Dieses E-Book ist die digitale Umsetzung der Printausgabe, die unter demselben Titel bei KOSMOS erschienen ist. Da es bei E-Books aufgrund der variablen Leseeinstellungen keine Seitenzahlen gibt, können Seitenverweise der Printausgabe hier nicht verwendet werden. Statt dessen können Sie über die integrierte Volltextsuche alle Querverweise und inhaltlichen Bezüge schnell komfortabel herstellen.

Inhalt

Inhalt

Blubbernde Bläschen, bunte Bikinis und das Blaue vom Himmel

 

 

Atmosphärische Ausflüge

von heiter bis heftig

 

Schattentheater: Wolkenkino am Waldboden?

Capri-Effekt: Warum ist der Himmel blau?

Himmelsstürmer: Wie hoch hängen die Wolken an Pol und Äquator?

Palette für Minuten: Was geht vor im Regenbogen?

Niederschläge: Warum bleiben Regentropfen nicht einfach oben?

Schneeflocken: Kristallkunst aus der Kälte

Dicke Luft: Was wiegt die Atmosphäre im Büro?

Total verknallt: Feuerwerk mit Nebenwirkungen

Farborgie am Nachthimmel: Wie entsteht das Polarlicht?

Kontrastprogramm: Warum sind Wolken mal hell, mal dunkel?

Spitzlichter: Wo brennt das Feuer von St. Elms?

Die Nase irrt: Der Duft des Regens

Potzblitz und Donnerwetter: Was ist los in der Gewitterwolke?

 

 

Irdische Zwischenfälle

ganz und gar nicht bodenständig

 

Abgedreht: Luft und Wasser auf krummen Touren

Stars und Sternchen: Grenzenlose Aussicht ganz kostenlos

Der Schein trügt: Die Sonne als Spotlight

Aufsteiger: Werden die Alpen jedes Jahr höher?

Jetzt dämmert’s: Warum wird es abends dunkel?

Stocksteife Strähnchen: Haariges aus eiskaltem Totholz

Jenseits der Grauzone: Warum ist der Schatten manchmal blau?

Sehfehler: Riesenmond und Riesensonne?

Finstere Ferne: Die Farbe des Meeres am Horizont

Verrückte Verbindung: Das Wasser ist nicht ganz normal

 

 

Küchenchemie und

magische Momente mit Molekülen

 

Sekt oder Selters: Vom Gaswerk im Champagnerkelch

Heißschnelllauf: Wassertropfen auf der Herdplatte

Kalter Kaffee: Warum kühlt die Kanne ab?

Feuerwerk: Warum kann man die Kerze auspusten, nicht aber die Ofenglut?

Feuer und Flamme: Betrachtungen bei Kerzenschein

Küchenlatein: Sind Tomaten Obst oder Gemüse?

Farbwechsel: Warum heißt Rotkohl auch Blaukraut?

Stehvermögen: Was hält den Schaum auf dem Bier?

Schaumschlägerei: Weshalb wird die Sahne steif?

Rührendes: Die Versammlung der Teekrümel am Tassenboden

Emporkömmling: Wieso sinkt der Trinkhalm (nicht) ab?

Problemzone: Warum häutet sich die Milch?

Schillernde Schale: Warum platzt die Seifenblase?

Aufgeschäumt: Warum trägt gelbes Bier eine weiße Krone?

Schwarzbrennerei: Warum wird angebranntes Essen schwarz?

Staubig: Warum verstaubt die Wohnung, obwohl man den ganzen Tag im Büro ist?

 

 

Leicht verrückte Physik

und andere Schrägblicke

 

Knick im Blick: Schwimmt der Fisch tiefer, als man ihn sieht?

Wasserfarben: Warum ist Schnee weiß und Eis grau?

Spannendes: Warum knistert der Pullover?

Spieglein an der Wand, ist es die rechte oder die linke Hand?

Die Zeit verrinnt: Wie genau geht eine Sanduhr?

Vorgespiegelt: Flimmerstraße und Fliegender Holländer

Feuchtgebiete: Warum sind nasse Stellen dunkler als trockene?

Gedächtnis im Wasser: Haben Worte eine Wirkung?

Mattscheibe: Warum vereisen Autoscheiben nicht im Carport?

Blitzblank: Warum glänzen Metalle?

Stille Nacht: Warum ist es draußen leiser, wenn es frisch geschneit hat?

Stimmungsringe: Wie verändern Kristalle ihre Farbe?

Kleinigkeiten: Wie viele Atome passen in einen Fingerhut?

 

 

Knallharte, rasante und sonstige starke Typen

aus Flora und Fauna

 

Saisonlaune: Herbstzeitlose – zu spät oder zu früh?

Ährensache: Wie ein Halm die Körner trägt

Kellerkinder: Warum sind Kartoffeltriebe lang und bleich?

Absahner: Warum nennt man Falter Schmetterlinge?

Blüten-Striptease: Wie Äpfel Rosen welken lassen

Flotter Flitzer: Wie flink ist die Fliege im ICE?

Sicherer als Stahl: Leben am seidenen Faden

Um die Ecke gedacht: Wieso sind Bienenwaben sechseckig?

Mitternachtssonne: Singen Vögel auch in helllichter Nacht?

Warnung per Wolke: Wie Bäume Alarm schlagen

Haariges: Wie viele Pullover produziert ein Schaf?

Große Sprünge: Wie schafft das Känguru mehr als 9 Meter?

Blauäugig: Wie entstehen Augenfarben?

Verdreht und verschroben: Wie die Natur den Dreh raushat

Bauchschau: Haben Enten einen Nabel?

Haftkraft: Warum gleitet ein Gecko nicht vom Gebälk?

Plakative Tarnung: Streifen machen unsichtbar

Stichelei: Wieso juckt ein Mückenstich?

Todesmutig: Wie überleben Schnecken die stärksten Giftpilze?

Blubbernde Bläschen, bunte Bikinis und das Blaue vom Himmel

Blubbernde Bläschen, bunte Bikinis und das Blaue vom Himmel

Auch wenn man sie meist überhaupt nicht als solche wahrnimmt: Der ganz normale Alltag steckt voller Merkwürdigkeiten. Und wenn man sie bemerkt, hinterlassen sie eine Menge Fragezeichen, weil sie nicht einfach zu erklären sind. Wir können direkt die Probe aufs Exempel machen: Steht vielleicht gerade eine gut gekühlte Bier-, Cola-, Limo- oder Sektflasche in erreichbarer Nähe? Dann führen Sie sich und Ihrer staunenden Mitwelt sogleich ein „phänomenales“ Ereignis vor: Sofort nach dem Öffnen einer dieser Getränkeflaschen entwickeln sich zahlreiche Blubberbläschen. Noch erstaunlicher ist jedoch eine feine Nebelfahne, die aus dem Flaschenhals aufsteigt wie der ersehnte weiße Rauch aus dem Schornstein im Vatikan. Verabschiedet sich da gerade ein Flaschengeist? Hat die Nebelfahne eventuell mit dem Kohlensäuregehalt des Getränks zu tun? Ein paar Augenblicke später ist der Zauber vorüber. Ein anderes Alltagsbeispiel für ein Aha-Erlebnis: Ein paar Wassertropfen fallen auf die knallheiße Herdplatte und rennen nun völlig aufgescheucht umher, statt einfach und spurlos zu verdampfen wie der buchstäbliche Tropfen auf dem heißen Stein. Auch hierbei ist faszinierende und geradezu schockierend einfache Physik im Spiel. Dennoch lassen schon die beiden benannten und recht simplen Effekte selbst naturwissenschaftlich trainierte Mitbeobachter heftig grübeln. Und falls Sie jetzt kritisch nachfragen, werden Sie als Erklärungsversuche vermutlich allerhand wilde Spekulationen vernehmen.

Unser tägliches Umfeld zu Hause, am Arbeitsplatz oder in der Freizeit überrascht mit vielen weiteren auf den ersten Blick einfachen, beim genaueren Hinsehen aber gar nicht mehr so klar durchschaubaren Vorgängen. Warum platzt eigentlich die so schön schillernde Seifenblase ganz plötzlich und auch noch völlig unvorhersagbar? Wieso beschlägt die Brille so heftig, wenn man aus der klirrenden Kälte in die warme Stube kommt, aber nicht umgekehrt? Warum ist ein nasser Bikini viel farbenfroher als ein trockener? Und weshalb wird es nachts überhaupt dunkel?

Wer seine Umgebung aufmerksam betrachtet und erst einmal für Seltsames ausreichend sensibilisiert ist, wird eine Menge erstaunlicher Abläufe, Effekte, Sachverhalte und Zusammenhänge entdecken. Konsequenterweise verspürt man in solchen Fällen heftigen Klärungsbedarf und stellt ebenso natürlich gezielte Fragen. Eine Auswahl besonders kurioser Probleme aus der unbelebten und belebten Alltagsnatur, die man sich allerdings nicht so ohne Weiteres erklären kann, haben wir in diesem Buch zusammengestellt und liefern natürlich auch die passenden Lösungen.

Übrigens: Sie finden die richtige Erklärung für die Nebelschwaden im Flaschenhals (siehe hier) und die Auflösung des Leidenfrost’schen Phänomens der tanzenden Wassertropfen (siehe hier). Solche und andere Überraschungseier eignen sich – nebenbei bemerkt – ganz prächtig als Gesprächsauftakt für einen Smalltalk bei der nächsten Betriebsfeier, aber auch als Zünd- und Treibstoff für eine eventuell intensive Unterhaltung mit dem smarten Yuppie von nebenan. Für ähnliche oder sonst wie vergleichbare Verlegenheiten finden Sie auf den folgenden Seiten geeignete weitere An- und Aufregungen.

Sie brauchen dieses Buch natürlich nicht unbedingt als Trainingslager für irgendeine listig-absichtsvolle Gesprächsanknüpfung. Sie könnten es alternativ beispielsweise während der Frühstückspause lesen und sich fragen, warum in aller Welt der Kaffee kalt wurde (siehe hier), oder etwa beim Fünfuhrtee und sich dann über das eigenartige Verhalten der Teeblattkrümel am Tassenboden wundern (siehe hier). Und falls Sie die Lektüre gar in Bus oder Bahn genießen, verpassen Sie bitte möglichst nicht Ihre Haltestelle …

Atmosphärische Ausflüge von heiter bis heftig

 

 

Schattentheater: Wolkenkino am Waldboden?

Das ist Ihnen beim Waldspaziergang an einem sommerlichen Sonnentag gewiss schon einmal aufgefallen: Von den wärmenden Strahlen der hoch über dem Wald stehenden Sonne kommt durch das dichte Kronendach nicht allzu viel am Waldboden an. Deswegen ist es dort selbst bei unerträglich sommerlicher Gluthitze relativ angenehm kühl. Von der Sonne sieht man fast nur die hellen Lichtflecken, die sich auf dem sonst eher schattigen Waldboden im sanften Sommerwind ein wenig hin- und herbewegen.

Nun wären diese sommerlichen Bodenlichtspiele unter dem dichten Blätterdach an sich kaum aufregend und erwähnenswert, gäbe es da nicht doch einige Merkwürdigkeiten: Alle Lichtpunkte, die auf dem Boden umhertänzeln, sind fast immer ungefähr gleich groß. Außerdem erscheinen sie allesamt oval. Es kann doch wohl nicht sein, dass die Lücken im Blätterdach zufälligerweise alle die gleiche Form haben. Der kontrollierende Blick nach oben bestätigt es natürlich sofort – es gibt erwartungsgemäß kleine und große Öffnungen, dazu auch rundliche, drei- und vieleckige und mehrheitlich sogar völlig unregelmäßige. Trotzdem haben die Lichtflecken auf dem Waldboden, mancherorts auch Sonnentaler genannt, allesamt die gleiche Größe.

Wie ist dies möglich? Des Rätsels Lösung ist der Strahlengang durch das Blätterdach. Jede einzelne Lichtöffnung in den Baumkronen wirkt genauso wie eine einfache Lochkamera. Unabhängig von ihrer genauen Größe bildet jede Kronendachlücke daher auf dem Waldboden ein verkleinertes Bild der Sonne ab. Wegen des schrägen Lichteinfalls selbst zur mitteleuropäischen Hochsommerzeit werden die eigentlich kreisrunden Sonnenscheibchen zu kleinen Ellipsen verformt. Dass diese Lichtflecken tatsächlich Sonnenbilder sind und keine einfachen „Spotlights“, wie sie ein Theaterscheinwerfer auf die Bühne zaubert, hat bereits der berühmte Astronom Johannes Kepler (1571–1630) entdeckt und damit als einer der Ersten zuverlässig nachgewiesen, dass sich das Licht normalerweise völlig geradlinig ausbreitet – was zu seiner Zeit keineswegs eine gesicherte Erkenntnis war. Auch fiel ihm beim genaueren Hinsehen auf, dass die vielen kleinen Sonnenabbilder auf dem Waldboden erstaunlicherweise spiegelverkehrt sind: Wenn zufällig ein paar kleinere Haufenwolken vor der Sonne vorbeiziehen, ist ihre Zugrichtung auf dem Bodenbild der tatsächlichen Wolkenbewegung immer entgegengesetzt.

Capri-Effekt: Warum ist der Himmel blau?

Nach einer rabenschwarzen Nacht und den eher stimmungsneutralen Grauabstufungen der Morgendämmerung bei der Heimkehr der Fledermäuse und anderer Nachtschwärmer erfreut Sie der alsbald anbrechende Sommertag mit einem makellos blauen Himmel. Das ist Ihre Chance. Jetzt können Sie nämlich Ihr Umfeld mit der Frage aus der Bahn werfen, wieso der Himmel überhaupt blau erscheint oder sich zumindest blau zwischen etwaigen Wolkenfetzen zeigt.

Diese Frage ist gar nicht so absurd oder gar naiv, hat sie doch beinahe schon etliche Naturgelehrte der Antike verzweifeln lassen. Auch spätere Generationen von Naturphilosophen oder Forschern haben um eine plausible Erklärung dieses geradezu alltäglichen Phänomens gerungen. Selbst das Universalgenie Johann Wolfgang von Goethe legte in seiner Farbenlehre eine Deutung vor. Diese war als Gegendarstellung für die vom berühmten Isaac Newton kurz zuvor entdeckte Zerlegung des Sonnenlichts gedacht, das man mithilfe eines Glasprismas ganz einfach in die sieben Regenbogenfarben aufspalten kann. Viele berühmte Naturwissenschaftler bemühten sich, dem Himmelsblau auf die Spur zu kommen, scheiterten aber vorerst an ihren noch beschränkten Erklärungsmöglichkeiten.

Erst John William Strutt (1842–1919), der nach dem Tode seines Vaters im Jahre 1873 zu Lord Rayleigh geadelt wurde, hatte Erfolg. In einem ehemaligen Pferdestall des elterlichen Gutshofes hatte er sich ein Versuchslabor eingerichtet und widmete sich neben der Verwaltung der väterlichen Hinterlassenschaft fast nur noch seinen physikalischen Experimenten. Er erklärte das Blau des Himmels mit der Lichtstreuung an den molekularen bzw. atomaren Bestandteilen in der Luft, obwohl zu seiner Zeit die Atomtheorie noch kaum entwickelt war. Tatsächlich ist das geheimnisvolle und sprichwörtliche Blaue vom Himmel ein nicht ganz einfacher Summeneffekt aus der Interaktion des Sonnenlichtes mit den Gasmolekülen der Atmosphäre. Die offensichtlich so wirksame Ablenkung von Lichtstrahlen durch Gasmoleküle nennt man heute nach ihrem Entdecker Rayleigh-Streuung oder Rayleigh-Effekt.

Beim Weg der Sonnenstrahlen durch die irdische Lufthülle laufen unentwegt Wechselwirkungen mit der Materie ab. Die Lichtwellen regen die gebundenen Elektronen der Luftmoleküle zu heftigen Schwingungen an. Diese strahlen nach Anregung ihrerseits Wellen ab – eben das Streulicht der Atmosphäre. Eine Rayleigh-Streuung ist nur möglich, wenn die Gasmoleküle wesentlich kleiner sind als die anregenden Wellen des sichtbaren Spektrums. Das sogenannte Rayleigh’sche Gesetz beschreibt diesen Zusammenhang sogar mathematisch exakt, doch verzichten wir hier auf die rechnerischen Details. Das vom Himmel auf die Erde gelangende Streulicht ist jedenfalls zwar immer eine Mischung aller an den Luftmolekülen gestreuten Spektralfarben des Sonnenlichtes, wobei aber die kurzwelligen und deswegen blauen Anteile eine deutliche Mehrheit bilden.

Weil violettes Licht wegen seiner sehr kurzen Wellenlängen nach dem Rayleigh-Gesetz am stärksten gestreut wird, müsste der Himmel eigentlich violett erscheinen. Nun ist jedoch das Violett im Sonnenlicht nicht allzu stark vertreten und daher auch in einem Regenbogen nur relativ schwer erkennbar. Außerdem sind unsere Augen für diesen Spektralbereich nicht besonders gut empfänglich. Das violette Streulicht geht daher in unserer Farbwahrnehmung des Himmels so gut wie völlig unter. Somit bleibt im Wesentlichen nur der stark gestreute Blauanteil, und der prägt folglich in der Hauptsache die Himmelsfarbe. Ein besonders strahlendes Blau ergibt sich immer dann, wenn die Atmosphäre nur relativ wenige Wassertröpfchen und/oder Staubpartikeln enthält. Die britische Fachzeitschrift National Physical Laboratory hat einmal eine Rangliste veröffentlicht, wonach der Himmel über Rio de Janeiro im brillantesten Blau der Erde erstrahlt. Übrigens: Bei den schönen blauen Augen Ihres Gegenübers ist das Rayleigh-Gesetz ebenfalls im Spiel (siehe hier).

Himmelsstürmer: Wie hoch hängen die Wolken an Pol und Äquator?

Schon mit bloßem Auge ist mit einem Blick zum Horizont leicht zu erkennen, dass die Wolken nicht wie im Kinderbild ganz oben an der Himmelsdecke aufgehängt sind. Die hauchzarten Schleier der Eiswolken (Cirren) ziehen deutlich höher übers Land als die dicken Regenwolken, die sich mühsam über die Bergrücken schieben. Manchmal steht man sogar mitten in den Wolken: Nebel ist nichts anderes als eine Wassertropfen-Wolke, die bis auf den Erdboden reicht.

Doch wie hoch hängen die Wolken tatsächlich am Himmel? Um diese Frage zu beantworten, sind zwei Dinge zu beachten. Zum einen befinden sich die Wolken in unterschiedlichen atmosphärischen Höhen, zum anderen gibt es eine Wetterschicht, die sogenannte Troposphäre. Doch der Reihe nach:

Die Meteorologen unterscheiden niedrige von mittelhohen und hohen Wolken. Im Erdgeschoss der Wetterschicht halten sich die niedrigen Wolken auf, zu denen beispielsweise die Quell- oder Haufenwolken, die dicken Walzenwolken und die niedrigen Schichtwolken gehören. Mittelhohe Wolken sind in der ersten Etage der Wetterschicht zu Hause. Dort streifen nicht nur die auch Schäfchenwolken genannten Schönwetterwolken durch die dünner werdenden Luftschichten, sondern auch die dunklen Regenwolken, aus denen es bei tieferen Temperaturen schneit. Die durchscheinenden Bänder und Fäden der Eiswolken schließlich befinden sich im Dachgeschoss der Wetterschicht.

Gewitterwolken, die sich ja auch sonst nicht an das übliche Wolkendasein mit Eis, Schnee oder Regen halten, machen eine Ausnahme: Wie gewaltige Türme beginnen sie in wenigen Hundert Metern über der Erdoberfläche, durchstoßen jede Etage der unteren Atmosphäre und enden abrupt und flach an der Decke der Wetterschicht.

Doch was ist die Wetterschicht? Die Atmosphäre der Erde ist ungefähr 500 Kilometer hoch. Das Wetter mit seinen Winden, Wolken, Regen und Schnee findet allerdings nicht in der gesamten irdischen Lufthülle statt, sondern nur in der untersten Schicht, der Troposphäre. Sie umgibt die Erde wie die Haut einen Apfel – doch halt, dieses Bild stimmt nicht ganz: Während die Apfelhaut rundherum gleichmäßig dick ist, ist es die Wetterschicht nicht. An den kalten Polen schmiegt sie sich ganz eng an die Erdkugel, so als ob es ihr weiter draußen zu kalt wäre, und endet schon in acht Kilometern Höhe, während sich die Wetterschicht in den heißen Tropen rund um den Äquator mächtig aufbläht. Dort ist sie mit einer Höhe von 17 Kilometern doppelt so hoch wie an Nord- und Südpol. Bei uns in den mittleren Breiten ist auch die Wetterschicht mittelhoch: Bei 12 bis 13 Kilometern Höhe ist Schluss. Grund für diese unterschiedliche Dicke ist die Zentrifugalkraft infolge der Erdumdrehung, die ja auch die Erd„kugel“ zu den Polen hin leicht abplattet.

Diese starke Änderung der Wetterschichten-Höhe wirkt sich auch auf die Wolken aus: Ziehen bei uns die Cirren auf derselben Höhe wie Flugzeuge über den Himmel, schaut ein Pilot beim Flug über den Nordpol auf diese Eisschleierwolken hinunter. Und Gewitterwolken, die bei uns in 13 Kilometern Höhe enden, reichen am Äquator weitere vier Kilometer in den Himmel hinauf!

Palette für Minuten: Was geht vor im Regenbogen?

Obwohl bestimmt jeder schon öfter das bunte Lichtband bestaunt hat, können viele Beobachter die genaue Farbabfolge im Regenbogen nicht zweifelsfrei wiedergeben. Beginnt der Bogen oben rot und endet unten violett oder ist es eher umgekehrt? Ist das Grün in der Mitte oder vielleicht am Saum? Überprüfen Sie das einmal in Ihrem Bekanntenkreis – die Verwirrung ist meist beachtlich, mitunter übrigens auch in Fachbüchern. Als die italienische Friedensbewegung ihre inzwischen weltweit bekannte Regenbogenfahne mit der weißen Aufschrift PACE einführte, haben die Designer wohl auch nicht so genau hingesehen. Das ganze Emblem zeigt nämlich gegenüber dem natürlichen Vorbild eine umgekehrte Farbfolge mit Blau oben und Rot unten. Violett fehlt, aber dafür gibt es abweichend vom richtigen Regenbogen in der Mitte ein helles Blau. Die physikalisch korrekte Reihung umfasst dagegen von oben nach unten die sieben Farblichtbänder Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo und Violett.

Der in Dichtung, Musik und Malerei ziemlich oft aufgegriffene Regenbogen ist ein ungewöhnlich interessantes Naturschauspiel. In allen Kulturen ließen sich die Menschen von den bunten Bändern verzaubern, weil man eine natürliche, d. h. schlüssige Erklärung lange Zeit nicht zur Hand hatte. Auch Goethe hatte so seine Probleme mit dem Regenbogen, weil der partout nicht in seine aus heutiger Sicht leicht abstruse Farbenlehre passte. Die komplette Theorie des Regenbogens ist tatsächlich ziemlich umfangreich und füllt dickleibige Fachbücher. Wir können uns aber auf ein paar wichtige Aspekte beschränken.

Wenn schon die meisten Beobachter Schwierigkeiten damit haben, sich die richtige Farbreihung zu merken, werden sie die vielen spannenden Nebeneffekte eines Regenbogens wahrscheinlich ebenfalls übersehen. Die Beobachtungsfakten als solche sind dabei recht einfach nachzuvollziehen. Nur ihre Physik ist nach manchem Empfinden ein wenig klippenreich.

Damit sich überhaupt ein Regenbogen zeigt, benötigt man einen Vorhang aus Regentropfen (Schauerfront) vor sich und die Sonne im Rücken. Den bunten Regenbogen mit seinen sieben Farben, Primär- oder Hauptbogen genannt, sieht man jeweils im Regenvorhang und immer unter einem Öffnungswinkel von 42°. Das Auge des Beobachters bildet dabei gleichsam die Spitze eines liegenden Kegels mit dem Öffnungswinkel 42°, und der Regenbogen zeigt sich als Bogenausschnitt aus dessen Grundfläche. Die sieben Farbbänder sind im Winkelmaß ziemlich genau 2° breit. Fast immer kann man außerhalb des Hauptbogens einen etwas schwächeren Sekundärbogen sehen. Da er höher am Himmel steht, erscheint er unter einem Öffnungswinkel von rund 51°. Die Farbreihenfolge ist hier gegenüber dem Hauptbogen umgekehrt – er beginnt also mit Rot innen und endet mit einem verwaschenen Violett außen. Seine Lichtbandbreite beträgt mit etwa 4° fast das Doppelte des Hauptbogens. Zwischen Haupt- und Nebenbogen erscheint der Himmel deutlich dunkler als außerhalb. Man nennt diesen rund 9° breiten Bereich „Alexanders dunkles Band“, nach dem Erstbeobachter Alexander von Aphrodisias (ca. 174–220 n. Chr.). Dafür ist fast das gesamte vom Hauptbogen eingeschlossene Innenfeld gegenüber der Umgebung deutlich aufgehellt. Manchmal erkennt man innen unmittelbar anschließend an den Hauptbogen noch einige undeutliche, meist pinkfarbene oder grünliche weitere Farbbänder, die man „überzählige Bögen“ nennt.

Einen komplett halbkreisförmigen Regenbogen mit der höchsten Stelle bei 42° kann man übrigens nur sehen, wenn die Sonne noch oder schon sehr nahe über dem Horizont steht. Wandert sie bei ihrem Tageslauf höher, verlagert sich der Mittelpunkt des Regenbogens nach unten, was den Bogen flacher erscheinen lässt. Steht die Sonne bei 42° oder höher am Himmel, liegt der höchste Regenbogenpunkt am bzw. unter dem Horizont, und die ganze Farbenpracht ist nicht sichtbar. Im Sommer tritt diese Naturerscheinung deswegen nur bei relativ tiefem Sonnenstand am früheren Vor- oder späteren Nachmittag auf, im Winter dagegen zu jeder Tageszeit. Nur von sehr hoch gelegenen Beobachtungspunkten aus, beispielsweise einem Berggipfel oder einem Flugzeug, kann man den Regenbogen als Vollkreis erleben.

Seit den grundlegenden Entdeckungen des bedeutenden Physikers Isaac Newton (1643–1727) ist bekannt, dass sich im Regenbogen die verschiedenen Spektralfarben des Lichtes abbilden. Newton zerlegte das unseren Augen als Summeneffekt aller Farben weiß erscheinende Tageslicht an einem Glasprisma in seine spektralen Anteile. Beim Regenbogen erledigen das die fallenden Regentropfen. Die Sonnenstrahlen fallen in die kugeligen Tropfen ein, werden gebrochen, an der Tropfenrückseite reflektiert und beim Verlassen des Tropfens noch einmal gebrochen.

Jede Wellenlänge und somit jede Farbe hat ihren eigenen Abstrahlwinkel. Für die längerwelligen roten Strahlen beträgt er maximal 42°, für die kürzerwelligen violetten nur etwa 40°. Die Differenz beider Werte ergibt die Regenbogenbreite. Wegen ihrer unterschiedlichen Abstrahlwinkel verlassen die roten Lichtwellen den Regentropfen ganz unten und die violetten 2° weiter oben. Die Farbreihenfolge ist also vertauscht gegenüber der, die wir im Regenbogen sehen. Der Grund für die nochmalige (scheinbare) Umkehr ist aber leicht einzusehen: Die einzelnen Farben werden von den Regentropfen zurückgeworfen, während sie durch den Abstrahlwinkel von 42° bis 40° fallen. Die rote Außenfront des Regenbogens teilen uns dabei andere (eben noch höhere) Regentropfen mit als den violetten Innensaum, der von schon tieferen Tropfen in unseren Augen ankommt. Unter bestimmten Einfallwinkeln der Sonnenstrahlen können die Lichtwellen in den Regentropfen auch mehrfach gebrochen und reflektiert werden. Diese ergeben dann den Nebenbogen bei 51° oder die überzähligen Bögen unterhalb 40°. Die Regentropfen manipulieren also das Sonnenlicht und nehmen eine ereignisreiche Umverteilung vor. Zwischen 42° und 51° werfen sie aufgrund ihrer eigenen Geometrie und der davon abhängigen Brechungs- bzw. Reflexionswinkel kein Licht ab. Deswegen erscheint uns dort das eigenartige und recht breite Alexander-Dunkelband.

Niederschläge: Warum bleiben Regentropfen nicht einfach oben?

Cumulonimbus congestus