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Einführung

Der Barock mit seiner Lebensfreude und Üppigkeit hat das Himmlische Jerusalem gerne dargestellt, wie auch Illustrationen des Paradieses oder von Arkadien. Weder in der Romanik, in der Gotik, in der Renaissance, im Klassizismus oder im Jugendstil haben so viele, vor allem bedeutende Künstler sich dieses Themas gewidmet, wie im Barock. Vor allem die hispanische Welt hat, auch in Latein- und Südamerika, zahlreiche Kunstwerke hervorgebracht, die in einem späteren Band dokumentiert werden.

Im Barock lassen sich, bezüglich des Himmlischen Jerusalem, zwei Zentren ausmachen: die Niederlande und Italien. In den Niederlanden waren die bedeutendsten Künstler Petrus van der Borcht, Johan (Johannes) Sadeler I (1550–1600), Marten (Martin) de Vos (1532–1603), Pieter de Jode der Ältere (1570–1634), Nicolaes Visscher (auch Vißcher, 1618–1679), Frederick Hendrick van Hove (um 1628–1698), Claes Braau (um 1636–1707), Dirk Kuipers (1733–1796), Leendert Brasser (1727–1793), Philip van Gunst (1685–1732) und natürlich der Meister Jan Luyken (1649–1712), der sogar eine Ausgabe von „Pilgrim's Progress“ mit einem Himmlischen Jerusalem ausstattete, welches wiederum nach England ausstrahlte. Warum sich gerade die Niederländer so für das Himmlische Jerusalem begeisterten, liegt einfach daran, dass im 16. und 17. Jahrhundert die Niederlande das Kunstzentrum Europas waren, die nicht nur für den Eigenbedarf produzierten, sondern das Neue Jerusalem in die ganze Welt exportierten. Die Einflüsse erreichten sogar die orthodoxe Ikonenkunst, etwa die Weltgerichts-Ikone aus Jaroslawl (um 1660) oder die hellenistische Weltgerichtsikone (um 1675) des Mönchs Ambrogio.

In Italien waren es vornehmlich Gaspare Crivellari, Gian Antonio Castelli (geb. um 1570, gest. um 1640) und Pietro Castelli, Andrea Bordone und Livio Retti (1692–1751). Hier war die Nähe zum Vatikan ausschlaggebend, der die Kunst im Rahmen der Gegenreformation förderte und die Werke, vor allem Kupferstiche, in der ganzen katholischen Welt verbreitete.

Weitere namhafte Künstler, deren Arbeiten hier dokumentiert sind, sind Pedro de Mena (um 1628–1688), Matías de Torres (1635–1711), Karl Gustav Amling (1651–1702), Johann Ulrich Krauß (1655–1719), Antonio José Rebolloso, Joseph Mages (1728–1769), Manuel Peleguer y Tossar (1759–1831), Cosmas Damian Asam (1686–1739), Joseph Sebastian Klauber (1710–1768) und Johann Baptist Klauber (1712 bis gegen 1787). Unter allen sticht Matthäus Merian (1593–1650) hervor: Zu Beginn des 17. Jahrhunderts brachte er eine Lutherbibel mit damals revolutionär neuen Illustrationen auf den Markt. Auch das Neue Jerusalem wurde jetzt in diesem Werk, das als Merianbibel lange Jahre die protestantische Bibelausgabe schlechthin war, modernisiert und zeitgemäß präsentiert und ist noch heute vielen Lutheranern in dieser Fassung vertraut. Bibelausgaben aus Frankreich und England, Kopien in Öl von Kirchen in Skandinavien bis nach Osteuropa belegen, wie stark dieses Jerusalemsbild in der Lebenswirklichkeit der Gläubigen präsent war.

Petrus van der Borcht (um 1565)

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Petrus van der Borcht/Pieter van der Borcht ist der Name mehrerer flämischer Künstler, die alle zwischen 1535 und 1608 in Mechelen, Antwerpen und Brüssel als Kupferstecher und Buchillustratoren tätig waren. Eine eindeutige Zuschreibung der einzelnen Arbeiten ist kaum möglich, eine verlässliche kunsthistorische Forschung zu dem Leben und umfangreichen Schaffen der Werkstatt Borcht existiert nicht.

Erhalten hat sich dieser seltene Kupferstich in der Sammlung des Lehrers Phillip Medhurst in Belgrave Hall, Leicester (The Kevin Victor Freestone Bequest). Er ist unten links mit „FE. V. BORCHT“ (fecit Van Borcht/gemacht von Van Borcht) signiert. Rechts ist die Ziffer 99 zu finden – möglicherweise handelt es sich um die Bildnummer 99 einer Serie oder um die Paginierung einer Buchausgabe, wahrscheinlich zum Neuen Testament. Überschrieben ist die Arbeit mit „arcanorum contemplatio“, also mit „Ich sehe das Geheimnis“, ein Zitat aus der Kirchengeschichte des Callixtus Nicephorius. Es verweist darauf, dass es sich bei der Stadt im Vordergrund um das Himmlische Jerusalem handelt, welches in dieser Fassung allerdings vollständig desakralisiert ist; die Stadt zeigt weder das Lamm Gottes noch die Wächterengel oder die zwölf Stadttore.

Friedrich Wilhelm H. Hollstein: Dutch and Flemish etchings, engravings, and woodcuts, 3, Amsterdam 1950, S. 99–106. Alastair Hamilton: From familism to pietism. The fortunes of Pieter van der Borcht's biblical illustrations and Hiel's commentaries from 1584 to 1717, in: Quaerendo, 11, 4, 1981, S. 271–301.

Ralph Dekoninck: Entre Réforme et Contre-Réforme: les imagines et figurae Bibliorum de Pieter van der Borcht et Hendrik Jansen van Barrefelt, in: Quaerendo, 29, 2, 1999, S. 96–131.

Petrus van der Borcht (1565)

Bild 2

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