Janice Maynard, Joan Elliott Pickart, Cara Summers

BACCARA WEIHNACHTEN BAND 1

IMPRESSUM

BACCARA WEIHNACHTEN erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
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Fax: +49(0) 711/72 52-399
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Neuauflage in der Reihe BACCARA WEIHNACHTEN
Band 1 - 2020 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2013 by Janice Maynard
Originaltitel: „A Billionaire for Christmas“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
in der Reihe: DESIRE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Victoria Werner
Deutsche Erstausgabe 2015 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,
in der Reihe BACCARA, Band 1897

© 2005 by Joan Elliott Pickart
Originaltitel: „A Bride by Christmas“
erschienen bei: Silhouette Books, Toronto
in der Reihe: DESIRE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Anke Redhead
Deutsche Erstausgabe 2006 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,
in der Reihe BACCARA, Band 1430

© 2011 by Carolyn Hanlon
Originaltitel: „Sexy Silent Nights“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
in der Reihe: BLAZE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Birgit Hannemann
Deutsche Erstausgabe 2012 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,
in der Reihe COLLECTION BACCARA, Band 321

Abbildungen: gpointstudio / Getty Images, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751500081

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

 

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Sinnliche Nächte am Kamin

1. KAPITEL

Leo Cavallo hatte Kopfschmerzen. Aber eigentlich tat ihm alles weh. Die Strecke von Atlanta in die Great Smoky Mountains von Tennessee hatte auf der Karte ganz harmlos gewirkt. Er hatte nicht damit gerechnet, dass es so ermüdend war, bei Dunkelheit kurvenreiche Landstraßen zu fahren. Und Anfang Dezember wurde es bereits früh dunkel.

Er warf einen Blick auf die Uhr. Schon nach neun! Und er hatte keine Ahnung, wie weit es noch war bis zu seinem Ziel. Vor zehn Meilen hatte sein Navi aufgegeben und zeigte nur noch Nicht registrierte Strecke an. Dem Thermometer zufolge konnte der Regen, der gegen die Windschutzscheibe prasselte, sich jeden Moment in Eis verwandeln. Und dann hatte er wirklich ein Problem. Ein Jaguar war kein Wagen für schlechtes Wetter.

Er schwitzte unter dem dünnen Pullover. Unwillkürlich griff er nach der Tablettenschachtel im Handschuhfach. Plötzlich glaubte er wieder die Stimme seines Bruders zu hören. Laut und deutlich.

Es ist mein Ernst, Leo. Du musst dein Leben ändern. Himmel, du hast einen Herzinfarkt gehabt!

Und Leos Antwort: Einen leichten Infarkt! Mach kein Drama draus. Ich bin in hervorragender physischer Verfassung. Du hast gehört, was der Arzt gesagt hat.

Richtig. Er hat gesagt, dein Stress-Level ist jenseits von Gut und Böse. Und er hat dich auf die Familiengeschichte verwiesen. Unser Vater war noch keine zweiundvierzig, als er seinen Infarkt hatte. Wenn du so weitermachst, liegst du bald neben ihm.

Leo zerbiss die Tablette und fluchte, als die Straße plötzlich in eine Schotterpiste überging. Die Räder des Wagens drehten einen Moment durch, bevor sie wieder Halt fanden. Langsam fuhr er weiter und hielt nach irgendwelchen Anzeichen einer menschlichen Behausung Ausschau.

Im Scheinwerferlicht sah er dichte Rhododendronbüsche, die die Straße säumten. Der Eindruck der Enge verursachte ihm Beklemmungen. Er war die hellen Lichter von Atlanta gewohnt. Sein Penthouse bot einen atemberaubenden Blick über die ganze Stadt. Lichter – Tempo – Menschen. Das war sein Alltag gewesen. Gewesen? Wieso um alles in der Welt hatte er sich überreden lassen, sich in diese Einöde zu begeben?

Fünf Minuten später – Leo war kurz davor kehrtzumachen – sah er es plötzlich: ein Licht in der Dunkelheit. Seine Erleichterung war nicht zu beschreiben, denn auch die Aussicht umzukehren hatte nichts Verlockendes. Er atmete einmal tief durch, als der Wagen endlich vor einem Haus hielt. Rasch warf er sich die pelzgefütterte Lederjacke über, die auf dem Rücksitz gelegen hatte. Inzwischen hatte es aufgehört zu regnen, aber die feuchte Kälte war alles andere als angenehm. Er beschloss, seine Sachen zuerst einmal im Wagen zu lassen, solange er nicht wusste, wo sich seine Hütte befand.

Das moderne Holzhaus mit dem warmen Licht auf der Veranda machte einen einladenden Eindruck. Da Leo keine Klingel fand, betätigte er den metallenen Türklopfer. Laut genug, um seinem Frust Ausdruck zu verleihen. Mehrere Lichter im Haus gingen an. Während er ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat, wurde die Gardine hinter der Tür kurz beiseitegeschoben und für einen Moment zeigte sich das Gesicht einer Frau.

„Wer ist da?“, hörte er eine gedämpfte Stimme.

„Leo. Leo Cavallo!“ Er musste sich zwingen, einen halbwegs freundlichen Ton anzuschlagen. „Darf ich hereinkommen?“

Phoebe öffnete die Tür mit einem Gefühl des Unbehagens. Nicht weil sie sich etwa vor dem Mann fürchtete, der auf ihrer Veranda stand. Sie hatte ihn bereits vor Stunden erwartet. Nein, sie fürchtete sich davor, ihm eine unschöne Nachricht überbringen zu müssen.

Mit einem beklommenen Lächeln trat sie beiseite, um ihn hereinzulassen. Seine Größe ließ ihr Haus plötzlich kleiner wirken. Er hatte breite Schultern und die Statur eines Holzfällers. Sie selbst war knapp eins achtzig groß, aber er überragte sie noch um gut zehn Zentimeter. Sein dichtes, gewelltes braunes Haar zeigte im Schein ihres Kaminfeuers einige hellere Strähnen. Der leichte Duft seines Aftershaves vermischte sich mit dem Schwall frischer Winterluft, die er mit ins Haus gebracht hatte.

Hastig vertrieb Phoebe die Intimität des Kaminfeuers, indem sie das etwas nüchternere Deckenlicht einschaltete. Ihr Blick fiel auf seine Füße. „Würden Sie bitte Ihre Schuhe ausziehen? Ich habe heute Morgen den Boden geputzt.“

Er runzelte die Stirn, kam ihrer Bitte aber nach. Dabei ließ er den Blick flüchtig durch den Raum gleiten, bevor er sich wieder ihr zuwandte. Sie registrierte eine kräftige gerade Nase, eine hohe Stirn, ein markantes Kinn und Lippen, die zum Küssen gemacht zu sein schienen.

„Ich bin hundemüde, und ich habe Hunger. Wenn Sie mir meine Hütte zeigen könnten, möchte ich mich gerne für die Nacht einrichten, Mrs. …“

„Kemper. Phoebe Kemper. Sie können mich Phoebe nennen.“ Wow! Seine tiefe Stimme war wie Balsam für ihre angespannten Nerven. Aber der unterschwellig nachdrückliche Ton ließ keinen Zweifel daran, dass der Mann es gewohnt war, zu befehlen.

Phoebe rieb sich die feuchten Hände unauffällig an der Hose. „Ich habe einen Eintopf auf dem Herd. Er müsste noch warm sein, weil ich heute erst spät gegessen habe.“ Wie immer in letzter Zeit. „Sie können gerne etwas davon haben. Brot ist auch noch da.“

Seine Miene hellte sich ein wenig auf. „Das klingt ja wunderbar.“

„Das Bad ist gleich dort drüben, die erste Tür am Korridor rechts. Ich decke schon mal den Tisch.“

„Und anschließend zeigen Sie mir meine Hütte?“

„Ähm … ja, natürlich.“ Vielleicht hätte sie nicht darauf bestehen sollen, dass er seine nassen Schuhe auszog. Ein Mann auf Socken hatte irgendwie etwas Intimes.

Er war schon kurz darauf wieder zurück. Phoebe hatte die Terrine mit der Suppe auf den Tisch gestellt, dazu frisches Brot. „Ich wusste nicht, was Sie dazu trinken möchten.“ Sie sah ihn fragend an.

„Ein koffeinfreier Kaffee wäre schön – falls Sie so etwas haben.“

„Natürlich.“

Während er sich über die Suppe hermachte, brühte sie einen Kaffee auf und schenkte ihm dann eine Tasse ein. Es überraschte sie nicht, dass er ihn schwarz und ohne Zucker trank. Kein Firlefanz!

Ihr Gast schien nicht übertrieben zu haben, was seinen Hunger betraf. Zwei Teller Suppe, drei dicke Scheiben Brot und ein paar Kekse, die sie am Morgen gebacken hatte, hatte er innerhalb kürzester Zeit verputzt.

Phoebe stellte die Kaffeekanne auf den Tisch. „Bitte, bedienen Sie sich.“ Dann verließ sie sich entschuldigend den Raum.

Leos Laune hob sich beträchtlich, während er aß. Seine Hütte sollte zwar mit Lebensmitteln ausgestattet sein, aber er war kein großer Koch. Was auch immer er brauchte, hatte er in Atlanta in der Nähe. Sushi um drei in der Nacht? Kein Problem. Ein ausgewachsenes Frühstück am Morgen? Telefonisch bestellt und schon geliefert.

Nachdem er auch den letzten Krümel der köstlichen Kekse vertilgt hatte, stand er auf und streckte sich. Sein Körper war von der langen Fahrt völlig verspannt. Schuldbewusst dachte er an die Ermahnungen des Arztes, sich zu schonen. Aber er konnte einfach nicht anders. Er ging immer bis an seine Grenzen.

Und nun sollte er sich ändern. Auch wenn die vielen guten Ratschläge der Ärzte, der Freunde und seiner Familie ihn genervt hatten – er begriff, dass sein Infarkt sie alle sehr erschreckt hatte. In einem Moment stand er im Konferenzraum vor einer Gruppe potenzieller Investoren und versuchte, sie von einem neuen Konzept zu überzeugen, und im nächsten Moment lag er am Boden.

An die folgenden Minuten hatte er keine Erinnerung. Er wusste nur, dass er Mühe gehabt hatte zu atmen. Und dass ein großer Druck auf seiner Brust lastete. Irritiert von diesem Gedankengang schaute er sich in dem behaglichen Raum um, der Küche, Essecke und Wohnzimmer zugleich war.

Phoebe Kemper hatte sich hier ein gemütliches Zuhause geschaffen. Der Holzfußboden glänzte. Ein bunter dicker Teppich ergänzte die einladende Sitzecke. Zu beiden Seiten des Kamins standen vollgestellte Bücherregale. Während sein Blick über die Titel der Romane und Sachbücher glitt, wurde ihm bewusst, dass er endlich einmal Zeit haben würde zu lesen.

Ein kleines Geräusch verriet die Rückkehr seiner Gastgeberin. Er drehte sich zu ihr herum – und fand sie einfach umwerfend. Das pechschwarze Haar war zu einem langen dicken Zopf geflochten. Phoebe war groß und schlank. Sie trug verwaschene Jeans und dazu eine geblümte Bluse, deren warme Farben ihren Teint vorteilhaft zur Geltung brachten. Ihre Augen waren dunkel, fast schwarz. Floss vielleicht Indianerblut durch ihre Adern?

„Fühlen Sie sich jetzt besser?“ Sie blickte ihn lächelnd an. „Zumindest sehen Sie nicht mehr so aus, als hegten Sie Mordgelüste.“

Er lachte verlegen. „Tut mir leid. Es war ein schrecklicher Tag.“

Phoebes Lächeln verlosch. „Und ich fürchte, er ist noch nicht zu Ende. Es gibt ein Problem mit Ihrer Reservierung.“

„Unmöglich“, widersprach er. „Meine Schwägerin hat sich um alles gekümmert. Und ich habe die Buchungsbestätigung dabei.“

„Ich habe den ganzen Tag versucht, Sie zu erreichen.“

„Tut mir leid. Meine Nichte hat das Handy in die Badewanne fallen lassen. Aber ich bin ja nun hier.“

Phoebe seufzte. „In der vergangenen Nacht ist hier ein schweres Unwetter niedergegangen. Dabei wurde Ihre Hütte beschädigt.“

„Ach, ich bin sicher, ich komme zurecht.“

Sie schüttelte den Kopf. „Ich werde Ihnen den Schaden zeigen. Bitte, kommen Sie mit.“

„Sollte ich den Wagen näher heranfahren?“, fragte er, während er sich die Schuhe anzog.

„Nicht nötig.“ Sie warf sich eine Jacke über, die seiner sehr ähnlich war. Dabei steckte sie etwas ein, das wie eine Digitalkamera aussah, und nahm dann eine große Taschenlampe von dem Tisch neben der Haustür.

Schweigend folgte er ihr die Schotterstraße hinunter. Gereizt bemerkte er, dass es kein Problem gewesen wäre, mit dem Wagen zu fahren. In dem Moment blieb Phoebe so abrupt stehen, dass er fast auf sie geprallt wäre. „Wir sind da“, hörte er sie sagen. „Vor sich sehen Sie, was das Unwetter mit Ihrer Hütte angerichtet hat.“

Verblüfft folgte er dem Schein der Taschenlampe und traute seinen Augen kaum: Ein riesiger Baum hatte sich quer über das kleine Haus gelegt. Sein Gewicht hatte das Dach vollkommen eingedrückt.

„Großer Gott!“ Leo schaute unwillkürlich zurück zu Phoebes Hütte. Es hätte auch sie treffen können. „Sie müssen ja Todesängste ausgestanden haben.“

„Ich habe schon angenehmere Nächte gehabt, das stimmt. Gegen drei bin ich von dem Krachen aufgewacht. Heute Morgen habe ich dann feststellen können, was passiert ist.“

„Haben Sie nicht versucht, das Dach abzudecken?“

Sie lachte auf. „Sehe ich aus wie Super-Woman? Ich kenne meine Grenzen, Mr. Cavallo. Ich habe meine Versicherung angerufen, aber natürlich haben sie im Moment alle Hände voll zu tun. Wahrscheinlich kommt morgen Nachmittag jemand vorbei, aber das glaube ich erst, wenn er vor mir steht. Es lässt sich ohnehin nichts mehr ändern. Da es so stark geregnet hat, dürfte alles im Haus hin sein.“

Damit konnte sie wohl recht haben. Blieb die Frage, wo er wohnen sollte. Auch wenn er sich ursprünglich sehr gegen diese Zwangspause gesträubt hatte, war die Vorstellung, hier eine Weile kürzerzutreten, inzwischen nicht mehr ganz so abschreckend.

Phoebe berührte ihn am Arm. „Wenn Sie wollen, können Sie heute Nacht in meinem Haus bleiben.“

Schweigend gingen sie zurück.

„Gehen Sie doch schon rein und wärmen sich auf“, bat Phoebe. „Ihre Schwägerin erzählte, Sie seien im Krankenhaus gewesen. Ich bringe Ihr Gepäck, wenn Sie mir sagen, was Sie brauchen.“

Leo wand sich innerlich vor Frust und Verlegenheit. Hattie und ihr Mutterinstinkt! „Ich kann meine Sachen selbst tragen“, beschied er Phoebe knapp. „Aber vielen Dank für das Angebot“, fügte er widerstrebend hinzu. Gerade von einer so attraktiven Frau wie Phoebe wollte er als vollwertiger Mann betrachtet werden und nicht als jemand, für den sie den Babysitter spielen musste.

In dem Moment glaubte er, ganz deutlich das Schreien eines Babys gehört zu haben. Verblüfft schaute er sich um. Aber Phoebe und er waren allein. Gab es hier vielleicht irgendwelche Tiere, die solche Geräusche machten? Ehe er noch weiter darüber nachdenken konnte, war das Schreien erneut zu hören.

Phoebe drückte ihm die Taschenlampe in die Hand. „Hier, behalten Sie sie. Ich muss ins Haus.“

Er grinste unwillkürlich. „Und lassen mich allein mit den wilden Tieren?“

„Wie meinen Sie das?“

„War das nicht der Schrei von irgendeinem Tier?“

Phoebe lachte leise. „Sie haben ja eine lebhafte Fantasie!“ Dabei zog sie das kleine Ding aus der Tasche, das er für eine Digitalkamera gehalten hatte. Es war ein Babyfon. „Das Geräusch, das Sie gehört haben, kam von einem Baby. Und ich sollte jetzt schnell reingehen, bevor die Hölle losbricht.“

2. KAPITEL

Leo sah Phoebe fassungslos nach. Erst als er merkte, dass er langsam zum Eiszapfen erstarrte, holte er den Laptop und einen kleinen Koffer aus dem Wagen und ging ins Haus. Abrupt blieb er stehen, als er Phoebe mit einem Baby auf dem Arm am Kamin stehen sah. Sie rieb dem Kind mit leichten Bewegungen den Rücken. Leo war wie benommen. Die Szene hatte etwas unglaublich Anrührendes. Seine Schwägerin Hattie hatte denselben Gesichtsausdruck, wenn sie sich um ihren Sohn kümmerte.

Aber ein Baby bedeutete auch, dass es irgendwo einen Vater dazu gab. Obwohl Leo diese Madonna und ihr Kind gerade erst kennengelernt hatte, war er irgendwie enttäuscht. Phoebe trug keinen Ring, aber er erkannte eine Ähnlichkeit zwischen ihr und dem Kind. Sie hatten die gleiche Nase.

Phoebe sah lächelnd zu ihm auf. „Das ist Teddy. Sein richtiger Name ist Theodore, aber mit gerade mal sechs Monaten ist er noch zu klein dafür.“

Zum zweiten Mal an diesem Abend zog Leo seine Schuhe aus und stellte das Gepäck ab. Er zwang sich zu einem Lächeln. „Er ist niedlich.“

„Um drei Uhr morgens findet man ihn nicht mehr ganz so niedlich.“ Phoebes Miene verriet, dass sie dem Baby dafür keinen Vorwurf machte. Im Gegenteil, ihr Gesicht strahlte vor Liebe.

„Schläft er nicht gut durch?“

Phoebe runzelte die Stirn über einen Unterton, den sie als Kritik deuten mochte. „Er schläft gut für sein Alter. Stimmt’s, mein Süßer?“ Das Baby hatte sich beruhigt und schob sich eine kleine Faust in den Mund. Phoebe hauchte ihm einen Kuss auf den Nacken. „Meist schläft er von zehn Uhr abends bis sechs oder sieben morgens durch. Im Moment scheint er zu zahnen.“

„Das ist sicher kein Vergnügen.“

Phoebe nahm das Baby auf den anderen Arm. „Kommen Sie, ich zeige Ihnen das Gästezimmer. Ich glaube nicht, dass wir Sie stören werden, auch wenn ich heute Nacht noch einmal aufstehen muss.“

Er folgte ihr den kleinen Flur hinunter. Kalte Luft schlug ihnen entgegen, als Phoebe die Tür öffnete.

„Tut mir leid“, sagte sie, „aber es wird schnell warm werden.“

Er schaute sich neugierig um. „Sehr hübsch.“ Der Raum wurde von einem riesigen Bett dominiert, das aus rohem Holz gezimmert schien, passend zum Charakter der Hütte. Grüne Vorhänge verbargen ein offenbar großes Fenster. Auf dem Holzfußboden lagen geschmackvolle moderne Teppiche. Im angrenzenden Bad gab es neben einem Jacuzzi-Becken eine geräumige Duschkabine.

„Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause“, bat Phoebe. Das Baby in ihrem Arm war inzwischen eingeschlafen. „Falls Sie in der Gegend bleiben möchten, kann ich Ihnen morgen früh helfen, ein paar Telefonate zu führen.“

Leo runzelte die Stirn. „Ich habe eine stattliche Anzahlung geleistet. Ich möchte nicht irgendwo anders unterkommen.“

„Selbstverständlich erhalten Sie Ihr Geld zurück. Aber Sie haben die Hütte gesehen. Selbst wenn die Versicherung den Schaden schnell regulieren sollte, dürfte es eine Weile dauern, bis dort wieder jemand wohnen kann.“

Leo war gegen seinen Willen hier. Das Unwetter und die Schäden, die es angerichtet hatte, wären der ideale Vorwand, sofort nach Atlanta zurückzukehren. Er brauchte Luc und Hattie nur zu sagen, die Umstände hätten sich gegen ihn verschworen.

Aber irgendwie widerstrebte ihm diese Vorstellung. „Wo ist denn Mr. Kemper bei alledem? Sollte er sich nicht darum kümmern, dass die Hütte wieder instand gesetzt wird?“

Phoebe sah ihn einen Moment verständnislos an. „Mr. Kemper?“ Plötzlich lachte sie laut auf. „Ich bin nicht verheiratet, Mr. Cavallo.“

„Und das Baby?“

Sie hob die Augenbrauen. „Halten Sie es nicht für möglich, dass eine Frau ihr Kind allein großzieht?“

Leo zuckte mit den Schultern. „Ich finde, Kinder haben ein Recht auf beide Elternteile. Aber davon mal abgesehen, glaube ich, dass Frauen grundsätzlich alles können, was sie wollen. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass eine Frau wie Sie es nötig hat, ihr Kind allein großzuziehen.“

Phoebes Augen blitzten. „Eine Frau wie ich? Was soll das denn heißen?“

Er lehnte sich gegen einen Bettpfosten und verschränkte die Arme vor der Brust. Nun, da er wusste, dass sie nicht verheiratet war, war das Spiel wieder offen. „Sie sind eine atemberaubende Frau. Sind die Männer in Tennessee denn alle blind?“

Sie verdrehte die Augen. „Das ist doch wohl die älteste Anmache der Welt!“

„Sie leben hier in der Einöde. Mit Ihrem kleinen Sohn. Ohne dazugehörigen Daddy. Da dürfen einem Mann doch wohl Fragen kommen, oder?“

Phoebe starrte ihn eine ganze Weile durchdringend an. Leo ließ es geduldig über sich ergehen. Er stand in einer langen Reihe italienischer Vorfahren, die alle an die Macht von Schicksal und Liebe glaubten. Und plötzlich verspürte er Lust, der Faszination auf den Grund zu gehen, die diese Frau auf ihn ausübte.

Sie gingen in das nächste Zimmer, und er schaute zu, wie Phoebe das schlafende Baby behutsam auf das Bett legte. Der kleine Junge rollte sich auf die Seite und schlief weiter. Phoebe richtete sich wieder auf und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Erstens: Wir sind hier nicht in der Einöde. Bis Gatlinburg sind es grade mal zehn Meilen. Pigeon Forge liegt noch näher. Wir haben Geschäfte und alles, was man zum Leben braucht. Ich mag es hier. Es ist friedlich.“

„Ich nehme Ihr Wort dafür.“

„Zweitens: Teddy ist mein Neffe, nicht mein Sohn.“

„Und wieso ist er hier?“

„Meine Schwester und ihr Mann sind für sechs Wochen in Portugal, um den Nachlass seines Vaters zu regeln. Und da die Reise für ein so kleines Baby zu anstrengend ist, habe ich mich bereit erklärt, es solange zu mir zu nehmen.“

„Sie müssen Kinder sehr mögen.“

Ein Schatten glitt über ihre Züge. „Ich mag meinen Neffen.“ Sie räusperte sich. „Aber das Wichtigste ist doch, dass ich Ihnen die Hütte in diesem Zustand nicht vermieten kann. Sie müssen sich etwas anderes suchen.“

„Ich habe schon etwas gefunden.“ Er ließ seinen ganzen Charme spielen. „Wie wäre es mit Ihrem Gästezimmer?“

Phoebe musste zugeben, dass Leo an Hartnäckigkeit nicht zu überbieten war. Seine dunkelbraunen Augen hatten etwas Magisches. Man glaubte förmlich in ihren Tiefen zu versinken. Falls er krank gewesen war, merkte man es ihm nicht mehr an.

„Das ist hier kein Bed and Breakfast“, erklärte sie. „Ich habe eine Hütte, die ich vermiete. Und diese Hütte ist im Moment nicht verfügbar, also ist der Vertrag hinfällig.“

„Sie sollten Ihre Entscheidung nicht übereilt treffen“, warnte er lächelnd. „Ich bin stubenrein. Und ich bin sehr nützlich, wenn es darum geht, Glühbirnen auszuwechseln und Spinnen und andere unliebsame Mitbewohner zu beseitigen.“

„Glühbirnen kann ich selbst wechseln, und für Ungeziefer hole ich den Kammerjäger.“

„Sich um ein Baby zu kümmern kostet viel Zeit. Sie könnten es genießen, Unterstützung zu haben.“

„Sie machen nicht den Eindruck, als würden Sie gerne Windeln wechseln.“

„Touché!“

Würde er jetzt aufgeben?

„Ich schlage Ihnen einen Deal vor.“ Noch während sie es sagte, fragte sie sich, ob sie den Verstand verloren hatte. „Sie erzählen mir, wieso Sie unbedingt hierbleiben wollen, und ich werde meine Entscheidung noch mal überdenken.“

Zum ersten Mal bemerkte sie eine Spur des Unbehagens auf Leos Zügen. Eine Spur von Verletzlichkeit. „Was hat meine Schwägerin gesagt, als sie die Reservierung gemacht hat?“

Eine alte Taktik. Eine Frage mit einer Gegenfrage beantworten. „Sie hat erzählt, Sie seien krank gewesen. Mehr nicht. Aber um ehrlich zu sein, sehen Sie nicht aus wie ein Mann, der an Grabes Rand steht.“

Leo lächelte ironisch. „Vielen Dank für die Blumen.“

„Wenn ich es recht bedenke“ – sie betrachtete ihn mit gerunzelter Stirn –, „wirken Sie auch nicht wie ein Mann, der sich eine zweimonatige Auszeit nimmt. Aus welchem Grund auch immer.“

Leo mied ihren Blick. „Ich brauchte eine Pause“, erwiderte er. „Ist das nicht Grund genug?“

Irgendetwas an seinem Ton rührte sie. In diesem Moment fühlte sie sich ihm merkwürdig verbunden. „Okay.“ Sie kapitulierte. „Sie können bleiben. Aber falls Sie mir auf die Nerven gehen, habe ich das Recht, Sie vor die Tür zu setzen.“

Er grinste erleichtert. „Klingt fair.“

„Und es kostet tausend Dollar die Woche zusätzlich, falls Sie auch noch bei mir essen wollen.“

Es war einfach ein Versuch, ihn davon abzubringen. Aber Leo nickte nur. „Ganz wie Sie meinen.“ Dann wurde er ernst. „Vielen Dank, Phoebe. Ich weiß Ihre Gastfreundschaft zu schätzen.“

Das Baby drehte sich auf den Rücken und durchbrach damit die Atmosphäre der Intimität, die plötzlich zwischen den beiden entstanden war. Phoebe nahm den Kleinen auf den Arm und drückte ihn an sich. Sie brauchte eine Barriere zwischen sich und dem charismatischen Leo Cavallo. „Dann also Gute Nacht.“

Leo nickte. „Schlafen Sie gut. Und falls Sie mich heute Nacht herumgehen hören, haben Sie keine Angst. Ich leide in letzter Zeit oft an Schlaflosigkeit.“

„Ich könnte Ihnen eine warme Milch machen“, erbot sie sich.

„Nein, danke. Wir sehen uns dann morgen früh.“

Leo hatte Gewissensbisse, weil er Phoebe gegen ihren Willen dazu gebracht hatte, ihn hier wohnen zu lassen. Dennoch wollte er bleiben. In Atlanta behandelten ihn alle wie ein rohes Ei. Obwohl Luc, sein Bruder, versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, war klar, dass er und Hattie sich Sorgen um ihn machten. Und so gern Leo die beiden hatte – im Moment brauchte er Zeit, um mit sich und seiner Situation ins Reine zu kommen.

Sein erster Instinkt war gewesen, sich wieder in die Arbeit zu stürzen. Aber der Arzt hatte sich schlicht geweigert, ihm dafür die Erlaubnis zu geben. Diese Auszeit in den Bergen war eine Art Kompromiss. Ihm war nichts anderes übrig geblieben, als zuzustimmen.

Leo gähnte und reckte sich. Er war erschöpft. Vielleicht zahlte er jetzt die Zeche dafür, dass er sich jahrelang zu viel zugemutet hatte. Aus welchem Grund auch immer – er war hundemüde und mehr als bereit, in dieses große einladende Bett zu steigen.

Zu schade, dass er allein schlafen würde. Der Gedanke an Phoebe ließ seinen Körper reagieren, wie nicht anders zu erwarten. Vielleicht war es gerade ihr Understatement, das sie so anziehend machte. Obwohl der Arzt sexuelle Aktivitäten erlaubt hatte, war dies ein wunder Punkt für Leo. Er zwang sich, seine Erregung zu ignorieren …

Teddy rührte sich nicht, als Phoebe ihn wieder in die Wiege legte. Sie betrachtete ihn mit einem versonnenen Lächeln. Sie wusste zwar, wie sehr ihre Schwester den Kleinen vermisste. Doch sie freute sich auch, dass sie Weihnachten nicht allein sein musste.

Ihr Herz machte einen kleinen Satz, als ihr einfiel, dass Leo vielleicht auch da sein würde. Aber nein. Sicher fuhr er an den Feiertagen zu seiner Familie und würde dann im Januar für die letzten Wochen seines Aufenthaltes zurückkommen.

Nach der Anfrage seiner Schwägerin hatte sie Leo Cavallo bei Google aufgerufen. Sie wusste, dass er ledig war und der Geschäftsführer eines weltweit operierenden Textilkonzerns, den sein Großvater in Italien gegründet hatte. Sie wusste auch, dass er diverse Wohltätigkeitsorganisationen unterstützte, nicht nur mit Geld, sondern auch mit seiner Arbeit. Dabei musste er nicht mehr arbeiten. Er hatte mehr Geld, als ein Mann in einem Leben je ausgeben konnte. Aber sie verstand Männer wie Leo. Sie brauchten die Herausforderung. Mussten sich an Konkurrenten messen, sowohl geschäftlich als auch privat.

Leo hier aufzunehmen war sicher kein Risiko. Er war ein Gentleman, und sie wusste mehr über ihn als über manchen Mann, mit dem sie ausgegangen war. Einzig irritierend war das Gefühl, dass er irgendwie Hilfe brauchte. Sie wollte keine weitere Verantwortung. Aber hätte das Unwetter die Hütte nicht zerstört, dann wäre er zwei Monate auf sich allein gestellt gewesen. Sie musste sich also keine Sorgen machen. Dennoch, vielleicht konnte sie vorsichtig versuchen herauszufinden, was diesen Bären von einem Mann so verloren wirken ließ.

Während sie sich fertig machte für die Nacht, waren ihre Gedanken bei Leo. Und als sie schließlich unter der Decke lag, stand ihr sein Bild vor Augen.

3. KAPITEL

Leo erwachte. Ein vorwitziger Sonnenstrahl hatte sich durch den Spalt zwischen den Vorhängen geschoben und berührte sein Gesicht. Gähnend fuhr er sich mit der Hand über das stoppelige Kinn. Erfreut stellte er fest, dass er zum ersten Mal seit Langem eine Nacht durchgeschlafen hatte. Vielleicht hatte dieser Aufenthalt in den Bergen doch etwas für sich.

Das Gros seiner Sachen war noch im Wagen, daher zog er die verblichenen Jeans über und seinen geliebten alten Kaschmirpullover. Ein Cavallo-Produkt – natürlich. Im Haus war es angenehm warm, aber Leo drängte es hinaus an die frische Luft. Er wollte seine neue Umgebung bei Tageslicht erkunden.

Auf Zehenspitzen huschte er den Gang hinunter, um das Baby nicht zu wecken, falls es noch schlief. Phoebes Tür stand offen. Unwillkürlich warf er einen Blick ins Zimmer. Das Bett wirkte zerwühlt. Die arme Frau. Das Kind schien sie in der Nacht wach gehalten zu haben.

Er wandte sich rasch ab und ging in die Küche. Da Phoebe gut organisiert war, hatte er kein Problem, die Kaffeemaschine und alles Weitere zu finden. Als der Kaffee im Becher dampfte, nahm er sich eine Banane von dem Teller auf der Anrichte und trat an das Wohnzimmerfenster.

Normalerweise frühstückte er nicht. Gewöhnlich machte er um halb sieben Frühsport und war noch vor acht im Büro. Dann ging es non-stop durch den Tag bis sieben oder später am Abend. Er hatte sich über seinen Tagesablauf nie sonderlich Gedanken gemacht. Dass der Infarkt ihn jetzt so ausbremste, frustrierte ihn. Himmel, er war gerade mal sechsunddreißig! Doch wohl kein Zeitpunkt, schon kürzerzutreten!

Sein Blick glitt über die Welt vor dem Fenster. Alle Zweige waren mit Eis bedeckt und glitzerten in der Sonne wie Diamanten – es war wie ein Winterwunderland. So viel also zu seinem Wunsch, die Welt dort draußen zu erkunden. Bei jedem Schritt konnte man sich alle Knochen brechen. Geduld, Leo. Geduld! Sein Arzt, der am Wochenende auch sein Squash-Partner war, hatte ihm immer wieder geraten, es ruhiger angehen zu lassen, aber Leo war sich nicht sicher, ob er das konnte. Schon jetzt kribbelte es ihm in den Fingern. Er brauchte irgendeine Aufgabe.

„Sie sind aber früh auf den Beinen.“

Phoebes Stimme erschreckte ihn so sehr, dass er abrupt herumfuhr und sich dabei den heißen Kaffee über die Hand kippte. „Oh, verdammt!“

Er sah, wie sie das Gesicht verzog, als er zur Spüle ging und sich kaltes Wasser über die Hand laufen ließ.

„Tut mir leid“, sagte sie, „ich dachte, Sie hätten mich gehört.“

Leo war in Gedanken versunken gewesen, aber jetzt waren alle Sinne hellwach. Phoebe trug einen schlichten Pyjama, der sich an all den richtigen Stellen an ihren Körper schmiegte. Er ließ feste Brüste ahnen, einen runden Po und sehr, sehr lange Beine.

Sie wirkte mitgenommen. Der lange Zopf hatte sich ein wenig gelöst, und unter den Augen lagen dunkle Ringe.

„Hatten Sie eine anstrengende Nacht mit dem Baby?“ Er schaute sie fragend an.

Sie schüttelte den Kopf und griff gähnend nach einem Kaffeebecher. Dabei rutschte das Oberteil ihres Pyjamas ein wenig hoch und entblößte ein paar Zentimeter glatter gebräunter Haut. Hastig wandte er sich ab, konnte den Anblick aber nicht aus seinem Kopf verbannen.

Nachdem Phoebe sich einen Schluck Kaffee gegönnt hatte, ließ sie sich in einen Sessel sinken und zog eine Wolldecke über sich. „Diesmal war es nicht das Baby“, sagte sie und seufzte. „Ich habe die ganze Nacht darüber nachgedacht, wie ich die Hütte wieder repariert bekomme. Wenn ich an die ganzen Handwerker denke, die ich brauche …!“

„Ich könnte Sie unterstützen.“ Die Worte waren heraus, ehe er darüber nachgedacht hatte. Offensichtlich war es schwer, mit alten Gewohnheiten zu brechen. Aber war es nicht mindestens ebenso wichtig, einem Menschen in Not beizustehen, wie sich nach einem kleinen Infarkt zu schonen? Glücklicherweise war seine Schwägerin im Moment nicht hier – sie hätte ihm sicher einen langen Vortrag darüber gehalten, dass das Leben nicht nur aus Arbeit bestand.

Seinem Bruder Luc gelang es auf wundersame Weise, eine Balance zwischen seiner wachsenden Familie und der Arbeit zu finden. Er leitete die Forschungsabteilung. Dank seiner Ideen für neue Fertigungsmethoden und neue Designs konnte sich die Firma im Wandel des einundzwanzigsten Jahrhunderts gut behaupten. Weltweit orderten Designer die Stoffe von Cavallo für ihre besten und teuersten Modelinien.

Phoebe seufzte erneut. „Das kann ich nicht von Ihnen verlangen. Es ist mein Problem. Außerdem sind Sie im Urlaub.“

„Nicht direkt“, korrigierte er sie. „Es ist eher eine unfreiwillige Auszeit.“

Phoebe legte die Beine über die Lehne ihres Sessels und stellte den Kaffeebecher ganz entspannt auf ihrem Bauch ab. Erst jetzt bemerkte er, dass sie Hausschuhe von Hello Kitty trug. Ein weniger verführerisches Outfit war wohl kaum vorstellbar. Und doch war er fasziniert.

„Ein Fall von Burnout?“

„So könnte man es nennen, ja.“ Obwohl das nicht alles war. „Ich soll hier im Wald die Irrwege meines Lebens begreifen.“

„Und wer hat Sie dazu überredet? Sie wirken nicht wie ein Mann, der sich etwas vorschreiben lässt.“

„Mag sein“, räumte er ein, „aber mein kleiner Bruder war der Meinung, dass ich eine Auszeit brauche.“

„Und Sie haben auf ihn gehört?“

„Widerstrebend, ja.“

Sie musterte ihn nachdenklich, so als versuche sie, die Lücken zu füllen, die seine Antworten hinterließen. „Was möchten Sie denn in den zwei Monaten tun?“

„Das bleibt abzuwarten. Ich habe einen ganzen Stapel Krimis dabei. Auf dem iPad sind alle Kreuzworträtsel der New York Times des letzten Jahres abgespeichert, und außerdem habe ich eine Digitalkamera mitgebracht, die noch nicht mal ausgepackt ist.“

„Ich bin beeindruckt.“

„Sie müssen zugeben, dass ich mehr als genug Zeit habe, um mich mit ein paar Handwerkern zu unterhalten.“

„Und wieso sollten Sie das tun wollen?“

„Ich habe gerne etwas um die Ohren.“

„Sind Sie nicht gerade deswegen hier, um einmal nichts um die Ohren zu haben? Ich möchte nicht schuld sein, wenn Sie hier gleich in der ersten Woche umkippen.“

„Glauben Sie mir, Phoebe, mich um die Handwerker für Ihre Hütte zu kümmern würde mich mit Sicherheit nicht gefährden. Und da es nicht meine eigene Hütte ist, kann es auch keinen Stress geben.“

„Hmm.“ Sie sah ihn unschlüssig an. „Wäre da nicht das Baby, würde ich nicht einmal im Traum daran denken, Ihr Angebot anzunehmen.“

„Ich verstehe.“

„Wenn es Ihnen zu viel wird, sagen Sie mir Bescheid.“

„Großes Ehrenwort!“

„Also gut.“ Phoebe streckte die Waffen. „Wie sollte ich da noch Nein sagen?“

Erst jetzt wurde Leo bewusst, wie sehr er sich vor den zwei Monaten ohne irgendeine Aufgabe gefürchtet hatte. Die Instandsetzung der Hütte gab seinen Tagen wieder eine Struktur. Vielleicht wurde dieses Exil dadurch doch irgendwie erträglich.

Mit leichtem Schuldbewusstsein fragte er sich, was sein Bruder dazu sagen würde. Sicher sah Luc ihn im Geiste gemütlich am Feuer sitzen und einen Krimi von Grisham lesen. Natürlich sprach nichts dagegen, einmal einen Blick in ein Buch zu werfen, aber wie viele Stunden am Tag konnte ein Mann lesen, ohne verrückt zu werden?

Plötzlich war laut und deutlich das Weinen des Babys zu hören.

Phoebe sprang auf. „Ach herrje! Ich habe vergessen, das Babyfon mitzunehmen!“ Sie stellte ihren Becher rasch in die Spüle und verschwand in einer Wolke aus rosafarbenem Plüsch.

Leo schenkte sich gerade noch einmal Kaffee ein, als sie mit dem Baby auf dem Arm zurückkam. Der Kleine hatte vom Weinen ein ganz rotes Gesichtchen. Phoebe strich ihm das Haar aus der Stirn. „Der Arme muss ganz verwirrt davon sein, dass seine Mom und sein Dad nicht da sind, wenn er morgens aufwacht.“

„Aber er kennt Sie doch, oder?“

Phoebe seufzte. „Ja, schon. Aber ich mache mir dennoch ständig Sorgen um ihn. Ich habe mich noch nie allein um ein Baby gekümmert. Es ist wirklich beängstigend.“

„Ich würde sagen, Sie machen Ihren Job sehr gut. Er sieht gesund und munter aus.“

Phoebes Blick hellte sich auf. „Ich hoffe, Sie haben recht.“

Sie hielt ihm Teddy hin. „Könnten Sie ihm die Flasche geben, während ich dusche und mich anziehe?“

Leo wich automatisch einen Schritt zurück. „Ich glaube, das möchten weder Teddy noch ich. Ich mache Kindern Angst.“

Phoebe sah ihn fassungslos an. „Das ist doch albern! Haben Sie selbst mir nicht gestern Abend angeboten, mit dem Baby zu helfen, wenn ich Sie hier wohnen lasse?“

Leo zuckte mit den Schultern. „Ich hatte eher daran gedacht, die vollen Windeln nach draußen zu bringen. Oder auf das Babyfon zu achten, während Sie telefonieren. Meine Hände sind zu groß und ungeschickt, um mit so einem kleinen Wesen umzugehen.“

„Sie haben keine Erfahrung mit Babys?“

„Mein Bruder hat zwei kleine Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Ich sehe sie ein paarmal im Monat, aber dann geht mein Kontakt zu ihnen nicht weiter als zu einem Küsschen auf die Wange und einer Bemerkung darüber, wie sie gewachsen sind. Nicht jeder kann gut mit Kindern.“

Phoebe trat zu Leo und drückte ihm das Baby in den Arm. „Sie werden es lernen müssen, denn wir haben einen Deal.“

Leo hielt den Kleinen unwillkürlich fest. Der Körper des Babys war warm und knuddelig. Es roch nach Lotion und diesem undefinierbaren Duft aller Babys. „Ich dachte, wenn ich mich um die Hütte kümmere, ist der Deal für Teddy hinfällig.“

Phoebe verschränkte die Arme vor der Brust. „Definitiv nicht! Ein Deal ist ein Deal. Oder brauche ich es schriftlich?“

Leo wusste, wann er sich geschlagen geben musste. Er hatte Phoebe als den weichen, mütterlichen Typ eingestuft, aber nun sah er sich einer beinharten Frau gegenüber, die keinerlei Skrupel haben würde, ihn auf die Straße zu setzen. „Okay, okay. Ich würde ja meine Hände heben zum Zeichen meiner Ergebung.“ Er lächelte. „Bezweifle aber, dass Ihr Neffe davon angetan wäre.“

Phoebes Reaktion klang verdächtig nach einem Hmmph! Leo grinste in sich hinein, während sie rasch das Fläschchen vorbereitete und es dann zum Sofa brachte. „Er trinkt am liebsten im Sitzen. Wenn die Flasche halb leer ist, sollte er ein Bäuerchen machen.“

„Jawohl, Ma’am.“

Phoebe stemmte die Arme in die Hüften. „Sie sollten sich nicht lustig machen über mich. Das Eis, auf dem Sie sich bewegen, ist dünn, Mister. Sehr dünn!“

Leo bemühte sich um eine reuevolle Miene. Und versuchte gleichzeitig, nicht an ihre Brüste zu denken, die direkt auf Augenhöhe vor ihm waren. Er räusperte sich. „Gehen Sie ruhig duschen“, sagte er. „Ich habe hier alles unter Kontrolle.“

Phoebe nagte an der Unterlippe. „Sie müssen nur an meine Schlafzimmertür klopfen, falls Sie mich brauchen.“

Leo hatte bei der Kombination von Schlafzimmer und brauchen plötzlich ganz andere Visionen. Nur der kleine, unschuldige und immer hungriger werdende Teddy konnte ihn davon abhalten, diesen Gedankengang weiterzuverfolgen.

„Nun gehen Sie schon.“ Leo hielt dem Kleinen die Flasche hin. „Wir kommen klar.“

Nachdem Phoebe fort war, ließ Leo Teddy gegen seinen linken Arm sinken, um ihm mit der rechten Hand die Flasche zu geben. Es war klar, dass der Kleine die Flasche fast selbst halten konnte, aber wenn er sie fallen ließe, wäre er hilflos.

Leo lehnte sich zurück und legte die Füße auf die Ottomane. Teddy schien nichts dagegen zu haben, von einem Fremden gefüttert zu werden. Nur als Leo ihn für einen Moment an seine Schulter legte, um ihm ein Bäuerchen zu entlocken, wurde er ungehalten.

Endlich war die Flasche leer. Leo nahm sie dem Kleinen ab und gab ihm stattdessen den Beißring, den Phoebe bereitgelegt hatte. Teddy widmete sich ihm mit Hingabe und gab Leo eine Chance, sich in Ruhe umzuschauen.

Ihm gefiel es, wie Phoebe das Haus eingerichtet hatte. Alles wirkte behaglich und doch modern. Die Möbel waren sicher nicht billig gewesen. Am Kühlschrank entdeckte er an einem Magneten ein Foto von Phoebe, ihrer Schwester und dem kleinen Teddy.

Leos Blick fiel auf das Baby in seinem Arm. Der Kleine sah ihn mit seinen großen blauen Augen unverwandt an, so als wolle er fragen: Was hast du vor? Leo lachte leise. „Deine Tante Phoebe ist eine wunderschöne Frau, kleiner Mann. Bring mich nicht in Schwierigkeiten bei ihr, dann werden wir beide prima miteinander auskommen.“

Leo dachte für einen Moment an Atlanta. Fragte sich, was im Büro los sein mochte. Sehnte sich danach, das Ruder wieder in der Hand zu haben. Aber so ein Baby auf dem Schoß ließ alles andere plötzlich nicht mehr so wichtig erscheinen.

Wie er Phoebe gesagt hatte, war der Umgang mit kleinen Kindern ihm nicht fremd. Luc und Hattie hatten ihre Nichte adoptiert, nachdem sie im vergangenen Jahr geheiratet hatten. Das Mädchen war jetzt fast zwei Jahre alt. Und am letzten Valentinstag hatte Hattie den ersten echten Cavallo der neuen Generation zur Welt gebracht: einen dunkelhaarigen, glutäugigen kleinen Jungen.

Leo mochte Kinder. Sie symbolisierten die Zukunft. Die Gewissheit, dass das Leben weiterging. Dennoch hatte er keinerlei Verlangen danach, selbst Vater zu werden. Kinder brauchten die Zuwendung ihrer Eltern. Sein Leben war auch so erfüllt. Seine Firma war sein Baby. Er hatte stets alles im Griff und sorgte auch in wirtschaftlich schweren Zeiten dafür, dass Cavallo keine Verluste machte.

Er wusste, dass einige ihn hart nannten. Aber er hatte bei allem stets im Auge, wie viele Menschen weltweit von seinen Entscheidungen betroffen waren. Es irritierte ihn, dass im Moment jemand anderer die Entscheidungen für ihn traf. Er wusste, dass Luc einen fähigen Mann ausgesucht hatte, aber das änderte nichts daran, dass er sich ausgeschlossen fühlte. Abgeschoben.

Er warf einen Blick auf die Uhr. Erst halb elf! Wie sollte er zwei Monate ohne seine Arbeit überstehen? Er legte den freien Arm über die Rückenlehne des Sofas und schloss die Augen. Irgendwie musste er versuchen, Ruhe zu finden.

Verdammt, er wollte nach Hause!

Wirklich?

Seit er Phoebe kennengelernt hatte, war er sich nicht mehr sicher. Die große, langbeinige Phoebe. Eine wunderschöne Frau. Eine Frau mit Klasse. Falls sie sich auf eine Beziehung mit ihm einließe, hätte diese Verbannung noch ihr Gutes. Leo spürte ein gewisses Prickeln zwischen ihnen. In dieser Hinsicht irrte er sich selten. Wenn ein Mann Geld hatte und einigermaßen aussah, umschwirrten die Frauen ihn wie die legendären Motten das Licht.

Als junge Männer in Italien hatten Luc und er viele Eroberungen verbucht – bis ihnen klar wurde, wie schal diese rein oberflächlichen Beziehungen waren. Luc hatte die Frau seines Lebens schließlich im College gefunden – aber es hatte zehn Jahre gedauert, bis sie geheiratet hatten.

So weit hatte Leo es nie gebracht. Bisher hatte er noch keine Frau kennengelernt, die wirklich an ihm selbst interessiert war. Die Möchte-gern-Mrs.-Cavallos sahen nur sein Geld und seine Macht und wollten den Ring an ihrem Finger. Und die wahren Frauen, die unkomplizierten Frauen mit Herz, hielten sich von Männern wie ihm fern, weil sie Angst hatten, sie könnten sie verletzen.

Er wusste nicht, in welche Kategorie Phoebe Kemper fiel. Aber es reizte ihn, es herauszufinden.

4. KAPITEL

Phoebe ließ sich Zeit unter der Dusche. Falls Leo sich nicht an seinen Teil der Abmachung zu halten gedachte, dann wollte sie es jetzt gleich wissen. Es war kein Risiko, ihm Teddy für diese kurze Zeit zu überlassen. Sie spürte, dass er ein Mann war, der auch in schwierigen Situationen den Kopf behielt.

Ihr fiel es schwer, sich vorzustellen, dass Leo krank gewesen war. Er schien voller Kraft. Immun gegen die Probleme normaler Sterblicher. Sie neidete ihm sein Selbstbewusstsein. Ihres hatte vor drei Jahren einen schweren Schlag erlitten, und sie war sich nicht sicher, ob sie es je wiedererlangen würde. Die jüngere Phoebe hatte die Welt im Sturm erobert – ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass das Schicksal nach seinen eigenen Regeln spielte. Und dann war ihr perfektes Leben in sich zusammengefallen wie ein Kartenhaus.

Es würde nie wieder so sein, wie es einmal gewesen war. Aber konnte es vielleicht wieder gut werden – auf eine andere Weise?

Sie kleidete sich sorgfältiger als sonst. Statt für Jeans entschied sie sich für eine helle Cordhose und einen leuchtend roten Pullover. Weihnachten stand vor der Tür, und Rot hob immer ihre Stimmung. Nach kurzem Zögern ließ sie ihr Haar offen über die Schultern fallen. Für den Umgang mit dem Baby war der Zopf praktischer, aber heute wollte sie hübsch sein für ihren Gast.

Als Phoebe schließlich ins Wohnzimmer zurückkehrte, fand sie ein Bild des Friedens vor: Teddy schlief an Leos Brust. Auch Leo hatte die Augen geschlossen. Sie verweilte einen Moment in der Tür und genoss den Anblick. Dann musste sie schlucken. Würde sie nie über das hinwegkommen, was sie verloren hatte?

Das zurückgezogene Leben der vergangenen Jahre hatte ihr eine Art inneren Friedens geschenkt. Aber dieser Frieden war eine Illusion, weil das Leben hier eine Illusion war. Sie hatte nicht wirklich gelebt. Leben bedeutete auch die Möglichkeit von Schmerz. Sie musste akzeptieren, verwundbar zu sein. Liebe und Glück einerseits standen potenziell tiefem Schmerz andererseits gegenüber. Aber, war es das Risiko wert?

Leise trat sie an das Sofa und legte eine Hand auf Leos Arm. Er öffnete sofort die Augen, als sei er nur in Gedanken gewesen, statt zu schlafen. Sie streckte die Arme nach dem Baby aus, aber er schüttelte den Kopf.

„Zeigen Sie mir, wohin ich ihn bringen soll“, flüsterte er. „Wir sollten nicht riskieren, ihn jetzt zu wecken.“

Sie führte ihn durch ihr Schlafzimmer in einen kleineren Raum, in dem sie bis zu Teddys Ankunft all die Dinge abgestellt hatte, die sie nicht hatte durchsehen wollen, als sie eingezogen war. Jetzt standen die unausgepackten Kisten in der hinteren Hälfte des Raums, während der vordere Teddys Sachen beherbergte – Wiege, Schaukelstuhl und Wickeltisch ergaben eine behagliche Ecke.

Leo legte Teddy behutsam in seine Wiege. Der Kleine rollte sich gleich auf die Seite und steckte einen Daumen in den Mund. Beide lächelten. Phoebe schaltete das Babyfon ein und bedeutete Leo, ihr zu folgen. Auf Zehenspitzen schlichen sie hinaus.

„Fühlen Sie sich wie zu Hause“, bat Phoebe, als sie wieder im Wohnzimmer waren. „Tun Sie, wonach auch immer Ihnen ist. Es ist Holz genug da, falls Sie Feuer im Kamin machen möchten.“

„Sie brauchen mich nicht mit Samthandschuhen anzufassen, ich bin nicht krank.“

Sein Ton war abweisend. Gereizt. Phoebe wand sich innerlich. Jemand hatte Leo hierhergeschickt, weil er Ruhe finden sollte. Was auch immer gewesen war, es war ernst genug, um ihn für zwei ganze Monate aus dem Verkehr zu ziehen.

In der Vergangenheit hatte sie oft mit Männern wie Leo zu tun gehabt. Es waren Alphatiere. Arbeit war ihr Leben. Und sogar wenn sie heirateten, kam die Familie erst an zweiter Stelle.

Phoebe musste zugeben, dass sie selbst über einige dieser Killerinstinkte verfügte. Oder zumindest war es einmal so gewesen. Der Adrenalinkick, den ein erfolgreich getätigter Deal mit sich brachte, machte süchtig. Süchtig nach mehr.

Der Umgang mit Leo würde nicht leicht werden. So wie ein Alkoholiker auf Entzug den Kontakt mit anderen Alkoholikern mied, um nicht rückfällig zu werden, sah sie sich in Gefahr, durch den Kontakt mit diesem Mann wieder in ihr altes Leben zurückgezogen zu werden. Das wollte sie unter allen Umständen vermeiden. Sie hatte sich in der Vergangenheit selbst verloren in der ständigen Jagd nach Erfolg. Nun hatte sie ein neues Leben gefunden. Sie hatte damals genügend Geld verdient, um jetzt sehr lange davon leben zu können.

Leo ging zum Kamin und begann, mit der Akkuratesse eines Pfadfinders das Holz aufzustapeln. Phoebe setzte einen Topf Chili auf. Schließlich durchbrach sie das angespannte Schweigen.

„Ich habe eine Studentin, die hin und wieder auf Teddy aufpasst, wenn ich für kurze Zeit fort muss. Ich könnte sie fragen, ob sie Zeit hat. Dann kann sie sich um Teddy kümmern, während wir uns den Schaden an der Hütte genauer ansehen.“

„Sie gehen das Ganze sehr professionell an.“