Manfred Höhne
Das Herzogtum
Roman des Möglichen
Gewidmet allen, die das Land Ostpreußen
lieben und seine Geschichte achten
Vorwort
Diese Geschichte des Großherzogtums Preußen war ursprünglich als Festschrift zur 250. Wiederkehr des Gründungsjahres gedacht. Bald aber hatte der Autor erkannt, dass sie mehr sein müsse: Den vielen Schriften über Preußen, vor allem aus dem anglo-amerikanischen, deutschen und russischen Sprachraum eine authentische Version entgegen oder an die Seite zu stellen, die eine Familiensicht des Herzoghauses auf die vielen und vielschichtigen Entscheidungen und die geistigen, kulturellen und kommerziellen Entwicklungen und Erfolge des Landes einschließt.
Ich bin dem Autor Prof. Dr. Dr. Ole Olaf Haakon Espe, Herzog in Preußen und Reichsgraf von Trondheim außerordentlich dankbar, unseren Verlag mit der Herausgabe des Buches für den deutschsprachigen Raum betraut und auch an der Titelfindung für die Edition beteiligt zu haben. Für uns ist dies eine große Ehre und Auszeichnung!
Prof. Espe-Benkestok, als Sprecher der Familie, lässt hier auf Entscheidungen des Fürstenhauses blicken, die für die Ausgestaltung der legislativen, exekutiven und Judikativen Strukturen, die wirtschaftlichen Erfolge des Landes und die demokratische Mitgestaltung der Bürger an der Volkswohlfahrt maßgeblich waren.
Er gibt damit auch tiefe Einblicke in den schweren und letztlich grandiosen Weg der jüngsten Monarchie Europas, die heute zu den modernsten, innovativsten und wohlhabendsten Ländern der Welt gehört.
Ich danke dem Verfasser für das uns aufgetragene Vertrauen und dem Staatsverlag Königsberg für die großzügige Ausgestaltung des Lizenzvertrages.
Der Herausgeber
Edition des Nubion-Verlages Naumburg zur Förderung von Autoren Naumburgs und seines kulturellen Umfeldes.
Einbandgestaltung: Blumenstein, Naumburg
Verlag und Druck tredition Verlag GmbH Hamburg
Halenreie40-44, 22359 Hamburg
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ISBN für Hardcover |
978-3-7482-4311-3 |
ISBN für Softcover |
978-3-7482-4310-6 |
ISBN für e-book |
978-3-7482-4312-0 |
Meine Absicht und meine Sichten auf die Zeit
In den vielen Vorabkommentaren zu dieser Schrift ist nicht verborgen geblieben, dass es ursprünglich eine Festschrift zum 250. Gründungsjubiläum unseres Staates werden sollte, was ich aber bald verwarf.
Mir wurde dies klar, als ich die vielen tausend Seiten der Aufzeichnungen und Tagebuchnotizen der bisher regierenden Herzöge hernahm und nach Anregungen für diese Festschrift durchforschte. Natürlich standen mir die Festschriften zu Verfügung, die zum 50., 100., 150. und 200. Gründungsjubiläum veröffentlich wurden. Das aber waren oft ‚diplomatische‘ Schriften, die vieles idealisierten und eben so vieles unerwähnt ließen, wie es Klugheit und Zeitgeist gerade erforderten.
Ich bin daher dankbar, dass unser Familienrat und der Kanzler, insbesondere aber meine Schwester Elisabeth, die First Lady des Landes im Hause meines verwitweten Bruders und regierenden Großherzogs Carl Ludwig, meinen Einsichten folgten und auch gegen ängstliche Vorbehalte unterstützen.
Noch ein anderer Beweggrund hat mich schließlich von der Herausgabe einer solchen Festschrift Abstand nehmen lassen: Die enge Verbundenheit zu Jewgeni Michailjewitsch Surudow, unserem ersten und bisher einzigen Nobelpreisträge für Literatur, der eine solche Festschrift verfassen wollte und mich um meine Unterstützung dazu gebeten hatte.
Dieses mein Buch der Erinnerungen und die Festschrift von Surudow werden in den beiden Sprachen des Landes erscheinen.
Man wird schnell erkennen, dass hier sich zwei sehr verschiedene Sichten auftun. Sich vielleicht ergänzen; mir aber erlauben, auf viele tausend Seiten der privaten Chronik unserer Familie zuzugreifen.
So wünsche ich diesen beiden Schriften eine weite Verbreitung. Mögen sie mit vielen falschen Sichten auf unser Land aufräumen, viele richtige Bewertungen und Beweggründe unseres Hauses bestätigen und vor allem aber die Bürger unseres Landes mit Dankbarkeit und Stolz auf das gemeinsam Erreichte erfüllen.
Die Geschichte, 250 Jahre Großherzogtum Preußen aufzuschreiben, solange sie noch nicht verstaubte Historie ist, sondern politische Gegenwart, war beileibe nicht unser erster Anlauf, der Fülle von Literatur über unser Land und seine regierende Familie eine eigene Sicht an die Seite zu stellen. Immer aber gab es Gründe, damit noch etwas zuzuwarten.
Diese Schrift will auch nicht in einen Wettbewerb treten zu der Vielzahl vorzüglicher Bücher über Preußen, sondern sie will unsere Überlegungen und Überzeugungen und endliche Entscheidungen den bekannten Fakten anfügen, die ja nicht immer ohne Kritik von außen geblieben sind.
Aber schon über die Staatsgründung gibt es mehr Spekulation als Wissen, umso mehr, als die Quellen sich bis heute sehr bedeckt gehalten haben.
Hier sind wir vor allem dem russischen Präsidialarchiv und dem norwegischen Königshaus zu Dank verpflichtet, die dem historischem Zufall nie öffentlich das Wort geredet haben.
Vielmehr wurden die Ereignisse zwischen 2005 und 2027 immer in einen strategischen, historischen Kontext gestellt, der heute der Staatsgründung seinen Nimbus verleiht. Wurde doch den schrumpfenden Monarchien in Europa eine junge Monarchie hinzu gefügt, die ein völlig neues Staatsverständnis repräsentierte und der herrschenden politischen Parteiendemokratie eine Alternative entgegensetzte.
Oft war ich der Versuchung nahe, den schlichten Text des Titels mit der Überschrift: „Auf dem Weg zu Dir – mein Heimatland Preußen “ zu tauschen.
Ich habe es schließlich bei dem ursprünglichen Arbeitstitel, Unsere Heimat – Preußen, belassen, weil ich glaube, dass der Stolz, die Heimatliebe und die Liebe zu den Menschen aus allen meinen Zeilen sprechen.
Wir haben diesen ‚Unseren Weg zu Dir‘ nie als Einbahnstraße verstanden, sondern immer auch mit Gegenforderungen verbunden.
Diese durchzusetzen, hat uns nicht erlaubt, gänzlich auf Härte zu verzichten. Aber von der übergroßen Mehrheit unserer Bürger wurde dies verstanden und akzeptiert.
Ja, sogar gefordert! Weil es ihr Selbstwertgefühl stärkte und sie wissen ließ, als mündige und geachtete Bürger gebraucht zu werden!
Obwohl dieser Tenor meine ganzen Aufzeichnungen durchzieht, stelle ich ihn hier bewusst an den Anfang einer selbst in der Erinnerung wundersamen Reise
Und hier im Osten Europas auf geschichtsträchtigem Boden kamen wohl vor 300 Jahren viele solcher Zufälle zusammen, die diese Staatsgründung sinnvoll erscheinen ließen.
Gehen Sie mit mir durch diese 300 Jahre und entdecken Sie manches Neue – und vor allem: Lassen Sie sich vom Stolz, Bürger dieses Landes zu sein, erfüllen.
Ole Olaf Espe Benkestok
Die Vorgeschichte.
Ohne die geopolitische und wirtschaftliche Lage in Europa zu Anfang des 21. Jahrhunderts wäre die Geburtsstunde unseres Landes nicht möglich gewesen. Die Wirtschaftskrisen in den Neunzigern des 20. Jahrhunderts und noch einmal in den Dreißigern und Sechzigern des 21. Jahrhunderts, die Finanz-, Wirtschafts- und Bankenkrisen waren, die durch fehlende oder aber völlig unzureichende Kontrollmechanismen über die Banken, ihre Geschäftsgebaren und Eigenkapitaldeckung und die anhaltende reformunfähige Schwäche der südeuropäischen Staaten ausgelöst und am Wirken gehalten wurden, hatten in der Europäischen Gemeinschaft tiefe Risse und Gräben sichtbar werden lassen.
Man hatte in totaler Fehleinschätzung Europa eine Einheitswährung übergestülpt, ohne zuvor die Wirtschafts- und Finanzpolitik auf einander abzustimmen und Sparprogramme sozialpolitisch auf ihre Machbarkeit zu prüfen.
Dazu kam eine anhaltende politische Isolation Russlands, die von den Amerikanern mit zunehmender Aggressivität betrieben wurde und die Außengrenzen der Nato bis an die Grenzen Russlands vortrugen. Diese Entwicklung der internationalen Beziehungen und die gegen Russland über zwei Jahrzehnte verhängten wirtschaftlichen Repressalien haben die Russen zu einer Entscheidung gedrängt, die vordem und wohl auch heute undenkbar wäre.
Der russische Präsident Wladimir Nikolajewitsch Malinkin, den unserer Ahn einen Philanthropen nannte, und mit dem ihm auch so etwas wie eine Freundschaft verband, hatte zu einer großen Geste ausgeholt.
In einer weltweit mit großer Aufmerksamkeit aufgenommenen Rede vor dem Plenum der Vereinten Nationen, hatte er zu mehr Selbstbestimmung der Völker aufgerufen. Er hatte dabei die Kurden und Basken erwähnt.
Der Schwerpunkt seiner Rede aber war die Ankündigung, sich von einem der eroberten Landgewinne nach dem Zweiten Weltkrieg trennen zu wollen.
Das ehemals deutsche Ostpreußen um Königsberg, das damals die Oblast Kaliningrad hieß, sollte in ein selbstständiges Herzogtum umgewandelt werden.
Eine Wiedereingliederung an Deutschland schloss er, entsprechend der alliierten Verträge aus den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts, allerdings aus.
Diese Erklärung hat selbst die Amerikaner sprachlos gemacht. Aber schnell kam von dort der beißende Spott, der Welt solle mit einem solchen unbedeutenden, und allseits von Russland beherrschten und kontrollierten Vasallenstaat, Friedensbotschaft vermittelt werden.
Auch Europa reagierte zurückhaltend und wertete in Mehrheit der Staaten dieses Vorhaben als populistisch. Nur Ungarn, Finnland und Irland reagierten freundlich und zustimmend.
Wütende Angriffe, die nicht abebben wollten, ernteten aber die weiteren Ausführungen des Präsidenten, dass auch andere Völker Europas diesem Beispiel folgen sollten. Und er nannte hier Polen, die Tschechische Republik, die Slowakei und Spanien, die Türkei, den Irak, den Iran und Syrien.
In Polen und der Tschechischen Republik schlugen die Wellen der Empörung und des Widerspruches besonders hoch und Deutschland, als wirtschaftlich mächtiger, aber damals politisch zunehmend zum Vasallen Amerikas verkümmerter Schildhalter, beteuerte lauthals, keine territorialen Forderungen an diese Länder zu haben.
Erstaunlich nur, Österreich hielt sich sehr zurück. Ja, es gab dort sogar zaghafte Zustimmung zu diesem Appell in der seriösen Presse, wobei man sich hinter dem Schicksal der Kurden und Basken verschanzte und die Österreich anliegenden Gebiete des Sudetenlandes besonders um Brünn und Preßburg nicht namentlich erwähnte.
Den zu erwarteten Reaktionen aus Finnland war der Präsident in seiner Rede mit dem Hinweis auf seine Absicht, mit Finnland das Gespräch suchen zu wollen, zuvorgekommen.
Aber es blieb erst einmal bei einem Appell und kein Politiker in Europa glaubte ernstlich daran, dass Russland diesen Plan umsetzen würde.
Erstaunlich auch, dass Präsident Malinkin die Kurden erwähnt hatte, obwohl Russland damals eine immer engere Beziehung zur Türkei suchte, sehr zum Ärger der NATO-Führung und Amerikas, und sich dort auch gewaltig wirtschaftlich engagierte.
Noch erstaunlicher aber die Reaktion der Türkei selbst, deren innen- und außenpolitische Intensionen ja seit Jahrzehnten auf die Verhinderung eines selbstständigen, autonomen kurdischen Staates gerichtet waren.
Es ist aber sicher, dass das heutige Kurdistan, dessen Existenz nicht zuletzt die Amerikaner und Engländer nach dem 1. Weltkrieg verhindert hatten, seine territoriale Einheit aus Bergregionen des Irak, des Iran, Syriens und Ostanatoliens diesen politischen Absprachen der damaligen russischen Außenpolitik verdankt.
Die Türkei hatte sich zunehmend von Europa zurückgezogen; die Aufnahme in die Europäische Union zwar nicht aufgegeben, sich aber von der politischen Bühne Europas deutlich ausgeklammert.
Die Wirtschaftskrisen in diesen Jahren hatten auch Deutschlands Export und Russlands Infrastruktur sehr hart getroffen. Dazu kam die völlig verfehlte, mit den europäischen Nachbarn und dem eigenen Parlament nicht abgesprochene und koordinierte Ausländerpolitik und eine völlig irrationale und chaotische Politik an den gemeinsamen Außengrenzen, was hunderttausende Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlinge nach Europa spülte.
Fast eine Million junger Männer, die sich so dem Wehrdienst ihrer Länder und dem Auf-und Wiederaufbau ihrer Heimat entzogen, waren mit Schlepperbanden in die europäischen Länder eingebrochen.
Anstatt dem eine einheitliche abgestimmten Außensicherungspolitik entgegen zusetzen, wuchsen in Europa Mauern und Stacheldrahtzäune nach spanischem, amerikanischem und israelischem Vorbild.
Und schlimmer noch: die völlig unzureichende Kontrolle des gesamten Prozesses und das Versagen einer nur im Ansatz sichtbaren und wirksamen Integration – und/oder Rückführungspolitik, hatte eine neue Form von Kriminalität zur Folge, die sich wie ein Krebsgeschwür über ganz Europa ausbreitete.
Der in Deutschland geschätzte Liedermacher Reinhard Mey schrieb darüber einmal: „Der Wahnsinn regiert, die Dummheit triumphiert, und die Welt geht aus den Fugen.“ Und nicht nur das!
Die Europäer zeigten aufeinander. Wiesen sich gegenseitig die Schuld zu. Bauten isoliert von einander an ihren Abwehrstrategien und beförderten, oft ungewollt, ihre nationalistischen und politisch rechten Ränder. Dieses Europa driftete auseinander.
Dieser breite Diskurs über die politische und wirtschaftliche Situation in Europa erscheint mir notwendig, um die folgende tatsächliche Umsetzung der russischen Pläne in Ostpreußen verständlich zu machen.
In diesem Zusammenhang muss ich auch darauf hinweisen, dass alle diese territorialen und völkerrechtlichen Veränderungen und die sie begleitenden nationalistischen Stimmungen und Emotionen nur aus ihrer Zeit und nicht aus unserer heutigen Sicht begriffen werden können.
Sie waren heftiger als heute und sie ließen sich aufschaukeln. Unter einer dünnen Schicht von Völkerverständigung war auch Kriegsgeschrei dabei. Jedenfalls wurden wieder ganze Panzer-Bataillone nach dem Osten geschickt. Die Russen hatten das sehr gut verstanden.
Die Wiedergeburt des Hauses Espe- Benkestok
Wie wir aus den Aufzeichnungen unseres Ahnen und späteren Staatsgründers wissen, hatte die russische Politik für ihr ‚Experiment’ in der Oblast Kaliningrad wohl zuerst eine adlige Familie Schwedens oder Englands als Regenten des neuen Herzogtums im Sinne.
Dann aber kam alles ganz anders.
Über kein Kapitel, das mit unserem Land verwoben ist, wurde so hartnäckig und so abenteuerlich spekuliert und berichtet. Es ist das erste Mal hier, dass wir uns dazu äußern.
Auch in den unzähligen Interviews, die wir in den letzten 250 Jahren Journalisten und TV Moderatoren unvermeidlich geben mussten, haben wir uns immer nur auf die norwegische Herkunft der Familie Espe- Benkestok von Trondheim beschränkt.
Heute werden diese Fragen nicht mehr gestellt. Sie sind wohl unwichtig geworden. Man hat sich an uns gewöhnt; und dies nicht nur in den Journalen und in den Regierungsetagen, sondern auch an den royalen Häusern, die uns in den ersten Jahrzehnten der Regierungszeit Herzog Gunthers geflissentlich übersehen haben.
Aber der Weg von Trondheim nach Königsberg war länger und zufälliger, als es heute den Anschein hat.
Unser Ahn väterlicherseits, ein deutscher Kaufmann, war in den Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland zwischen 1933 und 1945 wie Millionen anderer Staatsbürger auch, veranlasst, mit einem ‚Arierpass‘ seine nicht-jüdische Herkunft bis zur Ureltern-Generation nachzuweisen. Ein Zwang, den tausende Bürger des Landes nutzten, in den Kirchenbüchern nicht nur bis zu der geforderten Ureltern Generation zu recherchieren, sondern bis zu dem ersten nachweisbaren Spross ihrer Familien.
So auch unser Ahn. Er fand diese erste Spur in Wurzen, einer kleinen Stadt im westlichen Sachsen (Deutschland) unter dem 12. August 1732 mit dem Eintrag der Geburt einer Tochter Louise- Christiane, als dem zweiten Kind des Kaufmanns Hannes Lars Doherr und seiner Frau Christiane Moud Espe- Benkestok. Sehr klein war dem Eintrag im Kirchenbuch eine Bemerkung des Pfarrers angefügt, die auf eine in das Archiv genommene Anlage hinwies. Dieser Geburt folgten noch viele weitere Beurkundungen von Todesfällen, Eheschließungen, Geburten und Taufen der Familien Doherr, die wohl erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Mehrheit diese Kleinstadt verließen. Unser Ahn Lothar Hermann hat diese Spuren verfolgt und so eine Ahnenstafel zusammengetragen, die mehr war, als der geforderte Ariernachweis des politischen Zeitgeistes.
Der Pfarrer von St. Jakob in Wurzen war im Kirchenarchiv fündig geworden und sandte ihm die Abschrift einer Eheurkunde, auf die in der Geburtseintragung vom 12. August 1732 im Kirchenbuch hingewiesen war. Es handelt sich dabei um die Heiratsurkunde unseres ältesten Ahnherrn, die in erstaunlich gutem Zustand die schon damals vergangenen 300 Jahre überstanden hatte und heute mit fast 600 Jahren das älteste Zeugnis der Familie in unserem Familienarchiv ist. Sie ist in einem eigentümlichen Niederdeutsch geschrieben, wie es im frühen 18. Jahrhundert noch in Friesland, Flandern und Niedersachsen gesprochen wurde:
„ An dritten Sundag nach Trinitatis hev ik vör Godd un de Gemeine in der Bergens Kirke St. Marien den Kofmann Hannes Lars Doherr un die Jungfer Christine Moud Espe-Benkestok getrawt mit den Wurten der Hilligen Schrift:
“Bleibet in meiner Liebe. Das sage ich euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde.“
Bergen, 20. Mai 1729 Pastor Petersen.
Der Pfarrer von St.Jakobus hatte sogar aus eigener Initiative seinen Amtsbruder von St. Marien in Bergen auf Rügen einen Brief geschrieben und um Auskunft aus dem Kirchenarchiv zu den Familien Doherr und Espe-Benkestok aus der Zeit vor der attestierten Trauung von 1729 gebeten. Auch hatte er nach den Geburts- und Taufdaten des erwähnten ersten Kindes der Familie angefragt, da dies für die Vollständigkeit der Familienrecherche und das Verständnis der späteren Eintragungen von Bedeutung war.
Die freundliche Antwort des Pfarrers von St. Marien aus Bergen war enttäuschend: die beurkundete Eheschließung und die Namen der Familien Doherr und Espe-Benkestok waren dort unbekannt.
Dies hat er unserem Ahn mitgeteilt, gleichzeitig aber versprochen, dranzubleiben, da es keine Stadtnamen so häufig wie Bergen in Deutschland gäbe.
Acht weitere Bergen hat er telefonisch abgefragt: im Vogtland, bei Adorf, bei Kirn, bei Elsterheide, im Chiemgau, an der Dumme, bei Luckau und im Landkreis Celle. Abgefragt nach einer Marienkirche.
Alle bekannten Kirchennamen habe er ermittelt, St.Michaelis, St. Nicolai, St. Ägidius, St.Lamberti und eine Pauluskirche. Aber keine Marienkirche! Dies war tief enttäuschend für den Pfarrer in Wurzen, mehr aber noch für Hermann Doherr.
Dies muss wohl der nachhaltigste Anstoß für unseren Ahnherrn gewesen sein, nach diesen Familien zu forschen. Eine Nachforschung, die kriegsbedingt aber erst in der nächsten Generation nach fast 60 Jahren verwirklicht werden konnte.
Die längsten und ausführlichsten Berichte dazu sind von dem Sohn Hermanns, des letzten ‚Doherr‘, Gunther Hagen, dem Begründer unserer heutigen Familie, auf uns gekommen.
Ohne die vielen 1000 Seiten Familienchronik hätte ich heute diese Schrift der Erinnerungen nicht schreiben können.
Hermann Doherr der Initiator der aufgenötigten Familienforschung schreibt, dass ihm eine schicksalhafte Begegnung an der ‚Heimatfront‘ bei seiner Suche nach der Familie Espe-Benkestok geholfen habe.
Alle Männer über die ‚50’ oder als ‚unabkömmlich‘ vom aktiven Wehrdienst Freigestellten waren verpflichtet, zweimal die Woche im heimatlichen Schützengraben einer Flakbatterie über Nacht Dienst für die Heimat zu verrichteten und zu helfen, den praktisch verlorenen Krieg doch noch zu gewinnen. Dort war er mit einem Professor der Anglistik in den vielen nächtlichen Gesprächen auch auf seine Recherchen zum Arierpass und die Eintragung von 1732 im Kirchenbuch zu sprechen gekommen.
Der Professor versprach zu helfen und berichtete ihm schon bei ihrem nächsten ‚Nachteinsatz‘: „Der Name Benkestok ist einer der ältesten Namen des Altadels Norwegens. Vielleicht gibt es da einen Ansatz der Nachforschung. Auch die Heiratsurkunde des Pastors Petersen mache so einen Sinn. Die Eheschließung von 1729 habe offenbar in Bergen in Norwegen und nicht in einem Bergen in Deutschland stattgefunden. Deshalb auch die unübliche Form der Beurkundung und die auch schon damals nicht mehr übliche Sprache“, fuhr er fort. „Die Marienkirche in Bergen sei heute das älteste Bauwerk dieser Stadt und war einst als Kirche der deutschen hanseatischen Kaufleute errichtet worden. Noch bis in die Siebzigerjahre des 19. Jahrhunderts habe sie einen deutschsprachigen Pfarrer und deutsche Predigten gehabt.“
Diese Erklärungen des gelehrten Leidensgenossen lösten einen wahren Forschungsdrang bei Hermann Doherr aus, und er habe, wie er schreibt, mit seinem Professor sofort den Text eines Briefes nach Bergen zur Verifizierung der alten Heiratsurkunde beraten und entworfen. All dies in den Nächten, in denen zufällig der Name Espe-Benkestok gefallen war.
Der Professor, der in den Aufzeichnungen als Hans von Edberg und später noch mehrfach als Freund der späten Jahre unseres Ahnherrn genannt wird, versprach ihm zum nächsten befohlenen, gemeinsamen Nachtdienst im Bunker die Übersetzung ihres entworfenen Briefes ins Norwegische mitzubringen. Sofort eine solche Übersetzung zu fertigen sei ihm nicht möglich gewesen, da es nach seinen Ausführungen zwei Schriftsprachen in Norwegern gebe und er die ‚höfische‘ nehmen wolle.
Auch dieses Schreiben, das Hermann auf seinem besten und feinsten Kriegs-Briefpapier abschrieb und zur Post aufgab, ist in unserem Archiv in Abschrift erhalten geblieben und lautet in Deutsch:
„An Marienkirche zu Bergen zu Händen des Pfarrers oder Gemeindeältesten. Sehr geehrte Herren. In den Kirchenbüchern einer Kleinstadt in Sachsen, einem Land Deutschlands, in dem unsere Familie fast 200 Jahren lebte, ist unter dem 12. August 1732 die Geburt einer Tochter eingetragen und der Eintragung die Abschrift einer Heiratsurkunde des hanseatischen Kaufmanns Hannes Lars Doherr und der Christiane Moud Espe-Benkestok vom 20. Mai 1729 beigefügt und von einem Pastor Petersen unterzeichnet.
Dass es sich bei dieser Beurkundung von ‚Bergen ‘ um das Bergen im Norwegen handeln könnte, ist uns erst heute klar geworden. Ich habe daher die große Bitte, nachzuschauen, ob es im Kirchenbuch der dortigen Marienkirche einen solchen Eintrag gibt und vielleicht auch einen solchen zur Geburt und Taufe des ersten Sohnes dieses Paares, und weiter, ob ein Pastor Petersen für diese Zeit nachweisbar ist.
Wenn sie uns diese Beurkundungen bestätigen könnten, soll es unsere Aufgabe nach dem Ende dieses unseligen Krieges sein, wenn denn die Narben des Hasses einmal verblassen, nach der Verwandtschaft Espe-Benkestok in Norwegen zu suchen. Mit aufrichtigem Respekt und vorzüglicher Hochachtung, Hermann Doherr.“
Fortan sei der Brief und sein Weg in das von der deutschen Wehrmacht besetzte Norwegen und das Bangen um eine Antwort das bestimmende Thema der beiden Männer gewesen, wenn sie müde von der Arbeit des Tages sich wach halten mussten in den Flak- Bunkern dieses langen Krieges.
Und der Tag kam und eine Antwort:
„Ja, ein Pastor Petersen habe 38 Jahre lang die Geschicke der Marienkirche in Bergen geleitet. Ja, die Eintragung vom 12. August 1729 finde sich im Kirchenbuch. Dazu die Beurkundung der Geburt eines Sohnes Lars Anderson Doherr vom 19. November 1730. “
Weitere neun Eintragungen zu Doherr sind in dem Schreiben aufgelistet.
„Zu Espe-Benkestok sei die Eintragung von 1729 die erste gewesen. Die Espe und Benkestok seien aber alte Familien des Landes“.
Der Brief war mit Oge Soerensen unterschrieben und in fehlerfreiem Deutsch verfasst. Wohl eine Anerkennung dafür, dass Hermanns Schreiben in Norwegisch abgefasst war.
Aber der Brief an sich, mit seinen Auskünften war eine unerhörte Geste in diesem Krieg! Hermanns Dankschreiben nach Bergen, das uns ebenfalls in Abschrift erhalten ist, hebt dies besonders hervor.
Nun wechselte das Gespräch der Männer zu den Möglichkeiten nach den Espe-Benkestok zu suchen. Aber der deutsche Krieg hat dies verhindert. Es war weder möglich noch opportun in einem Land, das von deutschen Truppen besetzt war nach verwandtschaftlichen Bindungen zu forschen. So blieb es beim Wollen.
Als Hermann Doherr starb, kam auch der Arierpass mit all den Briefen und Aufzeichnungen als Erbmasse in die Hände der Söhne. Einer von ihnen war von den genealogischen Hinweisen auf die Espes ebenso wissbegierig gefangen, wie der Vater, von dessen Neugier zu Lebzeiten keiner etwas wusste.
Der Sohn Hermanns, des Ahnherrn mit dem Arierpass, Gunther Hagen, ist nun zum eigentlichen Ahnherrn unserer Familie aufgestiegen.
Um die Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert machte er sich nach Norwegen auf, diesen Hinweisen auf die seltsame Verwandtschaft nachzugehen.
Und er wurde fündig!
Diesem Aufbruch, der Suche nach den exotischen Wurzeln unseres Geschlechtes, neben den vielen, an denen wir achtlos vorübergehen, weil sie scheinbar trivial sind und uns nichts zu sagen scheinen, waren indes wieder Anstrengungen vorausgegangen, die wohl nur wenige in solche Spurensuche einbringen. Aber da wir sie eingebracht haben, will ich über sie hier auch berichten, denn nur so wird verständlich, dass zwischen den Recherchen zum Arierpass und dem Aufbruch Gunter Hagens nach Norwegen 60 Jahre vergehen mussten.
Im Rückblick auf jene Jahre wird auch deutlich, dass ohne diese Zeit des scheinbar untätigen Nichtstuns, das Schicksal unserer Familie sicher völlig anders verlaufen wäre.
Gunther Hagen Doherr hatte sich an das aus Ost und West wieder zusammengewachsene Deutsche Rote Kreuz gewandt, an den dort angesiedelten Nationalen Suchdienst für Familienzusammenführung und um Hilfe bei der Suche nach den Espe- Benkestok in Norwegen gebeten. Und diese Suche, weiter getragen über das norwegische Rote Kreuz, hatte schneller Erfolg, als erwartet und führte zu einer kleinen Gemeinde südöstlich von Trondheim mit dem unaussprechlichen Namen Maltorsinfjärden, zwischen Malvik und Stjordal gelegen, und zu einer Ragnhild Christiane Espe- Benkestok von Trondheim.
Sie hatte ihre Erlaubnis gegeben, ihre Existenz und Adresse dem Anfragenden mitzuteilen und ihr Interesse bekundet, dass er sich bei ihr melden möge. Sie hatte auch mitteilen lassen, dass dieser Kontakt in deutscher Sprache erfolgen könne, da sie dieser Sprache mächtig sei.
So hat Gunther Hagen ihr einen Brief geschrieben, von seinem Beruf und seiner Familie berichtet, von den vergangenen 60 Jahren und den Bemühungen seines Vaters, auf die Spur ihrer Familie zu kommen.
Sie hat sehr freundlich geantwortet, und, ja fast bittend, die Einladung ausgesprochen, sie doch in ihrem Haus bei Trondheim bald möglichst besuchen zu wollen.
Sie hatte ihrem Brief auch eine fein säuberlich aufgezeichnete Wegbeschreibung beigefügt, die sich nützlicher als eine Landkarte erweisen sollte.
Zu diesem Besuch nun war Gunther Hagen aufgebrochen. Er hatte, da er noch nie in Norwegen gewesen war, den Wagen genommen und ist über Hamburg, Flensburg zum dänischen Fährhafen Hirtshals gefahren, mit der Fähre über die Meerenge nach Kristiansund, und weiter über die E 6 nach Bergen, denn er wollte den Dank seines Vaters für die brieflichen Auskünfte in den vierziger Jahren noch einmal abstatten.
Ragnhild Christiane Espe-Benkestok fand er - wie berichtet - in ihrem Landhaus bei Maltosfjärden in einem Meer von Blumen, die den kleinen Park, die Wege und das Mauerwerk des 150 Jahre alten ehrwürdigen Hauses förmlich zu überschwemmen schienen.
Seinen Empfang hat er als überaus herzlich beschrieben, die damals schon über sechzigjährige Verwandte als gehoben vornehme, aber bescheidene Dame. Sie habe dem Klischee des Altadels mit jeder Bewegung und jedem Wesenszug entsprochen und nur beiläufig, in den ersten familieneinführenden Worten am ersten gemeinsamen Kaffeetisch, auch lächelnd auf die Erweiterung des Familiennamens durch dänischen Königserlass, als jetzige Reichsgrafen von Trondheim, hingewiesen.
Sie habe hervorragend Deutsch gesprochen und sei ohne jedes Ressentiment gegen Deutschland gewesen. Dabei mag mitgespielt haben, dass die Beziehungen beider Länder, zwischen Norwegen und dem zwischenzeitlich wiedervereinigtem Deutschland, sich ohne nachwirkende Schatten der Kriegsereignisse entwickelt hatten und der ‚Norwegenasylant‘ Willy Brandt als deutscher Kanzler eine so hervorragende Rolle in der Friedenspolitik Europas gespielt hat.
Sie war hocherfreut über seinen Besuch, schreibt unser Ahn in seinen Memoiren. Sie bat ihn, sich bei ihr einzulogieren und von seiner Familie zu erzählen. Mit großem Interesse las sie den Arierpass, den sie Ahnenpass nannte, und verfolgte mit Eifer die Namen nach 1729, mit denen sie sich jetzt als verwandt bezeichnete.
Unser Ahn Gunther schreibt, es habe sich rasch eine regelrechte Freundschaft entwickelt, die für Christiane Espe, die ja damals schon auf die 65 zuging, fast eine mütterliche Beziehung war.
Sie führte nun ihrerseits die Gespräche mit der bewegten Geschichte ihrer Familie, die eine der ältesten des Landes ist. Die Benkestoks gehörten zum Uradel, die aber schon im 13. Jahrhundert ausstarben. Ragnhild Christiane entstammte dem Zweig Espe der Linie des John Trondsson Benkestok, der durch nicht-standesgemäße Ehe mit einer Unfreien die adligen Privilegien verlor, aber seine Güter behielt.
Durch Edikt der späteren dänischen Könige, wurden die Espes Reichsgrafen von Trondheim, einen Titel, den es auch erst in der 400jährigen gemeinsamen Geschichte Norwegens mit Dänemark gab.
Auch der Name Trondheim sei dänischen Ursprungs und hat sich auch in den nationalistischen Umbrüchen des frühen 20. Jahrhunderts, nach der Auflösung der Bindungen Norwegens an die Bernadottes in Schweden, durch Bürgerprotest durchgesetzt.
Die alte Schlossburg der Espes liegt hoch über dem Hafen und der Stadt Trondheim auf einem Felskopf, nördlich der Stadt. Sie wurde in jenen Jahren vom Königshaus verwaltet und so vor dem Ruin bewahrt.
Die Stadt am Fjord ist heute, nach Oslo und Bergen, die drittgrößte Norwegens und hat ihren wirtschaftlichen Aufstieg vor allem ihrem Klima, der Eisenbahnverbindung nach Schweden und einigen kleinen Schiffswerften zu verdanken.
Ein Unikum war für unseren Ahnen die norwegische Schriftsprache. Nach 1909 hat sie sich in Absicht das gesprochene und mehr noch das geschriebene Dänisch als Landessprache abzulösen aus einer Synthese vieler örtlicher Dialekte, ländlichen und urbanen, gebildet.
Eine einheitliche, von allen Norwegern akzeptierte Landessprache, gibt es bis heute nicht, obwohl sich die beiden Hauptströmungen weit gehend angenähert haben.
Hier sei vorweg genommen, dass heute immer ein Mitglied unserer Familie die norwegische Sprache erlernt. Wir bevorzugen das Bokmal gegenüber dem Nynorsk, das auch vom norwegischen Königshaus gesprochen wird.
Christiane Espe hatte Gunther vom ersten Tag an geduzt, was nicht nur eine Anerkennung ihrer Verwandtschaft war, sondern der allgemeinen Landessitte entsprach, zwischen Menschen, die sich kannten und in einer überschaubaren Communitas zusammenlebten.
Die Gespräche am Abend seien die angenehmsten gewesen, die er seit Jahrzehnten geführt habe, schreibt Gunther. Nicht nur ihres gehaltvollen Inhalts wegen, sondern auch der wunderbaren Atmosphäre willen, die beide auf der Terrasse des Hauses umgab mit seinem herrlichen Blick auf den Asenfjord.
Schließlich - nachdem sie alles über seine Familie, seinen Hausstand und Beruf und das Universitätsstudium seiner Kinder erfahren hatte -, bat sie ihn rund heraus, nicht nur sie einmal an ihrem Landhaus zu beerben, sondern auch an ihrem Namen, der sonst nach ihrem Tod unterginge. Sie sei die letzte ihres Stammes, sagte sie, ohne Erben und Nachfahren - auch nicht in Nebenlinien - und sie sei tief bekümmert ihren Stamm und Namen untergehen zu sehen.
Für Ahn Gunther war dies eine völlig neue Situation, aber er habe spontan eingewilligt, wenn dies ohne Adoption möglich sei.
Mit dieser Antwort und mit dieser Aufgabe sei Christiane Espe regelrecht aufgeblüht und fröhlich geworden.
„Bei ihrer engen Verwandtschaft zum Haus Oldenburg-Glücksburg, als Cousine dritten oder vierten Grades König Haralds, sei dies zu regeln für sie kein Problem“, sagte sie. Und so kam es.
Nach der Einsichtnahme der Eintragungen in den Kirchenbüchern von Bergen und der kleinen sächsischen Stadt Wurzen durch Beamte des Landes und der norwegischen Botschaft in Deutschland, wurden Gunther Hagen eine amtliche Urkunde und ein norwegischer Pass ausgefertigt. Zuvor war auch ein gemeinsamer Besuch im norwegischen Königshaus organisiert worden, über den Gunther schwärmerisch berichtet hat.
Diese seine Aufzeichnungen hier im Detail widerzugeben, will ich mir sparen, da sie zu sehr dem neuen, ungewohnten Lebensgefühl verhaftet sind und in der Sache dem Buch auch nicht weiterhelfen. Aber sie weisen eines mit Bestimmtheit aus, dass er von dem Schicksal, dem er entgegenging zu dieser Zeit nichts ahnte oder gar wusste.
So reiste unser Ahn Gunther Hagen als Haakon Espe-Benkestok und Reichsgraf von Trondheim im Herbst 2004 in die Heimat zurück, von der er bürgerlichen Standes und Doktor beider Rechte ein Vierteljahr zuvor aufgebrochen war.
Er spürte, dass die Zukunft von ihm nun mehr Verantwortung und Aufmerksamkeit einfordern würde. Aber er war neugierig.
Und er war selbstbewusst genug, damit umzugehen.