave-Szene ihr Leben
ließen.

Ich widme dieses Buch all denen, die gefallen sind und
den Mut hatten, wieder aufzustehen und
weiterzukämpfen.

Ich widme dieses Buch auch denen, die noch immer
am Boden sind und noch nicht die Kraft hatten,
wieder aufzustehen.

Doch heute ist dein Tag: Steh auf und leuchte!

© 2019

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt.

ISBN: 9783746021614

Inhaltsverzeichnis

1

Das Aufheulen der Polizeisirene ging mir durch Mark und Bein.

«Sie haben mich gefunden», wisperte ich, und Panik ergriff mich, «sie haben mich tatsächlich gefunden!» Meine feuchten Hände umklammerten das Lenkrad mit verzweifeltem Griff, mein Blick war mit höchster Konzentration auf die nasse, dunkle Landstraße vor mir geheftet, die ich durch den niederprasselnden Regen und die fehlenden Straßenlaternen nur verschwommen wahrnehmen konnte. Mein Atem ging heftig und unregelmäßig. «Sie haben mich gefunden!» schoss es mir immer wieder durch den Kopf. Ich wusste nicht, wie sie das geschafft hatten. Ich wusste auch nicht, wer ihre Mittelsmänner waren. Doch ich wusste, dass es kein Entrinnen gab. Das Spiel war aus. Die Falle war zugeschnappt. Und ich saß drin.

Ich erschauerte beim Gedanken, ihnen in die Hände zu fallen. Es drehte mir den Magen um, trieb mir den Schweiß auf die Stirn. Ich hörte deutlich, wie sich der Abstand zwischen unseren Wagen verringerte. Denn das Heulen der Sirene kam immer näher. Unweigerlich. Wie viel Vorsprung hatte ich wohl Eine halbe Meile vielleicht Wie viel Zeit blieb mir, bis ihre Scheinwerfer an meiner Heckscheibe klebten Wie viel Zeit, bis die Handschellen um meine Gelenke schnappen würden

Handschellen. Allein die Vorstellung schnürte mir die Kehle zu. Was sollte ich tun Was sollte ich bloß tun Wie konnte ich ihnen entkommen

Instinktiv trat ich aufs Gaspedal. Mit heulendem Motor preschte ich über den einsamen Feldweg, in der Hoffnung, irgendeine erleuchtende Idee zu haben, wie ich meinen Hals aus der Schlinge ziehen konnte. Wenn ich wenigstens mit jemandem hätte reden können. Mit irgendjemandem. Vielleicht konnte mein Bruder mir helfen, überlegte ich. Vielleicht war das alles auch nur ein schrecklicher Alptraum, aus dem ich jeden Moment erwachen würde. Vielleicht würde mein Bruder mich in die Wirklichkeit zurückholen. Ich griff nach meinem Mobiltelefon, das ich in der Eile auf den Beifahrersitz geworfen hatte, und schaffte es, trotz der rasenden Fahrt seine Nummer zu wählen.

«Donovan»

«Demetri!» hörte ich die erregte Stimme meines Bruders am andern Ende. «Wo in aller Welt bist du, Bruder»

Ich stutzte. Warum klang seine Stimme so aufgeregt Warum fragte er mich, wo ich war War er am Ende auch in die Sache verwickelt

«Ich ... ich weiß nicht, wo ich bin», sagte ich.

«Du weißt nicht, wo du bist»

«Nein, ich ... ich hab mich verfahren.»

«Bist du in der Nähe von Chapel Hill Hast du irgendein Schild gesehen» Seine bohrenden Fragen machten mich misstrauisch. Irgendetwas war faul an der Geschichte.

«Ich werde dir nicht sagen, wo ich bin», entgegnete ich schroff. Ich hörte Donovans heftiges Atmen durchs Telefon.

«Bruder, ist alles in Ordnung mit dir» Ich antwortete nicht. Tausend Gedanken schwirrten durch meinen Kopf.

«Hör zu, Demetri. Halt an, wo du bist, dreh um und fahr nach Hause. Dort bist du in Sicherheit.» Ich war komplett durcheinander. Warum wollte er, dass ich nach Hause fahre War es eine Falle Warteten die Cops dort auf mich Gehörte er zu denen Auf welcher Seite stand er

«Ich fahre nicht nach Hause», sagte ich entschlossen. Er war einer von denen. Ich spürte es bis in die Haarspitzen.

«Demetri Demetri, mach keine Dummheiten!»

«Was für Dummheiten Wovon redest du Was weißt du von der Sache Steckst du mit drin» Ich war außer mir. Die Sache war so faul, ich konnte es beinahe durch das Handy riechen.

«Hey, Bruder», nahm Donovan einen letzten Anlauf, «beruhige dich, um Himmels willen, beruhige dich und fahr nach Hause, hörst du mich Demetri Demetri!»

Ich legte auf und warf das Handy zurück auf den Beifahrersitz. Ich konnte es nicht fassen. Mein Bruder steckte mit drin, mein eigener Bruder. Sie hatten ihn gekauft, um an mich heranzukommen. Als das Mobiltelefon ein paar Sekunden später klingelte, ignorierte ich es einfach. Ich würde ihm keine Informationen geben. Ich würde ihm nicht sagen, wo ich war. Lieber würde ich mir die Zunge abbeißen.

Das Telefon summte beharrlich seine unschuldige Melodie und blinkte mich auffordernd an. Wahrscheinlich hatten sie das Gespräch mitgehört, überlegte ich. Wahrscheinlich saßen sie in seiner Wohnung mit Kopfhörern und Aufnahmegeräten und all dem Kram und legten Donovan Wort für Wort in den Mund. Alles mit psychologischer Strategie, nur um mich zu kriegen. Aber ich war nicht blöd. Ich würde denen nicht das Vergnügen bereiten, mich zu orten, bloß weil ich zu lange mit meinem Bruder quatschte. Ich kannte den Trick. Im Grunde spielte es zwar eh keine Rolle mehr. Sie würden mich so oder so kriegen.

Wieder hörte ich die heulende Polizeisirene, und dann sah ich plötzlich den Widerschein des rot blinkenden Lichtes im Rückspiegel. Sie hatten mich eingeholt.

«Oh Gott», murmelte ich verzweifelt, «oh Gott.» Der Regen prasselte mit unbarmherziger Härte auf die Frontscheibe und gab mir das Gefühl, in einer Autowaschanlage zu sein. Obwohl der Scheibenwischer wie wild über die Scheibe wedelte, war die Sichtweite gleich null. Ich hatte keine Chance, die Cops wieder abzuhängen, nicht in diesem sintflutartigen Regen auf unbeleuchteter Straße. Mir blieb nur noch eine einzige Alternative: die Flucht zu Fuß. Ich warf das Lenkrad herum und stellte den goldfarbenen BMW am Straßenrand ab, keine fünfzig Schritte von einem großen Wald entfernt, wie ich gleich feststellen sollte. Dann riss ich die Tür auf und stürzte in das nächtliche Unwetter hinaus.

Ich befand mich irgendwo auf der Strecke zwischen Greensboro und Chapel Hill; wo genau, hätte ich tatsächlich nicht sagen können, und irgendwie konnte ich mich auch nicht mehr daran erinnern, woher ich eigentlich gekommen war. Ein böiger Wind peitschte mir den Regen ins Gesicht, und die kalte Nässe fraß sich innerhalb von Sekunden durch Kleidung und Schuhe. Doch es kümmerte mich nicht. Ich rannte, so schnell mich meine Beine tragen konnten, über das offene Stoppelfeld Richtung Wald. Hinter mir hörte ich die quietschenden Bremsen des Polizeiwagens, und dann diese Stimme über Lautsprecher, die mir jäh die Luft nahm:

«Hier spricht das FBI. Hier spricht das FBI. Ergeben Sie sich, oder wir eröffnen das Feuer. Ich wiederhole: Ergeben Sie sich, oder wir eröffnen das Feuer!»

Das FBI. Das FBI war hinter mir her! Nacktes Entsetzen packte mich bei dieser Erkenntnis. Von der Polizei verfolgt zu werden, war eine Sache, aber vom FBI! Was um alles in der Welt hatte das FBI damit zu tun Was, bitte sehr, wurde hier gespielt Ich brachte keinen klaren Gedanken mehr zustande. Ich wusste nur, dass sie mich nicht kriegen durften. Ich musste laufen, laufen, so schnell ich irgend laufen konnte. Laufen bis ans Ende der Welt, wenn es sein musste, laufen, ohne zurückzublicken, laufen, laufen, laufen.

Ein Schuss fiel. Ich duckte mich instinktiv, ohne meinen Schritt zu verlangsamen. Die vom Regen aufgeweichte Erde blieb an meinen Turnschuhen und Jeans haften und erschwerte mir das Vorwärtskommen. Doch ich gab nicht auf. Ich erreichte den Waldrand gerade rechtzeitig, um vor dem zweiten Schuss in Deckung zu gehen. Nasse Zweige schlugen mir ins Gesicht, als ich mir meinen Weg durchs Dickicht bahnte, tiefer und tiefer in den Wald hinein. Die großen, dicht beieinander stehenden Bäume mit ihren tief hängenden, mit Moos und Kletterpflanzen bewachsenen knorrigen Ästen wirkten irgendwie gespenstisch. In kürzester Zeit hatte ich inmitten dieser Kombination aus Bäumen, Büschen und Dunkelheit die Orientierung verloren und war mir nicht mehr sicher, aus welcher Richtung ich meine Verfolger zu erwarten hatte, zumal ich keine eindeutigen Geräusche wie Schüsse oder Rufe vernahm. Das Einzige, was ich hörte, war der Regen, der trotz des dichten Blätterdachs hoch über mir beharrlich seinen Weg nach unten fand und mich schon völlig durchweicht hatte.

Ich kletterte über einen umgestürzten Baumstamm und gönnte mir in dessen Windschatten eine kurze Verschnaufpause. «Ob ich sie wohl abgehängt habe», überlegte ich und lauschte angestrengt. Und da hörte ich es. Zuerst ganz leise und vermischt mit dem dumpfen Prasseln des Regens, ein gleichmäßiges Klopfen, als wäre ein Specht an der Arbeit. Je näher es kam, desto lauter und intensiver wurde es, und als es unmittelbar über mir Halt machte, wurde mir mit Schrecken bewusst, wie ernst meine Lage wirklich war: Hubschrauber! Sie hatten Hubschrauber auf mich angesetzt! Das Knattern der Rotorblätter war ohrenbetäubend, und der starke Scheinwerfer fuhr suchend zwischen den Bäumen hin und her und streifte nur um Haaresbreite meinen Standort.

«Hier spricht das FBI!» hallte es durch die Nacht. «Kommen Sie mit erhobenen Händen aus Ihrem Versteck, und ergeben Sie sich. Ich wiederhole: Hier spricht das FBI. Ergeben Sie sich, ergeben Sie sich!» Ich wagte es nicht, mich von der Stelle zu rühren. Ich zitterte am ganzen Leibe. Gott, was hatte ich für eine Angst.

«Sie haben mich gefunden, sie haben mich gefunden», murmelte ich mehrmals, während ich bebend vor Furcht an dem umgestürzten Baum lehnte und meine Finger in die Rinde krallte. «Was habe ich nur getan Gott, wie konnte das bloß passieren»

Und dann kamen die Hunde. Irgendwo in der Ferne vernahm ich ihr wildes Bellen, das rasch näher kam und mich von verschiedenen Seiten gleichzeitig einzukesseln schien. Die Schlinge zog sich zu, unaufhaltsam. Es gab kein Entrinnen. Nicht bei diesem Aufgebot an Polizisten, Suchhunden und Hubschraubern. Das FBI verstand sein Handwerk. Und ich Ich war ihnen hilflos ausgeliefert. Sie hatten mich. Ende der Vorführung.

Langsam ließ ich mich zu Boden sinken und spielte für einen Augenblick mit dem Gedanken, den Kampf aufzugeben. Es hatte keinen Sinn mehr davonzurennen. Sie würden mich ja doch kriegen. Aber der Helikopter entfernte sich jetzt, und es hörte auch schlagartig auf zu regnen. Ich blies erleichtert die Luft aus und blickte dem Lichtkegel des Suchscheinwerfers hinterher.

Dann knackte es plötzlich im Unterholz. Ich ging wieder unter dem schützenden Baumstamm in Deckung und hielt den Atem an. Es knackte wieder, diesmal ganz dicht neben mir. In unmittelbarer Nähe hörte ich flüsternde Stimmen.

«Roter Hund», raunte jemand in ein Walkie-Talkie. «Roter Hund, kommen.»

«Schwarz in Deckung», antwortete jemand aus einer anderen Richtung. «Plan drei, Plan drei. Ende.»

Ich hatte keine Ahnung, was diese Codeworte bedeuteten, doch mir war klar, dass es um mich ging. Es war unheimlich. Ich sah den Schein ihrer Stablampen und schätzte, dass sie mindestens zu fünft waren. Sie waren so nahe, dass ich glaubte, sie würden jeden Moment über mich stolpern oder gar meinen Herzschlag hören. Aber sie fanden mich nicht. Weiß Gott, warum sie mich nicht entdeckten, jedenfalls gingen sie tatsächlich an mir vorbei, ohne auch nur den geringsten Verdacht zu schöpfen, und während sich ihre Stimmen entfernten, gewann ich neuen Mut. Vielleicht hatte ich ja doch noch eine winzige Chance, meinem Schicksal zu entrinnen. Und wenn es nur eine winzig kleine Chance war, ich musste sie nutzen.

Kurz entschlossen sprang ich auf und begann in die entgegengesetzte Richtung zu laufen. Ein Fehler, den ich keine zehn Sekunden später bereute, als der verirrte Lichtkegel einer Stablampe mich unvermittelt erfasste.

«FBI! Stehen bleiben!»

Ich blieb nicht stehen. Ich rannte um mein Leben. «Ich muss weg hier» war das Einzige, was ich denken konnte. Ich muss weg hier! Ich hörte deutlich, wie eine Kugel dicht an meinem Kopf vorbeisauste. Ich achtete nicht darauf. Ich rannte und rannte.

«Sektor B! Sektor B!» schrie der Agent aufgeregt in sein Walkie-Talkie. «Schneidet ihm den Weg ab!» Über mir kreisten die Helikopter mit ihren Riesenscheinwerfern, hinter mir waren die FBI-Leute mit ihren Sprechfunkgeräten, irgendwo zwischen den Bäumen lauerte der Trupp mit den Spürhunden auf mich, doch ich musste es darauf ankommen lassen. Zu viel stand auf dem Spiel. Ich konnte mich nicht ergeben. Ich durfte ihnen nicht in die Hände fallen. Ich wollte nicht ins Gefängnis. Gott, ich musste weg hier! Ich lief, als wäre mir der Leibhaftige höchstpersönlich auf den Fersen, aber meine Verfolger kamen näher und näher.

Der Wald lichtete sich, und ich stieß überraschend auf eine geteerte Straße, die mit mehreren Polizeiwagen abgeriegelt war. Geistesgegenwärtig hechtete ich hinter einen Felsbrocken, bevor ich ins Blickfeld der Polizisten geriet. Jetzt saß ich endgültig in der Falle. Keuchend lugte ich hinter dem Stein hervor, um die Situation abzuschätzen. Es sah wahrhaftig nicht gut aus. Sämtliche Cops hatten sich mit schussbereiten Waffen hinter den offenen Türen ihrer Fahrzeuge verschanzt. Sie warteten auf mich, und sie würden auf mich schießen, wenn es sein musste. Daran gab es keinen Zweifel.

Ich wusste nicht mehr weiter. Zurück konnte ich nicht, und die Straße zu überqueren war ein Ding der Unmöglichkeit. In wenigen Minuten würde es hier von FBI-Agenten nur so wimmeln, und sie würden mich überwältigen und ins Gefängnis stecken. Lebenslänglich. Ich erschauerte bei dem Gedanken. Es war die schrecklichste aller Vorstellungen, und je länger ich darüber nachdachte, desto größer wurde meine Verzweiflung. Lebenslänglich. Nein, das würde ich nicht packen. Das nicht. Aber was sollte ich tun Was um Himmels willen sollte ich tun Durch den wieder einsetzenden Regen hindurch hörte ich auf einmal, wie jemand von der Straße her mehrmals meinen Namen in den Wald hineinschrie.

«Demetri! Demetri! Demetri, wo bist du!» Ich zuckte kaum merklich zusammen. Ich kannte diese Stimme. Sie gehörte einem alten Freund von mir.

«Andrew!» murmelte ich verwirrt. Was, so fragte ich mich, hatte Andrew hier draußen verloren

«Demetri!» hörte ich ihn erneut aus voller Kehle rufen. «Ergib dich, dann passiert dir nichts!»

Ich schluckte. Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. Mein Freund Andrew war einer von denen! Auch er hatte sich von ihnen kaufen lassen. Ich war geschockt. Was hatte ich ihm getan Warum hatte er sich auf deren Seite gestellt Warum tat er mir das an

Ich spähte hinter meinem Versteck hervor, doch außer schattenhaften Umrissen von Gestalten und Polizeiautos war in dem Chaos von blinkenden Lichtern und Sturzbächen von Regen nichts Konkretes zu erkennen. Doch ich wusste, dass er da war. Ich hatte seine Stimme gehört. Er hatte mich verraten. Und es machte mir Angst.

«Andrew», murmelte ich, und ein Kloß bildete sich in meinem Hals, «warum tust du das Warum willst du, dass sie mich kriegen Warum» Mit einem Mal wich sämtlicher Kampfgeist aus meinen Gliedern. Ich drückte meinen nassen, zitternden Körper gegen den Felsen und schloss für einen Moment die Augen. Ich wünschte mir, es wäre alles nur ein geschmackloser Scherz, eine Illusion, ein grausiger Traum, alles, nur nicht die Wirklichkeit. Ich wünschte mir, endlich aufzuwachen, Andrew in die Augen zu blicken und ihm sagen zu können: «Mann, du hast keine Ahnung, was ich eben geträumt habe.» Und dann würden wir uns darüber totlachen, einen Joint rauchen, und mein makabres Erlebnis würde zum Gesprächsthema des Tages. Doch es war kein Traum. Ich spürte den Regen, den schneidenden Wind in meinem Gesicht, ich hörte die Hunde, die Hubschrauber, die Stimmen, das Knacken der Äste, das Stöhnen des Waldes, und es war mir, als hätte sich das gesamte Universum gegen mich verschworen.

«Na schön», knurrte ich und ballte meine Fäuste, «ihr wollt mich kriegen Dann kommt doch! Kommt und fasst mich! Aber ins Gefängnis werde ich nicht gehen, niemals! Lieber würde ich sterben, als mich von euch einsperren zu lassen!»

Ja, lieber wollte ich sterben. Es war mir todernst. Und wie die bittere Entschlossenheit, mich dem Feind entgegenzustellen, meiner Kühnheit Flügel verlieh, wuchs die Bereitschaft in mir, zum furchtbarsten aller Mittel zu greifen. Ich war bereit, meinem Leben ein Ende zu setzen. Hier und jetzt. Alles war besser, als dem FBI in die Hände zu fallen und die Strafe für meine Gräueltat abzusitzen.

Wäre ich bewaffnet gewesen, hätte ich mir ohne zu zögern das Gehirn weggepustet. Doch ich hatte keine Waffe und auch sonst nichts, das mir meinen schauerlichen Entschluss ermöglicht hätte. Nervös durchsuchte ich meine Taschen nach einem Messer oder wenigstens einem spitzen Gegenstand, mit dem ich mir die Pulsadern hätte aufschneiden können. Aber ich fand nichts. Ich tastete den Waldboden ab und fand einen faustgroßen Stein. Er hatte weder scharfe Kanten noch irgendwelche herausstehenden Ecken oder Spitzen, doch etwas Besseres stand mir nun mal nicht zur Verfügung, und es blieb keine Zeit für weiteres Suchen oder Zögern. Dieser Stein musste es tun. Und zwar schnell.

Ich begann, mit dem Stein über die Innenseite meines linken Handgelenks zu fahren und mir die Haut aufzuritzen. Ich rieb und rieb. Ich musste es schaffen. Ich musste es einfach schaffen. Sie durften mich nicht kriegen. Ich schabte und ritzte, ungeachtet der Schmerzen und des Blutes. Ich grub mich durch die Haut hindurch, langsam und mit eisernem Willen, tiefer und tiefer, in der irrsinnigen Hoffnung, meinem Schicksal zu entrinnen. Ich feilte und hackte, angetrieben vom Heulen der Hunde, das je länger desto lauter wurde, von den näher kommenden Stimmen, vom Knattern der Hubschrauber, angetrieben auch von einer unbeschreiblichen Angst, die mich schier wahnsinnig machte.

«Ihr kriegt mich nicht», zischte ich mit zusammengepressten Zähnen, «ihr kriegt mich nicht, ihr kriegt mich nicht.» Quälend schleppte sich der Prozess voran, bahnte sich das plumpe Werkzeug seinen Weg durch mein zerfetztes Fleisch zu den Pulsadern. Blut rann mir über den Arm und durchtränkte den Ärmel meiner beigefarbenen Jacke. Die höllischen Schmerzen, die ich mir selber zufügte, raubten mir beinahe das Bewusstsein und trieben mir Tränen in die Augen, aber ich riss mich zusammen, umklammerte den Stein und bearbeitete weiter mein Handgelenk.

«Ihr kriegt mich nicht», wimmerte ich dazu wie eine Beschwörungsformel, «ihr kriegt mich nicht, ihr kriegt mich nicht, ihr kriegt mich nicht.» Die Öffnung wurde breiter und gab die Sicht frei auf meine Gelenkknochen und die Venen. Ich sah das Blut in ihnen pulsieren, ich sah das Leben, das durch meine Adern floss und das ich eigenmächtig zu durchtrennen versuchte wie eine Nabelschnur. Doch ich wusste keinen anderen Ausweg. Ich musste es hinter mich bringen, bevor sie mich schnappten. Sie konnten jeden Moment hier auftauchen. Der Countdown lief, und ich säbelte und kratzte und schnitt weiter.

«Komm schon», trieb ich mich selbst an, «du kannst das. Komm schon.» Blut tropfte auf den Boden, spritzte auf meine Kleider, befleckte meine Hände und Arme. Ich schaffte es nicht. Der Stein war zu stumpf, ich kriegte die Muskeln der Arterienwände einfach nicht durch.

«Gott, ich muss es schaffen, ich muss es einfach schaffen!» Enger und enger zog sich die Schlinge des FBI zusammen, näher und näher kamen meine Feinde, und ich hämmerte in wilder Besessenheit auf mein Handgelenk ein und kriegte die Pulsadern einfach nicht durch. Ich merkte, wie mir schwindlig wurde. Überall war Blut. Ich hätte heulen können vor Wut und Verzweiflung. Mir wurde klar, dass ich es nicht schaffen würde. Es hatte keinen Zweck. Wieder hörte ich Andrews Stimme, und diesmal klang sie seltsam bizarr.

«Du kannst nicht entkommen, Demetri. Die Wahrheit hat dich eingeholt. Jetzt musst du dafür bezahlen!» Ich war mir nicht sicher, ob ich mir diese Stimme bloß einbildete, jedenfalls erschütterte sie mich bis ins Innerste. Ich war am Ende. Ich raffte mich auf und torkelte kurz entschlossen mitten auf die Straße hinaus.

«Na gut!» schrie ich. «Ich gebe auf! Holt mich doch! Hier bin ich! Ich ergebe mich!» Da stand ich, mitten im strömenden Regen, taumelnd, blutbeschmiert und nass bis auf die Knochen und schwenkte meine Arme in der Luft, um die FBI-Agenten auf mich aufmerksam zu machen. Den Stein, mit dem ich mir die Adern hatte auftrennen wollen, hielt ich nach wie vor in der rechten Hand fest. Ich spürte, wie warmes Blut aus meiner klaffenden Wunde floss. Mir war übel, schwindlig, und für einen Augenblick verschwammen die Polizeiwagen, die blinkenden Lichter und der Wald zu einem einzigen unscharfen Bild. Ich spürte, dass ich dabei war, mich aus dieser Realität zu verabschieden.

Ein Polizeiwagen näherte sich mir, und über Lautsprecher hörte ich verschiedene Rufe, die ich allerdings nur noch wie durch dicke Watte vernahm und irgendwie nicht mehr richtig einordnen konnte. Und dann sah ich ihn. Und nicht nur ihn. Sie saßen auf dem Rücksitz des Polizeiwagens. Zuerst konnte ich nur ihre Umrisse erkennen, verzerrt durch den Regen, der wie ein Wasserfall an der Scheibe herunterlief. Aber dann drückten sie ihre Nasen gegen die Scheibe, und ich konnte ihre Gesichter sehen. Der eine der beiden Burschen war Andrew. Der andere war – Leon. Ich konnte nicht glauben, was ich sah. Es schnürte mir die Kehle zu.

«Leon!» stieß ich hervor. Es war, als würde mir ein Schwert mitten durchs Herz gestoßen. «Was hat Leon mit der Sache zu tun» durchfuhr es mich. Was hatte ich ihm angetan Wie konnte er sich gegen mich wenden – nach allem, was ich für ihn getan hatte Und woher kannte er Andrew Es blieb mir keine Zeit mehr, darüber nachzudenken. Von allen Seiten war ich jetzt umzingelt, die Mündungen sämtlicher Dienstwaffen auf mich gerichtet. Ich ließ den Stein fallen, sank auf meine Knie und legte die Hände hinter den Kopf.

«Hier bin ich!» verkündete ich. «Nehmt mich fest. Ich kapituliere. Ihr habt gewonnen! Ergreift mich, so ergreift mich doch!» Der Kreis schloss sich, aber noch ehe die Beamten über mir waren, verlor ich das Gleichgewicht und kippte zur Seite. Dann wurde mir schwarz vor den Augen.

ICH STELLTE MEINE REISETASCHE AUF DEN BODEN und klaubte nervös meinen Geldbeutel aus der Jackentasche. Der Mann hinter dem Schalter sah mich prüfend an.

«Sie scheinen es aber eilig zu haben, junger Mann. Wohin geht denn die Reise» Ich machte eine flüchtige Bewegung mit der Hand.

«Egal», sagte ich und rückte mir meine schwarze Sonnenbrille zurecht. «So weit weg wie möglich.»

«Hmm», meinte der Beamte, «dann würde ich Ihnen Kalifornien vorschlagen. San Francisco. Das ist so ziemlich die weiteste Strecke von Chapel Hill aus.» Ich nickte.

«Dahin will ich.»

Der Beamte stellte mir das Ticket aus, und eine Stunde später saß ich im Bus nach Kalifornien. Ja, ich hatte es weiß Gott eilig, wegzukommen. Ich musste weg. Ich musste verschwinden, ehe sie mich für das einbuchteten, was ich getan hatte. Niemand durfte erfahren, wohin ich ging. Niemand. Nicht einmal Leon.

Beim Gedanken an Leon wurde mir beinahe etwas wehmütig ums Herz. Ihn einfach so zurückzulassen fiel mir nicht leicht. Leon war mein bester Freund. Vielleicht sogar mehr als ein Freund. Wir hatten uns vor drei Jahren kennen gelernt. Ich war achtzehn gewesen und er gerade mal vierzehn. Damals hatte ich noch nicht auf der Straße gelebt, sondern bei meinen Adoptiveltern, in einem wunderschönen weißen Haus neben einer reichen Nachbarschaft in der Stadt Durham.

Es war ein prachtvolles dreistöckiges Haus mit einer kleinen Veranda, blauen Gardinen, einem hübschen Garten mit Bäumen und Rosenbüschen und einem geteerten Vorplatz mit einem Basketballkorb. Hier war ich zusammen mit meinem vier Jahre älteren Bruder Donovan aufgewachsen. Seine Haut war viel heller als meine, weil wir nicht denselben Vater hatten. Donovan war halb Mexikaner. Doch das und vieles mehr erfuhr ich erst viel später. Für mich war er einfach mein großer Bruder, und ich liebte ihn über alles.

Wer uns beide dabei beobachtete, wie wir auf dem Vorplatz vor dem schmucken Haus Basketball spielten, hätte schwören können, dass wir Teil einer richtig netten amerikanischen Musterfamilie waren und eine sorglose Kindheit genießen durften. Niemand wusste, was sich hinter den Fassaden dieses herrschaftlichen Hauses wirklich abspielte. Und hätten wir es jemandem erzählt, wären wir bestimmt als Lügner bezeichnet worden, Donovan und ich. Und deshalb schwiegen wir. Was hätten wir schon sagen sollen Und vor allem: Wem

Und vielleicht war es ja auch unsere Schuld, dass unser Adoptivvater uns fast täglich den Hintern versohlte, wenn er spät nachts von der Arbeit kam. Wir taugten nichts. Das hatte er uns oft genug eingetrichtert. Wir brachten nur Unglück über die Familie Brown, die sich in so aufopfernder Art um uns arme Waisenkinder kümmerte. Wir konnten dankbar sein, dass sich überhaupt jemand unserer angenommen hatte. Wer wollte schon zwei schwarze Jungen aufziehen, deren Mutter im Knast saß Ich war sogar im Gefängnis zur Welt gekommen, und bis zu diesem Tag wusste ich nicht, wer mein richtiger Vater war. Und wahrscheinlich würde ich es auch nie erfahren. Doch damit hatte ich mich bereits abgefunden wie mit so vielem in meinem Leben.

Donovan hatte als Erster damit begonnen, von zu Hause abzuhauen, um den Schlägen unseres Adoptivvaters zu entgehen. Manchmal blieb er mehrere Tage weg, bis ihn die Polizei irgendwo fand und wieder heimbrachte. Ich fragte mich oft, warum nie jemand Verdacht geschöpft hatte. Aber solange die Rosenbüsche vor dem Haus perfekt geschnitten waren, gab es offensichtlich keinen Grund zur Beunruhigung.

Donovan und ich ließen alles schweigend über uns ergehen. Unser stummer Hilfeschrei blieb ungehört hinter der tadellosen Fassade unseres Hauses. Und wer hätte dem schlaksigen Jeffrey Brown, unserem Adoptivvater, schon zugetraut, dass er zwei Jungen wie uns nackt vors Bett stellte und mit der Gummirute die Rücken blutig schlug Patty Brown, unsere Adoptivmutter, stand oft daneben, ohne ein Wort zu sagen, wenn uns Jeffrey mit der Rute züchtigte. Sie besaß mehrere Schönheitssalons und investierte ihr ganzes Geld, ihre ganze Zeit und Energie in Weiterbildungskurse und Reisen. Sie hatte weder Zeit, sich um uns zu kümmern, noch glaubte sie, dass an Jeffreys Erziehungsmethode irgendetwas auszusetzen wäre. Wir waren freche Lümmel, und frechen Lümmeln wie uns musste man den Mund stopfen.

Und eines Tages war Donovan einfach verschwunden. Sie hatten ihn weggegeben, weil er ein böser Junge war.

«Und wenn du dich nicht ordentlich benimmst, werden wir dich auch weggeben!» hatte mir Patty Brown eingebläut, als ich sie nach meinem Bruder fragte. Das war das erste Mal, dass Donovan aus meinem Leben verschwand. Ich weinte den ganzen Nachmittag, während ich meine und seine Hausarbeiten erledigte und zu begreifen versuchte, was ein zehnjähriger Knabe so Schreckliches getan haben konnte, um von zu Hause verbannt zu werden. Und ich wusste, mir würde dasselbe Schicksal blühen, wenn ich kein braver Junge war.

Und genau das war das Problem. Denn so sehr ich mich auch anstrengte, ihren Ansprüchen zu genügen, ich war meinen Adoptiveltern nie gut genug. Ich lechzte danach, wenigstens einmal zu hören, dass sie stolz auf mich wären, dass sie mich liebten, so wie die Eltern im Fernsehen ihre Kinder liebten. Vergeblich. Sie liebten mich nicht, und ich kam zum Schluss, dass man einen Jungen wie mich wohl nicht lieben konnte, dass ich allen, die mit mir in Berührung kamen, bloß Ärger einbrachte. Mrs. Moore drückte es sogar noch drastischer aus.

«Du hast den Teufel in dir!» brüllte sie oft durchs ganze Haus. Wahrscheinlich hatte sie Recht. Irgendetwas stimmte nicht mit mir. Alle sagten es, also musste wohl was dran sein. Mrs. Moore war meine neue Pflegemutter, der mich das Sozialamt zuwies, als man mich wegen ihrer Kindesmisshandlung von den Browns wegholte. Natürlich hielt es auch Mrs. Moore nicht lange mit mir aus, und so kam es, dass ich mit vierzehn Jahren in ein Waisenhaus für schwarze Kinder abgeschoben wurde. Mein Weg war vorgezeichnet. Die prophetischen Worte meiner Adoptiveltern, aus mir würde sowieso nichts werden, waren auf dem besten Weg, sich zu erfüllen. Und als mir meine Sozialarbeiterin eines Tages mitteilte, die Browns hätten die Adoption aufgelöst, weil ich ihnen zu viel kostete, war mein Schicksal endgültig besiegelt. Ich war überflüssig hier auf Erden. Zu nichts zu gebrauchen. Abfall. Der letzte Dreck.

Es war schwer für mich zu begreifen, dass Patty und Jeffrey mich einfach so abgeschüttelt hatten. Insgeheim hatte ich immer gehofft, eines Tages zu ihnen zurückzukehren. Vergessen und verziehen wären alle Erniedrigungen und Schläge, wenn ich nur wieder ein Heim hätte, eine Familie, so schlecht sie auch sein mochte. Es war immer noch besser, als in einem Waisenhaus leben zu müssen und in der Schule dafür gehänselt zu werden, ein nichtsnutziges Waisenkind zu sein.

Und deshalb war meine Freude überschwänglich, als mir Patty am Telefon versprach, ich dürfe nach meinem achtzehnten Geburtstag doch wieder nach Hause kommen. Ein Traum wurde Wirklichkeit. Ich durfte heim! Ich konnte es kaum erwarten, ich zählte die Wochen und Tage, ich fieberte auf das lang ersehnte Datum hin wie ein kleines Kind auf Weihnachten. Und dann war ich achtzehn und ging tatsächlich nach Hause. Nach Durham zu meinen Adoptiveltern, oder Ex-Adoptiveltern, wenn man es genau nahm. Aber das war mir in dem Moment ziemlich egal. Sie wollten mich zurück, das war es, was zählte. Endlich würde alles gut werden. Das dachte ich jedenfalls.

Nun, die Illusion war von kurzer Dauer. Sie zerplatzte wie eine schillernde Seifenblase, bevor ich überhaupt die Gelegenheit hatte, sie zu genießen. In meiner siebenjährigen Abwesenheit hatten sich die Dinge verändert. Jeffrey war noch einigermaßen derselbe, aber Patty sah schlecht aus. Sie hatte heimlich begonnen, Drogen zu nehmen, hatte deshalb sämtliche Salons verloren und stand vor dem Bankrott. Jeffrey wusste nichts von ihrem Doppelleben, und Patty schärfte mir ein, ihm um Himmels willen nichts davon zu verraten. Das tat ich auch nicht. Zu groß war meine Angst, wegen eines Patzers rausgeschmissen zu werden. Ich wollte mir diese einmalige Chance auf ein Zuhause um keinen Preis verderben. Aber natürlich kam, was irgendwann kommen musste: Sie warfen mich raus. Einen plausiblen Grund konnte Jeffrey nicht nennen. Bis auf den, dass ich jetzt erwachsen wäre und selbst für mich sorgen müsste. Doch ich kannte den wahren Grund. Patty fürchtete, ich würde ihr Doppelleben aufdecken, und deshalb hatte sie ihren Mann davon überzeugt, dass ich gehen müsse.

Damit begann ein neues schmerzhaftes Kapitel in meinem Leben, ein Kapitel voller Täuschungen und Enttäuschungen. Was meinen Wohnort anging, so wechselte dieser nun noch häufiger als in den vergangenen Jahren. Zuerst kam ich bei Freunden unter, dann bei flüchtigen Bekannten, und zu guter Letzt stand ich auf der Straße und hatte somit die unterste Stufe menschlicher Existenz erreicht: Ich war ein Straßenkind.

Der Bus hielt in jedem kleinen Kaff. Es würde mehrere Tage dauern, bis wir San Francisco erreichten. Aber was spielte das schon für eine Rolle. Hauptsache, ich kam aus Chapel Hill raus. Ich musste weg, so weit weg wie möglich, irgendwohin, wo mich niemand finden würde, wo mich niemand kannte. Ich brauchte eine neue Identität, einen neuen Namen. Mike. Mike war ein guter Name. Ich beschloss, mich von jetzt an Mike zu nennen.

Wir verließen den grünen Staat North Carolina und durchquerten schließlich Texas. Staubige, schnurgerade Straßen, öde Landschaften mit kargen Felsen, rotgelbes Gestein, endlose Weite und kein Wölkchen am stahlblauen Himmel. Es hätte mich nicht gewundert, wenn wir plötzlich von einem wilden Indianerstamm überfallen worden oder zumindest einem Hollywood-Filmteam begegnet wären. Die Kulisse war wirklich überwältigend. Gleichzeitig überlegte ich mir, dass wir bei einer Panne ziemlich alt aussehen würden inmitten dieser einsamen Mondlandschaft.

Beim nächsten Halt stieg ein Bursche in einer schwarzen Lederjacke ein. Obwohl es noch eine Menge freier Sitze gab, blieb er unmittelbar vor mir stehen, schob sich eine seiner langen schwarzen Haarsträhnen aus der Stirn und fragte:

«Ist neben dir noch frei» Ich nickte.

«Klar», sagte ich. Er schob seinen Rucksack auf die Ablagefläche über uns und setzte sich. Ich betrachtete den Typen neugierig von der Seite. Er mochte um die zwanzig sein. Die Lederjacke mit den vielen Reißverschlüssen und Metallnieten und sein glattes schwarzes Haar, das wie ein Vorhang die Hälfte seines Gesichts bedeckte, verliehen ihm ein recht mysteriöses Aussehen. Ich fand ihn irgendwie cool. Zuerst schwiegen wir eine Weile, bevor ich es wagte, ihn anzusprechen.

«Hey, wie heißt du» Er drehte sich mir zu und schob den Haarvorhang zur Seite als Zeichen seiner Kommunikationsbereitschaft.

«Ich heiße Mike», sagte er, «und du»

«So ein Zufall», antwortete ich. «Mein Name ist ebenfalls Mike.»

«Oh», sagte er überrascht und nickte mir zu. «Und wohin reist du, Mike»

«Kalifornien, und du»

«Auch Kalifornien», erklärte er amüsiert. «Ich geh nach Santa Cruz.»

«Ich nach San Francisco», sagte ich.

«Cool», meinte er, und sein Haarmantel wippte sanft auf und nieder. «Wir werden bestimmt 'ne tolle Zeit zusammen haben.»

Daran zweifelte ich keinen Augenblick, und innerhalb kürzester Zeit plauderten und lachten wir derart ungezwungen über dieses und jenes, dass man hätte meinen können, wir wären langjährige Freunde, und das, obwohl wir uns eben erst kennen gelernt hatten.

Es war wohltuend, mit jemandem Witze zu reißen. Mit jemandem, der keine Verbindung zu meiner Vergangenheit hatte und nicht mit schmerzhaften Erinnerungen belastet war. Es half mir zu vergessen. Es half mir zu vergessen, dass ich auf der Flucht war. Auf der Flucht vor der Polizei. Auf der Flucht vor dem, was ich getan hatte.

Wir erreichten die nächste Ortschaft bei Anbruch der Dunkelheit. Ich kam mir tatsächlich vor wie im Wilden Westen. Die Zeit schien hier draußen in der Einöde stehen geblieben zu sein. Es war mir unvorstellbar, wie Menschen freiwillig hier leben konnten, mitten im Nirgendwo, ohne Kino oder Shopping-Center. Ich fragte mich, was sie wohl den ganzen Tag machten und wie sie sich ihr Geld verdienten. Bestimmt gab es hier keinen Polizeiposten, weil die Kriminalitätsrate ohnehin gleich Null war.

Die Fahrgäste – unsere Zahl war im Laufe des Tages auf ungefähr zwanzig angestiegen – vertraten sich die Beine und kauften Snacks und Getränke für die nächste Teilstrecke. Mike bestellte in einem kleinen Restaurant ein Bier, und ich machte mich auf die Suche nach einem öffentlichen Münzfernsprecher. Ich wusste, es war riskant, jemanden anzurufen, doch dieses eine Telefongespräch musste ich einfach führen. Um Leons willen. Ich fand eine Telefonzelle und wählte Ryans Nummer. Er ließ es mindestens zehn Mal klingeln, bis er endlich dranging.

«Ryan», sagte ich, als ich seine Stimme am andern Ende der Leitung vernahm. «Ich bin's. Tony.» Eigentlich hieß ich Antonio, Antonio Demetrius Brown. Doch meine Freunde nannten mich einfach Tony.

«Tony!» kam es aufgeregt zurück. «Wir haben dich überall gesucht! Wo um alles in der Welt steckst du»

«Das kann ich dir nicht sagen», antwortete ich hastig. Und ohne ihm Zeit für weitere unangenehme Fragen zu lassen, fuhr ich rasch fort: «Hör zu. Sag Toby, Justin und all den anderen, dass ich tot bin.»

«Dass du was bist!» quietschte Ryan fassungslos. Ich wusste, dass er mich für verrückt halten würde. Doch ich sah keinen anderen Ausweg. Die einfachste Möglichkeit, meine Freunde an einer Suchaktion zu hindern, war die, ihnen einzureden, dass ich nicht mehr am Leben war. Nur so würden sie mich vergessen. Nur so konnte ich sie daran hindern, zur Polizei zu gehen, um dort womöglich die Wahrheit zu erfahren. Denn das wollte ich auf keinen Fall. Ich wollte nicht vor meinen Freunden als Verbrecher dastehen. Sie sollten mich in guter Erinnerung behalten. Und sie sollten glauben, dass ich tot wäre. Es war das Beste für alle. Denn vielleicht würde ich ja tatsächlich nie mehr zurückkommen.

«Sag ihnen, ich hätte mich umgebracht, okay»

«Hast du sie nicht mehr alle Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich das tue.»

«Bitte, Ryan. Tu mir den Gefallen.»

«Warum Was ist passiert Was hast du getan» Ich konnte es ihm nicht sagen.

«Versprich mir, niemandem zu verraten, dass ich dich angerufen habe. Erfinde etwas. Sie sollen glauben, dass ich tot bin, hörst du» Ryan zögerte.

«Ich weiß nicht, ob ich das kann. Wie soll ich Leon beibringen, dass du ... nun ja ... immerhin ...»

Leon. Er hatte Recht. Ich konnte Leon nicht anlügen. Er war mein Freund. Mein bester Freund.

«Sag ihm ... sag ihm, dass ich am Leben bin. Aber sag ihm, er müsse es für sich behalten. Kannst du das für mich tun»

«Okay», willigte Ryan schließlich ein. «Ich werd's ihnen sagen.»

«Versprochen»

«Versprochen.» Ich atmete auf.

«Hey, Tony.»

«Ja»

«Du kommst doch zurück, nicht wahr» Ich war unschlüssig, was ich darauf sagen sollte. Ich wollte ihm nicht die Hoffnung auf ein Wiedersehen zerstören, andererseits war es vielleicht besser, Klartext zu reden. Und im Klartext plante ich tatsächlich nicht, mich jemals wieder in Chapel Hill blicken zu lassen. Ich hatte meine Gründe dafür. Es war nicht nur, weil ich vor der Polizei davonrannte. Es war so viel mehr. Es gibt Situationen im Leben, wo man einfach nicht mehr anders kann, als zu flüchten. Zu versuchen, alles hinter sich zu lassen, ein neues Leben zu beginnen, ganz von vorn anzufangen. Was hatte ich noch in Chapel Hill verloren

«Tony Wir werden uns doch wiedersehen, ja» Ich hielt den Hörer dicht an meinen Mund.

«Sag Leon: Ganz egal, was passiert, wir bleiben Freunde. Sag ihm, es gäbe nichts, was uns jemals trennen könne. Nicht einmal Greg und Gary. Sag ihm, er würde immer in meinem Herzen bleiben.» Mir wurde melancholisch zumute.

«Heißt das, du gehst weg – für immer» fragte Ryan. Ich biss mir auf die Lippen. Es hätte so viel zu sagen gegeben, so viel zu erklären. Stattdessen hüllte ich mich in Schweigen. Ohne seine Frage zu beantworten, legte ich kurzerhand auf und kehrte zum Bus zurück. Ich wollte mich auf meine Zukunft konzentrieren, nicht auf meine trübe Vergangenheit, die ich in Chapel Hill zurückließ. Ich war auf dem Weg nach Kalifornien, wo ein neues Leben auf mich wartete. Das war der Plan.

MEIN SCHÄDEL BRUMMTE. Ich schlug die Augen auf und sah mich um. Das Neonlicht an der Decke war irritierend grell und unfreundlich, die kalkweißen Wände ebenso. Es roch nach Desinfektionsmittel.

«Ich glaube, er ist bei Bewusstsein», hörte ich jemanden im Hintergrund sagen, und ein paar Sekunden später tauchte ein blonder Haarschopf über mir auf.

«Leon»

«Hey! Kannst du mich verstehen» Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wo ich war oder was hier vor sich ging.

«Wo bin ich» fragte ich leise.

«Du hast viel Blut verloren», sagte Leon und schüttelte besorgt den Kopf. «Was hast du dir bloß dabei gedacht» Ich wusste nicht, wovon er redete. Ich versuchte mich aufzurichten, doch mein Körper war schwer wie Blei. Als ich die Finger meiner linken Hand bewegte, durchfuhr mich ein höllischer Schmerz.

«Sieht übel aus», meinte Leon, «dabei hatte der Stein keine einzige scharfe Kante. Krass, echt krass. Und wie du darin rumgebohrt hast ...» Ich strengte mich an, seinen Worten einen Sinn abzugewinnen, doch zu lückenhaft waren meine Erinnerungen.

«Was ist passiert» fragte ich.

«Was passiert ist Das fragen wir uns alle.» Der Tonfall seiner Stimme gefiel mir nicht. Wieder zog sich der stechende Schmerz durch mein linkes Handgelenk. Vorsichtig hob ich den Arm, um herauszufinden, woher diese heftigen Schmerzen kamen. Mein Handgelenk war mit einer beigefarbenen Binde umwickelt. Die Innenseite war rötlich verfärbt, als würde Blut von unten durchdrücken.

«Wie ist das passiert» fragte ich. Leon zog einen Stuhl zu mir hin. Sein bleiches, für einen Burschen beinahe eine Spur zu sanftes Gesicht war jetzt auf gleicher Höhe wie mein Kopf.

«Du hast versucht, dir das Leben zu nehmen», erklärte er mir stockend, als könne er es selbst noch nicht fassen. «Mit einem gewöhnlichen Stein.» Ich kapierte noch immer nicht.

«Mir das Leben nehmen Mit einem Stein Warum»

Leon fuhr sich durch sein schulterlanges blondes Haar und richtete seinen Blick schräg über mich hinweg, als würde er weit in die Ferne blicken. Er schien nachzudenken, über uns, über die Vergangenheit, die Zukunft. Und es schien ihn unendlich traurig zu machen. Ich hätte gerne gewusst, was in seinem Kopf vor sich ging, als er so vor sich hinstarrte, ohne mir eine Antwort zu geben.

Ich hätte gerne an seinen Überlegungen teilgehabt, wie früher, als wir zusammen durch die Gegend streiften wie unzertrennliche Brüder. Als wir uns ewige Treue schworen – komme, was kommen wolle. Als wir sogar bereit waren, miteinander in den Tod zu gehen. Ja, so stark war das Band unserer Freundschaft gewesen. Sie hatte sogar gehalten, als ich keinen festen Wohnsitz mehr hatte und auf der Straße lebte, unter einem Felsen im Wald. Mir kam es vor, als wäre dies alles eine Ewigkeit her, unsere Streifzüge durch Chapel Hill, unsere rebellische Teenagerphase, die wir gemeinsam durchlebten, als er sechzehn und ich bereits zwanzig war. Unser Altersunterschied war nie ein Thema gewesen. Doch jetzt, als ich ihn so von der Seite betrachtete, wurde mir mit einem Mal bewusst, dass er älter geworden war, nicht nur äußerlich. In seinen Augen spiegelte sich die Trauer um jene kindliche Unschuld, die wir beide viel zu früh verloren hatten.

«Leon Was ist geschehen Warum wollte ich mir ...» Seine leuchtend blauen Augen hatten ihren Glanz verloren, als er sich mir zuwandte. Er kam ganz dicht zu mir heran, so dicht, dass ich seinen warmen Atem spüren konnte, und was er dann sagte, ging mir durch Mark und Bein.

«Damit die Wahrheit nicht ans Licht kommt.» Er sagte es weder mit Ironie noch mit Spott, eher mit Bedauern. Doch es traf mich wie eine harte Ohrfeige mitten ins Gesicht. Es machte mir Angst.

«Welche Wahrheit» forschte ich. Anstatt mir eine Antwort zu geben, schüttelte er bloß den Kopf.

«Hast du wirklich gedacht, du könntest denen entkommen»

«Wem entkommen Wovon redest du»

Leon deutete mit dem Kinn Richtung Tür. Ich reckte den Hals, und aus den Augenwinkeln konnte ich deutlich einen großen, kräftigen Mann erkennen, der mit verschränkten Armen vor dem Eingang saß und keine Miene verzog. Die Auszeichnungen blinkten auf seiner Uniform, und Handschellen baumelten an seiner Hüfte. Ich schluckte. Langsam wurde mir die Sache unheimlich.

«Was tut der hier» flüsterte ich.

«Auf dem Korridor sitzt noch einer», sagte Leon ruhig. «Bewaffnet. Die wollen auf Nummer Sicher gehen.» Die Puzzleteile, die mir Leon einzeln lieferte, ergaben einfach kein klares Bild. Und das machte mich nervös. Unglaublich nervös.

«Ich versteh nicht», murmelte ich. «Warum ist die Polizei hier»

«Und das FBI», ergänzte Leon tonlos. «Du bist geliefert, Mann.» Seine Worte ließen mich bis ins Innerste erschauern.

«FBI», wiederholte ich, während meine Augen unstetig im Raum herumirrten, «das FBI ist hier. Warum ist das FBI hier» Fetzenartige Bilder flammten in meiner Erinnerung auf. Der Wald ... Helikopter ... Hundegebell ... Schüsse ... und dann Jäh bäumte ich mich von meiner Pritsche auf und starrte Leon entgeistert an. Die schreckliche Wirklichkeit schnitt mir beinahe die Luft ab.

«Leon. Ich muss weg hier! Hörst du Du musst mir helfen, von hier wegzukommen!»

Der Bursche wich mitsamt Stuhl vor mir zurück. Ich versuchte, nach ihm zu greifen, doch der Schmerz ließ meine Hand auf meine Jeans sinken. Erst jetzt bemerkte ich, dass diese blutverschmiert war.

«Du musst mir helfen, Leon!» flehte ich ihn an. «Wir sind doch Freunde! Das sind wir doch, nicht wahr»

Leon sah mich an, und in diesem einen Augenblick wurde mir klar, dass das unausgesprochene Bündnis zwischen unseren Seelen gebrochen war. Ich kam mir vor wie von einem anderen Stern, als mein langjähriger Freund, mit dem ich so viele Höhen und Tiefen durchlitten hatte, mit erstickter Stimme verkündete, was ich insgeheim befürchtet hatte:

«Ich kann dir nicht helfen, Demetri. Diese Schlacht musst du alleine kämpfen.»

ALS ICH ZUM BUS ZURÜCKKAM, waren die meisten schon wieder eingestiegen. Mike stand etwas abseits und rauchte eine Zigarette. Genauer gesagt einen Joint. Der intensive süßliche Geruch war unverwechselbar. Ich kannte diesen Duft nur allzu gut.

«Hey, Mann, wo warst du»

«Telefonieren», murmelte ich wahrheitsgetreu. Er streckte mir die Zigarette entgegen.

«Rauchst du Gras»

«Warum nicht» meinte ich, setzte den Joint an meinen Mund, nahm einen tiefen Zug davon und stieß den gelblichen Rauch durch Mund und Nase. Mike räusperte sich.

«Hey, Mann, kann ich dir ein Geheimnis anvertrauen»

«Klar. Was denn»

«Mein Name ist nicht Mike. Ich hab gelogen. In Wirklichkeit heiße ich Gayb. Ich hab ein paar Brüche auf dem Gewissen, und jetzt sind die Bullen hinter mir her. Das ist der wahre Grund, warum ich nach Kalifornien fahre.»

«Das ist ja ein Ding», hakte ich in sein Geständnis ein, «mein Name ist auch nicht Mike.» Während des Redens wurde mir erst klar, welch unglaublicher Zufall es war, dass wir beide unter demselben erfundenen Namen und mit fast demselben Motiv gleichzeitig in dieselbe Richtung unterwegs waren. Mike, der jetzt Gayb hieß, zog die Augenbrauen leicht hoch.

«Und wie ist dein richtiger Name»

«Tony», sagte ich. «Und ob du's glaubst oder nicht: Mir sitzen ebenfalls die Cops im Genick.»

«Und was hast du ausgefressen, wenn die Frage erlaubt ist» Ich gab ihm den Joint zurück. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass ich ihm vertrauen konnte. Er war einer der coolsten Typen, denen ich je begegnet war. Dennoch wollte ich keine voreiligen Schlüsse ziehen. Ich hatte ihn doch eben erst kennen gelernt, was wusste ich schon über ihn Ich zögerte mit der Antwort, worauf Gayb abwinkte und meinte:

«Easy. Ich bin kein Beichtstuhl oder so was. Wenn es dir unangenehm ist, deine Morde zu bekennen, brauchst du es nicht zu sagen. Ist okay für mich.»

Ich beschloss spontan, es ihm dennoch zu sagen.

«Ich hab achthundert Dollar aus der Kasse eines Fastfood-Restaurants gestohlen», rückte ich mit der Wahrheit heraus, worauf Gayb kurz innehielt, sich seine Haare hinter die Ohren klemmte und dann gelassen meinte:

«Cool. Ich dachte schon, du hättest mindestens deine Schwiegermutter erschlagen oder so was.» Sein Kommentar entlockte mir ein Schmunzeln. Sein Humor war echt erfrischend. Es half mir zu vergessen. Zu vergessen, was der eigentliche Grund meiner überstürzten Flucht war. Zu vergessen, wie sehr mich Leon verletzt hatte. Es ist so eine eigenartige Sache mit der Liebe. Diejenigen, die man am meisten liebt, sind gleichzeitig diejenigen, die einen am meisten verletzen können. Und genau das hatte Leon getan. Ich war ihm seltsamerweise nicht einmal böse deswegen. Ich konnte ihm nicht böse sein. Dafür war ich umso wütender auf Greg und Gary, die ihn mir weggenommen hatten.

Wir hatten die beiden Brüder kennen gelernt, als wir am Stadtrand ihre exotische Boutique entdeckten. Zuerst war alles ganz harmlos gewesen. Wir freundeten uns an, die beiden Männer nahmen Toby, einen Jungen, der wie ich auf der Straße lebte, Leon und mich mit in ihre Wohnung und gaben uns das beste Haschisch, das ich bis dahin geraucht hatte. Am nächsten Tag kam Ecstasy dazu. Ich hätte mir eigentlich denken müssen, dass diese Freigebigkeit einen Haken hatte, doch als ich mir dessen bewusst wurde, war es bereits zu spät. Toby und Leon waren ihnen auf den Leim gegangen. Was als gewöhnliche Freundschaft begann, wurde zu einer krankhaften Ausbeutung, emotional und ... nun ja, natürlich auch körperlich. Denn einzig darauf hatten es Greg und Gary abgesehen, und mit ein bisschen Geld und Drogen hatten sie sich die beiden Teenager unterwürfig gemacht wie zwei Hunde.