Anmerkungen
1 In der griechisch-römischen Mythologie wurde Vergessen als Voraussetzung für Wiedergeburt beziehungsweise den Übergang in einen paradiesischen Zustand (Elysium) angesehen. Siehe Vergil: »Alle, sobald sie ihr Rad durch tausend Jahre hin wälzten, ruft zur Lethe der Gott in mächtiger Schar – wie du weißt: dass ohne Erinnerung sie dann die höhere Wölbung erblicken und damit sie beginnen, sich wiederverkörpern zu wollen.« (Publius Vergilius Maro: Aeneis 6, 703–755)
2 Wenn Sie sich vertieft für das Thema der evolutionären Psychologie interessieren, verweisen wir Sie auf die Bücher von David Buss (Buss, 2014).
3 Klassisch genetisch bedeutet, dass das Merkmal auf einem bestimmten Code von Nukleinsäuren beruht, der die Struktur eines Proteins beschreibt.
4 Epigenetisch bedeutet, dass das Merkmal darauf beruht, dass eine bestimmte Gensequenz präferentiell ausgelesen wird, während andere Gensequenzen beispielsweise durch Methylierungsprozesse nur schwer ausgelesen werden können.
5 Peergroup ist die Gruppe von gleichaltrigen Männern und/oder Frauen, die unter ähnlichen sozialen Umständen lebt, ähnliche Bildungserfahrungen und ähnliche kulturelle Präferenzen hat. Die Peergroup ist deshalb der entscheidende Orientierungspunkt für menschliches Verhalten.
6 Wenn Sie sich für vertiefende wissenschaftliche Literatur zum Thema Werte interessieren, möchten wir Sie auf die Arbeiten von Shalom Schwartz und Steven Hayes hinweisen.
7 »Holding goals lightly« ist eine wichtige Aussage der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (Luoma, Hayes, & Walser, 2007).
8 Allokation ist ein Begriff, der aus den Wirtschaftswissenschaften stammt, mittlerweile aber auch in der Medizin und in der Psychologie verwendet wird. Es geht um die Zuweisung eines begrenzt verfügbaren Guts zu einer bestimmten Funktion, also beispielsweise Kapital für den Kauf einer Maschine, Glukose für das Gehirn in einer Stresssituation oder Zeit für eine bestimmte berufliche Aufgabe oder eine zwischenmenschliche Beziehung. Es geht hier nicht nur um den Vorgang der Zuweisung des begrenzten Guts, sondern auch um die Entscheidung, es nicht für etwas anderes zu verwenden.
9 Perfektionismus und Exzellenz sind zwei gegensätzliche Strategien, mit denen Menschen ihr Streben nach guten Leistungen und Anerkennung steuern können. Perfektionismus setzt an der Vermeidung von Fehlern an. Perfektionistische Menschen vermeiden allerdings die Erledigung von Aufgaben, bevor sie diese unvollkommen erledigen. Exzellenzorientierte Menschen nehmen dagegen Fehler bewusst in Kauf und begreifen sie als notwendig und unausweichlich auf dem Weg zu ungewöhnlichen Leistungen. Exzellenzorientierte Strategien erfordern Konzentration auf wenige spezifische Punkte und geben die Erlaubnis, Prioritäten zu setzen und damit andere Dinge zu vernachlässigen. Die Dialektik zwischen Perfektionismus und Exzellenz ist ein wesentlicher Gegenstand moderner Verhaltenstherapie bei zwanghafter Persönlichkeitsstörung (Shafran, Cooper, & Fairburn, 2002).
10 Default bezeichnet eine Voreinstellung in einem System oder Gerät. Der Default Effect ist in der Psychologie die Option, die man erhält, wenn man nichts tut.
11 Von intermittierender Verstärkung spricht man, wenn auf ein bestimmtes Verhalten ein positives Ereignis oder die Beendigung eines negativen Ereignisses nicht kontinuierlich, sondern mit einer variablen Rate erfolgt. Intermittierende Verstärkung führt unter bestimmten Umständen zu einer höheren Frequenz des Verhaltens als kontinuierliche Verstärkung. Verhalten, das intermittierende Verstärkung erfahren hat, ist besonders resistent gegen Veränderung (partial reinforcement extinction effect) (Bouton, 2007; Chance, 2014).
12 Furchtlosigkeit ist ein Zustand, in dem in Situationen, die von anderen Menschen als bedrohlich antizipiert werden, keine Angst oder Furcht wahrgenommen wird. Furchtlosigkeit ist ein wesentliches Thema von Forschung zu Psychopathie und antisozialer Persönlichkeitsstörung (Marsh, 2013). Furchtlosigkeit kann erworben werden, indem man Opfer, Täter oder Zeuge von Gewalt oder schweren Erkrankungen wird. Furchtlosigkeit kann aber auch Bestandteil eines angeborenen Temperaments sein.
13 Eine genaue Ausarbeitung und Systematisierung dieses Wissensbereichs ist Burrhus Skinner zu verdanken (dem »Darwin« der Verhaltenswissenschaften ), der auch den Begriff des operanten Lernens in die Psychologie eingeführt hat. Operantes Verhalten (von lateinisch »operare« = arbeiten) beeinflusst die Umwelt und wird durch seine Konsequenzen aufrechterhalten und beeinflusst. Operantes Verhalten steht im Gegensatz zu respondentem Verhalten, das durch den jeweiligen Stimulus geprägt wird. Operantes Lernen kann in vier Kategorien eingeteilt werden: 1) Verstärkung (Belohnung), 2) Bestrafung, 3) negative Verstärkung (indirekte Belohnung durch Wegfall eines aversiven Zustandes), 4) Löschung (Ausbleiben einer Belohnung).
14 Besonders wichtig ist ein Verständnis des Einflusses von Konsequenzen auf das eigene Verhalten. Entgegengesetztes Handeln ist ein wichtiges Konzept zur Überwindung von Verhaltensblockaden. Es ist ein zentrales Konzept der dialektisch-behavioralen Therapie von Marsha Linehan. Zu jeder Emotion gehört ein emotionsgetriebenes Verhalten, Furcht begünstigt Flucht, Scham sozialen Rückzug, Wut aggressives Verhalten. Entgegengesetztes Handeln bedeutet, das Gegenteil von dem zu tun, was die Emotion sagt, sich auf eine gefährliche Situation zubewegen, sich nicht zurückziehen, obwohl man gegen eine soziale Norm verstoßen hat, oder freundlich zu jemanden sein, obwohl sich dieser bedrohlich verhält.
15 Propriozeption ist die Wahrnehmung der Information aus Bewegungssensoren der Gelenke und der Muskulatur. Durch Propriozeption weiß man auch im Dunkeln, in welcher Körperlage man sich befindet, ob ein Gelenk gebeugt oder gestreckt ist.
16 Taktile Wahrnehmung ist die Wahrnehmung aus den Berührungssensoren der Haut.
17 Automatische negative Bewertungen sind ein wichtiger Ansatzpunkt der klassischen kognitiven Therapie, wie sie ursprünglich von den Therapieentwicklern Beck und Ellis vorgeschlagen wurde (Beck & Dozois, 2011; Dryden, David, & Ellis, 2010).
18 Auch für diesen Begriff gibt es noch keine feststehende Übersetzung. Er bedeutet Entscheidungsfindung auf der Grundlage eines einzigen Grundes.
19 Eine Vielzahl von Beispielen dazu, wie Furcht und Angst davor schützen können, Opfer von Gewalt zu werden, finden sich bei De Becker (De Becker, 1997).
20 Eine wichtige Rolle spielt hier der Haupthistokompatibilitätskomplex. Menschen ziehen Partner mit einem unterschiedlichen Muster von Oberflächenantigenen vor. Die Wahrnehmung dieses Unterschieds erfolgt offensichtlich über den Geruch (Pause, 2011).
21 Habituation ist eine wichtige Form des Lernens. Sie erfolgt häufig unbewusst. Habituation erfolgt, wenn man sich wiederholt einem bedrohlichen Stimulus oder einer Situation aussetzt, die sich dann aber als bewältigbar oder ungefährlich erweist. Die Reaktion auf den Auslöser schwächt sich dann allmählich ab und kann schließlich völlig ausbleiben.
22 Beginner’s Mind (Shoshin) ist ein Konzept aus dem Zen-Buddhismus. Es bedeutet eine Haltung von Offenheit und Verzicht auf Bewertung gegenüber Personen, Gegenständen oder Situationen. In seiner psychologischen Version bedeutet Beginner’s Mind, sich Personen, Gegenständen oder Situationen so anzunähern, »wie wenn es das erste Mal wäre«. Die Anwendung von Beginner’s Mind ist eine wichtige Fertigkeit im Umgang mit den Nebenwirkungen von mentaler Simulation.
23 Es erscheint erst einmal unlogisch, hier von einer Bidirektionalität und nicht von einem unidirektionalen Einfluss einer Bewertung auf eine Emotion auszugehen. Tatsächlich konstruiert das Gehirn in seinem assoziativen Netzwerk alle Beziehungen bidirektional. Wenn Sie sich für die wissenschaftlichen Grundlagen und weitere Implikationen interessieren, dann informieren Sie sich über die Relational Frame Theory (Hayes, Barnes-Holmes, & Roche, 2001).
24 Nerd ist ein aus dem amerikanischen kommendes Stereotyp, das Menschen beschreibt, die eine intensive Beschäftigung mit Wissenschaft, Mathematik oder Informatik betreiben und gleichzeitig interpersonell sehr ungeschickt sind.
25 Der Begriff Belohnungssystem beschreibt die neuroanatomischen Strukturen im Gehirn (u. a. mesolimibische und mesokortikale Bahnen, die für Verstärkungsprozesse erforderlich sind). Eine Belohnung ist ein Stimulus, der, wenn er nach einem Verhalten gegeben wird, die Wahrscheinlichkeit für die Wiederholung dieses Verhaltens erhöht. Primäre Verstärker haben einen unmittelbaren Wert für das Überleben (Nahrung, Flüssigkeit oder Sexualität), sekundäre Verstärker wie Geld leiten ihre Bedeutung von primären Verstärkern ab. Das Belohnungssystem ist offensichtlich der primäre Ort der für diese Prozesse erforderlichen Informationsverarbeitung. Auf der neurochemischen Ebene spielt Dopamin eine entscheidende Rolle im Belohnungssystem.
26 Dopamin ist eine Überträgersubstanz aus der Gruppe der Katecholamine, die im Körper ausgehend von der Aminosäure Tyrosin synthetisiert wird. Das dopaminerge System findet sich im Zentralnervensystem und im Mittelhirn. Es gilt gemeinhin als Glückshormon.
27 Reziprozität (von lateinisch reciprocus, aufeinander bezogen, wechselseitig) ist ein Grundprinzip menschlichen Verhaltens. Es bedeutet, dass das eigene Verhalten auf andere bezogen ist und auf Gegenseitigkeit beruht. In reziproken Beziehungen herrscht gegenseitiges Wohlwollen. Geben und Nehmen wechseln sich ab.
28 Die daraus folgende, in den 1950ern und 1960ern populäre Lebenslüge ist, dass es »die anderen« waren, die in dieser Bewegung vorausgegangen waren, während man selbst schon damals – 1933 – vorhersagt hatte, dass alles ein schreckliches Ende nehmen würde.
29 Eine seltene Erkrankung, die etwa 10 bis 15 von 100 eineiigen Zwillingsschwangerschaften mit einer gemeinsamen Plazenta betrifft.
30 Das Hedonismus-Paradox besagt, dass Glück nicht direkt, sondern allenfalls indirekt erreicht werden kann.
31 Die Verstärkerdefizittheorie (Lewinsohn, 1974) ist eine der wichtigsten psychologischen Theorien zur Erklärung von Depression. Konkret bei Sandra bedeutet dies, dass sie vielfältige Anstrengungen unternimmt, insbesondere in ihrer Partnerschaft, aber für diese Anstrengungen nur wenig Belohnung in Form von liebevoller Zuwendung erhält.
32 Bei der Satisficing-Heuristik definiert man Mindestkriterien für eine Auswahlentscheidung und entscheidet sich dann für die erste Person oder den ersten Gegenstand, die oder der die Kriterien erfüllt.
33 Das Angstnetzwerk umfasst die Gehirnstrukturen, die in Gefahrensituationen konsistent eine erhöhte Aktivität aufweisen wie Amygdala, orbitofrontaler Kortex, medialer präfrontaler Kortex, sympathisches Nervensystem, Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-System (Etkin, 2009; Etkin, Egner, & Kalisch, 2011).
34 Loss Aversion ist der Fachbegriff für eine höhere Sensitivität gegenüber Verlusten im Vergleich zu Gewinnen (Tversky & Kahneman, 1991). Ein hohes Ausmaß an Loss Aversion führt langfristig zu schlechteren Anlageentscheidungen oder Kaufentscheidungen. Loss Aversion führt auch dazu, dass man sich sehr viel weniger über Einkommenszuwächse freut, als man sich über sinkendes Einkommen grämt (Boyce, Wood, Banks, Clark, & Brown, 2014).
35 Der bekannte Entwicklungspsychologe Piaget bezeichnete diese Gruppe von Fertigkeiten als »operatorisches Denken« (Beilin & Pufall, 1992). Operatorisch, weil es auf Ergebnisse und Konsequenzen ausgerichtet ist. Er beschrieb auch, dass sich die zugrundeliegenden Fertigkeiten erst im Laufe der Adoleszenz vollständig entwickeln.
36 Persönlichkeitsstörungen sind definiert durch andauernde problematische Muster des Verhaltens, Denkens und emotionalen Erlebens, die seit der Jugend bestehen und zu einer erheblichen Beeinträchtigung führen. Bei der dependenten Persönlichkeitsstörung stehen problematische Abhängigkeitsbeziehungen im Vordergrund.
37 Kostenlose Audiofiles zum Attention Training finden Sie unter http://www.metakognitivetherapie.de/aufmerksamkeitstraining-att
38 Viele Details zu Defusionsübungen finden Sie in den Büchern von Stephen Hayes (Hayes, 2012; Hayes, Strosahl, & Wilson, 1999).
39 Genaueres über Validierungsstrategien können Sie bei Marsha Linehan nachlesen (Linehan, 1997).