Der Dank

Alles, was da ist, ist zum Nutzen des Menschen erschaffen. Das Singen der Vögel, das Springen der Hirsche, das Blöcken der Schaafe, das Brüllen der Ochsen, die Hitze des Feuers, das Rieseln des Wassers, der Seegen der Felder, der Regen der Wolken, das Licht der Sonne, der Glanz der Sterne, der Schatten der Wälder, das Gras der Wiesen, kurz, alles ist zum Dienst und Nutzen des Menschen bestimmt. Der Mensch ists der Herr der Schöpfung, und alle übrigen Geschöpfe sind ihm unterthan. Verdient diese Gnade keinen Dank gegen den Schöpfer?

Selbst die Thiere sind dankbar für erhaltene Wohlthaten.

Wie erkenntlich, wie anhänglich sind das Pferd, der Hund, und andere Hausthiere, für die Wohlthaten, welche der Mensch ihnen erweißt? Der Mensch allein, dieses mit Vernunft begabte Wesen, sollte undankbar seyn? Der Undank schmerzt sehr.

Hat dir Einer Dienste geleistet, so lohne es ihm mit Dank, und wirf ihn nicht weg, wenn er dir nicht mehr nützen kann, wie eine ausgepreßte Zitrone.

Nichts schmerzt so sehr, als der Undank derer, denen wir wohl gethan haben.

Die Narrenkappe

Ein geschickter Mahler erhielt einst den Auftrag, das Porträt eines reichen Kaufmanns zu mahlen, welcher seines Geldes wegen sehr stolz und aufgeblasen, und doch geitzig war. Man kam überein über den Preis, und der Künstler lieferte ein Meisterstück Das Gemählde war so ähnlich, daß jeder es mit dem ersten Blick erkannte, und ihm nur die Sprache zu fehlen schien, um zu leben. Der Kaufmann hatte eine große Freude, als er aber zahlen sollte, suchte er dem Künstler eine große Summe abzuziehen. Dieser wollte sich den Abzug nicht gefallen lassen, und da sie nicht einig werden konnten, behielt er das Bild, versah es mit einer Narrenkappe, und hängte es in seiner Wohnung zur Schau aus. Das Zuströmen der Neugierigen war groß, und da jeder sogleich das Bild erkannte, so war des Witzelns und Spottens kein Ende. Der Kaufmann erfuhr es, und bezahlte nun gern alles, was der Mahler forderte, allein mit allem Gelde konnte er die Schande ncht wieder abwaschen.

Holla Welt - Der alte Hafen scheppert

Wer die Welt nennt ein Meer / der nennt sie recht; das Meer hat allerley gefährliche Klippen / Würbl und Sand-Bänck / also auch die Welt / darinnen stosset mancher an eine harte Felsen / sage / an einen harten Kopf an / also / daß sein Glück völlig zu Scheittern geht: In dem Meer fressen die grosse Fisch die kleine / so fressen dann auch in der Welt die Menschen untereinander / einer ist dem andern nachstellig und aufsätzig.

Wer die Welt nennet einen Glücks-Hafen der nennt sie recht / dann aus dem Glücks-Hafen hebt mancher eine goldene Schalen / der andere eine schlechte Pfeifen / auf gleichen Form ist die Welt eingericht / dieser hebt ein wohltreffendes glückseeliges Zetl / die meisten aber lauter Falso, Nulla, Nulla, Nulla.

Wer die Welt nennet ein Comödi oder Schauplatz / der nennt sie recht / dann auf diesem Schauplatz agiret bald einer einen König / bald einen Bauren / in der Welt wird einer bald erhebt bald unterdruckt / henut ist er ein Herr / Morgen wieder leer / bald ein Edler / bald wieder ein Bettler.

Wer die Welt nennet einen Garten / der nennt sie recht / dann wie in einen Garten Blumen und Unkraut untereinander / so seynd in der Welt Gute und Böse vermischt.

Wer die Welt nennet ein Narrn-Häusl / der nennt sie recht / dann nach Aussag des weisen Manns kap.l.16.Stultorum infinitus est numerus, der Narrn ist eine unendliche Zahl.

Wie aber soll ich die Welt nennen? Holla Welt! Ich frag dich? Was vor einen Titl soll ich dir zueignen? Wer bist du? Sags her / hast du es verstanden? Holla! Die Welt antwortet mir durch den Echo in dem Wörtlein Holla! Olla, das heisst auf Lateinisch ein Hafen oder ein Topff / so ist dann die Welt ein irdischer Topff? Ja / ja / in diesem Topff ist ein wunderliche Allapatrida (Mischmasch) / wann dann also so kann ich nicht anderst als denen Weibern nachfolgen.

Wann die Weiber auf Marck gehen / Kuchl-Geschirr und andere Sachen einzukauffen / so brauchen sie allzeit einen sonderbahren Witz und Verstand / wann sie da und dort ein schönes Geschirr sehen / schön grün glassirt / gläntzend / so seynd sie nicht gleich da / nehmen und kauffen solches / tragen es nacher Haus / sondern klopffen vorhero daran / wann es einen Runtz oder abbrechischen Klang hat / da sagen sie: ihr Narrn / der Hafen scheppert ja / hat aber der Topff einen langen klangsamen Klang / so heissts alsobald: der ist gut; Indeme dann Gott gleich anfangs einen Haffner abgegeben / und ein solches irdisches Geschirr / nemblich den Erdboden verfertiget / so glaube ich gewiß / daß von denen Händen des Göttlichen Haffners dieses Geschirr in aller Vollkommenhneit seye ausgemacht worden / weilen aber der Adam einen harten Apfel hat lassen durchfallen / so zweifle ich / ob es noch in voriger Gestalt seye: Welt! Was bist du? Sag an / Holla! Olla, bey meiner Treu der Hafen scheppert.

Ich klopffe auf ein andere Seiten / da scheppert der Hafen wieder / wie da? Die Freundschaft hat einen Bruch.