PRAXISWISSEN
SCHRITT FÜR SCHRITT
ZUR EIGENEN YACHT
Vorwort
Einführung
1.Vorbereitungen
1.1Ausgangslage
1.2Erfahrung »erfahren«
1.3Kostenvergleich
1.4Eigners Leid
1.5Lebenseinstellung
1.6Aufwand / Leidenschaft
2.Kaufentscheidung
2.1Revier
2.2Das richtige Schiff
2.3Die richtige Größe
2.4Konzept
2.5Material
2.6Bauausführung
2.7Finanzierung
2.8Wirtschaftlichkeit
2.9Zeitpunkt
3.Neubootkauf
3.1Angebot
3.2Planungsphase
3.3Prüfungsphase
3.4Optionslisten
3.5Finanzierung
3.6Besteuerung
3.7Vertragsverhandlungen
3.8Sicherheiten
3.9Übernahme
4.Gebrauchtbootkauf
4.1Bewährt
4.2Zustand
4.3Angebotssuche
4.4Preisbewertung
4.5Technische Bewertung
4.6Dokumente
4.7Unterlagen
4.8Der Kauf
4.9Risiken
4.10Ansprüche
5.Schiffstechnik
5.1Rumpf
5.2Motor
5.3Segel / Verdeck
5.4Decksausrüstung
5.5Elektronik
5.6Stromversorgung – Standard
5.7Stromversorgung – Alternativen
5.8Elektrische Manövrierhilfen
5.9Heizung
5.10Kühlung
5.11Kochen
5.12Trinkwasseranlage
5.13Toilette
6.Schlussbetrachtung
Anhang
Vergleich der tatsächlich anfallenden laufenden Kosten für den Unterhalt einer Yacht
Berechneter Vergleichspreis
Entscheidungsmatrix »unterschiedliche Gebrauchtschiffe«
Entscheidungsmatrix »unterschiedliche Neuschiffe«
Register
Die Idee zum Schreiben dieses Buches entstand bei mir während der Suche nach Informationsquellen zu einigen kniffligen Fragen im Zusammenhang mit einem Schiffskauf. Es waren Fragen aus der Sicht eines Käufers, der zwar schon einige Jahrzehnte Erfahrungen in diesen Dingen hat, aber trotzdem immer wieder auf ungeklärte Probleme stößt. Auf Probleme, die den meisten Interessenten wahrscheinlich gar nicht bekannt sind und von vielen Yachthändlern professionell überspielt werden.
Nicht jeder nimmt sich die Zeit, sich mit jedem Detail auseinanderzusetzen, AGBs zu lesen oder die vielen verschiedenen Angebote zu vergleichen und zu hinterfragen. Auch ich muss gestehen, dass mir einige Probleme und Risiken erst durch die Recherchen zu diesem Buch wirklich bewusst wurden. Für mich ist ein Schiffskauf jedenfalls immer eine große Sache, bei der ich mir nach Möglichkeit Zeit lasse. Es geht um sehr viel Geld. Geld, das vorher verdient und gespart werden muss. Geld, für das ich zwar ein neues Schiff erhalte, aber erst Jahre später »erfahre«, ob es mein Geld auch wirklich wert war.
Vor dem Kauf eines neuen Handys im Wert von 300 Euro werden Testberichte gewälzt, der günstigste Preis ermittelt, und es wird erst gezahlt, wenn die Ware in den Händen gehalten oder der Kaufpreis über Paypal abgesichert wurde. Eine Eigentumswohnung für 50 000 Euro wird nur über einen Notar mit Auflassungsvormerkung im Grundbuch und notariell abgesicherter Zahlung gekauft. Wenn aber eine Yacht für 100 000 Euro oder mehr gekauft wird, die vielleicht erst ein halbes Jahr später gebaut wird, verlässt sich so mancher allein auf mündliche Versprechungen eines Verkäufers, den er kaum kennt. Er zahlt schon lange vor Baubeginn hohe Anzahlungen ohne irgendwelche Sicherheiten und ohne Gewähr für die tatsächliche Lieferung des Schiffes. Auch beim Kauf von Gebrauchtyachten werden teilweise Risiken akzeptiert, die man beim Kauf eines Handys nicht eingehen würde.
Diese Divergenz konnte ich nie nachvollziehen. Denn viele bekannt gewordene katastrophale Insolvenzen von Werften und Händlern sowie Betrügereien von angeblichen Verkäufern bestätigen meine Sorge immer wieder aufs Neue. In mehr als 45 Jahren Wassersport mit einer Reihe von Schiffskäufen bin ich selbst von zwei Händlerinsolvenzen und einer Werftinsolvenz betroffen gewesen – glücklicherweise ohne großen Schaden.
Zu denken gaben mir auch die Erfahrungen, die ich bei den Recherchen zu diesem Buch machen musste. Viele der von mir mit kritischen Fragen, z. B. zur Rumpfbauweise und der Absicherung von Anzahlungen, angeschriebenen Firmen waren zu keiner schriftlichen Antwort bereit.
Mein Dank gilt in diesem Zusammenhang Magnus Rassy (»Hallberg-Rassy«), der meine Fragen noch am Abend meiner Anfrage schriftlich und umfassend beantwortete. Darüber hinaus stellte er mir sein umfangreiches Fotomaterial zur Verfügung, das auf diesem Wege mit einigen Fotos Eingang in die Gestaltung dieses Buches fand.
Ich würde mich freuen, wenn der Inhalt des Buches einen Beitrag dazu leisten kann, dass der Kauf von Booten aller Arten und Größen und die damit verbundenen Begleitmaßnahmen, wie Finanzierung, Registrierung und Versicherung für den Bootskäufer etwas transparenter und damit sicherer wird.
In diesem Sinne wünsche ich viel Erfolg auf dem Weg zum eigenen bzw. neuen Schiff!
Die Aktualisierungen zu diesem Buch schreibe ich während der wieder an Dynamik zunehmenden Corona-Pandemie im Frühjahr 2021. In dieser Situation sind die zukünftigen Entwicklungen, auch im Bereich des Wassersports, nur schwer einzuschätzen.
Es könnte durchaus sein, dass sich die große Nachfrage nach Booten aus dem Jahr 2020 weiter fortsetzen wird. Viele Interessenten sehen hier nach wie vor die sehr attraktive Möglichkeit, Freiheit an Bord des eigenen Schiffes zu genießen.
Die zweite große Unsicherheit betrifft in diesem Zusammenhang die Diskussion um Maßnahmen zum Klimaschutz. Aber auch hier wird das eigene Boot in der Zukunft unstrittig eine relativ umweltschonende Alternative zu Fernreisen und Kreuzfahrten bleiben.
Diese zweite Auflage habe ich vollständig auf den aktuellen Stand gebracht. Dabei habe ich eine Vielzahl von Änderungen, zum Teil erheblich gestiegene Preise, gefallene Zinssätze und aktuelle technische Entwicklungen (z. B. E-Mobilität) berücksichtigt.
In diesem Zusammenhang hat mich das aktuelle Berechnungsergebnis zu den tatsächlichen monatlichen Kosten einer Yacht auf den Seiten 202 bis 204 selbst überrascht: Trotz teilweise erheblich gestiegener Unterhaltskosten blieben die jährlichen Gesamtkosten einer Yacht gegenüber den letzten Berechnungen aus dem Jahr 2016 etwa gleich. Der Grund sind die drastisch gefallenen Zinssätze, sowohl im Guthaben- als auch im Kreditbereich.
Bleiben Sie gesund!
Ralf Neumann
Als Eigner auf seiner eigenen Yacht zu leben, unter strahlend blauem Himmel bei leichter Briese entspannt auf dem Wasser dahinzugleiten, auf dem Vordeck in der warmen Sonne zu liegen und jederzeit jeden Hafen dieser Welt ansteuern zu können. Ist das nur ein Traum oder könnte das Wirklichkeit werden?
Seit Kapitän Joshua Slocum (USA) 1895 mit seiner 11,20 m langen Holzyacht SPRAY als Erster die Welt aus nicht kommerziellen, also sportlichen oder touristischen, Motiven umsegelte, bekam der Yachtsport immer mehr Aufmerksamkeit. Bis dato waren nur wenige Menschen auf die Idee gekommen, längere Seereisen im eigenen kleinen Boot zu »Vergnügungszwecken« zu unternehmen. Auch als der Franzose Bernhard Moitessier 1963 mit seiner 12 m langen Stahlsegelyacht JOSHUA (benannt nach Joshua Slocum) mehrere spektakuläre Weltumsegelungen unternahm, traf er nur hin und wieder in den großen Häfen dieser Welt auf Gleichgesinnte. Yachthäfen und andere wassertouristische Infrastruktur gab es nur selten. Man navigierte selbstverständlich astronomisch mittels Sextant und »Nautischen Tafeln«.
Seit diesen Tagen haben sich die Sehnsüchte in der Wassersportwelt immer mehr verfestigt. Nicht zuletzt aufgrund der Reiseberichte dieser Pioniere und ihrer zahlreichen Nachfolger. Die Yachten wurden größer, schneller, komfortabler und technisierter. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil, die größten und teuersten Yachten lassen sich am besten verkaufen, auch und gerade in Krisenzeiten. Mit »kleinen« Yachten unter 33 ft. Länge können die Werften kaum noch Geld verdienen.
Da ist die Frage erlaubt, ob es wirklich sinnvoll ist, diesem Größer-Schneller-Weiter-Trend zu folgen, um seinen persönlichen Zielen näher zu kommen?
Einer der wenigen, die nicht nur gegen diesen Trend, sondern auch noch gegen den Wind um die Welt segelten, ist der deutsche Segler Wilfried Erdmann. Er hat zwischen 1984 und 2001 die Erde mehrfach mit seiner 10,60 x 3,25 m großen und nur rudimentär ausgestatteten Aluminium-Segelyacht KATHENA NUI umrundet.
Ohne Motor, ohne feste Elektrik und damit ohne größere technische Probleme.
Wie aus diesem kurzen Exkurs ersichtlich wird, stellt sich beim Thema »Bootskauf« nicht nur die Frage, was finanziell, technisch und körperlich gerade noch machbar ist. Es lohnt, sich auch mit der grundsätzlichen Frage zu beschäftigen: Was ist für mich persönlich wirklich »sinn«-voll?
Beim Thema »Bootskauf« geht es regelmäßig um sehr viel Geld. Anders als beispielsweise im Immobilienbereich können hier nämlich sehr schnell viele wirklich teure Fehler gemacht werden. Es sind Entscheidungen am laufenden Band zu treffen, die das Projekt in die eine oder in eine ganz andere Richtung lenken können. Als Grundlage für jede dieser Entscheidungen ist es von enormem Vorteil, wenn sich der Interessent bzw. Käufer nicht nur von seinen Emotionen und den Argumenten der Verkäuferseite leiten lässt.
Die Frage ist: Kann ich erst beim Kauf meines zweiten Schiffes von den Fehlern des ersten Schiffskaufs profitieren? Und wer sagt mir, dass ich beim ersten Mal schon alle Fehler gemacht habe? Wobei das Wort »profitieren« an dieser Stelle von mir sehr bewusst gewählt wurde.
Dieses Buch soll die Entscheidungsgrundlagen verdeutlichen und die daraus erwachsenden möglichen Konsequenzen aufzeigen. Dies kann helfen, schwerwiegende und teure Fehlentscheidungen zu vermeiden. Denn wer schon einmal vor einer derart weitreichenden Entscheidung stand, weiß: Die Nacht vor dem Vertragsabschluss ist geprägt von Zweifeln, Bedenken und Angst vor der eigenen Courage. Da lässt es sich schon ruhiger schlafen, wenn man zumindest das Gefühl hat, nicht vom Verkäufer überredet worden, sondern Herr seiner eigenen Entscheidung zu sein. Zumal, wenn Risiken erkannt und eliminiert werden konnten.
Denn gerade weil es beim Yachtkauf regelmäßig um sehr viel Geld geht, wittern hier auch Kriminelle ihr Geschäft. Nicht nur in Zeiten des Internets ist man als solventer Käufer ein potenzielles und lohnendes Ziel in den Augen dieser Leute. Die Gelegenheiten sind vielfältig und die Taten gar nicht so selten, wie man vielleicht glauben möchte. Lange nicht alles wird in der Presse veröffentlicht. Daher gilt es, wachsam zu sein, die Risiken zu erkennen, zu bewerten und konsequent auf mögliche Überrumpelungsstrategien bzw. Betrugsversuche zu reagieren. Auch hier will ich versuchen, Sie zu sensibilisieren und dadurch möglichst vor Fehlern zu bewahren.
Die Behandlung aller technischen Details hätte den Rahmen dieses Buches gesprengt. Ziel war es vielmehr, Ihnen einen Überblick über wesentliche technische Optionen zu verschaffen und die damit verbundenen Vor- und Nachteile zu benennen. In der oft euphorischen Kaufsituation können Sie Fehlentscheidungen anhand dieser Überlegungen weitgehend vermeiden. Grundsätzlich soll der Blick für das Wesentliche geschärft werden. Denn der geht oft verloren, wenn man sich zu sehr in technischen Detailfragen verliert.
Im Rahmen dieses Buches wird zunächst die Frage behandelt, wie sinnvoll denn eigentlich die Anschaffung eines eigenen Bootes ist, welche Voraussetzungen vorliegen sollten und welche Risiken damit verbunden sind. Im Anschluss gehe ich der Frage nach, welcher Bootstyp und welche Bootsgröße, auch im Hinblick auf die zu erwartenden Kosten und der eigenen Lebenseinstellung, sinnvoll sein können. Erst wenn diese Entscheidungen getroffen sind, geht die Überlegung weiter in Richtung eines neuen oder eines gebrauchten Bootes. Wie komme ich zu dem für mich optimalen Boot? Spätestens an dieser Stelle sollten Sie wissen, mit welchen Kosten Sie rechnen müssen, ob und wie Sie den Kauf finanzieren können. Es gibt sehr viele Details zu beachten. Welche Technik ist an Bord notwendig, sinnvoll oder auch überflüssig?
Schließlich kommt es zum Abschluss eines Kaufvertrages. Damit werden die Grundlagen für den weiteren Ablauf, nicht nur bis zur Übernahme und Bezahlung des Bootes, gelegt. Er ist auch Grundlage für die richtige Reklamation der später so gut wie immer auftretenden Mängel. Auch hier können schnell weitreichende Fehler gemacht werden. Da sich die Auswahl und der Kauf bei neuen und gebrauchten Booten grundsätzlich unterscheiden, wird dieser Abschnitt in nach Neu- und Gebrauchtbooten getrennten Kapiteln behandelt. Trotzdem sollten Sie beide Kapitel lesen, da es immer wieder zu Überschneidungen kommt.
Die grundsätzlichen Überlegungen zu wichtigen Teilen der Schiffstechnik werden im letzten Kapitel wieder für Neu- und Gebrauchtschiffe zusammengefasst behandelt. Diese spielen sowohl bei der Auswahl der Optionen auf der Bestellliste als auch bei der Bewertung und Auswahl eines gebrauchten Schiffes eine große Rolle. Sie bilden einerseits einen sehr bedeutenden Kostenfaktor und anderseits wichtige Auswahlkriterien.
In allen Phasen der Abhandlung eines Bootskaufes wird immer wieder auf mögliche Risiken hingewiesen, wobei nicht davon auszugehen ist, dass diese Risiken in jedem Fall zu realen Problemen führen werden. Aber schließlich soll der Bootskäufer möglichst allen Problemen aus dem Wege gehen können, damit er dann als Eigner wirklich ungetrübte Freude an »seinem Schiff« haben kann.
In einigen Beispielrechnungen im Anhang des Buches werden ein paar grundsätzliche Überlegungen verdeutlicht und ggf. auf spezielle Probleme hingewiesen. Diese Berechnungen können als Grundlage für den jeweiligen Einzelfall und die dabei zu berücksichtigenden besonderen Umstände herangezogen werden. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen und insbesondere das Besteuerungssystem unterliegen zwar einem stetigen Wandel, allerdings wird die zugrunde liegende Systematik nur selten geändert.
Mein Ziel ist es, die wichtigsten Aspekte und Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Kauf eines Bootes aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten und Ihnen damit Ihre persönlich zu treffenden Entscheidungen zu erleichtern.
Bei den ersten Überlegungen in Richtung eines Bootskaufs werden Sie sich fragen, wie Sie die ganze Sache angehen sollten und was da auf Sie zukommen kann.
Bevor ich auf die Überlegungen zum eigentlichen Schiffskauf eingehe, möchte ich zunächst die persönliche Ausgangslage, die sicher bei jedem sehr unterschiedlich aussehen wird, beleuchten.
Im Rahmen dieses Buches soll auf die Sportarten im oder unter Wasser eigentlich gar nicht eingegangen werden. Aber oft sind es gerade Sportarten wie Surfen, Stand Up Paddling (SUP) oder Rudern, die den Ausgangspunkt für eine sich entwickelnde Affinität zum Wassersport mit Segel- oder Motorbooten bilden. Manchmal mangelt es zunächst an Gelegenheiten, sich ein Bild vom Umgang mit Booten zu machen. Vielleicht sieht man zunächst auch keine finanzielle Machbarkeit. Irgendwann aber springt dieses Virus über und plötzlich steht man vor ganz neuen Überlegungen: Reichen meine eigenen Fähigkeiten? Bin ich ausreichend seefest? Ist das nicht viel zu teuer für mich? Wie kann ich anfangen?
In diesem Fall ist aller Anfang eigentlich gar nicht schwer. Besuche der einschlägigen Bootsmessen, wie der »Boot«, der europaweit größten Wassersportmesse Ende Januar in Düsseldorf, oder der »Interboot« im September in Friedrichshafen am Bodensee, der »Boot & Fun« Ende November in Berlin und den vielen anderen Wassersportmessen in den Niederlanden, Paris, Southampton und Cannes vermitteln Ihnen einen hervorragenden Überblick. Hier können Sie das gesamte Spektrum vom Boot über das Zubehör und das unvermeidliche Drumherum, wie Versicherungen, Liegeplätze und alle Arten von Problemlösungen, auf sich wirken lassen. Wer hier anfängt, sich zu interessieren und dies nach außen erkennen lässt, wird relativ schnell von Angeboten der Wassersportindustrie überhäuft. Bereits an dieser Stelle heißt es, einen »kühlen Kopf bewahren« und in Ruhe zu überlegen. Dabei ist es vorteilhaft, wenn Sie schon auf erste oder sogar weitergehende Erfahrungen mit eigenen Booten zurückgreifen können – oder als Bootseigner bereits an den Kauf eines größeren Bootes denken. Sie sehen: Die Ausgangslage ist vielfältig, aber die Überlegungen für das nächste Ziel sind in allen Fällen sehr ähnlich.
Im Januar die »Boot« in Düsseldorf.
An dieser Stelle sollten Sie einmal innehalten und darauf achten, dass Sie nun nicht den zweiten oder dritten Schritt vor dem ersten machen. Die notwendige Erfahrung kommt auch im Wassersport nicht von heute auf morgen und setzt sich aus mehreren wichtigen Komponenten zusammen.
Sie sollten zumindest schon einmal kurz darüber nachdenken, wie Sie das Boot vom Händler / Verkäufer zum Liegeplatz bekommen und ob Sie dann auch noch in der Lage sind, das teure Stück durch die Schleuse aufs offene Wasser zu manövrieren. Auf offenem Wasser, auch auf dem Bodensee oder dem IJsselmeer, sind Navigationskenntnisse überlebenswichtig. Die Elektronik kann jederzeit ausfallen oder die Sicht wird plötzlich schlecht. Die drei Faktoren Windstärke, Seegang und Strom sind ebenfalls nicht zu unterschätzen, insbesondere, wenn sie sich durch gemeinsames Auftreten multiplizieren oder gar potenzieren. Dies zu erkennen und zu meistern braucht einige Erfahrung.
Englische Südküste: Ausfahrt aus dem Beaulieu River in den Solent.
Die beste Voraussetzung dürfte hier zunächst einmal der in Deutschland teilweise vorgeschriebene
•Sportbootführerschein Binnen (über 15 PS und bis 15 m Länge, auf dem Rhein über 5 PS und bis 15 m Länge) oder / und
•der Sportbootführerschein See (über 15 PS),
•für den Bodensee das Bodenseeschifferpatent A (über 6 PS) und
•das Bodenseeschifferpatent D (über 12 m2 Segelfläche) sein.
Darüber hinaus gibt es für Yachten zwischen 15 und 25 m noch
•das vorgeschriebene Sportschifferzeugnis (Binnenschifffahrtsstraßen),
•das Sportpatent (Rhein)
Bei Bedarf dazu noch der Fachkundenachweis für Seenotsignalmittel.
Englische Südküste: Portland Tide Races bei schönem Wetter.
Für den Betrieb eines UKW-Funkgerätes benötigen Sie
•für den Binnenbereich das »UKW-Sprechfunkzeugnis für den Binnenschifffahrtsfunk (UBI)« oder
•für den Seebereich das »Beschränkt gültige Funkbetriebszeugnis (Short Range Certificate – SRC)« oder
•für weitere Sprechfunkarten (GW, KW, Sat.) das »Allgemeine Funkbetriebszeugnis (Long Range Certificate – LRC)«.
Darüber hinaus wäre anzuraten, einen dem Seerevier entsprechenden Führerschein, z. B.
•den Sportküstenschifferschein (SKS),
•Sportseeschifferschein (SSS) oder / und
•Sporthochseeschifferschein (SHS)
zu besitzen, auch wenn diese Führerscheine gesetzlich nicht vorgeschrieben sind. Ggf. sollten Sie sich dementsprechend auch über die im Ausland vorgeschriebenen Führerscheine und Funklizenzen informieren. Meist werden die deutschen Führerscheine auch im Ausland anerkannt. Die beste Zeit zum Erwerb des Theorieteils dieser Lizenzen ist übrigens die sogenannte »Wintersaison«, in der zumindest hier in den nördlichen Regionen der Wassersport mehr oder weniger ruht.
Englische Südküste: Strom in der Einfahrt Chichester Harbour.
Der Besitz eines entsprechenden Führerscheins beinhaltet allerdings keinesfalls auch automatisch die Fähigkeit, ein Boot sicher zu beherrschen. Auch wenn manche Führerscheine einen Praxisteil und einen sog. »Meilennachweis« beinhalten. Es ist ein großer Unterschied, ob Sie als Crewmitglied unter der Aufsicht eines Skippers ein paar Manöver fahren oder ob Sie alleinverantwortlich, ohne fremde Hilfe und zum ersten Mal, vielleicht sogar noch Ihr eigenes nagelneues Schiff bewegen müssen. Wenn Sie erst einmal abgelegt haben, können Sie nicht einfach am Strand oder Ufer anlegen und abwarten, bis das Wetter besser wird, der Strom kentert oder bei technischen Problemen der Pannendienst kommt.
Daher der dringende Rat: Sammeln Sie, auch in Verbindung mit Führerscheinen, zunächst praktische Erfahrungen als Crewmitglied auf einem gechartertem Schiff oder bei Freunden an Bord einer entsprechend großen Yacht. Chartern Sie dann selbst als Skipper das eine oder andere Schiff mit Ihrer zukünftig angedachten (Familien-)Crew. Fangen Sie dabei klein an. Dieser Weg ist der entspanntere, risikolosere und sicherere zum eigenen Schiff. Nur so können Sie für sich entscheiden, ob es das Richtige für Sie und Ihre Crew ist, welche Art von Schiff Ihnen liegt, mit welcher Größe Sie anfangen und welches Revier für Sie in Frage kommt.
Und wenn Sie Wert darauf legen, dass Ihre Crew bzw. Ihr Partner auch in Zukunft mit Ihnen fährt, überfordern Sie sie / ihn möglichst nicht mit Kälte, Wind, Regen oder Krängung. Auch wenn die Charterkosten im Sommer bzw. im Süden deutlich höher sind.
Nachdem Sie die ersten Erfahrungen auf fremden Schiffen gesammelt haben, kommt früher oder später zwangsläufig die Frage auf, ob Sie sich nicht auch ein eigenes Schiff kaufen sollten.
So stellen sich die Fragen: Warum haben so viele Leute eigene Schiffe und ich nicht? Kann ich mit einem eigenen Boot nicht die hohen Charterkosten sparen?
Ein einfacher Kostenvergleich reicht hier jedoch (leider) nicht aus. Was aber nicht heißen soll, dass ein eigenes Schiff nicht unter Umständen günstiger sein kann.
Was macht das Chartern eigentlich aus? Zunächst einmal brauchen Sie kein Schiff zu kaufen bzw. zu bezahlen. Sie zahlen lediglich einen Charterpreis, ähnlich einer Miete beim Leihwagen. Dazu hinterlegen Sie eine Kaution als Sicherheit. Wenn Sie einen Schaden verursachen, ist dieser in vielen Fällen durch die Kaution abgedeckt und selbst dieses Risiko können Sie noch mit einer Kautionsversicherung absichern. Chartern Sie ein größeres Schiff mit entsprechend mehr belegten Kojen, kommen Sie noch günstiger weg. Dabei geht dann allerdings auch leicht der Spaß am eigentlichen Segeln bzw. Motorbootfahren verloren. Positiv kommt aber noch hinzu, dass Sie sich das Revier, das Schiff und die Crew jedes Mal aufs Neue aussuchen und auch weit entfernte Gegenden (Mittelmeer, Karibik, Pazifik) kennenlernen können.
In allen Revieren werden Charterboote in vielen Größen angeboten.
Leider ist das nicht die ganze Wahrheit, denn beim Chartern sind Sie an feste, vorgeplante Termine gebunden und müssen das Wetter nehmen, wie es kommt. Das heißt, dass Sie trotz Kälte, Nässe und Sturm rausfahren, wenn Sie eine Woche in der Vorsaison gebucht haben – eben weil Sie nur diese eine Woche haben und die Charterkosten bezahlt sind. Um die Charterkosten erträglich zu halten, buchen Sie am besten außerhalb der Hochsaison. Sonst müssen Sie in dieser häufig exorbitante Charterpreise zahlen. Wenn Sie aber Kinder haben, sind Sie auf die Schulferien und damit die teure Hochsaison angewiesen.
Genau an dieser Stelle wird für Familien mit schulpflichtigen Kindern ein Kostenvergleich interessant: Wer in dieser Situation mehrere Wochen segeln oder Motorboot fahren will, könnte mit einer eigenen Yacht unter Umständen günstiger fahren.
Der Eigner einer Yacht verbringt in der Regel wesentlich mehr Zeit auf seinem Schiff als nur während seines Jahresurlaubs. Hinzu kommen Wochenenden, Feiertage etc. Multiplizieren Sie unter diesem Aspekt die auf oder mit dem Schiff verbrachten Tage mit den Charterkosten einer entsprechenden Yacht, fahren Sie, je nach individueller Nutzungsdauer, mit der eigenen Yacht möglicherweise wesentlich billiger (siehe Anhang »Vergleich der tatsächlich anfallenden laufenden Kosten für den Unterhalt einer Yacht«).
Golf von Biscaya: La Trinité sur Mer.
Leider wird es sich unter finanziellen Gesichtspunkten hier um die wenigen Konstellationen handeln, die zugunsten der eigenen Yacht ausfallen.
Ein weiterer Vergleich, der allerdings zugegebenermaßen ein wenig hinkt, ist der mit einer entsprechend langen Kreuzfahrt auf einem Luxusliner für eine entsprechende Personenzahl. Wenn Sie es aus dieser Perspektive betrachten, ist eine eigene Yacht mittlerer Größe in mehrfacher Hinsicht ziemlich »billig«. Allerdings mit dem Unterschied, dass Sie auf Ihrer eigenen Yacht jeden Tag am Kapitänstisch Platz nehmen dürfen und selbst den Kurs und die Verweildauer in den Häfen bestimmen. Grundsätzlich kann man sagen, dass eine Yacht dann nicht zum »Verlustgeschäft« (wenn man es denn als »Geschäft« sehen will) wird, wenn man sie sich erstens leisten kann (auf die Größe kommt es an) und sie zweitens auch so intensiv »nutzt«, dass man am anderen Ende die Kosten wieder einspart (keine Kreuzfahrt, keine Pauschalreise, kein Winterurlaub, kein Ferienhaus etc.). Es kommt wie immer auf den individuellen Blickwinkel an.
Die persönlichen Voraussetzungen sind allerdings so unterschiedlich, dass generelle Aussagen zum finanziellen Aspekt nur schwer möglich sind. Anhand der tatsächlichen Kostenkalkulation im Anhang können Sie sich aber leicht selbst Ihre individuelle Berechnung erstellen. Überschlägig machen die jährlichen Folgekosten einer Yacht etwa 10 % (einschließlich Finanzierung und Wertverlust) ihres Neupreises aus. Auch bei Gebrauchtyachten sind die laufenden Kosten etwa gleich hoch, nämlich etwa 10 % vom derzeitigen (evtl. hochgerechneten) Neupreis. Ich warne nur schon einmal davor, sich hier selbst etwas vorzumachen oder schönzurechnen. Allerdings ist mir bewusst, dass die allermeisten Yachteigner diese Wahrheit nicht wissen (wollen). Man muss es sich halt leisten können.
Englischer Kanal: Ankerbucht vor der Insel Sark.
Der Vollständigkeit halber müssen allerdings noch einige Aspekte angesprochen werden, die Sie als zukünftiger Yachteigner nicht unberücksichtigt lassen sollten (die vielen positiven Seiten kommen später!).
Zuallererst macht eine eigene Yacht mehr Arbeit und / oder verursacht mehr Kosten und birgt mehr Risiken, als Sie zunächst denken. Die erforderliche Arbeit an einer Yacht – bzw. alternativ die Kosten, die durch Fremdvergaben (Serviceunternehmen wie Werften, Winterlagerbetriebe, Yachtservice, Segelmacher, Segelreiniger, Rigger, Takler, Motorenservice, Tankreinigungsbetriebe, Überführungsteams, Skipper, Profibootsleute, Reinigungsbetriebe, Hotels, Makler etc.) entstehen – sind für diese Überlegung immer relativ ähnlich. Entscheidend ist allerdings, dass der Anteil der Arbeit bzw. der entsprechenden Kosten im Verhältnis zur Nutzung der Yacht mit zunehmender Nutzungszeit immer kleiner wird (siehe Grafik). Das heißt: Ein Eignerschiff muss auch genutzt werden. Denn die Kosten laufen auch dann weiter, wenn niemand an Bord ist. Ob man bei dieser Überlegung und bei begrenzten Urlaubswochen auch noch einen Winterurlaub einschieben kann, muss jeder für sich selbst bewerten. Jedenfalls haben nicht wenige Yachteigner zu Hause einen ziemlich verwilderten Garten …
Mit einem steigenden Grad der Eigenleistung am Schiff sinkt gleichzeitig der verbleibende Zeitanteil der Yachtnutzung. Dafür sinken allerdings auch die Kosten enorm. Praktisch kann der größte Teil des Wartungs- und Reparaturaufwandes entweder durch kommerzielle Dienstleister (Yachtservice) oder aber auch selbst erbracht werden. Die Kosten beginnen allerdings schon weit vor den Wartungsund Reparaturkosten (Liegeplatz, Versicherung etc.). Der Wartungs-, Pflege- und Reparaturaufwand (mit den dadurch verursachten Kosten) ist nur in geringem Umfang von der Nutzungsdauer des Schiffes abhängig. Er fällt ggf. auch dann schon an, wenn das Schiff gar nicht genutzt wird. Im Gegenzug wird der Aufwand im Verhältnis zur Nutzung geringer, je größer das Zeitfenster ist, das dem Eigner für sein Schiff zur Verfügung steht. Beispiel: Bei 0 % Eigenleistung kann ich nach etwa 2 – 3 Tagen Einräumen ablegen. Bei 100 % Eigenleistung kann das durchaus 2 Wochen dauern.
Regelmäßige Wartung der Winschen.
Hinzu kommt ein nicht unwesentlicher Aspekt, der schon unter dem Stichwort »Charterkaution« angeführt wurde. Ein Schaden am eigenen Schiff ist bei Weitem nicht mit einer Kaution abgedeckt, die auch noch auf alle Crewmitglieder aufgeteilt oder durch eine Versicherung abgedeckt wird. Es kommt auch kein Vercharterer, der das defekte Schiff abholt und repariert. Um Probleme aller Art müssen Sie sich als Eigner ausschließlich selbst kümmern oder entsprechend Geld in die Hand nehmen und Leute dafür bezahlen. Und glauben Sie mir: Es tut viel mehr weh, wenn Sie eine Schramme in Ihr eigenes Boot fahren, als wenn Sie die Schramme nur dem Vercharterer beichten müssen. Ein Eigner wird sich zweimal überlegen, ob er bei schwerem Wetter den Hafen verlässt. Er denkt an sein (!) Material, er weiß genau, welches Risiko er eingeht und – er hat »Zeit«.
Für die meisten Menschen dürfte naturgemäß die Finanzierung eines Schiffes die größte Hürde sein. Grundsätzlich sollten Sie sich hierzu überlegen, was Ihnen ein eigenes Schiff wert ist und ob Sie das Geld dafür »übrig« haben. Angeblich soll ca. die Hälfte aller Yachten mehr oder weniger fremdfinanziert sein.
Arbeit am Unterwasserschiff.
Auch wenn es etwas unsolide klingen mag, ist die günstigste Finanzierung eines Schiffes eine Hypothek auf das Eigenheim bzw. die Aufstockung einer noch eingetragenen Grundschuld.
Eine Finanzierung könnten Sie aber auch z. B. dadurch ermöglichen, dass Sie Ihre Ausgaben reduzieren, also ein kleineres Schiff auswählen, ein günstigeres Gebrauchtboot suchen oder vielleicht sogar einen Selbstbau oder Selbstausbau ins Auge fassen. Aber zu den Finanzierungsmöglichkeiten komme ich im Einzelnen noch in Kapitel 2.7.
Im Zusammenhang mit der Finanzierung sei hier direkt auf ein gewisses Risiko hingewiesen: Genau wie Immobilien unterliegen auch Schiffe den Gefahren Feuer (meist in Winterlagerhallen), Sturm, Wasser und Einbruch. Bei Schiffen kommt jedoch hinzu, dass sie auch noch durch Sinken, Stranden, Diebstahl, Unterschlagung, Transporte etc. zum Totalverlust werden können, wobei noch nicht einmal ein Grundstück übrig bleibt. Leider ist es nicht möglich, wirklich alle Gefahren durch Versicherungen abzudecken.
Nebenbei verliert ein Schiff auch noch schneller an Wert, als man zunächst denkt. Betrachten Sie also ein Schiff keinesfalls als Geldanlage – schon gar nicht als sichere. Leider kommen auch immer mehr langfristige Risiken hinzu, die ich fairerweise nicht unerwähnt lassen möchte: Wenn Sie ein Schiff erst einmal gekauft haben, können Sie es nicht so ohne Weiteres und ohne Verluste schnell mal wieder verkaufen.
Kann passieren.
Daher müssen Sie auch darüber nachdenken, ob eine sich leider immer deutlicher abzeichnende Klimaveränderung und die zunehmende Meeresverschmutzung in der Zukunft den Yachtsport möglicherweise unattraktiver werden lassen. In dem Zusammenhang wird vielleicht auch die immer kürzer werdende Abfolge politischer, ökonomischer und ökologischer Krisen eine gewisse Rolle spielen. Daraus könnten sich unter Umständen Konsequenzen für die Versicherungsprämien, die Steuer- und die Abgabenlast ergeben. Boote wären dann ggf. schwerer verkäuflich bzw. unverkäuflich.
Nach all diesen negativen Anmerkungen werden Sie sich fragen, was denn überhaupt noch für eine eigene Yacht spricht? Sehr viel sogar!
Das eigene Schiff steht ständig für Sie bereit. Ihre gesamte persönliche und nautische Ausrüstung ist an Bord. Vorräte wurden rechtzeitig gebunkert. Und das alles jeden Tag der Saison, 24 Stunden lang. Ein freies Wochenende, auch wenn es ungeplant war, können Sie »mal eben« auf Ihrem Schiff verbringen. Wenn das Wetter schlecht ist, bleiben Sie »ohne schlechtes Gewissen« auch gern einmal am Liegeplatz und genießen den Tag, weil Sie ja keine hohen Charterkosten bezahlt haben. Hinzu kommt, dass Sie sich mit Ihrem Schiff meistens an den schönsten Plätzen der Welt befinden – direkt am Wasser. Plätze, die Camper und Wohnmobilisten nur selten erreichen. Sie müssen Ihren Urlaub zudem nicht mehr buchen, können auch einmal länger bleiben, Freunde mitnehmen, hinfahren, wo auch immer Sie hin wollen – theoretisch weltweit, von jetzt auf gleich. Sie sind frei! Das ist unbezahlbar. Das ist Lebensqualität. Und nicht zuletzt entwickelt es sich nicht selten zu einer ganz besonderen Lebenseinstellung.
Vor Anker liegend ist es ein ganz besonderer Sonnenuntergang.
Die intensive Nutzung durch die Eigner ist auch der Grund, warum die meisten Yachteigner ihr Schiff nach einiger Zeit wirklich beherrschen und auch die letzte Schraube in der Bilge kennen. Sie sind oft sehr lange unterwegs, verbringen den größten Teil ihrer Freizeit an Bord und haben auf diese Weise unglaublich viel Erfahrung gesammelt. Sie spielen sozusagen »in einer anderen Liga«. Dadurch sind sie oft auch in der Lage, ihr Schiff einhand (allein) zu fahren oder zu segeln. Als Charterkunde wäre das sicherlich kaum möglich.
Beeindruckende Begegnung im Solent: J Class VELSHEDA.
Insbesondere ältere, erfahrene Wassersportler, die seit Jahrzehnten segeln oder Motorboot fahren, schon alles Erreichbare mit ihrem Schiff gesehen haben und die Gemütlichkeit im Hafen schätzen, nutzen ihr Boot am Liegeplatz gern wie ein Ferienhaus auf dem Wasser. Ohne den Rasen, der jede Woche gemäht werden muss, ohne Gartenarbeit und ohne dass die Mülleimer an die Straße gestellt werden müssen. In herrlicher Natur, aber mit allem Komfort, den Sie möchten oder brauchen. So gesehen ist das eigene Schiff oft sogar preiswerter und macht weniger Arbeit als ein vergleichbares Ferienhaus. Und eine Urlaubsreise mit dem Schiff ist auch noch jederzeit (»kostenlos«) möglich.
Wenn Sie einen erfahrenen Yachteigner fragen, ob er sich ein Leben ohne Schiff vorstellen könne, werden die allermeisten sagen, dass sie ihr Schiff so lange weiter fahren wollen, bis sie es gesundheitlich nicht mehr schaffen oder sie durch andere Lebensumstände dazu gezwungen werden. Freiwillig werden sie ihr Schiff jedoch in den seltensten Fällen aufgeben. Ich kannte einen Eigner, der mit über 90 Jahren noch allein (!) mit seinem 11 m Motorsegler fuhr und sehr glücklich dabei war.
Welche Rolle spielt so ein Schiff eigentlich im Leben eines Eigners bzw. der Eignerfamilie? Um es vorwegzunehmen: eine sehr große. Jedenfalls ist es nicht mit einem teuren Familienauto vergleichbar, mit dem man zur Arbeit und zum Einkaufen fährt.
Das Schiff liegt selten direkt vor dem Haus, es macht mehr Arbeit, es braucht mehr Aufmerksamkeit, es verschlingt mehr Geld. Aber es schenkt dafür auch sehr viel mehr Lebensfreude, Lebensqualität, und man wohnt eine gewisse Zeit darin.
Gerade wenn man selbst nicht direkt am Wasser wohnt, ist es unglaublich reizvoll, seine Freizeit außerhalb seiner gewohnten Umgebung auf dem Wasser zu verbringen. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Auf einer Yacht lebt man, genau betrachtet, inmitten einer Beule im Wasser, also teilweise auch unter dem Wasserspiegel und nur durch die dünne Rumpfschale vom Wasser getrennt. Und gerade wegen dieses Reizes versuchen viele Eignerfamilien so viel Zeit wie möglich auf ihrem Schiff zu verbringen.
Nicht wenige Leute verbringen selbst in nördlichen Revieren die ganze Saison und manche sogar das ganze Jahr an Bord ihrer Yacht. Letztgenannte haben teilweise ihren Wohnsitz auf ihre Yacht verlegt und ihr Haus verkauft. Sie wohnen auch im Winter von Eis und Schnee umgeben an Bord und bekommen ihre Post über den Hafenmeister. Das ist sicherlich nicht jedermanns Sache, aber es funktioniert wirklich – sogar mit gewöhnlichen GFK-Serienyachten.
Wenn das Boot zu lange liegt, wird es Teil der Hafenanlage.
Es ist auch durchaus möglich, die Yacht im Winterhalbjahr zu fahren bzw. zu segeln. Die Mehrzahl der Yachteigner wintert ihr Schiff jedoch mit gutem Grund ein. Denn die Wintersaison ist zumindest im Norden sehr kalt, stürmisch und nass. Die gefühlten Temperaturen sind in der Regel nicht im »Komfortbereich«. Sie könnten Kälte oder Wind oder Regen allein vielleicht noch gut aushalten, aber wenn zwei dieser Faktoren zusammenwirken, wird es außerhalb der geheizten Kajüte oder dem Steuerstand sehr ungemütlich. Die größte »Spaßbremse« aber sind die sehr kurzen Tage. Die paar Stunden Sonnenlicht reichen einfach nicht aus für einen Törn oder andere Betätigungen, und die kalten Winternächte sind dementsprechend viel zu lang.
Trotzdem beschäftigen sich viele Eigner auch im Winter mit ihrem Schiff. Entweder sie bereiten es auf die kommende Sommersaison vor oder sie optimieren das eine oder andere. Oder sie genießen einfach ein paar Stunden andächtig in oder auf ihrem eingewinterten Schiff und träumen vom Frühling und dem ersten Schlag mit dem Schiff auf dem Wasser.
Ungewöhnliche Arbeiten können auch Spaß machen.
Niederlande Dokkum / Friesland.
Wenn Sie sich entschließen, Ihr Schiff nicht in die Hände eines Yachtservices zu geben und lieber alles oder fast alles selbst machen, haben Sie ein viel intensiveres Verhältnis zu Ihrem Hobby. Vielleicht können Sie sich dadurch sogar ein größeres Schiff leisten. Jeder kann, wenn er wirklich will, mit der Zeit Fähigkeiten entwickeln, die er vorher bei sich in dieser Form gar nicht für möglich gehalten hätte. Dieser Lernprozess kann ein nicht unwesentlicher Teil des Yachtsports sein, der fast soviel Freude bereitet wie das Fahren oder Segeln selbst. Das Schöne dabei ist, dass Sie »bei schlechtem Wetter schrauben und bei schönem Wetter fahren« können. Es entsteht kein Vakuum, in dem Langeweile aufkommen könnte. Unterwegs vermitteln diese Fertigkeiten eine gewisse Sicherheit. Erstens wissen Sie, dass alles in Ordnung ist und zweitens könnten Sie das meiste selbst reparieren, wenn doch einmal etwas nicht funktioniert. Denn meistens geht etwas kaputt, wenn Sie gerade an einsamen Orten ankern, am Wochenende oder wenn gerade kein Fachbetrieb erreichbar ist.
Bei einer rationalen Kaufentscheidung geht es nicht nur um das schönste, billigste oder komfortabelste Boot. Das Boot selbst ist nur einer von vielen Faktoren, die auf dem Weg zur optimalen Entscheidung Eingang finden sollten. Es geht z. B. auch darum, wo Sie mit Ihrem Schiff fahren wollen, welche Bedingungen dort herrschen, wie Sie Ihr Boot nutzen möchten, welches Baumaterial für die geplante Verwendung am geeignetsten ist, wie viel Geld Ihnen zur Verfügung steht, wann der richtige Zeitpunkt für einen Kauf gekommen ist und wie viel Mühe Sie in das Projekt stecken wollen oder können.
Nachfolgend habe ich die einzelnen Faktoren in einer logischen Abfolge zusammengetragen, um so die nötigen Überlegungen zu strukturieren.
Bevor Sie sich dem konkreten Schiff widmen, sollte zunächst die Überlegung greifen, welches Wassersportrevier für Sie in Frage kommt bzw. welches Gewässer überhaupt erreichbar ist. In den meisten Fällen wird die grundsätzliche Entscheidung schon in der Richtung gefallen sein, ob es ein Binnen- oder ein Seerevier sein soll. Damit verknüpft ist häufig auch die Frage nach einem Segelboot mit entsprechender Masthöhe und Tiefgang oder einem Motorboot mit wenig Tiefgang und geringer Durchfahrthöhe.
Möchten Sie überwiegend im Binnenbereich fahren, »stoßen« Segelboote, im wahrsten Sinne des Wortes, schnell an ihre Grenzen in Form von Brücken und Flachwasser. Mit einem Motorboot lassen sich, abhängig von Höhe und Tiefgang, wesentlich mehr attraktive Ziele erreichen. Allerdings gibt es auch Binnenreviere, auf denen man segeln kann. Oft besteht sogar die Möglichkeit, diese Reviere mit gelegtem oder manchmal sogar mit stehendem Mast auf dem Wasserweg zu verlassen. Umgekehrt ergibt es meist wenig Sinn, für ein ggf. nicht seegängiges Verdränger-Motorboot einen Liegeplatz an einer offenen Küste zu nehmen.
Wassersport kann eigentlich fast überall betrieben werden. Die Frage ist nur, in welchem Umfang – und welchen Aufwand Sie in Kauf nehmen wollen, um ein weiter entferntes, schöneres Revier zu erreichen. Je nach Neigung und Wohnort dürften hier individuell sehr unterschiedliche Überlegungen greifen und in den meisten Fällen in einen Kompromiss münden.
Manche Brückendurchfahrt kann bedenklich werden. Hier passte es gerade noch!
Grundsätzlich würde ich empfehlen: Bevorzugen Sie lieber ein näher gelegenes, noch akzeptables Revier, denn Sie werden öfter zu Ihrem Boot fahren wollen, als Sie denken. Nehmen Sie dafür ggf. lieber eine entspannte Überführungsfahrt mit Ihrem Schiff zu Ihrem Lieblingsrevier (z. B. für die Urlaubsreise) in Kauf. Sie sparen dadurch jedes Jahr viele langweilige Stunden im Auto, die sie besser auf Ihrem Schiff verbringen können.
Zu den vom deutschsprachigen Raum aus erreichbaren großen Revieren kann man grundsätzlich Folgendes sagen: