Reihe: Meisterwerke des Himmlischen Jerusalem, Band 12

Hrsg. von Claus Bernet

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© 2014 (Erstauflage), Claus Bernet.

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Berlin, 28.9.2016 (4. Aufl.)

Edition Graugans, Berlin

Herstellung und Verlag: Bod - Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN: 978-3-7357-4584-2

GG Wissenschaft ist ein Imprint der Edition Graugans, Berlin

Inhaltsverzeichnis

Einführung

Liturgische Gegenstände und schmückendes Dekor gab es schon in den allerersten Kirchenbauten der Spätantike. Wir können davon ausgehen, dass bereits damals das Himmlische Jerusalem bildlich den Gläubigen präsentiert wurde. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass über viele unsichere Jahrhunderte das Idealbild von einer leuchtenden, rettenden Stadt besondere Ausstrahlungskraft hatte. So stammt der älteste erhaltene Gegenstand mit diesem Motiv bereits aus dem frühen 5. Jahrhundert; es ist die berühmte Kapsel von Brivio. Ein anderes Beispiel dafür sind die zahlreichen Weihrauchfässer, denen man gerne die Form einer Kirche oder Stadt gegeben hat. Bis heute gibt es Kunstarbeiten, die das Himmlische Jerusalem schmückend in Sakralräumen zur Darstellung bringen: Flügeltüren, Taufschalen, Triumph- und Zeremonialkreuze, Prozessionsschilde, Jerusalems-Stelen und anderes mehr.

Seit spätestens mit dem Verduner Altar (1181) und dem „Goldenen Altar“ aus Dänemark (ca. 1250-1300) wurde vornehmlich der Altarbereich zur Jerusalems-Gestaltung herangezogen. Kanzelschmuck mit dem Jeruslemsmotiv findet man gehäuft im 18. und 19. Jahrhundert, wohingegen Triumphkreuze eine Erscheinung des 20. Jahrhunderts sind. Die unzähligen Tabernakel mit Darstellungen des Himmlischen Jerusalem, die sich ja meist auf dem Altar oder in seiner unmittelbaren Nähe befinden, sind hier nicht aufgenommen, dazu soll später einmal ein eigener Band erscheinen.

Es liegt in der Natur des Gegenstandes, dass Tore und Türe dazu einladen, mit dem Himmlischen Jerusalem in Bezug gesetzt zu werden. Zum einen deswegen, weil die Himmelsstadt durch zwölf Tore/Eingänge gekennzeichnet ist, dann aber sicherlich auch, weil man den Eingang in den Sakralraum mit dem zukünftigen Betreten des himmlischen Heilsraumes verbunden sah. Wie der Gläubige heute die Kirche betritt, so soll er morgen in das Neue Jerusalem eintreten. Während solche mittelalterlichen Tor- und Türbeispiele aus Stein bereits in Band 8 („Gemacht für die Ewigkeit: Steinwerke“) enthalten sind, wird in diesem Band auf moderne Kircheneingänge eingegangen, etwa Türen aus Köln, Karlsruhe, Hamburg, Haßlinghausen, Jestetten, Pulheim, Eisenstadt oder dem sizilianischen Particino.

Mit Hildegard Bienen (1925-1990) gab es übrigens eine Künstlerin, die sich in katholischen Kirchen intensiv mit dem Neuen Jerusalem auseinandergesetzt hat. In den 1960er und 1970er Jahren haben ihre Arbeiten ganz entscheidend das Bild vom Neuen Jerusalem im Sakralbau für eine ganze Generation geprägt. Einige ihrer bedeutendsten Werke werden hier vorgestellt; so eine Schmuckplastik aus Gelsenkirchen, ein Kreuzgehänge aus Oberhausen und die Friedhofseingangstore zu Marienthal.

Kapsel von Brivio (Anfang 5. Jh.)

Bild 1

Bild 2

Die Kapsel hat eine elliptische Form und zeigt an ihren Schmalseiten die Tore des Himmlischen Jerusalem. Jeweils zwei niedrige Türme mit einem Kegeldach flankieren ein rundbogiges Tor. Die Quaderung der Stadtmauer ist gut zu erkennen. In ihrer gegenüberliegenden Position und auch in der Themenwahl der übrigen Szenen aus dem Alten und Neuen Testament ergeben sich Ähnlichkeiten mit den frühchristlichen Sarkophagen. Vermutlich wollte man mit der Gegenüberstellung der beiden Stadttore auf die beiden wichtigsten christlichen Städte, Jerusalem und Bethlehem, hinweisen.

Auf der oberen und unteren Seite der Kapsel schließt ein Band an, das wie eine Kordel oder ein Seil gestaltet ist, welches zwei Mal um die Kapsel läuft. Dieses Band, wie auch die profilierten Szenen, sind mit einer Goldauflage versehen, während der Untergrund aus Silber besteht. Die Kapsel ist nur 5,7 cm hoch und hat einen Durchmesser von 5,5 cm. Die Länge beträgt 12 cm. Einst wurde das Objekt zur Aufbewahrung von Reliquien verwendet.

1888 wurde die Silberkapsel am Boden eines antiken Altars in Nähe der Burg von Brivio entdeckt, ein kleiner Ort bei Lecco in der Lombardei. Sie befand sich in einer Ummantelung aus Marmor aus dem 11. Jahrhundert. 1902 wurde sie in Paris an den Kunstsammler Adolph Gilbert verkauft und der Sammlung Brauer-Gilbert des Louvre inkooperiert. Gilbert betrieb zu diesem Zeitpunkt Seidenspinnereien auf dem ehemaligen Gelände der Burg von Lecco.

Philippe Lauer: La ‚capsella’ de Brivio (Musée du Louvre), in: Monuments et Mémoires Publiés par l’Académie des Inscriptions et Belles-lettres, 13, 1906, S. 229-240.

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Milano capitale dell’Impero Romano 286-402 D.C., Milano 1990.

Galit Noga-Banai: The trophies of the martyrs. An art historical study of early Christian silver reliquaries, Oxford 2008.

Elfenbeinschrein (um 780)

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