Dieses Buch entstand aus der Mitte derer heraus, die für die Internationalen Meisterkurse der „Carl Flesch-Akademie Baden-Baden“ verantwortlich waren und sind.
Die Herstellung und das Erscheinen dieser Arbeit wurde daher vor allem ermöglicht durch den
Förderverein Carl Flesch Akademie Baden-Baden e. V.
Der große Geiger
und Violin-Pädagoge
Carl Flesch
1873 - 1944
Bürger von Baden-Baden
1926 - 1935
und seine Sommerkurse
ihr biografischer Hintergrund,
ihr musikalisches Umfeld,
ihr Weg bis hin zur „Carl Flesch-Akademie“
AQUENSIS
Der Autor hat bewusst die „alte“ Rechtschreibung sowie einige Besonderheiten verwendet.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Copyright by AQUENSIS Verlag Pressebüro Baden-Baden GmbH 2009
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Umschlaggestaltung und Satz: Markus Scheck
ISBN 978-3-954571-35-2
www.aquensis-verlag.de
www.baden-baden-shop.de
Cover
Vorwort
Titel
Impressum
Zu diesem Buch
Fleschs Herkunft und erste Jahrzehnte
Anmerkungen
Carl Flesch und seine Familie
Anmerkungen
Die Zeit in Baden-Baden 1926 - 1935, 1. Teil
Anmerkungen
Die Zeit in Baden-Baden 1926 - 1935, 2. Teil
Anmerkungen
Eine kleine Chronik auch der sonstigen musikalischen Ereignisse in Baden-Baden ab 1926
Anmerkungen
Diese Chronik bis hin zur Vertreibung des jüdischen GMD Ernst Mehlich 1933
Anmerkungen
Wieder Carl Flesch: von der Emigration 1935 bis zu seinem Tod 1944
Anmerkungen
Der Weg bis hin zur „Carl Flesch-Akademie“
Anmerkungen
Anhang erstens:
Anmerkungen zu Carl Flesch als Geiger und Pädagoge
Anhang zweitens:
Anmerkungen zu den wichtigsten „Lehrwerken“ von Carl Flesch
Anhang drittens:
Anmerkungen zu Fleschs wichtigsten Schülern und ihrem Schicksal
Die wichtigsten Quellen
Verzeichnis der Fotos und Repros
Danksagungen und Widmung
Der Autor
Nachdem mein Vater sich nach der
Rückkehr aus Amerika
in Baden-Baden niedergelassen hatte,
versammelte sich um ihn
ein Schülerkreis aus aller Welt.
Er hatte schon immer Zuhörer
zu seinen Stunden zugelassen,
und dieser Brauch dehnte sich zusehends aus,
so daß man schließlich sagen konnte,
daß er „Klassen-Unterricht“ gab.
Für die vorspielenden Schüler selbst
war dies eine gute Vorbereitung
auf das öffentliche Auftreten;
viele fanden die Stunden schwieriger
als ein Konzert, da das Publikum
ja nur aus Sachverständigen bestand.
Die Zuhörer selbst lernten vieles:
nicht nur über die Kunst des Violinspiels,
sondern auch über die Kunst
des Unterrichtens.
Carl F. Flesch, London
über seinen Vater
Erläuterungen zu den wichtigsten Abkürzungen
REB: Kathinka Rebling, Vorwort zur deutschen Ausgabe von Carl
Flesch: „Die hohe Schule des Fingersatzes“
ERI: Carl Flesch: „Erinnerungen eines Geigers“
CFF: Veröffentlichungen und Mitteilungen des Flesch-Sohnes Carl F.
Flesch, London
STA: Unterlagen im Stadtarchiv Baden-Baden
Alle weiteren Angaben: siehe Quellennachweis Seite 108
Immer wieder wird darauf hingewiesen, daß über den großen Geiger und Violin-Pädagogen Carl Flesch nur wenig Literatur existiert. Dies betrifft vor allem seine beiden letzten Lebensjahrzehnte - und damit besonders seine Baden-Badener Zeit von 1926 bis 1935. Der Grund ist ersichtlich: in diese Zeit fällt eben auch das Heraufziehen und dann die Machtergreifung dessen, was wir das 3. Reich und die Judenverfolgung nennen.
Darüber hinaus: es fehlt vor allem eine Darstellung seiner heute so legendären „Sommerkurse“, die er in Baden-Baden abgehalten hat. Mittelpunkt war sein Haus Kaiser Wilhelm Straße 23.
Es zeigt sich aber, daß darüber kaum präzise Unterlagen erhalten sind. Die Sommerkurse galten damals, auch aus Sicht der Öffentlichkeit, als reine Privatangelegenheit von Carl Flesch; er selber und sein Umfeld haben den Begriff „Sommerkurse“ nie verwendet. So ist es jedenfalls nicht möglich, über sie zu berichten, ohne das allgemeine Musikleben in Baden-Baden ab 1926 einzubeziehen: es ist die Zeit des gleichfalls jüdischen GMD Ernst Mehlich, der dann schon 1933, eher als Carl Flesch, Deutschland verlassen hat.
Und es ist auch nicht möglich, ohne auf die näheren Zeitumstände, ja sogar auf die daraus resultierenden privaten Lebensumstände der Familie Flesch einzugehen, sie gehören untrennbar dazu.
Zwar hat man diese Trennung immer wieder versucht und sogar gefordert. Es entstand eine Periode der Aufarbeitung all des Schrecklichen, was geschehen war, in der private Umstände oder das, was man ein „jüdisches Sonderschicksal“ nennen könnte, keinen Platz hatten. Etwas, was man heute sogar in der allgemeinen Fachliteratur „die späteren Lesarten“ nennt.
Und man gelangt damit vor allem zu jenen Sätzen, die noch immer allen Baden-Badener Veröffentlichungen zugrunde liegen: „daß der Jude Flesch nach den Ereignissen von 1933 Deutschland verlassen mußte“ (was heißen soll, daß auch er sofort ging) und daß deshalb seine Sommerkurse „von 1926 bis 1933“ stattgefunden hätten.
Zwar steht längst fest, daß beides so nicht stimmt, und es wird auch heute wieder verlangt, daß man berichtet, „was wirklich geschehen ist“. Aber eine Darstellung der Zeit von Carl Flesch in Baden-Baden ist dennoch eine sehr schwierige Aufgabe geblieben.
Carl Flesch hatte sich zwar in Baden-Baden das Haus Kaiser Wilhelm Straße 23 gekauft und seinen Wohnsitz Ende August 1926 dorthin verlegt. Aber er hat vermutlich mit seinen „Sommerkursen“ erst 1928 begonnen, benötigte auch eine Anlaufzeit, so daß sie einen ersten Höhepunkt erst 1930 erreichten - und einen letzten 1934, angesichts des allgemeinen Abschieds.
Er hat sich zwar mit Datum des 31. 12. 1935 aus Baden-Baden (und damit aus Deutschland) abgemeldet, aber seine damals zurückerlangte ungarische Staatsbürgerschaft machte es möglich, daß er seinen Wohnsitz regulär nach London verlegen und seinen Hausrat noch 1936 nachfolgen lassen konnte. Der Erlös für das Haus in der Kaiser Wilhelm Straße wurde für den Unterhalt eines erkrankten Familienmitgliedes bestimmt, das er aus privaten Gründen zurücklassen mußte.
Aber er „mußte“ 1933 Deutschland keineswegs sofort verlassen, er hat es nur leider nicht getan; er hat das heraufziehende Unheil nicht ganz ernst genommen, sich mitunter sogar provozierend dazu geäußert. Fast möchte man sagen: hätte er doch (wie der Baden-Badener GMD Ernst Mehlich) sofort gehen „müssen“.
Hätte er es getan, wäre auch nicht die Trauer darüber geblieben, daß ihn das Unheil dann einholte, er fast noch als „Frühvollendeter“ starb - und das Bedauern, daß er nicht nach Baden-Baden zurückkehren, hier noch sein Werk vollenden, noch selber für eine wirklich bleibende Erinnerung sorgen konnte.
Zurück zu den späteren Lesarten: noch 1964, als der Flesch-Schüler Henryk Szeryng in Baden-Baden den ersten Kurs in Erinnerung an seinen Lehrer abhielt, waren die Zeitzeugen voller Erinnerung daran, „wie es wirklich gewesen war“.
Erst ab den späten 60er Jahren wurde das anders - und ist dann auch die Sprachregelung entstanden, die zur Rückverlegung seiner Sommerkurse in die Zeit von 1926 - 1933 führte. So wird aber auch aus dieser Sicht verständlich, warum die Baden-Badener Zeit in den Biografien kaum näher erwähnt wird.
Dennoch ist es an der Zeit, die ältere Lesart (nämlich unter anderem darüber zu berichten, daß er tatsächlich bis 1935 geblieben ist) wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Damit aber auch über ein „jüdisches Sonderschicksal“ zu berichten, das der üblichen Norm nicht entspricht.
Zwar entsteht dann neben der ehrwürdigen Gestalt des großen Geigers, Pädagogen und berühmten Baden-Badener Mitbürgers auch die eines fast tragischen Helden.
Mit aller gebotenen Vorsicht angesichts der über die Baden-Badener Zeit nur spärlichen Unterlagen, und mit allem Respekt vor dem, was man in den späteren Lesarten glaubte sagen zu müssen, auch mit mehr noch, als nur Respekt vor allen Opfern und vor all dem Schrecklichen, was insgesamt geschah, soll dies hier trotzdem versucht werden.
Es ist im übrigen nicht möglich, die Baden-Badener Sommerkurse aus dem Zusammenhang seiner gesamten Unterrichtstätigkeit zu lösen: Carl Flesch hat von 1920 (vom ersten damaligen reinen Nachkriegsjahr) an bis zu seinem Todesjahr 1944 immer wieder mit seinem pädagogischen Ideal, nämlich in größeren Gruppen zu unterrichten, zumindest experimentiert. Zwar bildete „Baden-Baden“ den unbestreitbaren Höhepunkt, aber man muß den roten Faden sehen, der sich hindurch zieht: Flesch hat vorher auch in Berlin und Philadelphia, später in London, den Niederlanden, und sogar noch bis zu seinem Tod 1944 in Luzern „Kurse“ abgehalten.
Wolfgang Haupt
Sinzheim-Winden bei Baden-Baden,
abgeschlossen im Herbst 2009
Carl Flesch wurde am 9. Oktober 1873 in Wieselburg (Moson), Ungarn, geboren, als Sohn einer jüdischen Arzt-Familie. (1)
Auf der Landkarte findet man heute die Stadt Mosonmagyaróvár, sie wurde 1939 aus Moson (Fleschs Geburtsort), Magyaróvár und Lucsony gebildet; in Mosonmagyaróvár befindet sich inzwischen in einem größeren Gebäude eine der wichtigsten Erinnerungsstätten an Carl Flesch, genannt „Flesch Károly Cultural Centre“. (2)
Fleschs Heimat war also jene sprachliche Schnittstelle, aus der im übrigen viele große Musiker, von Haydn bis Liszt, hervorgegangen sind, nicht zuletzt seine beiden pädagogischen Vorbilder, die Geiger Joseph Joachim und Leopold Auer: ungefähr in der Mitte zwischen Wien und Budapest gelegen, aber nach Norden liegt das slowakische Preßburg sogar noch näher - und auch nach Süden bis hin in die ersten romanischen Gefilde ist es nicht allzu weit.
Und natürlich hatte er (wie es dort häufig ist) jüdische Vorfahren, die sogar Rabbiner gewesen waren. Aber man hatte sich schon Generationen vor ihm „ev.-luth“ (evangelisch-lutherisch) taufen lassen, weil es einfach so üblich wurde - und die wohltätige Klammer der „Donau-Monarchie“ mit Deutsch als übergeordneter Sprache war auch für ihn prägend. (3)
Daß er Geige lernen mußte, weil das Klavier durch die übenden älteren Geschwister ständig besetzt war, hat er selber erzählt. So bekam er ab 1878 mit fünf Jahren ersten Geigenunterricht - und durfte (weil seine Begabung auffällig war) schon ab 1883 als Zehnjähriger an das Wiener Konservatorium, dort ab Herbst 1886 in die Klasse des legendären Jakob Grün. „Ich ging gleich nach Wien, statt zuerst nach Budapest, weil wir uns stets als Deutsche fühlten, und weil in Wien auch die Geschwister meiner Mutter lebten“ (4)
Ab 1890 schließlich folgte ein Studium am Pariser Conservatoire bei Eugène Sauzay und ab 1892 bei Martin Marsick; er wurde dort Studienkollege so berühmter Geiger wie Thibaud, Kreisler und Enescu; 1894 schloß er mit einem „Grand Prix“ ab. (5)
Anschließend hat er sich zwar um Konzertmeisterstellen unter anderem bei Mahler in Wien und bei Nikisch in Leipzig beworben, aber die Stellen (aus Gründen, die später noch erwähnt werden) nicht bekommen. Einzige Konzertmeisterstelle Fleschs blieb so die beim Lamoureux-Orchester während der letzten Studienzeit. (6)
Immerhin hat er sich irgendwann in der Folgezeit in die Stimme des 5. Pults der 1. Geige vom Stimm-Material des „Maskenball“ der Wiener Staatsoper eingetragen, vermutlich als Aushilfe. (7)
Das folgende kann mehr in Stichworten berichtet werden, weil die Zeit bis zum Beginn in Baden-Baden in allen Lexika und Biografien genügend erwähnt wird:
1895 Konzerttätigkeit (Debüt) in Wien, Berlin und Prag; 1897 „Hofmusiker“ der rumänischen Königin und Professor am Konservatorium Bukarest, später auch „Leiter des Streichquartetts“ der rumänischen Königin. (8)
1903 als Nachfolger von Bram Eldering Professor am Konservatorium in Amsterdam; hier lernt er seine Frau Bertha, geb. Josephus-Jitta kennen, die er 1906 heiratet. (9)
Dazwischen von Oktober bis Dezember 1905 jene fünf Violinabende in Berlin, „die Entwicklung der Geigenliteratur darstellend“, beginnend mit dem Früh-Barock und endend mit der (damals) zeitgenössischen Musik; sie hatten (weil in dieser Art völlig neuartig) einen „aufsehenerregenden Erfolg, Presse und Publikum zollten einstimmig Anerkennung“. (10)
1907 Tod seines Landsmannes, des großen Geigers und Begründers der „deutschen Schule“ Joseph Joachim in Berlin; daß zwischen beiden bis zuletzt ein landsmännisch-freundschaftliches Verhältnis bestanden haben muß, bestätigt kurz vorher ein Brief Joachims an Flesch, in dem sich der „Altmeister“ (in noch immer sehr energischer Schrift) für das Fehlen in einem Konzert des jungen Kollegen entschuldigt. (11)
1908 Übersiedelung Fleschs nach Berlin: in Erwartung der Joachim-Nachfolge, die aber nicht zustande kommt; trotz enger Verbindung zur Hochschule bleibt seine Unterrichtstätigkeit in Berlin bis zum Sommer 1928 rein privat.
Wohl zu recht beschwert sich Flesch (in seinen „Erinnerungen“) über die konservative Haltung der Joachim-Schule, die z. B. den Einsatz von Vibrato als Gestaltungsmittel noch immer ablehnte, oder Dinge wie die (heute so hochgeschätzte) Sonate von César Franck als „Schweinerei“ abtat. Schon hier liegen vermutlich die Wurzeln von Fleschs Veröffentlichung „Das Klangproblem im Geigenspiel“, über die hinten noch zu berichten sein wird.
Weitere Konzerttätigkeit; seit 1908 die legendäre kammermusikalische Zusammenarbeit im Duo mit dem Pianisten Artur Schnabel, dann auch mit dem Cellisten Hugo Becker im Trio. Flesch nennt später die Zeit von 1910 - 1912 „den Höhepunkt meiner solistischen Laufbahn“. (12)
1911 Veröffentlichung der „Urstudien für Violine“; in einem Berliner Studienführer von 1913 (in dem immerhin 13 private Ausbildungs-Institute aufgeführt sind) ist Flesch unter der Rubrik „Musiklehrer“ verzeichnet, mit dem Zusatz „nimmt für 1913/14 keine neuen Schüler mehr an“. (13)
1914 erste Amerika-Tournee, dort auch erste Schallplatten-Aufnahmen. Flesch wird dann wegen starker Kurzsichtigkeit nicht dienstverpflichtet (wie zum Beispiel Kreisler) äußert sich aber angesichts des Krieges sehr „deutsch“ und verweigert seiner Frau die Ausreise nach Holland. (14)
„ … ich konnte mir nicht verhehlen, daß es zwar in meinem privaten Interesse lag, meinen Wohnsitz auf neutrales Gebiet zu verlegen, dieser egoistischen Erwägung gegenüber stand jedoch meine Anhänglichkeit an Deutschland und sein Volk, und die Empfindung, daß es meine Pflicht sei, dessen Geschicke in Freud und Leid zu teilen“. (15)
Nach dem 1. Weltkrieg Ausweitung seiner (weiterhin privaten) Unterrichtstätigkeit in Berlin; Flesch wird auch Gründer und Präsident des „Hilfsbundes deutscher Musikpflege“ und setzt bis weit in die Inflationszeit hinein sein Bemühen fort, durch den Krieg und die Nachkriegszeit in Not geratenen Musikern zu helfen, auch unter Einsatz seines eigenen Vermögens. (16)
Es bleibt unklar, ob schon 1920 ein Experiment mit einem Kurs wie im Folgejahr stattgefunden hat; in den Sommer-Monaten (Semesterferien) 1921 jedoch gibt er einen „Meisterkurs“ von zwölf Wochen auf Einladung der Berliner Hochschule (die eifersüchtigen Kollegen setzen freilich durch, daß es „Sonderkurs“ heißen muß) „mit 24 zum Teil hervorragenden Teilnehmern und ebenso vielen Zuhörern“. In den Frühjahrs-Semesterferien 1922 folgt noch einmal „dasselbe mit gleichem künstlerischen Erfolg“. (17)
Man darf vermuten, daß Flesch in solch einem „Gruppenunterricht“ schnell das Ideal seiner pädagogischen Tätigkeit erkannt und sich schon damals nach einem ebenso idealen Ort dafür umgesehen hat, wohin er auch seinen Wohnsitz verlegen wollte.
Was folgte, nämlich winterliche Professoren-Tätigkeit an einer Hochschule, im Sommer Kammermusik, Kurse und Familienleben in Baden-Baden, ist dann ein Vorhaben, das ziemlich genau an Clara Schumann erinnert.
Und das sollte es wohl auch sein: nach dem etwas zwiespältigen Ende der Zusammenarbeit mit Arthur Schnabel seit 1921 hatte Flesch in Carl Friedberg einen neuen pianistischen Partner gefunden. Der aber war Schüler von Clara Schumann gewesen - und war 1924 mit dem Erwerb eines „Sommersitzes“ in Baden-Baden vorangegangen.
Schnabel selbst hatte Friedberg als „Nachfolger“ empfohlen. Zwar wird Carl Friedberg (geb. 1872 in Bingen, gest. 1955 in Meran) in den heutigen Lexika kaum noch erwähnt, dafür ist häufiger zu lesen, daß er kein adäquater Partner für Flesch gewesen sei.
Das kann (glaubt man den damaligen Kritiken) nicht so ganz stimmen. Und eine weitgehende Übereinstimmung muß es gegeben haben: denn auch das Spiel von Flesch war ja von dieser Zeit an weniger von der „solistischen Ausstrahlung“ her geprägt als von der „Würde des Pädagogen“.
Friedberg (es gibt auch die Schreibweise Fridberg) war in Baden-Baden seit dem Mozart-Schubert-Fest von 1912 bekannt, hatte dann (als eine Art Pazifist?) schon über den ersten Krieg hin in den USA gelebt; kehrte zwar 1918 als Professor nach München zurück, unterrichtete aber seit 1924 über den Winter hin wieder in New York.
Seine (jüdische) Frau Gerda Agnes, geb. von (?) Wätjen, geschiedene Haller (eine Lied- und Oratorien-Sängerin?) kaufte jedoch 1924 als Sommersitz für die Zeit von 1925 an das Haus Werderstraße 11 in Baden-Baden, ziemlich in der Nähe des Hauses Kaiser Wilhelm Straße 23 gelegen, das die Familie Flesch 1926 bezog.
Daß es auch zu einer engen Familien-Freundschaft gekommen ist, ist zwar nicht überliefert. Die Friedbergs aber waren ersichtlich die treibende Kraft hinter dem gemeinsamen „Kammermusik-Festival“ in Baden-Baden jährlich im September, das sich ab 1927 ziemlich spektakulär entwickelte - bis die Friedbergs schon 1933 Deutschland verließen. (18)
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