Barbara Innecken
Weil ich euch beide liebe
Barbara Innecken
Weil ich euch beide liebe
Systemische Pädagogik für Eltern,
Erzieher und Lehrer
Hinweis
Alle in diesem Buch vorgestellten Anleitungen stammen aus der Praxis der Autorin. Sie haben sich als wirksames pädagogisches Vorgehen bewährt, stellen aber keinen Ersatz für eine notwendige therapeutische Betreuung dar. Die Anwendung der Anleitungen erfolgt in eigener Verantwortung. Die Autorin und der Verlag stellen weder Diagnosen, noch geben sie Therapieempfehlungen.
Copyright: © 2015 Barbara Inneken
Umschlag: Kaselow Design, München
Umschlagmotiv: »Kiss«, © Karen Stocker, Seattle
Foto (Seite 32): Roland Gerth, Thal
Illustrationen (Seite 29 und 57): Monica May, München
Grafiken: Christa Pfletschinger, München
Satz und Layout: Greiner & Reichel, Köln
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
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Inhalt
Vorwort
Geleitwort
Einleitung
Was heißt hier »systemisch«?
Eingebundenheit und Eigenständigkeit
Der systemisch-konstruktivistische Ansatz
Der systemisch-phänomenologische Ansatz
Das Neuro-Imaginative Gestalten (NIG)
Systemische Pädagogik
Wir gehören zusammen – das Kind und seine Familie
Der Strom des Lebens – Grundordnungen in Familien
Bindung
Ursprungsordnung
Ausgleich von Geben und Nehmen
Weil ich euch beide liebe – das Kind und seine Eltern
Die Bindung an Vater und Mutter
Getrennt lebende Eltern
Patchworkfamilien
Fallbeispiel: Gute, mittlere und schlechte Zeiten
Gemeinsam sind wir stark – das Kind und seine Geschwister
Grundordnungen in der Geschwisterreihe
Die Tischordnung
Fallbeispiel: Der Schutzengel
Was Eltern stärkt – auch sie haben Vater und Mutter
Autoritäten?
»Rückendeckung« – die eigenen Eltern hinter sich wissen
Freiheit und Grenzen
Fallbeispiel: Die Verneigung
Praktische Übung (NIG): Die Eltern hinter sich spüren
Für euch tu ich alles – das Kind und sein Familiensystem
Die Liebe des Kindes zu allen Familienmitgliedern
Was können Eltern tun?
Fallbeispiel: Die andere Welt
Der Schritt nach draußen – das Kind und die öffentliche Erziehung
Ich komme nicht allein zu dir – die Eltern sind immer dabei
Der Brückenschlag zwischen Eltern und Pädagogen
Praktische Übung (NIG): Der Pädagoge, das Kind und seine Eltern
Erfahrungen mit der NIG-Übung
Wenn Engagement allein nicht reicht – das Kind und sein Familiensystem
Schwierige Kinder?
Die Grenzen des Helfen – Helfen im Einklang
Praktische Übung (NIG): Der Pädagoge, das Kind und sein Familiensystem
Fallbeispiel: Die vier Geschwister
Fallbeispiel: Das Ziel
Gemeinsam sind wir stark – das Kind in der Gemeinschaft
Recht auf Zugehörigkeit
Rangordnung
Fallbeispiel: »Alle gehören dazu«
Wir wirken zusammen – die Gemeinschaft der Kollegen
Gleich-wertige Kollegen
Anerkennen, was ist: Rangordnungen
Praktische Übung (NIG): Die Gemeinschaft der Kollegen
Was Pädagogen stärkt – auch sie haben Vater und Mutter
Kraftquellen? Der Pädagoge und seine eigenen Eltern
Praktische Übung (NIG): Der Pädagoge und seine Eltern – das Kind und seine Eltern
Fallbeispiel: Der Vater steht dazwischen
Systemisches Handeln – Beispiele für die Praxis
»Kraftbilder« – Ressourcenorientierung
Kraftbilder sind Kraftquellen
Praktische Übung (NIG): »Kraftbilder«
Beispiel aus der Praxis: Arbeit mit Kindern einer 1. Klasse zum Thema »Angst«
»Mein Wunschbild« – Zielorientierung
Die Kraft der Wünsche und Ziele
Das angemessene Ziel
Praktische Übung (NIG): »Mein Wunschbild«
Beispiel aus der Praxis: Religionsunterricht 6. Klasse
»Das will ich können!« – Lösungsorientierung
Lösungen statt Probleme
Praktische Übung (NIG): »Das will ich können!«
Beispiel aus der Praxis: Tobias will lesen lernen
»Durch die Augen des anderen schauen« – ein Beitrag zur Konfliktbewältigung
Perspektivenwechsel oder: Die Änderung der Sicht
Praktische Übung (NIG): »Durch die Augen des anderen schauen«
Beispiel aus der Praxis: Elternabend zum Thema »Wut«
Beispiel aus der Praxis: »Die Zauberwurzel« – Unterrichtseinheit mit einer 3. Klasse
Ein paar Worte zum Schluss …
Anhang
Danksagung
Anmerkungen
Literatur
Vorwort
Kinder stellen uns in ihrem Verhalten täglich vor Rätsel, die wir weder als Eltern verstehen noch als Pädagogen angemessen begleiten oder als Therapeuten lösen können. Von Aufmerksamkeitsstörungen bis Legasthenie, von Aggressionen bis zum Mangel an Selbstwertgefühl: Wir können diese Phänomene benennen, doch sie verunsichern uns und selten reagieren wir angemessen.
In diesem Buch führt Barbara Innecken ihre Leserinnen und Leser in die Welt vielfältiger systemischer Sichtweisen ein, die neue Erkenntnisse und Lösungen selbst in aussichtslos erscheinenden Fällen ins Blickfeld rücken. Im praktischen Teil stellt sie uns ihre Arbeitsweise des »NIG« (Neuro-Imaginatives Gestalten) vor, das mit Recht eine systemische Pädagogik genannt werden kann. Während Kinder ermutigt werden, über ihre »Schwierigkeiten« zu sprechen, werden Verhaltensweisen oder Ängste, die Ärger machen und längst überwunden sein sollten, zu wertvollen Wegweisern.
Die Autorin schafft durch ihre Behutsamkeit im Stil und in der Darstellung eine ruhige Atmosphäre. Die Lösungen, die sich Kinder unter der Anleitung der Therapeutin selbst erarbeiten, sind so überzeugend wie anrührend. Der Leser bekommt ein Gefühl dafür, wie sehr die Methode des NIG die ursprüngliche Körperwahrnehmung, das bildlich komplexe Denken von Kindern und ihre Fantasie anregen. Alles, was – bei Rechtshändern – die linke Hand malt, ist von Interesse und wird wertgeschätzt – sie ist ja wirklich nicht geschult und so oft in einem Kinderleben die »Falsche«. Hier wird die Starrheit des »Richtigen«, das in Schule und Erziehung eine so große Rolle spielt, auf wunderbare Weise überschritten. Die Kinder sind eingeladen, körperlich-spielerisch über »das andere« nachzudenken, das aus ihnen herauskommt, das jetzt nicht mehr falsch ist, sondern Bedeutung hat. Dabei formuliert die Autorin als wesentlichste systemische Grundeinsicht, was Kinder kompromisslos in allen Variationen leben: die unumstößliche Bindungsliebe zu ihren Eltern.
Verschlungen und geheimnisvoll sind die symbolischen Wege, auf denen Kinder wandern, um diese Liebe zu leben, bis dahin, wo sie sich selbst in ihrer Lebendigkeit beschneiden, Gesundheit und schulisches Fortkommen opfern. Immer wieder fühlt sich die Leserin, der Leser auch im eigenen Kindsein verstanden, beginnt sich selbst zu verstehen und reflektiert die eigene Elternschaft.
Das Buch ist gut gegliedert. Auf Kapitel über Erkenntnisse der systemischen Sicht folgen Erfahrungsberichte und meditative Anleitungen zur selbstständigen Arbeit mit dem NIG. Am Schluss hat die Leserin, der Leser selbst an sich gearbeitet, in die gestalterische Form des NIG hineingefunden und einen übersichtlichen und leicht verstehbaren Lehrgang in systemischen Sichtweisen absolviert.
Ich danke Dir, Barbara, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, dieses Buch zu schreiben und uns an Deiner reichen praktischen Erfahrung in der Arbeit mit Eltern und Kindern teilhaben lässt.
Ich wünsche allen Eltern, Lehrern und Therapeuten Freude beim Lesen, Experimentieren und Umsetzen der vielen Anregungen im eigenen pädagogischen Alltag.
Marianne Franke-Gricksch
Geleitwort
Vor einigen Jahren habe ich mit Barbara Innecken zusammen das Buch Im Bilde sein. Vom kreativen Umgang mit Aufstellungen in Einzeltherapie, Beratung, Gruppen und Selbsthilfe über die Methode des Neuro-Imaginativen Gestaltens (NIG) geschrieben. Barbara Innecken hat diese in der Einzeltherapie mit Erwachsenen entwickelte Methode dann vermehrt auch in ihrer Arbeit mit Eltern, Kindern, Lehrern und anderen pädagogisch Tätigen angewandt. Nun legt sie eine plastische und durchdachte Zusammenfassung ihrer Erfahrungen vor und zeigt, wie erfolgreich sie damit arbeitet. Mich freut dies vor allem, weil ich glaube, dass die Weiterentwicklung der Pädagogik in unserer Zeit zu einem sehr wichtigen Tätigkeitsfeld geworden ist.
Dass diese Methode Kinder besonders anspricht, ist nicht verwunderlich. Denn sie vermittelt einen Umgang mit inneren Bildern, der dem noch vor allem bildhaften Denken und der Körpernähe von Kindern entgegenkommt und außerdem spielerische Elemente enthält.
Es gibt jedoch noch einen anderen Grund, warum diese Methode den Erfordernissen der Pädagogik unserer Zeit entspricht: Sie berücksichtigt sowohl die individuelle Entwicklung eines Kindes als auch seine Einbindung in die Familie. In der antiautoritären Erziehung, die in den 60er- und 70er-Jahren Eltern und Lehrer vor neue Herausforderungen stellte, stand die Ablösung des jungen Menschen von seiner Familie im Vordergrund. Heute, im Zeitalter einer allgemeinen Verunsicherung durch die Globalisierung, wird die Einbindung in die familiären Beziehungszusammenhänge wieder wichtig.
Wie das NIG sowohl die Notwendigkeit der individuellen Entwicklung als auch die Tatsache der Familienzugehörigkeit gleichermaßen berücksichtigt, hat Barbara Innecken im vorliegenden Buch eindrucksvoll und gut verständlich dargestellt. Darüber hinaus halte ich die Art, wie sie die Erfahrungen und Erkenntnisse anderer. im pädagogischen Feld tätiger systemischer Beraterinnen – wie Marianne Franke-Gricksch und Ingrid Dykstra – in ihre Darstellung einbezieht, für gut gelungen. Dies ist besonders wertvoll für alle, die sich eingehender über systemische Vorgehensweisen in der Pädagogik informieren wollen.
Ich wünsche dem Buch Leserinnen und Leser, die die in ihm enthaltenen Anregungen aufnehmen und anwenden und sich zu kreativen Weitentwicklungen anregen lassen.
Dr. Eva Madelung
Einleitung
Liebe Leserin und lieber Leser, als dieses Buch seinen Weg zu Ihnen fand, fühlten Sie sich vielleicht spontan von einem Detail angesprochen: War es das Titelbild mit dem zufrieden lächelnden Kind, eingerahmt von Vater und Mutter? War es der Titel Weil ich euch beide liebe? Oder war es der Untertitel »Systemische Pädagogik für Eltern, Erzieher und Lehrer«?
Vielleicht gehören Sie zu den Menschen, die mit dem Begriff »systemisch« in Zusammenhang mit Pädagogik und Erziehung bestimmte Inhalte verbinden, vielleicht fragen Sie sich aber auch: Was ist eigentlich mit »systemischer Pädagogik« gemeint? Dieser Frage möchte das Buch nachgehen: mit Erkenntnissen aus verschiedenen systemischen Ansätzen, mit vielen Beispielen aus der Praxis, mit Anregungen für praktische Übungen, die Sie für sich selber, mit den Kindern, der Familie oder den Kollegen erproben können. Bevor wir damit beginnen, möchte ich gerne erzählen, wie ich selber dazu gekommen bin, Kinder auf ihrem Weg systemisch zu begleiten.
In meinen beiden pädagogischen Studiengängen habe ich eine Menge über den Werdegang des Individuums »Kind« erfahren: Als werdende Grundschullehrerin machte ich mit den verschiedenen Theorien, wie Lernen und Entwicklung im kindlichen Alter vonstattengehen, Bekanntschaft. Auch darüber, wie ich bestimmte Lerninhalte methodisch und didaktisch aufbereiten kann in Stundenbildern, in der Erstellung von Wochen-, Monats- und Jahresplänen, habe ich viel gelernt. Später, beim Studium der Sonderpädagogik, kamen dann noch spezielle Kenntnisse über Wahrnehmungs- und Lernstörungen hinzu. Für all diese Dinge bin ich sehr dankbar – denn wie hätte ich sonst all die Jahre als Lehrerin meinen Unterricht halten können?
Es gab aber auch etwas, über das in meinem Studium nur sehr wenig oder gar nicht gesprochen wurde: die Tatsache, dass Unterrichten und Lernen in sozialen Zusammenhängen erfolgt. Das Beziehungsgeflecht der am Lernprozess beteiligten Menschen kam in meinem Studium kaum vor: Lehrer und Schüler, die Schüler mit ihren Eltern und Familien, die Klassengemeinschaft, das Kollegium, die Schulleitung, die Schulbürokratie. Als junge, begeisterte Lehrerin mochte ich meine Schüler sehr gerne und sie mich wohl auch, aber ich erlebte den Schulalltag trotzdem oft als belastend. Einerseits wollte ich meinem Auftrag, die Kinder zu unterrichten, gerne nachkommen, andererseits sah ich mich mit einer Fülle von Beziehungserfahrungen konfrontiert, auf die ich nur wenig vorbereitet war: Elternabende und -gespräche, der Umgang mit »schwierigen« Kindern, der Kontakt zu Kollegen, dem Seminarleiter, dem Rektor, dem Schulrat … Ich hatte beste Absichten und wohl auch einige gute pädagogische Fähigkeiten und fühlte mich doch so manches Mal rat- und hilflos.
Erst später lernte ich, dass in der Interaktion zwischen Menschen ein großes, nicht immer sichtbares Beziehungsgeflecht eine Rolle spielt. Ich war in das Beziehungsgeflecht, das System »Schule« eingetreten, ohne die Ordnungen und Strukturen zu kennen, die in Familien und Organisationen wie zum Beispiel der Schule wirken. Erst zu einem späteren Zeitpunkt bekam ich in meinen systemischen Aus- und Weiterbildungen die große Chance, diese oft im Verborgenen wirkenden Ordnungen kennenzulernen. Heute macht es mir sehr große Freude, Kolleginnen und Kollegen aus dem pädagogischen Bereich systemisch zu begleiten und mit ihnen Lösungen für Probleme zu finden, die sie in ihrem Schul- und Erziehungsalltag haben. Mitten hinein in meine Tätigkeit als Lehrerin bekam ich aber zunächst einmal meine eigenen drei Kinder. Mein Mann und ich waren überglücklich und glaubten, wenn wir ihnen all unsere Fürsorge und Liebe inklusive der notwendigen Grenzen geben und die vermeintlichen »Fehler« unserer Eltern vermeiden würden, dann müssten unsere Kinder doch einfach glücklich werden. Im Laufe der Jahre, die uns und unsere Kinder reich beschenkten, kamen wir jedoch auch immer wieder an unsere Grenzen: Wir erlebten manche Schwierigkeiten mit unseren Kindern, die wir nicht einordnen konnten und deren Hintergrund wir nicht verstanden. Auch in unserer Beziehung als Partner waren wir guten Willens – trotzdem schlugen manchmal die Wellen über uns zusammen und wir fragten uns, wie das geschehen konnte.
In dieser Zeit begann ich eine Reihe von Aus- und Weiterbildungen, zunächst in der Angewandten Kinesiologie, in denen ich Wissen nicht nur wie bisher gewohnt aus Büchern und Vorlesungen erwarb, sondern auch durch Selbsterfahrung und Selbsterprobung. Hier begann ich zu begreifen, dass Pädagogik nicht nur etwas ist, was ich den Kindern »angedeihen« lasse, sondern dass sie bei mir als »Erziehende« ganz persönlich beginnt. So machte ich zunächst die Beobachtung, dass meine kinesiologische Ausbildung, mit der ich meinen eigenen Kindern und den Kindern in der Schule weiterhelfen wollte, erst einmal mir selber half, klarer und stabiler zu werden – und das hatte bereits eine positive Wirkung auf meine Familie und mein Berufsfeld!
In meiner sich anschließenden Ausbildung im Familienstellen und anderen systemischen Methoden wurde mir dann immer deutlicher, in welchem Umfang ich als Mutter und Lehrerin in ein großes Beziehungsgeflecht eingebettet bin. In meiner eigenen Familie wurde mir beispielsweise bewusst, dass mein Mann und ich uns nicht nur als Einzelpersonen begegnen, sondern dass jeder von uns überraschend stark die Werte und Vorstellungen seiner Familie, aus der er kommt, in die Ehe und die Kindererziehung mitbringt. Es bedeutet für uns eine große Erleichterung, auftretende Konflikte zwischen uns auf diesem Hintergrund zu sehen und zu lösen – und diese Veränderung ist für die Kinder sofort spürbar! Je mehr wir als Eltern in Einklang mit uns und unseren Herkunftsfamilien sind, desto unbelasteter fühlen sich unsere Kinder. So manches Problem mit den Kindern, das uns Sorgen oder Kopfzerbrechen bereitet, können wir auf diese Weise lösen. Natürlich ist das immer wieder »Arbeit« - regelmäßige Gespräche miteinander führen, sich ab und an eine systemische Beratung einholen, eine Familienaufstellung machen –, aber diese Form der systemischen Begleitung unserer Kinder hat sich für uns alle immer wieder gelohnt.
Kinder systemisch begleiten – diese Erfahrung darf ich seit 1994 auch in meiner eigenen Praxis für Sprach- und Psychotherapie machen. Zu meinem »systemischen Repertoire« haben sich noch weitere lösungsorientierte Sichtweisen und Methoden gesellt und so findet meine systemische Begleitung von Kindern heute auf ganz verschiedenen Ebenen statt: Arbeit mit dem Kind selber, Elternberatung, therapeutische Unterstützung von Vater oder Mutter, Familienaufstellungen, »Arbeitskreis systemische Pädagogik«, Supervision für Lehrer und Erzieher und natürlich dieses Buch…
Ich habe das Buch in vier große Kapitel gegliedert. Im ersten Kapitel »Was heißt hier ›systemisch‹?« geht es um Grundannahmen und Methoden der verschiedenen systemischen Richtungen und um die Frage, was es heißen kann, Kinder systemisch zu begleiten. Das zweite Kapitel »Wir gehören zusammen – das Kind und seine Familie« beschäftigt sich in vielen praktischen Beispielen mit den Bindungen des Kindes an seine Familie. Im dritten Kapitel »Der Schritt nach draußen – das Kind und die öffentliche Erziehung« begleiten wir das Kind und seine Beziehungen in den Kindergarten, die Schule oder andere pädagogische Einrichtungen. Obwohl sich dieser Teil zuallererst an im pädagogischen Bereich Tätige wendet, können auch Eltern hiervon profitieren, da, wie wir noch sehen werden, die familiäre und die öffentliche Erziehung untrennbar miteinander verbunden sind. Im vierten Kapitel »Systemisches Handeln – Beispiele für die Praxis« stelle ich Ihnen zum Abschluss praktische Übungen vor, mit denen Sie Kinder und Jugendliche, aber auch sich selber als Eltern oder Pädagogen auf kreative Weise systemisch begleiten können.
Dieses Buch möchte Ihnen, liebe Eltern und im pädagogischen Bereich Tätige, ein Handbuch bei der Begleitung der Ihnen anvertrauten Kinder sein. Es möchte Ihnen einige der Ordnungen, die in Beziehungen in der Familie und in der öffentlichen Erziehung wirken, mit Worten und vielen Bildern sichtbar machen. Es möchte Ihnen Mut machen, auf Ihre Familie und Ihren Arbeitsplatz einmal »mit anderen Augen«, sozusagen mit dem »systemischen Blick« zu schauen. Es möchte Sie auch ermutigen, das Gelesene praktisch zu erproben, selbst zu erfahren und sich bei Bedarf Unterstützung zu holen. Für mich wäre es eine große Freude, wenn Sie im einen oder anderen Fall die Erfahrung machen könnten, dass systemisches Denken, Fühlen und Handeln den pädagogischen Alltag entlasten, die berufliche Kompetenz erweitern und vor allem die Beziehungen zu uns selber, zu unseren Familien, unserem Arbeitsplatz und damit auch zu den uns anvertrauten Kindern liebevoller und friedlicher gestalten können.