Alle in diesem Roman vorkommenden Personen, geschilderten Schauplätze, Ereignisse und Handlungen sind frei erfunden.
Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen oder Ereignissen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Covergestaltung: Tom Jay - tomjay.de
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Lostgirl
von
Natasha Doyle
„Lieutenant, ich habe gehört dass bei den ...“
„Stopp“, sage ich und halte zur Bekräftigung meiner Worte eine Hand hoch. „Denken Sie jetzt gut nach, Rivers. Sollten in Ihrem Satz die Worte Devils oder Biker vorkommen und es nicht um einen aktuellen Mord gehen, lasse ich Sie eine Woche zur Streife versetzen.“
Er klappt hastig den Mund zu.
„Was wollten Sie mir mitteilen?“, erkundige ich mich betont freundlich.
„Nicht so wichtig, Ma‘am.“ Er dreht sich auf dem Absatz um und verschwindet.
Dachte ich mir doch.
Sie kommen mit jedem noch so dämlichen Gerücht zu mir, sobald die Devils in irgendeiner Form beteiligt sind. Selbst wenn einer von ihnen falsch geparkt hat. Was sie übrigens regelmäßig tun. Weil meine Kollegen wissen, dass ich, seit ich hier lebe, unbeirrbar hinter ihnen her bin.
Vielleicht sollte ich ‚war‘ sagen. Ich habe nämlich vor ein paar Monaten eine unheilige Allianz mit Lewis Coster geschlossen.
Habe ich es bereut? Nicht grundsätzlich, aber in manchen Momenten schon. Vor drei Monaten haben die Devils Twin Falls „gesäubert“. Was bedeutet, dass sie den Drogenhandel und überhaupt alle Aktivitäten im Park auf null gesetzt haben.
Das mag auf den ersten Blick gar nicht schlecht klingen. Immerhin war der Stadtpark das Zentrum der Kleinkriminalität. Keine Delikte, die Polizei kann Urlaub machen. So titelten die Zeitungen.
Nur, dass die Junkies nicht aufhören Junkies zu sein, weil es keinen Stoff mehr gibt. Im Gegenteil, das Ganze verlagerte und verstreute sich einfach. Jetzt ist es schwieriger, sie zu finden und gegen sie anzugehen. Am Anfang sprangen Dealer von außerhalb „hilfreich“ ein und wurden von den Devils sofort wieder dahin gejagt, wo sie hergekommen waren.
Es gibt mehr Einbrüche und plötzlich schießen Drogenküchen wie Pilze aus dem Boden. Hatten wir vorher ein Kokain, Heroin und Cannabis Problem, haben wir jetzt eine Crystal-Meth-Welle. Dank Internet probieren Leute mit der Herstellung herum, die nicht mal in der Lage sind ein Ei zu kochen.
Die Folge: eine Keller-Explosion in einem Privathaus, vier tote Junkies – Überdosis, und die Forderung der Bevölkerung, dass sich die Biker darum kümmern sollen, die Ordnung in der Stadt wiederherzustellen. Nicht die Polizei oder der Bürgermeister, nein die Devils. Dabei haben die den ganzen Mist doch erst in Gang gesetzt.
Ich will an sich immer noch, dass sich der Club auflöst – sie sind ein krimineller Haufen -, habe aber inzwischen eingesehen, dass das nicht die ‚ultimative Lösung‘ ist, wie Robert Shussler es gern genannt hat. Aber dessen Meinung zählt nicht mehr. Nicht für mich oder sonst irgendwen. Er hatte seine ganz eigenen Dämonen und das hat ihn letztendlich nach Orofino gebracht, wo er dreißig Jahre Zeit hat, über seine Fehler nachzudenken. Außer sie entlassen ihn vorzeitig wegen guter Führung, was er meines Erachtens nicht verdient hat. Sollte mich jemand in der Sache befragen, werde ich das auch so sagen.
Zu wissen, dass ich mit den Bikern kooperiere anstatt sie gnadenlos zu verfolgen, egal mit welchen Mitteln, würde ihn rasend machen. Genau das war Roberts Problem. Irgendwann ist er vom geraden Weg abgewichen und hat immer mehr nach der Devise ‚kein Devil ist unschuldig‘ gearbeitet. Er hat nicht einmal vor der Fälschung von Beweisen und der Verdrehung von Fakten haltgemacht.
Robert war mein Mentor, mein Vorbild und eine Weile auch mein Geliebter. Ich habe ihm blind vertraut und das hat mich dem gegenüber was er tat auch blind gemacht.
Ich bin seit etwas mehr als drei Jahren in Twin Falls, habe aber das Gefühl in der Zeit um mindestens zehn Jahre gealtert zu sein. Ich will nicht sagen, dass ich blauäugig war, als ich herkam, aber wesentlich zielorientierter in meinem Denken. Rainbow, die einzige Freundin, die ich hier - oder überhaupt – habe, nennt es allerdings ‚verbohrt‘.
Rainbow ist der Sonnenstrahl in meinem düsteren Leben. Sie ist der Teil, den ich wie eine Löwin verteidige und vom Rest streng getrennt halte. Sie behauptet von sich, eine weiße Hexe zu sein und normalerweise wäre alleine das ein Grund gewesen, ihr weiträumig aus dem Weg zu gehen. Was ich versucht habe. Aber Rainbow ist hartnäckig, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Und sie hatte sich entschlossen, mein Dasein besser zu machen. Mir war nicht klar gewesen, dass das notwendig war.
Sie hat sich in mein gut sortiertes Leben gedrängt und Chaos mitgebracht. Zuerst war ich wütend darüber und versuchte sie auf diverse Arten loszuwerden. Sie ließ sich nicht vertreiben und heute bin ich ihr dankbar für die Hartnäckigkeit, die ich anfangs verflucht habe.
Ich bin bei einem meiner letzten Fälle in Boise über sie gestolpert. Der Inhaber eines Ladens in ihrer Nachbarschaft war ermordet worden. Rainbow kam im Revier vorbei und bot an zu versuchen, mit seinem Geist Kontakt aufzunehmen. Robert fand sie unterhaltsam und hat sich angehört, was sie zu sagen hatte. Beim Fall durfte sie nicht mitarbeiten, aber er hat sich von ihr die Zukunft voraussagen lassen und ist danach auch noch regelmäßig zu ihr gegangen.
Ich habe nie verstanden, was er sich davon versprach. Detective Robert Shussler war der nüchternste und realistischste Mensch, den ich kannte. Seit er im Gefängnis ist, hat sich das geändert. Ich weiß nicht, ob der Prozess daran schuld war, dass sein Rückgrat aus Stahl sich mehr und mehr bog oder ob das schon vorher begonnen hat. Ich dachte, ich würde ihn kennen, aber letztendlich hat er mir das Wichtigste über sich vorenthalten – seinen Halbbruder und den Hass auf ihn, der ihn antrieb.
Ich habe weder sie noch ihn jemals danach gefragt, ob Rainbow irgendetwas davon vorhergesehen hat. Selbst wenn würde ich es nicht wissen wollen. Das Ergebnis ändert sich dadurch ja nicht.
Rainbow und ich sind in so ziemlich allem das komplette Gegenteil. Ich bin eine rationale, bodenständige Frau, die Verbrecher jagt. Sie ist ein Blumenkind der dritten Generation, das aus einer Hippie-Familie mit gefühlt tausend Mitgliedern stammt, deren selbst gewählte Aufgabe es ist, Liebe in die Welt zu bringen. Die Hellseherei ist nur ein Hobby von ihr, das sie ihre Bestimmung nennt.
Ihr Geld verdient sie damit, Duftkerzen, Räucherstäbchen, Salben und all sowas zu verkaufen. Sie macht die Sachen selbst oder besorgt sie von Leuten, die auf absolute Natürlichkeit bestehen. Einige davon leben wie vor hundert Jahren. Menschen, die Stoffe weben, färben und daraus Kleidung machen oder Honig aus Bienen streicheln. Mir ist das ein wenig suspekt. Wenn du täglich mit Verbrechern zu tun hast, glaubst du nicht daran, dass jemand, schon gar keine ganze Gruppe, uneingeschränkt Gutes im Sinn hat.
Ihr Leben und meins unterscheiden sich gravierend. Ich habe mich mal dazu überreden lassen, ein Sommerfest auf einer der Farmen zu besuchen. Unter Kräutergärtnern, Hexen und Leuten, die behaupteten mit Engeln reden zu können, war ich die Exotin. Man kann einiges gegen ihren Lebensstil einwenden, aber in keiner der Kommunen gab es je einen Mord oder irgendeine andere größere Straftat. Sie sind geradezu widerwärtig friedfertig.
Momentan könnte ich hellseherische Fähigkeiten gut gebrauchen. Der Tod von Deniz Soyer hat den Chief auf den Plan gerufen. Normalerweise hält er sich aus den Untersuchungen raus. Aber den Mord an einem Polizisten kann und will er nicht unkommentiert lassen. Was zur Folge hat, dass er sich täglich nach dem Stand der Ermittlungen erkundigt und der Presse eine Menge Interviews gibt.
Er betrachtet den Fall isoliert, auch wenn ich ihm schon mehrfach erklärt habe, dass die Ereignisse vom März und April alle zusammenhängen. Chief Sanford ist nicht dumm, nur ignorant und mehr Politiker als Polizist. Er hat vor ungefähr acht Jahren den vorherigen Polizeichef Jeffrey Andrews ersetzt. Der war ein durch und durch korrupter Mann, der, wenn man den Gerüchten glauben kann, von Handlangern eines kolumbianischen Drogenkartells ermordet wurde. Beweisen konnte man es nie.
Das Ende der Korruption wurde lautstark gefeiert. Wir haben die Sektkorken bis Boise knallen hören. Dann holten sie Stewart Sanford aus Oklahoma nach Twin Falls, um neuen Wind nach Idaho zu bringen. In den ersten Jahren scheint auch alles reibungslos gelaufen zu sein. Die Statistik besagt, dass die Kriminalität in seinen Anfangsjahren abnahm. Das spricht für Sanford. Ich habe mir das alles angelesen und erzählen lassen, als ich vor drei Jahren herkam.
Robert hatte mich damals nicht in seinem Team haben wollen, weil er eine reine Männertruppe bevorzugte. Angeblich, weil eine Frau Unruhe in seine eingeschworene Crew bringen würde. Wir hatten einen Monat vorher unsere inoffizielle, private Beziehung einvernehmlich beendet. Ich ging davon aus, dass das ein vorgeschobener Grund war und er vielleicht doch nicht so gut mit dem Ende zurechtkam, wie er behauptete.
Weibliche Eitelkeit. Wie sich herausstellte, ging es nicht um mich, sondern darum, dass er in Twin Falls plante seinen Bruder zur Strecke zu bringen. Und das meine ich wörtlich. Er hatte die ganze Zeit vorgehabt, Lewis Coster zu töten.
Ich wusste, dass Robert die Devils jagte, hatte das aber damals als rein professionell angesehen. Womit wieder einmal bewiesen wäre, dass man einen Menschen nicht unbedingt kennt, obwohl man regelmäßig mit ihm schläft.
Was die Biker betraf, hatten Robert und ich eine Gemeinsamkeit. Ich glaube, das war es, was uns zuerst zueinandergeführt hat. Ich war zu dem Zeitpunkt überwiegend für Drogendelikte zuständig, habe mich aber immer schon für Schwerverbrechen interessiert. Irgendwann fällst du dabei zwangsläufig über die „Black Devils“. Detective Shussler galt als die Koryphäe, wenn es um die Biker ging. Wir trafen uns, mochten uns und so führte eins zum anderen.
Beziehungen sind für Cops nicht immer leicht. Lange Arbeitszeiten, unvorhersehbare Einsätze und wenig Freizeit. Das macht einen nicht unbedingt zu perfektem Paarmaterial. Abgesehen davon schaffe ich es regelmäßig mir Männer auszusuchen, die sich an irgendeinem Punkt von Dr. Jekyll zu Mr. Hyde wandeln.
Ohne Klopfen wird die Tür meines Büros aufgerissen. Es gibt nur einen, der das tut.
„Sir?“, begrüße ich den eintretenden Chief.
„Der Staatsanwalt will endlich eine Anklage gegen diese Garcia vorbereiten. Wie weit sind Sie, Hester?“
Ich unterdrücke ein Stöhnen. Inzwischen habe ich ihm die Sachlage sicher schon zehn Mal erklärt, aber der Mann ist stur und er will eine Verurteilung – für sich und für die Öffentlichkeit. Dann eben noch einmal.
Ohne mir anmerken zu lassen, wie genervt ich bin, erstatte ich nüchtern Bericht.
„Misses Williams, geborene Ana Margerita Garcia, wurde aufgrund der Aussage von Renata Angela Torres verdächtigt, die Morde an Rodrigo Ruiz und Jack Sheen, aufgefunden bei den Untersuchungen zur Explosion im Step up, begangen zu haben. Die Aussage von Misses Torres konnte nicht schriftlich aufgenommen werden, da die Zeugin vor dem vereinbarten Termin verschwunden ist.“
Ich gehe davon aus, dass sie ermordet und so gründlich entsorgt wurde, dass wir ihre Leiche nie finden werden. Es gibt durchaus den perfekten Mord. Nicht, weil er so genial ausgeführt wurde, sondern weil mehrere Personen zusammenarbeiten, um ihn zu vertuschen und alle dichthalten. Niemand hat Renata als vermisst gemeldet, also gab es erst eine Untersuchung, als wir unsere Zeugin brauchten.
„Die von ihr an uns übergebene Waffe ist aus der Asservatenkammer entwendet worden. Womit wir weder eine offizielle Aussage, noch die Tatwaffe haben. Der Tod von Officer Soyer kann ihr nicht zugeschrieben werden, da die benutzte Waffe eine SIG SAUER war, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Mister Sheen gehört hat. Ein Vergleich im Labor hat ergeben, dass der Anschlag auf die Betreiber des Hell Gate mit derselben Waffe verübt wurde.“
Womit Misses Williams entlastet ist, auch wenn das meinem Boss nicht passt. Er will um jeden Preis eine Verurteilung. Ich denke, dass ihm ziemlich egal ist, wen er der hungrigen Meute am Ende präsentiert, wenn er nur als Sieger dasteht.
Da Jack Sheen tot ist, bleibt also nur Ana Williams. Die es nicht gewesen ist, wenn ich meiner Quelle glaube. Was ich tue. Lewis Coster hätte zwar Grund, mich in der Sache anzulügen - die Frau ist inzwischen die old lady von einem seiner Männer -, aber das ist nicht sein Stil.
Wenn sich Coster entscheidet zu reden, dann sagt er die Wahrheit. Anstatt zu lügen, hält er lieber den Mund. Was Verhöre mit ihm generell überaus anstrengend macht. Wir sind uns in den letzten Jahren diverse Male über den Weg gelaufen und inzwischen weiß ich, wie er tickt.
Laut dem Devils-President gehen die Morde an Sheen und Ruiz auf das Konto von Ignacio und Rufio Garcia, die jüngeren Brüder von Ana. Ignacio kam bei der Explosion des Clubhauses der Devils um. Das haben wir nachgewiesen. Es war zwar nicht mehr viel von ihm übrig, aber genug DNA, um herauszufinden, um wen es sich handelte. Wir hatten ihn nicht in der Datenbank, aber die kolumbianischen Behörden. Manchmal klappt die Zusammenarbeit erstaunlich gut.
Ich bin nicht sicher, glaube aber, dass Lewis ein paar Strippen gezogen hat. Nicolas Santos scheint einer seiner Geschäftspartner zu sein. Zumindest wurde er öfter in Twin Falls gesehen, zusammen mit irgendwelchen Devils. Santos ist ein kolumbianischer Kartellboss, gegen den offiziell nichts vorliegt, also hat sich die Polizei nicht besonders für ihn interessiert.
Wenn man allerdings die kleinen Steinchen zusammenträgt, wird am Ende ein ganzes Gebäude daraus. Früher hätte ich mich begeistert darauf gestürzt und es zu meiner Aufgabe gemacht, sie alle hinter Gitter zu bringen. Heute ist es eher ein Hobby, solche Dinge in Erfahrung zu bringen. Ich bin nicht bei der Drogenfahndung und selbst wenn, die Lage hat sich inzwischen sowieso drastisch verändert.
Rufio, von dem Mister Coster sagt, dass er definitiv Jack Sheen, eventuell Ruiz und auf jeden Fall seinen eigenen Bruder getötet hat, wurde von den Devils an Nicolas Santos übergeben. Er ist jetzt also in Kolumbien und außerhalb unserer Reichweite. Nichts davon kann ich beweisen, weshalb ich es dem Chief gegenüber gar nicht erst erwähne.
„Wie kann diese verdammte Tatwaffe einfach so verschwinden?“ Auch das hatten wir schon mehrmals besprochen.
„Ich weiß es nicht, Sir“, gebe ich die gleiche Antwort wie immer.
Sanford tigert mit hinter dem Rücken verschränkten Fingern vor meinem Schreibtisch auf und ab.
„Dahinter stecken diese verfluchten Biker. Sie sind die Einzigen, denen das was nutzt.“
Sehe ich genauso. Aber das ist nicht das Problem, sondern wer das Ding aus der Kammer geholt hat. Was ich ihm unverblümt sage.
„Damals wurde die Korruption grundlegend besiegt, ich weigere mich zu glauben, dass wir schon wieder einen Verräter in unserer Mitte haben.“ Manchmal hat Sanford einen unerträglichen Hang zum Pathos. Er bleibt stehen, sieht mich an und wirft sogar die Hände in die Luft.
Ich denke nicht, dass ihm Verleugnung auf lange Sicht helfen wird und ich denke genauso wenig, dass es sich lediglich um eine Person handelt. Genau genommen weiß ich, dass es mehrere sind. Meiner Meinung nach wurde die Korruption damals nicht vollständig besiegt. Das ist wie mit Unkraut. Du reißt es heraus, aber irgendetwas bleibt immer zurück und daraus wächst dann etwas Neues nach.
Der ganze Laden ist wie ein Stück Holz voller Wurmlöcher, in denen sich diverse Würmer behaglich eingerichtet haben. Ich habe die illegalen Verbindungen von zwei Officern selbst schon ausgenutzt. Auch wenn mir das letztendlich nicht viel eingebracht hat außer ein paar unangenehmen Erkenntnissen über mich selbst. Ich bin zu weit gegangen, viel zu weit.
Noch vor ein Jahr zuvor hatte ich in einem Interview überzeugt behauptet, dass es bei uns keine Korruption geben würde. Das Gespräch mit der Journalistin war nicht meine Idee gewesen, sondern eine Anweisung von oben. Eigentlich hatte Sanford wie üblich ins Fernsehen gewollt, aber man hatte ihm nahegelegt eine Frau zu schicken, weil es das Bild des Departments in der Öffentlichkeit verbessern würde.
Wir haben nicht viele Frauen, also fiel die Wahl auf mich. Ich bekam einen vorbereiteten Text. Ausführungen zu meiner eigenen Meinung waren mir verboten worden. Aber so viel anders war die in jenen Tagen auch nicht gewesen. Ich glaubte an Gerechtigkeit, die Aufrichtigkeit und Unbestechlichkeit meiner Kollegen und meine Mission – das Böse zu besiegen und wegzusperren. Für mich hatte es auch einen Namen „Black Devils“.
Da der Chief keine Frage gestellt hat, sehe ich ihn stumm und ausdruckslos an. Sollten aus seinen Wünschen rationale Befehle werden, habe ich auch sicher wieder etwas zu sagen.
Er streicht sich ein paar unsichtbare Krümel von der Uniform und fährt dann mit einer Hand über den graumelierten Militärhaarschnitt. Der Mann ist definitiv ein eindrucksvolles Aushängeschild für das Department. Er verströmt diese Aura von Kompetenz und Sicherheit. Leider ist zumindest das Erste mehr Fake als Fakt.
Sanford interessiert sich nicht für Fälle oder die Schicksale, die dahinterstehen. Er liebt Statistiken und bevorzugt die, die zugunsten des Departments ausfallen, damit er glänzen kann.
„Ich sehe keine andere Möglichkeit, wie die Beweismittel verschwunden sein könnten“, widerspreche ich ruhig. „Es ist nicht eingebrochen worden und niemand hat die Sicherheitsanlage manipuliert. Es war jemand von uns.“ Das ist eine unumstößliche Tatsache. Bei aller medienwirksamen Entrüstung, die Sanford an den Tag legt, weiß er, dass ich recht habe.
Seine Mimik verändert sich und zeigt jetzt einen harten Ausdruck.
„Finden Sie die Ratte, Hester, bevor man uns die Innere auf den Hals schickt.“ Er sieht mich mit einem Blick an, der sofortige Zustimmung verlangt.
Allerdings weiß er, dass ich keine von denen bin, die zu allem Ja und Amen sagt. Nicht, ohne dass Klarheit darüber besteht, was er genau will und ob die möglichen Ergebnisse einer Untersuchung mich nicht meine Karriere kosten.
„Wieso ich?“
Sein Mundwinkel zuckt leicht und in seinen Augen blitzt kurz Belustigung auf.
„Sie sind stur und lassen sich nicht von Ihrem Ziel abbringen. Sie sind unbestechlich und Sie lieben den Job. Ihre Marke ist Ihr Leben.“
Das könnte man als Kompliment auffassen, aber eigentlich beweist es nur, dass ich ohne den Job nicht wüsste, was ich mit mir anfangen sollte. Das macht mich erpressbar. Sanford ist sich darüber vollkommen im Klaren und nicht nur das, er nutzt es aus. Da er am längeren Hebel sitzt, wissen wir beide, wie das hier enden wird. Was nicht heißt, dass ich es ihm leicht machen muss.
„Richtig, Sir, aber ich habe bereits mehr Fälle auf dem Tisch, als ich in meiner Arbeitszeit bewältigen kann.“
Der Chief stützt die Handflächen auf meinen Schreibtisch und sieht auf mich herunter. „Stellen Sie sich nicht dumm, Hester. Ich rede nicht von einer offiziellen Untersuchung. Sie leben in einem dreißig Quadratmeter Apartment, haben hier keine Familie, keine Freunde und keine Hobbys. Wie gesagt, Ihr Job ist Ihr Leben und ohne den gibt es nichts.“
Das war eine ziemlich unverstellte Drohung. „Wenn ich nicht zustimme, feuern Sie mich.“ Keine Frage, sondern eine Feststellung. „Das können Sie nicht, Sir, meine Arbeit ist einwandfrei.“
Sanford nickt. „Absolut. Sie sind das Musterbeispiel eines perfekten Cops.“ So wie er das betont, klingt es wie eine Beleidigung.
Er kommt ein Stückchen näher. „Da Ihre Karrierechancen in Twin Falls begrenzt sind, könnte ich eine Versetzung empfehlen – zurück nach Boise oder wo auch immer gute Leute gebraucht werden.“
Vermutlich würde ich in irgendeinem Kaff enden, dessen größter Fall darin besteht, dass jemand eine Kuh umgeschubst hat.
„Verstehe“, sage ich und lehne mich mit verschränkten Armen in meinem Stuhl zurück. Weg von ihm. „Ich soll also in meiner Freizeit ermitteln. Inoffiziell oder zumindest halboffiziell.“ Er nickt zufrieden und richtet sich wieder auf. „Was, wenn Ihnen nicht gefällt, was ich herausfinde?“
Zum Beispiel, dass das halbe Department korrupt ist oder zumindest Informationen an die Cuelebres, die Garcias und die Biker weitergegeben hat. Obwohl die ersten beiden mittlerweile keine Rolle mehr spielen, außer die Gang erholt sich besser als erwartet von dem Schlag, ihren Anführer verloren zu haben. Momentan ist es ziemlich ruhig im Quarter. Angeblich haben sie einen neuen Anführer. Es werden verschiedene Namen gemunkelt, aber nichts Konkretes.
„Das werden Sie merken, wenn Sie mir Ihre Ergebnisse präsentieren.“ Toll, wirklich großartig. Es wird also eine Überraschung. „Und nur mir, Lieutenant.“
Das war mir schon klar. Ich nicke, auch wenn mich die Aussicht auf meine neue Aufgabe alles andere als glücklich macht.
„Ich erwarte regelmäßig einen Bericht zum aktuellen Stand. Wenn Sie etwas herausfinden, das sofortigen Handlungsbedarf erfordert, rufen Sie mich an. Verstanden?“
„Ja, Sir“, sage ich zackig, springe auf und stehe stramm. Er mustert mich misstrauisch.
Nein, ich verarsche dich nicht. Das war einfach nur die Macht der Gewohnheit.
Mein Dad ist Drill Sergeant und ein bestimmter Tonfall lässt mich automatisch reagieren. Es steckt mir zu tief in den Knochen, egal wie sehr ich mich angestrengt habe diese Trigger loszuwerden.
„Gut.“ Sanford ist immer noch nicht sicher, wie er mein Benehmen interpretieren soll, gibt sich aber mit meiner Zustimmung zufrieden. Nicht, dass ich eine große Wahl gehabt hätte. „Wenn es zeitlich zu viel wird, dürfen Sie ein paar der kleineren Fälle abgeben.“
Die Audienz ist beendet und er verlässt mein Büro.
Ich lasse mich auf meinen Stuhl fallen. „Scheiße“, murmele ich leise.
Egal, was ich herausfinde, ich kann nur verlieren. Also muss ich vorsichtig vorgehen und die Informationen, die ich Sanford gebe, genau prüfen. Ein Fehler könnte die Karriere eines unschuldigen Kollegen zerstören. Von meiner ganz zu schweigen.
Der Chief hat mich aufs Drahtseil geschickt, ohne Netz und ohne irgendeine Sicherheit. Er weiß genau, was er mir damit antut, aber er hat es trotzdem getan.
Hätte er das auch, wenn er von meiner Verbindung zu Lewis Coster wüsste?
Wer weiß. Seine Absichten klingen auf den ersten Blick ehrenhaft. Aber ich war nie jemand, der auf den ersten Eindruck vertraut hat. Objektiv betrachtet muss er etwas unternehmen und dass er die Innere nicht hier haben will, ist mehr als verständlich. Die graben auch dann weiter, wenn sie auf Stein stoßen. Sie holen dann eben einfach die schweren Geschütze raus. Irgendwas findet man immer und das würde sich nicht gut auf der sauberen Weste des Chiefs machen.
Was hat er mit den Informationen vor, die ich ihm bringe?
Entweder den Schuldigen verurteilen lassen oder das Department still und leise bereinigen. Zwei entgegengesetzte Enden einer Skala von Recht und Unrecht. Kommt darauf an, was für eine Sorte Mann Stewart Sanford wirklich ist.
Ohne Plan werde ich keine heimliche Untersuchung durchführen und wie der aussehen soll, darüber mache ich mir Gedanken, wenn ich zuhause bin und ein Bier in der Hand halte.
Seufzend wende ich mich einem der aktuellen Fälle zu – bewaffneter Raub. Der Tatverdächtige wurde verhaftet und wartet auf sein Verhör. Sie wollen mich als Beobachter. Im Gegensatz zu dem, womit mich der Chief beauftragt hat, klingt das wie pure Entspannung.
BUTCH
„Hey Butch, eine von den Weibern hat dich gesucht, Pam oder wie die Schlampe heißt. Sagt, sie muss dich dringend sprechen.“ Zeus wackelte mit den Augenbrauen. „Hast du ihr ’nen Braten in die Röhre geschoben?“
„Fick dich“, grunzte Butch und hob seinen Mittelfinger, um die Aussage noch deutlicher zu machen. Zeus lachte und schlenderte davon.
Der Kerl war zwar nicht so kräftig wie er, aber ein paar Zentimeter größer. Wahrscheinlich legte er es deshalb immer wieder darauf an, Butch zu provozieren. Es gab nicht viele im Chapter, die es mit Zeus aufnehmen konnten. Der Typ schien sich zu langweilen und hatte dazu auch noch ein paar Aggressionsprobleme.
Hennessy hatte behauptet, dass Zeus im Knast deswegen in Therapie gewesen war. Entweder der Therapeut hatte keine Ahnung von seinem Job oder der Kerl war vorher ein wandelndes Pulverfass gewesen. War er in Butchs Augen immer noch und wenn es nach ihm ginge, würde er den Mann beschäftigt halten, damit er nicht auf dumme Gedanken kam.
Aber er hatte hier nichts zu sagen. Butch war nur Member. Er hatte gedacht, dass er das hinkriegen würde, aber es stieß ihm immer häufiger sauer auf. Es war verdammt hart nach zwanzig Jahren als Vice President der Wings wieder ganz von vorn anzufangen.
Seinen Club gab es nicht mehr und bei den Devils einzusteigen war das Vernünftigste gewesen, was er machen konnte. Er brauchte die gewohnten Strukturen, selbst wenn er dafür ans Ende der Nahrungskette zurückkehren musste.
Teil des Bautrupps zu sein, der das Clubhaus wieder aufbaute, war zwar nicht das letzte Glied der Kette, aber auch nichts, was er sich freiwillig ausgesucht hätte.
„Fuck“, stöhnte er und ließ den Stein fallen, der ihm gerade die Handfläche aufgeschnitten hatte.
„Hast du dich verletzt? Lass mal sehen, du Armer.“ Pamela, die ihn irgendwie aufgespürt hatte, obwohl er sich immer extra für die versteckten Ecken einteilen ließ, griff nach seiner Hand.
„Lass das“, schnauzte er sie an. „Is‘ nur ein verdammter Kratzer.“
Das Blut tropfte auf die Erde. Ein offensichtlicher Beweis seiner Lüge. Butch riss einen Streifen von seinem T-Shirt ab und wickelte ihn achtlos um die Hand. Das würde reichen müssen. War ja nicht so, dass hier irgendwo ein verfickter Verbandskasten rumlag.
Pam sah ihn verletzt an, aber das war ihm scheißegal. Jetzt kaute sie auf ihrer Unterlippe herum und sah unter gesenkten Wimpern zu ihm auf. Sie hielt das für sexy und früher hatte es auch bei ihm gewirkt. Aber inzwischen hatte sich für sie beide eine Menge geändert.
Pamela war eine Clubhure, die sich einbildete, dass sie seine old lady werden würde, wenn sie sich nur genug anstrengte. Das würde nie passieren. Wenn sie das nach den ganzen Jahren immer noch nicht begriffen hatte, war sie dümmer als der Stein, der zu Butchs Füßen lag.
Er hatte nie einen Zweifel daran gelassen, dass es ihm nur um den Spaß ging. Die einzige Frau, bei der er fast schwach geworden wäre, hieß Lemon Tree und gehörte nun Runner, dem Sohn seines neuen Presidents. Dass Lemon jetzt nicht seine old lady war, konnte er nicht mal mit ‚ich war jung und dumm‘ erklären. Es war erst knapp zwei Jahre her und Butch war letzten Monat einundvierzig geworden.
Nein, der Grund war so simpel wie hässlich – er war einfach ein Arschloch und hatte sie wie Dreck behandelt. Wie er sein Leben lang alle Frauen behandelt hatte. So wie sein Vater und dessen Vater auch. Ein Arschloch zu sein hatte in seiner Familie Tradition.
Runner war ein guter Kerl, ein guter Devil und absolut loyal. Nachdem er Butch die Fresse poliert hatte, stand nun nichts mehr zwischen ihnen. Er hatte es dem Mann leicht gemacht. Butchs Erfahrung nach reinigten ein paar Schläge die Luft oft nachhaltiger als lange Aussprachen. Abgesehen davon war Runner nicht der nachtragende Typ. Wenn Butch ehrlich war, und das war er sich selbst gegenüber immer, passte Lemon zu dem meist gutgelaunten Biker viel besser als zu ihm.
Butch war in sie verschossen gewesen. Einer der Hauptgründe, warum er sie immer wieder mit anderen Weibern betrogen hatte. Auch wenn das aus heutiger Sicht nicht das kleinste bisschen Sinn ergab. Er wollte sehen, ob er es konnte oder ob er ihr so sehr verfallen war, dass sein Schwanz nicht mehr bei anderen stand.
Das war beschissen gewesen, aber damals hatte er um jeden Preis verhindern wollen, sich eine Leine anlegen zu lassen. Nur war Lemon nicht der Typ für Leinen. Als er das endlich kapiert hatte, war es zu spät gewesen. Butch war ein sturer Hund, mit dessen hartem Schädel man laut seiner Mutter Nägel in die Wand schlagen konnte. Auch das war offenbar genetisch. Einen halsstarrigeren Typen als seinen Dad hatte er nie getroffen.
Die Sache mit Lemon hatte ihm zwar nicht sein kleines Herz gebrochen, aber ihn zum Nachdenken gebracht. Wollte er weiter so leben wie bisher?
Noch vor einem Jahr hätte die Antwort gelautet: Bis er tot umfallen würde. Aber seitdem hatte sich eine Menge verändert. Sein Leben war nicht mehr dasselbe und er auch nicht.
Okay, er war derselbe schlechtgelaunte Bastard wie eh und je, aber er hatte einen Großteil seiner ‚erst handeln, dann denken‘ Mentalität verloren. Was ihn in die unangenehme Lage versetzte, sich gelegentlich über so etwas wie Konsequenzen Gedanken zu machen.
Die Handlungen seines Vaters hatten dazu geführt, dass die Wings erst gespalten wurden und sich dann mehr oder weniger auflösten. Das, was von den „Hell Wings“ in Montana noch übrig war, hatte nichts mehr mit dem zu tun, was und wer sie gewesen waren.
Echo, einer der Männer, die mit ihm zu den Devils gewechselt hatten, nannte es den „Club der Starrsinnigen“. Damit brachte er es auf den Punkt. Roar war verrückt, aber die Verbliebenen hielten genauso stur zu ihm wie seine Mutter. Butch hatte versucht, sie zu überreden mit ihm in Twin Falls zu bleiben, aber das war vergeblich gewesen. Sie hing an dem alten Bastard, egal wie gemein oder irre er war.
„Du bist ja immer noch hier. Was willst du, Pam?“
Sie hörte auf, so zu tun, als wäre sie ein hilfloses kleines Mädchen und sah ihn direkt an.
„Ich bin pleite, Butch. Seit sie Sue weggejagt haben, muss ich allein für die verdammte Miete aufkommen. Wenn ich sie diesen Monat wieder nicht zusammenkriege, flieg ich raus.“
Butch zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Und was hat das mit mir zu tun?“
„Scheiße, seit wann bist du so verdammt herzlos?“ Schon immer, sie hatte es nur nie sehen wollen. „Kannst du mir nicht ein bisschen was leihen? Oder lass mich bei dir wohnen, bis hier alles wieder so ist wie vorher.“ Jetzt bettelte sie auch noch.
Butch verdrehte innerlich die Augen. „Wieso bist du nicht mit deiner Schwester mit? Niemand hat dich gezwungen hierzubleiben. Und dass es so wird wie vorher, kannst du ganz schnell wieder vergessen.“
Man konnte die Räder nicht einfach zurückdrehen, neu war neu und man musste damit klarkommen. Niemand fragte danach, ob’s einem gefiel.
„Ich ... Scheiße verdammt, Butch du musst mir helfen. Ich hab doch nur dich.“ Nun heulte sie zu allem Überfluss auch noch.
Butch sah sich um. Momentan waren sie alleine. Er führte sie trotzdem ein Stück weg zu einem der Bäume, wo man nicht gleich gesehen wurde.
„Hör zu Mädchen. Ich bin der Letzte, der dir helfen kann. Mein ganzes Zeug ist mit dem Haus da abgefackelt.“ Er zeigte auf den halb fertigen Club. „Ich war nie der Typ, der Kohle spart für schlechte Zeiten. Es kam rein, ich hab’s ausgegeben.“
Wenn es hoch kam, besaß er noch dreihundert Dollar von seinem letzten Job. Die würde er ganz sicher nicht an eine Hure verschwenden, von der er nichts wollte.
„Du hast doch eine Wohnung“, versuchte sie es noch einmal anders.
„Pam, das is’n Loch in ‘nem Loch, in dem ich mich kaum umdrehen kann, ohne irgendwas umzureißen. Für zwei ist da kein Platz.“ Selbst wenn wäre sie die letzte Person, die er einladen würde. „Außerdem bin ich sicher, dass die anderen auch nicht wollen, dass ich irgendwen anschleppe.“
Butch hatte nichts dagegen sich mal mit irgendwem ein Zimmer zu teilen. Drei Monate zu sechst in einer Bruchbude, konnten allerdings selbst einem den letzten Nerv rauben, der ein gemütsmäßiges Schaukelpferd war. Und davon war Butch auch in seinen besten Zeiten schon weit entfernt gewesen.
„Ich bin nicht irgendwer, Butch, oder? Tu mir das nicht an. Das zwischen uns muss dir doch irgendwas bedeuten.“
Gnadenlose Ehrlichkeit war der einzige Weg. „Pam, du bist eine Hure. Warst du schon immer. Das Einzige, was ein Mann von einer wie dir will, ist Sex. Das wusstest du von Anfang an. Keine Ahnung, was du dir da eingebildet hast, aber mehr ist es nicht. War es nie.“
Mehr Tränen. Sie machte einen Schritt auf ihn zu. Butch fing sie ab, bevor sie ihm um den Hals fallen konnte.
„Ich kann nichts für dich tun und ich würde es auch nicht, wenn ich’s könnte.“ Wie deutlich musste er noch werden? „Komm nicht mehr her, Pam. Meine Antwort wird sich nicht ändern.“
Diesmal hatte sie verstanden. Enttäuschung breitete sich auf ihrem Gesicht aus und sie ließ die Arme sinken.
Als sie den Platz verließ, kreuzte sich ihr Weg mit dem von Zeus.
„Und ist sie schwanger?“, erkundigte der sich, sobald er auf Butch traf.
„Nein, pleite“, grummelte er und hob - diesmal sehr viel vorsichtiger - den Stein auf, den er fallengelassen hatte. „Also los, kleiner Scheißer, zweiter Versuch.“
„Is‘ mit Steinen reden nich‘ ein Zeichen dafür, dass man gaga is‘?“, fragte Zeus belustigt.
„Wenn er antwortet, nehmen sie dich mit. Aber ich rede ja auch mit dir und das ist viel verrückter.“
Zeus brach in brüllendes Gelächter aus. „Du bist cool, Alter. Gar nich‘ son Arsch wie alle sagen.“
Oh doch, aber Butch hatte so seine friedlichen Momente, in denen er fast umgänglich war.
„Bastelst du mir jetzt ein Freundschaftsarmbändchen?“, grummelte er wie gewohnt.
Zeus grinste unbeirrt. „Klar, wenn du drauf abfährst. Welche Farbe soll’s denn sein?“
Butch sparte sich eine Antwort und fragte stattdessen. „Bist du zum Flirten hier oder zum Arbeiten?“
„Arbeiten“, sagte Zeus und wurde endlich ernst. „Ich soll dich holen, da ist gerade ‘ne Lieferung Steine gekommen und kein Schwein weiß, wo der Typ die abladen soll.“
Warum sie damit immer zu ihm kamen, wusste Butch nicht, aber inzwischen hatte er sich daran gewöhnt.
„Na dann ...“, sagte er und ging mit ausgreifenden Schritten zum Tor.
Zeus hatte keine Mühe an seiner Seite zu bleiben. „Eh ich’s vergesse, wenn du hier fertig bist, sollst du zu Lewis fahren.“
„Hat er eine Uhrzeit gesagt?“ Butch sah sich seufzend die Ladung auf dem Hänger an. „Weil das noch ’ne ganze Weile dauern wird.“
„Nö.“ Zeus schüttelte den Kopf, sah sich kurz um und sagte: „Ich hol mal die anderen.“ Dann war er auch schon verschwunden.
Lewis würde damit leben müssen, dass Butch erst am Abend bei ihm sein würde. Kate konnte super kochen und sie bestand immer darauf, ihn mit allem möglichen vollzustopfen. Wogegen Butch absolut nichts einzuwenden hatte. Wenigstens ein Lichtblick an einem bisher ziemlich beschissenen Tag.
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„Er hat schon wieder meinen Parkplatz geklaut. Wann tut die Polizei endlich was dagegen?“, werde ich von Mrs. Meyers abgefangen, sobald ich aus dem Auto steige.
Es ist ein Ritual, das ich nicht stoppen kann und ich habe es wirklich versucht. Anscheinend lauert sie hinter ihrer Tür, denn ich komme nie zur gleichen Zeit nach Hause. Jeden Tag hat sie eine Beschwerde und absolut nichts davon ist ein Fall für die Polizei.
„Donny?“, erkundige ich mich müde. Sie zu ignorieren hat keinen Sinn. Auch das habe ich schon versucht. Sie läuft einem einfach hinterher.
„Der Mistkerl hat gesehen, dass ich komme, und hat sein Auto trotzdem in die Lücke gefahren“, beschwert sie sich empört.
Bei dem ‚Mistkerl‘ handelt es sich um ihren Sohn. Die beiden haben ein etwas gespaltenes Verhältnis und ich fungiere, seit ich hier wohne und sie herausgefunden hat, wo ich arbeite, unfreiwillig und auch unwillig als Prellbock. Was keinen von beiden je aufgehalten hat. Er ist genauso schlimm wie sie. Kein Wunder. Wenn man mit Anfang vierzig bei seiner Mutter wohnt, hat man offensichtlich Probleme.
„Das ist eine private Angelegenheit zwischen Ihnen und Ihrem Sohn, Misses Meyers“, erkläre ich zum hundertsten oder auch tausendsten Mal. „Einigen Sie sich oder mieten Sie einfach einen zweiten Stellplatz an.“
Wieso versuche ich immer wieder Lösungen anzubieten? Sie ist daran kein bisschen interessiert.
„Ich bezahle die Miete und den Parkplatz. Da ist es doch wohl mein gutes Recht, ihn zu benutzen. Wieso stellt er seine Dreckskarre nicht einfach an die Straße?“
Wie erwartet läuft sie händefuchtelnd neben mir her, während ich zielstrebig auf die Treppe zugehe. Ich wohne in einem Apartmenthaus mit drei Etagen. Die Wohnungen sind fortlaufend nebeneinander angeordnet, immer abwechselnd eine mit zwei Zimmern und eine mit einem – pro Etage fünfzehn. Insgesamt hat das Haus über vierzig Mietparteien.
Ganz unten gibt es auch drei Wohnungen mit drei Zimmern. In einer davon leben die Meyers in 0352. Ich wohne in der ersten Etage, genau in der Mitte, Apartment 1709. Die Nummerierung ergibt, egal wie man es betrachtet, absolut keinen Sinn. Links neben mir ist die 1206 und rechts die 1803. Wahrscheinlich war der, der sich das ausgedacht hat, stoned oder verrückt.
Meine Miniwohnung hat siebenunddreißig Quadratmeter – pro Ecke ein „Zimmer“. Wenn man die Tür öffnet, steht man im „Wohnzimmer“. Links neben der Tür trennt ein Schrank das „Schlafzimmer“ ab. Geradezu wurde die „Küche“ in einem Winkel in die Ecke gebaut. In der davon gegenüberliegenden Ecke ist das Bad mit einer erstaunlich großen Dusche.
Alles da, wenn man nicht sehr anspruchsvoll ist, selten bis nie Besuch bekommt und vor allem nicht allzu viele Sachen besitzt. Es sollte eine Übergangslösung sein, bis ich was Besseres finde. Bekanntlich halten Provisorien ja am längsten und so wohne ich hier inzwischen über drei Jahre. Es ist nicht das Quarter, aber trotzdem eine der mieseren Gegenden. Hier zu wohnen ist billig. Das zieht die untersten Schichten von Twin Falls an ... und mich offensichtlich.
Wenn ich es darauf anlegen würde, könnte ich jede Menge Verhaftungen vornehmen, indem ich einfach nur vor meine Wohnungstür gehe. Aber in meiner Freizeit mache ich so etwas nicht, sondern laufe mit geschlossenen Augen herum. Bei einem Mord würde ich sie natürlich öffnen. Alles andere ist nicht meine Zuständigkeit, mein Schreibtisch quillt sowieso schon über. Und jetzt hat der Chief noch diese geheime Untersuchung obendrauf gepackt, die jeden Cop anwidern würde. Niemand ermittelt gern gegen seine Kollegen.
Ich hänge meine Jacke an den Garderobenhaken und stelle meine schwarzen Arbeitsschuhe zu den zwei anderen Paaren – Laufschuhe und halbhohe Schnürschuhe. Mehr brauche ich nicht. Mein Tagesablauf sieht Dinge wie Ausgehen oder Daten nicht vor. Deshalb brauche ich nichts, was nicht praktisch ist oder regelmäßig benutzt wird.
Ich besitze zwei Teller, zwei Suppenschüsseln, zweimal Besteck, zwei Tassen, zwei Gläser und so weiter. Alles in doppelter Ausführung, weil ich gelegentlich tatsächlich Besuch bekomme – von einem Kollegen, der irgendetwas zu einem Fall wissen will, oder von Rainbow.
Rivers hat mal etwas vorbeigebracht und ihm rutschte heraus, dass meine Wohnung ungemütlicher ist als eine Gefängniszelle. Es war ihm peinlich und er hat sich sofort entschuldigt. Ich habe ihn trotzdem gezwungen, es mir zu erklären.
„Hier gibt es nichts wirklich Persönliches“, hat er zögernd geantwortet. „Keine Deko, keine Blumen, keine Fotos. Nicht mal Unordnung oder irgendwas, das zeigt, wie Sie wirklich sind.“
Der erste Teil traf zu, der zweite nicht. Denn all das zeigt exakt, wie ich bin – praktisch, nüchtern, fast zwanghaft ordentlich. Mein Vater hätte gar nichts anderes zugelassen. Ich falte bis heute meine Kleidung, als würde ich sie in einen Army-Spind packen, und mein Bett mache ich direkt nach dem Aufstehen – alles auf Kante und vollkommen symmetrisch. Es würde jeder Inspektion durch den Drill Sergeant standhalten.
Nicht, dass er jemals hierherkommen würde. Ihm genügt, dass ich regelmäßig mit meiner Mutter telefoniere. Sie informiert ihn schon, wenn ich sterbenskrank oder tot bin. Dann würde er sich vielleicht sogar einen halben Tag von seiner Academy freinehmen.
Im Gegensatz zu meinem überkorrekten Vater ist meine Mutter das absolute Chaos – außen wie innen. Eine liebenswerte Katastrophe auf zwei Beinen. Sie fängt eine Sache an, wird abgelenkt und macht mit einer anderen weiter. Mom hat die Aufmerksamkeitsspanne einer Fruchtfliege. Ich war fünf, als mir klar wurde, dass ich die Erwachsene von uns beiden sein muss.
Meine Mutter hatte einen Kuchen in den Ofen geschoben, dann im Fernsehen eine Sendung mit irgendwelchen Handarbeiten entdeckt und ihn vergessen. Nicht mal die Rauchschwaden, die aus der Küche kamen, hatten dazu geführt, dass sie erkannte, dass es irgendein Problem gab. Sie hat lediglich die Nase gerümpft, den Kopf geschüttelt und das Fenster im Wohnzimmer aufgemacht, um den Geruch loszuwerden.
Meine Mutter ist nicht verwirrt oder krank, nur nicht besonders lebensfähig. Was an meinen Großeltern liegt, die sie erst spät bekommen und dermaßen behütet haben, dass das Ergebnis nicht weiter überrascht. Solange man Mom keine Lebewesen wie Tiere oder Kinder anvertraut, ist alles in Ordnung.
Sie verlegt auch ständig Dinge, die sich an den unmöglichsten Stellen wiederfinden. Nach achtunddreißig Jahren weiß man, wie man mit ihr umgehen muss, ohne sich von ihrer Verdrehtheit anstecken oder aus der Ruhe bringen zu lassen. Mein Vater liebt sie und das ist vielleicht das Unglaublichste an allem. Wenn man mal Stahl schmelzen sehen will, muss man nur meine Eltern beobachten.
Dads Miene wird ganz weich, wenn er sie ansieht. Er ist nachsichtig, egal was sie wieder angestellt hat, und macht ihr nie Vorwürfe. Die hebt er sich für mich auf. Das war schon immer so. Er hat mich nicht erzogen, er hat versucht, mich zu dressieren. Teilweise ist es gelungen. Man muss sich nur meine Wohnung ansehen.
Wahrscheinlich wäre es für alle besser gewesen, wenn sie kein Kind gehabt hätten. Keiner von beiden konnte und kann wirklich irgendetwas mit mir anfangen. In ihrer Eheblase ist einfach kein Platz für eine dritte Person. Selbst wenn es sich dabei um den eigenen Nachwuchs handelt. Erst als ich selbst erwachsen war, habe ich es verstanden.
Ich bin ihnen nicht böse. Beziehungen sind für Außenstehende nicht immer nachvollziehbar oder auch nur annähernd verständlich. Das ist auch nicht notwendig, wenn die Betreffenden glücklich sind. Meine Eltern sind glücklich. Ich vermute, dass sie in einer wie auch immer gearteten BDSM-Beziehung leben, habe sie aber nie dabei überrascht oder die Schränke nach Beweisen durchsucht, die meine Annahme bestätigen. Ich finde einfach, dass es passen und eine Menge erklären würde.
Ich habe allein durch meine Arbeit schon haufenweise Paare gesehen, die ohne einander definitiv besser dran gewesen wären. Häusliche Gewalt, Abhängigkeiten jeder Form bis hin zu Mord. Oft sind Kinder involviert. Da ich nie weiß, wie man mit denen umgeht – ich war ja nie wirklich eins –, übergebe ich sie immer schnellstens an die entsprechende Behörde.
Ich war ein einsames Kind, das nicht wusste, wie man spielt, für sein Alter immer zu ernst war und außerdem eine Unmenge an Pflichten hatte, die mir kaum Zeit ließen. Ich schloss nur wenige und meist oberflächliche Freundschaften. Jemanden zu mir einzuladen, kam nicht infrage, es hätte Mom völlig überfordert. Also ging ich gelegentlich zu anderen.
Da ich aber ernst und langweilig war, lud mich irgendwann niemand mehr ein. Ich habe es nicht als schlimm empfunden, sondern war eher erleichtert, mich nicht mehr anstrengen zu müssen, um gemocht zu werden.
Wenn meine Andersartigkeit auch dafür sorgte, als Teenager nicht mit einem Haufen giggelnder Freundinnen in der Mall, sondern allein in der Bibliothek rumzuhängen, hat sie mich wenigstens zu einer sehr guten Schülerin gemacht und zu einer genauso guten Polizistin.
Ich bin nicht unglücklich mit meinen Prioritäten oder meinem Leben. Auch wenn Außenstehende das nicht verstehen. Ich vermisse nichts. Mein Leben ist ausgefüllt, denn ich habe meinen Job. Für etwa anderes bleibt sowieso keine Zeit.
Ich ziehe meine Arbeitskleidung aus, stecke sie in die Waschmaschine und gehe erst einmal duschen. Ich muss den Schmutz des Tages abwaschen, um das Gefühl zu haben, nichts davon wirklich mit nach Hause gebracht zu haben. Eine Illusion, aber sie funktioniert. Was vor allem an dem Duschgel liegt, das dezent nach Rosen duftet. Der einzige Luxus, den ich mir erlaube.
Danach putze ich mir die Zähne. Gerade als ich das Wasser abdrehen will, beginnt der Hahn zu spucken. Ich weiß, was jetzt kommt, ist nicht das erste Mal. Nachdem es einen Moment so klingt, als würde man jemanden strangulieren, gibt es ein paar interessante Würgegeräusche und der Wasserhahn kotzt braune Brühe aus. Wenigstens ist es diesmal nicht in der Dusche passiert. Seufzend schließe ich den Hahn. Das reguliert sich von alleine.
Ich ziehe ein T-Shirt, einen Slip und eine Jogginghose an - einen BH brauche ich nicht, da ich so gut wie keine Oberweite besitze – mache mir einen Kaffee und gucke, was mein Kühlschrank hergibt. Nebenbei lasse ich den Fernseher laufen.
„Wir freuen uns, Ihnen ein neues Mitglied in unserem Team vorstellen zu dürfen“, sagt Linda Fellon, die hauptamtliche Sprecherin von Channel 19. Ihrem Mann - Mike Fellon – gehört der Sender. Er ist gleichzeitig Anchorman. Einer von diesen distinguierten Typen, die auch gut in eine Vorstandsetage passen würden. „Sie ist ab sofort für die Außenberichte und News aus der Stadt zuständig. Herzlich willkommen Rebecca Shephard.“
Mein Kopf fliegt nach oben und ich stoße mich schmerzhaft am Rahmen des Kühlschranks. Ich schnappe mir meine Kaffeetasse und setze mich aufs Sofa. Tatsächlich, sie ist es. Rebecca Shephard, eine old lady aus Costers Club.
Sie hat eine hervorragende Medienpräsenz und ist eloquent, das muss man ihr lassen. Das macht sie also sicher nicht zum ersten Mal. Linda stellt ihr ein paar Fragen und weist dann darauf hin, dass es ab morgen zweimal wöchentlich eine halbe Stunde „Beccas View“ geben wird. Anscheinend eine Sendung, die über alles um und in Twin Falls berichtet, was Miss Shephard interessant findet. Widerwillig bin ich gespannt, was eine old lady zu berichten hat. Da ich nie weiß, wann ich zuhause bin, programmiere ich eine entsprechende Aufnahme.
Ich will nicht sagen, dass Coster seine Finger im Spiel hat, aber schaden wird es dem Club bestimmt nicht, jemanden bei Channel 19 sitzen zu haben. Becca Shephard weiß immer, was auf Sendung gehen wird, wenn sie es richtig anstellt. Und vielleicht haben sie auch irgendwann Einfluss darauf, was nicht gesendet wird.
Bisher hatte ich Mike Fellon nicht auf dem Schirm, aber es kann nicht schaden, ihn sich mal prophylaktisch genauer anzusehen.
Apropos genauer ansehen. Seufzend hole ich mein Notizbuch aus der Schublade und setze mich im Schneidersitz auf den Boden. Ich habe schon meine Hausaufgaben immer auf dem Fußboden erledigt. So kann ich am besten denken. Es ist auch der Grund, warum ich lieber handschriftlich Notizen mache. Ein weiterer: Laptops und Computer kann man anzapfen.
Das ist das Seltsame an der heutigen Zeit, kaum einer schreibt noch mit der Hand. Wenn wir eine Wohnung durchsuchen, sammeln die Kollegen immer alles an Technik ein und so gut wie keiner achtet darauf, ob es handgeschriebene Notizbücher gibt. Normalerweise gibt es da auch nichts. Selbst die Dealer verwalten ihre Geschäfte auf dem Handy. Aber manchmal hat man Glück. Buchmacher vom alten Schlag zum Beispiel verwenden nach wie vor Papier.
Ich hole die Mitarbeiterliste des Departments aus meiner Tasche und lege sie vor mich hin.
Oben anfangen und sich nach unten durcharbeiten oder andersherum?
Ich bin sicher, der Chief geht davon aus, dass ich ihn nicht überprüfe. Aber das werde ich, nur wird das alles andere als leicht. Weshalb ich mich entschließe, unten zu beginnen.
Jeremy Rivers. Er ist zu neu, zu grün hinter den Ohren, und noch nicht an einer Stelle, die irgendwem interessante Informationen beschaffen kann. Ihn zu bestechen lohnt sich nicht. Abgesehen davon kann man in dem Gesicht des Jungen lesen, wie in einem offenen Buch, obwohl er aus einer Polizistenfamilie stammt. Sein Vater ist Detective in Boise. Wir haben zusammengearbeitet, als ich noch bei der Sitte war.
Da er nicht wollte, dass sein Sohn immer an ihm gemessen wird – eine weise Entscheidung - hat er mich gebeten, ein bisschen auf ihn Acht zu geben. Jeremy ist dreiundzwanzig und selbstverständlich überengagiert. Zu viel Energie und das Ziel, seinem Dad zu imponieren. Das gibt sich mit der Zeit. Er ist erst zwei Monate bei mir. Ich mache einen Haken und wende mich dem nächsten Namen zu – Soyer.
Er ist tot, er sollte nicht mehr auf der Liste stehen. Die Spurensicherung hat eindeutig herausgefunden, dass Jack Sheen ihn getötet hat. Da der kurz danach selbst erschossen wurde, ist der Fall zwar aufgeklärt, aber niemand so richtig zufrieden. Die natürliche Reihenfolge für einen Cop ist: Tat-Verhaftung-Verurteilung. Wenn es anders abläuft, sind wir selten glücklich.