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AFRIKA image WUNDERHORN

Reihe für zeitgenössische afrikanische Literatur
Herausgegeben von Indra Wussow

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MAAZA MENGISTE

UNTER DEN AUGEN DES LÖWEN

ROMAN

AUS DEM ENGLISCHEN VON ANDREAS JANDL

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Die Übersetzung aus dem Englischen wurde mit Mitteln
des Auswärtigen Amtes unterstützt durch litprom-Gesellschaft
zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika e. V.

Umschlagabbildung: © Dominic Nahr / Magnum Photos / Agentur Focus
Foto Seite 2: © Miriam Berkley
ISBN 978-3-88423-456-3 (ebook)

Für meine Großeltern,
Abebe Haile Mariam und Maaza Wolde Hanna
.

Und für meine Onkel Mekonnen,
Solomon und Seyoum
sowie all jene, die starben, weil sie
etwas verbessern wollten
.

Wir sind die geschmähten Gebeine
Gebeugt inmitten deines Schweigens.
Fragt Gott Vater, der euch erwählte,
Warum er uns verlassen hat
.

Tsegaye Gabre-Medhin

ERSTER TEIL

Erstes Buch

1.

Aus einer feinen blauen Ader pulsierte Blut in die wachsende Lache am Rücken des Jungen, in der tief unten die Kugel saß. Hailu schwitzte unter den heißen OP-Leuchten, spürte einen Druck hinter den Augen. Er neigte den Kopf zur Seite, und die Hand einer Schwester wischte ihm eilfertig den Schweiß von der Stirn. Sein Blick kehrte zurück zu seinem Skalpell, zum Blut, zum zerstörten Gewebe, und er überlegte, was diesen Jungen nur geritten hatte, sich für stärker zu halten als Kaiser Haile Selassies gut ausgebildete Polizei.

Der Junge mit seinen modischen, weiten Jeans amerikanischer Art war stark blutend und zitternd eingeliefert worden, nun lag er bewegungslos da. Das Schreien seiner Mutter wollte nicht aufhören. Hailu konnte sie draußen auf dem Flur, hinter der verschlossenen Tür, noch immer hören. Weitere Türen führten hinaus zum andauernden Kampf zwischen Studenten und Polizei. Bald würden noch mehr verwundete Studenten in die Notaufnahme kommen, und seine Arbeit begänne wieder von vorn. Wie alt mochte dieser Junge sein?

»Doktor«, sagte die Schwester und versuchte, ihm über den Mundschutz hinweg in die Augen zu schauen.

Der Herzmonitor piepste gleichmäßig. Alles war normal, Hailu wusste, dass er die stille Sprache des Körpers auch ohne Hilfe von Maschinen verstand. Jahrelange Übung hatte ihn gelehrt zu entschlüsseln, was die meisten Patienten nicht ausdrücken konnten. Die gegenwärtige Zeit lehrte ihn außerdem, dass die Zerbrechlichkeit unserer Körper vom Herzen kam und zum Kopf wanderte. Dass Gefühle und Gedanken entschieden, wie Körper wankten und fielen.

»Wie alt ist er?«, fragte Hailu und dachte weiter: Ist er so alt wie mein Dawit? Ist er einer von denen, die meinen Jüngeren mit in dieses Chaos ziehen wollen?

Die Schwestern schreckten zurück wie aufgescheuchte Vögel. Beim Operieren sprach er sonst nie, seine Konzentration auf den Patienten war legendär. Oberschwester Almaz schüttelte den Kopf, um den anderen eine Antwort zu verbieten.

»Er hat eine Kugel im Rücken, die muss raus. Seine Mutter wartet. Er verliert Blut.« Almaz sprach schnell, ernst und sachlich, die Augen starr auf ihn gerichtet. Sie tupfte Blut von der Wunde und überwachte die Vitalparameter des Patienten.

Die Wunde am Rücken des Jungen war ein Gewirr aus zerfetztem, verbranntem Muskelfleisch. Seine Bewegung auf die Kugel zu war wohl anmutiger gewesen als seine panische Flucht von ihr weg. Hailu malte sich aus, wie er mit den anderen Schülern und Studenten Schritt gehalten hatte, im Pulk mit erhobenen Fäusten und lauter Stimme. Die schmale Brust stolz geschwellt, das sanfte Gesicht fest entschlossen. Ein Junge, der sich zu früh als Mann behaupten wollte. Wie viele Schüsse fielen, bis dieses Kind nach Hause zu seiner verängstigten Mutter wollte? Wer trug ihn nach seinem Sturz dorthin zurück? Steine. Kugeln. Fäuste. Stöcke. So viele Möglichkeiten, einen Körper zu zerstören, und keines dieser Kinder schien an die Verwundbarkeit der eigenen Knochen und Muskeln zu glauben. Hailu schnitt um die Wunde herum und hielt kurz inne, damit eine Schwester das austretende Blut wegtupfen konnte.

Die Sirenen von Polizeiautos rasten am Krankenhaus vorbei. Das Heulen war den ganzen Tag zu hören gewesen. Überforderte Polizisten und Soldaten rannten blindlings hinter Demonstranten her, die ihrerseits kreuz und quer durcheinanderliefen. Was, wenn Dawit sich unter den Rennenden befand? Was, wenn man ihn hier in den OP brächte? Hailu konzentrierte sich auf den reglosen Körper vor ihm, ließ das eigene hämmernde Herz außer Acht und drängte die Gedanken an seinen jüngeren Sohn aus dem Kopf.

Im fahlen Licht, das durch die geöffneten Vorhänge fiel, saß Hailu in seinem Büro. Er starrte in seine Hand, die offen auf seinem Schoß lag, und spürte die Einsamkeit und Angst, die seit Selams Einweisung ins Krankenhaus seine Tage zerfransten. Sieben Tage Ungewissheit. Gerade hatte er einen Jungen mit Schusswunde im Rücken operiert. Nach jahrelanger Arbeit als Arzt kannte er die Dienstzeiten seiner Mitarbeiter, die anstehenden Operationen im Wochenplan, die täglichen Kapazitäten des Prince Mekonnen Hospital, neue Patienten aufzunehmen, aber er wusste weder, wie es mit der immer schlechter werdenden Gesundheit seiner Frau weiterging noch mit den andauernden Protesten gegen die stagnierende Entwicklung und die Verarmung des Landes. Die Studenten wollten wissen, wann Äthiopiens Rückfall ins Mittelalter endlich zu Ende wäre. Antwort hatte er darauf keine, und so konnte er nichts weiter tun, als dazusitzen und hilflos in seine leere Hand zu starren, die im Licht der Nachmittagssonne blass und hager wirkte. Vor allem sorgte er sich um Dawit, seinen jüngeren Sohn, der sich gern ins Getümmel stürzen würde, obwohl er doch kein bisschen älter, größer oder mutiger war als der nun dauerhaft gelähmte Patient von vorhin. Und seine Frau ließ ihn die ganze Last dieser Tage allein tragen.

Es klopfte an der Tür. Er schaute auf seine Uhr, ein Geschenk des Kaisers Haile Selassie, das er bekommen hatte, nachdem er vom Medizinstudium aus England zurückgekommen war. Der stechende Blick des Kaisers, von dem es hieß, er habe die Kraft, den Willen jedes Menschen zu brechen, hatte sich beim Palast-Empfang zu Ehren der jungen, kürzlich aus dem Ausland zurückgekehrten Absolventen tief in Hailu hineingebohrt.

»Verschwenden Sie Ihre Stunden und Minuten nicht an törichte Träume«, sprach der Kaiser mit kühler, klarer Stimme. »Seien Sie der Stolz Äthiopiens.«

Es klopfte wieder. »Dr. Hailu.« Es war Almaz.

»Herein«, sagte Hailu und drehte sich mit seinem Stuhl zur Tür.

»Sie haben Dienstschluss.« Sie stand auf der Schwelle. »Sie sind immer noch hier.« In ihrer üblichen Art formte Almaz alle Fragen zu Aussagen. Dann räusperte sie sich und zog den Kragen ihres weißen Schwesternkittels zurecht. Sie war sehr hochgewachsen für eine Frau, hatte etwa seine Größe.

»Der Lehrerverband hat gestreikt«, sagte er. »Der Kaiser wies die Polizei an, auf niemanden zu schießen, aber Sie sehen ja, was passiert ist.« Er seufzte müde. »Ich will nur sicher sein, dass keine neuen Notfälle mehr reinkommen. Und ich muss gleich zu Selam.«

Almaz hob die Hand, um ihn zu unterbrechen. »Ich war schon bei ihr, sie schläft. Es gibt für Sie hier nichts mehr zu tun«, sagte sie. »Sie haben Dienstschluss, gehen Sie nach Hause.«

»Meine Söhne müssen sie auch sehen«, sagte Hailu. »Ich fahre heim und komme wieder.«

Almaz schüttelte den Kopf. »Ihre Frau beschwerte sich immer über Ihren Dickschädel.« Sie nahm seinen Mantel vom Kleiderbügel an der Tür und hielt ihn Hailu hin. »Sie haben diese Woche zu viel gearbeitet. Sie denken, ich merke das nicht.«

Almaz war seine vertrauteste Mitarbeiterin. Seit fast zwanzig Jahren arbeiteten sie schon zusammen. Er spürte ihren prüfenden Blick auf seinem Gesicht.

Ein schwerer Aufprall und lautes Poltern hallten über den Flur. Die Geräusche drangen durch die Schwingtüren, die zur Intensivstation führten.

»Was war das?«, fragte Hailu, erhob sich und nahm seinen Mantel. Jetzt fiel ihm auf, wie erschöpft er war. Er hatte seit dem Vorabend in Selams Zimmer nichts gegessen und den ganzen Tag operiert.

Almaz führte ihn kopfschüttelnd aus dem Büro. Leise zog sie die Tür hinter ihnen zu und wies ihm den Weg zum Ausgang. »Ich erzähle es Ihnen später. Etwas mit einem der Gefangenen.«

Seit ein paar Wochen stand die Intensivstation unter der Leitung eines anderen Arztes und war zum Aufenthaltsort für ehemalige Amtsträger des Kaisers geworden, alte Männer, schon recht abgetakelt, die ohne Anklage verhaftet worden waren und dann im Gefängnis aufgrund bereits existierender Beschwerden oder fehlender medizinischer Behandlung erkrankten. Im Krankenhaus war bisher alles wie gewohnt weitergegangen, die neuen, außerplanmäßigen Patienten waren kaum aufgefallen.

Aus der Richtung des Gepolters kam eine verärgerte männliche Stimme, ein kurzer Knall, dann leises Wimmern. »Was ist da los?«, fragte er wieder und fuhr herum.

»Da sind Soldaten drin, die einen überwachen«, sagte Almaz. Sie zog ihn weiter, fort aus dem Umkreis der Intensivstation. »Sie können nichts tun, mischen Sie sich nicht ein.« Mit ihrem knochigen Gesicht, dem spitzen Kinn und schmalen Mund sah sie ihn entschlossen an. »Gehen Sie.« Sie lief weiter zum nächsten Patientenzimmer.

Hailu blickte den langen Flur hinunter und seufzte. Früher wusste er anhand der Geräusche aus dem Innern des Krankenhauses, was passierte, konnte sich logisch erschließen, wofür das Rufen, Bremsenquietschen und Lachen standen, und sichere Schlüsse daraus ziehen. Doch bei den gegenwärtigen Krawallen und Demonstrationen war alles schwer einzuordnen. Und was sich bisher draußen abgespielt hatte, verlagerte sich zunehmend ins Innere. Er machte kehrt und beschloss, durch die Schwingtüren der Intensivstation hinauszugehen, eine Abkürzung zum Parkplatz.

Auf dem Flur saß vor einem Zimmer ein gutmütig dreinblickender Soldat, kaum älter als Dawit, und säuberte sich mit dem Rand eines abgegriffenen Hemdknopfes die Nägel. Matt und zerkratzt lehnte ein altes Gewehr neben seinem Stuhl an der Wand. Als Hailu vorbeilief, schaute der Soldat zu ihm auf, wandte sich aber gleich wieder seinen Nägeln zu, knabberte an einem Finger und spuckte kleine Fetzen Hornhaut auf den Boden.

2.

Dawit tanzte zur pulsierenden Musik aus dem Radio seines Vaters, verloren in der tiefen, rauchigen Stimme des Sängers. Er wirbelte, drehte, bog und wandte sich, schüttelte seine breiten Schultern wie ein Vogel kurz vor dem Abheben. Wild sprang er in seinem winzigen Zimmer umher, sein schlanker Körper riss sich selbst in die Luft, trotzte der Erdanziehung. Er griff nach einem unsichtbaren Speer, sein Herz galoppierte in der Brust. Das Lied hatte gerade erst angefangen, doch er war schon erschöpft. Sein Tanz hatte bereits in der beklemmenden Stille begonnen, die im Haus herrschte, nachdem sein Vater aus dem Krankenhaus angerufen hatte, um anzukündigen, dass er gleich heimkäme, und sie dann alle die Mutter besuchten. Es ginge ihr nicht besser. Diese letzten Worte hatten seinen älteren Bruder Yonas veranlasst, in den Gebetsraum zu gehen, und ihn, in sein Zimmer zu verschwinden.

Am Tag nachdem ihre Mutter ins Krankenhaus eingeliefert worden war, kamen die Nachbarn zu ihnen, um gemeinsam zu beten und im Familienkreis miteinander zu sprechen. Der Vater wies ihre Anteilnahme zurück. »Sie kriegt die beste Versorgung«, sagte er. »Bald kann sie wieder nach Hause. Und beten tun wir auch für sie.«

»Sie sollen das alles nicht allein ertragen. Das ist nicht gut für Sie und Ihre Familie«, protestierten die Nachbarn. »Wir lieben Selam, lassen Sie uns herein und mit Ihnen beten.« Sie versuchten, durch die Tür zu kommen, aber Hailu blieb hart, während seine Söhne ihn erstaunt und schweigend vom Wohnzimmer aus beobachteten.

»Danke«, sagte der Vater, »das ist nicht nötig. Wir haben einander.« Leise schloss er die Tür und kam, von plötzlicher Trauer gezeichnet, zu ihnen. Er wollte etwas sagen, Dawit bemerkte, wie sein Blick zwischen ihnen hin- und herwanderte, doch dann schüttelte er den Kopf und setzte sich in seinen Sessel.

Da der Vater so verloren auf seine Finger schaute, streckte Dawit sich über den kleinen Tisch und ergriff seine Hand. Er wusste nicht mehr, wann er seinem Vater das letzte Mal die Hand gegeben hatte, aber an diesem Tag im stillen Wohnzimmer, sehnte Dawit sich nach familiärer Nähe und suchte den Blick seines Vaters.

»Abbaye«, sagte Dawit mit zitternder Stimme und vor Einsamkeit schmerzender Brust, »sie fehlt mir so.«

Zum ersten Mal erlebte er, wie ein Gefühl seinen Vater in die Knie zwang. Mit beiden Händen fasste Hailu Dawits Hand, presste sie sich vor das Gesicht und rief immer wieder Selams Namen. Yonas konnte das offenbarte Leid des Vaters nicht ertragen, wandte sich ab, stand auf und verließ den Raum.

Eskesta, den traditionellen äthiopischen Tanz hatte die Mutter ihm beigebracht, hatte Stunden und Tage mit ihm vor dem Spiegel geübt, bis er das kontrollierte Zucken von Oberkörper und Schultern beherrschte. Dein Körper muss sich bewegen, auch wenn das Herz nicht glaubt, dass er es kann, hatte sie gesagt. Sie hob seinen Arm, schloss die Hand um eine imaginäre Waffe und richtete seinen Rücken auf. Mein Vater tanzte, bevor er in die Schlacht zog; das Herz folgt dem Körper. Tanze mit aller Kraft, tanze. Sie brach in Lachen aus und klatschte begeistert zu Dawits unbeholfenen Versuchen, so schnell zu sein wie sie. Du bist wie ein Schmetterling, sagte er ganz außer Atem. Er streckte den Arm aus und legte die Hand auf ihre zuckende Schulter. Er war acht Jahre alt und verehrte ihr liebevolles, freundliches Lächeln so sehr, dass er sich schnell an sie schmiegte und sie fest drückte.

Die Tanzstunden hatten begonnen, nachdem Dawit eines Tages auf seinen älteren Bruder losgegangen war. Er hatte den viel größeren Jungen mit solcher Wucht getreten, dass Yonas benommen rückwärts taumelte, hinfiel und reglos liegenblieb. Selam reagierte prompt und bestimmt. Mit zwei entschiedenen Bewegungen wehrte sie Hailus Schlag gegen Dawit ab und zog den schreienden Jungen die Stufen hinauf ins Elternschlafzimmer. Sie hielt seinen zitternden Körper, ließ die Tränen ihr Kleid befeuchten, tätschelte ihm zärtlich den Rücken und summte sein liebstes Wiegenlied. Dann, ohne ein Wort, begann sie in die Hände zu klatschen und die Füße in einem stillen Rhythmus zu bewegen, der auf Dawit übersprang und sie bald beide umhüllte. So, kommandierte sie, stemmte die Hände in die Hüften und bewegte die Schultern auf und ab. So, und jetzt schneller. Hör auf zu denken. Beweg dich, wie dein Herz es sagt, vergiss den Körper. Lass die Muskeln locker. Im Tanz ist kein Raum für Wut und Ärger, tu so, als wärst du Wasser, das dir über die Knochen fließt. Die Tränen versiegten, alle Aufmerksamkeit richtete sich auf seine Bewegungen.

Gegenwärtig durfte Dawit das Haus seines Vaters am Abend nicht mehr verlassen. Hailu versuchte auf diese Weise, ihn von den Studententreffen fernzuhalten, wo weitere Demonstrationen gegen den Palast geplant wurden. Die Spannungen zwischen den beiden wurden immer schlimmer. Allein das Tanzen konnte Dawit besänftigen. Er fühlte sich gefangen in seinem kleinen Zimmer, in diesem großen Haus, das symbolisch für die Dominanz seines Vaters über die ganze Familie stand. Für morgen war eine weitere Versammlung angesetzt. Er war entschlossen hinzugehen, ungeachtet des väterlichen Verbots und trotz des Versprechens an die Mutter, sich aus allen politischen Aktivitäten herauszuhalten.

Dawit hörte seinen Vater vom Wohnzimmer aus die Treppe heraufkommen. Bildete er sich das Zögern der Schritte vor seiner Zimmertür nur ein? Er tanzte weiter. Seine Arme wirbelten wie weit geöffnete Flügel durch die Luft, suchten den Takt, der ihn aus der Wirklichkeit dieses mutterlosen Hauses fort tragen könnte.

Eines Tages, Emaye, Mutter, werde ich Wasser über meine Knochen fließen lassen und tanzen, bis das Herz mir gehorcht. Dawit wirbelte weiter, die weit geöffneten Augen in die langsam sinkende Sonne gerichtet.

Die leise Melodie aus Dawits Zimmer drang bis zu Hailu auf das Wohnzimmersofa und ließ ihn an an vergangene Zeiten denken, an die Zusammenkunft seiner und Selams Familien in der tukul seines Großvaters, bei der mit Honigwein auf das bald erwartete erste Kind des jungen Paares angestoßen wurde. Die washint seines Cousins, die Rohrflöte, füllte die kleine Hütte mit Liedern über Liebe und Vaterland und durchdrang die Festlichkeit des Treffens mit ihrem feinen, klagenden Klang. Selam war damals siebzehn; er ein arroganter Achtundzwanzigjähriger, der mit ihr nicht so recht umzugehen wusste und dafür manchmal ihren kindlichen Spott erntete. Ich bin dein Mann, hatte er ihr gesagt, als sie einmal vor dem Haus ihres Vaters auf den Stufen saß, und bleibe dir sogar treu, wenn ich das Medizinstudium in England mache. Sie war von seiner Ritterlichkeit wenig beeindruckt und schaute nachdenklich.

Du wirst anders sein, wenn du zurückkommst, sagte sie. Wirst du mich gehenlassen, wenn ich will? Lässt du mich wieder zu meinem Vater, wenn ich dich bitte? Würdest du mich gegen meinen Willen bei dir behalten, wie mein Vater früher meine Mutter? Er hatte ihr geschworen, dass er sie immer gehen ließe, sie nie zwänge, bei ihm zu bleiben. Und an genau dieses Versprechen hatte Selam ihn letzte Woche erinnert, ein Versprechen, das er wohl nicht würde halten können.

Vor sieben Tagen hatte Selam seine Hand ergriffen und unter flachem Keuchen einige Worte hervorgestoßen. Da ist dieses … dieses … so still, und ich bin allein … dieses … Sie war entkräftet, aufgewühlt und entsetzt darüber, wieder in dem Krankenhauszimmer zu sein, aus dem sie nur wenige Wochen zuvor entlassen worden war. Hailu versprach, nicht weiter zu versuchen, sie zu heilen, sondern endlich ihrem Wunsch nachzugeben, dass sie ruhen dürfe, und dass jetzt, da ihre Krankheit die Oberhand gewann, er nun ihr Ehemann sei, nicht mehr der Arzt. Das Versprechen war ihm damals leicht gefallen, als es noch Hoffnung auf Überleben gab, als er noch nicht dachte, dass seinen Worten irgendwann Handlungen folgen müssten.

Über das Sterben sollte man wissen, dass es sich einschleicht bei wattedichtem Mond und alles Denken mit Stille durchzieht. Schließlich schaffte Selam es, den Satz ganz zu sagen und legte, mit einer Verzweiflung, die an Wut grenzte, ihre Worte vor ihm ab. Das Sterben ist düster, mein Lieber, ich bin müde, und du musst mich gehen lassen. Vor sieben Tagen also hatte er im Prince Mekonnen Hospital gestanden, hatte die Hand seiner leidenden Frau gehalten und sich selbst ein Versprechen geben hören, das er im gleichen Augenblick schon zu brechen begann. Seine Frau kämpfte nicht mehr und bat ihn, er möge dasselbe tun.

Hailu starrte auf die langen Schatten im Wohnzimmer, das er einst mit Selam geteilt hatte. Wie viele Nächte, wie viele dieser Monde sah ich der Sonne weichen, wie oft den Abend dämmern mit dieser Frau an meiner Seite? Es ist 1974, und ich habe Angst ohne dich, gab er erstmalig zu. Nichts, was ich bisher gelernt habe, hat mich auf die Zeit ohne dich vorbereitet, wenn du mich jetzt verlässt.

Er stand auf, ging vom Wohnzimmer ins Esszimmer und widerstand der starken Versuchung, an Dawits Tür zu lauschen, um sicherzugehen, dass sein Sohn sich nicht aus dem Haus geschlichen hatte. Sie sollen sich für einen Besuch bei der Mutter bereit machen, hatte er Dawit und Yonas gesagt. Als er darauf bestand, dass alle drei gemeinsam gingen, hatte er den Verdruss in Dawits Gesicht gesehen.

»Wir sind eine Familie«, hatte er Dawit gemahnt und fühlte sich an die vielen Male erinnert, die er Dawit schon zwingen musste, Selam mit dem Rest der Familie zu besuchen. Sein jüngerer Sohn hing sehr an seiner Mutter, hatte eine besondere Beziehung zu ihr und wollte, dass sonst niemand dabei war, wenn er mit ihr sprach.

3.

Sein Vater redete, aber Yonas versuchte, nicht zuzuhören. Sie warteten auf Dawit, damit sie endlich losgehen konnten, und Hailus Stimme, die durch die dicke Nachmittagshitze schnitt, verlängerte die Wartezeit noch zusätzlich.

»Ist bei vielen Leuten so.« Hailu klang sachlich, sprach abgehackt. »Das Herz wird schwach, pumpt nicht mehr genug Blut ins Hirn. Durchblutungsengpass. Die Veränderungen sind drastisch. Ist aber normal. Wenn ich den Blutdruck lange genug halten kann, schafft sie’s.« Er strich sich über die Krawatte und rückte das Jackett zurecht. Er hatte für den Besuch bei Selam im Krankenhaus seine besten Kleider angelegt. »Ich verstehe nicht, was da falsch läuft.«

Eine schwere Last lag auf Yonas und schmerzte ihn zunehmend. »Das haben wir schon so oft durchgekaut.«

Sein Vater sprach weiter, als habe er nichts gehört, gefangen in der Sprache seiner Trauer. »Kongestive Herzinsuffizienz«, sagte er. »Vorübergehende Herzschwäche.«

»Komm, wir fahren.« Yonas stand auf.

Hailu hob seine Gebetsperlen an die Brust. »Sie kommt wieder zu Kräften. Die Furosemid-Spritzen haben sicher geholfen.«

Yonas setzte sich wieder, ließ seinen Blick durch das Wohnzimmer schweifen und blieb an den blank polierten Gebetsperlen seines Vaters hängen. Seit einer Woche trug der Vater die Perlen nun ständig bei sich. Einst waren sie ein Streitthema zwischen den Eltern gewesen, wobei Hailu die Ansicht vertrat, Ärzte sollten ihre Religion nur privat ausüben, nicht in der Öffentlichkeit. Auch du brauchst das Gebet, hatte Selam widersprochen und Beistand suchend zu Yonas geschaut. Hailu war hart geblieben: Niemand im Krankenhaus oder sonst wo dürfe sehen, dass er Zweifel an seinen Fähigkeiten habe. Manche halten Beten für Schwäche, hatte Hailu gesagt.

»Wir sollten gehen, bevor es dunkel wird.« Yonas stand beklommen da. »Nachts halten die Soldaten jedes Auto an«, er sah auf seine Uhr, »und wir wollen nicht zu spät sein.«

Hailu wollte zu Dawits Zimmer gehen, aber Yonas hielt ihn zurück. »Heute nicht«, sagte er. »Sonst fängt’s wieder an. Du bist zu müde zum Streiten.«

Hailu wand seinen Arm los. »Du weißt, wo er hingeht, wenn er nicht mitkommt«, sagte er. »Ich habe heute einen Jungen in seinem Alter operiert.«

Yonas legte ihm den Arm um die Schultern und führte ihn zur Tür. »Wir müssen früh wieder zu Hause sein. Hast du gestern Abend das brennende Auto auf der Straße gesehen? Jetzt wo die Uni geschlossen ist, haben die Studenten nichts Besseres zu tun, als sich neuen Ärger auszudenken. Außerdem …«, fügte er hinzu, »hat Sara gesagt, sie passt auf ihn auf.« Neben der Mutter war Yonas’ Frau Sara die einzige, auf die Dawit hörte, wenn er überhaupt auf irgendjemanden hörte. »Du siehst erschöpft aus«, sagte Yonas.

Ein blauer Dunstschleier erhob sich von den mit Eukalyptus besprenkelten Berghängen Addis Abebas und zog wie ein feiner, blasser Bluterguss zum Horizont. Der Abend dämmerte, und dumpf pfiff der Wind durch einen Spalt im Fahrerfenster des Volkswagens. Hailu fuhr, und Yonas saß neben ihm, beide schwiegen. Dawit hatte auf das Klopfen seines Vaters an der Tür nicht reagiert, und nur Yonas’ Bitten hatte Hailu davon abgehalten, den Schlüssel zu holen und in das Zimmer seines jüngeren Sohnes einzudringen. Hailu steuerte den Wagen aus der Garage auf die breite, unbefestigte Straße, die sich Autos und Packtiere teilten.

Die hiesige Wohngegend bestand aus einer Reihe Neubauten mit ausgedehnten, sattgrünen Gärten und einigen alten, eher bescheidenen, aus Holz und Lehm gefertigten Häusern im italienischen Stil, mit breiten Veranden und Dächern aus Wellblech ähnlich dem, das Hailu von seinem Vater geerbt hatte. Einige Hausbesitzer mit großen, umzäunten Grundstücken vermieteten Einraumquartiere aus Flechtwerk und Lehm an ärmere Familien. In dieser Gegend gab es weder die Prachtvillen noch die zerfallenden Elendshütten wie anderswo, und Hailu wohnte hier schon viele Jahre, seitdem er als junger, frisch vermählter Arzt hergezogen war. Die Nachbarschaft war gut, eine Gemeinschaft, die er immer weniger missen wollte.

Das Auto geriet auf dem felsigen Boden in viele Schlaglöcher und ächzte unter dem Gewicht der beiden Männer. Sie durchrollten die grüne Landschaft, auf deren Hügelkuppen die Blüten hellgelber meskel vor dem orangefarbenen Abendhimmel erstrahlten. An dieser Stelle der Straße versperrten die Hügel von Addis Abeba Hailu die Sicht auf die trostlosen Bauten aus Glas und Beton, die in jüngster Zeit aus der wachsenden Stadt geschossen waren, die nun mit ihren hässlichen Fassaden das Stadtbild dominierten und gewaltsam die jahrzehntealten Kioske und Obststände verdrängten.

Das Fahren war Hailu lästig geworden, der unzuverlässige Motor, die Fehlzündungen, das laute Tuckern, das ins Fahrzeuginnere drang und ihn in seinen Gedanken störte. Alles erschien ihm dieser Tage zu laut: die Auspuffrohre und Motoren, das Schreien störrischer Esel, die Rufe der Bettler und Verkäufer. Die endlosen Ströme von Passanten. Im Schutz der geregelten Temperatur seines Autos waren ihm die gewohnten Gegebenheiten ein Trost.

Yonas zeigte aus dem Fenster hinüber zur stattlich hohen Mauer des Französischen Konsulats, das sie gerade passierten. »Bevor die Mauer da war, ging der schnellste Weg zur Schule hier über das Gelände.« Er gluckste. »Als Dawit mir einmal hinterherkommen wollte, hätte ihn fast der zebenya geschnappt. Der Mann verscheuchte ihn mit seinem Knüppel. Damals wollte Dawit später wiederkommen und sich den alten Wächter vorknöpfen.« Yonas schüttelte lächelnd den Kopf und sah die Mauer in der Ferne verschwinden.

»Ich kann mich an den Anblick nicht gewöhnen, auch nach so vielen Jahren nicht«, sagte Yonas. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen und trommelte mit den Fingern der einen Hand auf der Innenfläche der anderen herum, eine Verlegenheitsgeste, die Hailu nur selten bei ihm sah.

Sie fuhren jetzt auf einer recht ebenen Strecke, der felsigen Buckelpiste folgte eine gepflasterte Straße, die sehr viel schonender für die Reifen war. Wäre er allein gewesen, würde er schneller fahren, jetzt aber wollte er entspannt mit seinem Sohn im Auto sitzen und seinen Erzählungen aus besseren Tagen lauschen.

Am Straßenrand bauten die Händler zum Feierabend ihre Stände ab, zogen die langen Stangen aus dem Boden und falteten die Planen zusammen, die ihnen als Regenschutz dienten. Verkäufer mit Bauchläden riefen die Preise ihrer verbilligten Waren in den Straßenlärm. Eine junge Frau trug behutsam ein Baby auf der Hüfte, während sie mit einer Hand auf dem dünnen Tuch vor sich Zimtstangen und berbere-Tütchen mit rubinroter Pfeffermischung in ordentliche Reihen stellte. Schuhputzjungen hockten an jeder Straßenecke und pfiffen Geschäftsleuten hinterher, die zu überfüllten Parkplätzen eilten. Eine einzelne Stimme übertönte Krakeel und Getöse, ein Gebet – und für einen Augenblick überkam den Ort eine tiefe Ruhe, in der man nur noch das Brummen der Motoren hörte.

Sie näherten sich dem Yekatit 12 Martyrs’ Square am Sidist Kilo, nahe der Haile-Selassie-Universität, wo Yonas Geschichte lehrte und Dawit ein Propädeutikum für Jura machte. Auf dem Platz stand ein Obelisk zum Gedenken an die Opfer eines Massakers während der italienischen Besatzungszeit. Vom oberen Ende des Obelisken schaute ein steinerner Löwe stolz und herausfordernd hinunter auf die Stadt. Vier große Panzer besetzten je eine Ecke des Platzes. Zwei Soldaten marschierten auf und ab und hoben den Blick, als Hailu vorbeifuhr. Sie sahen dem Volkswagen hinterher und blickten dann wieder auf ihre Stiefel.

»Die sind jünger als manche Studenten, die sie überwachen sollen«, sagte Yonas. »Kinder.« In einiger Entfernung sammelten sich Straßenjungen mit Steinen in der Hand vor einem umgekippten Linienbus, wurden aber von Soldaten durch Fußtritte ferngehalten.

Hailu wusste, wenn Dawit mit im Auto gewesen wäre, hätte er nicht geschwiegen, hätte sich hinreißen lassen zu einem leidenschaftlichen Vortrag, warum es Zeit sei für eine neue Verfassung, für Redefreiheit, für eine Landreform zugunsten der Bauern und für die Abdankung des alten, müden Monarchen. Aber er war nicht da, und so hörte man nach Yonas’ Worten nur das Rumpeln und Klappern der Lastwagen und Autos, die an ihnen vorbeifuhren und verschwanden. Hailu bremste, um einen kleinen Jungen mit einem Schaf die Straße überqueren zu lassen. Dabei sah er auf seinen Händen erste Altersflecken oberhalb der Gelenke und dachte zurück an den Tag, als er zum ersten Mal die Hand-Tätowierungen sah, die Selam eine Woche vor ihrer Hochzeit sich hatte stechen lassen.

»Das ist Gottes Zeichen auf mir«, hatte sie errötend gesagt, während sie mit dem Daumen über ein grasgrünes Tattoo fuhr. »Es schützt vor Unheil.«

Hailus eigene Mutter trug ähnliche Kreuze entlang ihres Kiefers, doch er wollte das junge Mädchen anstacheln, ihr wildes Temperament zu zeigen, über das sich ihre älteren Brüder beschwerten. »Und was, wenn ich keine Frau mit Kreuz auf der Haut haben will?«

»Dann sag ich meinem Vater, er soll weitersuchen. Dann sucht er mir einen anderen Mann.«

»Und was, wenn niemand ein verschmähtes Mädchen haben will?« Er war draufgängerisch und fühlte sich vor dem schönen Mädchen aus seinem Dorf sehr verwegen.

Sie blieb ruhig. »Gott nimmt und Gott gibt.« Schon damals hatte ihr Selbstvertrauen ihn erschüttert.

»Gott nimmt und Gott gibt«, wiederholte Hailu still für sich und wünschte, dieselbe Zuversicht zu haben.

»Hast du etwas gesagt, Abbaye?«, fragte Yonas.

»Die Tätowierungen deiner Mutter, die Kreuze«, sagte Hailu. »Die liebe ich, die habe ich immer geliebt.« Er schüttelte den Kopf und schwieg für den Rest des Weges.

Yonas hätte erwartet, sein Vater verschwinde nach dem Betreten des Krankenhauses sofort in sein Büro, ziehe den weißen Kittel über, stecke vielleicht die Gebetsperlen in die Brusttasche und verberge seine Angst hinter einem professionellen Auftreten. Stattdessen zog Hailu, sobald sie das Auto verlassen hatten, die Perlen aus der Tasche. Er hielt sie für jedermann sichtbar. Dann ging er direkt zu Selams Zimmer, nervös wie alle Ehemänner auf dem Weg zu ihren Frauen, und er machte so große, schnelle Schritte, dass Yonas einige Meter zurückfiel.

Im Zimmer, in einem kleinen Bett unter einem kleinen Fenster, schlief Selam, ein Infusionsschlauch schlängelte sich aus ihrem dünnen Arm. Sie trug ein blaues Krankenhemd. Ihre Goldkette mit dem Kreuz lag auf ihrer Brust, die sich im Takt eines zischenden Beatmungsgeräts hob und senkte. Hailu stand zu ihren Füßen und studierte das Krankenblatt. Yonas griff nach ihren Händen. Er küsste die Tätowierungen auf den Handrücken, dann schloss er die Augen.

Ich habe deinem Vater gesagt, diese Kreuze bräuchten einen eigenen Platz, hatte Selam Yonas vor langer Zeit einmal erzählt, hatte die Hände hochgehalten und ihre Tintenkreuze zur Sonne gerichtet. Yonas musste damals die Augen zusammenkneifen, so hell war das Licht, das den Gebetsraum neben dem Elternschlafzimmer durchflutete. Ich trug ihm auf, mir einen Raum zu bauen, groß genug für die Engel, die über mich wachen, einen Ort, an dem wir miteinander reden könnten. Selam sagte dies mit einem provokanten Lächeln, doch als kleiner Junge hatte Yonas ihr geglaubt, hatte die eigenen Hände in die Sonne gehalten und sich gefragt, ob seine kreuzlosen Handrücken wohl auch dem heiligen Boden würdig waren. In der Erzählung seiner Mutter hatte der Vater den Gebetsraum für sie errichtet. Hatte einen Teil des großen Schlafzimmers abgetrennt, eine Wand eingezogen, eine Tür eingesetzt und somit festgelegt, wo die physische Welt endete und der heilige Boden begann.

Sein Vater war von Addis Abeba 748 Kilometer nach Gondar, in Selams alte Heimat im Norden Äthiopiens gereist, um dort das richtige Holz für die Tür zu beschaffen. Er baute sie aus der Borke des größten Baumes, der auf dem Land ihres Vaters zu finden war. Der hatte Wurzeln, die sich wie gierige Finger in die Erde gruben, und ich wollte einen Baum für die Tür nehmen, der unerschütterlich am Leben hängt, hatte Hailu einmal erzählt. Er wollte den Stamm eigenhändig nach Hause bringen und band ihn einfach auf das Dach seines ersten Autos, einem Zweitürer mit mürrischem Motor. Als dieser dann auf den kurvenreichen, tückischen Straßen nach Addis Abeba den Geist aufgab, schleppte er das Holz von Debre Markos aus mithilfe eines Pferdes weiter. Die Tür war dick und knorrig, hatte Kratzer, die sich nicht glattschleifen ließen, und Hailu erlaubte niemand anderem sie zurechtzuschneiden oder zusammenzubauen. Aus den Resten des Baumes entstand der lange, rechteckige Tisch, das einzige Möbelstück im Gebetsraum.

Yonas war jetzt zweiunddreißig, hatte Frau und Tochter, doch kniete er jeden Tag im Gebetsraum und fragte sich immer wieder, ob er all dem würdig war. Seine Mutter lag seit einer Woche im Krankenhaus, aber die Schwächung ihres Herzens hatte bereits Jahre zuvor begonnen. Er allein wusste, wie viele Nachmittage sie zum Weinen in den Gebetsraum ging, ohne zu ahnen, dass ihr älterer Sohn sich an die dicke Holztür drückte und lauschte. Er wusste auch als einziger, dass sie die vom Vater verschriebenen Herztabletten nicht mehr nahm. Eines Tages hatte er gesehen, dass sie die tägliche Dosis einfach ins Waschbecken warf, und war so geschockt und verwirrt, dass er nur stumm vor sich hinstarrte. Sie schaute langsam zu ihm auf und lächelte resigniert.

»Mein Sohn«, sagte sie und drehte den Verschluss des Pillengläschens zu. »Du verstehst mich, oder?« Das Licht der frühen Sonne lag fahl und kalt auf ihrem Gesicht. »Ich bin zu müde, um gegen Gottes Willen anzukämpfen.«

Sie umarmte ihn, stieg dann die Treppe hinunter und machte seinem Vater Kaffee. Selam bat ihn um kein Versprechen, das Schweigen des Sohnes, dem Lügen so verhasst war, genügte ihr. Als die Mutter daraufhin kränker wurde und der Vater verzweifelt versuchte, sie am Leben zu halten, nährte sein Schweigen ein fast unerträgliches Schuldgefühl. Er wartete, bis der leichte Schmerz in der Brust verschwunden war, dann öffnete er die Augen.

Seine Mutter regte sich, ihr ruhiges Gesicht verkrampfte. Sie hielt die Augen geschlossen, wandte sich aber zum Fenster und vergrub mit einer plötzlichen Drehung die Stirn im Kissen.

»Emaye«, sagte Yonas und legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Träumst du?«

Hailu kam an ihre Seite, umfasste ihr Gesicht, hielt es zärtlich. »Emebet, meine Frau«, sagte er, »das sind die Medikamente. Die machen das. Wach auf.« Er schaute zum Beatmungsgerät und sah, dass der Rhythmus sich erhöhte. »Selam, wach auf, ich bin hier.«

»Hat sie Schmerzen, Abbaye?«, fragte Yonas. »Soll ich eine Schwester holen?«

»Sie wacht nur auf, das ist alles.« Hailu küsste ihre Wange. »Selam.«

Sie öffnete die Augen, entspannte sich, je klarer sie wurde. Dann sah sie sich um. »Bin ich immer noch im Krankenhaus?« Ihre großen, auffälligen Augen richteten sich auf Hailu, der sich abwandte und ihr den Puls maß. »Warum?« Mit einem Finger fuhr sie den Sauerstoffschlauch zur Nase hinauf.

Hailu nahm schnell ihre Hand. »Es geht dir besser«, sagte er. Er räusperte sich und schaute noch einmal ernst und fachmännisch auf das Krankenblatt. »Die Medikamente wirken. Es braucht nur etwas Zeit. Die Dosis scheint richtig zu sein.«

Selam schaute zu Yonas und nahm seine Hand. »Dein Vater hat mir etwas versprochen, wusstest du das?« Ihr Mund verzog sich trotzig, wie er es von sich selbst kannte. »Damals zu unserer Hochzeit …«

»Selam«, unterbrach Hailu sie, »nicht jetzt. Du musst dich ausruhen und du musst essen.« Er ging zur Tür und zeigte zum Bett. »Ich hole Almaz, die macht dir etwas zurecht.« Draußen fuhr er sich mit der Hand über das Gesicht, fasste sich in den Nacken und knetete die müden Muskeln.

Sie sah Yonas flehend an. »Yonnie, ich will ruhen, du weißt das. Sprich mit ihm.« In ihrem Blick lag Verzweiflung.

Yonas streichelte ihre Hand. »Gott weiß, was er tut, Emaye«, sagte er. »Besser als wir.« Er senkte den Kopf und hoffte, sie bemerke nicht sein gequältes Gesicht, als er sich über sie beugte und sie küsste.

»Dawit, sag du es ihm …«, sagte sie und hielt inne. »Wo ist mein anderer Sohn?« Sie versuchte, sich aufzurichten und stöhnte frustriert, weil die Schläuche sie festhielten. »Ist Dawit nicht da?«

Yonas schob ihr das Haar aus der Stirn, küsste ihre Wange und drückte sein Gesicht an ihres. »Emaye«, sagte er liebevoll, »Emama.« Durch das kleine Fenster über seinem Kopf hörte er das leise Zuschlagen einer Autotür, die Pfeife eines Ziegenhirten, einen dumpfen Aufschlag, vielleicht von einem geworfenen Stein, entferntes Schreien, dann wieder Schüsse über den Köpfen rastloser Studenten, die vorrückten. »Er wird kommen«, versicherte Yonas, mehr war nicht zu sagen.

4.

Sara hörte das Tor quietschen und Schlüssel klappern. Sie fragte sich, wer so unvernünftig sein konnte, nach Sonnenuntergang hinauszugehen, wenn draußen die Streifenwagen fuhren. Die Polizei war zur Zeit überall, suchte nach möglichen Verdächtigen für die Brandanschläge auf Busse und die Geschäftsplünderungen, die in der Stadt um sich gegriffen hatten. Die unverhohlene Gewalt und Rebellion, die sich immer weiter ausbreitete, hielt die meisten Bürger nach Sonnenuntergang in ihren Häusern. Eine unnatürliche Stille legte sich daher über das nächtliche Addis Abeba. Sie hörte das Knarzen der Hintertür und leise Schritte im Flur. Dawit. Sie schaute auf die Uhr am Fernsehgerät; es war kurz vor sieben. Bald würde die Familie vor dem Fernseher sitzen und versuchen, Dawits Schweigen und Hailus Blicke möglichst wenig zu beachten.

Sara wartete, bis Dawit in seinem Zimmer verschwunden war, stand dann auf und klopfte an seine Tür. Sie spürte das Zögern auf der anderen Seite. »Ich bin’s«, sagte sie.

Die Tür ging auf und Dawit stand vor ihr, in dunkler Hose mit schwarzem Hemd. »Was ist?«, fragte er unter vorgetäuschtem Gähnen.

»Warum bist du so angezogen?«, fragte sie. Die Gleichgültigkeit, die er an den Tag legte, vor allem seit Selam wieder im Krankenhaus war, verwunderte sie sehr.

Er schaute auf seine Kleider und hob eine Braue. »Wie denn?«

Sie schob sich an ihm vorbei in sein Zimmer. »Willst du mich auch so behandeln?« Trotz der acht Jahre Altersunterschied waren sie und Dawit sich immer nah gewesen. Als er nicht antwortete, seufzte sie. »Ich soll für Abbaye darauf achten, dass du nachts zu Hause bist. Er selbst versucht so viel. Hilf ihm.«

»Ich weiß«, sagte Dawit. »Ich bin vorsichtig.« Er legte seine Notizhefte auf den Boden und setzte sich ihr gegenüber aufs Bett.

Sie musterte seine Kleider. »Ich war zwar nicht auf dem College, aber auch ich weiß, dass du aussiehst wie die Randalierer, die Busse und Autos anzünden.« Jetzt aus der Nähe bemerkte sie seine geröteten Augen und die Spuren auf seinen Wangen. »Wo warst du?«, fragte sie. Schon seit langem ahnte sie, dass Dawit für sich allein sehr um seine Mutter trauerte.

»Bei Lily«, sagte er und meinte damit seine langjährige Freundin. »Nach dem Treffen«, fügte er hinzu.

Ihr fiel ein kleines rotes Buch neben seiner Lampe auf. »Du warst diese Woche schon bei drei Treffen. So weit ich weiß. Und jetzt liest du Mao? Du bist nie zu Hause.«

Sie war überrascht, wie Kraft und Alter in seinen Zügen ein kantigeres Bild ihres acht Jahre älteren Ehemanns entstehen ließen. Es gab eine Zeit, in der die Familie kaum zwischen Kinderbildern von Yonas und Bildern jüngeren Datums von Dawit unterscheiden konnte. Die breite Stirn trat über den dicken Brauen nun stärker hervor, und sein Kiefer war markant und spitz geworden. Die Brüder hatten denselben Mund, dieselbe zarte Zeichnung der Unterlippe, wie sie auch ihre Tochter geerbt hatte.

»Morgen gibt es eine wichtige Versammlung. Wir wollen den Kaiser zwingen, sich mit uns zu treffen und über Reformen zu reden«, sagte er.

Sara lachte. »Der Kaiser trifft sich mit Studenten?« Sie sah die Kränkung in seinem Blick, bevor er sie hinter einem arroganten Achselzucken verbarg. Nun sprach sie sanfter. »Wir gehen morgen alle ins Krankenhaus, sogar Tizita. Bitte komm auch, nur ein Mal.«

»Ich habe zu tun.« Er konnte ihr nur schwerlich in die Augen schauen.

»Du gehst lieber zu einer Versammlung? Du bist schon heute Abend nicht mit ins Krankenhaus gegangen.« Sie sah, wie seine Züge sich verhärteten, der Mund sich spitzte wie bei Tizita vor einem Wutausbruch.

»Du weißt nicht, wie froh du sein kannst, eine Familie zu haben, und du willst sie loswerden«, sagte sie. Würden ihre Eltern noch leben, gäbe es an keinem Tag Unstimmigkeiten zwischen ihnen.

Dawit blickte zu Boden, wie er es als Kind schon getan hatte, wenn Sara die Geduld mit ihm verlor.

»Wenn du dich vor Streit mit Abbaye fürchtest«, sagte sie in freundlichem Ton, »dann bin ich da und helfe.«

Er schüttelte den Kopf. »Ich muss da hin.« Dawit schlang die Arme um sein Kissen, ganz der kleine Junge, den sie einst lieben gelernt hatte wie einen Bruder.

Ein neues Selbstvertrauen beflügelte Dawit auf dem Treffen. Er hatte die jüngsten Statistiken über die Hungersnot ohne zu stocken vorgetragen, hatte ausländische Zeitungsartikel hochgehalten und ausführlich ihre Kritik an den schlechten Plänen zur Verteilung der Hilfsgüter erklärt. Seine Stimme, die er kaum als die eigene erkannte, klang gewaltig und ähnelte der seines Vaters. Er sah seine Mitstreiter nicken und aufgebracht flüstern. Und er hatte eine Zielstrebigkeit gespürt, die Gewissheit, dass sein Weg bestimmt und er berufen war. Nun schwelgte Dawit in den Erinnerungen an seinen Aufritt und dieses Hochgefühl. Nur so wurde ihm dieses Zimmer, das letztlich seinem Vater gehörte, erträglich.

Sein Vater verstand immer noch nicht, warum er den Kampf derer führen wollte, die zu arm waren oder zu viel arbeiten mussten, um ihre Grundrechte einzufordern. Das ist eine Phase, sagte sein Vater. Du weißt nicht, was du tust, du folgst nur den anderen.

Doch er hatte Gründe. Es hatte damals in Kindertagen einen Kampf gegeben. Der Junge, mit dem er gekämpft hatte, war der Sohn eines Nachbarn. Seine Familie war reich und wohnte in einem größeren Haus als Dawit, und in ihrer Garage standen zwei Autos, eines davon ein Mercedes, den ein Chauffeur täglich putzte und polierte. Der Junge, Fisseha, war schon fünfzehn, drei Jahre älter als Dawit, und trug in der Schule einen dicken Holzknüppel und ein Lächeln, das er zu einem ausgewachsenen Hohngrinsen perfektioniert hatte.

Dawit und sein bester Freund Mickey waren auf dem Heimweg, als sie beim Tor neben dem polierten Mercedes ein schluchzendes Mädchen sitzen sahen. Dawit erkannte Ililta, die Tochter einer der Angestellten des Hauses. Sie und ihre Mutter kamen manchmal zu ihm nach Hause, um der alternden Hausdienerin Bizu einen Besuch abzustatten und den neuesten Tratsch aus der Nachbarschaft auszutauschen. Er hörte einen verzweifelten Schrei durch das offene Tor. Etwas daran erinnerte ihn an ein Baby, wie er später seiner Mutter sagte, um zu erklären, was danach geschah.

»Ein ganz kleines«, würde Dawit ihr sagen.

Er bat den verängstigten Mickey, am Tor zu warten. »Ich schaue mal nach«, sagte er.

»Das ist nicht dein Haus«, sagte Mickey. »Gehen wir.«

Dawit hatte das Grundstück bereits betreten. Aus der offenen Tür der Bedienstetenunterkünfte hörte er Rascheln und Knistern, und wieder das hohe, verzweifelte Schreien. Er rannte hinein und brauchte ein paar Augenblicke, um zu verstehen, was er da sah.

Eine Frau, älter als seine Mutter, saß nackt auf dem Bett, Tränen liefen ihr übers Gesicht und zwischen den vollen, hängenden Brüsten hinunter. Vor ihr stand Fisseha, ebenfalls nackt, mit dem wohlbekannten Grinsen und hielt seinen Penis in der Hand.

»Mulu?«, fragte Dawit. Ohne Kleider und ohne das strahlende Lächeln, das sie auf ihren Besuchen bei Bizu immer trug, erkannte er sie kaum.

»Raus hier!«, rief Fisseha. »Weg!« Er hatte immer noch eine Hand am Penis und hielt seine dürren Hüften zu Mulu vorgestreckt.

In diesem Moment hätte Dawit eigentlich kehrtgemacht, die Flucht ergriffen, Mickey geschnappt und wäre nach Hause gegangen, in sein Zimmer, bis sein Herz sich wieder beruhigt hätte, aber Mulu sagte: »Bitte.«

Er sah Angst, Scham und Panik in ihren Augen und wusste, dass er nicht weggehen konnte, dass er an Ort und Stelle bleiben und diesen Kampf aufnehmen musste. Dawit stürzte sich mit einer Wucht auf Fisseha, die sonst nur sein älterer, stärkerer Bruder zu spüren bekam. Er trat ihn, stampfte ihm auf die Zehen, rammte ihm sein Knie in den Bauch, dass er umfiel, riss seinen Kopf hoch und knallte ihn zurück auf den Boden, schlug die blutigen Lippen, die blutige Nase, die verquollenen Augen, und hörte auch nicht auf, als er sah, wie Mulu dem geschwächten Fisseha den polierten Knüppel hinhielt, der ihm aber entglitt und unter das Bett rollte.

»Geh nach Hause!«, flehte Mulu. »Geh, ich werde noch gefeuert! Geh!«

Dawit schlug weiter, während der nackte Körper sich unter ihm krümmte, langsamer wurde und schließlich, seiner blinden Wut ganz ausgeliefert, still liegen blieb. Er schlug, bis Mulus Tochter Ililta hineingestürmt kam und ihrer nackten Mutter eine shamma überwarf. Mulus plötzlich bedeckter Körper ließ Dawit innehalten und von seinem übel zugerichteten, bewegungslosen Gegner abrücken. Er erschrak über das, was er bei Fisseha angerichtet hatte. Bevor er irgendetwas sagen oder tun konnte, schob Ililta ihn aus dem Raum, sagte »Danke«, doch ihr Schluchzen überdeckte es.

Als er nach Hause kam, öffnete sein Vater die Tür, sah das Blut an seinen Kleidern und schimpfte sofort los. Er stellte laut anklagende Fragen, auf die Dawit, noch erschüttert darüber, was er gesehen und getan hatte, keine Antwort gab. Ohne Mulus Nacktheit zu erwähnen, erzählte er später seiner Mutter, was geschehen war, und sie nahm ihn traurig in den Arm.

»Viele Jungs lernen so, wie sie Männer werden«, sagte sie. »Von Hausmädchen wird erwartet, dass sie manchmal mehr tun, als kochen und putzen. Du hättest Mulu um ihre Stellung bringen können.«

»Aber sie hat geweint«, wandte Dawit ein.

»Ohne Arbeit würde sie auch weinen. Wo soll sie hin mit einer kleinen Tochter? Fissehas Vater zahlt Ililta die Ausbildung.« Die Mutter küsste seine Wangen. »Du und dein Zorn«, sprach sie weiter und fasste ihn zärtlich am Kinn. »Du hast ihn verletzt, das ging zu weit. Sein Vater brachte ihn ins Krankenhaus, und Abbaye behandelte ihn ohne Bezahlung.« Sie schüttelte den Kopf. »Nie wieder. Bitte. Dir und mir zuliebe. Und bedank dich bei deinem Vater, dass er dem Jungen das Gesicht genäht hat und dir damit Ärger in der Schule erspart. Dank ihm dafür.«

Er hat sich nie bei seinem Vater bedankt, aus Furcht der würde ihm mit seiner sachlichen Medizinerstimme aufzählen, was der letzte Patient durch seinen eigenen Sohn alles für Verletzungen erlitten hatte. Von diesem Tag an kam Mulu nie wieder zu ihnen zu Besuch, und er und Mickey änderten ihren Nachhauseweg. Fisseha wich ihm stets aus, wenn er ihn sah, obwohl seine Augen vor Hass glühten. Vor seinem inneren Auge sah Dawit den Kampf immer und immer wieder, auch noch all die Jahre später.

Sein Vater würde bald nach Hause kommen, und Dawit wusste schon, dass ein weiterer Streit bevorstand. Dawit würde versuchen zu erklären, dass er nicht mit ihm und seinem älteren Bruder ins Krankenhaus gehen wollte, aber dieser einfache Grund würde seinem Vater nicht reichen. Es würde nicht reichen, dass er mit seiner Mutter allein sein wollte, mit ihr allein reden wollte, so wie sie es immer getan hatten. Sein Vater konnte nicht akzeptieren, dass seine Mutter für ihn auch eine Freundin war.