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4. Auflage 2020

© 2020 by FinanzBuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Nymphenburger Straße 86

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Lektorat: Caroline Kazianka

Korrektorat: Silvia Kinkel

Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch

Umschlagabbildung: Felix Birkenseer

Satz und E-Book: Daniel Förster

Grafiken: Achtung-Schild (z. B. S. 26) Gular Samadova/Shutterstock, Geldscheine (z. B. S. 28) vector toon/Shutterstock, Glühbirne (z. B. S. 46) Irina Adamovich/Shutterstock, Smiley (z. B. S. 48) musmellow/Shutterstock, Dollarzeichen (z. B. S. 51) Mr.Stas/Shutterstock, VR-Brille (S. 136) Andrei Zhukov/Shutterstock


ISBN Print 978-3-95972-022-9

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96092-026-7

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96092-027-4


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Inhalt

1. Warum mich die Finanzwelt so interessiert

Just-do-it-Mentalität

2. Schwarze Schafe und erlernte Hilflosigkeit

3. Was ist das eigentlich – Banken, Börse, Trading?

Angebot und Nachfrage

Die Spekulationsblase

Der Markt und die Banken

4. Aktien sind nicht böse

Moneymaker: William D. Cohan

5. Welthandel: Börse ist überall

Moneymaker: Cornelia Eidloth

Moneymaker: John Maynard Keynes vs. Friedrich August von Hayek – alte Hasen erfahren neuen Hype

Moneymaker: Christine Lagarde und der IWF

6. Influencer: persönliche Einflüsse und die Börsenkurse

Moneymaker: Die Kardashians – Kylie Jenner #jüngste Milliardärin

Moneymaker: Climate Change

Moneymaker: Madame Moneypenny

7. Asienmarkt: von Peking ins Silicon Valley und zurück

Moneymaker: Jack Ma – Alibaba

Moneymaker: Pony Ma – Tencent

8. Silicon Valley: Digitalisierung, Trends und Umbrüche

Technology Focus: künstliche Intelligenz

Moneymaker: Damian Polok

Technology Focus: Augmented Reality und Virtual Reality

Moneymaker: Elon Musk

Moneymaker: Tim Draper

Technology Focus: Blockchain

Die Macht der kleinen Start-ups

Moneymaker: Melinda Gates und ihr Engagement in Afrika

Technology Focus: Biotech

9. Psychologie: persönliche Investment­entscheidungen

Moneymaker: André Kostolany

Moneymaker: Warren Buffett

10. Wichtige Informationen für den Weg zum Moneymaker

Kleines Lexikon für Finanz-Chinesisch

Jetzt wird’s ernst

Ein paar Tools für deinen Weg zum Moneymaker

Deine Roadmap zur ersten eigenen Aktie – brought to you by Tradity

Moneymaker: Sebastian Kuhnert

News und neue Medien

Schlusswort

Danke

1. Warum mich die Finanzwelt so interessiert

»Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.«

Henry Ford

Zugegeben: Zahlen waren früher nie so meine Stärke. Ich erinnere mich nicht gerne an den Matheunterricht an meiner Schule zurück. Das liegt nicht daran, dass ich die Lehrer nicht mochte oder sie nicht gut genug waren oder ich Angst im Unterricht gehabt hätte – nein, es war schlicht und ergreifend die »Wahrheit«, der ich nicht ins Auge blicken wollte. Um höhere Mathematik zu verstehen, hätte ich mich nämlich von früh bis spät an meinen Schreibtisch setzen, alle Bücher zu dem Thema durcharbeiten und die Übungen gewissenhaft lösen müssen – und das am besten das ganze Jahr durch und nicht erst kurz vor der Prüfung. Aber nein, das wollte ich einfach nicht. So saß ich immer wieder vollkommen überfordert vor der grünen Tafel und ließ mir zum wiederholten Male von meinem Mathelehrer einen Sachverhalt erklären, den meine Mitschüler anscheinend schon durchblickt hatten. Ich nickte dann. Nicht immer hieß das, dass ich wirklich verstanden hatte, worauf mein Lehrer hinauswollte. Nein, ich tat das eher in der Hoffnung, dass er mich in Ruhe lassen würde.

Natürlich gab es auch Lichtblicke in meiner mathematischen Schullaufbahn. Schließlich musste ich das eine oder andere doch beherrschen, um zum Abitur zugelassen zu werden. An diese Aha-Momente erinnere ich mich wirklich gerne zurück. Jedes Mal wurde mir bewusst, wie mächtig diese Formeln im Schulbuch eigentlich waren, wie oft der Erfinder wahrscheinlich gescheitert war, bis er die perfekte Gleichung gefunden hatte, und vor allem auch, wie viel Fantasie und Vorstellungskraft es gebraucht hatte, um überhaupt auf die Problemstellung zu kommen.

Falls du dich jemals in derselben Lage wiedergefunden hast oder dich teilweise immer noch so fühlst: willkommen im Club!

Jedes Mal, wenn ich Hollywoodfilme, die im Finanzbereich spielten, angeschaut habe, wurde mir klar: Diese Männer hatten neben ihrem Geschlecht noch etwas gemeinsam – nämlich ein Geschick für Zahlen und das Verständnis der Zusammenhänge. Und ich wusste: Niemals würde ich einer von ihnen sein. Zu schlecht war ich im Umgang mit Zahlen, und ich wies zu wenige Qualitäten auf, die ich hätte anbieten und mir zunutze machen können. Ich war schließlich an keiner Eliteuniversität wie Harvard, Princeton oder Yale. Meine Eltern waren keine Millionäre mit erstklassigen Kontakten zu bedeutenden Unternehmen, und ich hatte auch keine Hobbys wie Golfen, Tennis & Co., die mich kulturell mit der High Society verbunden hätten.

Trotzdem stellte ich mir gerne vor, wie toll es wäre, ebenfalls im finanziellen Überfluss zu leben, schöne Kleider zu tragen und so herumzulaufen, als ob einem die Welt gehörte. So wurden schließlich die Aktionäre an der Wall Street in den Filmen dargestellt.

Plötzlich fanden sich Sätze wie »Greed is good« (Gier ist gut) auf Postern oder als Desktophintergrund und wurden zum Mantra vieler Leute, die bestrebt waren, zu dieser Gruppe von Menschen zu gehören. Die waren nicht nur cool, weil sie schöne Uhren besaßen und hübsche Frauen an ihrer Seite hatten. Nein, das, was sie so cool machte, war ihre kurzsichtige Art, so viel Geld wie nur möglich innerhalb kürzester Zeit zu machen und sich zudem damit zu rühmen, dass sie durch Täuschung hart arbeitende Leute um ihr Geld gebracht hatten. Solche Szenen wurden in den Filmen gekonnt mit bekannten Pop-Songs unterstrichen, und die Rollen der Arroganten und Erfolgreichen durften Hollywood-Sweethearts wie Leonardo DiCaprio übernehmen.

Kein Wunder also, dass einige so werden wollten wie die Charaktere im Film. Und das Vorgehen wurde auch oft als einziger Weg zu finanziellem Erfolg dargestellt. Wer erfolgreich sein will, muss so habgierig, arrogant und skrupellos sein wie diese bösen Aktionäre. Wer nicht so sein möchte, wird arm bleiben, aber immerhin seine Menschlichkeit bewahren und für immer den Kapitalismus verachten.

Diskussionen mit Freunden nach solchen Filmen haben mir gezeigt, welche Emotionen diese zwei Positionen hervorrufen können. Die einen werden sofort unsympathisch, sobald sie das kapitalistische System auch nur im Geringsten verteidigen, und die anderen fangen auf einmal an, »an das Herz zu appellieren« und sich selbst damit zu rühmen, schon immer eine schlechte Meinung von Geld gehabt zu haben und deshalb auch keinen besser bezahlten Job anzustreben. Denn Geld verdirbt den Charakter.

Doch diese Filme kratzen nur an der Oberfläche des Ganzen und schaffen es nicht, einen tieferen Einstieg in das Thema Finanzen zu geben. Wie soll das auch in weniger als zwei Stunden auf höchstem Entertainment-Niveau zu schaffen sein?

Eines Tages führte ich ein so emotional aufgeladenes Gespräch mit einer guten Freundin, dass wir anschließend Jahre nicht mehr miteinander sprachen. Es ging eigentlich lediglich darum, dass ich mich mehr mit dem Thema Finanzen beschäftigen wollte, weil mich die Branche faszinierte und vieles in dieser Welt für mich ein großes Geheimnis war. Allein, dass ich mich in der Richtung weiterbilden wollte, wurde allerdings schon abgelehnt. »Wieso willst du denn ein Teil dieser Gesellschaft werden?«, fragte sie mich empört.

Meine Antwort darauf war ganz einfach: Diese Menschen in der Finanzbranche waren zwar gut im Umgang mit Zahlen, doch noch viel wichtiger war ihnen ein generelles Verständnis dafür, wohin sich diese in der Zukunft bewegen würden. Sie mussten vorausschauend denken und die Welt als Ganzes betrachten. Ich hatte begriffen, dass diese Welt der Zahlen nur einen kleinen Teil dieser Branche abdeckte. Es ging um viel mehr als nur das. Es galt zu verstehen, wie verschiedene Unternehmen Wert schöpften und welche Erfolgsfaktoren eine Rolle dafür spielten, wie und ob sie noch mehr Menschen beschäftigen konnten, und wie groß eine Idee ultimativ werden konnte. Es ging auch um etwas Fantasie und den Mut, in die Zukunft zu schauen. Das reizte mich.

Ich war und bin vielseitig interessiert. Ich wollte mich nie mein ganzes Leben nur auf ein Fach spezialisieren, ich wollte schon immer Brücken bauen und verschiedene Themen miteinander verknüpfen, auch deshalb fühlte ich mich zu diesem Thema so hingezogen. Leider waren die Begriffe Unternehmen, Börse & Co. im Kopf meiner Freundin schon so negativ besetzt, dass ich es nicht schaffte, sie mit meiner Antwort zu überzeugen. Irgendwie hatte sie auch nicht ganz Unrecht. Ich konnte verstehen, warum sie sich von der Branche distanzieren wollte. Sie sah nur die eine Seite der Medaille. Die superreichen Menschen. Die werden einem ja auch überall gezeigt! So hat etwa die Netflix-Dokumentationsserie Explained in der Folge »Billionairs« (Staffel 2, Folge 2) ein paar wunderbare Beispiele gebracht, die belegen, wie reich die reichsten Menschen auf der Welt im Vergleich zu uns »normalen« sind.

Vergleicht man beispielsweise die Ausgaben eines Durchschnittsmilliardärs (Vermögen etwa 2 Milliarden Dollar) mit den Ausgaben eines durchschnittlichen Amerikaners (Jahresgehalt etwa 32 000 Dollar/Jahr), so kann man sagen, dass relativ gesehen »ein Flug mit dem Privat-Jet (8000 Dollar) vergleichbar wäre mit einer U-Bahn-Fahrt in New York (2,75 Dollar), der Kauf eines Lamborghini (200 000 Dollar) vergleichbar mit dem eines Bobby-Car (60 Dollar) und der einer privaten Insel (100 000 000 Dollar) mit einer Anzahlung für ein Haus (30 000 Dollar)«, heißt es dort.

Weiter erfährt der Zuschauer, dass Milliardäre nicht 1 Prozent unserer Gesellschaft ausmachen, sondern 0,0001 Prozent und dass sie großen Einfluss haben. Sie können Treffen mit Staatschefs vereinbaren. Ein Dutzend von ihnen steht bereits selbst an der Spitze eines Staates. Im chinesischen Parlament allein sitzen über 100 Milliardäre und es werden immer mehr! Im Jahr 1987 existierten laut Forbes schätzungsweise 140 Milliardäre, im Jahr 2019 waren es fast 15-mal so viele – also etwa 2153 Milliardäre weltweit.1

Selbstverständlich ist es nicht fair, dass diese Menschen sich so viel leisten können und andere Leute sich kein Frühstück kaufen können. Ich verstehe, wenn man sich darüber aufregt, da kann ich mich genauso leidenschaftlich anschließen. Aber ich möchte auch nicht alle Leute, die man gemeinhin als reich bezeichnet, als Bösewichte darstellen. Man sollte nur diese Macht nicht zu sehr ausnutzen dürfen. Mit ein paar Millionen Dollar kann man ein schönes Auto kaufen, ein tolles Haus und ein paar schicke Kleider, aber mit ein paar Milliarden Dollar kann man in unserem aktuellen Wirtschaftssystem ganz andere Dinge bewegen. So hat man die Möglichkeit, die öffentliche Meinung mithilfe von Medienbesitz, Lobbyisten und Think Tanks zu kontrollieren und ganze Regierungen und internationale Angelegenheiten zu manipulieren. Wo bleibt hier der Raum für unsere Demokratie? Eigentlich dürften Menschen, die nicht vom Volk gewählt wurden, doch gar nicht so viel Macht über das Leben anderer haben. Es wäre naiv zu glauben, dass die Existenz dieser 0,0001 Prozent notwendig ist, vor allem, weil die Milliardärsklasse mit ihren Aktionen doch bereits bewiesen hat, dass sie nicht existieren kann, ohne aktiv daran zu arbeiten, Regierungen in einer Weise zu beeinflussen, die ohne Zweifel die Demokratie und den Willen des Volkes untergräbt. Die Debatte darüber, ob es Milliardäre geben sollte oder nicht, ist längst beendet. Das sollte sie aber nicht sein. Wer die amerikanischen Wahlen verfolgt, weiß, dass der Wahlkampfkandidat der Demokraten, Bernie Sanders, mit diesem Wahlspruch den Nerv von Millionen Menschen getroffen hat. »Billionaires should not exist«, und zwar aus dem gleichen Grund, aus dem Könige und Pharaonen nicht existieren sollten. Diejenigen, die die Führung unserer Welt innehaben, sollten demokratisch gewählt sein und sich das Beste für unsere Gesellschaft wünschen.

Ich kann Kapitalismuskritiker durchaus verstehen und ihren Zorn ebenso. Doch ist die Welt nicht schwarz-weiß. Nicht alle Milliardäre sind Gauner, Geld allein ist nicht böse und der Kapitalismus in seiner jetzigen Form wird uns noch lange beschäftigen. Wir dürfen die Augen sicher nicht vor den unschönen Wahrheiten verschließen und vor allem dürfen wir nicht untätig sein.

Deswegen schreibe ich dieses Buch. Es soll keine Rechtferti­gung oder Heiligsprechung der genannten Personen sein, sondern mit jedem Kapitel zeigen, wie sehr uns Wirtschaft, Börse und Finanzen eigentlich betreffen und wie sehr wir uns dessen im Alltag bewusst sein sollten.

Als Jugendliche habe ich Leute gebraucht, zu denen ich aufschauen konnte – klar waren die nicht perfekt. Für mich war das eher, wie wenn man sich beim Shoppen verschiedene Kleider ansieht. Ich habe manches ausprobiert, geschaut, mit welchem Stil ich mich wohlfühlte, und habe so ganz von selbst herausgefunden, wofür ich stand und für was nicht.

Ich bin dafür, die Welt nicht in Schwarz und Weiß einzuteilen, sondern viele Grauabstufungen vorzunehmen. Von »Wall Street ist Scheiße« bis hin zu »Milliardäre sind toll« wirst du alle Abstufungen in diesem Buch finden, denn das Thema ist schlichtweg zu komplex, um es einfach so über einen Kamm zu scheren, das wäre auch schade.

Meines Erachtens kann Wissen ermächtigen, und das möchte ich mit den Informationen in diesem Buch erreichen. Dass niemand sich von dieser lauten Diskussion in der Finanzwelt ausgeschlossen fühlt, weil er das grundlegende Vokabular nicht versteht. Eine Welt, in der jeder die Grundmechanismen des Marktes nicht nur versteht, sondern auch lernt, sie für sich anzuwenden, ist in meinen Augen eine fairere Welt. Ich finde, man muss verstehen, woher der Kapitalismus eigentlich kommt und welches Problem er im Ursprung gelöst hat, damit man ein Gefühl dafür ausbildet, wohin sich die Dinge entwickeln müssen. Da unser Bildungssystem uns nicht ausreichend auf das Finanzleben vorbereitet, müssen wir diese Dinge eben selbst in die Hand ­nehmen.

Ich habe viel Zeit in der Bibliothek in Nürnberg verbracht und möglichst viele Sachbücher gelesen. Ich war fasziniert von Biografien bedeutender Unternehmerinnen und Unternehmer. Benjamin Franklin motivierte mich, meinen Tag besser zu planen. Warren Buffett schärfte meinen Blick für nachhaltige Geschäftsmodelle, Bill und Melinda Gates inspirierten mich dazu, nachzudenken, was man der Gesellschafft zurückgeben kann. Mohammad Yunus brachte mir die Welt des sozialen Unternehmertums näher und wurde zu einem persönlichen Idol für mich.

In der Bibliothek habe ich viele Geschichten gelesen und ich habe mir die Zeit genommen, um die Konzepte dahinter zu verstehen und mir vorzustellen, wie die Vergangenheit wirklich war und wie die Zukunft aussehen könnte. Ich machte mein iPod beziehungsweise später dann Spotify auf und hörte meine Hiphop-­Playlist. Während ich mir dann die Bücher durchlas, hörte ich immer wieder die Hiphop-Legenden über meine Kopfhörer und entdeckte immer wieder Stellen, an denen es um soziale Krisen, den Job, Finanzen und persönliche Weisheiten ging. Ich fing aus Spaß an, diese Zitate zu sammeln. Das ist übrigens der Grund, warum du immer wieder Zitate aus berühmten Songs zum Thema Finanzen im Buch entdecken wirst. Im Garten der Bibliothek habe ich dann davon geträumt, wie ich irgendwann einmal allerlei Unternehmen in der Welt gründen und Probleme lösen würde. Schließlich war alles um mich herum auch von Menschen geschaffen worden. Sie haben sich inspirieren, treiben und motivieren lassen von anderen Menschen, von Problemen und Krisen ihrer Zeit und von ihrer Fantasie. Auf einmal lag eine Magie in der Luft, die ich so noch nie gespürt hatte. Meine Gedanken wurden von einem angenehmen Gefühl von Geborgenheit, Abenteuerlust und Optimismus begleitet und ich fühlte mich, als würde ich eine große Reise beginnen. Ich spürte einen Drang in mir, weiter zu forschen, tiefer in die Materie einzusteigen – was dann auch dazu geführt hat, dass ich begann, dieses Buch zu schreiben.

In diesem Buch geht es viel um Moneymaker. Das können Philosophen, Autoren, Unternehmer und/oder Technologien sein. Moneymaker schaffen durch ihr Können und Wissen einen käuflichen Wert auf der Welt. Sie haben herausgefunden, wie sie ihre Zeit und ihre Fähigkeiten einsetzen müssen, um die Welt nach ihren Vorstellungen zu formen. Das sind die Macher in meiner Welt. Sie sind nicht perfekt, aber sie haben den Mut, Dinge einfach anzugehen und neue Ideen anzustoßen. Ob nun die Einzelunternehmerin von nebenan im Café, oder der Konzernchef, der viel Verantwortung trägt. Sie alle machen, formen und bewegen unsere Welt.

Just-do-it-Mentalität

Ich möchte dir noch ein wenig mehr von mir erzählen, damit du meine Ansichten zu bestimmten Themen besser einordnen kannst. Es gab viele verschiedene Aha-Momente in meinem Leben, die mich dazu bewegt haben, Dinge anzugehen, und die mich dahin gebracht haben, wo ich jetzt stehe.

Die Schulzeit ist mir zwar gut in Erinnerung geblieben, aber noch mal durchmachen möchte ich sie nicht. Zu oft habe ich das Gefühl gehabt, dass wir nur nach einem Stundenplan und einem strikten System funktionieren mussten, anstatt unseren Interessen nachgehen zu können. Für manche Freunde von mir war dieses System vielleicht gut, aber ich empfand es als gegen meine Natur, wenn man so will. Früh morgens aufstehen zu müssen, noch bevor die Sonne aufgeht (!), um sich dann um punkt acht Uhr mit Physik zu befassen, das wollte mein Körper einfach nicht akzeptieren. Nach Lehrplan zu lernen hatte oft den Nachteil, dass keine Zeit blieb, auch mal länger und tiefer gehend über ein Thema zu diskutieren. Vor allem im Fach Ethik haben mir grundlegende Diskussionen zu den großen Philosophen gefehlt. In Wirtschaft und Recht wurde uns kurz und bündig erklärt, wie unser Wirtschaftssystem – die soziale Marktwirtschaft – funktioniert, ohne aber darauf einzugehen, wie es zustande gekommen ist und ob es ernsthafte Alternativen dazu gibt. Modelle, die weit von der Realität entfernt waren, sollten uns veranschaulichen, wie Staat, Haushalte und Unternehmen miteinander arbeiten. Doch wie das in der Realität genau ausschaut und inwiefern Lobbyismus da eine Rolle spielt, wurde so gut wie gar nicht angesprochen.

Eigentlich verrückt, dass viele Jugendliche nur in diesem Fach mit einer kritischen Auseinandersetzung mit unserem Wirtschaftssystem in Berührung kommen. Der nächste Berührungspunkt ist dann wohl die erste Steuererklärung. Dann stellen sich viele auf einmal die Fragen: Wieso zahle ich so viele Steuern? Was passiert mit meinem Geld? Warum ist die ­Politik so ausgelegt?

Wenn man nur eine Seite der Geschichte betrachtet, ist es nicht unwahrscheinlich, dass man beginnt, das System zu hassen. Schließlich wird man nach eigener Einschätzung auch nur benachteiligt. Es macht alles keinen Sinn und es wirkt, als könne man dieses Spiel überhaupt nicht gewinnen. Zumindest denken viele so. Diese Mentalität musst du aber nicht zwingend übernehmen.

Als ich jünger war, wurde ich durch ein Buch auf eine sehr interessante Theorie aufmerksam. Es half mir zu verstehen, warum ich manchmal so negativ über Dinge dachte und keinen Ausweg sah. Das Buch, das ich vielen meiner Freunde auch heute noch ans Herz lege, heißt Mindset von Carol Dweck. Darin untersucht sie den Unterschied zwischen zwei verschiedenen mindsets, was ich im Folgenden mit »Lebenseinstellung« übersetzen werde. Ihre Theorie, auf die ich im nächsten Kapitel noch näher eingehen werde: Unsere Lebenseinstellung bestimmt, wie wir mit schwierigen Problemen umgehen und wie bereit wir sind, unser Leben zu verbessern. Sie beschreibt in sehr einfacher Sprache und mit vielen Beispielen, wie man es schafft, seine Ziele zu erreichen. Wichtig dabei ist, aktiv auf seine Lebenseinstellung zu achten und diese bewusst zu verändern. Dieses Buch hat mich ein Stück weit verändert, aber dazu später mehr.

Ich habe mich lange nicht gut genug gefühlt für das Gymnasium. Egal, wie viel Nachhilfe ich bekommen habe oder wie viele andere Leute ich kennengelernt habe, die dieselben Schwächen hatten, ich hatte kein Vertrauen in mich. Im Unterricht habe ich mich selten gemeldet, aus Angst, mich mit einer falschen Antwort zu blamieren. Meine Meinung konnte ich manchmal sogar meinen besten Freundinnen nicht richtig kommunizieren, weil ich fürchtete, dass diese Gefühle nicht berechtigt waren. Das alles hat sich geändert, als in meinem Kopf irgendwann ein Schalter umgelegt wurde. Ich überlegte, was wäre, wenn ich einmal wirklich ehrlich wäre, meine Gedanken mit der Welt teilte und einfach mal etwas machte? Einfach mal meine Ideen auf Papier brächte und Unterstützer suchte? Es war eine stille Revolution tief in mir, die ich jeden Tag in allerlei Situationen gespürt habe. Mir war klar, dass ich jedes Mal, wenn ich nicht ehrlich zu mir oder anderen war, weniger stolz auf mich sein konnte und weniger Respekt vor mir hatte. Das musste sich ändern. Ich habe dann angefangen, mir erst einmal ganz bewusst meine Zukunft vorzustellen. Wie cool wäre es, auf großen Bühnen zu stehen und mich so modisch anzuziehen, wie ich wollte? Was wäre, wenn ich voller Selbstvertrauen mein eigenes Unternehmen leiten und die Welt mit meinen Ideen verbessern ­könnte? Was wäre, wenn …?

Diese Gedanken kamen mir vor allem beim Sport, wenn ich mit meinen Kopfhörern ganz laut Musik hörte und mir alles möglich erschien. Bestimmt kennst du das auch. Ich fühlte mich immer besser in meiner eigenen Haut, je präziser ich mir alles vorstellte. Ehe ich mich versah, hatte ich ein echtes Ziel vor Augen. Ich wollte all den Menschen da draußen beweisen, dass ich mich für Mode, Technik, Börse & Co. interessieren und darin erfolgreich sein kann. Ich musste nicht so herumlaufen wie Steve Jobs (ja, die Phase hatte ich kurz als Teenager), um akzeptiert zu werden. Ich wollte einfach ich selbst sein, und das musste reichen.

Ich würde mir wirklich wünschen, dass jeder Mensch sich selbst entfalten und sein wahres Ich ausleben kann. Meiner festen Überzeugung nach könnten wir alle viel mehr im Leben erreichen, wenn jeder in der Gesellschaft an sich selbst glauben dürfte, ohne in Frage gestellt zu werden.

Mir war sehr lange nicht klar, wie viel Kraft in jedem von uns steckt und wie sehr wir die Welt verändern können, wenn wir eine Vision haben und uns nicht vor harter Arbeit scheuen. Wie die Träume aussehen, ist dabei jedem Einzelnen überlassen – für manche ist das Ziel, besonders reich zu werden oder sehr berühmt, andere wollen die akademische Laufbahn einschlagen und einen kleinen Beitrag im Bereich der Wissenschaften leisten. Vielleicht geht es ja auch um alle drei Dinge? Womöglich nur zu verschiedenen Zeiten?

Wie viel Einfluss deine Träume und Wünsche auf die Welt da draußen haben, ahnst du wahrscheinlich noch nicht. Umso wichtiger ist es aber, dass dir bewusst wird, wer und wie sich unser System entwickelt hat und wer jetzt im Chefsessel sitzt. Denn die Träume, Motive und der Ehrgeiz einzelner Gruppen und Personen lässt sich in jedem Produkt, also auch in jedem gegründeten Unternehmen erkennen.


1 Explained, Staffel 2, Folge 2: Billlionaires, Netflix, 2019.

2. Schwarze Schafe und erlernte Hilflosigkeit

Es gibt sie immer und es gibt sie überall – die schwarzen Schafe. Diejenigen, die alles vermasseln, übertreiben und ihre Grenzen einfach nicht kennen. Es gibt sie in jeder Branche, also auch in der Finanzwelt. Ich will das gar nicht schönreden. Natürlich gibt es einen Grund dafür, dass die Finanzwelt vielen Menschen so unsympathisch, manipulativ und generell »böse« erscheint. Warum das so ist, möchte ich in diesem Kapitel erklären.

Mir ist wichtig, in diesem Buch nicht den Eindruck zu vermitteln, dass alles toll ist, was in der Börsenwelt geschieht. Es geht darum, sich ganz offen mit der Vergangenheit zu befassen. Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, dass sich Fehler nicht wiederholen. Dieser Rückblick hilft nicht nur, das ganze System besser zu verstehen und erste Grundbegriffe in diesem Zusammenhang kennenzulernen, sondern entkräftet hoffentlich auch Vorurteile, die viele heute ganz unbewusst in Diskussionen mit Freunden und Familie oder bei persönlichen Lebensentscheidungen miteinfließen lassen und die verhindern, verantwortungsvoll mit seinem Vermögen umzugehen. Wir werden uns in diesem Zusammenhang auch mit unserer eigenen Persönlichkeit befassen und prüfen, wie wir selbst eine positive Veränderung schaffen können.

Mir scheint, dass viele Menschen eine sehr emotionale Beziehung zu Geld haben. Sie denken, dass Geld den Charakter verdirbt, reiche Leute sich ganz bewusst gegen sie verschworen haben und es keine Möglichkeit gibt, aus diesem System zu entfliehen, da sie schlichtweg zu dumm sind, um die Fallen zu durchschauen. Das klingt fast so, als wären sie ihrer eigenen Freiheit beraubt. Zugegeben, die Wahrscheinlichkeit, Millionär zu werden, ist nicht sehr hoch, aber das muss nicht heißen, dass man in seinem Leben nicht Verbesserungen durchführen kann, die die tägliche Existenz vereinfachen. Hoffnung auf ein besseres Leben ist ja ein wichtiger Motor für viele Menschen. Es ist der Grund, jeden Morgen aufzustehen und zur Arbeit zu gehen, die Kinder zur Schule zu schicken und sich mit neuen Themen und Orten zu beschäftigen.

Problematisch wird es, wenn Menschen davon ausgehen, dass sie die Fähigkeit, ihr Leben zum Besseren wenden zu können, verloren haben. Sie sind dann davon überzeugt, dass sie selbst für ihre Lage verantwortlich sind, und aufgrund ihrer negativen Erfahrung mit einer Sache (zum Beispiel im Umgang mit Geld) haben sie letztlich keine Motivation mehr, diese Lage überhaupt zu verändern. Viele Leute, ich möchte mich hier nicht ausschließen, sind davon betroffen und merken es häufig nicht. Dies kann auch zu Depressionen führen – der Betroffene fühlt sich hilflos, machtlos, hat keine Hoffnung. Es geht sogar so weit, dass eine Person, wenn ihr irgendetwas Schlechtes zustößt, nicht einmal mehr den Versuch unternimmt, die Situation zu verbessern. So stark ist die Überzeugung, dass es keine Hilfe gibt, und die Akzeptanz dieser Lage. Eigentlich unglaublich, dass man sich selbst in so eine missliche Lage im Leben bringen kann.

Aber jetzt möchte ich erst einmal die im vorangegangenen Kapitel bereits erwähnten zwei Denkarten näher erläutern.

Carol Dweck unterscheidet in ihrem Buch Mindset – The new Psychology of Success wie bereits gesagt zwei mindsets: fixed und growth mindset – beide werden von uns beeinflusst. Das heißt, niemand wird mit einer bestimmten Lebenseinstellung geboren, sondern wir entscheiden uns jedes Mal aufs Neue (ob nun bewusst oder unbewusst), wie wir über eine bestimmte Sache denken. Wie erkennt man einen Fixed-Mindset-Denker? Ganz einfach: Eine solche Person ist überzeugt, dass die Fähigkeiten eines Menschen in Stein gemeißelt sind. Das Talent ist der alles entscheidende Faktor und es ist von Geburt an festgelegt, ob jemand intelligent und talentiert ist oder ob jemand inkompetent und dumm ist und auch so bleibt. Interessanterweise denken Menschen mit einem fixed mindset ebenso, dass sie nur Dinge lernen können, für die sie ein ganz natürliches Talent aufweisen. Sie beurteilen Menschen schnell und haben im Umkehrschluss das Gefühl, selbst ständig unter Beobachtung zu stehen. Kein Wunder, dass sie aus diesem Grund jede Gelegenheit nutzen, ihr Talent und Können unter Beweis zu stellen. Ein Fehler kann in ihren Augen dazu führen, dass ihr kompletter Charakter infrage gestellt wird und sie ihr ganzes Leben in den Augen anderer als inkompetent gelten. Daraus entsteht das Bedürfnis, von außen Bestätigung zu suchen und das Ego dadurch zu stärken und zu beschützen. Das klingt alles ziemlich ungesund, ist mir aber zumindest in meiner bescheidenen Welt nicht ganz fremd. Ich erkenne mich durchaus wieder in der Charakterbeschreibung – wenn auch nicht zu jeder Zeit. Eigentlich möchte ich nämlich nicht so sein. Wenn ich solche dunklen Momente habe und so über die Welt nachdenke, dann helfen mir manchmal persönliche Gespräche mit Freunden und Familie, die mich aufbauen und mir klarmachen, dass das Leben mehr ist und auch mehr bietet als diese ewige Suche nach Bestätigung und Anerkennung. Doch, wie will ich denn nun sein, wenn nicht so?

Nun ja. Ich möchte eben nicht zu dieser ersten Gruppe gehören, sondern eher ein growth mindset haben. Was bedeutet das genau? Bestimmt hast du Kindern schon einmal auf einem Spielplatz zugesehen oder erinnerst dich noch vage an deine eigene Kindheit, in der du viel herumgeklettert bist. Manche Kinder scheinen wirklich immun gegen Schmerzen zu sein. Sie versuchen immer wieder, eine bestimmte Wand hinaufzuklettern oder die Rutsche hoch zu laufen, und scheitern dabei jedes Mal kläglich. Manche Kinder hören nach dem ersten Versuch bereits auf, manche werden nach mehrmaligen Versuchen von ihren Eltern dazu ermahnt und dann gibt es die, die sich immer wieder der Herausforderung stellen. Meistens klappt es dann irgendwann und die Kinder werden süchtig nach dem Gefühl des Erfolgs. Sie glauben nun, auch schwierigere Probleme lösen zu können, und haben Lust, mehr Dinge zu erforschen, noch härter und länger an der Lösung zu arbeiten. Sie sind überzeugt, dass sie, je mehr Dinge sie erfolgreich absolvieren, umso mehr dazulernen. Für sie lautet die Lösung für Probleme einfach nur: harte Arbeit, Geduld und Durchhaltevermögen. Sie lernen, sich auf ihren eigenen Kompass zu verlassen, und suchen auch später in der Schule nicht in ihren Noten nach Bestätigung ihrer Fähigkeiten, sondern streben nach Selbstverwirklichung durch die gezielte Erweiterung ihrer eigenen Grenzen. Dabei ist es vollkommen egal, um welches Thema es geht. Ob Sport, Musik, Mathe oder Zeichnen – sie wissen, dass sie nur durch Übung an ihr Ziel kommen. In ihren Augen heißt Übung vor allem aber auch Versagen zulassen, wieder aufstehen, etwas noch mal versuchen und besser werden! Menschen mit dieser Einstellung nutzen jede Gelegenheit, um von Experten zu lernen, und stellen dabei jede Regel und bekannte Strategie aus der Vergangenheit infrage in der Hoffnung, damit ihre eigenen Lücken zu schließen und Schwächen zu beseitigen. Dieses Verhalten lässt sich auf ihre zwischenmenschlichen Beziehungen übertragen. Sie unterstützen ihre Freunde darin, weiter an sich selbst zu arbeiten und zu lernen. Auch beim Sport ist ihnen bewusst, dass die gesamte Leistung eine Teamleistung ist. Wenn sie ein Unternehmen führen, zeigen sie ihren Mitarbeitern und Kollegen Respekt und Dankbarkeit für die verrichtete Arbeit. Sie fragen zudem auch nach deren ehrlicher Meinung, egal, wie unbequem die Wahrheit sein mag. Zusammenfassend kann man sagen, dass sich solche Menschen von Problemen nicht einschüchtern lassen, sondern sie als lösbare Herausforderungen ansehen. Sie setzen gerne ihre Energie dafür ein, die Welt und sich selbst ein Stück besser zu machen.

Ihre Lebenseinstellung erlaubt es ihnen, an Wachstum und Veränderung zu glauben.

Welche Faktoren tragen aber dazu bei, dass jemand so über das Leben denkt und dadurch sein volles Potenzial ausschöpft? Ich glaube, dass wir alle mit einem growth mindset auf die Welt kommen. Wie sonst hätten wir laufen und sprechen gelernt? Diese Dinge sind mit sehr vielen Versuchen verbunden und verlangen Geduld und Ausdauer. Dabei spielen die Eltern eine unglaublich wichtige Rolle. Sie sind es, die das Feuer fürs Lernen entweder weiter entfachen oder auslöschen. Wachstumsorientierte Eltern ermutigen ihre Kinder, weiterzulernen, wohingegen fixed-mindset-orientierte Eltern ihre Kinder immerzu beäugen, über sie urteilen und ihnen sagen, was richtig und was falsch ist. Interessanterweise kann man dieses Verhalten bereits im zarten Alter von ein bis drei Jahren erkennen. Growth-Babys werden versuchen, anderen weinenden Kindern zu helfen, wohingegen die anderen einfach nur genervt sind. Im Laufe des Lebens spielen dann natürlich auch die LehrerInnen eine wichtige Rolle. Jeder kennt das. Mal gibt es Pädagogen, die daran glauben, dass ein/-e bisher leistungsschwache/-r Schüler/-in auch mal eine Eins erreichen kann, und dann gibt es diejenigen, die davon ausgehen, dass eine Verbesserung nicht möglich ist. Je nachdem, wen man in der Grundschule hat, wird die Einstellung auch in die entsprechende Richtung geformt. Dies kann ich vor allem durch meine eigene Erfahrung im Gymnasium bestätigen. Ich hatte meistens Lehrer, die von vornherein schwache Antworten im Matheunterricht von mir erwarteten. Sogar als ich gezeigt habe, wie sehr mich eine schlechte Note belastet, kamen selten so ermunternde Worte wie: »Das ist nur eine Sache der Übung! Das kriegst du besser hin, wenn du dich mit dem/der zusammensetzt und lernst.« Meistens hieß es nur: »Du hast zum Glück auch andere Stärken. Die retten dir deinen Schnitt, dass du am Ende nicht durchfällst! Versuch, nächstes Mal einfach mindestens eine Vier zu schreiben.« Na, wem kommt das bekannt vor?

Gute LehrerInnen hätten versucht, verschiedene Ansätze im Unterricht zu bringen, weil sie daran glauben, dass jede/-r in der Lage ist, den Stoff zu verstehen. Sie hätten sich bemüht, dass sich niemand dumm fühlt. Vorbilder sind also wichtig und prägen unser Verständnis von der Welt in sehr jungem Alter. Keine Sorge, falls du eher schlechte Vorbilder in der Schule hattest, heißt das nicht, dass du zwangsläufig ein Opfer dieser Umstände bleibst. Jeder kann sich verändern, denn das Gehirn ist wie ein Muskel, den man trainieren kann. Wir können uns selbst beibringen, wie es besser geht, und uns bei jedem Schritt ermutigen. Doch einfach ist das nicht, es ist nämlich verdammt schwer, sein Denken zu verändern.

Wahrscheinlich ist das fixed mindset für viele Menschen zu einer emotionalen Krücke in vielerlei Hinsicht geworden – es beschützt sie in ihren Augen vor Versagen und hat ihnen bereits zahlreiche »stolze« Momente in der Öffentlichkeit beschert. Doch wachstumsorientiert zu denken hat seine Vorteile. Man kann ganz offen mit anderen Menschen über seine Fehler und Schwächen reden und hat die Möglichkeit, Pläne zu entwickeln, die genau diese beheben können.

Ich muss ganz ehrlich sein. Auch wenn ich hier von diesen zwei Lebenseinstellungen berichte, heißt das nicht, dass ich es geschafft habe, nur wachstumsorientiert zu denken. Das ist aber glücklicherweise auch nicht nötig – solange ich in den meisten Situationen an Veränderung glaube. Das heißt, ich würde wahrscheinlich kein Physik-Studium beginnen, weil ich das Gefühl habe, dass mir das Ganze »einfach nicht liegt«, aber in der Arbeitswelt kann ich trotzdem große Schritte nach vorne gehen und neue Dinge ausprobieren.

Jeder kann sich selbst an die Nase fassen und ganz bewusst darauf achten, ob er böse, hinderliche und entmutigende Selbstgespräche mit sich führt. Lasst uns aufhören, uns selbst für unsere Fehler fertigzumachen, und gemeinsam wachsen.

Der Grund, warum ich dieses Kapitel hier platziert habe? Ich glaube, dass viele Leute genau dieses Gefühl von »erlernter Hilflosigkeit« gekoppelt mit einem fixed mindset im Leben haben, wenn es um das Thema Geld geht. Dadurch, dass viele Menschen bedingt durch die Finanzkrise 2008 in der Vergangenheit große Verluste gemacht sowie eine gewisse Angst und Vorsicht von ihren Eltern übernommen haben, ist das Thema Anlage und Aktie bis heute in vielen Familien ein Tabuthema. Dabei sind Aktien an sich nicht schlimm. Geld schon gar nicht – wie kann ein in erster Linie reines Transaktionsmittel auch böse sein? Es kommt also vor allem darauf an, mit welcher Einstellung man das ganze Börsenthema betrachtet. Es hilft, sich vor Augen zu führen, dass wir alle Teile des Kapitalismus sind und es Vorteile hat, zu verstehen, wie genau uns die Börse heutzutage nützt und wie Aktien funktionieren. Damit wir in Zukunft nicht das Gefühl haben, vom Pech verfolgt zu werden, und beim Bankberater endlich selbst ernsthaft mitreden und diskutieren können, wenn es um unsere Zukunft geht. Auf geht’s, dann machen wir uns mal schlau!