2. Auflage 2013, Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt ISBN 978-3-848290-41-3

© Dr. Jens Kegel, Berlin. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle in diesem Buch enthaltenen Angaben, Ereignisse, Sachverhalte usw. wurden vom Autor nach bestem Wissen erstellt. Sie erfolgen ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie. Der Autor übernimmt daher keinerlei Verantwortung und Haftung für vorhandene Unrichtigkeiten. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen, Firmennamen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen.

Autor

Dr. Jens Kegel ist Kommunikations-Experte. Er studierte Germanistik, Geschichte, Pädagogik und Psychologie. Nach zwei Staatsexamen folgten ein Fernstudium „Werbetexten“ und ein Promotionsstudium im Bereich Germanistische Linguistik. Seit fünfzehn Jahren arbeitet er als Texter, Autor, Ghostwriter und Berater für verbale Unternehmenskommunikation. Er berät Personen und Unternehmen in den Bereichen Kommunikation und Vermarktung. Jens Kegel übersetzt für Praktiker die neuesten Erkenntnisse aus verschiedenen Wissenschaftsbereichen und bereitet sie methodisch in Vorträgen und Seminaren auf.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Wer heute erfolgreich sein will, kommuniziert. Fast jeder muss an seinem Arbeitsplatz reden, überzeugen, empfehlen, erklären, widerlegen, präsentieren, erläutern und manchmal streiten. Wenn es vor zwanzig Jahren noch genügte, einen Beruf zu lernen und diesen bis zur Rente auszuüben, dann haben sich die Verhältnisse grundlegend geändert. Experten haben zudem festgestellt, dass der Kommunikations-Wettbewerb längst den Produkt-Wettbewerb abgelöst hat. Bereits heute gewinnt, wer am besten kommunizieren kann. Der Grund liegt darin, dass es von allem zu viel gibt: zu viele Produkte, zu viele Dienstleistungen und oft auch zu viele Arbeitskräfte. Arbeitgeber setzen zudem voraus, dass wir unseren Job beherrschen. Kunden gehen davon aus, dass wir die Dienstleistung in hervorragender Qualität erbringen. Unterschiede werden also zunehmend über Kommunikation hergestellt. Darum gewinnen jene, die kommunizieren können und sich so aus der Masse herausheben – nicht irgendwie und nach Schema F, sondern besonders.

Nun kommunizieren Menschen aber nicht nur mit Worten, sondern auch mit Gesten, der Kleidung, mit allem, was sie tun oder eben auch nicht tun. Wie in anderen Bereichen des Lebens, so gibt es Naturtalente, die es verstehen, andere mühelos in ihren Bann zu ziehen. Diese Leichtfüßigen finden neue Kunden, neue Jobs, neue Freunde. Sie sind überall gern gesehene Gesprächspartner und besitzen ein weit reichendes Netzwerk. Andere besuchen Kurse und Seminare, hören Vorträge und kommen doch nur langsam weiter. Auf dem Markt gibt es darum unzählige Bücher, die eine Menge Wissen zum Thema verbreiten und mit vereinfachenden Regeln aufwarten; und es gibt Wissenschafts-Literatur, die kaum ein Mensch versteht. Leider müssen wir uns aus diesem Berg das Passende heraussuchen oder auf Erfahrungsberichte der Naturtalente verlassen. Da ist es nicht gerade erleichternd, wenn sich in diesem unübersichtlichen Haufen auch noch Legenden, Märchen, Mythen und reine Fälschungen verstecken. Wer soll da noch durchsehen?

Darum ist es jetzt an der Zeit, Ordnung zu schaffen, das wirklich entscheidende Wissen zu sichten, Neues aus der Wissenschaftssprache zu übersetzen und verständlich aufzubereiten. Dieses Buch macht genau das. Es zeigt, welche spannenden Erkenntnisse Wissenschaftler in den vergangenen Jahren gewonnen haben und wie wir sie täglich nutzen können. Es erklärt, was funktioniert, warum es funktioniert und warum manchmal eben nicht.

Sie, liebe Leserinnen und Leser, werden eine Menge Neues entdecken. Sie werden sehen, was unsere Nase, vier Wände und ein nicht gespielter Ton mit Überzeugung zu tun haben. Sie werden lesen, wie man das kleine Gespräch auf dem Bahnsteig genauso effektiv nutzen kann wie Power-Point. Sie werden erkennen, warum ein Begriff, der uns selbst so leicht von den Lippen kommt, nicht immer die erste Wahl ist. Sie werden auch erfahren, wann wir mit Schweigen mehr erreichen und wie wir ein Team zu einer schlagkräftigen Truppe machen – durch Kommunikation. Sie werden Neues und Erstaunliches aus den Bereichen Neurologie und Psychologie lesen, das Ihnen hilft, Ihre Ziele besser zu erreichen. Sie werden Grundsätze, Erklärungen und viele Beispiele finden, um erfolgreich zu kommunizieren. Wer allerdings schnelle Rezepte sucht, sollte dieses Buch nicht lesen, denn es gibt sie nicht. Erfolgreiche Kommunikation ist nicht mit zehn Regeln zu schaffen. Sie hängt von unterschiedlichen Faktoren ab und ist in jeder Situation neu. Darum habe ich mich auch nicht auf die Sprache beschränkt, sondern viele Seiten beleuchtet.

Dieses Buch habe ich für Menschen geschrieben, die lernen wollen, wie man das wichtigste Mittel der Erfolgreichen anwendet. Ich habe all meine Erfahrungen aus mehr als zwanzig Jahren Arbeit einfließen lassen: Als Lehrer, Pressesprecher, Werbetexter, Redenschreiber, Ghostwriter, Berater – und als Lernender, der täglich neu darüber staunt, wie menschliche Kommunikation funktioniert und was sie bewirken kann. Ich wünsche mir, dass Ihnen dieses Buch helfen wird, erfolgreich zu kommunizieren und das zu erreichen, was Sie sich erträumen.

1. Was ist Kommunikation

Alle Welt redet davon. Magazine, Illustrierte, Psycho-Zeitungen, der eigene Ehepartner. Wir sollen besser, effektiver, genauer und gezielter kommunizieren – mit Worten und ohne. Die Überfülle an Begriffen trägt ebenfalls zur Verwirrung bei. Verbale und nonverbale Kommunikation, Kommunikationsmedien, Kommunikationswissenschaft, Unternehmens-Kommunikation, interkulturelle, interne, externe, Wirtschafts- und Kulturkommunikation. Was, zum Teufel, ist Kommunikation? Und warum ist sie in aller Munde? Kommunizieren wir denn nicht unser ganzes Leben schon? Warum soll man verbessern, was sowieso den ganzen Tag funktioniert und praktiziert wird? Weil wir dann unsere Ziele schneller und leichter erreichen. Dieses Kapitel zeigt folglich, was Kommunikation ist und leisten kann. Beginnen wir mit Beispielen.

Unsere Vorfahren schleichen sich mit Speeren an ein Mammut heran. Die Jäger dürfen keinen Lärm machen, also verständigen sie sich durch Zeichen, welche sie mit Händen und Armen formen. Die Urmenschen kommunizieren miteinander. Ansonsten hätte es uns heute nicht gegeben, denn unsere Vorfahren wären verhungert. Auf der Autobahn sehen wir im Rückspiegel Blaulicht. Schleunigst verlassen wir die Überholspur und fahren nach rechts. Der Krankenwagen hat uns ein Zeichen gegeben, dass wir genau dies tun sollen. Er hat mit uns kommuniziert. Die Mutter sagt am Morgen zu ihrer Tochter: „Ich möchte nicht, dass du heute wieder mit diesen Jungs herumhängst.“ Die Tochter versteht: ‚Meine Mutter will mir etwas verbieten, obwohl sie die beiden gar nicht kennt.’ Die Mutter meint: ‚Ich habe doch nur Angst, dass du in schlechte Gesellschaft gerätst.’ Beide kommunizieren offensichtlich aneinander vorbei. Der Chef sagt zum Angestellten: „Das Projekt muss so schnell wie möglich fertig werden.“ Er meint: bis morgen. Der Mitarbeiter versteht: bis übermorgen. Nach der Autoinspektion zuckt der Meister bedauernd die Schultern – er meint ohne Worte: Es hat keinen Zweck mehr.

All diese Beispiele zeigen Möglichkeiten, wie wir uns verständigen, Informationen austauschen und miteinander kommunikativ handeln. Dies sahen frühe Kommunikationsmodelle noch nicht so. Sie nahmen an, dass wir beim Kommunizieren lediglich Informationen von A nach B transportieren würden – wie ich die Informationen versende, so kommen sie auch an. Person A füllt einen Karton mit allerlei Botschaften. Person B öffnet diesen und nimmt alle Informationen so heraus, wie A sie hineingepackt hat. Alle wissen, dass dies nur in den wenigsten Fällen gelingt, eigentlich nie. Man kann nur versuchen, alle Bedingungen zu verbessern, damit die Informationen annähernd so aufgenommen werden, wie ein Sender sie aussendet. Auf unser Beispiel mit der Mutter-Tochter-Kommunikation bezogen hieße das, dass die Tochter auch versteht: ‚Meine Mutter hat Angst, dass ich in schlechte Gesellschaft gerate.‘

Einen wichtigen Hinweis für den Vorgang gibt uns das Wort Kommunikation, es bedeutet nämlich nicht nur Mitteilung, sondern auch Verständigung. Menschen wollen gemeinsam handeln, etwas bewegen. Dazu müssen sie sich über Ziele, Handlungen und die richtige Vorgehensweise verständigen. Dies geht nur, indem sie sich austauschen, das Für und Wider abwägen, sich schrittweise und gemeinsam vortasten. Kommunikation bedeutet also nicht nur, Informationen zu senden und zu verarbeiten. Es ist vor allem ein wechselseitiger Prozess, mit dem Menschen Ziele erreichen.

Betrachten wir nun genauer, welche Aspekte zur Kommunikation gehören. Verschiedene Wissenschaften haben sich nämlich in den letzten Jahrzehnten damit auseinander gesetzt und – aus ihrer ganz eigenen Sicht – Besonderheiten herausgearbeitet. Wir werden uns hier nicht mit einer Diskussion um Begrifflichkeiten aufhalten, sondern jene Aspekte herausfiltern, die man für die tägliche Kommunikation verwenden kann. Beginnen wir mit einem der bekanntesten Sätze – er stammt vom Psychologen Paul Watzlawick: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Der Satz bedeutet, positiv gewendet, dass wir immer kommunizieren. Menschen senden also immer irgendwelche Informationen an andere, welche diese verarbeiten: Wenn wir sprechen, schweigen, ein griesgrämiges Gesicht machen, dem anderen die kalte Schulter zeigen, zustimmend nicken, abwesend aus dem Fenster blicken, mit dem Finger drohen oder auch den Teller durch die Küche fliegen lassen. Watzlawick setzt – dies zeigen die Beispiele – Kommunikation mit Verhalten gleich. Weil sich Menschen immer irgendwie verhalten, kommunizieren sie auch angeblich immer. Das Interessante am Verhalten ist, dass wir es auch allein tun. Wir blinzeln, bewegen uns, senden mimische und gestische Zeichen, auch wenn kein anderer diese Zeichen wahrnehmen und deuten kann.

Kommunikation also gleich Verhalten? Andere Wissenschaftler haben diese einfache Gleichsetzung kritisiert und bezeichnen Kommunikation als soziale Interaktion, als wechselseitiges Eingehen auf den anderen. Es müssen also mindestens zwei Lebewesen vorhanden sein, die Zeichen tauschen und aufeinander reagieren. Wenn wir folglich kommunikativ mit anderen Lebewesen interagieren, geht es um das Verhältnis beider zueinander. Es geht um Austausch von Informationen und Gefühlen. Wenn zwei interagieren, müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen gegeben sein. Beide Partner sollten Zeichen verwenden, die der jeweils andere kennt. Dazu gehören sprachliche, mimische, gestische und andere. Aber auch wenn man weiß, was der andere mit welchem Zeichen wahrscheinlich meint, muss dies noch lange nicht stimmen. Ist er abweisend, wenn er die Arme verschränkt, vielleicht verschlossen oder nur selbstbewusst und selbstzufrieden? Meint er mit „viel Geld“ eintausend Euro oder eine Million? Lacht er wirklich, wenn er die Mundwinkel hochzieht, oder ist dieses Lachen unecht?

Auch diese Fragen führten dazu, das Wesen der speziell menschlichen Kommunikation noch weiter einzugrenzen. Es ist also nicht nur Verhalten wie bei Watzlawick oder bloße Interaktion zwischen zwei Partnern. Kommunikations-Partner verfolgen bestimmte Ziele, sie legen einen ganz eigenen Sinn in die Information und versuchen, Verständigung zu erreichen. Dies sind Eigenschaften menschlicher Handlungen, weswegen wir heute auch von Kommunikation als Handlung sprechen. Folgende Besonderheiten machen diese spezielle Art zu handeln aus:

a) Wir kommunizieren nicht im luftleeren Raum

Wenn Menschen miteinander kommunizieren, dann tun sie dies in ganz bestimmten Zusammenhängen, mit Medien und Zeichensystemen. Sie haben auch unterschiedliche Ziele und Vorstellungen. All diese Faktoren wirken bereits vor dem ersten Wort, vor der ersten Geste, dem ersten Klingeln des Telefons. Wenn der Chef Wut entbrannt ins Zimmer des Abteilungsleiters stürmt und rumbrüllt, muss zuvor etwas geschehen sein, was der Angebrüllte vielleicht nicht weiß. Es gibt zudem ein bestimmtes Untergebenen-Verhältnis zwischen beiden, die Räumlichkeiten sind speziell, die Art und Weise, wie beide zueinander stehen, miteinander umgehen und so weiter. Kommunikation ist also immer eingebettet in eine spezielle Situation mit ganz speziellen Teilnehmern. Weil diese wiederum ihr ganz eigenes Wissen mitbringen, sollte sich Kommunikation im Idealfall immer an dieser einen Situation orientieren.

b) Wir kommunizieren in Bezug auf den anderen

Im Gegensatz zum bloßen Verhalten, das auch allein funktioniert, bezieht sich unsere Kommunikation in den allermeisten Fällen auf andere Menschen. Unbewusst redet man mit Kindern anders als mit Erwachsenen. Sprecher passen die Lautstärke an und wählen Argumente, welche dem Wissen der Kommunikations-Partner entsprechen. Im Idealfall sehen wir die Welt mit den Augen des anderen und fragen uns, wie sich die eigenen kommunikativen Ziele am besten erreichen lassen. WAS muss ich WIE sagen, damit der andere so handelt, wie ich dies gern hätte? Das Ziel dieser Handlungen besteht darin, einvernehmlich Verstehen herbeizuführen. Allerdings kommunizieren Menschen häufig auch auf unterschiedlichen Ebenen: Chef und Angestellter, Schüler und Lehrer, Mutter und Tochter, Offizier und Soldat, Polizist und Autofahrer… All diese Personen befinden sich auf verschiedenen Stufen und kommunizieren darum auch unterschiedlich. Zwei Kumpel, Freunde, gleichgestellte Mitarbeiter hingegen kommunizieren auf einer Ebene. Unbewusst passen wir unser Verhalten diesen unterschiedlichen äußeren Gegebenheiten an. Mit dem Chef reden wir anders als mit dem Freund und wieder anders mit der Tochter. Im Alltag dringen diese unterschiedlichen Kommunikations-Weisen erst dann ins Bewusstsein, wenn dagegen verstoßen wurde, zum Beispiel mit dem Chef reden wie mit dem Kumpel: „Alter, das war Blödsinn.“

c) Kommunikation hat mehrere Seiten

Alle Zeichen, die Menschen aussenden, besitzen nicht nur eine offensichtliche Informationsseite: Information ist nur der eigentliche Inhalt, der übermittelt wird. Zusätzlich vermitteln die Zeichen etwas über Beziehungen – wie ein Mensch zu dem anderen steht, wie dieser die Information auffassen soll, wie die Information gemeint ist. Das ausgesandte Informationspaket enthält also nicht nur die Nachricht ‚Häng heute Abend nicht mit den Jungs herum!‘, es enthält auch zusätzliche Aspekte: ‚Ich möchte nicht, dass Du mit denen rumhängst. Ich habe Angst um dich. Ich bin deine Mutter.‘ Nicht in den Informationen selbst liegt also in vielen Fällen die Ursache für Nicht-Verstehen. Die Zusätze werden oft nur anders oder gar nicht gedeutet.

d) Direkt und auf Umwegen

Menschen zeigen auf ein Buch, wenn sie ein Buch meinen. Sie malen eine Sonne, wenn sie eine Sonne meinen. Auf Schildern zeigen uns Pfeile, wohin wir gehen müssen. Wir zucken die Schultern und ziehen die Augenbrauen zusammen. Das Piktogramm auf der Toiletten-Tür zeigt uns, ob wir richtig sind. Es gibt also Zeichen, die etwas mit dem Inhalt zu tun haben, den sie aussenden. Es gibt aber auch viele, bei denen man erst lernen muss, welcher Inhalt mit diesem Zeichen verbunden ist, dazu gehören die meisten Zeichen unserer Sprache. So haben alle gelernt, dass die Zeichenfolge L-a-m-p-e ein leuchtendes Etwas meint. Die Ursache für Verständigungsprobleme liegt oft darin, dass die Menschen Unterschiedliches verstehen – selbst wenn es nur Kleinigkeiten sind.

e) Handeln und handeln lassen

Wenn Menschen miteinander kommunizieren, also kommunikativ handeln, müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein:

Wenn man diese Elemente allgemeinen Handelns auf Handeln mittels Kommunikation bezieht, werden drei Elemente besonders hervorgehoben: Ziel erreichen, Einverständnis sichern, nicht zum Selbstzweck. Bezogen auf das Beispiel mit dem Loch im Garten wird klar, dass der andere es dann effektiver und vor allem ohne negative Folgen gräbt, wenn er weiß warum. Kommunikatives Handeln wird aber erst dann möglich und führt zum Erfolg, wenn beiden Seiten das Ziel ihres Handelns klar ist und sie einvernehmlich den Weg dorthin abgesteckt haben. Kommunikation zwischen Menschen ist also nie ein einseitiger Prozess. Selbst wenn ein Gesprächspartner redet und der andere nur zuhört, sind beide an der Kommunikation beteiligt. Dazu benötigen sie Zeichen (Gesten, Mimik, Sprache, Symbole), und beide Seiten müssen natürlich wissen, welche Bedeutung diese Zeichen besitzen. Mit Kommunikation lässt sich viel bewegen, ohne selbst tätig zu werden. Auch wenn Kommunikation mal nicht dazu dient, etwas Materielles in der Welt zu bewegen, so bewegt sie doch immer etwas. Wenn wir kommunizieren, verändern wir den Wissensstand, Gefühle, die Ziele anderer Menschen. Die meisten Missverständnisse beruhen darauf, dass Menschen, die ein Ziel erreichen wollen, zu wenig miteinander sprechen. Oder sie setzen stillschweigend Wissen oder Vorstellungen beim Anderen voraus, welche gar nicht vorhanden sind. Wer jedoch bewusst kommunikativ handelt und sich der möglichen Wirkungen bewusst ist, wird besser, effektiver und vor allem direkter kommunizieren, denn leichter und vor allem preiswerter kann man seine Ziele nicht erreichen.

Zusammenfassung

Kommunikation ist mehr als Informationen von einem Sender zu einem Empfänger zu leiten – es ist auch nicht bloßes Verhalten wie bei Watzlawick. Indem Menschen Zeichen aussenden, handeln sie und verfolgen bestimmte Ziele. Weil Kommunikation demnach etwas verändern kann in der Welt, sind Kommunikatoren in der Lage, mit ihrer Hilfe das zu erreichen, was sie zuvor im Geist festgelegt, vorausgeplant haben. Menschen kommunizieren, auch wenn sie nichts sagen, zum Beispiel mit anderen Zeichensystemen. Kommunikation ist zugleich eingebettet in bestimmte Bedingungen, die man sich im Idealfall vorher bewusst machen sollte. Kommunikatives Handeln hat mindestens zwei Seiten, den eigentlichen Inhalt und die Beziehung zwischen den Kommunikations-Partnern. Wir kommunizieren mit gleichberechtigten Partnern oder Personen, die sich auf einer anderen Ebene befinden.

Bei direkter Kommunikation haben die ausgesandten Zeichen etwas mit dem Inhalt zu tun, bei indirekter sind wir auf Übereinstimmung angewiesen. Dies ist häufig bei Sprache der Fall, kann aber auch bei nicht-sprachlichen Zeichen geschehen – wenn zum Beispiel jemand eine Geste oder ein mimisches Zeichen anders versteht, als ein Sender dies ausgesandt hat. Das positive Resultat aus diesen ersten Überlegungen lautet: Wer kommunikative Handlungen optimieren möchte, wird seine Ziele leichter erreichen, vor allem aber effektiver, denn Vieles muss man nicht mehr allein bewältigen.

2. Helfer, die uns helfen

Wenn Menschen Informationen tauschen und andere zum Handeln bewegen möchten, tun sie dies gewöhnlich mit Hilfe von Sprache. Im Laufe von mehreren hunderttausend Jahren hat sich dieses sehr feine und differenzierte System von Zeichen entwickelt, das uns auf vielfältige Weise nützt. Darum braucht man dem anderen auch nicht mehr die Keule auf den Kopf zu schlagen, um ihm zu zeigen, dass wir sauer auf ihn sind – wir sagen es einfach. Weil jeder jeden Tag die Sprache für die verschiedensten Zwecke verwendet, fällt keinem mehr auf, dass alle auch mit anderen Zeichensystemen kommunizieren. Diese stummen Zeichen können das, was den Kunden, Teampartnern, Hörern, Familienmitgliedern mitgeteilt werden soll, stützen oder sabotieren. Weil heute Erfolg im Leben vor allem auf Kommunikation beruht, werden wir uns in diesem Kapitel nicht der Sprache als wichtigstem Kommunikationssystem, sondern erst einmal anderen Zeichensystemen zuwenden. Sie sollen uns helfen, besser zu werden, schneller zu überzeugen und effektiver zu argumentieren.

2.1 Der erste wirkt viel länger

Der erste Eindruck ist entscheidend, wie andere uns sehen, in welche Schublade sie uns stecken, wie sie mit uns umgehen, welches Image sie uns verpassen. Umfangreiche Tests zeigen: Der erste Eindruck entsteht innerhalb der ersten Sekunden. Wir alle wissen das, die Wissenschaftler bestätigen es, aber nur wenige nutzen diese einfache Erkenntnis. Noch wichtiger an dieser scheinbar allseits bekannten Binsenwahrheit aber ist, dass der erste Eindruck das Verhalten, Denken und Fühlen unserer Kommunikations-Partner entscheidend prägt, selbst für die kommenden Stunden, Tage oder gar Monate. Da hilft es auch nichts, wenn wir uns anders verhalten, als der erste Eindruck dies nahe legt, denn er ist äußerst stabil und sehr resistent gegen Änderungen. Wer also den ersten Eindruck bewusst an seinem persönlichen Zielimage und den eigenen Zielen ausrichtet, schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe. Man benötigt einfach weniger Kraft und Energie, um das Gegenüber von seiner Person und seinen Zielen zu überzeugen. Zugleich kann man diese Energie auf die eigentliche Arbeit und deren Inhalte richten. Dazu bedarf es nicht viel. Zum Ersten müssen wir uns klar machen, dass Fremdbild und Eigenbild meist voneinander abweichen. Menschen betrachten sich selbst – wenn sie psychisch gesund sind – meist positiver, als ihre Umwelt dies tut. Wir finden uns in Jeans und T-Shirt vielleicht cool und abenteuerlich, die anderen sehen eher den Hallodri in uns, der wenig Vertrauen erweckt und demnach auch für sich beanspruchen darf. Nach der Erkenntnis, dass es Unterschiede gibt zwischen Eigen- und Fremdbild folgt der Schritt der Analyse. Welch ein Typ bin ich, wie wirke ich, welche Farbe steht mir, welche Kleidung passt zu mir?

Jeder von uns hat schon positive und negative Beispiele erlebt. Ein Redner stellt sich vor eine Gruppe und möchte den Hörern etwas sagen. Noch bevor er jedoch ein Wort äußert, sehen alle „Besonderheiten“, welche die jetzt besondere Stellung des Redners Lügen strafen. Das Hemd ist knittrig vom langen Tag, in der Hose kein Gürtel, die Gesäßtasche ziert eine Beule vom Handy oder der Geldbörse. Zu allem Überfluss zeichnen sich auf dem Kinn des Mannes Bartstoppeln ab, die mit Sicherheit älter als drei Tage sind.

Das positive Beispiel sieht anders aus. Dem Mann ist bewusst, dass er auch sich selbst präsentiert und nicht nur verbal, mit Worten, kommuniziert. Also präsentiert er sich auch entsprechend. Er sieht aus wie einer, der etwas zu sagen hat, er redet wie einer und argumentiert auch so. Der Volksmund weiß, dass es für den ersten Eindruck keine zweite Chance gibt. Untersuchungen von Psychologen konnten dies eindrucksvoll bestätigen.

Der Begriff dazu heißt Primacy-Effekt. Er beschreibt eine Erscheinung, die bereits Millionen Jahre alt ist. Als unsere Vorfahren von den Bäumen stiegen und in der fast baumlosen Savanne nach Freund, Feind und etwas Essbarem Ausschau hielten, hatten sie wenig Zeit. Schnell mussten sie entscheiden, wem sie trauen können und wer mit ihnen auf die Jagd geht. Heute ist das nicht anders. Wenn wir einen anderen Menschen das erste Mal sehen, öffnen wir eine Schublade und stopfen ihn hinein: Geschäftsmann, Penner, Bauarbeiter, Lehrer, Fußballer, Friseurin, Zahnarzthelferin, Ärztin und so weiter. Dies geht sogar so weit, dass Männer wie Frauen bei einem ersten Treffen in Bruchteilen von Sekunden den anderen als sexuell attraktiv oder unattraktiv einschätzen. Auch wer jetzt entrüstet protestiert – wir alle gehen so vor, es wird uns nur nicht bewusst. Der Primacy-Effekt lauert ständig in unserem Hinterkopf, wenn wir Menschen das erste Mal sehen, er ist nicht abzuschalten. Um nicht in seine Fallen zu tappen, sollte man sich klarmachen, dass der erste Eindruck nicht immer stimmen muss. Jeder hat es schon mehr als einmal erlebt. Der nachlässig gekleidete Bauarbeiter entpuppt sich als Arzt in der Freizeit. Der durchgestylte Manager-Typ ist in Wirklichkeit Besitzer eines zwielichtigen Nachtclubs. Die etwas schlampig wirkende Hausfrau ist erfolgreiche Geschäftsführerin eines mittelständigen Unternehmens und die vermeintliche Kosmetikerin Inhaberin einer Werbe-Agentur. Das alles wäre ja nicht schlimm, denn denkende Menschen können ihr erstes Urteil ändern – tun sie aber meistens nicht. Wie die Psychologen herausgefunden haben, ist der erste Eindruck oft so stark, dass nachfolgende Informationen diesem nichts anhaben können. Wenn der andere erst mal in der Schublade steckt, in die wir ihn gepackt haben, muss er sehr viel Mühe und Zeit aufwenden, um aus dieser wieder herauszukrabbeln – in den meisten Fällen ist es sogar unmöglich. Wer erst einmal im Kasten „UNZUVERLÄSSIG“ steckt, kann sich noch so viel Mühe geben, um in das Kästchen „ZUVERLÄSSIG“ zu krabbeln – er wird mit einem Bein immer im alten bleiben.

Ein Beispiel aus dem prallen Leben: Im ersten Jahr meiner Selbstständigkeit war ich bei einem Kunden zu Gast. Nach dem erfolgreich verlaufenen Gespräch in seiner Villa wollte er mich unbedingt zum Auto begleiten. Mir schwante nichts Gutes, denn ich war mit einem altersschwachen Fahrzeug angereist, das auch noch unglücklicherweise fast direkt vor dem Haus parkte. Als wir vor dem Auto standen und ich mit dem Schlüssel die Tür öffnete (die Fernbedienung war seit Jahren defekt), kam die erstaunte Frage: „DAS ist Ihr Auto?“ Meine Antwort: „Möchten Sie meinen Kopf mieten oder mein Auto?“ Daraufhin sagte jeder brav: „Auf Wiedersehen!“… und beide haben nie wieder etwas voneinander gehört. Seitdem blieb das Auto entweder zwei Seitenstraßen entfernt stehen, oder ich fuhr mit den Öffentlichen.

Weil ein Auto als Status-Symbol gilt und Menschen dieses in ihrem ersten Eindruck mit dem Gesamtbild verarbeiten, sollten wir auch das Auto mit in unsere Betrachtungen einbeziehen. Dass es Menschen gibt, die einen Pkw lediglich als Transportmittel betrachten und keinen Wert auf Äußerlichkeiten legen, ist dabei nicht wichtig. Wichtig ist, welche Bedeutung es in den Augen der anderen besitzt und wie es den ersten Eindruck mitbestimmt. Man kann die Tatsache des oft fehlerhaften ersten Eindrucks bedauern oder als Auswuchs einer kalten Gesellschaft betrachten, man kann versuchen, sich darüber hinwegzusetzen. Fakt ist, dass unsere Psyche sich nicht so leicht beeinflussen lässt, weil wir im Laufe unserer evolutionären Entwicklung dieses Verhalten gelernt haben und von Generation zu Generation weitergeben. Die Schlussfolgerung, die sich aus diesen Tatsachen ziehen lässt, ist einfach: Wer bei einem ersten Treffen, bei einem ersten Kontakt mit einem fremden Menschen als seriös, kompetent und vor allem als vertrauenswürdig gesehen werden möchte, sollte auch so auftreten. Das bezieht sich nicht nur auf die Kleidung und das Auto, sondern auf alle Signale, die man aussendet. Dazu gehören Stimme und Mimik, das Verhalten dem anderen gegenüber. Wer mit einer verbeulten Hose vor andere Menschen tritt, sendet das Signal: ‚Ich bin unseriös, und Du bist mir egal.‘ Wer jeden Satz der Power-Point-Präsentation vorliest, sendet das Signal: ‚Ich weiß eigentlich gar nicht, worüber ich rede.‘ Wer in einem Gespräch ständig auf die Uhr sieht, sendet das Signal: ‚Wird Zeit, dass das hier vorbei ist.‘ Wer selbst mehr redet als fragt, sendet das Signal: ‚Du bist mir egal, denn ich bin wichtig.‘ Wer zu spät zum Termin kommt, sendet dieselbe Information.

Um also einen positiven ersten Eindruck zu hinterlassen, sollte man auch so auftreten. Bei einer ersten Begegnung mit einem fremden Menschen ist es zugleich angebracht, sich vorher bewusst zu machen, dass der erste Eindruck, den man vom anderen hat, oft auch falsch sein kann.

2.2 Der Raum hat Mitspracherecht

Manchmal wundern wir uns, dass ein Gespräch, eine Präsentation, ein Vortrag in einem Raum funktioniert, in einem anderen aber in die sprichwörtliche Hose geht. Das liegt neben anderen Faktoren auch an den Räumen selbst. Sie beeinflussen menschliche Kommunikation viel stärker, als uns dies in den meisten Fällen bewusst wird, denn sie beeinflussen unbewusst. Hinzu kommt, dass uns anerzogen wurde, in verschiedenen Räumen unterschiedliches Verhalten an den Tag zu legen. In einer Kirche gehen Menschen automatisch langsamer, sprechen leiser und fühlen sich für Momente kleiner als sie eigentlich sind. In einem Stadion hingegen kann man brüllen wie die Kehle gewachsen ist – Kraftausdrücke sind hier an der Tagesordnung und stören niemanden. In einem feierlich hergerichteten Saal wiederum passt man sein Verhalten und die Sprache sofort diesem Umfeld an. Mit der Nase, den Augen und Ohren nehmen wir Informationen über den Raum eher unbewusst als bewusst auf. Dennoch übt der Raum, in dem man sich aufhält, immer einen großen Einfluss auf die Gespräche oder anderen kommunikativen Handlungen aus.

Der Anthropologe Edward T. Hall schlussfolgert in seinem Buch „Die Sprache des Raumes“ daraus, dass wir diese stummen Zeichen ebenso leicht lesen und verstehen sollten wie die sprachlichen. Dies ist nicht etwa nebensächlich, sondern kann ganz beträchtliche Auswirkungen haben, noch bevor Sprecher das erste Wort sagen. Fühlen sich die Gesprächspartner in einem bestimmten Raum unwohl, nützt auch eine ausgefeilte Argumentation nichts. Im Idealfall ist also auch der Raum, in dem Menschen kommunizieren, in die Vorbereitung einbeziehen. Dies ist natürlich gerade dann dringend angeraten, wenn damit Wichtiges bewirkt werden soll. Stellen Sie sich also vorher Fragen:

  1. Augen: Wie sind die Lichtverhältnisse? Welche Farbe ist bestimmend? Ist Tageslicht ausreichend oder wird künstliches unterstützen müssen? Ist der Raum hoch oder niedrig?
  2. Ohren: Wie sind die Schallverhältnisse? Ist der Klang eher dumpf (Teppich) oder hell? Gibt es einen Nachklang oder sogar den gefürchteten Nachhall?
  3. Nase: Riecht es frisch, muffig, abgestanden, neu?
  4. Haut: Ist es kalt oder warm?

Umberto Eco, den viele als Schriftsteller kennen, ist einer der weltweit führenden Wissenschaftler, die sich mit allen möglichen Zeichen beschäftigen. Der Professor unterscheidet zwischen erster und zweiter Funktion von Gegenständen, Räumen und Gebäuden. So besitzt zum Beispiel ein Thron als erste Funktion jene des Sitzens; die zweite jedoch ist jene des Präsentierens. An diesem Beispiel wird klar, dass die zweite Funktion die erste überlagern kann und viel wichtiger wird als die ursprüngliche. Auch Räume besitzen eine erste, also eigentliche Funktion, für die sie gemacht wurden. Zusätzlich verfügen sie aber auch über eine zweite, die zu beachten ist. Die erste Funktion eines Raumes besteht normalerweise darin, einen Bereich von anderen abzugrenzen, um dort zu arbeiten, zu wohnen oder Ähnliches. Die erste Funktion einer Hotel-Lobby zum Beispiel ist eine ganz nüchterne. Hier geht es darum, die Gäste zu empfangen, sie sollen am Tresen einchecken und sich orientieren.