Einladung
Vom Wanderer zum Pilger
Weckruf der Sehnsucht
In der Fremde unterwegs zu sich
Auf dem Weg sein – Grunderfahrung des Pilgerns
Pilgern gegen den Strich?
Rhythmus und rechtes Maß
Äußere und innere Spuren
Jakobus der Ältere – biblische Spurensuche
Segnen und gesegnet sein
Auf inneren Pilgerwegen – unterwegs mit Jakobus
Aufbrechen heißt neu leben
Neu sehen lernen
Unter euch aber soll es anders sein
Loslassen, suchen, verwandeln
Spirituelle Energie –
gehen, schweigen, beten
Tolerieren und versöhnen – es öffnen sich neue Wege
Gipfelerfahrungen
im Alltag leben
Aus zerstörter Hoffnung wächst neues Leben
Erfahrungen erzählen, Hoffnung leben, Zeugnis geben
Pilgern daheim – immer ist Anfang
Vom Apostel zum Patron der Pilger
Ein Kranz von Legenden
Legenden – Glaubenszeugnisse in sprachlichen Bildern?
Jakobus in der Kunst – religiös-kulturelle Darstellungen
Quellenverzeichnis
Textnachweis
Weiterführende Literatur
Peter Müller
Komm, wir pilgern, Dein Jakobus
Das Pilgerbuch für zu Hause und unterwegs
Patmos Verlag
Komm, wir gehen
einen neuen Weg,
um unsere Sehnsucht zu stillen.
Komm, wir suchen
die Quelle der Freude,
um daraus neue Energie zu schöpfen.
Komm, wir steigen
in die Tiefe des Schweigens,
um Wesentliches zu spüren.
Komm, wir tanken
heilende Kräfte der Begegnung,
um sie mit anderen zu teilen.
Komm, wir entdecken,
was uns Halt gibt,
um unsere Zukunft darauf zu bauen.
Komm mit zum Pilgern:
Wir leben unsere Sehnsucht,
wir schöpfen neue Energie,
wir ergründen die Tiefe des Schweigens,
wir tanken aus den Kräften der Begegnung,
wir wissen, was uns trägt und wer uns begleitet.
Peter Müller
Einladung
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich erlaube mir, dich gleich auf der ersten Seite dieses Pilgerbegleiters mit »du« anzusprechen. Bei Pilgerinnen und Pilgern ist das so üblich. Denn auf Pilgerwegen spielen Beruf, Titel, Alter, Leistung, Auszeichnungen und Erfolge keine Rolle. Alle sind Pilgerinnen und Pilger, die aus unterschiedlichen Motiven auf einem der zahlreichen Jakobuswege und gleichzeitig auf einem inneren Pilgerweg zu sich selbst unterwegs sind.
Zur Einstimmung in dieses Pilgerbuch lade ich dich zu einer kurzen Gedankenreise ein:
Stell dir vor, du bist als Pilger unterwegs auf dem Jakobusweg. Es ist früh am Morgen. Du bist gut gelaunt und freust dich auf den Tag. Die Sonne sucht sich noch ihren Weg durch den Morgennebel. Nach wenigen Kilometern begegnet dir, von einem Seitenweg kommend, ein Pilger. Lächelnd grüßt er dich und fragt: »Darf ich dich ein Stück begleiten?« Grüßend stimmst du zu. Einige Zeit geht ihr schweigend, doch bald beginnt ein Gespräch über die drei klassischen Fragen, die sich Pilger gerne stellen, wenn sie sich unterwegs erstmals begegnen.
»Wie heißt du?«
Dein Mitpilger stellt sich dir vor: »Ich heiße Jakobus, manche nennen mich auch Jakob. Auf hebräisch ruft man mich Ya´aqov´el, das bedeutet: Gott möge beschützen. Ja, du hast richtig gehört, der Jakobusweg trägt meinen Namen, obwohl ich diesen Weg nie gegangen bin.«
»Woher kommst du?«
»Deine zweite Frage ist leicht zu beantworten: Ich komme aus Palästina, genauer aus Galiläa. Schon sehr jung war ich als Fischer am See Genezareth im Familienbetrieb meines Vaters tätig. Dort begegnete ich zum ersten Mal Jesus von Nazareth. Mit ihm und anderen Frauen und Männern zog ich drei Jahre als Pilger durch das Land. In dieser Zeit veränderte sich mein Leben radikal. Heute werde ich als Patron der Pilger auf Jakobuswegen in ganz Europa und vor allem in Santiago de Compostela verehrt. Dort, so wird berichtet, sei ich begraben.«
»Wozu pilgerst du?«
»Diese Frage ist viel schwieriger zu beantworten. Dazu brauchen wir mehr Zeit. Gern erzähle ich dir später mehr davon. Ich würde dich gern begleiten und von dir erfahren, was dich auf den Pilgerweg führt und welche Fragen, Zweifel, Sorgen und Hoffnungen dich bewegen. Gern würde ich dir zuhören. Ich möchte dir auch aus meinem Leben erzählen, von meinem Pilgern mit Jesus von Nazareth durch Galiläa, Samaria und Judäa bis nach Jerusalem. Erzählen vor allem aber von meinem inneren Pilgerweg, meiner inneren Zerrissenheit, meinem Suchen und der Sehnsucht, zufrieden und glücklich zu leben, von überraschenden und manchmal provozierenden Erlebnissen mit Jesus, von meiner Begeisterung und meinen enttäuschten Hoffnungen, von schmerzhaften Veränderungen und ermutigenden Erfahrungen. Ja, dieses Unterwegssein mit dem Menschen Jesus und meinen Freunden hat mein Leben total verändert. Auch wenn diese Erfahrungen fast 2000 Jahre zurückliegen, ich erzähle sie dir, weil sie – so denke ich – auch heute noch aktuell sind. Ich bin sicher, du wirst in meinen Erzählungen und in unseren Gesprächen Anregungen für dein Leben entdecken. Darf ich dich begleiten?«
Mit dieser Gedankenreise möchte ich dich einstimmen und einladen, dich mit Jakobus dem Älteren pilgernd auf einen inneren Weg zu begeben. Doch was bewegt mich dazu, einen spirituellen Pilgerbegleiter zu schreiben, in dessen Zentrum der biblische Jakobus und sein innerer Pilgerweg stehen?
Während eines Erfahrungsaustausches für deutschsprachige Pilger in Santiago de Compostela fragte mich ein Pilger, der vier Wochen auf dem Pilgerweg unterwegs war: »Um welchen Jakobus handelt es sich eigentlich?« Das ist kein Einzelfall. Weitere Beobachtungen bestätigen, dass der Namensgeber der Wege immer weniger bekannt ist. Viele kennen Jakobus nur von unterschiedlichen Darstellungen an Kirchenportalen, in Kirchen, auf Bildern und aus Legenden oder Wundererzählungen. Doch wo bleibt der Jakobus, der uns im Neuen Testament zunächst als Fischer und dann als Jünger des Jesus von Nazareth begegnet? Welche Begegnungen, Erlebnisse und Erfahrungen haben sein Leben geprägt und verändert, während er mit Jesus und seinen Anhängern unterwegs war? Wodurch wurde aus dem Fischer ein Zeuge für die Botschaft Jesu?
Das Buch in deinen Händen geht diesen Fragen nach. Fast alle Pilgerwege in Richtung Santiago de Compostela heißen Jakobus- oder Jakobswege. Sie tragen den Namen von Jakobus dem Älteren, des Apostels und Pilgerpatrons. Doch sein Lebensweg, soweit wir ihn aus den Evangelien nachvollziehen können, spielt heute auf den Jakobuswegen in Wegführern, Kalendern und Büchern kaum eine Rolle. Eingängige Legenden und fromme Wundererzählungen sind bildhafter und verdrängen die biblische Person. Deshalb stehen bei diesem Pilgerbegleiter die Erlebnisse und Erfahrungen, die Gedanken und Gefühle, die Sorgen, Fragen und Zweifel des biblischen Jakobus im Fokus und damit seine Herausforderungen und inneren Veränderungen während er mit Jesus durch Galiläa, Palästina und nach Jerusalem unterwegs war. Dieses Buch ist daher kein Wanderführer mit organisatorischen Tipps für das Pilgern, sondern ein spiritueller Begleiter auf Jakobuswegen. Dabei steht folgende Frage im Vordergrund: Welche Anregungen und Antworten entdecken wir in den Erlebnissen und Erfahrungen des Jakobus für unser Leben?
Im Kapitel »Vom Wanderer zum Pilger« regen meditative Texte sowie Geschichten und Aussagen von Pilgern dazu an, sich selbst zu fragen: Wozu pilgere ich? Wozu tue ich mir das alles an? Die Gedanken, Erfahrungen und Tipps wollen dich dazu ermutigen, deinen Weg zu gehen. Wenn du ihn aus gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht gehen kannst, dann gehe ihn als geistig-spirituellen Pilgerweg zu Hause. Außerdem begeben wir uns auf biblische Spurensuche, in deren Verlauf wir das Wenige, das wir im Neuen Testament über Jakobus den Älteren finden, zusammenfassen und uns auf den Weg einstimmen.
Das Herzstück dieses Pilgerbegleiters ist das Kapitel »Auf inneren Pilgerwegen – unterwegs mit Jakobus«. Alle zehn Themenbereiche beginnen mit einem meditativen Text, an den sich ein Brief von Jakobus an die Pilger anschließt. Das sind von mir erfundene Briefe des Jakobus aus der Zeit seines Pilgerns mit Jesus von Nazareth. Ich wage es, biblische Geschichten, die Jakobus erlebt hat, aus seiner Perspektive zu erzählen. In diese Briefe fließen seine möglichen und meine deutenden Gedanken ein, Erkenntnisse der modernen Bibelforschung und auch meine Gefühle, Fragen und mein begrenztes Wissen. Ich wünsche dir, dass du in diesen Briefen den inneren Pilgerweg des Jakobus nachvollziehen kannst. Lass dich durch sie und die Fragen, Geschichten und Impulse anregen, deinen persönlichen inneren Pilgerweg zu gehen. Gedanken zum Tagesende runden ein Thema ab.
Von Hermann Hesse stammt folgender Satz: »Wir verlangen, das Leben müsse einen Sinn haben, aber es hat nur ganz genau so viel Sinn, wie wir ihm selbst zu geben imstande sind.« Lass dich herausfordern und begleiten. Komm mit zum Pilgern.
Am Festtag von Jakobus dem Älteren, dem 25. Juli 2013
Peter Müller
Den Weg wagen
wegen des Ziels
das Wagnis eingehen
wegen des Weges
Wege wagen
und zu gehen beginnen
Mit dem Wagnis des Weges
dem Ziel näher kommen
es im Wagnis ergehen
ertasten, erleben
erahnen, erfahren
mich einlassen
auf den Weg
das Wagnis
das Ziel
meinen Weg
mein Wagnis
mein Ziel
und den Weg des Werdens
weitergehen
Almut Haneberg