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Alternative Streitbeilegung (Online-Streitbeilegung und Verbraucherschlichtungsstelle)
Die Europäische Kommission hat eine Plattform zur Online-Streitbeilegung eingerichtet, die unter folgendem Link abgerufen werden kann: Online-Streitbeilegung. Wolters Kluwer ist nicht bereit und nicht verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.

Inhaltsübersicht

1   Vorwort

2   Überblick

3   Der Ertrag: Was die gesetzliche Rente bringt

3.1   Die Entgeltpunkte sind entscheidend

3.2   Steuervorteile und Dynamisierung

3.3   Die Erwerbsminderungsrente

4   Pflichtversicherte Selbstständige

4.1   Überblick

4.2   Welche Rolle eigene Arbeitnehmer spielen

4.3   Lehrer und Erzieher

4.4   Pflegepersonen

4.5   Hebammen und Entbindungspfleger

4.6   Hausgewerbetreibende

4.7   Handwerker

5   Pflichtversicherte Selbstständige: Sondergruppe »Arbeitnehmerähnliche Selbstständige«

5.1   Abhängigkeit von einem Auftraggeber

5.2   Die Fünf-Sechstel-Verdienstgrenze

5.3   Keine Versicherungspflicht bei Beschäftigung eigener Arbeitnehmer

5.4   Drei Jahre Schonfrist nach der Existenzgründung

5.5   Befreiung von der Versicherungspflicht in sonstigen Fällen

5.6   Wenn Versicherungspflicht nach mehreren Vorschriften besteht

6   Pflichtversicherte Selbstständige: Sondergruppe »Künstler und Publizisten«

6.1   Für wen die Künstlersozialkasse (KSK) infrage kommt

6.2   Arbeitgeberfunktion bei der Sozialversicherung

6.3   Einfache Beitragsfestsetzung aufgrund einer Selbsteinschätzung

7   Versicherungspflicht auf Antrag

7.1   Für wen die Pflichtversicherung auf Antrag infrage kommt

7.2   Vorteile der Versicherungspflicht auf Antrag

7.3   Beiträge von Antragspflichtversicherten

8   Freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung

8.1   Regelungen zur freiwilligen Versicherung

8.2   Welche Rentenansprüche freiwillige Beiträge bringen

8.3   Antrag auf Zahlung freiwilliger Beiträge

9   Meldepflichten von Selbstständigen

9.1   Unterschiedliche Regelungen zu Meldung und Meldefrist

9.2   Nachforderung von Beiträgen

10   Die Beitragsberechnung

10.1   Überblick

10.2   Pauschale Beitragsberechnung

10.3   Gewinnabhängige Beitragsberechnung

10.4   Beitragsberechnung zu Beginn der Selbstständigkeit

10.5   Sozialklausel für schlechte Jahre

10.6   Versicherungsfreiheit oder Mindestbeitrag?

11   Warum Rentenansprüche auch für die Krankenversicherung wichtig sind

11.1   Beitragslast im Alter bei Mitgliedschaft in der KVdR und Rentenanspruch

11.2   Wer erhält eine gesetzliche Rente und wer kommt in die KVdR?

12   Auch ein Thema für Selbstständige: Beitragserstattung

12.1   Wann Selbstständige einen Erstattungsanspruch haben

12.2   Der Auszahlungsanspruch

Gesetzliche Rentenversicherung für Selbstständige

1   Vorwort

Für Arbeitnehmer ist die Altersvorsorge Pflicht. Wenn Sie selbstständig sind, steht es Ihnen dagegen frei, ob und wie Sie Vorsorge fürs Alter treffen. Klar ist jedenfalls: Altersvorsorge ist auch für Sie notwendig, es sei denn, Sie akzeptieren, im Alter auf die Alters-Sozialhilfe, die »Grundsicherung im Alter« angewiesen zu sein. Das passiert Selbstständigen übrigens heute bereits relativ häufig.

Bislang machen Sie möglicherweise einen weiten Bogen um die gesetzliche Rentenversicherung (GRV). Zu Unrecht – wie wir Ihnen im Folgenden zeigen werden. Denn der Ertrag gesetzlicher Beiträge ist vielfach deutlich höher als der von Privatrenten. Dazu hat die von der Stiftung Warentest herausgegebene Zeitschrift »Finanztest« gerade in der Ausgabe März 2017 aktuelle Berechnungen veröffentlicht. Danach bekommt ein Selbstständiger, der ab 55 privat über einen Rürup-Vertrag vorsorgt, später rund 30 % weniger heraus als bei einer Absicherung über die »Gesetzliche«.

In diesem Ratgeber zeigen wir Ihnen, wie Sie als Selbstständiger die GRV nutzen können. Überwiegend geht es dabei um die Zahlung freiwilliger Beiträge. Angesichts der dramatisch gesunken Erträge privater Anlagen, kann sich die Rendite gesetzlicher Beiträge durchaus sehen lassen. Für manche Selbstständige kann es sich aber lohnen, sich noch mehr an die Gesetzliche zu binden. Dies gilt etwa dann, wenn Sie gesundheitliche Handicaps haben, die Ihnen den Abschluss einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung unmöglich machen. Eine Antragspflichtversicherung in der GRV kann in solchen Fällen mindestens den Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente sicherstellen. Über diese und eine Reihe weiterer Leistungen der GRV informiert diese Ratgeber.

Unser (oder mein Tipp) : Prüfen Sie doch vorurteilsfrei, was die gesetzliche Rentenversicherung Ihnen bietet!

Rolf Winkel

2   Überblick

Arbeitnehmer sind in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) pflichtversichert. Selbstständigen steht es dagegen vielfach frei, ob und wie sie Vorsorge fürs Alter treffen. Klar ist jedenfalls: Altersvorsorge ist auch für sie notwendig, es sei denn, man akzeptiert, im Alter auf die Alters-Sozialhilfe, die »Grundsicherung im Alter« angewiesen zu sein. In diesem Beitrag geht es darum, welche Bedeutung die gesetzliche Rentenversicherung dabei für Selbstständige haben kann. Die Antwort auf diese Frage fällt bei vielen Experten heute angesichts des inzwischen erreichten Rekordtiefs bei privaten Geldanlagen, das private Rentenversicherungen zusehends unattraktiver macht, anders aus als noch im letzten Jahrzehnt. »Überraschung im Rentenduell«, titelte die Zeitschrift Finanztest schon vor Jahren und stellte fest: »Die vielgescholtene gesetzliche Rente macht neben Rürup- und Privatrente keine schlechte Figur. Jeder Selbstständige kann sie nutzen.«

Die von der Stiftung Warentest herausgegebene Zeitschrift kam damals zum Ergebnis, dass die gesetzliche Rente auch für Selbstständige zu einer besseren Versorgung führt als herkömmliche private Rentenversicherungen und etwa gleiche Ergebnisse wie eine private Absicherung durch eine Rürup- oder Basis-Rente bringt. Seitdem ist die Rendite konservativer privater Anlagen, auf die private Rentenversicherungen weitgehend angewiesen sind, noch weiter gesunken. Und ein Ende des Zinstiefs ist auch längerfristig nicht abzusehen. Ein Blick auf die Möglichkeiten, die die GRV auch Freiberuflern und Selbstständigen bietet, lohnt sich daher.

Die Bandbreite reicht dabei von den über ihre Pflichtversicherung in berufsständischen Versorgungswerken in der Regel gut abgesicherten freien Berufen über die (relativ wenigen) in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherten Selbstständigen bis zu den etwa 2,5 Millionen Einzelunternehmern und Freiberuflern, denen es völlig freigestellt ist, ob und wie sie fürs Alter vorsorgen. Für alle Selbstständigen und seit 2010 auch für die berufsständisch Versicherten gilt dabei: Eine Versicherung über die GRV ist in jedem Fall möglich.

Berufsständisch Versicherte können zusätzlich freiwillige Beiträge in die GRV einzahlen. Andere Selbstständige können ihre komplette Alterssicherung freiwillig auf gesetzlichen Beiträgen aufbauen. Wichtig zu wissen: Die gesetzliche Rente bietet Selbstständigen außer der Alters absicherung ohne Aufpreis noch eine Reihe weiterer Vorteile, z.B. Absicherung von Hinterbliebenen, Leistungen zur Rehabilitation und die Erfüllung von Wartezeiten für einen früheren Altersrentenbeginn. Derzeit sind etwa 300000 Personen in der GRV freiwillig versichert. Wie viele davon selbstständig sind, weist die Statistik der Deutschen Rentenversicherung nicht aus, vermutlich handelt es sich bei den freiwilligen Beitragszahlern mehrheitlich um Selbstständige. Allerdings zahlen die Betroffenen überwiegend nur sehr geringe Beiträge.

Darüber hinaus gibt es als weitere Variante statt der freiwilligen Versicherung die Option der »Versicherungspflicht auf Antrag«. Knapp 12000 Versicherte haben nach den letzten hierzu vorliegenden Daten diese Option gewählt. Diese Variante ist gerade für gesundheitlich angeschlagene Selbstständige interessant. Wer pflichtversichert ist, ist nach Erfüllung der Wartezeit ohne Gesundheitsprüfung und ohne Aufschlag über die GRV gegen das Risiko der Erwerbsminderung abgesichert.

Und schließlich gibt es rund 300000 Selbstständige, die im Prinzip gar keine Wahl haben. Der Gesetzgeber stuft sie pauschal als versicherungspflichtig ein, weil er sie als in der Regel schutzbedürftig ansieht.

Im folgenden Beitrag erfahren Sie

  • wann für Selbstständige eine Pflichtversicherung in der GRV besteht,

  • wie ggf. die Pflichtversicherung gewählt werden kann,

  • wie die Alternative der freiwilligen gesetzlichen Versicherung funktioniert,

  • welche Beiträge zu zahlen sind und wie die »Rendite« der gesetzlichen Rentenversicherung ausfällt, wobei natürlich auch der steuerliche Aspekt berücksichtigt wird.

Klar ist allerdings: Die Absicherung in der GRV ist nur bis zu bestimmten Höchstbeiträgen möglich. Deshalb müssen gerade gut gestellte Selbstständige in jedem Fall in erheblichem Maße zusätzlich privat fürs Alter vorsorgen, um ihren Lebensstandard im Alter zu sichern. Und klar ist auch: Wer bereits seit Jahrzehnten beispielsweise über Privatrenten und Immobilien gut fürs Alter vorgesorgt hat, wird leicht auf die gesetzliche Rentenversicherung verzichten können.