Die Entstehung dieses Buchmanuskriptes wurde von meiner Frau Silvia Gropp unterstützt. Sie hat durch ihre explizite Mitarbeit, durch Recherchen, Korrekturen und inhaltliche Hinweise einen wichtigen Beitrag zur Entstehung geleistet. Ein besonderer Dank gilt ihrem Verständnis und ihrer geduldigen Unterstützung.

Personalmanagement

Teil 1:

Rechtliche Rahmenbedingungen als Grundlage personalwirtschaftlichen Handelns

Teil 2:

Funktionsbereiche des Personalmanagements - eine prozessorientierte Betrachtung

Teil 3:

Vertiefungsthemen und Übungen zu ausgewählten Funktionsbereichen der Personalwirtschaft

Von

Reiner Müller

Diplom Kaufmann

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

© 2017 Reiner Müller

Illustration: Reiner Müller

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Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 978-374-482-7997

Der Autor

Diplom-Kaufmann Reiner Müller, studierte an der Universität Mannheim mit den Schwerpunkten Personalwirtschaft, Jura, Marketing und Psychologie.

Nach Abschluss des Studiums arbeitete er langjährig zunächst als Personalreferent und dann als Abteilungsleiter im Personal- und Ausbildungsbereich zweier international tätiger Konzernunternehmen aus der Chemie- und IT-Branche.

Seine Aufgabenschwerpunkte lagen in der Rekrutierung von Mitarbeitern/innen, Konzeption und Durchführung von innerbetrieblichen Seminaren und Schulungen sowie in der Betreuung von Auszubildenden als Ausbilder.

Derzeit arbeitet er als Lehrkraft an der Fachschule für Hotelbetriebswirtschaftslehre und Hotelmanagement (FHH) in Heidelberg. Schwerpunkte bilden die Fachbereiche Personalwirtschaft, Allgemeines Schuldrecht, Arbeits-, Hotel- und Gaststättenrecht sowie Volkswirtschaftslehre.

Parallel dazu war er auch in den o. g. Schwerpunkten mit einem Lehrauftrag an der Dualen Hochschule in Mannheim betraut. Eine weitere Dozententätigkeit im Rahmen der gastgewerblichen Meisterausbildung an der HoFa-Akademie gem. GmbH an der o. g. FHH in Heidelberg rundet sein Erfahrungsspektrum ab.

Oftersheim, im Juli 2017

Reiner Müller

Inhaltsverzeichnis

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht.

Abschnitt 1:

Entgeltfortzahlung

Abschnitt 1: Entgeltfortzahlung

Einleitende Situationsbeschreibung 1

Arbeitnehmerin R arbeitet seit dem 01.03. d. J. bei einem Unternehmen als Controllerin. In ihrer Freizeit betreibt sie seit 5 Jahren Gleitschirmfliegen als Sportart. Am 15.03. d. J. zieht sie sich bei einer Landung mit einem Gleitschirm einen komplizierten Unterschenkelbruch zu. Sie ist bis einschließlich 13.05. d. J. arbeitsunfähig. Beurteilen Sie die entstandene Situation nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (siehe Prüfraster für Situationsbeschreibung 1 auf den nachfolgenden Seiten).

Einleitende Situationsbeschreibung 2

Arbeitnehmer R arbeitet seit 3 Jahren bei einem Unternehmen als Systemanalytiker. Für folgende Zeiten liegt Arbeitsunfähigkeit vor.

a) Rheuma 18.11.x1 bis 21.12.x1
b) Asthma 10.01.x2 bis 14.01.x2
c) Rheuma 04.06.x2 bis 24.06.x2
d) Rheuma 01.08.x2 bis 21.09.x2
e) Asthma 04.11.x2 bis 14.12.x2
f) Asthma 13.01.x3 bis 14.02.x3
g) Grippe 04.03.x3 bis 15.03.x3
h) Beinbruch 14.03.x3 bis 02.05.x3

Nehmen Sie zu der entstandenen Situation Stellung (siehe Bearbeitungstabelle für Situationsbeschreibung 2 auf den nachfolgenden Seiten).

1. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle

1.1 Grundlagen und Voraussetzungen

Grundlage der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle bildet das Entgeltfortzahlungsgesetz, dessen Anwendungsbereich im § 1 II EntgFG festgelegt wird. Hierin wird u. a. die Zahlung des Arbeitsentgelts an gesetzlichen Feiertagen als auch die hier näher betrachtete Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall an Arbeitnehmer geregelt.

Als weitere Voraussetzungen sind zunächst die Vorschriften des § 3 I EntgFG zu nennen:

so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen (42 Kalendertage).

Arbeitsunfähigkeit:

Nach der gängigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) wird unter Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit folgendes verstanden:

Dieselbe Erkrankung kann (je nach Berufsbild) bei dem einen Arbeitnehmer zur Arbeitsunfähigkeit führen, während ein anderer Arbeitnehmer trotz der Erkrankung arbeitsfähig bleibt. Folgendes Beispiel verdeutlicht dies: Nach einem Unfall muss ein Arbeitnehmer einen Gehgips an einem Bein tragen. Weitere Beeinträchtigungen liegen nicht vor. Übt der Arbeitnehmer nun eine körperliche Tätigkeit aus, die ständiges Stehen oder Gehen erfordert (z. B. Bauarbeiter, Verkäufer) wird somit Arbeitsunfähigkeit bestehen. Bei einer eher kaufmännischen bzw. sitzenden Tätigkeit kann durchaus Arbeitsfähigkeit bestehen.

Ursache und Verschulden:

Auf die Ursache der Arbeitsunfähigkeit kommt es grundsätzlich nicht an. Der Anspruch besteht also auch, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeits-, Sport- oder Verkehrsunfall verursacht wurde.

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht aber nur dann, wenn den Arbeitnehmer an der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit kein Verschulden trifft. Ein schuldhaftes Verhalten liegt nach BAG nur dann vor „wenn der Arbeitnehmer in erheblichem Maße gegen die von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartenden Verhaltensweise verstößt“. Sportverletzungen sind in diesem Sinne dann unverschuldet, wenn die Sportart sorgfältig und nach den anerkannten Regeln und Ausbildungsrichtlinien durchgeführt wird. Den Sprachgebrauch einer im eigentlichen Sinne „gefährlichen“ Sportart hat das BAG aufgegeben. Würde jedoch eine Person einen Gleitschirmsprung in eigener Regie ohne jeglichen Kurs im Gebirge durchführen und dabei einen Unfall erleiden, so läge eine verschuldete Arbeitsunfähigkeit vor.

Wartezeit:

Ein neu eingestellter Arbeitnehmer hat jedoch nach § 3 III EntgFG in den ersten vier Wochen der Beschäftigung zunächst eine Wartezeit und somit keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle. Dafür zahlt i. d. R. die Krankenkasse das Krankengeld. Besteht die Arbeitsunfähigkeit über das Ende der vierten Beschäftigungswoche hinaus, zahlt der Arbeitgeber vom Beginn der fünften Woche an das Entgelt bis zu sechs Wochen fort. Die Wartezeit verkürzt also den Fortzahlungsanspruch nicht.

Dauer des Entgeltfortzahlungsanspruches:

Die Sechs-Wochen-Frist beginnt grundsätzlich mit dem Tag nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Dies gilt auch dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit während der Arbeitszeit anfängt. Wird der Arbeitnehmer allerdings an einem Arbeitstag vor Beginn der Arbeit arbeitsunfähig, zählt dieser Tag bereits mit.

Folgende Beispiele verdeutlichen diesen Sachverhalt:

  1. Ein Arbeitnehmer wird im Laufe des 05.08. d. J. arbeitsunfähig und beendet seine Arbeit nach vier Stunden. Die Arbeitsunfähigkeit dauert bis zum 10.10. d. J. an. Die Sechs-Wochen-Frist beginnt nun am 06.08. d. J. und endet am 16.09. d. J. (42 Kalendertage). Bis zu diesem Tag leistet der Arbeitgeber Entgeltfortzahlung. Die für den 05.08. d. J. geleistete teilweise Entgeltfortzahlung wird auf die sechs Wochen nicht angerechnet.
  2. Ein Arbeitnehmer erleidet am 05.08. d. J. auf dem Weg zur Arbeit einen Unfall und ist bis zum 10.10. d. J. arbeitsunfähig.
    Da er vor Beginn der Arbeit arbeitsunfähig erkrankt ist, zählt der 05.08. d. J. für die Berechnung der sechs Wochen bereits mit. Die Entgeltfortzahlung endet somit am 15.09. d. J.

Endet das Arbeitsverhältnis allerdings nach Beginn der Entgeltfortzahlung, zum Beispiel bei einer befristeten Beschäftigung, endet auch die Entgeltfortzahlung. Dies gilt allerdings nicht, wenn das Arbeitsverhältnis wegen der Arbeitsunfähigkeit gekündigt wurde. In diesem Falle ist das Entgelt auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus zu zahlen.

Prüfraster: Einleitende Situationsbeschreibung 1

1.2 Wiederholte Arbeitsunfähigkeit

Wird ein Arbeitnehmer kurzfristig hintereinander wegen verschiedenen Krankheiten arbeitsunfähig, so besteht jeweils ein Anspruch auf bis zu sechs Wochen Entgeltfortzahlung. Dies gilt auch dann, wenn die zweite Erkrankung unmittelbar nach Abschluss der ersten Arbeitsunfähigkeit eintritt.

Folgendes Beispiel verdeutlicht diesen Sachverhalt: Ein Arbeitnehmer erkrankt arbeitsunfähig vom 05.01. bis zum 10.02. d. J. an einem Bandscheibenleiden (Krankheit A). Für diesen Zeitraum ergibt sich zunächst die reguläre Entgeltfortzahlung, da die Sechs-Wochen-Frist nicht ausgeschöpft ist. Angenommen er erkrankt nun vom 11.02. bis zum 01.03. d. J. erneut an einem Magengeschwür (Krankheit B), so gilt für diese Erkrankung erneut die Sechs-Wochen-Frist.

Erkranken Arbeitnehmer jedoch während der Arbeitsunfähigkeit an einer weiteren Krankheit, die für sich allein betrachtet ebenfalls Arbeitsunfähigkeit auslöst, haben sie trotzdem nur Anspruch auf insgesamt sechs Wochen Entgeltfortzahlung.

Folgendes Beispiel verdeutlicht diesen Sachverhalt: Ein Arbeitnehmer ist am 01.07. d. J. wegen der Krankheit A bis auf Weiteres arbeitsunfähig. Am 04.08. d. J. tritt die Krankheit B hinzu, die für sich betrachtet ebenfalls Arbeitsunfähigkeit verursacht. Auch diese Krankheit dauert an. Der Arbeitgeber hat somit Entgeltfortzahlung bis einschließlich 11.08. d. J. zu leisten. Durch die hinzugetretene Krankheit entsteht somit kein neuer Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung.

War die Arbeitsunfähigkeit wegen der ersten Krankheit allerdings bereits beendet, stehen Arbeitnehmern erneut sechs Wochen Entgeltfortzahlung zu, auch wenn sie zwischendurch ihre Arbeit nicht wieder aufgenommen haben.

Folgendes Beispiel verdeutlicht diesen Sachverhalt: Ein Arbeitnehmer ist am 01.07. d. J. wegen der Krankheit A bis einschließlich 06.08. d. J. arbeitsunfähig. Am 07.08. d. J. erkrankt er an Krankheit B, die bis zum 10.09. d. J. Arbeitsunfähigkeit verursacht. Der Arbeitgeber leistet somit die Entgeltfortzahlung aufgrund der Krankheit A bis einschließlich 06.08. d. J. Für die Krankheit B entsteht nun ein neuer Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung, beginnend mit dem 07.08. d. J. Der Arbeitgeber muss somit bis zum 10.09. d. J. Entgeltfortzahlung leisten.

1.3 Die „Zwölf- und Sechs-Monats-Fristen“ bei Folgeerkrankungen

Führt dieselbe Krankheit (sog. Folgeerkrankung) nach § 3 I, 2, Zif. 2 EntgFG innerhalb von zwölf Monaten wieder zur Arbeitsunfähigkeit, so wird die bisherige Arbeitsunfähigkeit auf den Entgeltfortzahlungsanspruch angerechnet. Diese Zwölf-Monats-Frist wird vom Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit berechnet, für die ein neuer sechswöchiger Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht.

Ausnahme: Liegen nach § 3 I, 2, Zif. 1 EntgFG zwischen zwei Arbeitsunfähigkeiten mindestens sechs Monate, so entsteht ein neuer Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung. Dies gilt auch, wenn innerhalb dieser sechs Monate Arbeitsunfähigkeit wegen einer anderen Erkrankung besteht. Die Sechs-Monats-Frist wird dadurch auch nicht verlängert.

Dieselbe Krankheit liegt dann vor, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf dieselbe Ursache, also dasselbe Grundleiden zurückzuführen ist.

Bearbeitungstabelle: Einleitende Situationsbeschreibung 2