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Patric Heizmann, Jahrgang 1974, weiß aus jahrelanger Erfahrung als Ernährungs- und Fitnessexperte, was Menschen brauchen, die ihr Gewicht im Griff behalten möchten. Mit seiner Bestellerserie Ich bin dann mal schlank hat er sich als Deutschlands »Kalorienflüsterer und Diät-Rebell« einen Namen gemacht: Über 2 Millionen Leser und Zuschauer begeisterten sich bereits für seine Bücher und die gleichnamige Bühnenshow. Patric Heizmann lebt in Kirchzarten bei Freiburg.

www.patric-heizmann.de

Patric Heizmann

Essen erlaubt!

WILHELM HEYNE VERLAG
MÜNCHEN

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Originalausgabe 11/2015

Copyright © 2015 by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Redaktion: Mathias Taddigs

Lektorat: Birgit Bramlage

Umschlaggestaltung: Designfaktur, Bremen, unter Verwendung eines Fotos von © Det Kempke

Management Patric Heizmann: Health Media 21 GmbH

Satz: Vornehm Mediengestaltung GmbH, München

ISBN 978-3-641-17674-7
V002

www.heyne.de

Inhalt

Einleitung

Meine Jugend zwischen Himmel und Hölle

Figurprobleme? Nix für Männer!

Ab wann ist man eigentlich »zu dick«?

Aussehen wie die Topmodels – per Klick

Männer sind anders, Frauen aber auch!

Germany’s next Hungerhaken

Dicke Kinder – da rollt was auf uns zu!

Diäten – der Zug ins Kaloriennirvana

Immer das Gleiche im Schlaraffenland

Der Darm macht mal dick, mal schick

Die Masse entscheidet über die Massen!

Was essen wir eigentlich?

Superfood? Na Super!

Süßstoffe – Gut gegen Böse?

Das Salz in der Suppe

Hilfe, mein Essen will mir was tun!

Wie oft essen wir eigentlich?

Wie geht denn nun »Gesunde Ernährung«?

Essen muss schmecken!

Essen muss satt machen – und zwar lange!

Iss Eiweiß!

Ist der Mensch ein Allesfresser? Aufs Gebiss geschaut

Wann ist man fit?

Schwitzen – eine unglaubliche Erfolgsstory

Wer viel glitzert, muss viel trinken!

Funktioniert »Schlank im Schlaf« wirklich?

Und jetzt? Einfach essen!

Einleitung

Bevor du anfängst zu lesen, geh dir doch noch schnell ein Bier und eine Tüte Chips holen. Ein Tipp vom Fitnesscoach und Ernährungsexperten deines Vertrauens. Wirklich! Geh zum Kühlschrank, renne zur Vorratskammer, hol dir, was du magst.

Wieder zurück? Dann setz dich hin und … lass die Sachen liegen. Von Aufmachen habe ich ja nichts gesagt! Aber du hast dich bewegt, und damit hat sich die Sache schon gelohnt. Solltest du die Flasche und die Tüte schon unterwegs geöffnet haben, auch nicht schlimm, du bist damit voll im Trend. Denn du ernährst dich damit gerade vegan, das ist momentan wahnsinnig angesagt! Wenn man es genau nimmt, wird Deutschland jeden Samstag um 18:30 zur Heimat der Veganer, wenn nämlich die halbe Nation mit Bier und Chips vor der Sportschau sitzt und sich damit ganz ohne tierische Produkte ernährt. Aber an diesem Beispiel sieht man auch schon, dass man sich jede Form der Ernährung schönreden oder auch schlechtmachen kann.

Grundsätzlich gilt: Keine Panik! Essen ist erlaubt, es ist sogar ganz einfach, wenn man nicht auf die ganzen Diäten, Ernährungsweisheiten und angeblichen Erfolgsgeschichten anderer hört, sondern einfach ein bisschen auf seinen eigenen Körper. Der weiß nämlich am besten, was er braucht und wie gesunde Ernährung geht. Um ihn zu verstehen, muss man ihn allerdings gut kennen und auch wissen, womit man ihn füttert. Bei beidem soll dieses Buch helfen und gleichzeitig zeigen, dass Essen immer noch Spaß machen darf.

Das hier ist kein Ratgeber! Davon habe ich schon eine Menge geschrieben. Dieses Buch will dich unterhalten. So, wie du mich eventuell schon in meiner Live-Show auf irgendeiner Bühne gesehen hast. Keine trockene Ernährungsberatung, dennoch soll das Buch auch informieren. Ich habe meine persönliche Sicht auf die Dinge aufgeschrieben, eine Zusammenfassung aus 25 Jahren leidenschaftlicher Hingabe für dieses Thema. Du bekommst hier eine Menge Tipps, aber keine bestimmte Strategie. Und schon gar keine Diätempfehlung. Eher Anregungen zum Draufrumkauen. Du musst das aber nicht wörtlich nehmen – klar kannst du dieses Buch wirklich essen, das ist immer noch gesünder als einiges, was es derzeit im Kühlregal zu kaufen gibt. Aber ich verspreche dir, es ist besser, es einfach zu lesen, dann kommst du ganz von selbst darauf, was gut für dich ist.

Der menschliche Körper ist die genialste Konstruktion der Welt. Und das Beeindruckende daran: Er hat sich selbst erschaffen! Unser Körper hat sich selbst aufgebaut aus einer winzigen Zelle. Unvergleichlich! Das ist in etwa so, als würde aus einer kleinen SMS das komplette neueste iPhone entstehen. Und selbst wenn das klappen würde – sobald man das Smartphone fallen lässt, sieht man den nächsten Unterschied, nämlich dass es sich nicht selbst repariert. Ganz anders als der menschliche Körper, der kriegt das hin. Schürfwunden gehen wieder zu, Knochenbrüche wachsen zusammen und Viren werden automatisch bekämpft. Das Antivirenprogramm unseres Körpers ist das Immunsystem, und das braucht Energie. Auch unsere Akkus müssen aufgeladen werden, damit wir fit sind für den Alltag und für den Kampf gegen Krankheiten. Leider verraten uns die Handys nicht, ob es Spaß macht, am Strom zu hängen. Aber beim Menschen ist das Aufladen der Akkus durchaus etwas Angenehmes, das passiert nämlich ganz von selbst, wenn wir essen. Da kommt der Genuss ins Spiel – wenn man ihn lässt. Die wichtigste App des Menschen heißt Appetit.

Eigentlich ist Essen eine ganz einfache Sache: Mund auf, Essen rein, kauen, schlucken, den Rest erledigt die Verdauung vollautomatisch. Das können alle Lebewesen schon seit Ewigkeiten ohne darüber nachzudenken – und genau da kommt eine Besonderheit des Menschen ins Spiel: Mit dem Luxus, sich aus allen möglichen Nahrungsmitteln etwas aussuchen zu können, ist das Problem entstanden, dass man darüber nachdenken muss, was man denn nimmt. Ob es einem schmeckt, ist da noch die geringste aller Abwägungen. Viel wichtiger scheint es inzwischen, ob das, was man da essen möchte, denn gesellschaftlich korrekt ist.

Ich bin Sportler mit Leib und Seele. Das ist mein Tick, meine Leidenschaft. Und damit sage ich auch ganz klar: Du musst das nicht! Um gesund zu sein und zu bleiben, muss man das nicht so intensiv machen wie ich. Ich fahre im übertragenen Sinne sportlich »Formel 1«. Für die meisten reicht Stadtverkehr völlig aus. Aber meine wichtigsten Erkenntnisse aus meinen 25 Jahren Erfahrung mit Sport und Ernährung gebe ich weiter in die »Serienproduktion« und damit zu dir. Ich spreche aus der Praxis, nicht als Theoretiker.

Mein Antrieb, zum Sportler zu werden, liegt weit in der Vergangenheit. Um genauer zu sein: In der kritischsten Phase vieler Menschen … in der Pubertät.

Meine Jugend zwischen Himmel und Hölle

Eigentlich müsste mein Heimatort aus lauter Predigern bestehen. Denn wir wissen, dass es Himmel und Hölle gibt. Wir glauben nicht nur daran, wir wissen es. Schon der Name des Ortes verspricht da Erleuchtung: Kirchzarten! Das liegt im Hochschwarzwald, und zwar genau da, wo das Himmelreich ins Höllental übergeht. Im Ernst, das heißt wirklich so. Das kann man nicht erfinden. Und das Beste ist: Das Ganze liegt am Titisee, dem zweitlustigsten See der Welt, direkt nach dem Titicacasee, der bleibt unschlagbar.

Nicht weit weg ist auch das Glottertal, das kennen einige vielleicht noch von der Schwarzwaldklinik. Und genau die beweist übrigens, dass man dem Fernsehen nicht alles glauben darf. Im Schwarzwald wird man nicht krank! Die Klinik, in der die Serie gedreht wurde, ist inzwischen eine Reha-Klinik, sonst wäre die längst pleite. Das heißt, es müssen extra kranke Leute in den Schwarzwald gebracht werden, um sich da zu erholen, weil die Einheimischen zu fit sind! Na ja, sagen wir mal die meisten. Ich war es erst mal nicht. Mein Sportsgeist wurde erst in meiner Jugend geweckt. So langsam kam das Alter, in dem Mädchen nicht nur zum Ärgern da waren.

Ich verliebte mich in Ulrike. Die war in der Schule eine Klasse unter mir. Gott, war ich hormongeflutet. Und sie? Sie stand eher auf sportliche Typen. Und genau die schoben mich als damaligen Sportverweigerer problemlos mit einem kleinen Finger aus dem Weg zum pubertären Glück. Ich ernährte mich ungesund und war optisch nicht unbedingt athletisch … eher kuschelig – mit dem Nachteil, dass weder Ulrike noch andere Mädchen wirklich mit mir kuscheln wollten. Denn die wollten lieber Typen, die so aussahen wie die Helden aus dem Kino. Und das waren früher keine blassen Vampire, die aussehen wie tapezierte Knochen. Oder gelackte Milliardäre, die Studentinnen im Schlafzimmer auspeitschen.

Damals waren das durchtrainierte Typen: Arnold Schwarzenegger, Jean-Claude van Damme, Sylvester Stallone. Davon war ich meilenweit entfernt. Das bekam ich bei jeder Sportstunde zu spüren. Wenn es nämlich darum ging, Mannschaften zu wählen, war ich grundsätzlich der, der bis zuletzt übrig blieb, weil mich Sportlegastheniker keiner haben wollte. Irgendwann habe ich kapiert: Ich musste fitter werden. Und mir irgendwie eine bessere Figur schnitzen. Also habe ich alles probiert: Handball, Karate, Volleyball, Turnen, Basketball, Judo, Tischtennis, Leichtathletik, Geräteturnen, ich hab sogar mal Ballett mitgemacht. Aber nur, weil die Ulrike da war. Überall war ich nur kurz dabei. Wo bin ich am Ende gelandet? In einem Keller. Denn da versteckte sich bei uns in Kirchzarten das einzige Fitnessstudio. Und ich weiß noch, wie der erste Besuch war, als ich die Treppe runtergegangen bin: Da hat es so nach Schweiß gestunken, dass mir meine Augen brannten und es auf der Haut juckte. Aber ich bin eingetaucht in diese Welt des Muskelsports.

Nach ersten verlorenen Duellen mit Hantelstangen und Gewichten wurde mir auch recht schnell klar, dass ich mit meiner bisherigen Ernährungsweise nicht sehr weit kommen würde. Also fing ich an, mich intensiv mit dem zu beschäftigen, was wir da eigentlich jeden Tag in uns reinschaufeln. Meine bisherige Nahrung war leider nicht wirklich förderlich für meine Fitness.

Da hätte man auch vorher drauf kommen können – Cola und Fastfood stehen nicht gerade auf der Dopingliste. Und ich war Cola-Junkie! Auch im Schwarzwald gibt es zwischen meterhohen Tannen und majestätischen Bergen hier und da eine McDonald’s-Filiale. Das ist ja auch nicht schlimm, man sollte halt nur nicht so oft hingehen, wie ich damals. Na gut, zu Hause habe ich es auch nicht viel besser gemacht, die Cola gab es literweise und da landete zwischen den Brötchenhälften kein Fleisch, sondern ein Snickers. Vielleicht hätte ich mit meiner Erfindung des Snickers-Brötchens eine weltweite Restaurantkette aufmachen können, dann wäre ich jetzt sehr reich. Und wahrscheinlich auch sehr dick!

Im Zuge meines Fitnessprogramms habe ich die Cola-, Burger- und Snickers-Dosis drastisch reduziert, dafür gesundes Essen hochgeschraubt. Nicht auf einmal, das klappt eigentlich nie, sondern ganz langsam, nach und nach. Schnell habe ich gemerkt, wie gut mir das getan hat und wie viel leichter mir das Training fiel. Und innerhalb kurzer Zeit änderte sich mein Leben: Ich wurde in Mannschaften nicht mehr als letzter gewählt, sondern als erster.

Ich bin drangeblieben am Kraftsport. Weil er mir geholfen hat, mich zu finden. Ulrike fand mich dann auch gut. Wir heirateten, haben sieben Kinder und bauten die erfolgreichste Fitness-Studiokette in Europa auf. Totaler Quatsch. Das ist ja hier kein Hollywoodfilm. Aber ich war fast 4 Jahre mit ihr zusammen. Und ich bin ihr dankbar, dass sie mich, ohne es zu wissen, motiviert hat, mein Leben umzukrempeln. Mal schauen, ob ich auch für dich die Ulrike sein kann?

»Ich habe mich gewogen.«

»Und?«

»Ich bin zu klein.«

Figurprobleme? Nix für Männer!

Wir Jungs gehen mit dem Thema »Figur« irgendwie anders um. Ich habe noch nie einen Mann zum anderen sagen gehört: »Du hast aber einen tollen, flachen Bauch. Und dieser knackige Hintern …«. Das geschieht eventuell noch in Köln, der Stadt, in der sich auch Männer schminken. Aber im Main-Taunus-Kreis, im tiefen Hunsrück oder im Fichtelgebirge? Wohl eher nicht.

Männer messen ihren Status nicht an der zierlichsten Figur, sondern doch eher am dicksten Auto, dem größten Haus, der teuersten Uhr. Ganz harte Fälle sind ja überzeugt: »Drei Bypässe sind keine Krankheit, sondern ein Leistungsnachweis!« Und Männer haben auch keine Belastungs-Depression, sondern ein Burnout.

Das klingt nach vorausgegangener, harter, aufopferungsvoller Arbeit. Denn um ausgebrannt zu sein, musst du vorher schon mal richtig gebrannt haben.

Figurtechnisch sind Männer doch eher Realisten: Wenn ein Mann sich zu dick fühlt, geht er in die Sauna, setzt sich dort neben einen dickeren und denkt »Passt bei mir doch noch!«. Seine Welt ist wieder in Ordnung, und das wird danach mit einem Weizenbier gefeiert.

Gegenseitig was abgucken

Wenn beide Geschlechter nur ein wenig voneinander lernen könnten, würde das sicherlich spürbar entspannen. Mein Vorschlag: Männer, schaut den nackten Tatsachen mal ins Auge. Also splitterfasernackt vor den Ganzkörperspiegel stellen, alles anspannen, hochspringen und beim Aufkommen genau hinsehen. Wackelt da was? Primäre Geschlechtsmerkmale mal außen vor gelassen. Bleiben Fettpolster unkontrolliert in Bewegung? Auch dann noch, nachdem ihr die Klamotten wieder angezogen habt? Dann lautet mein Vorschlag: alles, was von alleine tanzt, muss weg! Denn ansonsten besteht die Gefahr, dass ihr irgendwann unter dem »Schneewittchenkomplex« leidet. Damit meine ich den Blick nach unten mit der Erkenntnis »Dort hinterm Berg, da wohnt ein Zwerg«.

Und die Frauen? Schaut euch mal in der Nachbarschaft um. Keine Models mit Topfiguren? Mit künstlich vergrößerten Augen, geglättetem Hautbild, stundenlang aufgepimpter Haarpracht? Entspannt euch und konzentriert euch auf die Stärken, auf die es wirklich ankommt und euren Liebsten wichtig sind: Nächstenliebe, Familiensinn, Ehrlichkeit, Treue, Geradlinigkeit, Humor, um nur ein paar zu nennen. Wer sich ganz bewusst von diesem mediengemachten Idealbild distanziert, sorgt für ein wachsendes, entspanntes Verhältnis zur eigenen Figur. Und genau das könnte plötzlich Kilos purzeln lassen, ganz nebenbei. Weil wir ruhiger an die Sache rangehen, nicht mehr unsäglichen Diäten hinterher jagen. Letztendlich geht es um die inneren Werte: Leberwerte, Blutwerte … und einen guten Charakter. Und der passt schließlich in jede Kleidergröße.

Natürlich kann es einigen helfen, sich nicht nur an Nachbarn zu orientieren, sondern auch an gewissen Zahlen, Daten, Fakten. Dringend unterlassen sollte man(n) und frau aber den täglichen Gang zum modernen Beichtstuhl – der Waage, der sich sicherlich einige vorher mit einem Stoßgebet Richtung Himmel nähern: »Lieber Gott. Mach bitte, dass sich gestern Abend die heiße Pizza und das kalte Eis gegenseitig neutralisiert haben.« Doch meistens gibt es keine Hilfe aus dem Himmel, sondern die Erkenntnis auf dem nackten Boden der Tatsachen: ein paar Gramm mehr als gestern auf dem Display des Grauens und die Laune geht flöten.

Die Waage macht erheblich mehr schlechte als gute Laune – und genau das nagt am Selbstwertgefühl! Meistens steht die Waage im Bad. Wo auch der Badezimmerspiegel hängt und für den Figurcheck herhalten muss.

Auch hier sind Männer anders drauf: Selbst wenn sich Männer nackt vor den Spiegel stellen und der sich schon angewidert wegdreht, schieben sie trotzdem die Schuld auf das ungünstige Licht.

Oder sie lösen das Problem handwerklich – sie hängen den Spiegel dann einfach quer ins Badezimmer.

Frauen haben ein besonders Verhältnis zu ihrem Spiegel, eine wahre Hassliebe. Auch wenn es dem Spiegel manchmal auf den Lippen brennt, würde er auf die Frage »Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land« niemals sagen »Geh mal beiseite, ich kann nichts sehen!«. Frauen können nicht mit ihm, ohne ihn aber erst recht nicht. Denn irgendeinen Makel finden sie an sich immer und suchen die Schuld erst mal bei sich selbst. Eine Frau kann noch so schlank sein, irgendeine Körperstelle findet sie immer, die sie zu dick findet, und seien es die Ohrläppchen (die ja gar nicht abnehmen können, selbst wenn alles um sie herum zerfällt).

Waage und Spiegel im Bad … bei manchen gewinnt da der Satz »Ich gehe ins Bad und mach mich fertig« eine ganz neue Bedeutung.

Immer wenn ich sage »Ich bin auch nur
ein Mensch«, dann ruft meine Waage aus
dem Hintergrund: »Anderthalb!«

Ab wann ist man eigentlich »zu dick«?

Für mich gibt es keine dicken Menschen. Es gibt gemütliche oder flauschige Menschen. Die Wissenschaft sieht das leider anders. Sie möchte genau analysieren und vergleichen. Und das mit unterschiedlich erfolgreichen Konzepten.

Eine gewöhnliche Waage ist dumm. Sie zeigt nur das Gewicht an. Muskeln? Fett? Gleichgültig. Sie ist sozusagen die »kleine Schwester« des Body-Mass-Index, der ja ebenfalls nur eine sehr grobe Orientierung ist, aber ebenfalls den Fett-Muskel-Quotienten nicht berücksichtigt. Bio-Impedanz-Analyse-Waagen dagegen sind da schon aussagekräftiger: Sie messen den elektrischen Widerstand des Körpers, und hieraus kann der prozentuale Körperfettanteil abgeleitet werden, zumindest grob. Aber hier können sich auch eine Menge Fehler einschleichen: Der aktuelle Flüssigkeitshaushalt kann zu deutlichen Abweichungen führen, genau wie auch das Modell der Waage: Manche messen nur über den Unterkörper oder nur über den Oberkörper, die Streber-Waagen machen beides.

Und wer weiß, welchen Einfluss der Mond beziehungsweise die Gezeiten auf den Wasserhaushalt im Körper haben? Ok, das kann sicher vernachlässig werden. Doch die »Gezeiten« bei Frauen, sprich der Zyklus, hat wiederum sehr wohl einen Einfluss: So sollte immer am gleichen Tag des Zyklus gemessen werden. Der Körperfettanteil sollte sich unterhalb eines Gorgonzolas befinden, aber über dem eines Magerquarks, irgendwo im Bereich eines Hüttenkäses. Konkret heißt das bei zirka 20 Prozent.

Ganz ohne Waage geht es auch. Dafür muss ein Maßband herhalten. Wenn dir die Gesundheit wichtig ist, ist der Bauchumfang aussagekräftiger als das Wiegen. Denn bei Frauen sollte der Umfang auf Bauchnabelhöhe nicht größer sein als 80 cm. Männer sollten unbedingt ein uHu bleiben. Also ein »unter Hundert« Zentimeter. Besser noch: Weniger als 94 cm. Denn: Liegt Mann oder Frau über dem jeweiligen Wert, steigt die Gefahr der typischen Zivilisationskrankheiten. Allerdings wird die Körpergröße dabei nicht berücksichtigt, was das Bild etwas verzerren könnte: Wenn du als Mann nur 160 cm hoch bist, siehst Du wahrscheinlich auch mit 90 cm Bauchumfang aus wie eine Hüpfburg.

Die alte Jeans, in der du dich früher wohlgefühlt hast, kann eine sehr gute Motivation sein. Vielleicht liegt sie noch ganz hinten in deinem Schrank? Nimm dir mal ein paar Minuten und reise zurück in die Zeit, als du diese regelmäßig anhattest: Was hast du da alles Tolles erlebt? Mit wem warst du zusammen? Der Wunsch in diese Jeans wieder reinschlüpfen zu können, kann möglicherweise ein sogenannter »kinästhetischer Anker« dafür sein, diese Zeit wieder herbeizuwünschen, gute Gefühle nochmals zu erleben. Das kann sehr gut funktionieren. Und deinen Schweinehund zähmen – der will nämlich auch nur ein glückliches Frauchen beziehungsweise Herrchen. Natürlich sollte das realistisch bleiben: Die Zeit mit 17 war bestimmt cool und aufregend. Aber in diese Jeans kommen wohl nur wenige wieder rein …

Die Umkleidekabine in den Kaufhäusern ist wohl der gefährlichste Ort, seine Figur mal etwas genauer zu betrachten. Wegen dieser unmöglichen Deckenbeleuchtung, die jede winzige Delle aussehen lässt wie einen Metoriteneinschlag. Ich frage mich: Sind die denn nicht in der Lage, die Kunden gerade an diesem Ort in ein »gutes Licht« zu stellen? Wohl nicht. Ich habe da schon Frauen kreidebleich mit Tränen in den Augen rauslaufen sehen.

Eine gute Möglichkeit festzustellen, ob man zu viel Körpermasse mit sich herumträgt, ist der »Waist/Height-Ratio«. Auf Deutsch: der Taillen-Höhen-Quotient. Du brauchst dazu deinen Bauchumfang auf Nabelhöhe. Und den teilst du durch deine Körpergröße in Zentimeter. Wenn du deine Höhe nicht mehr genau weißt, schau in deinen Personalausweis. Das steht sie drin. Ein Beispiel: 75 cm Bauchumfang bei einer Größe von 167 cm ergibt knapp 0,45 (also 75:167 = 0,45). Wenn du älter als Jopi Heesters werden willst, dann sollte der Wert irgendwo zwischen 0,4 und 0,5 liegen. Je weiter Richtung 0,4, desto konkurrenzfähiger wirst du. Je weiter du in Richtung 0,6 und drüber gehst, tust du zwar nichts für dich, aber für das Allgemeinwohl. Jenseits davon steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen stetig an. Damit entlastest du zwar sozialverträglich und staatsfreundlich die Rentenkasse, allerdings brauchst du dir über Altersvorsorge dann vermutlich keine Sorgen mehr zu machen.

»Ich wollte bis zum Sommer
10 Kilo abnehmen.«

»Wie viel musst du noch?«

»Nur noch 13!«

Aussehen wie die Topmodels – per Klick

Viele Menschen gehen Diäten mit ganz falschen Zielen an. Anstatt sich vorzunehmen, innerhalb von zwei Wochen so auszusehen wie Gisele Bündchen oder Cristiano Ronaldo, sollte man sich realistische Ziele setzen, kleine Schritte auf dem Weg zur eigenen Zufriedenheit. Das Max-Planck-Institut bietet im Internet einen sogenannten »Body Visualiser« an, da kann man im stillen Kämmerlein, ohne dass jemand zuguckt, sich mal anschauen, wie der eigene Körper denn wirklich aussieht und wie er aussehen könnte. Das hat mit den Bildern der Modezeitschriften wenig zu tun – und das ist auch gut so!

Denn ob in einem flachen Bauch ein Magen gerade knurrt oder nicht, das sieht man dem Foto nicht an. Genauso wenig, ob das Model da gerade seit 20 Sekunden die Luft anhält oder nicht. Die mit Abstand erfolgreichste Diät machen Fotomodels übrigens nicht vor einem Fotoshooting, sondern danach: Die Photoshop-Diät. Da wird am Computer in fünf Minuten mehr Fett abgesaugt, als in einer Schönheitsklinik in einer ganzen Woche! Ist das nicht beruhigend, dass nicht mal die Models so aussehen wie sie angeblich aussehen. Warum sollten sich also normale Frauen quälen und einem Idealbild entsprechen wollen, das nur in der menschlichen Phantasie existiert?

So hart das für manchen sein mag – wer ein realistisches Bild von seinen Möglichkeiten haben möchte, sollte sich die nähere Verwandtschaft ansehen. Unser Genpool ist nicht zu verleugnen, und wenn die Eltern klein und dicklich sind, ist es tatsächlich eher unwahrscheinlich, dass die Kinder groß und dünn werden. Und wenn die Eltern mit zunehmendem Alter an bestimmten Stellen zunehmen, ist es wahrscheinlich, dass auch die Nachfahren eine Tendenz dazu haben. Dem kann man mit Sport- und Ernährungsprogrammen entgegenwirken, völlig verhindern kann man diese Entwicklungen trotzdem meistens nicht. Wer das im Hinterkopf hat, kann das Essen viel entspannter angehen. Man muss sich seinem figürlichen Schicksal nicht ergeben, aber man muss auch keine Kämpfe führen, die rein familienhistorisch wenig Aussicht auf Erfolg haben.