Brüt
es
aus!
Die freie
Schwangerschaft:
Methode mit Mama, Baby
und Co
Edition Riedenburg E.U.
Du hast dir dieses Buch gekauft oder es geschenkt bekommen. Warum eigentlich? Bist du vielleicht schwanger oder auf dem besten Weg dorthin? Du weißt bereits, dass es Mutterpässe und zigfache Untersuchungen für Schwangere gibt – das grundsätzliche Gefühl, ein Menschlein in sich zu tragen, ist dir aber irgendwie suspekt? Glaubst du vielleicht sogar daran, dass zu einer Schwangerschaft nicht nur Frau und Mann gehören, sondern automatisch auch Frauenarzt, Klinik, Hebamme und Co?
Ich möchte dich dazu einladen, deinen schwangeren Körper ganz egoistisch selbst zu erkunden und dich bedingungslos auf das einzustellen, was dich in dieser besonderen Lebensphase erwartet: Ein Auf und Ab der Gefühle, eine magische Verwandlung deines Körpers – gleichzeitig jedoch auch die seit Menschengedenken bestehende banale Realität der natürlichen Fortpflanzung.
Generation um Generation vor dir hat sich redlich darum bemüht, den Vorgang der Evolution so perfekt wie möglich zu gestalten. Und am Ende der Fahnenstange sitzt nun gewissermaßen du und sahnst die gesammelte menschliche Erberfahrung ab. Was sollte da in aller Regel noch schiefgehen?
Doch halt! War da nicht deine anfängliche Skepsis, und ist Schwangersein nicht eigentlich eine Sache für den Arzt und seine mannigfaltigen Untersuchungen? Denn wofür gäbe es überhaupt die Schwangerschaftsvorsorge, wenn sie nicht zur Anwendung kommen dürfte?
Nun, die Sache verhält sich – aus einem etwas anderen Blickwinkel betrachtet – geringfügig anders. Denn bekanntlich wurde zuerst (also wirklich: ganz zu Beginn) die Schwangerschaft erfunden. Dann erst (um genauer zu sein: vor ein paar läppischen Jahrzehnten) kam die länderweise teils pflichtmäßig vorgeschriebene Untersuchungsmaschinerie nebst der hierfür erforderlichen Berufe sowie ihrer meist elektrisch betriebenen Geräte und (chemischen) Analysemethoden. Das Henne-Ei-Problem ist also zumindest im Fall der Schwangeren und ihres Brütlings eindeutig gelöst.
Verschwenden wir jetzt aber nicht mehr Zeit mit Diskussionen, sondern konzentrieren wir uns lieber darauf, die vollkommene Privatheit wiederzuentdecken. Sollte sie denn verloren gegangen sein.
Privat: Das bist du. Das ist dein Kind für dich. Und wen du in die Geheimnisse deiner Schwangerschaft einweihst, das entscheidest ganz alleine nur du.
So wie Anna, die zumindest ihre beste Freundin Eva dazu einlädt, einige ihrer persönlichen Erfahrungen mit ihr zu teilen …
Wen möchtest du einladen?
Anna erinnert sich. Südfrankreich, Sommer. Heiß war es, und weil nicht daran zu denken war, draußen zu verglühen, beschäftigte sie sich wieder einmal mit dem Staubsauger der angemieteten Wohnung.
Staubsauger sind Annas Leidenschaft. Zu Hause hat sie vier an der Zahl: Einen für die „groben“ Sachen, einen für die kleinen Sachen, einen ohne Kabel und einen, der ganz von alleine seine Runden zieht, um anschließend wieder in sein Nest zu kriechen, wo er sich auflädt.
Doch zurück zu diesem Tag im Juli. Anna erwartete ihre Regel und freute sich schon, die freie Menstruation im Meerwasser so herrlich unkompliziert praktizieren zu können. Sie lehnte also den herkömmlichen Beutelsauger an die Wand und marschierte auf die Toilette. Dort begab sie sich in eine bequeme Position. Tief drinnen gab sie ihrem entspannten Muttermund den Hinweis, die von ihr vermutete Mensflüssigkeit abzulassen. Doch es kam nichts. Das französische Klopapier blieb blütenweiß. Auch als Anna zum Test etwas weiter in ihre Scheide hineinbohrte, offenbarte sich ihr nicht die geringste rötliche Spur.
„Hm“, überlegte sie bei sich, „Tag 29. Oder doch erst 28?“ Anna war sich nicht so ganz sicher. Ihren Menstruationskalender hatte sie zu allem Überfluss zu Hause vergessen.
Rasch griff sie zu ihrem Handy und simste ihrer Freundin Eva: „Kannst du viell. heute schon Blumen gießen? Sag mir bitte, welcher Zyklustag ist. Kalender liegt am Schreibtisch. Danke! A.“ Keine zwei Minuten später kam ein Smiley von Eva zurück – sie hatte Annas Verdacht, eventuell schwanger zu sein, wohl erahnt. Eine weitere Viertelstunde später dann die dringend erwartete Antwort: „Heute ist der 20. Juli und du bist Zyklustag 30. Darf man schon gratulieren? ;-)“
Puh! Das saß. Am 30. Zyklustag brauchte Anna eigentlich gar keinen Schwangerschaftstest mehr zu machen. Oder hatte die Reise ihren sonst so pünktlichen Zyklus vielleicht durcheinandergebracht? Sie rief Peter zu, dass sie einen dringenden Weg hatte, und machte sich auf in Richtung Apotheke. Für 6,99 erstand sie einen Schwangerschaftstest, dessen französische Anleitung sie nur kurz überflog. Auch ohne vertiefende Sprachkenntnisse war unschwer zu verstehen, dass der zweite Strich im Sichtfenster so viel wie „Baby“ bedeutete.
Wieder in der Ferienwohnung angekommen folgte die endgültige Gewissheit: Schwanger! Anna kontrollierte den zweiten Strich erneut und stellte zur Sicherheit den Test auf den Kopf, aber das änderte nichts am Ergebnis. Während sie noch überlegte, ob sie ihren ersten zu erwartenden Heißhunger auf saure Gurken oder Schokolade bekommen sollte, zog sie sich wieder an und ging zu Peter ins Wohnzimmer. Wortlos hielt sie ihm den Test unter die Nase und meinte: „Unseren nächsten Sommerurlaub sollten wir wohl nicht mehr 1200 Kilometer von zu Hause verbringen.“ Beide freuten sich riesig über die so willkommene Überraschung, Nachwuchs zu erwarten, und beschlossen, diesen Tag nie mehr zu vergessen.
Die restliche Ferienzeit verging wie im Flug, und Anna meinte, bei einem ersten Foto bereits ein kleines Bäuchlein erkannt zu haben. Später musste sie wohl oder übel feststellen, dass dies ein Resultat übermäßigen Konsums blähender Bohnen gewesen war – aber sei‘s drum. Das schwangere Gefühl hatte sich in Annas vollkommener Weiblichkeit zu 100 Prozent eingestellt, und anstatt Schokolade und saure Gurken zu futtern, bekam sie einen unbändigen Drang, kiloweise grünen Salat zu verspeisen. Dazu Fisch und jede Menge köstliches Obst.
Es klingelt an der Tür.
„Eva, du bist aber früh dran! Ich dachte, du kommst erst zum Hauptfilm“, ruft Anna und drückt ihre beste Freundin, so gut es eben geht. Immerhin ist Anna schon ziemlich schwanger und am Bauch etwas umfangreicher geworden. „Gut siehst du aus!“, bemerkt Eva. „Ich hab meine Kamera dabei, lass uns deine Kurven gleich mal für später festhalten.“
„Kurven, dass ich nicht lache“, meckert Anna, „vorne dran klebt ein Gymnastikball, und ansonsten hat sich ganz offensichtlich nicht viel getan im Annencafe.“ „Sei doch froh!“, gibt Eva zurück, „oder möchtest du nach dem ersten Kind lieber wie Tante Lore aussehen?“ „Hast eh recht“, bekräftigt Anna, „wie Tante Lore auszusehen kann in der Tat kein Ziel sein.“
Sie muss kichern, weil sie an Tantchens unvorteilhaften Badeanzug denkt, der diverse Schwarten zwar gehörig zusammenpresst, jedoch mit dem Effekt, dass die überschüssigen Pfunde seitlich wieder herausquellen.
„Also, ab mit dir vor die Wand!“, befiehlt Eva, und Anna folgt ihr. „Mach mal so einen Entenpo, damit man den Bauch besser sieht“, lugt Eva durch den Sucher und schießt die ersten Fotos. „Ja, gut! Und jetzt mit Hut, denn was sich reimt, ist gut – du weißt schon.“
Anna schnappt sich einen viel zu kleinen Filzhut und streckt ihren Hintern fast bis zum Himmel. „Gut so?“, möchte sie von Eva wissen. „Ja, perfekt! Die perfekte Schwangere mit dem perfekten Bauch und dem perfekten Hut“, lobt Eva.
„Guck mal!“, hält sie ihrer Freundin den Kamerabildschirm vor die Nase. „Ah, gar nicht so übel“, ist Anna überrascht. „Ich sollte zumindest Bauch-Model werden.“
„Aber der ist ja nur noch ein paar Wochen da“, bemerkt Eva trocken. „Wie lange eigentlich genau?“
„Eva!“ Anna stemmt die Hände in die Hüften. „Ausgerechnet du stellst diese belämmerte Frage.“
Anna zieht ihren Rolli am Bauch nach oben und zeigt auf ihren Nabel. „Hier ist das Mikrophon. Da spricht Peter auch immer rein, wenn er mit unserem Baby reden möchte. Frag es doch, wann es rauskommt, und teile mir dann bitte bei Gelegenheit seine Antwort mit.“
„Ok, ok“, wiegelt Eva ab, „ich wusste nicht, dass du immer noch nicht weißt, wann es kommt.“
„Ich weiß es nicht, wusste es nicht und werde es nie gewusst haben, bevor es da ist“, verdreht Anna die Augen. „Wie denn auch? Du solltest dir mal Geschichten von Trudes Geburten anhören. Von wegen erratener Geburtstermin und so.“
„Trude?“, runzelt Eva die Stirn. „Ja, Trude“, sagt Anna, „meine Hebamme aus dem Yogakurs, ich hab dir doch von ihr erzählt.“ „Ach, die mit dem Hund!“, fällt es Eva wieder ein und sie denkt an Annas Kennenlernbericht mit Trude zurück.
Anna und Trude hatten sich nämlich schon vor Annas Schwangerschaft im gemeinsamen Yogakurs kennengelernt, und zwar, als sie sich im abschauenden Hund verkehrtherum erblickten und im Spiegel feststellten, dass sie beide ein Loch in der Hose hatten.
„Na, jedenfalls hat mir Trude von Anfang an ausgeredet, an irgendwelche aberwitzigen Termine zu glauben, weil sich ja nur rund vier Prozent der Babys daran halten würden. Eine schlechte Quote, findest du nicht?“
Eva nickt. „Geradezu desillusionierend schlecht“, stellt sie trocken fest.
„Also lass uns weiter abwarten und ein Tässchen Tee auf diese umwerfende Erkenntnis trinken.“ Anna schlendert in die Küche und fischt einen Kamillenteebeutel aus dem Regal. „Oder doch lieber ein Käffchen?“, zwinkert sie ihrer Freundin zu, und beide verstehen sich.
„Du nimmst aber viel Sahne!“, kriegt Eva ihre Augen nicht mehr zu, als sie Anna dabei beobachtet, wie sie dem Sahneboy ein lautes Fauchen entlockt.
„Tut meinen Nerven gut!“, antwortet Anna und genehmigt sich den ersten großen Löffel Schlagsahne. „Genial, mit Spuren von Kaffee – und wenn man sich die Torte untendrunter dazu denkt, stellt sich ganz rasch eine umfangreiche Befriedigung ein.“
„So eine Torte wäre in der Tat gar nicht so übel, oder?“, runzelt Eva die Stirn und bekommt den Gedanken an süß-klebriges Feingebäck nicht mehr aus dem Kopf.
„Vergiss es!“, schüttelt Anna den Kopf. „Wenn das Baby draußen ist, kannst du mir gerne ein Torten-Abo von Bäcker Zuckersüß schenken, aber bis dahin bleibe ich standhaft. Ich will das Kind in mir ja nicht mästen.“
„Wirklich, bist du da so streng?“, schaut Eva entgeistert.