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Herstellung und Verlag
Books on Demand GmbH Norderstedt
Printed in Germany
ISBN 9783750479432
Oft habe ich mich in der letzten Zeit gefragt, bevor ich mit dem Verfassen dieses Buches begann: Ist es überhaupt noch zeitgemäß oder sinnvoll, über einen Helden, sogar den größten der Alten Griechen Worte zu verlieren beziehungsweise sie zu Papier zu bringen? Kann er, Herakles, für uns heutige Menschen überhaupt noch etwas bedeuten? Haben seine Abenteuer noch irgendeinen Bezug zur Jetztzeit? Hat er noch so etwas wie Vorbild-Charakter hinsichtlich Mut, Tapferkeit und Unerschrockenheit? Kann er mit seinen Episoden noch irgendwie in Konkurrenz treten mit all den zum Teil brutalen Krimis und langweiligen, nichtssagenden Familien-Sagas, mit den uns das Fernsehen tagein tagaus berieselt oder den Kino-Leinwand-Geschichten, die teilweise sogar dreidimensional über uns ausgeschüttet werden?
Und noch eine Frage steht im Raum: Wie viele Menschen in Deutschland wissen überhaupt wer Herakles ist oder war? Bei den Jugendlichen kann man es überhaupt nicht erwarten. In der Schule dürften sie kaum etwas über die griechische Geschichte und schon gar nicht über diesen griechischen Helden erfahren. Bei den wenigen Stunden, die sie in der Schule verbringen, wenn sie nicht gerade am Freitag zum Klima-Protest unterwegs sind! Und wenn man einen Jugendlichen anspricht, der gerade wieder oder ausnahmsweise mit seinem Smartphone spielt, so könnte die Gegenfrage kommen: Ist das etwa eine neue App? Oder bei einem PC-Benutzer: Ist das eine neue Anwendung oder Software? Hat Microsoft ein neues Betriebssystem kreiert?
Genug der Fragen!
Dass das Alte gar nicht so alt ist, zeigen die noch heutzutage immer aufgeführten Tragödien von Sophokles, Aischylos und Euripides aus dem 5. Jahrhundert v.Chr., wobei die damaligen Themen theaterregiemäßig ein wenig an die heutige Zeit angepasst wurden.
Diese alten Mythen und Geschichten haben irgendwie eine jugendliche, zeitlose Frische bewahrt. Zudem haben sie eine anregende Wirkung auf unsere Phantasie, weil sie so vielschichtig sind und nicht so gradlinig langweilig wie viele moderne Stücke, bei denen man sehnsüchtig das Ende abwartet, wenn man es denn so lange aushält.
In der unglaublich vielfältigen Sagen- und Mythenwelt der Griechen ist Herakles neben Achilles und Theseus einer der berühmtesten Helden, wenn nicht gar der berühmteste. Er ist eine reine Sagengestalt, aber er ist nicht nur rein erzählerisch interessant, sondern vermittelt dem aufmerksamen Zuhörer oder auch Leser neben den mythologisch wichtigen Aspekten ebenso vielfältig hintergründig-psychologische Zusammenhänge. Ich muß gestehen, dass ich bei der Literatursuche die ganze Geschichte zunehmend regelrecht spannend fand.
Herakles war wohl der bekannteste und volkstümlichste aller griechischen Heroen. Wenn griechische Männer beieinander saßen, so erzählte und schwärmte man von den Heldentaten dieses Halbgottes mit seinen übernatürlichen Gaben.
Ob die andere große Heldengestalt der Griechen, Achilles, Sohn des Peleus und der Meeresgöttin Thetis, tatsächlich gelebt hat und den Kampf um Troja entscheidend mitgeprägt hat, ist nicht sicher. Immerhin ist eine halbgöttliche Person seine Mutter, was eine Ahnenforschung immer schwierig macht. Uns ist nur historisch überliefert, dass Alexander der Große am Beginn seines Feldzuges gegen das persische Weltreich bei seinem Betreten von Asien und der berühmten Kriegsstätte von Troja dem Grab von Achilles einen Besuch abgestattet hatte.
Vielleicht liegt es am Namen Herakles, der uns so fremd vorkommt.
Die Griechen überbrachten ihre Kultur und ihre Götter in die entstehende Großmacht des antiken Roms. Die Römer übernahmen die griechischen Olympier fast eins zu eins, ein Zeichen, dass es ihnen an der Phantasie der Alten Griechen fehlte oder dass sie aus Bequemlichkeit einfach Bewährtes übernahmen. Das Kriegerische hatte augenscheinlich eine höhere Dominanz. Aber es gehörte in vornehmen Kreisen im alten Rom dazu, einen griechischen Lehrer zu haben.
Aus dem Göttervater Zeus wurde Jupiter, aus der Liebesgöttin Aphrodite wurde Venus und aus dem geflügelten Götterboten Hermes wurde Merkur, um nur einige zu erwähnen. Da die Römer uns, zeitlich gesehen, etwas näher standen, haben sich die Namen ihrer Götter vorrangig in unsere Zeit herüber gerettet und die Namen der griechischen Götter etwas in den Hintergrund gedrängt bzw. verblassen lassen. Um nur ein berühmtes Beispiel zu nennen: Botticelli nennt sein weltbekanntes Bild, das heute in den Uffizien von Florenz hängt, „Die Geburt der Venus“ – Aphrodite wird nicht erwähnt, obwohl es eigentlich ihre Geschichte ist, die auf den griechischen Dichter Hesiod zurückgeht.
Aus der Hauptfigur Herakles unseres Buches wurde Herkules. Das klingt nach Muskulatur und Kraft. Nach vorwiegend Körperkultur, die ja bei uns in großer Blüte steht! Und siehe da, bei der Erwähnung dieses Namens dämmert es vielen: Das muss ein unglaublich starker und kräftiger Bursche gewesen sein. Mehr aber ist in der Regel nicht bekannt, schon gar nicht, woher sich der Name Herkules ableitet. So spricht man im Deutschen bei schwierig zu lösenden und kräftezehrenden Arbeiten von einer Herkules-Aufgabe. Überhaupt taucht der Name Herkules bei so vielen Unternehmen, Geräten, Aktionen etc auf. Wer sich die Mühe machen will und sich näher mit dem Namen Herkules (Herakles) beschäftigen möchte, dem empfehle ich bei Wikipedia nachzuschauen.
Einen bekannten Herkules im deutschen Sprachraum möchte ich aber noch erwähnen: Es ist die berühmte, fast zehn Meter hohe Figur im Bergpark von Kassel, im Jahre 1710 in Kupfer erstellt und zugleich auch ein Wahrzeichen der Stadt.
Lassen wir nun die eingedeutscht-römische Version Herkules beiseite und wenden uns wieder dem eigentlichen Heros Herakles zu.
Die Geschichte von Herakles spielt in einer Zeit, als es noch intensivere Verbindungen oder auch viel näheren Kontakt zwischen Göttern und Menschen gab. Wobei „näher“ und „intensiv“ sich nicht nur auf verbale Kommunikation beschränkten. Wie bereits erwähnt, entstammte Achilles einer Liaison zwischen einer Halbgöttlichen und einem Sterblichen. Heute würde man sagen, er hatte sicher schon mal gute Gene für seinen Lebensweg mitbekommen.
Eine anfangs hocherotische, später aber tragisch endende Beziehung war der Sage nach die der Göttin der Morgenröte Eos, die mit ihren rosafarbenen Fingern am Osthimmel erscheint und den Tag einleitet, wie Homer es beschrieb. Ihre Liebe zu dem schönen Jäger Tithonos hatte kein so erhebendes Ende.
Einer der eifrigsten Erdenbesucher des griechischen Götterhimmels war der Herrscher des Olymp, nämlich Zeus selbst. In der Hauptsache galt sein Augenmerk, zum Leidwesen seiner Gattin Hera, den Schönen dieser Erde.
Einer seiner genialsten Streiche war die Eroberung der phönizischen Königstochter Europa. Sie spielte fröhlich mit ihren Altersgenossinnen am Strand, wie es Mädchen nun einmal lieben, als ein wunderschöner weißer Stier sich in ihre Mitte drängte. Er war so zutraulich, so verschmust, dass sich Europa vertrauensvoll auf ihn setzte. Kaum saß sie auf seinem Rücken, da hatte der Stier es auf einmal sehr eilig und raste geschwind mit ihr zum nahe gelegenen Meer, achtete nicht auf ihr Jammern und Klagen und schwamm mit ihr nach Kreta. Dort vereinigte er sich mit ihr und sie schenkte ihm drei Söhne, unter anderem auch den späteren König Minos. Ja, so hat unser Kontinent den Namen einer entführten schönen Königstochter erhalten. Wir können stolz darauf sein.
Eine anderes Ziel seiner Wünsche war die Nymphe Maia, eine Tochter des himmelstragenden Atlas. Sie gebar ihm in einer Höhle am Berg Kyllene in Arkadien den seit seiner Geburt quirligen Hermes, der später in den Olymp als umsichtiger Götterbote aufgenommen wurde.
Trotz intensiver Beobachtung durch Hera konnte Zeus wieder mal entwischen und beglückte die schöne Leto auf seine Weise. Sie gebar ihm auf der Insel Delos die Zwillinge Artemis und Apollon. Hera hatte nämlich davon erfahren und verhinderte die Geburt an anderen Orten in Hellas.
Eine andere Sage berichtet von der Verbindung des Zeus mit Leda, wobei Zeus hier die Gestalt eines Schwans annahm. Die berühmte und schöne Helena, deren Raub durch den trojanischen Königssohn Paris die Ursache für den Trojanischen Krieg war, war die Folge dieses Abenteuers.
Es gäbe noch so einiges aus der griechischen Sagenwelt zu berichten.
Jedoch wartet endlich unser Held Herakles auf eine, seine ausführliche Betrachtung.
Es ist wieder eine ungewöhnliche Vorgeschichte.
Zeus hatte wieder mal das Verlangen, eine der Schönen dieser Erde in seinen Armen zu halten. Schon lange hatte er Alkmene beobachtet, die Gattin des Amphitryon. Als dieser aufbrach, um ein Versprechen einzuhalten und den Tod von Vater und Brüdern Alkmenes zu rächen, ergriff Zeus die Gunst der Stunde. Der große Verwandler erschien in der Gestalt Amphitryons und erzählte ihr von einer gewonnenen Schlacht, wies den Sonnengott Helios an, drei Tag seinen leuchtenden Wagen inne zu halten und verbrachte diese drei Nächte mit Alkmene. Einige Tage später kehrte Amphitryon siegreich zurück und vereinigte sich ebenfalls mit seiner Frau. Niemand konnte bislang klären, was in der erstaunten Alkmene vorgegangen sein mag, als Amphitryon ihr das gleiche wie zuvor Zeus über das kriegerische Unternehmen erzählte. Sie muss eine sehr kluge Frau gewesen sein, dass sie schwieg und auf diese Weise einen heftigen Ehestreit vermied.
Nach neun Monaten gebar sie zwei Jungen. Eine kräftigen, den sie Herakles nannte, und einen etwas schmächtigen, der den Namen Iphikles erhielt.