Cover

Ruediger Dahlke
Margit Dahlke

Die

LEBENS-
PRINZIPIEN

Wege zu Selbsterkenntnis,
Vorbeugung und Heilung

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Wir danken Freda Jeske für ihre Mandala-Bilder
und ihre inhaltlichen Anregungen sowie Dorothea Neumayr und
Emanuel Winklhofer für ihre Korrekturen und ihr Engagement, die
Lehre der Lebensprinzipien in der APL-Ausbildung weiterzugeben.
Christine Stecher gilt der Dank für das bewährte Lektorat.
Originalausgabe
© 2011 Arkana, München
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München.
Lektorat: Christine Stecher
Bildredaktion: Annette Mayer
Satz: Barbara Rabus
Reproarbeiten: Lorenz & Zeller, Inning a. A.
978-3-641-06341-2
www.arkana-verlag.de

Inhalt

Das senkrechte Denken – in die Tiefe gehen

1. Mars
Das Prinzip von Aggression und Aufbruch

2. Stier-Venus
Das Prinzip von Selbstwert, Verwurzelung
und Sinnenfreude

3. Zwillinge-Merkur
Das Prinzip von Kommunikation und Austausch

4. Mond
Das Prinzip von Empfindung, Gefühl, Geborgenheit
und Lebensrhythmus

5. Sonne
Das Prinzip von Kreativität, Ausstrahlung und Mitte

6. Jungfrau-Merkur
Das Prinzip von Ordnung und Vernunft

7. Waage-Venus
Das Prinzip von Harmonie, Partnerschaft
und Ästhetik

8. Pluto
Das Prinzip radikaler Wandlungsfähigkeit

9. Jupiter
Das Prinzip von Wachstum und Sinnfindung

10. Saturn
Das Prinzip von Struktur und Konzentration
auf das Wesentliche

11. Uranus
Das Prinzip von Freiheit, Unabhängigkeit
und Originalität

12. Neptun
Das Prinzip von Grenzüberschreitung und
Auflösung des vordergründig Sichtbaren

Die Lebensprinzipien im Alltag

Literatur

Adressen

Register

Bildnachweis

Das senkrechte Denken – in die Tiefe gehen

Die Einheit in der Vielfalt

Das senkrechte Denken ist das Anliegen dieses Buches. Durch Schule, Universität und Gesellschaft ist uns jedoch das waagerechte Denken vertrauter, wie es die Wissenschaft prägt.

Allein schon vom geometrischen Verständnis verbindet senkrechtes Denken die Höhen und Tiefen, wohingegen waagerechtes mit der Oberfläche die Welt der Phänomene darstellt. Das Phänomenale ist deshalb unserer Alltagswelt wichtig und wertvoll, das an die Wurzeln gehende Radikale (von lat. radix = Wurzel) dagegen verdächtig. Eine aus senkrechtem Denken folgende Sicht des Lebens kann vieles verändern; die waagerechte bleibt hingegen auf eine Art Oberflächenkosmetik beschränkt, wie wir sie zunehmend in der Medizin, aber auch in der Politik erleben.

In manchen Bereichen unserer Wirklichkeit wurde von jeher ganz selbstverständlich mit Urprinzipien gearbeitet. Wenn beispielsweise ein Künstler ein Gemälde schaffen will, muss er keineswegs diverse Farbtuben aller in Frage kommenden Nuancen kaufen. Er wird aus wenigen Grundfarben die benötigten Farbtöne mischen. Schon kleine Kinder lernen dies mit dem ersten Malkasten, der wahrscheinlich nur die sieben Regenbogenfarben enthält. Beim Farbfernseher funktioniert es ähnlich; dort baut sich die bunte Welt aus nur drei Grundfarben auf.

Goethe ging in seiner Farbenlehre von den Primärfarben Rot, Gelb und Blau aus, woraus sich durch Mischung die drei Sekundärfarben ergeben: Gelb und Blau ergeben Grün, Rot und Gelb Orange, Rot und Blau Violett. Wer so weitermischt, kommt zur unendlich weiten Palette unserer bunten Welt. Wir haben hiermit eine wundervolle frühe Einführung in das senkrechte Denken und Arbeiten, auf die wir gedanklich jederzeit zurückgreifen können.

Am einfachen Modell der Farbmischungen lässt sich für unseren Zweck schon viel verstehen. Fällt in einem sehr großen Malkasten, der mit der Vielfalt seiner Farben versucht, die Buntheit der Welt zu imitieren, eine aus, ist das gar kein Problem, denn sie ist leicht durch Mischen zu ersetzen. Fällt dagegen eine der drei Primärfarben aus, ist das Problem groß und nicht mehr zu beheben. Das heißt, je ursprünglicher und auch einfacher die Ebene, desto wirksamer, aber auch anfälliger ist sie.

Die alten Daoisten Chinas näherten sich der Welt wie Künstler. Die unendliche Vielfalt der Erscheinungsformen nannten sie die Welt der zehntausend Dinge. Gleichzeitig wussten sie um die Einheit des Dao, aus dem all diese Erscheinungsformen ursprünglich entstanden waren. Aus dem Nachvollzug der Schöpfung aus der Einheit entwickelten sie ihr Weltverständnis im I Ging. Aus der Einheit entsteht die Polarität von Yin und Yang, die sie mit einer unterbrochenen und mit einer durchgezogenen Linie ausdrückten. Um den Schritt von der Polarität zur Welt der zehntausend Dinge zu bewerkstelligen, kombinierten sie je sechs Linien zu einem Hexagramm. Bei zwei Möglichkeiten (Yin und Yang) und sechs Plätzen ergaben sich zwei hoch sechs, also 64 Hexagramme. Mit diesen 64 Symbolen oder Zeichen konnten sie im I Ging die ganze Welt beschreiben.

Wem das naiv und unwissenschaftlich erscheint, der sollte staunend zur Kenntnis nehmen, wie sich die Natur in der Genetik der gleichen Struktur bedient. Die ungeheure Vielfalt der Erscheinungsformen des Lebens vom Pflanzen- über das Tierreich bis zum Menschen beruht auf Eiweiß als Baumaterial. Die Zahl der verschiedenen Proteine (Eiweiße) ist unübersehbar und unter anderem für die individuellen Unterschiede menschlicher Gesichter, aber auch aller anderen lebendigen Formen verantwortlich. Die Proteine bauen sich aber aus nur 25 Grundbausteinen oder Aminosäuren auf. Diese sind über den genetischen Code definiert, der über die Reihenfolge der Aminosäurenanordnung die große Vielfalt ermöglicht und regelt.

Vier sogenannte Basen kombinieren sich jeweils zu Trios oder Tripletts, um eine Aminosäure zu bezeichnen. Die Zahl der Möglichkeiten läuft also auf vier hoch drei und damit wieder 64 hinaus. Die Natur geht immer auf Nummer sicher und hat also für die 25 Buchstaben des Alphabets des Eiweißes und damit des Lebens 64 Möglichkeiten. Neben dieser ersten Brücke zum System des I Ging gibt es auf der DNS-Ebene noch eine weitere. Die Basen stehen sich in den DNS-Strängen jeweils zu zweit gegenüber und passen nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip genau und polar zusammen. Damit sind wir auf der Ebene von Yin und Yang.

Erkennbar wird wieder dasselbe Prinzip: Je weiter wir an den einfachen Ursprung gelangen, desto wirksamer und auch gefährlicher wird alles. Auf der oberflächlichen Ebene der Gesichter können wir natürlich mit einer Ohrfeige einiges anrichten, auf der Ebene der Gene erscheint das aber ungleich wirksamer und bedrohlicher.

Bild 1

Die beschriebene Organisationsform findet sich überall wieder, zum Beispiel bei uns Menschen: Wir alle unterscheiden uns an der Oberfläche, auf unserer Haut, voneinander, wie Fingerabdrücke beweisen. Ein paar Millimeter tiefer, bei den Fettzellen, haben wir schon alle dieselben Zellen, nur nicht gleich viele. Auf der Ebene des Blutes gibt es nur vier verschiedene Blutgruppen. Auf dem Niveau der Grundbausteine sind die Fette und Kohlenhydrate gleich, nur das Eiweiß nicht. Auf Molekülebene sind alle Strukturen aus den gleichen Atomen des Periodensystems aufgebaut.

Das bringt uns zum Urprinzipiensystem der Naturwissenschaft. Auf der Suche nach der Arché, dem Ursprünglichen, hat der griechische Philosoph Demokrit Atome als unteilbare Grundbausteine der Schöpfung ins Spiel gebracht. Obwohl wir diese inzwischen doch spalten können, beziehen wir uns nach wie vor auf sie. Jedes der Atome trägt in sich die Spannung zwischen elektrisch positivem Kern und negativer Elektronenhülle, und damit sind wir wieder bei der Polarität von Yin und Yang.

Im ganzen Atom begegnet uns die Einheit in der Tiefe all der unzähligen Erscheinungsformen der Oberfläche. Naturwissenschaftler arbeiten mit dem sogenannten Periodensystem der Elemente nach Mendelejew, das nach Atombau und daraus folgenden physikalischen wie chemischen Eigenschaften ordnet. Die – wie bei jedem Urprinzipiensystem – einfache Logik des Periodensystems besagt, dass in unserer Welt nichts existieren kann, das nicht aus dessen Elementen besteht, also aus diesen gut hundert Grund- oder Urbausteinen. Würde doch etwas gefunden, wäre das Periodensystem sofort um das neuentdeckte Element zu erweitern. Das gilt entsprechend für jedes Urprinzipiensystem, auch für das später von uns verwendete der zehn beziehungsweise zwölf Urbausteine: Widder-Mars, Stier- und Waage-Venus, Zwillinge- und Jungfrau-Merkur, Krebs-Mond, Löwe-Sonne, Skorpion-Pluto, Schütze-Jupiter, Steinbock-Saturn, Wassermann-Uranus, Fische-Neptun.

Selbst unsere ultramoderne Welt entkommt diesem offenbar allgemeingültigen Muster der Einheit in der Tiefe aller Vielfalt nicht, wie wir an ihrem Lieblingsspielzeug, dem Computer, sehen. Auf der waagerechten oder oberflächlichen Ebene verfügt er unter anderem über ein Schreibprogramm. Auf dieser Ebene kann sich ein Schriftsteller jahrzehntelang intensiv beschäftigen und unendlich viel Material zusammentragen. Doch ermöglichen ein paar Tastenklicks weitere Schritte in die Tiefe und damit zusätzlichen Zugang zu anderen Computerprogrammen von der Buchführung über Rechnen bis zu Spielen. Noch tiefer liegt die Programmierungsebene mit Zeichen und Symbolen, die dem Normalbenutzer unbekannt bleiben. Im Hinblick auf die Wirklichkeit des Computers sind sie aber wichtiger und auch machtvoller, wenn man etwas verändern will. Auf der Ebene der Hardware ist ein Computer schließlich wieder sehr einfach und unterscheidet – allerdings sehr schnell – letztlich nur zwischen 0 und 1. Das entspricht der Polarität von Yin und Yang.

Das immer gleiche Muster zeigt sich erneut: Je weiter wir uns von der (Benutzer-)Oberfläche lösen und tiefer hinabsteigen, auf desto einflussreichere und mächtigere, aber auch einfachere Ebenen stoßen wir. So wundert es schon nicht mehr, wenn die Seelenwelt ebenfalls dieses Muster aufweist. Dadurch ergibt sich eine später noch wichtigere Parallele zur physischen Welt.

An der gesellschaftlich sichtbaren Oberfläche haben alle Menschen sehr unterschiedliche und vollkommen individuelle Themen und Probleme. Die Zahl der Berufs- und Partnerprobleme ist unbeschreiblich groß. Ein wenig tiefer finden sich aber immer ähnlichere Muster. Für diese (arche-)typischen Themen haben schon die ersten Tiefenpsychologen, Sigmund Freud und C. G. Jung, mythische Bezeichnungen gewählt. Man denke nur an den bekannten Ödipuskomplex. Solche (arche- oder ur-)typischen Konstellationen oder Probleme verbinden dann viele Menschenschicksale unter dem Symbol des gewählten Namens.

Tiefer als Tiefenpsychologie zielt Religion. Ihre Muster sind noch einfacher, und wir finden uns rasch wieder bei Gut und Böse, Kain und Abel, Adam und Eva oder eben Yin und Yang und der Polarität schließlich bei Gott als Symbol der Einheit.

Der praktische Umgang mit Urprinzipiensystemen

Mit weißem Licht lässt sich vielleicht Erleuchtung umschreiben, aber kein Bild malen. Mit nur zwei Farben wird zwar noch kein Abbild unserer bunten Wirklichkeit entstehen, aber die Grundstruktur lässt sich schon erkennen. Somit ist die Polarität eine zentral wichtige, aber für sich allein genommen nicht ausreichende Ebene zum Umgang mit der Welt der zehntausend Dinge.

Mit den drei Primärfarben ist es bereits möglich, die ganze bunte Vielfalt darzustellen. Die Frage ist, wie praktikabel ein Dreiersystem im Lebensalltag ist. Dreiersysteme begegnen uns von den drei Gunas des indischen Systems bis zu den drei Grundvektoren der westlichen Wissenschaft. Die Trinität oder Dreifaltigkeit der Religionen ist solch ein Urprinzipiensystem. Brahma, der Schöpfer, bildet mit Shiva, dem Zerstörer, eine Polarität, die in Vishnu, dem Erhalter, einen Vermittler bekommt.

Weiter haben sich Systeme mit vier (Ur-)Bausteinen bewährt wie das der vier Elemente. Wasser, Feuer, Erde und Luft liefern bereits eine wundervolle Brücke zu den Lebensprinzipien, lässt sich doch jedes der vier wieder in drei Oberschwingungen unterteilen, am Beispiel des Feuers das kardinale lodernde Feuer des Marsprinzips, das fixe des strahlenden Sonnenfeuers und das labile glühende des Jupiterprinzips. In dem Bilder-Buch Erde – Feuer – Wasser – Luft – die 12 Lebensprinzipien in den vier Elementen01 sind diese Oberschwingungen sichtbar gemacht. Aber auch die fünf Elemente des Ostens bilden ein gängiges Urprinzipiensystem und liefern die Basis der chinesischen und tibetischen Medizin. Ein Siebenersystem wäre das der klassischen Planeten, die die Wochentage bezeichnen.

Grundsätzlich ist es gleichgültig, welches Urprinzipiensystem benutzt wird, solange man es konsequent anwendet und keine Teile herausbricht. Ideal für die Praktikabilität und Kommunikation ist natürlich, wenn sich viele darauf beziehen. Es ist offensichtlich von großem Vorteil, eine Sprache mit vielen zu teilen; das macht es den Amerikanern in der Welt leichter als den Ungarn. Demnach ist es wichtig, eine gemeinsame Sprache – wie die Naturwissenschaft sie im Periodensystem der Elemente gefunden hat – zu wählen, die so praktikabel ist, dass sich auch viele andere bereitwillig auf sie beziehen.

Archetypische Medizin

Das in der deutenden Medizin von Krankheit als Symbol verwendete Urprinzipien- oder Archetypensystem ist das der hermetischen Philosophie, wie ich sie in Die Schicksalsgesetze dargestellt habe (siehe Literaturverzeichnis). Es entspricht prinzipiell natürlich dem Elementesystem der Wissenschaft, allerdings integriert es neben der materiellen Ebene auch die der Seele und des Geistes und deren gemeinsame Bilderwelt. Es lässt sich auf verschiedene Weise veranschaulichen: als Dreieck, wie in Die Schicksalsgesetze, aber auch als Kreis. Die Mitte symbolisiert die Einheit, das weiße Licht, das alles enthält. Auf der nächsten Ebene folgt die Polarität von Yin und Yang, Schwarz und Weiß beziehungsweise Männlich und Weiblich, dann die der vier Elemente: der zwei weiblichen Wasser und Erde und der zwei männlichen Feuer und Luft. Die vier Elemente differenzieren sich weiter in je drei Prinzipien, wodurch wir zu zwölf Urprinzipien gelangen. Gleichzeitig kommen natürlich alle zwölf Prinzipien aus der Einheit und tragen sie auch potenziell noch in sich, wie auch jedes seine Grundpolarität und sein Element weiter in sich trägt.

Über die Polarität lässt sich das Wesentliche in Die Schicksalsgesetze und Das Schattenprinzip nachlesen, über die vier Elemente in ihren jeweils drei Ausprägungen findet man mehr in dem erwähnten Bilderbuch Erde – Feuer – Wasser – Luft.

Historisch werden die zwölf Urprinzipien mit den Namen der Tierkreiszeichen benannt, wobei wir sie auch einfach durchnummerieren könnten, wie es oft geschieht. Jedenfalls haben sie mit Astrologie nur insofern zu tun, wie diese als eine der hermetischen Disziplinen sie ebenfalls als Urprinzipiensystem verwendet. Da sich diese Namen über mehr als zwei Jahrtausende bewährt und ein stabiles Feld geschaffen haben, bleiben wir dabei. Die Astronomie meint ja auch nicht die griechischen Götter, wenn sie deren Namen für die Planeten benutzt. Sie tut es, weil sich diese Bezeichnungen ebenfalls seit langem bewährt haben und gut eingeführt sind.

Die zehn Planeten können wir genauso als Bezeichnung wählen und werden dies auch weitgehend tun, da die mythischen Götternamen die Energie des Prinzips am besten transportieren. Beim Namen des Kriegsgottes Mars klingt fast automatisch Marschmusik an, und Kampf und Energie schwingen schon mit. Wir müssen lediglich die Planetenprinzipien der Venus in einen weiblich-irdischen Stier-Anteil und einen männlich-luftigen Waage-Anteil unterscheiden. Und Merkur untergliedert sich in den männlich-luftigen Zwillinge-Anteil und den weiblich-irdischen Jungfrau-Bereich.

Die persönlichen Urprinzipien

Das Modell des Urprinzipienkreises zeigt wie auch jedes persönliche Horoskop, dass jede(r) natürlich mit allen zwölf Prinzipien zu tun hat – mehr oder weniger ausgeprägt, so wie auch jeder mit allen vier Elementen im Bunde ist und natürlich die Polarität in sich trägt, wie auch die Chance auf Einheit. Beim Durcharbeiten der einzelnen Prinzipien wird sich für den Leser herauskristallisieren, wie sehr einige im Vordergrund stehen und dass eines oder zwei von zentraler Bedeutung sind. Das könnte diesen in der persönlichen Betrachtung nicht nur besondere Beachtung sichern, sondern auch dazu führen, individuelle Wege herauszufinden, wie sich das Niveau der Bearbeitungsebene bei ihnen heben lässt.

Zu diesem Zweck ist bei jedem Prinzip eine siebenstufige Entwicklungshierarchie dargestellt, die letztlich das Bild des Urprinzipienkreises wieder aufnimmt. Die untersten Ebenen sind bodenständig, dumpf, dunkel und grob, aber dafür vielgestaltig und gut unterscheidbar. Mit jeder erklommenen Stufe nimmt das Licht zu, bis sich auf der siebten Stufe strahlendes weißes Licht findet und die Prinzipien in ihrer höchsten Verwirklichung einander sehr nahe kommen.

Es geht also erstens darum, die eigenen Problemfelder im Bereich der Urprinzipien zu entdecken, um dann in ihrer Bearbeitung das Schwingungsniveau von Stufe zu Stufe zu erhöhen. Dieser Siebenerschritt lässt das Thema der sieben Chakras anklingen oder besser noch die alttestamentarische Idee, sich im Sinne der Jakobsleiter über deren sieben Sprossen zu entwickeln. Die Bilder der Chakra-Hierarchie und der Jakobsleiter entsprechen sich, wenn auch das östliche viel gebräuchlicher und ausgefeilter ist. Trotzdem mag es für westliche Menschen beruhigend sein zu sehen, wie diese archetypischen Muster der Entwicklung überall und natürlich auch in unserer Kultur verwurzelt sind. Als großer Unterschied zu den Chakras ist zu bedenken, dass bei ihnen zwar auch ein Aufstieg vom untersten zum obersten im Laufe des Lebens geschieht, damit aber keine Wertung verbunden ist. Das ist bei unseren sieben Stufen der Fall, die dasselbe Thema oder Lebensprinzip über sieben Stufen von der ersten untersten und unentwickeltsten zur siebten als der höchsten und entwickeltsten meinen. In der hermetischen Philosophie ist diese Form der Entwicklung oder Niveauverbesserung gut bekannt und wird als Weg von der Nigredo (Schwärze) zur Albedo (Weiße) beschrieben oder in der Alchemie als Entwicklung vom (schwarzen) Raben über den (bunten) Pfau zum (weißen) Schwan. Der Volksmund meint wohl dasselbe mit der Geschichte vom hässlichen Entlein, das zum makellos schönen Schwan wird.

Das Ziel der Entwicklung ist in jedem Fall die Verwirklichung der Mitte, wobei eine eigene individuelle Färbung durch den persönlichen Weg erhalten bleibt. Wer aus der Mitte lebt und sich ihrer stets bewusst ist, hat es ungleich leichter, die Welt zu verstehen und Zugang zu all ihren Bereichen zu finden – sein Horizont umfasst im Idealfall den ganzen (Welt-)Kreis. In der Mitte ruhend kann er mit allen (Be-)Reichen und Ebenen jederzeit in Resonanz gehen.

Verdeutlichen mag das die alte Sufigeschichte von den Blinden und dem Elefanten02: Eines Tages näherte sich ein König mit seinem Gefolge einer Stadt voller Blinder. Der König besaß einen mächtigen Kriegselefanten, der dafür berühmt war, den Feinden großen Schrecken einzuflößen. Jeder wollte nun diesen Elefanten sehen; auch die Blinden wollten sich ein Bild von ihm machen. Da keiner von ihnen wusste, wie ein Elefant aussah, durften sie ihn betasten, um so Aufschluss über ihn zu erhalten. Jeder, der einen Teil des Tiers betastet hatte, glaubte daraufhin, den Elefanten zu kennen. Danach gab jeder seine kleine Wahrheit zum Besten. Derjenige, der den Rüssel betastet hatte, hielt den Elefanten für einen langen Schlauch, zugleich furchterregend und verschlingend. Der Blinde, der das Ohr betastet hatte, hielt den Elefanten für eine große flache, bewegliche Zeltbahn. Derjenige aber, der Fuß und Bein angefasst hatte, erkannte ihn als eine starke, haarige Säule.

Doch nur wer den Elefanten in seiner Gesamtheit sieht, wird ihn seinem Wesen nach erkennen können. So macht auch erst das Zusammenspiel aller Lebensprinzipien das Ganze erkenn- und erfahrbar. Und erst wer diese Gesamtschau hat, ruht wie ein Weiser in der Mitte des Rades und sieht die ganze Wirklichkeit.

Sitzt jemand dagegen isoliert an der Peripherie in einem Urprinzipienfeld, in dem Probleme ihn festhalten – wie er die Probleme –, besteht die Gefahr, den eigenen kleinen Bereich für das Ganze zu halten, aus einem engen Blickwinkel heraus wenig zu verstehen und sich als hilfloses Rädchen im großen Getriebe zu fühlen, wie es am Elefantenbeispiel deutlich wurde. Aus dieser Situation ist Projizieren fast das Normale, das heißt, die anderen werden schuldig gesprochen, weil sie eine andere Wahrnehmung haben.

Das Ziel sollte aber sein, in die Mitte und in die Höhe zu kommen, woraus sich eine Spirale als Bild ergibt (siehe Abbildung rechts).

Die Elemente im Entwicklungskreis

Jedes der zwölf Lebensprinzipien gehört zu einem der vier Elemente. Innerhalb der Elemente ergibt sich wiederum eine dreistufige Entwicklung.

Ein Beispiel: 1. Das anfängliche, ursprüngliche oder kardinale Wasser, mit dem die Seelenentwicklung beginnt, findet sich im Mondprinzip mit dem Krebszeichen (im vierten Haus des Entwicklungskreises). 2. Darauf folgt das sogenannte fixe Wasser mit dem Plutoprinzip und dem Skorpionzeichen (im achten Haus des Entwicklungskreises). 3. Das labile Wasser im Neptunprinzip und Fischezeichen (im zwölften Haus des Kreises) beendet diese Entwicklung.

Ein Element beginnt also kardinal, das heißt elementar und dynamisch, und stellt einen gewissen Anspruch, auch eine gewisse Fülle an Impulsen zur Verfügung. Das Element Wasser beginnt kardinal mit Krebs-Mond, das Element Feuer mit Widder-Mars, das Element Luft mit Waage-Venus und das Element Erde mit Steinbock-Saturn.

Darauf folgen die fixen Zeichen der Verfestigung in der Welt wie Stier-Venus auf Widder-Mars, Löwe-Sonne auf Krebs-Mond, Skorpion-Pluto auf Waage-Venus und Wassermann-Uranus auf Steinbock-Saturn.

Das solcherart in der Welt Verfestigte wird anschließend in einem dritten Schritt von den labilen Zeichen wieder in Bewegung gebracht und tendenziell aufgelöst. Auf das kardinale Feuer von Mars folgt das fixe von Sonne und darauf das labile von Jupiter. Auf das kardinale Wasser des Mondes folgt das fixe von Pluto und das labile von Neptun, auf die kardinale Erde von Saturn die fixe von Stier-Venus und die labile von Jungfrau-Merkur, auf die kardinale Luft von Waage-Venus die fixe von Uranus und die labile von Zwilling-Merkur.

Aber auch aus der direkten Abfolge der Zeichen im Kreis ergibt sich ein weiteres Ordnungssystem, das die Geschichte der menschlichen Entwicklung nachzeichnet. So folgt auf den vorpreschend impulsiven feurigen Widder-Mars (kardinal) die Revier sichernde irdische Stier-Venus (fix). Nach dieser aber kommt der äußerst bewegliche, luftige Zwillinge-Merkur (labil), gefolgt vom stille Gemütlichkeit bevorzugenden wässrigen Krebs-Mond (kardinal), der sich dem Gefühl ergibt und am Nest baut. Die folgende feurige Löwe-Sonne (fix) setzt dagegen auf Ausstrahlung in den Raum und macht sich zum Boss des Ganzen, gefolgt vom irdischen Jungfrau-Merkur (labil), der auf Vernunft und Vorsicht setzt und ganz pragmatisch das Erreichte verstehen will. Darauf folgt die luftige Waage-Venus (kardinal) mit dem vagen Wunsch nach Partnerschaft und der Sehnsucht nach Schönheit und Frieden. Skorpion-Pluto (fix), dem Wasser oder besser Sumpf verpflichtet, hat den Auftrag zu radikaler Wandlung. Schütze-Jupiter (labil) strebt nach hohen Zielen und will den Sinn des Lebens verstehen, wohingegen es dem erdigen Steinbock-Saturn (kardinal) um die Ordnung des Ganzen geht und um das Wesentliche. Der luftige Wassermann-Uranus (fix) bringt wieder Bewegung, Originalität und Individualität ins Spiel und bricht gern mit allen bisher gültigen Regeln. Fische-Neptun (labil) beschließt auf wässrige Art alle Grenzen auflösend den Kreislauf auf der Suche nach Transzendenz – aber nur, um mit Widder-Mars das Spiel auf höherer Ebene von Neuem zu beginnen. So kommen über die vier Elemente (Erde, Feuer, Wasser, Luft) und den Dreischritt (kardinal, fix, labil) alle wieder zusammen im großen Entwicklungskreis des Ganzen.

Bild 2

Dieser kreisförmige Entwicklungsweg hat noch eine darunterliegende Ordnung, denn es erfolgt von Prinzip zu Prinzip ein stetiger Wechsel von Weiblich und Männlich (Yin und Yang). So findet sich im Entwicklungskreis das ganze Spektrum der Prinzipien wie eine Welle angeordnet, die sich stetig – wie eine Sinuskurve – von Wellental zu Wellenberg entwickelt. Und immer ist daran zu denken, dass dieser Kreis, wie zuvor schon dargestellt, eine dritte Dimension nach oben aufweist, so dass Widder-Mars aus dem ersten Haus im Entwicklungsniveau durchaus über Steinbock-Saturn aus dem zehnten Haus rangieren kann. Auf dieses System der Entwicklungsniveaus nehmen die für jedes Lebensprinzip dargestellten sieben Bewusstseinsstufen Bezug.

Schließlich gibt es auch noch eine Betrachtungsmöglichkeit über die vier Quadranten des Kreises, deren erster dem Körper zugeordnet ist, der zweite der Seele, der dritte der Begegnung und der vierte dem Überpersönlichen, Transpersonalen. Wir können also die seelische Entwicklung besonders deutlich im zweiten Quadranten finden, von Krebs-Mond über Löwe-Sonne bis zu Jungfrau-Merkur. Aber sie spiegelt sich auch über die Linie des Wasserelementes von Krebs-Mond (kardinal) über Skorpion-Pluto (fix) bis zu Fische-Neptun (labil). Die Abbildung auf Seite 704 fasst das alles zusammen.

Die Möglichkeiten dieses Entwicklungskreises mit seinem steten Wechsel von Yin und Yang, seinem Dreierschritt von kardinal über fix nach labil, seinen vier Elementen und zwölf Häusern sind enorm vielfältig und wirklich wundervoll. Das Ordnungssystem der Zwei, Drei, Vier und Zwölf ist dabei immer auf die Eins, die Mitte des Entwicklungskreises, bezogen. In seinem für Kenner der Lebensprinzipien überaus empfehlenswerten Buch Glück und Selbstverwirklichung im Horoskop03 stellt Nicolaus Klein, mein Mitautor von Das senkrechte Weltbild04, diese Fülle von Entwicklungschancen dar.

Persönliche Konsequenzen

Wer seine eigenen Problemfelder im Auge hat und das große und ganze Muster der Urprinzipien kennt, wird sich und seine Pläne leichter verwirklichen können. Er wird nicht dazu neigen, Energie in funktionale, an den wesentlichen Strukturen nichts ändernde Maßnahmen zu investieren, sondern sich im Gegenteil auf das Wesentliche, den Inhalt, konzentrieren. So kann er sich und anderen auf tieferer Ebene therapeutisch helfen, ohne in oberflächlicher Symptombehandlung steckenzubleiben. Aber noch entscheidender ist: Er wird auf der Grundlage der Lebensprinzipien zu echter Vorbeugung fähig und vermag Probleme schon im Vorfeld zu erkennen und zu verhindern.

Die Idee, Lebensprinzipien freiwillig zu entsprechen, ist uralt und reicht weit vor Paracelsus bis in die Antike zurück. Für Paracelsus war sie die Basis seiner Medizin. Wenn er sagte, ein Arzt, der nichts von Astrologie verstehe, sei keiner, meinte er die Ebene der Ur- oder Lebensprinzipien. Die Art von Astrologie, wie sie heute etwa in Illustrierten verbreitet wird, gab es zu seiner Zeit noch gar nicht.

Sowohl wirkliche Heilung, die Fehlendes integriert, als auch echte Vorbeugung, die Krankheitsbilder und Probleme im Vorfeld überflüssig macht, bis zu Vorsätzen, die sich wirklich umsetzen lassen, verlangen eine solide Kenntnis der Archetypen, Ur- oder Lebensprinzipien.

Bild 3

Heilung, Vorbeugung und Vorsätze

Auf dem Boden der Schicksalsgesetze wird mit Hilfe von Urprinzipienwissen Heilung möglich, wenn es gelingt, die Lebensaufgaben, die sich in Krankheitsbildern äußern, zu erkennen und innerhalb der Urprinzipienkette in erlöster Weise zu erfüllen. Vorbeugung, eine der wesentlichen Säulen ganzheitlicher Medizin, bekommt so ihre Chance. So war von Anfang an die Urprinzipienlehre die Basis der Krankheitsbilder-Deutung von Krankheit als Weg bis Krankheit als Symbol.

Nur wer das Wesen einer Krankheit versteht, kann sich freiwillig und rechtzeitig vor ihr beugen und die in ihr zum Ausdruck gebrachten Lernaufgaben auf sich nehmen. Auf solche Weise wird der Ausbruch des Krankheitsbildes überflüssig. Die Schulmedizin hat diesen Anspruch zugunsten von Früherkennung aufgegeben, die zwar besser als Späterkennung ist, aber gar nichts mit echter Vorbeugung zu tun hat. Ihr ist daraus kein Vorwurf zu machen.

Wer sich nicht um das Wesen von Krankheitsbildern kümmert, kann ihr Thema natürlich nicht auf anderer Ebene vorwegnehmen. Er erkennt und durchschaut sie ihrem Wesen nach nicht. Die Urprinzipienlehre ermöglicht dagegen wirkliche Heilung und Vorbeugung. Und sie geht in ihrer Wirkung noch weit über Krankheit hinaus, denn mit ihrer Hilfe lässt sich das Wesen aller Dinge und so auch jedes Problem durchschauen.

Platon erkannte hinter jedem Ding eine Idee. Die Lebensprinzipienlehre führt auf diese Ebene der Ideen hinter den Dingen und Phänomenen. Goethe ging davon aus, dass alles Geschaffene ein Gleichnis ist. Vor diesem Hintergrund führen uns die Lebensprinzipien auf die Ebene, auf der die Gleichnisse als solche deutlich werden und ihren Sinn finden. So wird die Ebene der Urprinzipien zu einer Ebene der Sinnfindung. Um den Sinn von Krankheitsbildern zu erkennen, müssen wir uns auf genau diese Ebene begeben. Dort sind auch andere lebensfördernde Bearbeitungs- und Einlösemöglichkeiten zu entdecken, die dasselbe Thema und dieselbe Energie in geeigneterer Weise ausdrücken.

Es ist wie bei einem Spiel und sogar wie bei Lila, dem kosmischen Spiel des Lebens, wie es die Inder nennen. Wir sollten das alles nicht zu ernst und verbissen betrachten, sondern es auch mit den Augen des inneren Kindes wahrnehmen. Dieses groß angelegte Spiel ist andererseits nicht zu leicht zu nehmen, denn es ist immerhin das Spiel unseres Lebens, aber auch nicht zu schwer, denn es ist und bleibt ein Spiel.

Kinder können – über ihre sofort als solche erkenntlichen Spiele, die ja Vorbereitungen auf das große Spiel des Lebens sind – helfen, die richtige Einstellung zu finden. Wer als Vater seinen Kindern Zeit zum Spielen versprochen hat und diese dann lange nicht fand, wird schließlich mit schlechtem Gewissen besonders engagiert spielen. Er mag erleben, wie seine Kinder ihn beruhigen nach dem Motto: »Papa, ist doch alles nur ein Spiel …« Wenn er sich spielend aber andere Gedanken macht und sozusagen nur vordergründig mitspielt, werden dieselben Kinder mehr Aufmerksamkeit und Engagement einfordern nach der Devise: »Nimm uns und das Spiel gefälligst ernst.«

Gelingt es uns, auf der Ebene der Ideen und Gleichnisse heimisch zu werden und hier engagiert, aber ohne Verbissenheit mitzuspielen, wird vieles in unserem Leben möglich. Wir können nicht nur wesentlich zu Heilung beitragen und vorbeugen, weil wir hinter die Dinge sehen, sondern wir können auch Vorsätze erfolgreich in die Tat umsetzen. Sofern sie urprinzipiell stimmen, ist das in der Regel kein Problem. Wenn die Vorsätze des Silvestertages Mitte Januar schon vergessen sind, liegt dies im Allgemeinen an ihrer urprinzipiellen Unstimmigkeit.

Sobald die Lebensprinzipien beachtet werden, kommt einerseits die Medizin ihrer eigentlichen Bestimmung näher, andererseits wird das Leben generell erfolgreicher und glücklicher. Pechvögel und Unglücksraben können sich auf dieser Grundlage zu Glückskindern und Glückspilzen wandeln. Ist das Muster des Uranusprinzips durchschaut und inhaltlich verstanden, das das bisherige Leben unter einen unglücklichen Stern stellte, lässt sich eine erlöste Ebene dafür finden und leben. Wenn also Pechvögel ständig Missgeschicke erleben, ihnen immer etwas schiefgeht, sie immer in Unfälle und Misshelligkeiten verwickelt werden, wenn für sie nichts wie am Schnürchen läuft und sie kein Fettnäpfchen auslassen, dann ist nicht der unglückliche Stern beziehungsweise das Uranusprinzip das Problem, sondern die unbewusste und damit unerlöste Haltung dazu.

Unglück bringt Unerwartetes in negativer Form ins Leben. Unfälle werfen aus der Bahn und unterbrechen die gewohnte Kontinuität; sie sind letztlich eine schreckliche Form von Abwechslung. Wer darin und im Unerwarteten, Überraschenden, Originellen das Wesen des uranischen Lebensprinzips erkennt, kann sich klarmachen, dass es offensichtlich bisher nicht genug Beachtung bekam. Der Betreffende kann sie ihm nun freiwillig geben. So könnte er von sich aus beginnen, origineller zu leben, gegenüber Überraschungen offener zu sein, die Chance und damit das Gute in ihnen erkennen lernen. Wer ständig Veränderungen erwartet und bereit ist, sie als Möglichkeiten zu sehen, vermag darin eine neue Freiheit zu finden, die ebenfalls zu diesem Prinzip gehört.

Eine für Überraschungen offene, sogar sie herausfordernde Einstellung wird das Leben freiwillig zwar in unruhigere, aber damit auch positiv spannendere Bahnen lenken, die gar nicht mehr stur geradeaus verlaufen sollen. Wer die Haken, die das Leben schlägt, und die Umwege, die es einem oft aufzwingt, nicht mehr als Zwang, sondern als Chance erkennt, wird ein Leben ernten, das das Uranusprinzip integriert. Dort, wo schon so viel Abwechslung herrscht, braucht das Schicksal als geschicktes Heil keine Unfälle mehr zu inszenieren, die lediglich Abwechslung in ein – für die eigenen unbewussten Ansprüche – zu langweiliges Leben bringen. Mit unbewussten Ansprüchen sind die (noch) nicht durchschauten Anforderungen, die das Leben an einen stellt, gemeint. Tatsächlich brauchen einige Menschen viel mehr Abwechslung und Originalität, also Uranus, in ihrem Leben als andere. Ein wenig von jedem Urprinzip aber brauchen wir alle.

Die Kunst des Lebens besteht darin herauszufinden, was und wie viel man von den verschiedenen Prinzipien braucht, um einerseits zufrieden oder sogar glücklich zu sein und um andererseits dem in dieses Leben mitgebrachten Schicksalsanspruch gerecht zu werden. Beides kann das Durcharbeiten dieses Buches ermöglichen. Es zeigt einerseits auf, wo Probleme mit den einzelnen Prinzipien liegen. Andererseits hilft es, durch die Auseinandersetzung mit den sieben Entwicklungsstufen deutlich zu erkennen, auf welcher Entwicklungsebene man sich bei einem Prinzip gerade befindet.

Insgesamt kommt mittels der Urprinzipienlehre eine tiefere Verständnisebene ins Leben. Wer diese Ebene der Ideen durchschauen und beherrschen lernt, wird sehr viel mehr erreichen und verwirklichen, weil sich von der Ideenebene alles wesentlicher und nachhaltiger bewerkstelligen lässt und sich kein Widerstand gegen das Schicksal aufbaut. Von dieser stimmigen Grundlage her geplant, können gute Vorsätze wirklich etwas konkret bewegen und – wichtiger noch – können Therapien oberflächliche körperliche mit tiefen seelischen Ebenen verbinden und zu echten Lösungen führen.

Urprinzipielle Bearbeitung und Einlösung von Krankheitsbildern

Krankheitsbilder sind Ausdruck von Lebens- oder Urprinzipien, die auf die Körperebene gesunken sind und sich in Symptomen verkörpert haben, weil sie nicht anders verwirklicht wurden. Das heißt, die Betroffenen leisteten (unbewusst) gegen das jeweilige Prinzip Widerstand, und so wurde es oft erst einmal be-seitigt und unter-drückt. Nach unten und auf die Seite gedrückt, nahm die Energie im Körper notgedrungen als Krankheitsbild Gestalt an. Über diese Ausgestaltung können wir im Sinne von Krankheit als Symbol jedoch wieder an die ursprüngliche Botschaft herankommen und diese auf andere Art verwirklichen und wieder am Leben beteiligen. Damit verringert sich der Darstellungsdruck auf den Körper.

Bert Hellinger sagte schon vor vielen Jahren, als er sich noch kaum mit spirituellen Themen beschäftigte: »Das System will Vollständigkeit.« Einfacher ist es nicht auszudrücken. Unser Organismus ist ein kleines System für sich, Teil des größeren Systems Familie, die wiederum Teil eines noch größeren Systems ist. Auch nach unten in der Hierarchie lässt sich dies beobachten, denn Herz-Kreislauf- und Immunsystem sind – nomen est omen – ebenfalls Systeme. Wir können in einem System Energien verschieben, so wie wir etwa im Körper – von der Schulpsychologie zuerst beschrieben – oft Symptomverschiebung betreiben. Doch wenn wir Energien überhaupt keine Ausdrucksmöglichkeit einräumen, können sie auch über die eine Systemebene hinaus auf eine andere rutschen und unangenehm werden.

Unser Organismus ist ein großes System von Körper, Seele und Geist. Wir können in ihm Symptome in der waagerechten und in der senkrechten Ebene verschieben und darüber hinaus bis in das System Familie – und sogar noch darüber hinaus auf die Ebene des Ortes oder des Landes bis hin auf internationale Ebenen.

Die Schulmedizin bleibt auf der Körperebene, wenn sie Symptome von Organ zu Organ verschiebt und zum Beispiel eine (akute) Infektion mittels Antibiotika in eine (chronische) Allergie verwandelt. Eine wissenschaftliche Studie ergab, dass sie dabei in den ersten zwei Lebensjahren mit über fünfzigprozentigem »Erfolg« rechnen kann. Insgesamt hat sie es auf diese Weise in nur einer Generation geschafft, in der deutschen Bevölkerung die Allergierate von acht auf über vierzig Prozent zu steigern, wobei ihr natürlich die dahinterliegende Aggressionsfeindlichkeit in die Hände spielte.

Betrachten wir das ganze System Mensch, wird der Blick differenzierter. Nehmen wir die Lebensprinzipien hinzu, in diesem Fall das der Aggression, wird noch mehr deutlich. Ein Konflikt ist eine Art geistig-seelischer Kampf, eine Auseinandersetzung. Verweigern wir diese konsequent und dauerhaft auf der Bewusstseinsebene, weil wir etwa Aggressionsenergie nicht mögen, muss diese marsische Energie irgendwo anders hin. Sie wird nicht selten in den Körper sinken und sich als Infektion äußern. Damit verbindet sie die Bewusstseins- mit der Körperebene. Wenn wir sie auch dort nicht dulden und mittels Antibiotika und fiebersenkenden Mitteln neuerlich unterdrücken, verschieben wir sie körperlich in Richtung Allergie. Zwar bleibt das mit dem Aggressionsprinzip verbundene Immunsystem Austragungsort, aber es kommt doch zur Möglichkeit der Ausbreitung auf das ganze Körperland. Die Mandelentzündung war noch sehr lokal, die Allergie betrifft dann potenziell das ganze Immunsystem. Bei der Neurodermitis ist die Haut breitflächig betroffen, bei Asthma das Atmungssystem, um einige weitere Beispiele zu nennen.

Wird nun die Unterdrückungsstrategie weiterverfolgt und mittels Kortison und Antihistaminika (Antijuckmittel) auch die Allergie niedergemacht, stellt sich die Frage: Wohin mit der Aggressionsenergie? Die Antwort ist einfach. Seit wir flächendeckend Allergien unterdrücken, ernten wir überall Autoaggressionskrankheiten, etwa in Gestalt von Rheuma oder Hashimoto-Thyreoiditis. Nun gelingt es selbst mit noch mehr Kortison kaum, diese gänzlich zu unterdrücken. So wird die Aggressionsenergie immer weiter und tiefer von der Bewusstseinsebene auf die Körperebene gedrängt. Im Sinne von Krankheit als Symbol können wir die in ihr ausgedrückte Aggressionsenergie aber erkennen und sie ins Bewusstsein zurückholen, um uns dort der anstehenden Auseinandersetzung zu stellen. Wie das zu verstehen und zu bewerkstelligen ist, will dieses Buch lehren.

Es kann aber auch passieren, dass die Aggressionsenergie – statt nach innen in den Körper – nach außen in das Familiensystem gelenkt wird und hier zu Auseinandersetzungen führt. Diese können ehrlich ausgetragen werden und zu Lösungen führen oder in chronische Konflikte und Dauerstreit münden. Im Dauerkrieg lebende Menschen neigen meist dazu, auf andere zu projizieren, das heißt, ihre Aggressionsenergie nach außen zu leiten und dort Schuldige im Sinne von Sündenböcken für das eigene innere Dilemma zu suchen.

Wenn sich gewiefte Verführer diesen ebenso beliebten wie verbreiteten Projektionsmechanismus zunutze machen, können sie ganze Nationen darin verwickeln, und plötzlich sind andere an allem schuld und müssen bekämpft werden. Dies ist ein klassischer Mechanismus, der überall zu beobachten ist. So haben es nicht nur die Nazis gemacht, als sie all ihre Probleme auf die Juden projizierten und diese dann bekämpften. Wird Aggressionsenergie nach außen gelenkt oder projiziert, kann es zu Kriegen zwischen Nationen kommen und die Welt in Brand geraten, wie es bereits zweimal geschehen ist.

Hinter alldem steckt das Aggressions- oder Marsprinzip, benannt nach dem Kriegsgott der Antike. Offensichtlich ist es für die Welt besser, dessen Energien in entsprechende Auseinandersetzungen auf Bewusstseinsebene zu lenken. Auch in der Familie ist eine mutige und offensive Auseinandersetzung sinnvoller als chronischer Stellungskrieg mit entsprechender Bunkermentalität.

Es geht also letztlich darum, für unerlöste Ebenen und Probleme, wie sie sich mit dem Körper und seinen Krankheitsbildern ergeben, durch Kenntnis der Urprinzipien und ihrer Kombinationen andere, dem Leben und der Entwicklung besser dienende Ausdrucksmöglichkeiten zu finden – dies ist der Therapieaspekt der Archetypischen Medizin.

Bei Krankheitsbildern, die in der Familie liegen oder vererbt wurden, ist dies genauso möglich und sogar besonders naheliegend. Heute wissen wir, wissenschaftlich durch die Epigenetik bestätigt, dass Gene nicht annähernd so bestimmend und entscheidend sind wie lange gedacht. Sie werden maßgeblich über das Bewusstsein und Umfeldfaktoren wie Ernährung ein- und ausgeschaltet. Siehe dazu mein Buch Peace Food und die dort in Bezug auf Krebs dargestellten Studien, die das eindrucksvoll belegen.

Ein weiteres Beispiel soll das urprinzipielle Denken im Marsbereich beleuchten: Der kleine Dani litt seit längerer Zeit unter Allergien; dann war auch noch eine auffällige Bereitschaft zu Wutanfällen hinzugekommen. Konkret ergab die Anamnese aber nur einen einzigen, allerdings ungewöhnlich heftigen Ausbruch mit Um-sich-Schlagen und Beißen. Dieser hatte bei den Eltern aber zu großer Besorgnis geführt und letztlich – auf Rat einer entsprechend belesenen Verwandten – zum Beratungstermin beim Psychotherapeuten geführt. Die Befragung der Mutter ergab keinerlei Besonderheit im Vorfeld des »Anfalls«. Die Frage an Dani ergab sofort und wie aus der Pistole geschossen den entscheidenden Hinweis. Er hatte kurz zuvor seine Katze »verschenken« müssen. Sogleich unterbrach die Mutter das erstmals ergiebige Gespräch und betonte, dass der Kater auf dringenden Rat des Hausarztes, eines Internisten und Allergologen, habe abgeschafft werden müssen, weil er Dani in Gefahr bringe. »Gar nicht«, maulte Dani.

Bevor Dani völlig mundtot gemacht wurde, verwickelte ich ihn in die Übung, sich die eigene Familie in Tieren vorzustellen und diese dann in eine Landschaft seiner Wahl zu malen. Währenddessen lenkte ich die Mutter ab und erfuhr so nebenbei noch einiges. Obwohl sie oft betonte, was für ein reizendes und braves Kind Dani sei, stellte sich heraus, dass er einen riesengroßen Schuhverbrauch hatte. Sie habe schon an mutwillige Zerstörung geglaubt und darüber nachgelesen. Tatsächlich schoss er jeden Stein aus dem Weg und haute auch oft – »völlig grundlos« – gegen Randsteine. Hinzu kamen Nägelbeißen, das sich trotz intensiver Bemühung ihrerseits nur unter massiver Strafandrohung bessern ließ. Auf meine Frage, ob er genug Bewegung habe, stellte sich heraus, dass er – »sehr begabt« – bei einer Tanzgruppe mitmache und auch durch die Waldorfschule diesbezüglich gefördert sei. Dort gab es regelmäßig Eurythmie-Übungen, und er spielte auch Kantele (ein Zupfinstrument). Auf mein Nachfragen, ob die Tanzgruppe wirklich Danis eigener Wunsch sei, stellte sich heraus, dass die Mutter die Tanzlehrerin war und ihn einfach mitnahm. Leider sei er meist der einzige Junge in der Gruppe!

Beim nächsten Mal konnte ich die erste halbe Stunde allein mit Dani verbringen, und so erfuhr ich, wie sehr er die Tanzstunden hasste, das Kantelespielen nur ertrug und stattdessen – heimlich – von Fußball und Rockgitarre träumte. Als er merkte, dass ich gegen beides nichts einzuwenden hatte, versuchte er, mich sofort als Verbündeten zu gewinnen, um seine Mutter in diesem Sinne zu beeinflussen.

Allmählich kamen bei der Mutter ebenfalls allergische Symptome zur Sprache. Offensichtlich war Dani zur Projektionsfläche zahlreicher Aggressionsprobleme beider Eltern geworden, und allein das Sichtbarmachen dieser Problematik in vielen Bereichen des Familienlebens entlastete das Kind und seine Symptomatik deutlich. Einen weiteren Fortschritt brachte es, den Vater zu gemeinsamer Bewegung mit Dani zu gewinnen, was beiden auf verschiedenen Ebenen guttat. In dem Maß, wie das Aggressionsprinzip als solches erkannt und dann auch – teilweise – in erlöster Weise zugelassen wurde, kam weitere Erleichterung in Danis Alltag, aber auch insgesamt in das Familienleben.

Benutzungshinweise

Die Auswahl der Themen und Zuordnungen – von Tieren bis zu Prominenten – ist eher willkürlich; lernen kann man das »Sehen von Prinzipien« an beliebigen Beispielen. Bei der Wahl der Pflanzen kommt es allerdings zu einer gewissen Betonung des Medizinaspektes. Einen Schwerpunkt bilden auch die den jeweiligen Lebensprinzipien zugeordneten Körperregionen und -organe sowie deren Krankheitsbilder.

Das senkrechte Weltbild

In diesem Sinne sind auch vielfältige ausschweifende Assoziationsketten gewollt, da sie ebenfalls zeigen, wie stark diese Art des Denkens die verschiedenen Bereiche unseres Seins durchzieht. Dem Populären, wie etwa prominenten Persönlichkeiten, ist unter der Kapitelüberschrift Feuilleton Raum gegeben, denn erfahrungsgemäß bilden sie einen Schwerpunkt des Interesses. Das haben sie – lerntechnisch – Kunst und Kultur voraus. Da es gleichgültig ist, woran senkrechtes Denken durchschaut und gelernt wird, wählten wir besonders eingängige Beispiele. Damit Form und Inhalt besser zusammenfinden und um das Lernen zu erleichtern, ist die jedem Prinzip entsprechende Sprache gewählt, und das Urprinzipielle besonders betonende Worte sind dezent hervorgehoben.

01Ruediger Dahlke/Bruno Blum: Erde – Feuer – Wasser – Luft – die 12 Lebensprinzipien in den vier Elementen (Literaturverzeichnis).

02Nach Idries Shah: Das Geheimnis der Derwische. Sufigeschichten. Freiburg, Herder 2001.

03*Nicolaus Klein: Glück und Selbstverwirklichung im Horoskop. Schirner, Darmstadt 2005.

04Nicolaus Klein/Ruediger Dahlke: Das senkrechte Weltbild (Literaturverzeichnis), das als Ergänzung zu den Lebensprinzipien mit seinen Tabellen ein gutes Arbeitsbuch darstellt.