Lieblingsplätze
zum Entdecken
Weserbergland
Knut Diers
Impressum
200 Kilometer Glück und Küsse
Ankommen
Hann. Münden bis Beverungen
1 Der Kuss trägt 452 Kilometer
Hann. Münden – Weserstein
2 ›… kurier die Leut nach meiner Art‹
Hann. Münden – Glockenspiel am Rathaus
3 ›Mein selbst und der Welt vergessen‹
Hann. Münden – Weserliedanlage
4 Erstes Bioenergiedorf Deutschlands
Jühnde
5 Morgens am ›fliegenden Holländer‹
Reinhardshagen-Veckerhagen – Gierseilfähre
6 Zwischen Himmel und Erde
Bramwald – Hochsitz
7 Spannend wie früher beim Spielen
Bramwald – Holzabfuhrweg
8 Ich bin das Wasser
Bursfelde
9 Aufwachen, der Prinz ist da!
Reinhardswald – Sababurg
10 Wilde Vögel sind zum Greifen da
Reinhardswald – Tierpark
11 Eigenwillig, versteckt und voller Schönheit
Warburg – Innenstadt
12 Beinwurz heilt jede Wunde
Warburg-Scherfede – Zionsgarten
13 Ausflug nach Südtirol
Oberweser-Gieselwerder – Mühlenplatz
14 Logenplatz für Waldenser
Oberweser-Gewissenruh
15 Ein Schlafplatz für Pilger ist immer frei
Wahlsburg-Lippoldsberg – Klosterkirche
16 Der Grenzfall liegt im Wald versteckt
Bad Karlshafen – Dreiländereck
17 90 Grad in der Weser
Bad Karlshafen – Saunaschiff
18 Himmel, was für ein Ausblick!
Würgassen – Skywalk
19 Die Schwestern im Paradies
Beverungen-Herstelle – Klostergarten
Wanderer faszinieren und Natur schützen – geht das?
Erlesene Natur – Tour zum Hirschkäfer
20 Von Füchsen und tanzenden Noten
Brakel-Gehrden – Portal der Klosterkirche
21 Dies ist der Übergang
Beverungen – an der Weser
Fürstenberg bis Bodenwerder
22 Traumhafte Lage am Fluss
Fürstenberg – Porzellanmanufaktur
23 Hoffmann von Fallersleben räumt auf
Höxter – Corvey – Bibliothek
24 Was da alles drinsteckt, ist enorm
Höxter – Corvey – Westturm
25 Kopf hoch in den Gassen!
Höxter – Adam-Eva-Haus
26 Von den Müh(l)en der Handarbeit
Höxter – Café Pammel
27 Von optischen Genüssen
Marienmünster-Vörden – Dorfbrunnen
28 An der Nase herumgeführt
Holzminden – Duftstelen
29 Das pulsierende Herz fasziniert
Holzminden – Marktplatz
30 Leckerbissen am Ufer
Holzminden – Weserkai
Märchenhaft und falsch verstanden
Von Münchhausen bis Doktor Eisenbart
31 Sieht das wie eine Knopffabrik aus?
Bevern – Schloss
32 Durch dick und dünn
Stadtoldendorf – Freizeitpark Mammut
33 Alles Männer oder was?
Amelungsborn
34 Hilfe zur Selbsthilfe
Bodenwerder – Münchhausendenkmal
35 Die Wappen der Bundesländer
Bodenwerder – Maibaum
Rund um den Solling
36 Beetpaten beackern das freundliche Grün
Uslar – Bauerngarten
37 Die Wüstung lebt
Nienover – verschwundene Stadt
38 Zwischen Blättern und Sternen
Schönhagen – Baumhäuser
39 »Nur kaane Aale«
Schönhagen – Klimaturm im Erlebniswald
40 Alles eine Frage der Balance
Silberborn – Abenteuerpark
41 Single-Trails sind am besten
Neuhaus – Mountainbike-Parcours
42 Ton, Steine, Scherben
Fredelsloh – Keramikum
43 Aus dem Reich der Träume
Einbeck – Sertürner-Haus
44 Das Schärfste überhaupt
Einbeck – Senfmühle
45 Auf zu den Chromjuwelen!
Einbeck – PS.SPEICHER
46 Wir lieben unsere Kühe!
Delligsen-Ammensen – Bauernhof
47 Sie schmelzen dahin
Grünenplan – Glasdenkmal
48 Weltkultur erweckt die Provinz
Alfeld – Faguswerk
Hameln und Umgebung
49 Glücklich in der Emmeraue
Lügde – am Flusslauf
50 Unverkrampft ursprünglich
Lügde-Elbrinxen – altes Tor
51 Eine Quelle für Kultur
Bad Pyrmont – Hylliger Born
52 Einer der schönsten Europas
Bad Pyrmont – Kurpark
53 Politik in der Sauna
Bad Pyrmont – Therme
54 Zum Gesundatmen
Bad Pyrmont – Meersalzgrotte
55 Die Schlossherrin ritt dem Feldherrn entgegen
Hämelschenburg
Die verspielten Fassaden spiegeln den Reichtum wider
Weserrenaissance – was ist das?
56 Die Ratte erlebte einen Image-Wandel
Hameln – Ratten und Rattenfänger
57 Blindes Verstehen
Hameln – Stadtrelief zum Tasten
58 Von Wollnashörnern, Tanzmusik und Kaffeeduft
Hameln – Museumscafé und Museum
59 Oben im grünen Spitzturm
Hameln – Marktkirche St. Nikolai
60 Suche: jung, ledig, wohlhabend
Fischbeck – Damenstift
61 Frisch wie an der Nordsee
Bad Münder – Gradierwerk
62 Mann ohne Meer
Süntel – Hohenstein
63 Die erste unmögliche Aufgabe gelang ihm
Hessisch Oldendorf – Baxmann-Brunnen
64 Alles ist Schreddern und Fördern
Hessisch Oldendorf – Schillat-Höhle
Rinteln bis minden
65 Wo die Kinder lachen
Rinteln – Marktplatz mit Brunnen
66 Die Himmelspforte als Ausguck
Rinteln – Schaumburg
67 Die Rundtürme ziehen alle Blicke an
Rinteln-Möllenbeck – Kloster
68 Im Fluss liegen und träumen
Vlotho – im Kanu
Wie die Weser zur Lebensader wurde
Ein Strom bestimmt die ganze Region
69 Lebenslust im Sprühgarten
Bad Oeynhausen – Aqua Magica
70 Kurzurlaub für die Sinne
Bad Oeynhausen – GOP Kaiserpalais
71 Grandios, grandios!
Porta Westfalica – Kaiser-Wilhelm-Denkmal
72 Auf zum Pferdeballett!
Bückeburg – Hofreitschule
73 Millionen Steinchen strahlen
Bückeburger Schloss – Mausoleum
74 Bürger eilen an Helme und Trommeln
Minden – Markt
75 Gut beschirmt an ›Kanzlers Weide‹
Minden – Weserstrand
76 Wo sich die langen Schiffe kreuzen
Minden – Wasserstraßenkreuz
77 Wilhelm Busch – ein Dorf als Atelier
Wiedensahl – Altes Pfarrhaus
Karte
Wo sonst mitten in Deutschland liegen auf 200 Kilometern so viel Kultur und Natur wie Perlen dicht gedrängt an einer Schnur? Nirgends! Das Weserbergland von Münden bis Minden ist eine der lieblichsten Flusslandschaften Deutschlands. Aber was heißt hier Münden? Der Ort, in dem sich Werra und Fulda zur Weser zusammenküssen, ist doch Hannoversch Münden. Jedenfalls sagten das früher viele, bis 1991 der Rat der Stadt die Abkürzung Hann. Münden als amtlich auswies. Bis dahin gab es nur Ärger: Für die kleinen Bahnfahrkarten war der volle Titel zu lang. Für Ungeübte hörte sich der Name wie Hannover-Schmünden an, so dass sie einen Stadtteil der niedersächsischen Hauptstadt vermuteten. Dabei erhielt der Ort den Zusatz, als er zum Königreich Hannover kam und man ihn sonst verwechseln konnte. Schon Goethe und die Brüder Grimm, allesamt eifrige Briefschreiber, nannten die Stadt jedoch Minden und setzten auf dem Briefumschlag ein ungelenkes Hannöverisch davor. Das wirkliche Minden schließlich liegt am nördlichen Ende der Oberweser, und zwischen diesen beiden Städten breitet das Weserbergland seine Schönheit aus. Genau die lege ich Ihnen auf den folgenden Seiten ans Herz.
Dazu gehören die Naturparks rechts und links des Flusses mit ihren glucksenden Bächen und schattigen Buchen. Es ist eine Lust, hier zu wandern. Manche nennen es auch pilgern und tragen außer ihrer schweren Gedankenlast nur einen kleinen Rucksack auf dem Weg von Kloster zu Kloster. Die ›Ich bin dann mal weg‹-Bewegung hat den Weserraum voll erfasst. Das liegt deshalb nahe, weil die Dichte dieser geistlichen Zentren hier so hoch ist. Schon das 822 gegründete Kloster Corvey wurde rasch zur geistlichen und geistigen Drehscheibe Nordwesteuropas. Hier trafen die Wanderkaiser ihre Fürsten, hier füllten bald Tausende von Schriftstücken und Büchern die Regale, und hier florierte der Handel auf dem Fluss sowie über den Westfälischen Hellweg. Heute gehört das Kloster zum UNESCO-Weltkulturerbe. Vom Mindener Dom zieht sich ein breites Band aus christlichen Bauwerken an der Weser entlang von Norden bis Bursfelde im Süden.
Später, als der Reichtum den Adel und Bürger erfasste, kamen die prunkvoll verzierten Giebel der Weserrenaissance hinzu. Diese Gebäude, diese Fachwerkensemble und diese Marktplätze müssen Sie gesehen haben. Sie strahlen selbstbewusst und farbenfroh.
So zeigt sich auch die Weser selbst. Der blaue Fluss legt seine Schleifen gefühlvoll in die Palette an Grüntönen rechts und links. Das Flusswasser an sich – es zieht mit etwa einem Meter pro Sekunde vorbei – ist von gelben, roten und weißen Farbtupfern der Kanus und Schiffe verziert. Angler sitzen stumm im Ufersaum, Fähren pendeln fast geräuschlos am Drahtseil. Die Weser ist eine Lebensader, die noch als solche zu erkennen ist. Auch die vielen Hundert Pedalfreunde, die fast täglich auf dem Weser-Radweg die Landschaft erfahren, legen ein fröhliches Zeugnis davon ab. Sie atmen ruhig und haben genug Luft für Scherze, denn der Weg verläuft flach. Gut, immer mehr gönnen sich beim Treten einen künstlichen Rückenwind aus dem Akku. Das Weserbergland ist mit einem engen Netz an E-Bike-Stationen überzogen. So kommt man bei einem Abstecher ins Bergland links und rechts besser die Steigungen hinauf. Gerade da liegen die versteckten Reize, denen ich erlegen bin – vom PS.Speicher in Einbeck über Kirschblütenfeste mit Japanern bis zur einzigen Hofreitschule Deutschlands. Ach, und dann wartete Dornröschen in der Sababurg, wachgeküsst von einem Prinzen. Diese Szene hat mich beeindruckt, denn schon die Weser entsteht durch einen Kuss. Märchenorte gibt es noch mehr, Wellnessoasen auch. Die Kurbäder haben sich nicht in ihrer Tradition gesonnt, sondern ihre Zukunft durch duftende, klingende Entspannungsbecken und frische Angebote zum gesunden Leben gesichert.
Wer dann zum Sonnenaufgang vom Ballonkorb aus sieht, wie sich die Dunstschleier über der Weser auflösen, Graureiher und Eisvogel abheben, Fachwerk und Sandstein leuchten, den erfasst das Glück. Die Facetten aus Kultur- und Naturschönheiten blättern sich ihm auf und liegen ihm zu Füßen. Der Weserreisende ist wachgeküsst!
Der Fährmann holt über – in Herstelle bei Würgassen geschieht
das noch mit Handarbeit. So schön und langsam kann das
Übersetzen mit einer Gierseilfähre sein.
Nehmen Sie erst einmal Platz unter der Kastanie an der Nordspitze der kleinen Insel Unterer Tanzwerder in Hann. Münden. Von rechts rauscht die Werra heran, von links die Fulda. Hier am Weserstein schließen sie ihren Bund für ihr weiteres Flussleben. Am Ende verlieren sich die Wasser schließlich nach der Mündung in Bremerhaven in der Nordsee, aber immerhin 452 Kilometer trägt die Gemeinsamkeit. 51 Kubikmeter pro Sekunde liefert die Werra, etwa 67 Kubikmeter die Fulda. Ach, Statistik, wer hier sitzt, dem kann es nur um Gefühle gehen!
Romantiker hatten schon immer leichtes Spiel an dieser Stelle. Sie küssen sich, sie vereinen sich zur Weser, diese beiden ausgewachsenen Flüsse. Das ist wirklich nicht alltäglich, denn oft mündet der eine in den anderen und verliert seinen Namen. Hier aber beginnt ein ganz neuer Fluss als Weser. Trotzdem: Um dieses neue Fluss-Glück zu feiern, hat der Mündener Industrielle Natermann am 31. Juli 1899 den Weserstein aufstellen lassen. Damals ging es mit Zeilen wie »Deutsch bis zum Meer der Weser Fluss« eher um patriotische Gefühle. Symbolträchtig wurde der Stein am 2. September, dem Sedanstag, eingeweiht. 1870 hatte die französische Armee nach der Schlacht von Sedan kapituliert. Rund 100 Jahre später kam der neue Weserstein ein paar Meter links dazu. Der Zeitgeist, der sich darauf widerspiegelt, ist ein ganz anderer. Der bulgarische Künstler Nedko Solakov fabuliert über den ›enttäuschten Fluss‹. Damit meint er die Fulda. Sie muss von ihren innig geliebten Buchstaben F, U, L, D und A alle abgeben. Solakov zeigt ebenfalls Mitleid mit dem ersten Buchstaben im Alphabet, der auf ›brutale Art und Weise übergangen‹ werde. Schließlich büßten ihn beide Flüsse ein. Als Entschädigung erschienen sie jedoch am Anfang einer schönen deutschen Stadt, irgendwo im Westen …
Tipp: Kanu, Kajak oder Floß – alles bietet die Verleihstelle auf dem Campingplatz Grüne Insel Tanzwerder. www.busch-freizeit.de
Wer vom Marktplatz aus auf der Mühlenstraße Richtung
Westen geht, kommt über eine Fußgängerbrücke zum
Tanzwerder. Der Weserstein steht an der Nordspitze.
Touristik Naturpark Münden /// Rathaus, Lotzestraße 2 ///
34346 Hann. Münden /// 0 55 41 / 75 313 und -343 ///
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Sie streifen durch die Gassen von Hann. Münden. Sie blicken sowieso fast immer nach oben, denn die Giebel der rund 700 Fachwerkhäuser sind so etwas wie eine Einladung zu einer optischen Entdeckungsreise. Sie reicht von krummen Balken, die Armut verraten, über Hölzer, die verdrehte Schiffstaue symbolisieren, bis zu einer Fassade mit 164 Schiffskehlen. Das sind Verzierungen, die an Schiffskiele erinnern. Dann wehen plötzlich ein paar Glockenklänge herüber vom Marktplatz. Es muss 12, 15 oder 17 Uhr sein. Schauen Sie zu, wie sich oben im Giebel des Rathauses Klappen öffnen. Ja, da ist er schon: der Doktor Eisenbart. Wie damals kamen erst die Gaukler, machten Musik und hielten lustige Reden, dann erschien der wandernde Chirurg. Der Arzt war zwischen Aurich und Innsbruck an 83 Orten Ende des 17. Jahrhunderts aktiv und ganz anders als sein Ruf, der sich hauptsächlich durch die Liedzeilen »kurier die Leut nach meiner Art« nährt. Johann Andreas Eisenbart starb 1727 in Hann. Münden und ist in der St. Ägidienkirche beigesetzt. Außen steht sein Grabstein, allerdings mit falschem Geburtsjahr. Eisenbart war ein vielbeachteter Arzt. Er habe nie den Holzhammer zum Betäuben genommen, versichern Historiker heute, sondern loben ihn, wie er künstliche Zähne anfertigte, Polypen operierte oder den Grauen Star beseitigen konnte.
Dann fällt der Blick an der Fassade des zwischen 1603 und 1618 im Weserrenaissancestil umgebauten Rathauses auf das Stadtwappen. Das farbenfrohe Portal mit den ionischen Doppelsäulen bietet so viele Details, dass Sie sich etwas Zeit nehmen sollten. Wie geschäftstüchtig die Wirte hier sind, konnte ich anhand einer Tafelaufschrift nachempfinden. Dort stand in Kreide geschrieben: ›Dr. Eisenbart Bräu, seine schwarze Medizin, krank 0,3 l 2,30 Euro, schwer krank 0,5 l 3,10 Euro.‹
Tipp: Kirchenschmaus gibt es im Café Aegidius, einer entweihten Kirche am Aegidiiplatz. Frühstück, kleine Speisen und Kuchen sind himmlisch.
Figurentheater: Dr. Eisenbart und ein Patient treten
zum Glockenspiel an der Rathausfassade ins Freie.
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Kinder spielen hier verstecken. Sie lachen und lachen wieder. Was für ein fröhlicher Ort! Dazu kommt die Aussicht auf den erst kurzen, ruhigen Fluss und die Enden seiner Ursprungsflüsse. Die Weserliedanlage auf einem Hang des Questenbergs ist in etwa 20 Minuten vom Nordrand der Innenstadt Hann. Mündens zu Fuß zu erreichen – es geht bergan. Hier oben ist das 1835 gedichtete Weserlied auf eine Relieftafel gedruckt. Franz von Dingelstedt, der zuletzt Direktor des Wiener Burgtheaters war, hat es verfasst. Er war an der Weser aufgewachsen – in Rinteln. Somit lag ihm der Fluss am Herzen.
Wenn Sie die Zeilen von Dingelstedt gelesen haben, schauen Sie hinab von diesem Ort der Stille auf die Weser, die zweiteilige Insel Tanzwerder, die Kulisse des Fachwerkidylls von Hann. Münden, das umrahmt wird von Wäldern. Dahinter erheben sich sanft die Hügel des Umlandes. ›Hier hab’ ich so manches liebe Mal / mit meiner Laute gesessen, hinunterblickend ins weite Tal / mein selbst und der Welt vergessen‹, teilt uns von Dingelstedt mit. Dann bitte in den Wald horchen, denn: ›Wie liebender Sang aus geliebtem Mund, / so flüstert es rings durch die Bäume / und aus des Tales off’nem Grund / begrüßten mich nickende Träume.‹
Dieses Denkmal wurde 1931 aufgeschichtet. Neben einer Bronzetafel für Franz von Dingelstedt erinnert eine weitere an Gustav Pressel. Der Komponist war zu Besuch bei Franz Liszt in Weimar, als er den Liedtext sah und gleich vertonte.
Der Blick sucht sich durch die Blätter hindurch ein Ziel in der Tiefe. Kanufahrer treiben vorbei. Dort hinten, da ist die Weser schon ein paar Hundert Meter alt und hat sich in ihrem weiteren Verlauf ein beachtlich tiefes Tal geschält. Links von ihr erhebt sich der Reinhardswald bis auf 472 Meter, rechts der Bramwald bis auf 408 Meter – und mittendurch kerbt sich die Weser.
Tipp: Räder an den Füßen: Ein Segway lässt sich zu einer Tour durchs Werratal mieten bei Blauer Planet (Hedemünden, 0 55 45 / 18 28). www.segway-werratal.de
Vom Nordrand der Altstadt über die Lange Straße führt der
Weg über die Bundesstraße 80 hinweg links auf die Anhöhe
über den Eichenweg. Am Ende der Straße noch ein paar
hundert Meter den Fußweg nehmen, schon eröffnet sich der
Blick zur Weser hinab!
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Die zerbeulten Milchkannen auf einer Holzbank vor der Dorfeiche stehen ständig dort. Sie werden nicht wie früher morgens mit Kuhmilch gefüllt und dann von der Molkerei abgeholt. Sie sind ein Denkmal und fest an den Holzbohlen verankert. Gute alte Zeit – in Jühnde hat das eine besondere Bedeutung. Die rund 720 Einwohner erzeugen seit 2005 Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien. Jühnde ist Deutschlands erstes Bioenergiedorf und hat entsprechend viele Gäste aus dem In- und Ausland. Eine Biogasanlage und ein Holzhackschnitzel-Heizwerk bilden die Grundlage. »Mit den Holzschnitzeln können wir ganzjährig die gewohnte Wärme erzeugen. Dieser Brennstoff hat einen Wirkungsgrad von mehr als 90 Prozent«, erläutert ein Mitarbeiter. Über ein Nahwärmenetz zu den einzelnen Häusern wird das heiße Wasser in das Heizungssystem des Gebäudes und den Brauchwasserspeicher geleitet. 70 Prozent der Jühnder sind angeschlossen. Alle Abnehmer, die acht Haupterwerbslandwirte und ein Gutshof sowie Gemeinde und Kirche sind Mitglied in der Genossenschaft Bioenergiedorf.
Schon heute wird doppelt so viel Strom erzeugt, wie der Ort verbraucht. Doch ruhen sich die Bewohner nicht auf den Lorbeeren aus, die sie schon erhalten haben. Mit Beteiligung der Bürger wollen sie einen Windpark bauen. Sie wollen die Elektromobilität stärken, also mit Elektroautos fahren, deren Strom sie regenerativ und eigenständig herstellen. Wer durch den Ort spaziert, findet eine alte Kirche und nebenan Tafeln, auf denen viel über Jühnde erzählt wird. Die Wasserscheide von Leine und Weser verläuft hier. Das heißt: Ein Teil der Bäche fließt nach Osten zum Leinetal, ein anderer Teil entwässert nach Westen zur Weser. Auf drei Rundwanderwegen lässt sich das Dorf aus allen Perspektiven erkunden. Es ist ein Idyll zwischen Gestern und Morgen, das auf Nachahmer setzt und sie gern berät.
Tipp: Wer auf dem Pilgerweg Loccum-Volkenroda unterwegs ist und sein Pilgerbuch stempeln möchte, findet den Stempel in der St.-Martini-Kirche. Sie bietet auch eine Herberge.
Milchkannen symbolisieren die gute alte Zeit im Dorfleben,
das hier noch intakt ist.
Förderverein Bioenergiedorf Jühnde /// Koppelweg 1 ///
37127 Jühnde /// 0 55 02 / 91 19 73 /// www.bioenergiedorf.de ///