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BACCARA erscheint 14-täglich im CORA Verlag GmbH & Co. KG

 

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© 2010 by Catherine Mann

Originaltitel: „The Tycoon Takes a Wife“

erschienen bei: Silhouette Books, Toronto

in der Reihe: DESIRE

Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe: BACCARA

Band 1667 (12/2) 2011 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Übersetzung: Ute Launert

Fotos: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

ISBN : 978-3-86295-173-4

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

BACCARA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Satz und Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in Germany

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Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, HISTORICAL MYLADY, MYSTERY, TIFFANY HOT & SEXY, TIFFANY SEXY

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Catherine Mann

Flitterwochen mit dem Millionär

PROLOG

Madrid, Spanien: ein Jahr zuvor

Am liebsten hätte er sie mit Schmuck überschüttet.

Jonah Landis strich genüsslich über den nackten Arm der Frau, die neben ihm schlief. Dabei fragte er sich, welches der Familienerbstücke am besten zu ihrem dunklen Haar passen würde. Rubine? Smaragde? Oder eine Kette mit großen Perlen? Mit den Fingerknöcheln fuhr er von ihrer Schulter zu ihrem Schlüsselbein über ihre cremeweiße Haut, die von der Berührung mit seinen Bartstoppeln immer noch leicht gerötet war.

Normalerweise griff er nicht in die Familienschatztruhe, sondern zog es vor, von dem Geld zu leben, das er mit seinen Investitionen verdiente. Doch für Eloisa würde er eine Ausnahme machen.

Das Licht der frühen Morgensonne fiel durch die schmiedeeisernen Fenstergitter des Herrenhauses aus dem siebzehnten Jahrhundert, das er für den Sommer gemietet hatte. Die Leinenvorhänge, die über dem Bett drapiert waren, bewegten sich leicht in der sanften Brise. Zunächst war ihm gar nicht aufgefallen, dass Eloisa Amerikanerin war, als sie durch die Ruine der spanischen Burg geschlendert war. Sie wirkte, als wäre sie dort zu Hause. So exotisch. Und heiß wie die Sünde. Während sie sich Notizen machte und weiterging, hatte er völlig den Faden in dem Gespräch mit den übrigen Investoren verloren.

Die meisten bezeichneten ihn als den Impulsiven seiner Familie, allerdings kümmerte ihn nicht, was andere von ihm dachten. Sicher, er nahm regelmäßig Risiken auf sich, wenn es um Geschäfte ging – und in seinem Privatleben. Allerdings hatte er immer einen Plan, was sich bisher stets bezahlt gemacht hatte.

Vergangene Nacht allerdings hatte er zum ersten Mal überhaupt nichts geplant, sondern sich Hals über Kopf auf diese kühle, faszinierende Frau eingelassen. Er hatte keine Ahnung, ob seine Entscheidung sich auf lange Sicht bezahlt machen würde, aber er war sicher, dass sie einen verdammt guten Sommer miteinander verleben würden.

Und danach? Sie würden eben einen Tag nach dem anderen angehen.

Seufzend rollte sie sich zur Seite und legte einen Arm über seine Hüfte. „Habe ich verschlafen?“

Ihre dunklen Augen – die Jonah an eine stolze osmanische Herrscherin denken ließen – waren immer noch geschlossen. Er hatte auf den Meetings wegen der historischen Restaurierungsarbeiten schon viel Zeit mit dem Versuch zugebracht, das Geheimnis dieser Frau zu ergründen.

Er sah zu der Digitaluhr, die auf dem geschnitzten Walnusstisch stand. „Es ist erst sechs. Wir haben noch Zeit bis zum Frühstück.“

Eloisa schmiegte den Kopf tiefer in das Federkissen. Ihr schwarzes Haar breitete sich dabei wie ein verführerischer Fächer auf der weißen Baumwolle aus. „Ich bin immer noch müde.“

Das sollte sie auch sein. Sie hatten den größten Teil der Nacht damit verbracht, Sex zu haben … ein Nickerchen zu machen … zu duschen … um dann wieder ineinander verschlungen im Bett zu landen. Dass sie vorher etwas getrunken hatten, hatte die Sache nicht unbedingt weniger aufregend gemacht.

Er selbst hatte sich dabei auf zwei Drinks beschränkt, aber Eloisa schien schwerer angeschlagen gewesen zu sein als er. Er strich ihr langes schwarzes Haar zurück, das zart durch seine Finger glitt und sich genauso weich angefühlt hatte, als sie auf und unter ihm gewesen war.

Pochendes Verlangen erfüllte ihn erneut, obwohl er eigentlich erschöpft hätte sein müssen. Sie brauchte unbedingt noch etwas Ruhe.

Jonah richtete sich auf und spürte die kühle Morgenluft auf seiner Haut. „Ich rufe in der Küche an, damit jemand uns das Frühstück hochbringt. Wenn du irgendwelche Vorlieben hast, dann raus damit.“

Sie drehte sich auf den Rücken und streckte sich, die Augen immer noch geschlossen. Dabei rutschte die Bettdecke ein Stück herunter, sodass er ihre perfekt geformten Brüste sah. „Hm, ich mag alles“, murmelte sie schläfrig. „Ich hatte einen schönen Traum …“ Sie hörte auf zu sprechen und runzelte die Stirn, während sie unter ihren schwarzen Wimpern hervorblinzelte. „Jonah?“

„Ja, das ist mein Name.“ Er schlüpfte in seine seidenen Boxershorts und griff nach dem Telefon.

Sie blickte sich rasch in dem Raum um, als versuchte sie, sich zu orientieren. Dann griff sie nach der Decke und zog sie hastig wieder nach oben. Ihre Hand berührte jetzt beinahe ihr Gesicht und verharrte völlig bewegungslos.

„Was ist denn?“ Sie würde doch nicht schüchtern sein, nach dem, was letzte Nacht geschehen war.

„Äh, Jonah?“ Ihre Stimme klang mit einem Mal sehr hell.

Er setzte sich auf die Bettkante und wartete. In Gedanken beschäftigte er sich bereits mit mindestens fünf verschiedenen Möglichkeiten, Eloisa den Sommer über Zerstreuung zu bieten.

Sie streckte einen Arm aus und spreizte die Finger. Das Sonnenlicht, das durch das Fenster in den Raum fiel, beschien den schlichten goldenen Ehering, den er ihr vergangene Nacht übergestreift hatte. Eloisa blinzelte, und in ihren Augen spiegelte sich Entsetzen wider.

„Oh, mein Gott“, keuchte sie, während sie den glänzenden neuen Ring betastete. „Was haben wir getan?“

1. KAPITEL

Pensacola, Florida: Gegenwart

„Herzlichen Glückwunsch für die zukünftige Braut, meine kleine Prinzessin!“

Der Toast des Brautvaters hallte über das Deck des Raddampfers durch die schwüle Mailuft Pensacolas und wurde zu Eloisa Taylor auf das Dock getragen. Eloisa war völlig erschöpft von den Vorbereitungen für die Verlobungsfeier ihrer Halbschwester und tauchte die schmerzenden Füße in das kühlende Meerwasser des Golfs von Florida. Ihr Stiefvater hatte alles für Audrey gegeben, viel mehr, als ein einfacher Steuerbeamter sich eigentlich leisten konnte, doch nichts war ihm zu gut für seine kleine Prinzessin. Auch wenn er einen Montagstermin hatte buchen müssen, um die heutige Festveranstaltung bezahlen zu können.

Der Klang der klirrenden Gläser vermischte sich mit dem des leichten Wellenschlages. Das opulente Dinner war bereits vorbei, und niemand würde sie vermissen. Darin war sie gut – anderen Menschen zu helfen und sich dabei im Hintergrund zu halten.

Es war eine bittersüße Aufgabe gewesen, diese Verlobungsfeier zu organisieren, weil sie gezwungen war, an ihre eigene Hochzeit zu denken, die sie nicht gefeiert hatte. Nicht einmal ihre Familie hatte etwas davon gewusst. Eloisa dankte Gott für die Blitzscheidung, die sie von ihrer impulsiven Mitternachtshochzeit fast ebenso schnell wieder befreit hatte, wie sie geschlossen worden war.

Normalerweise gelang es ihr, die Erinnerungen daran zu unterdrücken, aber wie sollte sie das jetzt angesichts von Audreys glücklichem Gesichtsausdruck, den sie rund um die Uhr zur Schau trug? Nicht zu vergessen die geheimnisvolle Sprachnachricht, die sie heute Morgen von ihm bekommen hatte. Jonah. Sogar ein Jahr, nachdem sie das letzte Mal mit ihm gesprochen hatte, hatte sie ihn sofort an seiner erotischen Stimme erkannt.

Eloisa. Ich bin es. Wir müssen reden.

Sie strich den Pferdeschwanz zur Seite, den der Wind ihr ins Gesicht geweht hatte. Wohlig erschauernd dachte sie daran, wie es sich angefühlt hatte, als er sie gestreichelt hatte. Vergangenen Sommer hatte sie es sich gegönnt, dem Erbe ihres wahren Vaters auf die Spur zu kommen. Die Suche hatte sie allerdings zu einem Mann geführt, der im öffentlichen Leben stand und eine Bedrohung für ihre sorgsam behütete Welt bedeutete. Eine Bedrohung für Geheimnisse, die sie lieber im Verborgenen hielt.

Eloisa unterdrückte die Erinnerungen an Jonah. Es waren zu viele, wenn man bedachte, wie wenig Zeit sie mit ihm verbracht hatte. Seit ihrer Scheidung war die Sache Geschichte. Sie maß ihrer Ehe, die gerade mal vierundzwanzig Stunden gehalten hatte, keinerlei Bedeutung bei. Sie sollte seinen Anruf einfach ignorieren und die Nummer blockieren. Oder zumindest warten, bis ihre Schwester geheiratet hatte, bevor sie Jonah kontaktierte.

In einiger Entfernung tauchte ein Fisch kurz an der Wasseroberfläche auf, und die Schoten der Segelboote schlugen im Wind gegen die Masten. Diese gleichmäßigen und anheimelnden Geräusche beruhigten sie. Begierig nahm sie die wohltuenden, vertrauten Klänge in sich auf. Der Vollmond spiegelte sich in der smaragdgrünen Wasseroberfläche wider, und die Wedel der Palmen raschelten im Luftzug.

In der Ferne erklang ein leises Motorengeräusch. So viel zu ihrer spätabendlichen Einsamkeit. Sie zog die Füße aus dem Wasser, schüttelte die Tropfen ab und spähte über die Schulter. Eine Limousine kam näher. Waren das spät eintreffende Gäste? Immerhin war der Tanz nach dem Dinner bereits im vollen Gang.

Sie griff nach ihren Sandaletten und betrachtete die schwarze Stretch-Limo, die langsam am Pier entlangfuhr. Alles andere als ein normales Auto. Der markante Kühlergrill verriet ihr, dass ein exklusiver Rolls-Royce sich näherte. Getönte Scheiben verhinderten, dass man einen Blick in den Innenraum werfen konnte. Trotzdem fühlte sie sich plötzlich so aufgeregt wie ein Schmetterling, den man zu Studienzwecken eingefangen hatte. Hier in diesem privaten Bereich sollte es eigentlich sicher sein. Doch wann war etwas schon wirklich sicher – vor allem in der Dunkelheit?

Sie bekam Gänsehaut und einen trockenen Mund. Hastig zog sie die Schuhe an und schalt sich selbst dafür, so ängstlich zu sein. Allerdings stand Audreys Verlobter in dem Ruf, Verbindungen zur Unterwelt zu haben. Ihr Stiefvater sah allerdings nur den Einfluss und das Geld.

Natürlich hatte keiner dieser fragwürdigen Kontakte irgendeinen Grund, ihr etwas anzutun. Dennoch sollte sie jetzt auf das Schiff im Hafen zurückkehren. Als Eloisa aufsprang, gab der Fahrer der Limousine Gas.

Sie schluckte schwer und wünschte sich, neben ihrem Bibliotheksdiplom auch Kenntnisse in Selbstverteidigung erworben zu haben. Eigentlich bestand kein Grund für Verfolgungswahn, und sie begann, betont gelassen zu gehen. In etwa dreißig Metern wäre sie in Sicherheit und würde in der Menge der Tanzenden unter den Lichtgirlanden untertauchen können. Der Motor hinter ihr wurde lauter, und Eloisa schritt weiter und schneller aus. Ihr Atem beschleunigte sich. Der Absatz einer ihrer Sandaletten verklemmte sich zwischen den Planken des Fußweges, und sie stolperte nach vorne, als der Wagen genau vor ihr hielt.

Eine Tür wurde weit aufgerissen und versperrte ihr den Fluchtweg. Da sie nicht weiter nach vorne konnte, blieb nur der Weg in das Wageninnere oder auf der anderen Seite ins Wasser. Oder sie kehrte wieder um, was sie jedoch weiter von dem Boot fortbringen würde. Verzweifelt hielt sie nach Hilfe Ausschau. Würde einer der fünfundsiebzig Gäste, die ausgelassen zu einem alten Song von Kool and the Gang tanzten, sie überhaupt wahrnehmen?

Ein Bein wurde aus der Limousine geschwungen. Der Rest des dazugehörigen Mannes blieb ihren Blicken verborgen, doch dieser Typ mit den edlen Designerschuhen schaffte es, ihr Herz zum Rasen zu bringen. Bisher war sie nur einem einzigen Mann begegnet, der solche Schuhe trug.

Sie versuchte den Mann abzuschätzen, der aus dem Wagen kletterte. Sie flehte inständig, dass ihre Vermutung falsch war. Graues Haar? Ein Bierbauch? Etwas, das nicht an Jonah erinnerte?

Aber sie hatte kein Glück. Der muskulöse Mann war ganz in Schwarz gekleidet. Der oberste Knopf seines Hemdes unter dem Jackett war offen, die Krawatte lose um seinen Hals geschlungen. Sein braunes Haar war beinahe schulterlang und betonte das markante Kinn. Ein Kinn, das ihr noch vertrauter als die Schuhe war. In ihrem Magen ging es auf ein Mal turbulenter zu als bei den tanzenden Gästen an Bord.

Jetzt stand er vor ihr, und im Mondlicht schimmerte sein welliges kastanienbraunes Haar. Eine Sonnenbrille verbarg seine Augen vor ihr. Eine Sonnenbrille in der Nacht? Um unerkannt zu bleiben oder aus Eitelkeit?

Sie hätte wissen müssen, dass ihr Exmann sich nicht damit zufrieden geben würde, einfach nur anzurufen und eine Nachricht zu hinterlassen. Nein, nicht Jonah. Der einflussreiche, mächtige Mann, von dem sie sich vor einem Jahr hatte scheiden lassen, war zurück.

Jonah Landis nahm die Sonnenbrille ab, warf einen Blick auf seine Armbanduhr und lächelte. „Tut mir leid. Ich bin etwas spät. Haben wir die Party verpasst?“

Zur Hölle mit der Party. Jonah Landis wollte herausfinden, warum Eloisa ihm nicht die ganze Wahrheit erzählt hatte, als sie vor einem Jahr die Scheidung verlangt hatte. Außerdem wollte er wissen, warum seine leidenschaftliche Geliebte ihn so leidenschaftslos fallen gelassen hatte.

Der verdutzte Ausdruck auf ihrem Gesicht wäre unbezahlbar gewesen, wenn er sich nicht so wahnsinnig darüber geärgert hätte, dass sie ein Geheimnis vor ihm hatte verbergen wollen. Ein Geheimnis, das Schwierigkeiten bei den Scheidungsformalitäten bereitete, wie er jetzt erst herausgefunden hatte.

Als er ihr vor einem Jahr in Madrid begegnete, war er vom ersten Moment an von ihrer atemberaubenden Anziehungskraft überwältigt gewesen, sodass er einige aufschlussreiche Details übersehen hatte. Diese Frau bedeutete Ablenkung pur.

Der Wind presste das hellbraune Seidenkleid gegen ihren Körper und modellierte ihre hinreißende Figur. Das schwache Licht spielte seinen Augen einen Streich, denn so sah sie beinahe nackt aus. Ob sie sich wohl aus diesem Grund für dieses Kleid entschieden hatte? Vermutlich nicht. Eloisa schien ihre Anziehungskraft gar nicht wahrzunehmen, was sie umso begehrenswerter machte.

Ihr seidig glänzendes Haar war zu einem strengen Pferdeschwanz zusammengebunden. Die Frisur betonte ihre exotischen braunen Augen. Obwohl sie noch nicht einmal Lipgloss auftrug, stellte sie die meisten Models mit ihrer Schönheit in den Schatten.

Wenn er erst einmal ihre Unterschrift auf den Scheidungspapieren hatte – dieses Mal würden es die offiziellen sein –, würde er nie wieder etwas mit ihr zu tun haben. Das jedenfalls war sein Plan, denn er legte keinen Wert darauf, sich auf eine weitere Runde Heiß-Kalt-Behandlung mit ihr einzulassen. Damals hatte er die Zeichen missverstanden und nicht erkannt, dass sie betrunken gewesen war, als sie ihm das Jawort gegeben hatte. Aber deswegen hätte sie ihn nicht gleich vor den Kopf stoßen und von der Bildfläche verschwinden müssen. Nein, er war über Eloisa hinweg.

Zumindest hatte er das gedacht. Bis er eben erneut die umwerfende Wirkung verspürt hatte, von der er geglaubt hatte, sie sich im Nachhinein nur schöner vorgestellt zu haben, als sie tatsächlich gewesen war.

Er versuchte, diese enorme Anziehungskraft zu ignorieren und die Angelegenheit durchzuziehen. Er brauchte ihre Unterschrift und wollte es nicht den Anwälten überlassen. Vielleicht, um einen endgültigen Schlussstrich setzen zu können.

Eloisa zog vorsichtig ihren Absatz zwischen den Holzbohlen hervor und sah Jonah entschlossen an. „Was machst du hier?“

„Ich möchte dir auf der Verlobungsfeier deiner Schwester Gesellschaft leisten.“ Mit einem Ellbogen stützte er sich auf der geöffneten Wagentür ab. Der Chauffeur wartete vorne, wie er es ihm vorhin aufgetragen hatte. „Ich kann meine Ehefrau ja kaum allein zu so einem Ereignis gehen lassen.“

„Pst!“ Sie trat auf ihn zu und bewegte ihre Hand vor seinem Mund, als scheute sie sich davor, ihn zu berühren. „Ich bin nicht deine Frau.“

Er griff nach ihrer Hand und strich mit dem Daumen über ihren unberingten Finger. „Verdammt, dann muss ich mir diese ganze Hochzeitszeremonie in Madrid wohl eingebildet haben.“

Eloisa entzog ihm die Hand und wischte sie an ihrem Kleid ab. „Das ist Wortklauberei.“

„Wenn du die Party lieber verlassen willst, dann könnten wir einen Happen essen und über diese Wortklauberei sprechen.“ Er beobachtete sie dabei, wie sie mit der Hand über ihren Oberschenkel strich. Nur zu gut erinnerte er sich daran, wie sich ihre zarte Haut unter seinen Lippen angefühlt hatte, als er sie dort genüsslich geküsst hatte.

Schweigend sah sie ihn an, bis er ihr wieder in die Augen sah. „Du machst Scherze, oder?“

„Komm mit ins Auto und überzeuge dich selbst.“

Sie warf einen Blick auf das Boot zurück, dann wieder zu ihm. „Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.“

„Hast du etwa Angst, ich könnte dich kidnappen?“

„Sei nicht albern.“ Ihr nervöses Lachen deutete darauf hin, dass ihr vermutlich genau so etwas durch den Kopf gegangen war.

„Was hält dich dann davon ab? Es sei denn, du willst dieses Gespräch dort weiterführen.“ Er nickte in Richtung des Bootes mit den Partygästen. „Ich habe gedacht, du ziehst es vor, wenn ich mich diskret verhalte.“

Erneut sah sie über ihre Schulter zurück. Zwar schien im Moment niemand sie bemerkt zu haben, aber wer wusste schon, wie lange noch? Im Gegensatz zu seiner rätselhaften Frau kümmerte es ihn kein bisschen, was die anderen von ihm dachten. Er hatte schon früh gelernt, dass einem im Leben zwei Möglichkeiten blieben. Lass die anderen dein Leben bestimmen oder übernimm selbst das Kommando. Ohne viel Nachdenken hatte er sich für die zweite Option entschieden.

Die Augenbrauen hochgezogen, wartete er.

„In Ordnung“, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und warf ihm einen wütenden Blick zu, als sie sich an ihm vorbeischlängelte und auf dem Ledersitz der Limousine Platz nahm, ohne Jonah zu berühren.

Er setzte sich neben sie, schloss die Tür und klopfte an die Glasscheibe, um dem Fahrer zu signalisieren, dass er losfahren sollte.

„Wohin fahren wir?“, fragte sie, als der Wagen sich in Bewegung setzte.

„Wohin willst du denn fahren? Etwas weiter unten am Pensacola Beach habe ich eine Penthouse Suite.“

„Was sonst.“ Sie blickte sich um, ließ den Blick auf dem Computer verweilen, bevor sie die Minibar und den Plasmafernseher betrachtete.

„Wie ich sehe, hast du dich nicht verändert.“ Ihm fiel jetzt erst wieder ein, wie kratzbürstig sie in Bezug auf Geld sein konnte. Damals war ihm das ganz erfrischend vorgekommen. Viele Frauen waren lediglich wegen des Reichtums seiner Familie und ihres politischen Einflusses hinter ihm her. Noch nie hatte eine Frau ihm ausgerechnet deswegen einen Korb verpasst. Natürlich hatte er zu der Zeit noch nicht gewusst, dass Eloisa über so viel Geld und Einfluss verfügte, dass im Vergleich dazu selbst der Reichtum seiner eigenen Familie blass wirkte. Beeindruckend und verwirrend zugleich, denn auch nach ihrer Hochzeit hatte sie es nicht für nötig gehalten, ihn darüber in Kenntnis zu setzen.

Er unterdrückte den aufsteigenden Zorn, der sich zu dem schwelenden Verlangen in ihm gesellen wollte. Wie zum Beweis, dass er sich unter Kontrolle hatte, strich er über eine Strähne ihres schwarzen Haares.

Ruckartig zog Eloisa den Kopf zurück. „Hör auf damit.“ Nervös machte sie sich an der Regulierung der Klimaanlage zu schaffen, bis der Luftstrom die Haare ihres Zopfes zerzauste. „Genug gespielt, obwohl du offensichtlich ein Experte auf diesem Gebiet bist. Ich will nur wissen, warum du hier bist. Und zwar jetzt.“

Zwar wusste er inzwischen viel über sie, sie hingegen verstand ihn so wenig. „Was ist denn falsch daran, wenn ich meine Frau sehen will?“

„Exfrau. Wir haben betrunken geheiratet.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Das passiert vielen Leuten, berühmten und normalen. Du brauchst dir nur die Hochzeitsregister in Las Vegas anzusehen. Wir haben einen Fehler gemacht, den wir am nächsten Morgen wieder ausgebügelt haben.“

„Denkst du, dass alles ein Fehler gewesen ist? Sogar der Teil der Nacht zwischen dem Jawort und dem Katzenjammer am Morgen danach?“ Er konnte nicht widerstehen, sie daran zu erinnern.

In ihren dunklen Augen flackerte es verräterisch. „Ich erinnere mich nicht.“

„Du wirst aber rot“, bemerkte er mehr als zufrieden mit sich selbst. Asche über sein Haupt. „Du erinnerst dich bestimmt noch an den guten Teil.“

„Sex ist völlig bedeutungslos“, meinte sie betont sittsam.

„Sex? Ich habe vom Essen geredet.“ Er drehte den Spieß um und genoss das Katz-und-Maus-Spiel zwischen ihnen. „Diese Meeresfrüchte sind einfach fantastisch gewesen.“ Im selben Augenblick dachte er an alles, nur nicht an den Meeresfrüchteauflauf in pikanter Soße, den sie gemeinsam gegessen hatten, bevor sie sich ein paar Drinks nach dem Dinner gegönnt hatten. Sich verheiratet hatten. Und ausgezogen. An dem Ausdruck in ihren Augen erkannte er, dass sie den gleichen Gedanken hatte.

Sie presste die Lippen zusammen. „Du bist ein Idiot, Jonah.“

„Aber ich gehöre ganz dir.“ Zumindest für den Moment.

„Nicht länger. Kannst du dich noch an den Morgen nach der Hochzeit erinnern? Jetzt bist du mein ehemaliger Idiot.“

Wenn es nur so einfach wäre, diese Frau Vergangenheit sein zu lassen. Bei Gott, er hatte wirklich versucht, im vergangenen Jahr Eloisa Taylor Landis zu vergessen. Oder vielmehr Eloisa Medina Landis? Er war darüber in einem Kirchenregister gestolpert – eine Kleinigkeit, die sie unerwähnt gelassen hatte. Woraufhin ihre Dokumente in Spanien ungültig geworden waren. Er war erschüttert gewesen und fühlte sich sogar jetzt noch bitterlich betrogen. Es musste ihm einfach gelingen, diese Frau endlich Vergangenheit werden zu lassen. Aber dieses Mal würde er derjenige sein, der fortging. „Da täuschst du dich aber, Eloisa. Die Ehe ist schon vorher in die Brüche gegangen.“ Wieder nahm er eine Haarsträhne zwischen die Finger und vermied es, ihre Schulter zu berühren.

Ganz leicht zog er daran, um auf sich aufmerksam zu machen. In ihren Augen blitzte Erkenntnis auf, wie als Antwort auf die Hitze, die er in sich spürte. Er betrachtete ihre einfache goldene Halskette und musste an die Juwelen denken, die er sich für sie ausgemalt hatte, während sie geschlafen hatte. Bevor sie aufgewacht war und klargestellt hatte, dass es für sie beide keinen gemeinsamen Sommer geben würde. Sie hatte gar nicht schnell genug aus seinem Leben fliehen können.

Ihr stockte der Atem, und er musste sich selbst daran erinnern, dass er hierhergekommen war, um die Sache zu beenden. Jetzt fragte er sich allerdings, ob es nicht wesentlich befriedigender sein würde, ein letztes Mal mit Eloisa zu schlafen. Damit sie immer daran denken musste, was sie hätten haben können, wenn sie genauso offen und ehrlich gewesen wäre wie er.

Mit den Fingerknöcheln strich er über ihre Wangen und brachte sie so auf sanfte Weise dazu, ihm ins Gesicht zu sehen. „Die Dokumente sind nie gültig gewesen. Das hat etwas damit zu tun, dass du wegen deines Namens gelogen hast.“

Sie wich seinem Blick aus. „Ich habe ganz bestimmt nicht gelogen.“ Sie setzte sich aufrecht hin und sah ihn unverwandt an. „Was meinst du damit, dass die Dokumente nicht gültig sind?“

Ihre Überraschung schien nicht gespielt zu sein, aber er hatte gelernt, ihr nicht zu trauen. Er würde weiterhin sein Spiel durchziehen, um sein Ziel zu erreichen – eine letzte Nacht in ihrem Bett, bevor er sie für immer verließ.

„Die Scheidung ist nicht rechtsgültig. Du, meine Liebe, bist immer noch Mrs Jonah Landis.“

2. KAPITEL

Er machte wohl Witze. Eloisa grub die Fingerspitzen in die Ledersitze und dachte ernsthaft darüber nach, das Fläschchen Bourbon zu leeren, das sich in der Minibar befand. Allerdings durfte sie nicht vergessen, dass gerade ein paar Drinks zu viel sie in diese missliche Lage gebracht hatten.

Sie hatte sich alle Mühe gegeben, ihre Spuren zu verwischen. Ihre Mutter hatte sie immer daran erinnert, wie wichtig es war, sich im Hintergrund zu halten, tadellos zu benehmen und niemals prüfende Blicke auf sich zu ziehen.

Eloisa sah aus dem Fenster, um festzustellen, wohin sie fuhren. Sie kamen an Nagelstudios und T-Shirt-Läden direkt am Strand vorbei. Das Nachtleben pulsierte auf den Dachterrassen der Restaurants und Bars. Es kam ihr so vor, als würde der Chauffeur einfach so herumfahren, ohne ein bestimmtes Ziel im Sinn zu haben – wie beispielsweise Jonahs Hotel. Allerdings konnte sie es sich nicht leisten, ein zweites Mal unbesonnen zu handeln. „Wir haben die Scheidungspapiere unterzeichnet.“

Seine blauen Augen wurden schmaler. „Offenbar gibt es da eine Sache, die du mir verschwiegen hast, ein Geheimnis, das du lieber für dich behalten hättest.“

Nervös biss Eloisa sich auf die Lippe, um die Worte zurückzuhalten, die ihr spontan auf der Zunge lagen. Sie war froh, dass er noch nicht über das neueste Geheimnis gestolpert war. Wirklich entspannt war sie eigentlich nur während ihrer Arbeit in der Bibliothek. Allerdings befanden sich offensichtlich keine Bücher in der komfortabel ausgestatteten Luxuslimousine. Dafür war der hintere Bereich des Wagens mit ausreichend Technik versehen, um als Kommandozentrale dienen zu können.

„Was für ein Geheimnis?“, fragte sie und stellte sich aus alter Gewohnheit unwissend – eine Strategie, die sich bisher stets bewährt hatte. „Ich habe keine Ahnung, wovon du redest.“

„Willst du das Spiel auf diese Weise spielen? Na gut.“ Er beugte sich näher an sie heran, und sie nahm seinen Duft wahr, der sich mit dem des ihr immer noch vertrauten Aftershaves vermischte. „Du hast vergessen, deinen Vater zu erwähnen.“

Ihr wurde bang ums Herz, und sie krallte die Finger in den Stoff ihres Kleides. „Mein Vater ist ein Steuerbeamter in Pensacola, Florida. Wo wir gerade davon sprechen, warum bist du eigentlich nicht zu Hause in Hilton Head in South Carolina?“

Er griff nach ihren Handgelenken, um sie davon abzuhalten, weiterhin nervös an ihrem Rock herumzufummeln. „Ich meine nicht deinen Stiefvater, sondern deinen richtigen Vater.“

Anscheinend ließ Jonah sich heute Abend nicht leicht ablenken.

„Ich habe dir bereits von meinem richtigen Vater erzählt.“ Sie erschauderte, als sie an den Mann dachte, der das Leben ihrer Mutter ruiniert hatte. Der Mann, über den sie gewöhnlich nur Lügen verbreitete. „Meine Mutter war bereits auf sich allein gestellt, als ich geboren worden bin. Mein wirklicher Vater ist ein Nichtsnutz gewesen, der kein Interesse daran hatte, dass ich Teil seines Lebens werde.“ Das kam der Wahrheit schon sehr nahe.

Ihr Vater – der ihrer Meinung nicht mehr als ein Samenspender gewesen war – hatte zunächst ihrer Mutter das Herz gebrochen und sie dann schwanger sitzen gelassen. Ihr Stiefvater mochte zwar nicht Prinz Charming sein – war das nicht verdammt ironisch? –, aber zumindest war er für sie und ihre Mutter da gewesen.

„Ein Nichtsnutz? Ein königlicher Nichtsnutz.“ Jonah streckte ein Bein aus, und der polierte Designer-Schuh glänzte im Licht der Wagenbeleuchtung. „Eine interessante Unterscheidung.“

Sie schloss die Augen und wünschte, sich genauso leicht vor den Auswirkungen abschirmen zu können, die seine Entdeckungen haben mochten. Ihre Mutter war nahezu versessen auf ihre persönliche Sicherheit gewesen. Ihr leiblicher Vater hatte immer noch Feinde in San Rinaldo. Sie hatte ihr Schicksal herausgefordert, indem sie nach Spanien gereist war – in der Hoffnung, unauffällig Nachforschungen über ihre Herkunft anstellen zu können. Sie versuchte, ihren aufgeregten Herzschlag wieder zu beruhigen. „Sag das bitte nicht.“

„Was?“

„Die Sache mit dem königlich.“ Mein Stiefvater mag zwar Audrey unentwegt seine kleine Prinzessin nennen, dachte Eloisa, doch weder er noch irgendjemand anders wusste, dass sie tatsächlich königlicher Abstammung war – dank ihres wahren Vaters.

Das wusste niemand außer Eloisa, ihrer verstorbenen Mutter und einem Rechtsanwalt, über den jeder Kontakt mit dem gestürzten König lief, der ihr wirklicher Vater war. Ein Mann, der bis heute noch von einer rebellischen Splittergruppe gejagt wurde, die in seinem kleinen Inselkönigreich San Rinaldo vor Spaniens Küste die Macht ergriffen hatte. Wie hatte Jonah das bloß herausgefunden?

Mit einem Finger berührte er zart ihr Kinn. „Du hast bestimmt viele Jahre lang die Welt zum Narren gehalten, aber ich habe dein Geheimnis gelüftet. Du bist die uneheliche Tochter des gestürzten Königs Enrique Medina.“

Unwillkürlich nahm sie eine abwehrende Körperhaltung ein und versuchte, ganz gelassen zu wirken, obwohl sie große Furcht verspürte. „Das ist lächerlich.“ Aber entsprach der Wahrheit. Wenn er es herausgefunden hatte, wie lange mochte ihr Geheimnis dann noch vor anderen sicher sein? Sie musste unbedingt wissen, woher die Informationen stammten, die Stelle dichten und Jonah davon überzeugen, dass er falsch lag. „Wie kommst du auf so seltsame Gedanken?“

„Ich habe die Wahrheit erfahren, als ich neulich wieder nach Europa gereist bin. Mein Bruder und seine Frau haben ihren Hochzeitsschwur erneuert, und als ich in der Gegend gewesen bin, habe ich die Kirche besucht, in der wir geheiratet haben.“

Das überraschte sie völlig, und sie musste an jene Nacht zurückdenken. Wegen des Todes ihrer Mutter war sie sehr verletzlich gewesen und gerade erst nach Europa zurückgekehrt, um ihre Studien zu beenden. Dann hatte sie ein paar Drinks mit dem Mann gehabt, in den sie heimlich verknallt gewesen war. Das Nächste, woran sie sich erinnerte, war die Suche nach einem Priester, der sie um diese Zeit noch traute. Es wirkte sentimental auf sie, dass er den Ort besucht hatte, an dem sie sich das Jawort gegeben hatten. Beinahe so, als ob dieser Tag für ihn mehr bedeutete als lediglich ein Fehler, den sie im betrunkenen Zustand begangen hatten. „Du bist dorthin zurückgegangen?“

„Ich bin sowieso in der Gegend gewesen“, erwiderte er. An seinem Kinn zuckte ein Muskel. Anscheinend regte ihn das ganze Debakel mehr auf als sie.

Dabei hatte er sie ohne Widerworte gehen lassen und ihr zugestimmt, dass sie einen unbedachten Fehler gemacht hatten. Kein Bitten, wieder mit ihm ins Bett zurückzukehren und die ganze Angelegenheit später zu diskutieren. Dabei hatte sie im Stillen gehofft, dass er die vernünftigen Bedenken einfach fortzuwischen half. Aber nein. Er hatte sie gehen lassen, genau wie ihr Vater, der niemals um ihre Mutter gekämpft hatte. Oder um sie.

Sie riss sich los von dem verlockenden Anblick seiner geschwungenen Lippen, mit denen er ihr so viel Freude bereitet hatte in der Nacht nach ihrer Eheschließung, indem er jeden Zentimeter ihrer Haut mit ihnen erkundet hatte. Sie hatten ihre Gelöbnisse in Spanisch gesprochen, was ihnen im leicht angeheiterten Zustand wesentlich romantischer vorgekommen war. „Es ist allgemein bekannt, dass König Enrique nicht mehr in San Rinaldo lebt. Niemand weiß, wohin er und seine Söhne geflohen sind. Es gibt nur Gerüchte.“

„Gerüchte, die besagen, dass er in Argentinien ist.“ Jonah lehnte sich zurück und wirkte eigentlich gelassen – doch sie spürte seine Anspannung.

Nur zu gut erinnerte sie sich daran, wie sie ihn zum ersten Mal erblickt hatte. An jenem Tag hatte sie das Restaurationsteam im Zuge eines Praktikums bei seinen Forschungen unterstützt. Auf der Baustelle hatte Jonah mit einem anderen Mann Baupläne studiert. Irrtümlicherweise hatte sie angenommen, dass der muskulöse Jonah ebenfalls ein Teammitglied war, das kurz vor dem Abschluss seiner Doktorarbeit stand, denn er hatte lässige Kleidung getragen und wie ein Künstler gewirkt. Das hatte sie anziehend gefunden.

Erst später – leider zu spät für sie – hatte sie herausgefunden, dass er ein Landis und somit Mitglied einer Familie war, die zu den reichsten und politisch einflussreichsten Amerikas gehörte.

Eloisa wich seinem prüfenden Blick aus und schob den Saum ihres Kleides über die Knie. „Davon habe ich nichts gewusst.“ Wie leicht ihr das Lügen mittlerweile fiel.

„Mag sein. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass du oder deine Mutter jemals in Argentinien gewesen wart, aber darum geht es mir gar nicht.“ Er wandte die Augen nicht ab von ihr, bis sie seinen forschenden Blick schließlich erwiderte. „Es interessiert mich nicht im Geringsten, wo dein königlicher Vater lebt. Mir macht lediglich Sorgen, dass du mich belogen hast, was der Grund dafür ist, dass unsere Scheidung ungültig ist.“

„Okay.“ Trotzig blickte sie ihn an. „Falls das, was du sagst, wahr sein sollte, ist unsere Ehe ja vielleicht ebenfalls ungültig, und wir brauchen keine Scheidung.“

Er schüttelte den Kopf. „Leider nicht, das habe ich überprüft. Wir sind zweifellos Mann und Frau.“

Er strich über ihr Haar bis zu ihren Hüften, die er umfasste. Seine Hände fühlten sich selbst durch den Stoff ihres Kleides warm, vertraut und verlockend an. Mühsam widerstand sie der Versuchung, dichter an ihn heranzurücken. Stattdessen legte sie entschlossen seine Hand zurück auf sein Knie. „Reiche eine Verzichtserklärung ein, oder ich werde es tun. Es ist mir egal, solange es schnell und unauffällig geschieht. Niemand hier weiß von meinem, ähm, Ausrutscher.“

„Willst du nicht darüber sprechen, wie wir das Porzellanservice und die bestickten Handtücher aufteilen?“

Du liebe Güte! Sie klopfte gegen das Innenfenster, das den Fahrgastraum vom Chauffeur trennte. „Hallo, Fahrer?“ Sie pochte so lange, bis die Scheibe heruntergelassen wurde. „Bringen Sie mich bitte zurück.“

Der Chauffeur warf einen flüchtigen Blick zu Jonah, der zustimmend nickte. Am liebsten hätte sie wegen seines selbstherrlichen Benehmens vor Wut geschrien, aber sie wollte keine Szene machen. Warum brachte dieser Mann es nur fertig, sie ihre Beherrschung verlieren zu lassen? Denn eigentlich war sie – und das sagte jeder, der sie kannte – die Ruhe in Person.

Als das Fenster sich wieder geschlossen hatte, wandte sie sich an Jonah. „Ich besitze nicht viel, aber du kannst alles haben, wenn du nur sofort diesen Wahnsinn beendest. Mit Streit lösen wir gar nichts. Ich bitte meinen Anwalt, einen Blick auf die Scheidungspapiere zu werfen.“ Sie würde nicht darauf eingehen, wie dicht er der Wahrheit auf die Spur gekommen war, solange sie nicht wusste, was für einen Beweis er hatte. Sie hoffte, dass ihr genügend Zeit blieb, denn es standen zu viele Leben auf dem Spiel. Immer noch gab es Menschen, die Enrique Medina töten wollten. Sie hatten nicht davor zurückgeschreckt, seine Frau zu ermorden, die Mutter seiner drei rechtmäßigen Erben.

Enrique war Witwer gewesen, als er ihre Mutter in Florida getroffen hatte, und trotzdem hatten sie nicht geheiratet. Ihre Mutter hatte behauptet, sie hätte keinen Wert darauf gelegt, Teil der königlichen Familie zu werden, doch ihre Lippen hatten stets dabei gezittert. Jetzt, in diesem Moment verstand Eloisa ihre Mutter besser, als sie es sich jemals hätte vorstellen können. Beziehungen waren verdammt kompliziert – und schmerzhaft. Glücklicherweise erreichten sie jetzt wieder das Partyboot, und der Wagen hielt auf dem Dock.

„Jonah, wenn das alles gewesen ist, was du zu sagen hast, würde ich jetzt gerne zur Feier zurückkehren. Mein Anwalt setzt sich umgehend mit dir in Verbindung“, erklärte Eloisa und wollte die Tür öffnen.

Er legte seine Hand auf ihre und lehnte sich an sie, als er den Arm herüberstreckte. „Warte einen Augenblick. Glaubst du wirklich, dass ich dich so leicht wieder aus dem Blick verliere? Letztes Mal, als ich das getan habe, hast du mich noch vor dem Mittagessen abserviert. Ich verschwende nicht noch ein Jahr, nach dir zu suchen, falls du dich dazu entschließen solltest, vor mir zu fliehen.“

„Ich bin nicht geflohen. Ich bin zurück nach Hause nach Pensacola geflogen.“ Sie versuchte, seinen Griff abzuschütteln, aber er nahm ihre Hände in seine. „Du findest mich hier.“

Das hätte er auch die vergangenen zwölf Monate schon gekonnt, wenn ihm wirklich etwas daran gelegen hätte. In den ersten Wochen hatte sie noch gewartet und gehofft. Nein, es gab keinen Grund für sie, miteinander zu reden.

„Jetzt bin ich hier.“ Mit dem Daumen streichelte er die Innenseite ihres Handgelenks. „Und wir bringen dieses Durcheinander selbst wieder in Ordnung.“

„Nein!“ Sie war so erregt, dass ihre Haut prickelte – viel stärker noch als vorhin, als er ihre Hüfte umfasst hatte. Verdammt sollte ihr verräterischer Körper sein.

„Ja“, sagte er, griff an ihr vorbei und stieß die Tür auf.

Er ließ sie wirklich einfach so gehen? Hatte er nicht gesagt, dass sie die Angelegenheit von Angesicht zu Angesicht ausfechten würden? Warum verschwendete sie eigentlich ihre Zeit damit, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, warum er seine Meinung geändert hatte? Hastig stieg sie aus dem Wagen und drehte sich im letzten Augenblick um, um sich von Jonah zu verabschieden. Warum krampfte sich alles in ihr zusammen bei der Vorstellung, ihn nie wieder zu sehen? Sie machte auf dem Absatz kehrt und lehnte sich gegen seine Brust, als er ebenfalls ausgestiegen war. Die Partygeräusche nahm sie kaum wahr, als sie seinem sonnengebräunten Gesicht so nah war.

Bevor sie protestieren konnte, küsste er sie auf den Mund. Wie sie hielt er die Augen dabei geöffnet. Wie vor einem Jahr starrte sie in seine blauen Augen, die von der Art waren, über die Dichter schrieben, und nahm seinen wilden und frischen Duft in sich auf.

Sie schloss die Augen und genoss Jonahs Geschmack auf ihren Lippen und ihrer Zunge, während sie seine Brust berührte und die durchtrainierten Muskeln unter ihren Fingern spürte.

Doch plötzlich stieg ein unbehagliches Gefühl in ihr auf. Etwas fehlte an seinem Kuss. Sie wusste genau, wie es war, von Jonah geküsst zu werden. Wie erregend es auch sein mochte, Jonah so nah zu sein und seinen Duft einzuatmen – es war nicht richtig. Sie versuchte, ihre Gedanken so weit zu sammeln, um wieder klar denken zu können, anstatt sich den Gefühlen völlig hinzugeben. Mit seiner kräftigen Hand streichelte er ihre Taille, leicht und rhythmisch. Völlig beherrscht. Wo jeder sie sehen konnte.

Nicht zu fassen, er inszenierte eine Aufführung für die Partygäste. Empörung, Wut und Schmerz stiegen in ihr auf und spülten das Verlangen fort. Sie wollte sich von ihm zurückziehen, überlegte es sich dann jedoch anders. Der Schaden war schließlich bereits angerichtet. Jeder auf der Party hatte ihren Kuss sehen können, also konnte sie ebenso gut die Gelegenheit nutzen, ausnahmsweise einmal Jonah zu überraschen. Und sich ein wenig für sein unerwartetes Auftauchen heute Abend hier zu rächen. Eloisa schlang die Arme um seine Taille. Obwohl niemand hinter ihn sehen konnte. Doch was sie im Begriff war zu tun, war sowieso nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Sondern nur für Jonah.

Eloisa griff nach seinem Po.

Überrascht blinzelte Jonah, als ihre Berührung sich durch seine Kleidung zu brennen schien. Erst wollte er zurückweichen … doch dann wurde er von übermächtigen Empfindungen überrollt. Dieser Kuss verlief völlig anders, als er geplant hatte, und er hatte bestimmt nicht damit gerechnet, dass sie die Kontrolle über das Spiel an sich riss, das er begonnen hatte. Es wurde Zeit, die Regie wieder zu übernehmen.