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Edition Ernährung
© 2012, 2017 Bernd Leitenberger
http://www.raumfahrtbuecher.de
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
2. Auflage 2017
ISBN-13: 978-3-7448-9137-0
Dieses Buch entstand aus meinem Buch „Was ist drin?“. Bei, dem ich anhand von Beispielen von Lebensmitteln erläuterte, wie man Zutatenverzeichnisse liest und worauf man achten sollte. Es ergab sich beim Schreiben bald die Notwendigkeit wegen des regen Vorkommens in verpackten Lebensmitteln auch alle Zusatzstoffe zu erklären, die dann fast die Hälfte des Buches ausmachten.
Ich bekam sehr bald die Rückmeldung das viele das Buch nur wegen dieses Teils kauften. So entstand als Auskopplung die erste Auflage, bei der ich auch noch eine Referenztabelle hinzufügte und einen Passus über Biolebensmittel.
Was mir allerdings immer wichtig war, ist das dieses Buch nicht nur ein einfaches Nachschlagewerk ist. In Zeiten des Internets, in dem viele mit dem Smartphone in der Hand einkaufen, ist es viel einfacher über das Netz schnell einen Zusatzstoff nachzuschlagen, als dazu ein Buch zu kaufen. Vielmehr sollte dieses Buch erklären, wofür man Zusatzstoffe braucht, welchen technologische Vorteile sie haben und welche Risiken bekannt sind.
Dazu gehört meiner Ansicht nach auch eine gewisse Grundkenntnis des Lebensmittelrechtes, vor allem der Rahmenverordnung, die die Deklaration von Zusatzstoffen vorschreibt, die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung bzw. ihr europäisches Pendant die Lebensmittelinformationsverordnung. Daher behandelt das erste Drittel des Buches die Grundzüge des Lebensmittelrechtes mit dem Schwerpunkt auf den Verpackungsangaben.
Die Neuauflage habe ich genutzt, um das Buch um 24 Seiten zu erweitern. Sie allen vor allem in das Kapitel über das Lebensmittelrecht. Bei den Zusatzstoffen vor allem in die einführenden Kapitel. Die Liste enthält auch noch zahlreiche Zusatzstoffe, die nur in englischen Produkten zugelassen sind. Ob diese nach dem Breakxit entfallen, wird sich noch zeigen.
Ruit im September 2017
Zusatzstoffe finden sie im Zutatenverzeichnis deklariert. Dieser einführende Teil soll Sie vertraut machen mit den wichtigsten Bestimmungen zur Kennzeichnung von Lebensmitteln und dem Schutz der Bürger vor falschen Angaben und Täuschung. Er vermittelt, wie man Zutatenverzeichnisse liest und was von Werbeversprechen zu halten ist. Beginnen wir damit, wie sich das Gesetz Sie – den Verbraucher – vorstellt.
Das zentrale Leitbild unseres Lebensmittelrechts ist der mündige Verbraucher. Doch was verbirgt sich hinter diesem sperrigen Begriff? Nun es ist die Vorstellung, dass den Verbrauchern nicht alles haarklein vorgekaut werden muss, sondern sie dazu fähig sind, sich selbst zu informieren. Dazu gehört auch, dass sie eine gewisse Kenntnis über Lebensmittel haben und kritisch die (Werbe)Angaben hinterfragen können.
Die Art, wie viele Menschen auf Skandale oder Meldungen in Presse, Funk und Fernsehen reagieren, zeigt, dass viele Bürger nicht diesem Bild gerecht werden. Ein Großteil der Bevölkerung entfällt auf zwei Gruppen:
Dabei ist der mündige Verbraucher ja eigentlich nichts Besonderes. Es wird nicht mehr erwartet, als beim Kauf anderer Dinge. Wenn sie ein Auto kaufen, erwarten sie auch nicht, dass ihnen jemand erklärt, wozu ein Lenkrad eingebaut ist. Wenn sie einen Computer kaufen, ohne Virenschutz ins Internet gehen, und sich bald einen Trojaner einfangen, dann wird wohl jeder sagen „selbst schuld“. Das gehört zum Allgemeinwissen. Es gehört zu jedem Kauf, sich zu informieren: wie ein Artikel funktioniert und was bei der Benutzung zu beachten ist. Auch bei Lebensmitteln tun Sie das ab und an, zum Beispiel, wenn sie auf dem Markt eine exotische Frucht kaufen: Kann man sie mit Schale essen? Muss man sie erhitzen? Dies ist die Praxis bei jedem anderen Produkt. Wir wissen auch von anderen Produkten, dass die Werbung nicht immer die Realität wiedergibt und die Verpackung durchaus ein geschöntes Bild des gekauften wiedergibt. Bei Lebensmitteln erwarten viele Verbraucher jedoch etwas völlig anderes: Nämlich eine vollkommene Aufklärung über das was sie gekauft haben. Obwohl die gesetzlichen Vorschriften in den letzten Jahrzehnten dem nachkommen und von den Herstellern von verpackten Lebensmitteln eine immer genauere Deklaration verlangen, sind die Leute immer noch unzufrieden. Nun sind die Angaben zu unverständlich. E303 sagt niemand etwas, und was bitte ist „L-Ascorbinsäure“?
Zu dem „mündigen Verbraucher“ gehört auch die „berechtigte Verbrauchererwartung“. Unter diesem Begriff verbirgt sich eigentlich nur der gesunde Menschenverstand. Am besten ist der Tatbestand an ein paar Beispielen erläutert. Wenn sie eine Fertigsoße in Pulverform für 29 Cent kaufen, dann wäre eine es keine „berechtigte Verbrauchererwartung“ zu glauben, diese wäre nur aus Fleisch hergestellt. In der Praxis enthält sie einen kleinen Fleischanteil, jedoch nicht sehr viel. Der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass dies bei diesem Preis nicht möglich sein kann, da bei einer alleinigen Verwendung von Fleisch das Produkt viel teurer sein muss.
Wer selbst einmal Dinge eingefroren hat, weiß das nach dem Auftauen Soßen an Konsistenz verlieren, Gemüse weich wird oder Tortenboden durchfeuchten. Dies kann durch Zusatzstoffe vermindert werden. Trotzdem gibt es Verbraucher, die meinen, Tiefkühlkost sollte ohne Zusatzstoffe hergestellt werden. Auch das ist keine berechtigte Verbrauchererwartung.
In meinen Augen verlangt das Gesetz nichts Unmögliches. Es hat nicht die Aufgabe den Markt zu regulieren in dem Sinne, dass es nur qualitativ hochwertige, schonend hergestellte, Produkte, frei von Zusatzstoffen geben soll. Noch immer hat der einzelne Verbraucher die Möglichkeit der freien Auswahl. Dabei unterstützt einen die Kennzeichnung. Sie ist daher sehr komplex geworden.
In unserer Gesellschaft hat Essen keinen großen Wert mehr. Es ist normal, das Verbraucher jedes technische Detail des Computers kennen, aber keinerlei Ahnung von den Inhaltstoffen der Nahrung haben. Viele lesen kein Zutatenverzeichnis und keine Nähwertangaben. Trotzdem wollen sie informiert werden. Wie soll dies gehen?
Die Kennzeichnung hat einige Nachteile, wie die Möglichkeit anstatt Namen E-Nummern anzugeben, doch auch dies geschah ursprünglich in der Absicht, die Liste kürzer zu machen. Dazu kommen freiwillige Vereinbarungen wie die GDA-Angaben (Guidline Daily Amount, siehe S.→), die eher verwirren als aufklären. Hier ist die Gesetzgebung gefordert nachzubessern. Aber was ist dazu die Alternative? Ein Beipackzettel zu jedem Fertigprodukt, der über Nebenwirkungen und Inhaltsstoffe aufklärt?
Da sie dieses Buch gekauft haben, denke ich gehören sie zu den Personen, denen ihre Ernährung nicht gleichgültig ist und die nicht ratlos vor einer Fertigpackung stehen wollen. Also gehen wir in „medias res“ und fangen mit den gesetzlichen Grundlagen an.
Sie fragen sich: Muss ich das Lebensmittelrecht kennen? Nein, dass müssen sie nicht. Doch es ist nützlich die Grundzüge des Lebensmittelrechts zu kennen, und auch die Ideen, die dahinter stehen. Ein weitverbreiteter Trugschluss von Verbrauchern ist, dass sie denken, alles wäre festgelegt. Ein Lebensmittelchemiker müsste nur in ein Buch schauen und wüsste schon, was in einem Nahrungsmittel vorhanden sein sollte und in welcher Menge. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Ein Hersteller ist weitgehend frei in der Wahl und der Menge seiner Zutaten. Was er aber tun muss, ist die Kennzeichnung korrekt durchzuführen.
Das Lebensmittelrecht ist relativ kompliziert. Es gibt nicht ein Regelwerk und es gibt auch nicht Vorschriften für jedes Lebensmittel. Stattdessen gibt es eine Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen und Leitlinien. Für viele traditionelle Lebensmittel wie Milcherzeugnisse oder Fleischerzeugnisse gibt es auch Leitsätze, die zwar nicht die Zusammensetzung genau regeln, aber zumindest die Menge, der wichtigsten Zutaten wie z.B. den Magerfleischgehalt von Wurst. Für die meisten Lebensmittel fehlen aber solche Regelungen.
Über dem deutschen Recht stehen EU-Verordnungen und EU-Leitlinien, die in deutsches Recht umgesetzt werden müssen. Wird dies nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums getan, so gelten diese unmittelbar, so wie der EU-Rat diese verfasst hat.
Die EU-Verordnungen dienen der Harmonisierung des Marktes. Ziel ist es Hindernisse abzuschaffen, die den Warenverkehr innerhalb von Europa behindern. Vereinfacht gesagt, sollen die Verordnungen ermöglichen, dass ein Produkt, das in einem Mitgliedsstaat legal in den Verkehr gebracht wird, in jedem EU-Mitgliedsstaat verkehrsfähig ist. Die EU regelt daher, welche Stoffe als Zusatzstoffe zugelassen sind, wie das Zutatenverzeichnis abgefasst werden muss, und wie die Nährwertkennzeichnung erfolgen soll.
Eine zweite Aufgabe der EU ist die Regelung der Agrarproduktion und die Unterstützung wirtschaftlich schwacher Regionen. Dafür gibt es weitere Verordnungen, zum Teil für besondere Lebensmittel wie Wein, zum Teil für Gruppen. Wie zum Beispiel ökologisch erzeugte Nahrungsmittel. Die bekanntesten Regelungen dieser Art sind geschützte Bezeichnungen (S.→). Lebensmittel, die nach traditionellen Verfahren in einer eng begrenzten Region hergestellt werden, können den Namen schützen lassen und sich so vor billigen Nachahmungen schützen. Für den Verbraucher haben die geschützten Bezeichnungen den Vorteil, dass er sich sicher sein kann, dass ein Lebensmittel mit diesem Siegel einem Standard entspricht. Die EU legt auch die Anforderungen für biologische erzeugte Lebensmittel fest (S.→).
Innerhalb Deutschlands gibt es als zentrales Werk das Lebensmittelgesetz. (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch – LFGB). Es legt allerdings nur Grundsätze fest. Für die Betrachtung der Werbung und Kennzeichnung wichtigste Teile sind die Paragrafen §11+§12. Der Paragraf §11 soll den Verbraucher vor Täuschung schützen. So ist es verboten:
Hierzu einige Beispiele: Irreführende Angaben können in Schriftform erfolgen, aber auch in Form einer Abbildung. Wenn sie beispielsweise einen Fruchtcocktail kaufen und auf der Verpackung finden sie Früchte abgebildet, die nicht in dem Produkt enthalten sind, dann ist das irreführend, auch wenn das Zutatenverzeichnis die enthaltenen Früchte aufzählt. Die Grenzen sind aber sehr schwammig. Ist eine Verpackung durchsichtig, kann man sich also von dem wahren Inhalt überzeugen, dann wird derselbe Tatbestand meist nicht beanstandet. Zudem kann ein Hersteller sehr leicht ein geschöntes Bild nutzen, wenn er noch in klein „Serviervorschlag“ hinzuschreibt. Will meinen: Wenn man noch einiges dazu kauft, dann könnte das so aussehen. Eine irreführende Angabe ist es auch zu werben mit „ohne Geschmacksverstärker“ und dann Hefeextrakt zu verwenden – diese Zutat ist ein natürlicher Geschmacksverstärker. Dagegen ist erlaubt zu schreiben „ohne den Zusatzstoff Geschmacksverstärker“, denn solange kein Zusatzstoff zugesetzt wurde (Hefeextrakt wird als Lebensmittel betrachtet), stimmt dies ja.
Die Werbung mit Selbstverständlichkeiten. Wenn ein Lebensmittel wirbt, es wäre „ohne Konservierungsstoffe“, für dieses aber gar keine Konservierungsstoffe zugelassen sind, dann ist das eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten. Wie immer sind die Unterschiede fein. Schreibt der Hersteller dagegen „ohne Konservierungsstoffe, laut Lebensmittelgesetz“ drauf, dann ist das keine Irreführung, denn nun ist der Verbraucher ja aufgeklärt, dass dies keine Besonderheit ist.
Wirkungen auszuloben, die nicht belegt sind: Die Grenzen zur gesundheitsbezogenen Werbung sind hier fließend. Eine nicht belegte Wirkung ist z. B. zu behaupten, dass ein Vitamin-C haltiger Furchtsaft das Immunsystem stärkt. Inzwischen hat die EU für viele diese Werbeversprechen Regelungen erlassen. Dann ziehen sich die Hersteller auf relativ unverbindliche Angaben zurück, die wiederum erlaubt sind wie „Unterstützt das Immunsystem“.
Paragraph 12 wird sehr gerne bis zum Anschlag gedehnt. Er beinhaltet das Verbot der gesundheitsbezogenen Werbung. Es darf also nicht suggeriert werden, dass mit einem Lebensmittel Krankheiten gelindert, geheilt oder vermieden werden können.
In der Praxis heißt es dann eben „Hilft die Verdauung anzukurbeln“ oder „Tut mir gut“. Diese Werbeslogans von Joghurterzeugnissen mit Milchsäurebakterien, welche teilweise die Magensäure überleben, sind einerseits so allgemein gefasst, dass dies auch von einem Apfel gesagt werden kann: dass er „täglich konsumiert einen Beitrag dazu leistet, dass sie sich rundum wohlfühlen“ (Werbung eines Drinks). Das entscheidende an der Formulierung ist „Beitrag dazu leisten“ – also nur den Drink nehmen reicht nicht. Mit der Formulierung „wohlfühlen“ wird der Bezug auf eine Krankheit umgangen. Eine Krankheit wird nicht angesprochen, es wird also nicht versprochen, dass eine träge Verdauung angekurbelt wird. Dahinter sitzen Rechtsabteilungen, die Slogans so formulieren, dass sie an der Grenze sind, wo ein Verstoß gegen §12 vorliegt, die Botschaft, welche unterschwellig vermittelt werden soll, aber trotzdem beim Verbraucher ankommt.
Dann gibt es einige wichtige Verordnungen für alle Lebensmittel, die im Folgenden auch vorgestellt werden, wie die Kennzeichnung von Fertigpackungen oder die zugelassenen Zusatzstoffe. Diese basieren auf EU-Verordnungen. Weiterhin gibt es spezifische Verordnungen für einzelne Lebensmittel, sowie historisch begründet, noch Gesetze für bestimmte Lebensmittelgruppen wie Teigwaren, Käse, Butter, Wein. Diese legen die Herstellung, Kennzeichnung oder Bestandteile dieser Lebensmittel fest.
Wichtig für die Lebensmittelchemiker und Kontrolleure, weniger für den Verbraucher, sind die Leitlinien. Sie legen Standards fest, die als „Mindestanforderungen“ gelten. Sie sollen verhindern, dass Lebensmittel zwar legal produziert werden, aber im Vergleich zu anderen Produkten mehr preiswerte oder gar minderwertige Zutaten anstatt teuren, qualitativ Hochwertigen verwendet werden. So besteht Wurst aus den beiden Hauptzutaten Fleisch und Speck. Der Speck ist dabei der deutlich preiswertere Teil. Leitlinien für verschiedene Wurstsorten legen daher einen Mindestanteil an Magerfleisch fest.
Die letzten Jahrzehnte haben leider gezeigt, dass es ein immer größeres Missverhältnis zwischen Lebensmittelindustrie und Lebensmittelüberwachung gibt. Letztere wird personell nicht ausgebaut, die Erstere bringt immer mehr Produkte auf den Markt und wirbt immer aggressiver für diese. Sehr beliebt ist in den letzten Jahren die Werbung mit Superlativen wie „Premium“ oder „Super-Food“. Es gibt nur für wenige, meist klassische, Lebensmittel für die die Verwendung von bestimmten Ausdrücken festgelegt ist und an bestimmte Qualitätsmerkmale gekoppelt ist. Dies wird in den im vorigen Abschnitt erwähnten Leitsätzen geregelt. Bei Konfitüre z.B. das Wort „Extra“ gekoppelt mit einem höheren Fruchtgehalt als bei normaler Konfitüre. Bei Wurstwaren ist es das Wort „Delikatess“ das dann für einen höheren Gehalt an Magerfleisch steht. Bei wieder anderen Produkten ist schon der Name festgelegt. Ein Eis, das im Wort den Begriff „Cremeeis“ hat, enthält mindestens 50 % Milch und pro 100 ml Milch 27 g Vollei oder 9 g Eigelb. Hier ist also die Zusammensetzung explizit festgelegt.
„Premium“ gehört nicht zu diesen geschützten Begriffen. Kann man es dann einfach ungestraft einsetzen? Nein, die Lebensmittelüberwachung wird dann voraussetzen, dass das Lebensmittel eine höhere Qualität als vergleichbare Lebensmittel derselben Art hat. Dies wird dann meist am Gehalt an wertgebenden Substanzen festgemacht. Wertgebende Substanzen bestimmen den Geschmack, werden in der Verkehrsberuhigung oder im Zutatenverzeichnis ausgelobt, also hervorgehoben oder sind einfach besonders teuer. Das sind in einem Erdbeercremeeis z.B. Erdbeeren aber auch Milch (wegen des Wortes Cremeeis). Wird mit solchen Begriffen geworben, so muss der Gehalt an wertgebenden Substanzen höher als bei normalen Produkten sein, oder es muss eine weitere wertgebende Substanz hinzugefügt worden sein.
Völlig sinnfrei, aber enorm gut klingend, ist der neue Begriff „Superfood“, denn was soll an diesem Essen nun „Super“ sein. Im wesentlichen steht er nur für exotische Nahrungsmittel, die bei uns eher unüblich sind wie Quinoa, Chia-Samen und Goji Beeren. Schaut man sich die Zusammensetzung dieser Lebensmittel an, so sind sie durchaus nicht „super“. Es gibt genügend heimische Nahrungsmittel, die hinsichtlich Vitamin- oder Mineralstoffgehalt genauso gut, teilweise sogar besser dastehen.
Gesetzlich nicht geregelt sind die zahlreichen Siegel, die man inzwischen auf den Produkten findet. Sie sagen nur aus, das der Hersteller aussagen sich an den Verpflichtungen dieses Siegels zu halten. Neben Siegeln hinter denen strenge Kontrolle stehen wie für die Bioprodukte von Demeter oder Bio-Land, gibt es auch Siegel die man einfach kaufen kann wie von der „European Vegetarion Union“ - ein Verein der nur dieses Siegel vermarktet. Dazwischen liegen alle Siegel. Manche mit Betriebs- oder zumindest Produktwegekontrollen wie das Fairtrade-Siegel oder MSC-Siegel für nachhaltige Fischwirtschaft andere sind reine Promotionssiegel, wie das "Produkt des Jahres 20xx" der Zeitschrift Lebensmittel Praxis - eine Promotionszeitschrift der Lebensmittelindustrie die auf ihrer Seite für 2016 rund 250 "Produkte des Jahres" aufführt – exklusiv ist etwas anderes. Der Trend geht zu noch mehr Siegeln, so hat unser Landwirtschaftsminister das Siegel „Tierwohl“ angeregt, das für eine konventionelle Landwirtschaft steht, bei dem die Tiere etwas bessere Haltungsbedingungen, als die Mindestanforderungen haben.
Ich will die Problematik an einer Gattung erläutern, die in den letzten Jahren sehr populär geworden ist: regionale Produkte. Hier tummeln sich gleich eine Reihe von Siegeln auf dem Markt zudem werden die Produkte auch ohne Siegel als „regional“ ausgegeben.
Anders als vom Verbraucher angenommen, ist der Begriff „regional“ nicht gesetzlich geregelt. Das bedeutet, es gibt keine verbindliche Definition und damit wird der Begriff „regional“ je nach Hersteller unterschiedlich gehandhabt.
Es gibt aber immerhin einige Siegel, die geprüft sind. Dies sind Siegel der Bundesländer. Die gibt es in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern. In einigen Bundesländern gibt es sogar mehrere Siegel, z.B. eines für normale und eines für Bioprodukte. Bei diesen Auszeichnungen wird regelmäßig überprüft, ob die Zutaten wirklich aus diesem Bundesland stammen. Das muss je nach Siegel zu 90 bis 100% der Fall sein.
Im Handel spielen diese Siegel aber keine große Rolle und wenn, dann findet man sie vor allem auf unverarbeiteten Rohprodukten, wo die Kontrolle einfach ist, wie Gemüse, Milch oder Kartoffeln.
Die meisten Produkte, die man im Handel findet und die sich „regional“ nennen, stammen von Handelsmarken der großen Discounter und Supermarktketten wie EDEKA, Rewe, Netto.
Diese Hersteller definieren „regional“ als die Vertriebsregion. Das ist bei den großen Konzernen meistens deutschlandweit. Die Bezeichnungen dieser Handelsmarken ist daher auch vage wie „Von hier“, „Unsere Heimat“ oder „Mein Land“. Manche Marken machen immerhin eine Aussage über die ungefähre Region wie bei „unser Norden“. Doch verlassen kann man sich darauf nicht. Rewe wollte bei einer Anfrage des Landwirtschaftsministeriums über den Ursprung der Zutaten der Eigenmarke „Echt bayrisch“ keine Angabe machen. Im Zweifelsfalle kann man also bei Eigenmarken nur davon ausgehen, dass das Produkt aus Deutschland stammt. Im Zweifelsfall informiert die Anschrift des Herstellers über die Herkunft, oder wenn diese fehlt, die Veterinärkontrollnummer.
Verbraucherverbände fordern eine bundesweit geltende Einschränkung des Begriffs „regional“ auf einen Umkreis von 60 km. Das ist für den Verbraucher angenehmer als die schon existierenden Ländersiegel. Diese nützen denen, die an den Grenzen von Bundesländern wohnen, nicht viel. Wiesbaden und Mainz liegen z.B. nahe beieinander an der Grenze von Rheinland-Pfalz und Hessen. „Regional“ wären daher für beide Städte Produkte aus beiden Bundesländern, doch nach dem Länderkonzept wären dies für Mainz nur Produkte aus Rheinland-Pfalz und für Wiesbaden Produkte aus Hessen. Der Autor hält bei deutschlandweit auftretenden Discountern und Ketten den 60-km-Radius aber für nicht durchführbar. Lidl, Aldi, Rewe und Edeka haben jeweils einige Tausend bis über 10.000 Märkte. Für jeden Laden würde ein anderer 60 km Radius gelten. Das bedeutet, einige Produkte, die es im Nachbarmarkt gibt, müsste man durch andere ersetzen, weil die Distanz beim einen Markt 58 km zum Erzeuger sind, beim nächsten Laden dann 61 km. Das ist nicht praktikabel. Die Idee, dass man den Begriff auf die Vertriebsregion beschränkt, ist daher nicht von der Hand zu weisen. Er berücksichtigt auch die Logistik der Unternehmen. Allerdings sind diese Vertriebsregionen oft so groß, dass der Begriff „Regional“ irreführend ist. Besonders bei Produkten, die vor allem in einer Region produziert werden, ist dies gegeben. So wird man im Norden und Osten Deutschlands viel Milch aus Bayern finden, weil in Bayern am meisten Milch produziert wird.
Zu wünschen wäre, dass man wenigstens die schon existierenden Siegel der Bundesländer vereinheitlicht. Bisher sieht jedes Landessiegel anders aus und nicht mal die eines Bundeslandes einheitlich (so gibt es für Bayern nicht weniger als drei unterschiedliche Siegel).
Bei den EU-Siegeln kann man bei den Stufen „geschützte Ursprungsbezeichnung“ und „geschützte geografische Angabe“ sicher sein, dass die Herstellung in einer Region erfolgte. Bei der geschützten Ursprungsbezeichnung die gesamte Herstellung, sonst mindestens ein Teilschritt. Diese Regionen sind noch begrenzter als Länder, teilweise umfassen sie nur eine Stadt. Ein Beispiel vom Wohnort des Autors: „Filderkraut“ oder „Filderspitzkraut“ ist eine geschützte geografische Angabe und das Spitzkraut stammt aus der nur 220 km2 großen Filder-Hochebene, genauer gesagt von den Gemeinden Aichtal, Denkendorf, Filderstadt, Köngen, Leinfelden-Echterdingen, Neuhausen auf den Fildern, Ostfildern und Wolfschlugen sowie folgenden Stadtbezirken von Stuttgart: Birkach, Degerloch, Möhringen, Plieningen, Sillenbuch und Vaihingen.
Das ist deutlich begrenzter als das Siegel von Baden-Württemberg, das 35.752 km2 also die 162-fache Fläche abdeckt. Weiterhin wird mit den EU-Siegeln auch die Qualität festgelegt, denn oft unterschieden die Produkte, die ein Siegel tragen durch eine besondere Verarbeitung oder teurere Rohstoffe sich von ähnlichen Produkten. Dies ist bei den Siegeln für Regionalität nicht gegeben. Nur weil etwas aus der Region stammt, ist es nicht unbedingt qualitativ hochwertiger. So dürften Milchprodukte und Fleisch aus Südbayern, wo die Freilandhaltung von Kühen üblich ist, eine wesentlich bessere Qualität aufweisen als aus Ostdeutschland, wo historisch bedingt die Massentierhaltung im Stall dominiert.
In den letzten Jahrzehnten hat sich einiges bei der Lebensmittelindustrie getan. Sie hat vor allem in Sachen Marketing sehr viel hinzugelernt und sie wirft immer mehr Produkte auf den Markt.
Auch die Medien haben sich des Themas angenommen. „Lebensmittel-Tests“ mit willkürlich festgelegten Kriterien sind in Mode und auch sonst taucht die Nahrung und vor allem verarbeitete Lebensmittel immer wieder in den Medien auf.
Es gab schon immer Verbrauchervereine, doch in den Medien taucht vor allem Food-Watch auf. Der Verein will vor allem politischen Druck ausüben und versucht daher so viel wie möglich mediale Aufmerksamkeit erregen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den traditionellen Verbrauchervereinen ist das dort sich mit den fragen Personen beschäftigen, die sich mit der Materie auskennen, wie Ernährungswissenschaftler. Bei Food Watch besteht das Team dagegen aus Politologen, Betriebswirten und Medienwissenschaftlern. Das ist gut, wenn man mediale Aufmerksamkeit haben will, doch es fehlt dann der Sachverstand von der Sache, die sie vertreten. Entsprechend groß ist ihr Hintergrundwissen in Sachen Ernährung und Lebensmittel, wie ich schon selbst in Telefonaten feststellen konnte. Die Forderungen erscheinen für Personen vom Fach weltfremd, trotzdem hat der Verein damit Erfolg: Kalbleberwurst heißt so (und zumindest seit 1953 so, als die erste Definition in den Leitlinien erschien) weil sie aus Kalbfleisch hergestellt wird. Darauf bezieht sich das „Kalb“ im Namen, nicht auf die Leber. Der Verein meint mangels Sachkenntnis, dass dies irreführend ist, und hat eine Kampagne gestartet. Das Ganze hat Erfolg: zwar gelten nach wie vor die Leitsätze und die Bezeichnung „Kalbleberwurst“ ist für eine Wurst aus Kalbsfleisch und Schweineleber zulässig, aber es gibt schon im Supermarkt inzwischen Würste, die sich "Kalbsfleisch-Leberwurst" nennen. Food Watch vertritt eine Gruppe, die das Gesetz nicht kennt: Den uninformierten Verbraucher und sie hat damit Erfolg.
Die Politik hat sich dem Trend angeschlossen und arbeitet weniger auf mehr gesetzliche Klarstellungen hin, um z.B. die Flut an Siegeln einzudämmen, als vielmehr auf öffentlich wirksame Aktionen wie eigene Siegel für „Tierwohl“ oder anstatt die Gesetzgebung für die Kennzeichnung zu verschärfen das Portal „Lebensmittelklarheit.de“ wo Verbraucher angebliche Verstöße melden sollen – nur hat dieses keinerlei Macht den Herstellern etwas vorzuschreiben.
Trotzdem hat sich die Gesetzgebung in einem Punkt in den letzten Jahren deutlich verändert: Während die meisten Gesetze für den Schutz des Verbrauchers, wie Rückstandshöchstmengenverordnung oder andere Verordnungen welche die Zusammensetzung von Lebensmittel regeln, seit Jahrzehnten sich kaum geändert haben, gibt es immer mehr Vorschriften für die Kennzeichnung.
Kurzum: Die Verpackungsangaben sind in den letzten Jahren erheblich komplexer geworden. Das erlaubt es zu vergleichen, z.B. das Erdbeereis mit dem höchsten Gehalt an Erdbeeren sich heraussuchen. Es bedeutet aber auch: Man hat mehr zu lesen, mehr Angaben und dazu kommen dann noch weitere Angaben des Herstellers wie Siegel oder Aussagen zum Produkt oder Betrieb, die werben sollen. Die Zahl der Siegel wird noch anwachsen. Schlussendlich schlägt inzwischen sogar das Verbraucherministerium ein Siegel „Tierwohl“ vor. Der nach Ansicht des Autors bessere Weg wäre es die gesetzlichen Vorschriften so abzuändern das diese Maßnahmen Bestandteil der Mindestanforderungen sind.
Daher ist eine kleine Einführung in das wichtigste Kennzeichnungselement, das Zutatenverzeichnis angesagt.
Die zentrale Vorschrift für die Kennzeichnung von Lebensmitteln war lange Zeit die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung, kurz LMKV. Sie beruht auf einer EU-Richtlinie, wodurch der Warenverkehr in der EU erleichtert wird, indem in allen EU-Staaten dasselbe Zutatenverzeichnis eingesetzt werden kann. Auf der anderen Seite ist es natürlich der kleinste gemeinsame Nenner der Interessen aller EU-Mitglieder. Sie wurde 2014 durch die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) abgelöst, die noch weiter in der Kennzeichnung ging, z. B. bei der Kennzeichnung von Allergenen, der Herkunftsangabe von Fleisch.
Zuerst einmal: Was muss gekennzeichnet werden? Die LMKV galt nur für Fertigpackungen, die LMIV gilt auch für unverpackte Lebensmittel. Bei diesen müssen die Angaben einsehbar sein oder durch Auskunft mitgeteilt werden z. B. durch einen Aushang, ein einsehbares Verzeichnis oder durch Fragen an die Verkäufer. Weiterhin gibt es einige Ausnahmen. Für bestimmte Lebensmittel, wie Wein und Milcherzeugnisse, gab es schon vorher Verordnungen zur Kennzeichnung, die weiterhin gültig bleiben. Dazu gibt es weitere Vorschriften wie die Diät-Verordnung, welche die Kennzeichnung und die Zusammensetzung von Lebensmitteln regelt, wenn sie für bestimmte Ernährungszwecke vorgesehen sind. Im Folgenden sollen die wesentlichen Angaben (nicht alle) erläutert werden.
Folgende Elemente muss die Kennzeichnung umfassen:
Dies ist keine komplette Liste. Es gibt für bestimmte Lebensmittel und bestimmte Stoffe noch weitergehende Vorschriften. Doch diese Vereinfachung ist ausreichend für die meisten Nahrungsmittel. Die Größe des Zutatenverzeichnisses ist inzwischen festgelegt. Für einen Kleinbuchstaben muss die Höhe der Schrift mindestens 1,2 mm (das ist so groß) betragen. Ausnahme sind kleine Verpackungen mit maximal 80 cm2 Größe.
Die Verkehrsbezeichnung ist nicht der Name des Produkts. Anhand der Verkehrsbezeichnung soll der Käufer erkennen können, was er vor sich hat. Der Handelsname ist daher nicht ausreichend. Wenn es ein „etabliertes“ Lebensmittel ist, also eines, das allgemein bekannt ist, reicht der Name der Produktkategorie aus, also zum Beispiel „Butter“ oder „Vollmilchschokolade“. Andernfalls muss eine kurze prägnante Beschreibung des Lebensmittels folgen, mit der sich der Verbraucher einen Eindruck verschaffen kann, um was es sich handelt wie zum Beispiel „Milchdessert mit verschiedenen Früchten und Himbeersirup“.
Erlaubt ist allerdings die Übernahme einer Verkehrsbezeichnung ohne ergänzende Angaben, wenn das Lebensmittel in einem anderen EU-Staat mit dieser Verkehrsbezeichnung zugelassen wurde. Da allerdings unsere Untersuchungsämter darauf bestehen, dass die Angaben in Deutsch erfolgen müssen, werden die meisten Verkehrsbezeichnungen aus dem Ausland wohl doch durch ergänzende Angaben ergänzt werden müssen. Eine Ausnahme könnten in Österreich zugelassene Lebensmittel sein, wie zum Beispiel die dort übliche Bezeichnung „Heuriger“, für jungen Wein.
Das Gesetz unterscheidet hier das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) und das Verbrauchsdatum. Der Verbraucher kennt meist den Unterschied nicht. Das Verbrauchsdatum muss bei sehr leicht verderblichen Waren, die nach kurzer Zeit durch mikrobiologische Vorgänge verdorben sind und dann gesundheitsschädlich sind angegeben werden. Hackfleisch weist zum Beispiel ein Verbrauchsdatum auf. Bei dem Verbrauchsdatum muss die Angabe „verbrauchen bis“ erfolgen, zusammen mit dem Datum und den Aufbewahrungsbedingungen, unter denen es gilt. Das ist meist der Fall bei gekühlter Aufbewahrung. Beim Mindesthaltbarkeitsdatum lautet die Angabe dagegen: „mindestens haltbar bis“. Es ist vorgeschrieben für alle Lebensmittel, selbst welche die jahrelang genießbar sind wie Zucker oder Reis. Das Mindesthaltbarkeitsdatum bedeutet nicht, dass das Lebensmittel nach dessen Überschreiten verdorben ist. Es isst vielmehr eine Art Garantie: Solange man das Lebensmittel unter den angegebenen Bedingungen lagert, ist es auf jeden Fall bis zu diesem Datum verzehrsfähig – es kann aber durchaus noch viel länger genussfähig sein. Während Verbrauchsdaten selten länger als einige Tage sind, können Mindesthaltbarkeitsdaten über Jahre gehen. Bei länger haltbaren Lebensmittel kann bei über 3 Monaten Haltbarkeit der Tag und bei über einem Jahr auch der Monat weggelassen werden.
Für den Handel haben die beiden Daten auch eine wichtige Bedeutung. Er darf keine Lebensmittel abgeben, deren Verbrauchsdatum überschritten ist. Das gilt nicht für das