Informationsflut rund um Akws, Beznau 1 und 2, Energiepolitik: Zahlen, Fakten, Werbespots, aber auch Dokus über Tschernobyl und Fukushima. Auf Ausstellungswänden, normalen Wänden und Leinwänden.
Zwei Bühnen in der Mitte: Luftschutzkeller, umgeben von Gitterstäben.
In Luftschutzkeller 1 und 2 sitzen, stehen, knien, liegen starr und unbeweglich je zwei junge Frauen respektive junge Männer: A, B, C und D.
Werbespots leuchten auf:
Strom mit Atom: Grenzenlos sicher.
Unsere KKW Beznau 1 und Beznau 2 laufen so lange, wie sie sicher sind. Und noch viel länger. Todsicher.
Beznau ist Weltklasse. Beznau hat Zukunft. Beznau 3000.
Zwei junge Frauen unterhalten sich.
Viel Camping- und anderes Material steht und liegt herum.
A | Wie weit bist du? |
B | Auf Seite 257. Endlich hab ich mal Zeit, das zu lesen, was ich schon lange möchte. |
A | Mir geht’s auch so. Ich habe alle Werke von Frisch, Hesse und Remarque mitgenommen. Mit „Im Westen nichts Neues“ bin ich fast fertig. Schon grausam und brutal, der Erste Weltkrieg! |
B | Wann machen wir eine Essenspause? |
A | Von mir aus jetzt, wenn es dir recht ist! Voraussichtlich haben wir noch zwei bis drei Tage Zeit bis zur Evakuation. |
B | Es kann auch sein, dass niemand evakuiert wird: Es sei eine reine Vorsichtsmassnahme, eine Gefahr bestehe nicht wirklich, hat‘s vor einer Stunde geheissen. |
A | Gut haben wir genügend Vorräte gelagert inklusive Mineralwasser. |
B | Man rät davon ab, Hahnenwasser zu trinken. |
A | Was wollen wir essen? |
B | Spaghetti Napoli, wenn’s recht ist. Wir können ja dann am Abend Gemüse aus der Tiefkühltruhe dampfgaren. |
A | Was meinst du zu einer Flasche Rotwein? |
B | Nimm den „Bordeaux“, der ist sehr süffig und macht schläfrig. |
A | Ja, nachher machen wir ein Nickerchen. |
B | Fast wie Ferien – nur dass wir im Luftschutzkeller statt im Ferienhotel logieren! |
A | Dafür werden wir auch nicht abgelenkt – höchstens durch neue News. |
B | Eigentlich bin ich ja fast froh um diesen Strahlenalarm: Wenn ich denke, was ich sonst alles hätte erledigen müssen! Einen Riesenstress hätte ich gehabt, einen Riesenstress! |
A | Zum Glück wohnen wir innerhalb der 20-Kilometer-Zone! Stell dir vor, alle, die ausserhalb wohnen, müssen zur Arbeit, in die Schule, an die Uni… |
B | Und wir können hier voll relaxen! |
A | Noch mindestens bis übermorgen! |
B | Was geht ab im Facebook? |
A | Hier haben wir doch sowieso keinen Empfang – leider! Da wird die Hölle los sein! |
B | Schön schade, dass wir das verpassen! - Komm, machen wir dafür ein paar Selfies – es fehlen ja nur Sand, Sonne und Meer. |
A | Zwei Liegestühle, einen sandfarbenen Teppich, ein Campingtischchen, |
einen Sonnenschirm, Campingkocher, Gaslampen, Wein und Bier haben wir immerhin! Fast alles ist vorhanden! | |
B | Ja, richte ruhig alles ein – ich bin hier am Spaghetti-Kochen. |
A | Was ist denn eigentlich genau passiert? |
B | Ach, ein Störfall. Weisst du, was ich glaube? Das ist nur eine Übung, damit sie beweisen können, dass alles klappt im Ernstfall. |
A | Meinst du? Das wäre aber etwas viel Aufwand und ziemlich teuer, einige zehntausend Leute für 3 bis 4 Tage in die Zivilschutzräume zu schicken und zu betreuen. |
B | Stimmt schon – aber die KKW-Betreiber und der Zivilschutz verfügen über Millionen! |
A | Ja, wie willst du denn so viele Menschen betreuen? Woher sollen die denn das Personal nehmen? |
B | Was weiss ich? Ich nehme an, dass sie genau das zum Beispiel mit dieser Übung herausfinden wollen. |
A | Und wenn es tatsächlich keine Übung ist? |
B | Sicher ist es eine. Die Schweizer Kernkraftwerke sind die sichersten der Welt! Da kann gar nichts passieren – nur keine Angst! |
A | Ist mir schon klar. Ich hoffe einfach, dass das stimmt, was du sagst. – Die Spaghetti sind bald fertig! |
B | Wo ist der Korkenzieher? – Mist, der ist noch oben in der Küche. Soll ich ihn holen? Es ist ja eh nur eine Übung. |
A | Auch wenn’s nur eine Übung ist: Wir sollten die Anweisungen der Behörden befolgen und da müssen wir halt auf den Wein verzichten – es sei denn, wir finden hier unten noch irgendwo einen Zapfenzieher. |
B | Irgendwo ist eine Kiste, die meinem Bruder gehört und dort drin hat’s bestimmt ein Armee-Taschenmesser. |
A | Meinst du die blaue Box dort auf dem Regal? |
B | Je, genau die! |
A | Ist es ok, wenn ich in der Kiste deines Bruders wühle? |
B | Ja natürlich, er hat ja keine Geheimnisse vor mir. |
A | Uiuiui! Bist du sicher? Da hat’s aber ein paar ganz heisse Aufnahmen von ihm und seiner Freundin! |
B | Komm, zeig schon! – Mein Gott, dass die das zugelassen hat! |
A | Und das ganze Fotobuch ist voll davon! |
B | Dabei hat sie ihn plötzlich einfach sitzen lassen… |
A | Eine Tussi halt! |
B | Mir hat sie nie gefallen! |
A | Nun bist du sie ja los! |
B | Aber die Fotos schau ich mir schon noch genauer an! |
A | Ob sie ihm wohl dieses Fotobuch geschenkt hat? |
B | Ich glaube, s’war eher umgekehrt: Er wollte es ihr vermutlich auf den Geburtstag schenken – und da war sie halt schon weg! |
A | Mit einem andern? |
B | Ja, ich hab sie mal mit so einem Schleimer gesehen – eng umschlungen… |
A | Muss hart für deinen Bruder gewesen sein! |
B | Ja, schon… So, gleich ist das Essen fertig! |
A | Ich setz mich schon mal! |
B | Und die Gläser? |
A | Diese Becher tuns doch auch! |
B | Und Mineralwasser! |
A | So – los! Stossen wir an! |
B | Auf was denn? |
A | Auf deinen Bruder! |
B | Auf meinen Bruder! |
A | Und den STRAHLENALARM! |
B | Auf den STRAHLENALARM! |
Zwei junge Männer, HG3345 (C) und MG9307 (D), unterhalten sich, umgeben von einigem Gerümpel.