Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
2. Auflage 2021
© Copyright 2021 – Prof. Dr. Marco Becker – Alle Rechte vorbehalten
Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt
ISBN: 978-3753413075
Dieses Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags und des Autors unzulässig und strafbar. Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlags und des Autors vervielfältigt oder öffentlich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung für Schulungszwecke und bei der Digitalisierung dieses Werkes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Bezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigen auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz – Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann genutzt werden dürfen.
Soweit in diesem Werk Personen- und Funktionsbezeichnungen nicht ausdrücklich in der weiblichen oder männlichen Form genannt werden, gelten die sprachlichen Bezeichnungen in der männlichen Form sinngemäß auch in der weiblichen Form.
Haftungsausschluss
Die Benutzung dieses Buches und die Umsetzung der darin enthaltenen Informationen erfolgt ausdrücklich auf eigenes Risiko. Haftungsansprüche gegen den Verlag und den Autoren für Schäden materieller oder ideeller Art, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der Informationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und/oder unvollständiger Informationen verursacht wurden, sind grundsätzlich ausgeschlossen. Rechts- und Schadenersatzansprüche sind daher ausgeschlossen. Das Werk inklusive aller Inhalte wurde unter größter Sorgfalt erarbeitet. Der Verlag und die Autoren übernehmen jedoch keine Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit und Qualität der bereitgestellten Informationen. Druckfehler und Falschinformationen können nicht vollständig ausgeschlossen werden. Der Verlag und auch der Autor übernehmen keine Haftung für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der Inhalte des Buches, ebenso nicht für Druckfehler. Es kann keine juristische Verantwortung sowie Haftung in irgendeiner Form für fehlerhafte Angaben und daraus entstandene Folgen vom Verlag bzw. den Autoren übernommen werden.
Qualitätsmanagement unterliegt – wie viele Teildisziplinen der Betriebswirtschaftslehre – einem kontinuierlichen Wandel.
Dieses Lehrbuch wurde für die zweite Auflage komplett überarbeitet. Hierbei wurden insbesondere das vierte Kapitel und Teile des sechsten Kapitels vollständig ersetzt. Kapitel 4 enthält nunmehr einen allgemeinen Exkurs zum Thema Management-Systeme. Kapitel 6.3 enthält nach wie vor eine ausführliche Darstellung des EFQM-Modells für Business Excellence. Das EFQM-Modell wurde turnusmäßig grundlegend überarbeitet und zu Beginn des Jahres 2020 in seiner 5. Revision veröffentlicht. In allen anderen Kapiteln wurden ebenfalls Veränderungen – wenn auch in einem etwas geringeren Umfang – vorgenommen. Somit gibt dieses Lehrbuch nunmehr den aktuellen Stand der Praxis wieder.
Für Anregungen, Kritik und Verbesserungsvorschläge zu diesen Fallstudien bin ich Ihnen stets dankbar. Bitte schreiben Sie an:
mail@marco-becker.net
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Spaß bei der Beschäftigung mit dem Thema Qualitätsmanagement.
Pinneberg im März 2021
Prof. Dr. Marco Becker
Qualitätsmanagement ist – aus akademischer Sicht – eine eher jüngere Teildisziplin der Betriebswirtschaftslehre. In der Praxis hat sie sich hingegen mindestens seit der Einführung der Serienfertigung Anfang des 20. Jahrhunderts durch Henry Ford eine permanente Bedeutung gesichert. Dabei wurde der Begriff Qualität in den letzten rund 120 Jahren einem grundlegenden Strukturwandel unterzogen. In den Anfängen der Industrialisierung ging es primär um die operative Qualitätssicherung – also das Aussortieren von fehlerhaften Produkten, während sich der Qualitätsbegriff zur Jahrtausendwende bereits zum strategischen Qualitätsmanagement – also hin zum Konzept der präventiven Fehlervermeidung – entwickelt hat.
In diesem Lehrbuch sollen die wesentlichen Grundlagen des Qualitätsmanagements in einer kompakten und verständlichen Art und Weise vorgestellt werden.
Für Anregungen, Kritik und Verbesserungsvorschläge zu diesen Fallstudien bin ich Ihnen stets dankbar. Bitte schreiben Sie an:
mail@marco-becker.net
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und Spaß bei der Beschäftigung mit dem Thema Qualitätsmanagement.
Pinneberg im Dezember 2018
Prof. Dr. Marco Becker
Abb. 1-1: Qualitätsarten
Abb. 1-2: Effekte unzufriedener Kunden
Abb. 1-3: Zehnerregel der Fehlerkosten
Abb. 1-4: Qualitätsverständnis im Wandel der Zeit
Abb. 1-5: Strukturwandel im Qualitätsverständnis
Abb. 1-6: Qualitätsmanagement
Abb. 1-7: Funktionen des Qualitätsmanagements
Abb. 1-8: Operativer vs. evolutionärer Regelkreis
Abb. 1-9: Problemlösungszyklus
Abb. 2-1: Aufbau der Normenfamilie der DIN EN ISO 9000 ff.
Abb. 2-2: QM-Grundsätze nach DIN EN ISO 9001:2015
Abb. 2-3: Qualitätspolitik nach DGQ e.V.
Abb. 2-4: Einflussfaktoren auf ein QM-System
Abb. 2-5: Dokumentationsarten im Qualitätsmanagement-Systemen
Abb. 3-1: Bestandteile des Total Quality Managements
Abb. 3-2: TQM-Prinzip
Abb. 3-3: TQM-Gebäude
Abb. 3-4: Total Quality Management vs. Qualitätssicherung
Abb. 3-5: Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
Abb. 4-1: Definition
Abb. 4-2: Anforderungen an erfolgreiche Management-Systeme
Abb. 4-3: Zielsystem der Funktionsbereiche
Abb. 4-4: Aufgaben von Management-Systemen
Abb. 4-5: Projektplan zur Einführung eines Management-Systems
Abb. 4-6: Typische Management-Systeme im Unternehmen
Abb. 4-7: Inhaltliche Übereinstimmungen in Management-Systemen
Abb. 4-8: Führende Rolle des Qualitätsmanagements
Abb. 4-9: Umsetzung der Integration in der Praxis
Abb. 4-10: Überblick über die DIN High-Level-Structure
Abb. 5-1: Aufbau der DIN EN ISO 9001:2015
Abb. 5-2: PDCA-Regelkreis
Abb. 5-3: PDCA-Regelkreis im Kontext der DIN EN ISO 9001:2015
Abb. 5-4: Prozessmodell der DIN EN ISO 9001:2015
Abb. 5-5: Zusammenhang der Kernelemente
Abb. 5-6: Dokumente eines Qualitätsmanagement-Systems
Abb. 6-1: Zusammenhang von Effektivität und Effizienz
Abb. 6-2: Prozesshierarchie
Abb. 6-3: Nutzen der Prozessorientierung
Abb. 6-4: Mehrwert für das Unternehmen durch KAIZEN
Abb. 6-5: Historische Entwicklung des EFQM-Modells
Abb. 6-6: Vom Ego- zum Eco-System
Abb. 6-7: Ausrichtung – Realisierung - Ergebnisse
Abb. 6-8: Beziehung zwischen den Kriterien des EFQM-Modells
Abb. 6-9: Lernprozess
Abb. 6-10: 17 Ziele der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung
Abb. 6-11: Zusammenfassung EFQM-Modell 2020
Abb. 6-12: Trends, die das EFQM-Modell 2020 beeinflussen
Abb. 6-13: Definition der EFQM RADAR-Logik
Abb. 6-14: EFQM RADAR-Logik im Kontext des EFQM-Modells 2020
Abb. 6-15: EFQM RADAR-Logik als Diagnosetool
Abb. 6-16: Vorlage zur Selbstbewertung
Abb. 6-17: Aktionsplan
Abb. 6-18: Aktionsplan
Abb. 6-19: Nennwerte
Abb. 7-1: Primär-, Sekundär- und Kommandoausfälle
Abb. 7-2: Einflussgrößen auf die Qualität → Ursache-Wirkungs-Diagramm
Abb. 7-3: Fehlerursachen und Maßnahmen → Einflussbereich – Mensch
Abb. 7-4: Fehlerursachen und Maßnahmen → Einflussbereich – Maschine
Abb. 7-5: Fehlerursachen und Maßnahmen → Einflussbereich – Methode
Abb. 7-6: Fehlerursachen und Maßnahmen → Einflussbereich – Material
Abb. 7-7: Fehlerursachen und Maßnahmen → Einflussbereich – Milieu
Abb. 7-8: Fehlerursachen und Maßnahmen → Einflussbereich – Messung
Abb. 7-9: Erweitertes Ursache-Wirkungs-Diagramm
Abb. 7-10: Ansatzpunkte zur Verbesserung der Qualität
Abb. 8-1: Überblick: Statistische Verfahren im Qualitätsmanagement
Abb. 8-2: Qualitätsregelkarten im Überblick
Abb. 8-3: Hypothesentests im Überblick
Abb. 8-4: Pareto-Regel bzw. 80/20-Regel im Überblick
Abb. 8-5: Statistische Versuchsplanung im Überblick
Abb. 8-6: Poor Costs of Quality im Überblick
Abb. 8-7: Minimierung von Verschwendung im Überblick
Abb. 9-1: Projektablauf zur Einfügung eines QM-Systems
Abb. 9-2: Ablaufschema eines Zertifizierungsprozesses für Qualitätsmanagement-Systeme nach DIN EN ISO 9001:2015
Abb. 9-3: Verbesserung durch Audits
Abb. 9-4: Abgrenzung der Auditformen
Abb. 9-5: Auditarten im Überblick
Abb. 10-1: Branchen und ihre Qualitätsmanagement-Systeme
Abb. 10-2: QM-System in der Automobilindustrie
AVSQ | italienischer Verband der Automobilindustrie |
DGQ | Deutsche Gesellschaft für Qualität e. V. |
DIN | Deutsches Institut für Normung e. V. |
EFQM | European Foundation of Quality Management |
EN | Europäische Norm |
FMEA | Fehlermöglichkeiten- und Einflussanalyse |
IATF | International Automotive Task Force |
ISO | International Standardisation Organisation |
KVP | kontinuierlicher Verbesserungsprozess |
PDCA | Plan – Do – Check – Act |
QFD | Quality Function Development |
QM | Qualitätsmanagement |
QMS | Qualitätsmanagement-System |
QS | Qualitätssicherung |
(im Kontext von Qualitätsmanagement-Systemen, wie zum Beispiel QS 9000: Qualitäts-System) | |
TL | Telecom Leadership |
TQM | Total Quality Management |
TS | Technical Solution (Norm) |
VDA | Verband der Deutschen Automobilindustrie e. V. |
Der Begriff Qualität ist in der einschlägigen Literatur weder einheitlich noch eindeutig definiert. In der Praxis haben sich allerdings folgende Ansätze etabliert:
1. Werner Peppels definiert Qualität als das Vermögen einer Gesamtheit von Produktmerkmalen, Systemen und Prozessen, die Anforderungen von Kunden an anderen Interessenhaltern zu erfüllen.
2. In der Norm DIN EN ISO 9000:2015 folgende Definition enthalten: „Qualität ist der Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale von definierten Anforderungen erfüllt wird.“
Beide Definitionsansätze unterscheiden sich deutlich. Zudem sind diese Ansätze sehr kompliziert und im Allgemeinen für Menschen, die sich das erste Mal mit dem Thema Qualität beschäftigen, kaum greifbar. Die Definition des Qualitätsbegriffs von der Deutschen Gesellschaft für Qualität e.V. folgt einem pragmatischen und leichter verständlichen Ansatz.
Die DGQ e.V. definiert Qualität als die Gesamtheit von Merkmalen (und Merkmalswerten) einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen.
Damit ist die Definition der Deutschen Gesellschaft für Qualität e. V. sehr weit gefasst und eignet sich hervorragend als pragmatische Arbeitsgrundlage für dieses Buch.
Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die Qualitätsarten:
Abb. 1-1: Qualitätsarten
Ähnlich wie bei Kennzahlen wird zwischen zeitpunktbezogenen Größen und zeitraumbezogenen Größen unterschieden. Bei der zeitpunktbezogenen Betrachtung geht es um Objekte, deren Qualitätszustand sich im Zeitablauf ändert. Als Beispiel könnte die Qualität eines Konzepts herangeführt werden, bei der in diesem Zusammenhang die Entwurfsqualität beurteilt wird.
Die zeitraumbezogene Betrachtung gliedert sich zum einen in die Qualität der Ausführung, beispielsweise die Fertigungsqualität und zum anderen in die Qualität der Verwendung, die sich in der Zuverlässigkeit des betrachteten Objekts beim Anwender ausdrückt.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Kunden keine einheitliche Vorstellung vom Thema Qualität besitzen und somit sehr unterschiedliche Erwartungen an die Qualität von Produkten und Dienstleistungen haben können. Folgende Erwartungen wurden in diesem Zusammenhang besonders häufig beobachtet:
1. Marktgerechter Preis
Kunden erwarten marktgerechte Preise und verschaffen sich häufig vor dem Kauf einen Überblick über den Markt, indem zumindest bei größeren Investitionsentscheidungen die Preise von mehreren Anbietern verglichen werden.
2. Hohe Termintreue
Ein einmal zugesicherter Liefertermin sollte um jeden Preis eingehalten werden, ansonsten wird dieser Lieferant von den Kunden als äußerst unzuverlässig wahrgenommen. Objekte, die einen älteren Stand der Technologie aufweisen, werden daher als veraltet wahrgenommen und verfügen aus der Sicht der Kunden nur über eine minderwertige Qualität.
3. Marktgerechte Qualität
Dieses liegt vor, wenn die Qualität eines Produkts, und hierbei sind ausdrücklich sowohl Güter als auch Dienstleistungen gemeint, den (üblichen) Erwartungen der Kunden entsprecht.
4. Zeitgerechte Technologie
Kunden erwarten üblicherweise, dass ein neu erworbenes Wirtschaftsgut der derzeit zeitgerechten Technologie entspricht, also auf dem technisch neuesten Stand ist. Anders verhält es sich i. d. R., wenn ein zugesagter Liefertermin unterschritten wird. Der Umstand der schnelleren Lieferung wird oftmals als positives Qualitätsmerkmal interpretiert.
Die Schwierigkeit für Unternehmen liegt somit darin, diese vielfältigen und vor allem meist nur implizit vorliegenden Anforderungen der Kunden zu deren vollster Zufriedenheit zu erfüllen.
Kunden drücken ihre Unzufriedenheit im Allgemeinen durch sehr vielfältige Reaktionen und weiterführende Aktionen aus:
Abb. 1-2: Effekte unzufriedener Kunden
Statistisch betrachtet werden sich rund 4 % der unzufriedenen Kunden direkt beim Geschäftspartner – also dem Hersteller bzw. Verkäufer – über die mangelnde Qualität beschweren. An dieser Zahl ist ersichtlich, dass sich nur ein sehr geringer Anteil der unzufriedenen Kunden direkt mit dem Geschäftspartner in Verbindung setzt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass sich rund 96 % der unzufriedenen Kunden nicht direkt beim Hersteller bzw. Verkäufer beschweren werden. Aber diese Mehrheit an unzufriedenen Kunden wird mit Sicherheit nicht untätig bleiben.
Statistische Erhebungen zeigen, dass rund 90 % der unzufriedenen Kunden fortan nicht nur dieses Produkt, sondern nach Möglichkeit auch weitere Produkte von diesem Hersteller bzw. Verkäufer meiden werden. Dies wird der Hersteller bzw. Verkäufer natürlich durch einen geringen Absatz seiner Produkte zu spüren bekommen. Als Folge sinken der Umsatz und damit auch der Gewinn.
Menschen berichten sehr selten über positive Ereignisse, sondern vielmehr über Ereignisse, in denen sie sich über einen Mitmenschen oder aber über ein Unternehmen geärgert haben. Ein negatives Kauferlebnis wird auf diese Art und Weise mindestens neun weiteren Personen mitgeteilt. Die Anzahl der Personen, die von einem negativen Kauferlebnis erfahren, schwankt sehr stark. Dies hängt von ganz unterschiedlichen Faktoren ab, u. a. vom ausgeübten Beruf aber auch von der Kommunikationsfähigkeit der unzufriedenen Käufer. Ein wesentlicher Faktor, der sich insbesondere in den letzten Jahren etabliert hat, ist die Aktivität in sozialen Netzwerken. Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung ist es immer einfacher geworden, über soziale Medien wie Facebook, Twitter etc. seine persönlichen Erfahrungen an eine breite Masse von (sogenannten) Freunden oder Followern weiterzugeben.
Bewertungen auf Handelsplattformen wie beispielsweise Amazon oder eBay spielen ebenfalls eine wesentliche Rolle. Studien haben gezeigt, dass sich potenzielle Käufer eher an den negativen Erfahrungsberichten orientieren und dann von dem Kauf des jeweiligen Produkts Abstand nehmen, als sich von vielen positiven Bewertungen, die das gleiche Produkt möglicherweise von anderen Käufern bzw. Nutzern erhalten hat, umstimmen zu lassen. Diese negativen Informationen verstärken den Absatzrückgang und somit die Verminderung des Umsatzes und in der Folge den Gewinn des Unternehmens zusätzlich. Dabei hat sich herausgestellt, dass jeder Fehler über dem akzeptablen Durchschnitt eines Marktführers, einen Rückgang des Verkaufsvolumens um mindestens 3 % verursacht.
Die Strategie der Unternehmen sollte darauf abzielen, die wahrgenommene Qualität zu steigern und Fehler nach Möglichkeit zu vermeiden. Auf diese Weise werden die Folgen eines Fehlers im Idealfall gar nicht erst entstehen, zumindest aber so gut es geht abgemildert.
Die Ursache für schlechte Qualität ist grundsätzlich im Auftreten von Fehlern zu sehen. Um eine gute Qualität zu gewährleisten muss das Auftreten von Fehlern folglich vermieden werden. Zudem ist das Auftreten von Fehlern mit erheblichen Kosten sowie Folgekosten verbunden. Je später einen Fehler erkannt wird, desto höher sind die durch diesen Fehler ausgelösten Kosten. In der Praxis kann beobachtet werden, dass sich die Fehlerkosten im Durchschnitt je Produktionsstufe verzehnfachen. Die Zehnerregel der Fehlerkosten beschreibt den progressiven Effekt von Fehlern und den damit verbundenen Kosten. Beim Großteil dieser Kosten handelt es sich um Opportunitätskosten, also entgangenem Nutzen bzw. entgangenem Gewinn, der durch das Auftreten eines Fehlers entstanden ist.
Die folgende Abbildung soll die Zehnerregel der Fehlerkosten veranschaulichen:
Abb. 1-3: Zehnerregel der Fehlerkosten
Auf der Abszisse dieses Koordinatensystems sind die wertschöpfenden Stufen eines Produktionsprozesses von der Planung des Produkts bis zum Absatz an den Kunden aufgeführt. Die Ordinate enthält die durchschnittlichen Kosten je Fehler.
In der ersten Phase, in der sowohl die Planung und die Entwicklung zusammengefasst sind, geht es inhaltlich um die präventive Fehlervermeidung. Die Kosten für eine präventive Fehlervermeidung sind i. d. R. sehr gering, da die hierzu notwendigen Maßnahmen bereits in den Entwicklungsprozess eines Produkts einfließen und zu einem Großteil organisatorischer Natur sind. Alle Fehler, die bereits in dieser Phase vermieden werden, können später nicht zu weiteren Kosten (bzw. Folgekosten) führen. In diesem Beispiel sind die Fehlerkosten in dieser Phase exemplarisch mit 0,10 € angenommen.
In der zweiten Phase „Beschaffen und Herstellen“ erfolgten die Arbeitsvorbereitung sowie die Fertigung des Produkts. Werden Fehler bzw. Fehlerquelle erst in dieser Phase entdeckt, so sind die notwendigen Maßnahmen zur Korrektur schon deutlich teurer als in der Phase der Planung und Entwicklung. Dies ist in erster Linie auf den Umstand zurückzuführen, dass in dieser Phase neben organisatorischen Maßnahmen auch Veränderungen am Produktionsprozess sowie Investitionen notwendig sind. In diesem Beispiel verzehnfachen sich die Fehlerkosten von 0,10 € auf 1,00 €.
In der anschließenden Phase, die inhaltlich das „Ausliefern und Einsetzen“ der Produkte betrifft, verzehnfachen sich die Fehlerkosten von Stufe zu Stufe erneut. In der Stufe Qualitätskontrolle wird das Beheben eines bemerkten Fehlers in diesem Zahlenbeispiel mittlerweile 10,00 € kosten. Noch drastischer wird es, wenn der Fehler erst beim Kunden entdeckt wird. Hier verzehnfachen sich die Fehlerkosten erneut, insbesondere weil diese unzufriedenen Kunden nunmehr als negativer Multiplikator für das betrachtete Unternehmen auftreten werden und aller Wahrscheinlichkeit nach ihre negativen Kauferfahrungen an sehr viele Bekannte, Freunde oder sogar fremde Personen weitergeben werden. Die Behebung eines einzigen Fehlers kostet in dieser Phase bereits 100,00 €.
Präventive Fehlervermeidung ist somit wesentlich effektiver und kostengünstiger als eine nachgelagerte Qualitätskontrolle oder gar eine Entdeckung eines Fehlers durch den Kunden. Je eher ein Fehler erkannt und geeignete Gegenmaßnahmen zur Minimierung der Fehler Folgen auf der einen Seite und der Wahrscheinlichkeit des erneuten Auftretens dieses Fehlers auf der anderen Seite angeleitet werden, desto niedriger sind die direkten und indirekten Kosten dieses Fehlers.
Das Qualitätsverständnis hat in den letzten gut 100 bis 120 Jahren einen sehr deutlichen Strukturwandel erlebt. Dieser ist in der folgenden Abbildung schematisch zusammengefasst:
Abb. 1-4: Qualitätsverständnis im Wandel der Zeit
Mit dem Beginn des Industriezeitalters Anfang des 20. Jahrhunderts kam der Qualitätsbegriff erstmalig auf. Mit der Etablierung der Fließbandfertigung, die erstmalig von Henry Ford beim Modell T angewendet wurde, stieg die Notwendigkeit für Qualitätskontrollen und insbesondere das Aussortieren von fehlerhaften Vorprodukten und Produkten. Der Fokus lag hierbei ganz klar auf dem Produkt und der Reaktion auf bereits unterlaufene Fehler.
Mit Beginn der Dreißigerjahre des letzten Jahrhunderts hat sich das Qualitätsverständnis zum ersten Mal signifikant gewandelt. Aus Qualitätskontrollen und Aussortieren von fehlerhaften Produkten – also der Fokussierung auf ein Produkt – wurde die Fokussierung auf den gesamten Fertigungsprozess gerichtet. Indem Qualitätsprüfungen auf statistischer Basis durchgeführt wurden, konnte zum ersten Mal eine Steuerung auf Basis von Qualitätsdaten realisiert werden. Die Qualitätskontrolle hat sich somit zur Qualitätssicherung weiterentwickelt.
In den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts erfolgte dann zum zweiten Mal ein grundlegendes Umdenken in Bezug auf das Thema Qualität. Mit der Veröffentlichung des Toyota-Produktionssystems wurde der Fokus vom Fertigungsprozess auf den Entwicklungsprozess gelegt, um zukünftig präventiv Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung in allen Bereichen umsetzen zu können. Hiermit hat sich ein Strukturwandel von der Qualitätssicherung zum Qualitätsmanagement vollzogen.
Weitere 20 Jahre später, also in den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts, erfolgte dann die Ausrichtung des Qualitätsbegriffs auf die Wertschöpfungskette. Seither werden verstärkt auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen umfangreiche Qualitätskonzepte und Qualitätsmanagement-Systeme eingesetzt, um das Thema Qualität im gesamten Unternehmen zu integrieren.
Seit der Jahrtausendwende vollzieht sich erneut ein grundlegender Strukturwandel in Bezug auf das Qualitätsverständnis. Das Thema Qualität wird nunmehr unternehmensübergreifend betrachtet, wobei eine zunehmende Integration zwischen Kunden und Lieferanten erfolgt. Ebenso verzahnen sich die Qualitätsmanagement-Systeme mit anderen Management-Systemen des Unternehmens (z.B. in Bezug auf die Themen Umweltschutz oder Arbeitssicherheit). Auf diese Weise entstehen integrierte Management-Systeme, mit denen die Unternehmen zunehmend ganzheitlich gesteuert werden können.1
Das Qualitätsverständnis hat sich in den letzten rund 100 Jahren somit von der reinen Qualitätskontrolle hin zu einem umfassenden Qualitätsmanagement-System entwickelt, welches im Idealfall sogar unternehmensübergreifend umgesetzt wird. Dieser Prozess der kontinuierlichen Weiterentwicklung des Qualitätsmanagement-Systems wird sich auch in der Zukunft fortsetzen, denn der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) ist ein zentrales Element des Systems und bezieht sich – konsequenterweise – auch auf das Qualitätsmanagement-System selbst.
Abb. 1-5: Strukturwandel im Qualitätsverständnis
Dieser Evolutionsprozess im Bereich des Qualitätsmanagements wäre ohne eine umfangreiche Prozessorientierung nicht möglich gewesen. Gepaart mit einer konsequenten Kundenorientierung und einer Orientierung auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens sind im Laufe der Zeit umfassende Qualitätsmanagement-Konzepte entstanden und konsequent weiterentwickelt worden.2 Auch wenn das Thema Qualitätsmanagement früher nur für große Unternehmen und Konzerne von Bedeutung war, so kommt in der heutigen Zeit kein Unternehmen mehr daran vorbei. Hinzu kommt, dass das Thema Qualität in seinen Anfängen ausschließlich Spezialisten im Unternehmen vorbehalten war. Mittlerweile hat sich auch hier ein grundlegender Strukturwandel vollzogen, denn in erfolgreichen Unternehmen wirken alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur an der fehlerfreien Herstellung der Produkte mit, sondern unterstützen die wirkungsvolle Umsetzung und Verbesserung des Qualitätsmanagement-Systems.
Das Thema Qualität wird also nicht mehr isoliert betrachtet, sondern ist im Laufe der Jahre und Jahrzehnte – insbesondere in erfolgreichen Unternehmen – zu einem festen Bestandteil der Unternehmenskultur geworden und somit an nahezu jedem Arbeitsplatz eines Unternehmens präsent. Dabei stehen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur die Erwartungen der Kunden in Bezug auf die Qualität im Vordergrund. Sie haben das Ziel eine kontinuierliche Qualitätsverbesserung des gesamten Unternehmens zu erzielen und auf diese Weise jeden Tag etwas dazu zu lernen und sich Stück für Stück zu verbessern.
Das Qualitätsmanagement eines erfolgreichen Unternehmens umfasst in der Regel die Bereiche Qualitätsplanung, Qualitätslenkung sowie die Qualitätsprüfung. Die folgende Abbildung zeigt den Zusammenhang dieser drei Elemente:
Abb. 1-6: Qualitätsmanagement
Die Qualitätsplanung ist dabei die gedankliche Vorwegnahme der zukünftigen Beschaffenheit, die ein Produkt bzw. eine Dienstleistung benötigt. Sie umfasst insbesondere das Auswählen, klassifizieren und Gewichten von Qualitätsmerkmalen.
Zu den typischen Instrumenten der Qualitätsplanung zählen u. a.: 3
Im Rahmen der